25 Pädriatische Notfälle und Reye Syndrom.Pädiatrische Notfälle
05.4 Notfälle in der Endokrinologie
1. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Seite 1
Notfälle in der Endokrinologie
0.1. Einleitung
0.2. Allgemeine Probleme in der Endokrinologie
0.3. Beispiel für einen Regelkreis
1.1. Notfälle durch Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
1.2. Notfälle durch Hypophysenvorderlappenüberfunktion
1.3. Diab insipidus
1.4. SIADH (Schwartz-Bartter-Syndrom)
2.1. Die akute Nebenniereninsuffizienz
2.2. Der Hyperkortisolismus
2.3. Der primäre Hyperaldosteronismus
2.4. Das Phäochromozytom
3.1. Die hypothyreote Krise
3.2. Die thyreotixische Krise
4.1. Die hypokalzämische Krise ("Tetanie")
4.1. Die hyperkalzämische Krise
5.1. Die Hypoglykämie
5.2. Die Hyperglykämie – ketoazidotisches Coma diabeticum
5.3. Die Hyperglykämie – hyperosmolares Coma diabeticum
6. Der hypertensive Notfall
= Akute, lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisungen durch Hormon-überflutung
oder Hormonmangel mit Dysregulation endokriner Regelkreise.
Die Vitalfunktionen sind bereits gestört bzw. eine Störung steht unmittelbar bevor.
0.1. Einleitung
Einführung in die endokrinologische Denkweise
Die Endokrinologie beschäftigt sich mit hormonellen Störungen (z.B. Unterfunktion
einer Drüse) und ihren Folgen (z.B. Verschiebungen im Elektrolythaushalt).
Die hormonproduzierenden Drüsen werden durch viele Einflüsse gehemmt oder
aktiviert. Im Sinne von Rückkopplungsmechanismen sind sie in Regelkreise
eingebettet.
Beispiel:
Auf die Aktivität einer Klimaanlage nehmen mehrere Faktoren Einfluß, z.B. die
Temperatur, die Luftfeuchtigkeit, aber auch banale Dinge wie Stromversorgung etc.
Es lohnt sich also nie, ein einzelnes Organ oder Hormon zu betrachten, sondern
immer die Einstellung bzw. Verstellung des Regelkreises zu bestimmen. Hierfür sind
2. Seite 2
Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
laborchemische Untersuchungen von Hormonen notwendig, aber auch die
Bestimmung ihrer Bindungsproteine, ihrer Aktivatoren und Hemmstoffe sowie die
Zielgrößen, die von ihnen beeinflußt werden.
Hormone können "typische hormonelle Dinge" regulieren, wie Pubertät, Menopause,
Schwangerschaft, Körperwachstum.
Sie regulieren aber auch Streß- und Krankheitsempfindlichkeit, Energie- und
Wärmerversorgung des Körpers.
Sie regulieren den Elektrolythaushalt, den Blutdruck und vieles anderes mehr.
Bestimmte Hormone nehmen Einfluß auf die Aktivität JEDER Körperzelle (Egal ob
Nerven, Herzmuskel, Darm, Haut. Alle Zellen!)
Manche Hormone wirken direkt (z.B. Adrenalin), andere hingegen indirekt (z.B.
Wachstumshormon über IGF-1/Somatomedin C).
Hormone leiten sich von 3 wesentlichen Strukturen ab:
1. Aminosäuren (z.B. Katecholamine, Trojodthyronin)
2. Cholesterin (z.B. Glukokortikoide, Vitamin D)
3. Peptide (z.B. ACTH, Insulin, Parathormon)
What is the difference between a vitamin and a hormone? What
can make a whore moan …
0.2. Allgemeine Probleme in der Endokrinologie
Die Prognose = abhängig von schneller Diagnosestellung!
Die Bestimmung einzelner Hormone ist oft NICHT ausreichend, die Labors bieten
jedoch an Hormonen lediglich TSH, T3, FT4 und PTH als Notfallparameter an,
deshalb:
-
-
sind für die Diagnosestellung indirekte Laborparameter, Drittanamnesen und
klinische Befunde mit heranzuziehen und müssen ausreichen
muß die Diagnose klinisch gestellt bzw. bereits bei Verdacht behandelt
werden
Die Diagnose endokriner Störungen wird in der Mehrzahl der Fälle durch die
laborchemische Bestimmung mehrerer Parameter objektiviert (Hormone,
Elektrolyte, andere laborchemische Größen wie z.B. Osmolalitäten, Säure-Basen-
Haushalt o.ä.
Die Lebensbedrohlichkeit endokriner Entgleisungen tritt ein aufgrund von
- Dysregulation von Herz- und Kreislauf
- Elektrolytstörungen, Säure-Basen-Haushalt mit Krämpfen oder
3. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Herzrhythmusstörungen bzw. Fehlregulation der Atmung
-
-
Bewußtseinsverlust, z.T. plötzlich mit Unfallgefahr, Aspiration, Krampfanfällen
bzw. durch Fehlbehandlung bei Verkennen der Diagnose
Die Interpetation endokriner Laborparameter bedarf in der Regel langjähriger
Erfahrung. Dafür gibt es folgende Hauptgründe:
-
-
Die endokrinen Organe und ihre sezernierten Hormone werden oft durch mehr
als einen Faktor reguliert.
Hormone werden im Blutplasma an Eiweiß gebunden oder frei bestimmt; dies
ist für die meisten Hormone völlig unterschiedlich, dies muß man beachten.
- Eine Vielzahl von Medikamenten, Krankheitsfaktoren
intensivmedizinischen Maßnahmen selber beeinflussen
und
die
Plasmaeiweißbindungen der Hormone oder nehmen Einfluß auf die Aktivität
Regelkreise.
- Man muß die Regelkreise natürlich vollständig kennen.
Die Anamnese ist oft ein entscheidender Faktor, im Notfall meist nicht möglich;
ergo die Aussagen Dritter sind heranzuziehen.
Bei Verdacht auf Endokrinopathien sollte immer etwas Serum, Plasma (und Urin)
extra asserviert und gekühlt gelagert werden (besser noch zentrifugieren und
wegfrieren).
Die exakte Diagnosestellung durch bestimmte Tests wird immer erst nach
Stabilisierung, Rekompensation und dann möglich sein, wenn die getroffenen
medizinischen Maßnahmen eine Funktionsdiagnostik zulassen.
Beispiele für die Schwierigkeit der Interpretation von Laborparametern:
Es gibt keinen fixen Normbereich für Insulin oder das C-Peptid, wie
fälschlicherweise von den meisten Laboren angegeben. Vielmehr verschiebt sich
für jeden Blutzuckerwert der Normbereich für Insulin (je höher der Blutzucker,
desto höher muß das Insulin sein).
Kalzium wird im wesentlichen reguliert durch das Parathormon, Vitamin D3,
Calcitonin, Glukokortikoide, Nierenfunktion. Überdies wird Kalzium an Albumin
gebunden, diese Bindung wird ebenfalls komplex reguliert, unter anderem auch
durch den pH-Wert des Blutes.
Aldosteron wird reguliert durch das ACTH, Renin-Angiotensin-System, durch den
Kaliumspiegel. Die Aktivität des Renin-Aldosteronsystems selbst wird verändert
durch -Blocker, ACE-Hemmer, AT II-Typ-1 Rezeptorblocker, Diuretika,
Elektrolyt- und Wasserzufuhr usw.
Es gibt eine zyklische Ausschüttung von Hormonen bzw. eine zyklische
Verstellung der Regelkreise (Menstruation: ca. 1 Monat, Melatonin: Hell-Dunkel-
Rhythmus, Kortisol: circadian)
Die exakte Einschätzung der Einstellung/Verstellung der Regelkreise bedarf einer
gewissen Grundkenntnis der Regulatoren von Hormonsysnthese, Hormonabbau,
Seite 3
4. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Ausscheidung von Stoffwechselprodukten.
Endokrine Erkrankungen zählen zu den häufigsten überhaupt!
z.B. Diabetes mellitus (5 %), Schilddrüsenerkrankungen (20 %),
Glukokortikoidsynthesestörungen (5 - 10 %), Dyslipoproteinämie, arterielle
Hypertonie, Osteoporose (jede Omma), usw.
Diese lassen sich je nach dem ganz gut durch Substitution von Hormonen
behandeln.
Lebensgefährliche Endokrinopathien und Stoffwechel-erkrankungen sind
dagegen selten. Jedoch werden durch die relativ einfache Substitutiontherapie
häufiger Endokrinopathien die lebensgefährlichen Endokrinopathien unterschätzt.
Die Diagnosen in der Endokrinologie werden in der großen Mehrzahl der Fälle nur
durch laborchemische Untersuchungen gesichert/bewiesen. Gezielt eingesetzte
bildgebende Verfahren sind lediglich für Lokalisation hilfreich. Fehler entstehen oft
dadurch, daß zufällig z.B. ein Tumor eines endokrinen Organs auffällt, eine OP
angestrebt wird, ohne daß die Funktionslage des Regelkreises untersucht wurde.
Seite 4
5. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
0.3. Beispiel für einen Regelkreis
Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse
1. zentral, Hypothalamus (CRH):
Efferenzen aus dem limbischen System durch Synapsen und Neurotransmitter
Neuropeptide
Interleukin-1
Arginin-Vasopressin (bekannt auch als Pitressin®)
2. zentral, Hypophyse:
CRH
Arg-Vasopressin
Interleukin-6
Interleukin-1
2. peripher, Nebennierenrinde:
ACTH, Prolaktin
Katecholamine (Adrenalin und Noradrenalin)
direkter Zellkontakt mit Lymphozyten
Interleukin-6
Neuropeptide (z.B. VIP, GIP, u.v.a.m.)
Das Endprodukt Kortisol inhibiert seine eigene Bildung durch Suppression von CRH
und ACTH. Darüberhinaus hemmt es das Immunsystem, welches daraufhin z.Bsp.
auch weniger Interleukin-1 und Interleukin-6 bildet.
Wir erkennen, daß der Regelkreis gestaffelt ist und es mehrere Etagen der
Regulation gibt:
zwischen verschiedenen Organen
zwischen verschiedenen Anteilen desselben Organs
benachbarte Zellen
in den Zellen selber auf Transkriptionsebene (Rezeptoren, DNA, RNA, Proteine),
usw.
nach Prof. Bornstein wie bei einem Apfelmännchen in der Chaos-Mathematik
siehe auch Abbildung
1.1. Notfälle durch Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
= "Hypopituitarismus"
Pathophysiologie
Hypophysenvorderlappen = Adenohypophyse
Seite 5
Kortisol hemmt POMC
Stimulation
von Kortisol
Kortisol hemmt CRH
6. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
STH
LH/FSH
Prolaktin
TSH
somatotrope Insuffizienz
- Unwohlsein, Schwäche, Muskelatrophie
- Minderwuchs bei Kindern
hypogonadotroper Hypogonadismus
- Sterilität, Potenzstörungen beim Mann
- Sterilität, Amenorrhoe bei der Frau
- Fehlen der Genital- und Axillarbehaarung
- Ausbleiben der Laktation nach der Geburt
sekundäre Hypothyreose
- Schilddrüsenunterfunktion (siehe dort)
POMC - ACTH:
- alpha-MSH:
sekundäre Nebenniereninsuffizienz (siehe dort)
Blässe
- beta-Endorphin
(POMC = Proopiomelanocortin)
Zunächst nur partielle HVL-Insuffizienz. Ein Adenom kann zur Überfunktion der einen
Achse führen und zur Unterfunktion der anderen. Daher oft kombinierte Störung.
Meist schleichende Entwicklung.
Hypophysenhinterlappen
Oxytocin
Vasopressin bzw. ADH (antidiuretisches Hormon):
Diabetes insipidus centralis
Seite 6
8. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Klinik (siehe auch Schilddrüsen- und Nebennierenerkrankungen)
spezifische Symptome:
somatotrope, gonadotrope, thyreotrope und adrenokortikotrope Insuffizienz
unspezifische Symptome
Kopfschmezren, Meningismus, Hypotonie, Schweißneigung,
Bewußtseinsstörungen, bitemporale Hemianopsie, Schlaf-Apnoe-Syndrom
oft schleichende Entwicklung
Symptomatik wird dominiert durch Zeichen der gonadotropen und
adrenokortikotropen Insuffizienz
lebensgefährlich sind thyreotrope und adrenokortikotrope Insuffizienz
oft fallen die Hormonachsen der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit nach aus:
1. Wachstumsstörung (ist zwar bedauerlich, aber nicht lebensgefährlich)
2. Reproduktion /Sterilität (ist nervig, aber nicht gaaanz lebenswichtig)
3. Hypothyreose (das kann schon lebensgefährlich werden, Lebensgefahr!)
4. Nebenniereninsuffizienz (führt unbehandelt sicher zum Tode)
Therapie
Glukokortikoidsubstitution
L-Thyroxin-Substitution
Substitution von STH und Sexualhormonen ist notfall- /intensivmedizinisch meist
nicht relevant
Achtung!
Zuerst werden vom Labor die "Schilddrüsenwerte" bestimmt. Eine
Schilddrüsenunterfunktion wird also immer eher bemerkt, als eine
Nebennierenunterfunktion. Meist wird deshalb mit der Substitution von L-Thyroxin
begonnen. Eine Wiederherstellung der Schilddrüsenfunktion führt aber zur
Aktivierung des Stoffwechsels. Eine Aktivierung des Stoffwechsels führt zur
Verschlechterung einer latenten Nebenniereninsuffizienz mit potentieller
Lebensgefahr. Daher müssen bei Verdacht immer erst Steroide gegeben werden,
bevor L-Thyroxin eingesetzt wird mit einer zeitlichen Latenz von ca. 24 Stunden.
Seite 8
9. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Eine Hypophyseninsuffizienz entwickelt sich häufig bei kritisch kranken Patienten.
Dies hat zwei Ursachen:
1. Durch chronische Krankheiten wird der Hormonstoffwechsel so umgestellt oder
angepaßt, daß die Laborkonstellationen sich verändern wie bei
Hypophyseninsuffizienz: Wachstumshormon , Ausbleiben der Regelblutungen,
Testosteron , TSH und FT4 sowie FT3 ("low-T3-syndrome"). Erhöht dagegen
finden sich ACTH und Cortisol sowie Prolaktin ("Streßadaptation").
2. Ein Hyperkortisolismus durch Infektionskrankheiten, durch Zufuhr bei COPD,
hämatologischen, rheumatologischen Erkrankungen sowie bei Sepsis und ARDS
führt selber durch starke negative Rückkopplung zur Hypophyse und
Hypothalamus zur Runterregulation der anderen hypophysären Funktionen.
Seite 9
10. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
1.2. Notfälle durch Hypophysenvorderlappenüberfunktion
STH - Hochwuchs bei Kindern (bis zum Schluß der
Wachstumsfugen)
- Akromegalie bei Erwachsenen
LH/FSH
Prolaktin
TSH
- Sterilität, Potenzstörungen beim Mann
- Sterilität, Dys- und Hypermenorrhoe bei der Frau
- Galaktorrhoe (keine Vergrößerung der Brustdrüse)
- zentrale Hyperthyreose (SEHR selten)
POMC - ACTH:
- alpha-MSH:
Morbus Cushing (siehe Nebennierenüberfunktion)
Hyperpigmentation mit Bräune/Sommersprossen
Hypophysenhinterlappen
Oxytocin
Vasopressin bzw. ADH (antidiuretisches Hormon): SIADH
Komplikationen:
Akromegale Krise
hypertensive Krise / Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen
bitemporale Hemianopsie bis Blindheit
hyperosmolares Coma diabeticum
Seite 10
11. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Seite 11
1.3. Diabetes insipidus
Pathophysiologie
hypophysär (HHL, Neurohypophyse): Diabetes insipidus centralis
- fehlende Sekretion
nephrogen: Diabetes insipidus renalis
- fehlendes Ansprechen der Nierentubuli auf korrekt
gebildetes Hormon
Komplikation ist der hypovolämische Schock und Elektrolytentgleisungen (z.B.
Hypernatriämie mit Bewußtseinsverlußt)
Ursachen
zentral: siehe HVL-Insuffizienz
nephrogen
- angeborene ADH-Rezeptor-Resistenz
- polyurische Phase des akuten Nierenversagens
- medikamentös (z.B. Amiodaron-induziert)
Diagnose
Polyurie (DD: Diabetes mellitus, BPH)
- Urinausscheidung in großen Mengen (> 6 l/die) mit Nykturie
- Osmolalität/Natrium im Urin , Serum (kein Anstieg nach NaCl-Infusion)
- Hämatokrit , Na+
- niedriges spezifisches Uringewicht, helle Farbe
- kein Anstieg von Urin-Osmolalität und ADH im Durstversuch
Therapie
Flüssigkeit geht immer!
Vasopressinanaloga (Minirin , DDAVP)
Carbamazepin zur Not
Thiazide (Esidrix), Aminoglykoside bei nephrogenem D.i.
12. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
1.4. SIADH (Schwartz-Bartter-Syndrom)
= Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion
ADH = Antidiuretisches Hormon, = Vasopressin (bekannt als Pitressin )
Pathogenese
Hemmung der renalen Wasserausscheidung durch fehlerhaft erhöhte
Vasopressin-Sekretion
Volumenexpansion ohne Ödeme
Erniedrigung der Serum-Osmolalität
renaler Na+-Verlust mit Hyponatriämie
Ursachen
ektope Bildung bei Bronchial-Ca, Pancreas-Ca, auch andere Malignome
SHT
Encephalitis
Hirtumoren (Kraniopharyngeom)
medikamentös (Antidepressiva, Neuroleptika)
Klinik/Komplikationen
"Wasserintoxikation" mit
Übelkeit, Lethargie, Krämpfe, Koma, Anorexie, Herz-Rhythmus-Störungen,
Synkopen
Symptome der malignen Grunderkrankung
kein Ödeme
Diagnose
Hyponatriämie (bis < 100 mmol/l)
Serumosmolalität
Harnstoff, Hämatokrit, Natrium i.S. erniedrigt
für die oberen Parameter (Natrium und Osmolarität) zu hoch meßbares
Vasopressin
Seite 12
13. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Seite 13
Therapie
Flüssigkeitsrestriktion (Patienten haben oft auch keinen Durst) oder NaCl-
Tabletten
Na+-Gabe bei Bewußtlosigkeit (NaCl 10%, NaPhosphat usw.)
Blockade der ADH-Wirkung durch Ledermycin (Demclocyclin)
hypertone NaCL-Wirkung i.v.
Furosemid (paradoxerweise)
causal im Intervall (OP. Chemotherapie, Radiatio)
cave: Zu schneller Anstieg des Serumnatriums kann zur Zerstörung von
Nervenzellmembranen führen, z.B. Pontine Myelinolyse!
14. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
2.1. Die akute Nebenniereninsuffizienz
= "Addisonkrise" (Thomas Addison)
a) primäre Nebenniereninsuffizienz (Morbus Addison)
Autoimmunadrenalitis (häufigste Ursache in den Industriestaaten)
auch in Kombination mit anderen Autoimmunerkrankungen, wie Hashimoto-
Thyreoiditis, Diabetes mellitus Typ I, Hauterkrankungen, Typ A Gastritis, usw.
Tuberkulose beider NN (häufigste Ursache in den Ländern der sog. "3. Welt")
Blutung (Waterhouse-Frederichson-Syndrom, Verbrauchskoagulopathie, u.a.)
Metastasen beider NN (BC, Mamma-Ca, Melanom, Leukämische Infiltrate)
andere (granulomatöse Erkrankungen, Amyloidose)
Adrenogenitales Syndrom
(AGS, bei Kindern: homozygoter 21-Hydroxylasedefekt)
Das ACTH führt trotz hochgradiger Stimulation nicht mehr zu einer adäquaten
Produktion von Nebennierenrindenhormonen, weil das Gewebe zerstört ist. Es
unterbleibt die Rückkopplung an die Hypophyse, das POMC-Peptid (und damit -
MSH und ACTH) wir noch mehr ausgeschüttet, die Patienten werden braun. Wenn
genügend Gewebe zerstört ist (besonders bei der Autoimmunadrenalitis) fehlt nicht
nur die Produktion von DHEA und Kortisol, sondern auch von Aldosteron, das
wirksamste Mineralokortikoid. Renin steigt ebenfalls sehr stark.
b) sekundäre Nebenniereninsuffizienz ("weißer Addison")
Hypophysenvorderlappeninsuffizienz (Ursachen siehe dort)
iatrogen (plötzliches Aussetzen einer Glukokortikoidtherapie
Da auch noch andere Mechanismen die Kortisol- und Aldosteronproduktion
stimulieren, sind die Symptome häufig nicht so dramatisch wie beim Morbus Addison.
Dafür besteht häufiger auch eine Unterfunktion der anderen hypophysären Achsen
mit den typischen Symptomen (siehe oben).
c) relative Nebenniereninsuffizienz
Sepsis
schwerer Schock
Hier ist der Bedarf an Glukokortikoiden als Streßhormone sehr groß. Da die
Glukokortikoide die Freisetzung von ACTH und IL-6 hemmen, besteht eine so
hochgradige Rückkopplung, daß ein weiterer notwendiger Anstieg von ACTH über
eine bestimmte Grenze und damit eine weitere Stimulation der Nebennierenrinde
nicht mehr möglich ist. Es resultiert bei laborchemischem Hyperkortisolismus eine
relative Nebennierenrindeninsuffizienz.
Seite 14
15. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Klinik
Leitsymptome:
-
-
-
-
-
Leistungsabfall
Adynamie
Anorexie
Gewichtsabnahme
Hypotoniesymptome (Schwindel, Kollapsneigung, u.a.)
Glukokortikoidmangelsymptome:
-
-
-
-
-
-
-
-
Hypoglykämie
Muskelschwäche, Gewichtsverlust
Erbrechen, Durchfälle, Magen-Darm-Koliken, "Pseudoperitonitis"
Elektrolytstörungen (Kalium , Natrium , Magnesium , Kalzium )
verminderte Katecholaminwirksamkeit
Hypotonie
im Labor leicht erhöhtes TSH
fehlende Suppression des Immunsystems:
Lymphozytose, Eosinophilie, Polyglobulie im BB bzw. Diff.-BB
Mineralokortikoidmangelsymptome:
- Elektrolytstörungen (Kalium , Natrium , Magnesium )
Hypotonie,
-
-
Dehydratation durch vermehrte Diurese bis Hypovolämie,
Kollapsneigung, Schock
metabolische Azidose
Manifestation häufig nach Absetzen einer Steroidbehandlung bzw. beim Sport oder
bei Streß (Infektion, Operation, Unfälle)
Diagnose
Klinik
allg. Labor (Elektrolyte, Diff.-Blutbild)
Cortisol basal < 5 µg/dl, ACTH , Renin oft
ACTH-Test: verminderter Anstieg von Cortisol und anderer NNR-Hormone 60 min
nach Synacthen (verminderter Aldosteronanstieg = oft erstes Zeichen)
17-Hydroxyprogesteronerhöhung (auch nach ACTH) beim AGS
besser noch CRH-Test zur besseren Differenzierung
Seite 15
16. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Therapie
Flüssigkeitssubstitution
Hormonsubstitution
Glukokortikoid der Wahl = Hydrocortison, z.B. 100 mg als KI, danach 100 – 200
mg/die, schnelle Reduktion bis zur Erhaltungsdosis (SDH zur Not)
weitere Aspekte zur Therapie
ist für die
Aufklärung, Monitoring, Notfallpaß beim Endokrinologen
Langzeitprognose wichtig
Substitution von Mineralokortikoiden (Astonin H ) ist oft nicht notwendig, wenn:
-
-
eine sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz vorliegt
mehr als 50 mg Hydrocortison bzw. 12,5 mg SDH pro Tag gegeben werden
Streßprophylaxe bei Operationen / schwerer Krankheit nach Stufenschema
schnelle Reduktion hoher Dosen, langsame Reduktion niedriger Dosen an
Steroiden
die Gabe von DHEA ist bei Frauen indiziert (50 – 100 mg/die)
Die meisten Patienten, die von endokrinologisch wenig erfahrenen
Internisten/Allgemeinmedizinern/Chirurgen betreut werden, werden falsch hoch
eingestellt, sodaß zur primären Nebennierenrindeninsuffizienz über die Monate und
Jahre noch eine sekundäre hinzukommt. Die Glukokortikoiddosis sollte an die
unterste tolerable Schwelle herangeführt werden. Bei sekundärer
Nebenniereninsuffizienz sind oft nur minimale Dosen an Hydrokortison notwendig.
Die Betreuung und Schulung bei einem Endokrinologen ist daher lebenswichtig!
Achtung!
Zuerst werden vom Labor die "Schilddrüsenwerte" bestimmt. Eine
Schilddrüsenunterfunktion wird also immer eher bemerkt, als eine
Nebennierenunterfunktion. Meist wird deshalb mit der Substitution von L-Thyroxin
begonnen. Eine Wiederherstellung der Schilddrüsenfunktion führt aber zur
Aktivierung des Stoffwechsels. Eine Aktivierung des Stoffwechsels führt zur
Verschlechterung einer Nebenniereninsuffizienz mit potentieller Lebensgefahr. Daher
müssen bei Verdacht immer erst Steroide gegeben werden, bevor L-Thyroxin
eingesetzt wird mit einer zeitlichen Latenz von ca. 24 Stunden.
Seite 16
17. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
2.2. Der Hyperkortisolismus
= "Cushing-Syndrom" (Harvey Cushing)
Hyperkortisolismus ist eine chronische Exposition aller Körperzellen gegenüber
Glukokortikoiden und die maligne Verstellung des Stoffwechsels.
Ursachen
Morbus Cushing = zentraler Hyperkortisolismus (ACTH-abhängig)
-
-
-
basophiles Hypophysenadenom, was im MRT nicht sichtbar sein muß
ACTH oder normal bei erhöhtem Cortisol
ACTH ist oft noch durch CRH stimulierbar
ektopes ACTH-Syndrom (ACTH-abhängig) = "EAS" bzw. "Ektoper Cushing"
-
-
-
durch Malignome wird fälschlicherweise POMC-Peptid bzw. CRH produziert
(BC, Thymom, Neuroendokrine Karzinome, u.a.)
oft schwer vom Morbus Cushing im Labor zu unterscheiden
Neuroendokrine Karzinoide müssen in der Bildgebung nicht sichtbar sein!
primärer Hyperkortisolismus (ACTH-unabhängig)
-
-
-
benigner/maligner (selten) Tumor der Nebennierenrinde
Expression falscher Rezeptoren mit Einfluß auf die Hormonbildung
bei bestimmten genetischen Syndromen sind beide Nebennieren betroffen
Überdosierung einer Steroid-Langzeittherapie (ACTH-unabhängig)
-
-
-
-
-
COPD
rheumatische Erkrankungen
gewünschte Immunsuppression nach Organtransplantation
hämatologische/onkologische Erkrankungen
Hauterkrankungen
Klinik/Komplikationen
Das Cushing-Syndrom ist eine absolut tötliche Erkrankung.
Stigmata eines Cushing-Syndroms mit zentraler Adipositas, Ödemen, usw.
hypertensive Entgleisung
ausgeprägte Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hypernatriämie, Hypokalzämie)
besonders bei ACTH-abhängigen Formen mit lebensgefährlichen
Herzrhythmusstörungen
Diabetes mellitus mit hyperosmolarer Entgleisung und positiven Ketokörpern
metabolische Alkalose
schwerste katabole Stoffwechsellage mit Eiweißmangel, Muskelschwäche,
Osteoporose
relative Hypophyseninsuffizienz mit zentraler Hypothyreose
schwere Infektionen / Sepsis aufgrund Immunsuppression (Pneumocystis-P.)
Seite 17
18. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Diagnose
Klink, Aspekt, Stigmata des Cushing-Syndroms (z.B. Virilisierung von Frauen)
allg. Labor: Thrombozytose, Leukozytose mit Lymphozytopenie und Eosinopenie;
Hypokaliämie, Hypernatriämie
neuroendokrine Tumormarker bei EAS (Chromogranin A, Serotonin, 5'-HIES)
Cortisol > 3µg/dl nach 1 mg Dexamethason, Urin-Cortisol > 100 µg/die als
Screening-Untersuchung
Vielerlei Teste, deren Interpretation von der endokrinologischen Erfahrung
abhängig ist. Deshalb gehört die Differentialdiagnostik eines Cushing-Syndoms in
die Hände eines endokrinologischen Profis!
Die Entscheidung EAS versus Morbus Cushing kann den Arzt vor sehr schwierige
Probleme stellen, die für den Patienten eine Neurochirurgische Intervention
notwendig macht oder nicht. Durch Zeitverlust heißt es für den Patienten oft Hop
oder Top.
Therapie
Operation eines in Frage kommenden Tumors
Im äußersten Notfall auch Biadrenalektomie
Chemotherapie und OP bei EAS
medikamentös nach Diagnosestellung oder bei Karzinomen: Ketokonazol,
Mitotane, Orimeten, u.a.
Spironolacton, antihypertensive Einstellung, PCP-Prophylaxe mit Cotrim, ASS
in Abhängigkeit vom Rezeptorprofil: -Blocker, LHRH-Antagonisten, …
Seite 18
19. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
2.3. Der primäre Hyperaldosteronismus
= "Conn-Syndrom" (Jerome W. Conn)
Dem primären Hyperaldosteronismus liegt eine Mehrproduktion von
Mineralokortikoiden vor, die sich den Suppressionsmechanismen entziehen.
(Der sekundäre Hyperaldosteronismus führt über eine Aktivierung des Renin-
Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) zur vermehrten Mineralokortikoid-synthese)
Ursachen
Morbus Conn
- Adenom der Nebennierenrinde (Zona glomerulosa)
Bestimmte Formen des Adrenogenitalen Syndroms (AGS)
- Enzymdefekte in der Steroidogenese mit Anhäufung von mineralokortikoid
aktiven Hormonen
Genetische Syndrome, wie Glucocorticoid-sensitive-hyperaldosteronism
- Mutationen, die das Aldosteron-Gen unter die direkte Kontrolle eines anderen
Hormons stellt
Klinik/Komplikationen
mit
Elektrolytverschiebungen mit Hypokaliämie, Hypernatriämie
Herzrhythmusstörungen (Ventrikeltachykardien, Kammerflimmern)
Hypertensive Krise bzw. Komplikationen einer chronischen Hypertonie
metabolische Alkalose
Diabetes mellitus, hyperosmolare Entgleisung
Diagnose
Umstellung der antihypertensiven Therapie und der Ernährung
Aldosteron-Renin (oder Plasma-Reninaktivität)-Quotient
ggf. Captopriltest und andere Tests, die Renin stimulieren oder Aldosteron
supprimieren sollen (z.B. Astonin H-Test, Dexamethason-Hemmtest, …)
ACHTUNG! Auch die Diagnose eines Conn-Syndroms ist nicht ganz banal!
Die Hypokaliämie ist z.B. nicht obligatorisch, ein Hochdruck auch nicht.
Therapie
OP, wenn ein Nebennierentumor als Ursache identifiziert werden konnte
Spironolacton zur Aldosteron-Rezeptor-Blockade
weitere antihypertensive Therapie
2.4. Das Phäochromozytom
= ein Katecholamin produzierender Tumor chromaffiner Zellen, der sich von den
sympathischen Nervenganglien ableitet (Nebennierenmark, Glomus caroticum,
Grenzstrang).
spontan
- nur eine Nebenniere/Paraganglion ist betroffen
Seite 19
20. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
hereditär
-
-
-
Multiple Endokrine Neoplasie Typ 2a
von-Hippel-Lindau-Syndrom
Neurofibromatose Recklinghausen
Klinik/Komplikationen
klassische Trias: Kopfschmerz, Herzpoltern, Schweißausbruch
schwere hypertensive Krise/maligner Hypertonus
Blässe, Tremor, Nervosität, Angina pectoris, Herzklopfen (Fluchtsymptome)
Hypokaliämie
SVT's, VT's, Kammerflimmern oder adrenerge Überstimulation
Diabetes mellitus, hyperosmolare Entgleisung
Diagnose
Metanephrine, Normetanephrine im angesäuerten 24-Std.-Urin (Schwefelsäure)
Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin im angesäuerten 24-Std.-Urin
Metanephrine, Normetanephrine im Plasma
Chromogranin A
weitere Diagnostik (Sono der Schilddrüse, Elektrolyte, ggf. Calcitonin und ret-
Protooncogen-Mutationsanalyse)
Bildgebung (CT, MRT, MIBG/FDG-Szintigraphie)
Actung!
1. Einige Antihypertensiva beeinflussen den Katecholaminstoffwechsel, andere den
Stoffwechsel in den chromaffinen Zellen. Die Diagnostik sollte deshalb zumindest
konsiliarsch von einem Endokrinologen mitbetreut werden.
2. Die diagnostische Punktion eines Nebennierentumors darf immer erst nach
Ausschluß eines Phäochromozytoms erfolgen.
Seite 20
21. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
3. Therapie
medikamentös
-
-
-
Therapie der Wahl:
Phenoxybenzamin (Dibenzyran-Kapseln), einschleichend bis Nase verstopft
ist, Stuhlgang schwer geht und im Stehen leichte Hypotoniesymptome
eintreten (3 x 30 bis 3 x 60 mg)
Dihydralazin bzw. Phentolamin (Regitin ) i.v. bei Bewußtlosigkeit/Krise
nach Dihydralazin auch Ebrantil und Esmolol möglich
Achtung!
Zuerst muß immer mit einem Alphablocker behandelt werden, bevor ein
Betablocker gegeben werden kann, damit der Hypertonus nicht steigt bzw. eine
Krise vermieden werden kann.
operativ
- die OP ist erst nach gründlicher Lokalisationsdiagnostik und medikamentöser
Therapie möglich
weitere Optionen (beim Endokrinologen)
Seite 21
22. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
3.1. Die hypothyreote Krise
= "Myxödemkoma"
Alverdes:
"Die Glandula thyroidea ist der Clown der endokrinen Drüsen."
Während eine Hypothyreose sehr häufig ist, ist eine hypothyreote Krise
heutzutage sehr selten
schlechte Prognose, wenn es einmal soweit gekommen ist
Ursachen
"ausgebrannte" Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto, seltener Morbus Basedow)
iatrogen durch unkontrollierte Thyreostatikaeinnahme
Jahre nach thyreoablativer Therapie (besonders Radiojodtherapie)
selten angeboren, da routinemäßig Screening nach Geburt
selten hypophysär bedingt
Klinik/Komplikationen
(von
Kälteintoleranz, kalte Haut bis Hypothermie
Gewichtszunahme, teigige Hautschwellung bis Myxödem
"Mukopolysaccharide"), Lidödeme, brüchige Fingernägel, strohiges Haar
Müdigkeit, Adynamie, (schwere) Depressionen, Schwerhörigkeit, tiefe rauhe
Stimme
Bradykardie, schwerste Herzinsuffizienz (Pumpfunktion )
Bradypnoe, Hypoventilation
Diagnose
Klinik und (Dritt-)Anamnese
Freies T4 , freies T3
TSH (thyreoidal) bzw. TSH normal oder (hypophysär)
Gesamt-T3-Bestimmung ist fast unsinnig, da starke Eiweißbindung
Ausschluß Hyperkortisolismus/Sepsis bei zentraler Konstellation
Hyperlipidämie (Cholesterin, Triglyceride ), Creatinkinase , Hyponaträmie
Hyperkapnie
Seite 22
23. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Therapie
spezifisch
bis Addison-Krise
1. Immer Glukokortikoide i.v. (Hydrocortison, SDH)
ausgeschlossen!
2. L-Thyroxin i.v.
-
-
-
-
Die Gabe von LT4 soll 12 bis 24 Std. später erfolgen
"Je höher das TSH – desto niedriger die LT4-Dosis."
Wenn die Therapie niedrig dosiert begonnen wird, besteht trotzdem
weiterhin eine Unterversorgung des Organismus.
LT4 in der Dosis von 500 µg i.v. nur am 1. Tag und nur bei unmittelbarer
Lebensgefahr, da sonst hohes Risiko von Herzrhythmusstörungen!
allgemein
-
-
-
Vorsichtiges Wärmen wegen Vasodilatation und Verschlchterung! Am besten
nur Schutz vor weiterer Auskühlung; Ausgleich von Natrium, Energiezufuhr mit
LT4-Dosis steigern
auf Angina pectoris achten, täglich EKG
Antibiose
Seite 23
24. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
3.2. Die thyreotixische Krise
= immer eine manifeste Hyperthyreose
Ursachen
Jodkontamination bei vorbestehender latenter Hyperthyreose
(autonomes SD-Adenom, Morbus Basedow) durch
-
-
-
Kontrastmittel
"Vitamintropfen" oder tatsächlich iatrogen Jodid
Amiodarongabe bei Vorhofflimmern aufgrund einer Hyperthyreose
Radiojodtherapie bzw. SD-OP in der Hyperthyreose
inadäquate Therapie einer bekannten manifesten Hyperthyreose
Amiodarontherapie
-
-
Typ I: durch Jodgehalt von Cordarex
Typ II: direkte Wirkung des Moleküls aufgrund seiner Strukturähnlichkeit mit T3
Bei der Hyperthyreose ist die Wärmeproduktion von der Energieverwertung
entkoppelt, d.h. es entsteht viel Reibung und Wärme, aber keine Kraft.
Klinik/Komplikationen
Allgemeinsymptome:
- Fieber,
Schweißausbrüche, Hyperthermie, Exsikkose, seltener
Gewichtsabnahme, Haarausfall
Mögliche Symptome einer Endokrinen Ophthalmopathie:
- Fremkörpergefühl bei Trockenheit der Cornea, Lichtempfindlichkeit,
Tränenträufeln, Chemosis bis Protrusio bulbi
Kardiovaskuläre Symptome:
-
-
Tachykardien, supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz
("high output failure")
möglicher hoher systolischer Blutdruck ("Palpitationen")
Gastrointestinale Symptome:
- Diarrhoe, Abdomnialbeschwerden, Erbrechen, Erhöhung der Leberenzyme bis
Ikterus (Alkalische Phosphatase korreliert mit Schweregrad)
Psychische/neurologische Symptome:
-
-
Innerliche Unruhe, Agitiertheit bis Psychose
Muskelschwäche, Muskelzittern
metabolische Azidose, Tachypnoe, Hypokaliämie
Stadieneinteilung
1. allgemeine Symptome, Dehydratation, Patient noch orientiert
Verwirrtheit,
2. zusätzlich zu Allg.-Symptomen nun Bewußtseinsstörungen,
Desorientiertheit, Psychose, Somnolenz, Stupor
3. Koma
Diagnose
Seite 24
25. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Schilddrüsensonographie (Mb. Basedow vs. SD-Adenom)
freies T3 , freies T4 , TSH < 0,1 µU/ml (vollständig supprimiert)
ggf. TSH-Rezeptor-Antikörper
im Intervall zur Lokalisation bei z.B. mehreren Knoten SD-Szintigraphie
Therapie
1. speziell:
Im Stadium 3 frühzeitige Operation, auch sonst OP in Erwägung ziehen
Hemmung der Hormonsynthese
-
-
Thiamazol (Favistan , Carbimazol ), Propylthiouracil bei Schwangerschaft
Die Favistandosis muß bei der Amiodaron-induzierten Hyperthyreose
höher liegen, weil die Thiamazolwirkung durch Amiodaron selbst gehemmt
wird (z.B. 2 x 40 – 60 mg Thiamazol)
Hochdosis Jodid ("Plummerung"), heute nicht mehr so sehr häufig
Hemmung der Jodidaufnahme
- Perchlorate (Irenat )
Hemmung der Konversion von inaktivem T4 zu aktivem T3
-
-
Glukokortikoide (z.B. 50 mg SDH täglich)
unselektive Betablocker (z.B. 3 x 40 mg Dociton )
2. allgemein:
Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits, Temperatursenkung
ggf. Sympathikolyse, Digitalisierung (cave: niedrig dosiert beginnen)
Antiarrhythmica als letztes in der Medikamentenliste!
Thromboembolieprophylaxe
Ausgleich einer Hypokaliämie
Seite 25
26. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
4.1. Die hypokalzämische Krise ("Tetanie")
Wer an Kalzium denkt, muß immer auch an Eiweiß denken. Jeder Kalziumwert im
Labor ist ein sog. "Gesamt-Kalzium". Es muß korrigiert werden nach dem
Gesamteiweiß bzw. (besser noch) nach dem Albumin.
Ursachen
normokalzämische Tetanie
Durch die Alkalose wird Kalzium mehr an Albumin gebunden. Die Fraktion des
ionisierten Kalziums nimmt ab.
-
-
-
-
-
-
Hyperventilation mit respiratorischer Alkalose
Säureverlust (H+-Ionen) durch z.B. Erbrechen
Magnesiummangel (Diuretika, Cyclosporin A, andere Erkrankungen)
medikamentöse Ca2+-Bindung (Heparin, Aminoglykoside, Theophyllin)
Kaliumexzess
Intoxikationen (z.B. Alkohol)
hypokalzämische Tetanie
-
-
-
-
-
Hypoparathyreoidismus (post-OP nach SD-OP's oder nach Beseitigung eines
Nebenschilddrüsenadenoms)
medulläres Schilddrüsenkarzinom (sehr selten)
hochdosierte Glukokortikoidtherapie, Hyperkortisolismus (siehe dort)
Vitamin D-Mangel/Resistenz (Leber- und Nierenerkrankungen)
Kalziummangel
Resorptionsstörung (Sprue/Zöliakie, Colitis)
erhöhter Verlust (Niereninsuffizienz, Diuretikatherapie, Pankreatitis!)
erhöhter Bedarf (Gravidität, Laktation, Chemotherapie)
Klinik/Komplikationen
Neuromuskuläre Erregbarkeit:
-
-
-
-
Steigerung der Reflexe ("Chvostek-Zeichen", Cloni, Carpopedalspasmen)
extrapyramidale Symptome
Parästhesien (perioral und akrales Kribbeln)
Laryngospasmus und generalisierte Krampfanfälle (vor allem Pädiatrie)
Kardiovaskuläre Wirkungen:
-
-
Verminderung des HZV's mit Hypotonie
ventrikuläre Extrasystolen
Chonische Komplikation: schwere Osteoporose
Seite 26
27. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Diagnose
Elektrolyte (Kalzium, Magnesium, anorganisches Phosphat, Kalium, Natrium),
auch deren Urinausscheidung
Gesamteiweiß/Albumin
ggf. ionisiertes Kalzium in BGA
Kreatinin, Kreatinin-Clearance, Cystatin C, Harnstoff,
ggf. Proteinurie, U-Status und Urin-Sediment; Nierenpunktion
Parathormon
25-OH-Vitamin D3 und 1,25-OH-Vitamin D3
ggf. Autoantikörper
(Transglutaminase, andere endokrine Autoimmunerkrankungen)
Therapie
Die Therapie sollte sich an der Grundkrankheit anlehnen. Bei Magnesiummangel ist
dieser zuerst auszugleichen. Ansonsten:
akut:
Nur, wenn eine symptomatische Hypokalzämie vorliegt oder wenn das ionisierte
Kalzium < 0,65 mmol/l beträgt (Vasospastik mit Ischämie!).
-
-
Calzium-Glukonat 10 % (= besser verträglich)
Calcium-Chlorid 10 % (Enthält mehr elemntares Kalzium! Höhere Osmolalität!)
Ausgleich über eine längere Zeit, z.B. Ca2+-Glukonat 10 ml/h über 4-6 Stunden.
Dauertherapie:
Muß in Abhängigkeit von Grunderkrankung erfolgen.
-
-
-
-
Calcium (bitte nicht mehr als 2 g /die per os)
Vitamin D oder aktive Vitamin D-Metabolite (Rocaltrol )
Thiaziddiuretika bei renalem Verlust
AT10 Perlen oder AT10 Tropfen
Seite 27
28. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
4.1. Die hyperkalzämische Krise
Wer an Kalzium denkt, muß immer auch an Eiweiß denken. Jeder Kalziumwert im
Labor ist ein sog. "Gesamt-Kalzium". Es muß korrigiert werden nach dem
Gesamteiweiß bzw. (besser noch) nach dem Albumin.
Ursachen
Für Notfälle in engeren Betracht zu ziehen:
Tumorhyperkalzämie (ca. 50 %)
-
-
Knochenmetastasen (Multiples Myelom, Lymphome, Undifferenziertes
Schilddrüsen-Ca)
Sekretion eines Parathormon-ähnlichen Peptids (PTH rP) durch
BC, Mamma-Ca, u.a.
Hyperparathyreoidismus (HPT)
-
-
-
primär (Nebenschilddrüsenadenom, Multiple Endokrine Neoplasie)
tertiär (durch Überstimulation nach langer Phase einer Hypokalzämie)
bestimmte genetische Syndrome
Vitamin D3-Intoxikation
- iatrogen durch z.B. Rocaltrol -Therapie bei Niereninsuffizienz
Vitamin D3-Intoxikation
- iatrogen durch z.B. Rocaltrol -Therapie bei Niereninsuffizienz
Für Notfälle meist nur Co-Faktoren, die die obigen Diagnosen nur in Erscheinung
treten lassen. Hier ist keine Akuttherapie notwendig:
medikamentös: Thiazidtherapie, CVVH mit HF03-Beuteln
familiäre hypokalziurische Hyperkalzämie
-
-
bei homozygotem Gendefekt erfolgt Tod im Kindesalter
bei heterozygotem Defekt nur milde Hyperkalzämie, aber Konstellation wie bei
primärem HPT (cave: hier keine Operation!)
Sarkoidose
Hyperthyreose
Morbus Paget
Milch-Alkali-Syndrom
Eine Immobilisation führt nur dann zur Hyperkalzämie, wenn mindestens noch ein
2. Faktor vorliegt!
Seite 28
29. Seite 29
Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Klinik/Komplikationen
renal:
- Polyurie/Polydipsie, Nephrokalzinose, Nierensteine, Niereninsuffizienz bis
Oligurie/Anurie, Hyperphosphaturie, Hypokaliämie, Exsikkose
gastrointestinal:
- Übelkeit, Erbrechen, Pancreatitis, Obstipation, Cholecystolithiasis, Ulkus
neurologisch:
- Adynamie, Apathie, Verwirrtheit, Müdigkeit, Muskelhypotonie,
Pseudoparalysen, Psychosyndrom, Somnolenz, Koma
kardiovaskulär:
- Hypovolämie, Hypertonie, OT-Zeit-Verkürzung, Tachykardien,
Digitalisüberempfindlichkeit
orthopädisch:
- Arthralgien, Osteoporose mit Frakturen, Chondrocalcinose
+ Symptome der Grunderkrankungen
Diagnose
Körperliche Untersuchung!
Elektrolyte (Kalzium, Magnesium, anorganisches Phosphat, Kalium, Natrium),
auch deren Urinausscheidung
Gesamteiweiß/Albumin + Elektrophorese (ggf. Immunfixation)
ggf. ionisiertes Kalzium in BGA
Kreatinin, Kreatinin-Clearance, Cystatin C, Harnstoff,
ggf. Proteinurie, U-Status und Urin-Sediment; Nierenpunktion
Parathormon, PTH-rP
25-OH-Vitamin D3 und 1,25-OH-Vitamin D3
Diff.-BB, später auch KM-Punktion, Tumorhistologie, usw.
Sonographie von Hals und Abdomen, ggf. CT usw.
Therapie
Förderung der Diurese
-
-
reichlich NaCl 0,9% bei Anurie auch Dialyse möglich
Furosemid
Hemmung der Kalziumresorption aus dem Knochen
- Calcitonin (Calsynar ) s.c. alle 12 Std.
- Bisphosphonate (Aredia ca. 60 mg 1 x /Monat)
Suppression von Parathormon / Hemmung lymphatischer Kalziummobilisation
- Hydrocortison, z.B. 2-3 x 200 mg/die in Kombination mit Calcitonin
5.1. Die Hypoglykämie
= "Zuckerschock"
180 mg/dl = 10 mmol/l (Faktor: 18)
Ursachen
Insulinüberschuß
30. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
-
-
-
-
-
Überdosis an Insulin (auch an Insulinpumpe denken!)
Überdosis an Glibenglamid bei akuter Niereninsuffizienz usw.
vermehrte Muskelarbeit (Bewegung, Sport,
Tanzen in der Disco: "How low can you go?")
relativ verminderte Kohlenhydratzufuhr (Diät, Übelkeit, Erbrechen)
Insulinom (sehr selten)
Suppression / Fehlen der Glukoneogenese
-
-
-
-
-
-
Alkohol (in der Disco)
Barbiturate
verschiedene Drogen
Metformin, Rosiglitazone, Troglitazone usw.
Z.n. Leberteilresektion
Nebenniereninsuffizienz, Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
angeborene Stoffwechselkrankheiten (Pädiatrie)
-
-
Fruktoseintoleranz
Glykogenosen
Klinik/Komplikationen
Symptome der Hypoglykämie:
-
-
-
-
Sehstörungen
Paraesthesien
Konzentrationsschäche, "Abwesenheit"
Delirium/Bewußtlosigkeit, zerebrale Krampfanfälle mit Unfällen
Symptome durch Gegenregulation:
-
-
Tachykardie, Hypertonie
Schweißausbrüche, feuchte Haut
Das Gefährliche ist nicht, daß bei einem Krampfanfall die Nervenzellen absterben
(da haben wir Millionen), sondern, daß man dabei einen Unfall erleidet und sich ins
Lebensgefahr bringt (da haben wir nur eins).
Seite 30
31. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Diagnose
(Fremd-)Anamnese
Blutzuckerstix, Blutglukose im allg. < 60 mg/dl (2,8 mmol/l)
Diabetiker können schon bei höheren Werten unterzuckern
Ist der BZ > 80 mg/dl, ist vor allem an eine neurologische Ursache zu denken!
ggf. weitere endokrinologische Diagnostik im Intervall
Therapie
leicht: Saft, Cola, Traubenzucker (an Begleitung denken)
schwer:
-
-
Glukose i.v. (ca. 20 mg als Bolus 100 ml G 20%, 50 ml G40%, 40 ml G50%)
Glucagon 1 mg i.m., s.c. (Glucagen ), wenn i.v.-Zugang möglich ist
Seite 31
32. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
5.2. Die Hyperglykämie – ketoazidotisches Coma diabeticum
= "Ketoazidose"
Ursachen
absoluter Insulinmangel
frische Manifestation eines Diabetes mellitus Typ 1
bekannter Diabetes mellitus Typ 1, unzureichende Insulinzufuhr
-
-
Infektion mit vermehrtem Insulinbedarf
Schwangerschaft
schwere Pankreatitis/Pankreatektomie
Pathophysiologische Aspekte
Insulin = ein Wachstumshormon
Insulin senkt den Blutzucker, indem es die Glukose in die Muskel- und
Leberzellen zum Aufbau von Glykogen transportiert
Insulin hemmt die Lipolyse und führt zur Lipogenese
Insulin führt zum Aufbau von Proteinen
Ein Mangel an Insulin führt zum intrazellulären Glukosemangel in den Organen, die
die Glukose nur mit Insulin aufnehmen (Muskulatur, Fettgewebe).
Darüberhinaus wird vermehrt Glukose gebildet, nämlich aus dem Proteinabbau
(Alanin) und der Lipolyse (Glycin). Der Stoffwechselantagonist zum Insulin ist
Kortisol. Es entsteht also eine katabole Stoffwechsellage wie beim
Hyperkortisolismus und wie beim Hungern. Andere Antagonisten/Agonisten zum
Insulin sind je nach Stoffwechselweg Adrenalin, Wachstumshormon und Glukagon.
Die gesteigerte Lipolyse führt zur Bildung der Ketokörper Azeton, -Hydroxy-
Buttersäure und Azetessigsäure. Azeton kann man im Urin messen.
Klinik/Komplikationen
oft langsame, progrediente Entwicklung
Polyurie, Polydipsie Exsikkose (hypertone Dehydratation)
Übelkeit, Erbrechen ("Pseudoperitonitis diabetica")
Azetonfoetor ("Apfelgeruch", "Apfelessiggeruch")
körperlicher Leistungsknick, Gewichtsabnahme, Muskelschwäche
Coma diabeticum
metabolische Azidose mit Kußmaul-Atmung
Diagnose
BZ-Stix + Azetonstreifen ("U-Status muß sein!")
BGA (pH = sauer)
Kalium , Natrium , Osmolalität
CK-Erhöhung, Harnstoff
Seite 32
33. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Differenzialdiagnose
hyperosmolare Entgleisung mit Azetonnachweis bei Hungern
Diabetes und Schwangerschaft (Azetonentwicklung schon bei BZ um 120 mg/dl
möglich)
Urämie bei zusätzlichem Nierenversagen (Hypotonie, Hypovolämie)
Therapie
Langsames Senken der Blutglukose mit Insulin bis Azeton negativ wird.
Dann Glukose und Insulingabe.
Kristalloide Flüssigkeit (z.B. Tutofusin) i.v.
Kaliumgabe (Azidoseausgleich + Insulintransport + osmotische Diurese)
ggf. Phosphatgabe
Bikarbonatgabe nur bei pH-Werten < 7,0
Besteht ein hypovolämischer Schock steht die Volumengabe vor der
Dopamin/Dobutamingabe und beides vor der Gabe vasopressorischer
Substanzen.
Achtung! Der Stoffwechsel ist lange ausgeglichen, bevor die Elektrolyte im Gehirn
dort sind, wo sie hingehören. Das heißt, eine Stoffwechselnormalisierung bedingt
nicht unbedingt eine neurologische Besserung. Latenz ca. 3 Tage.
Seite 33
34. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
5.3. Die Hyperglykämie – hyperosmolares Coma diabeticum
= "Zuckerentgleisung"
Ursachen
relativer Insulinmangel
ältere Diabetiker
Steroidtherapie/Hyperkortisolismus
Akromegalie
Phäochromozytom
im übrigen siehe oben
Klinik/Komplikationen/Pathophysiologie
siehe oben
Das Koma entwickelt sich vor allem wegen der Hyperosmolarität!
Osmolalität im Serum = Produkt aus Glukose, Natrium und Harstoff
Da alle diese Parameter erhöht sind, trocknen die Zellen aus (vor allem die
Nervenzellen!).
Durch die osmotische Diurese entwickelt sich eine Hypovolämie. Wenn die
Hyperosmolarität beseitigt wird, entsteht eine Hypotonie. Ist die Stoffwechselsituation
eskaliert, weil sich ein Infekt entwickelte, kommt es schnell zum Schock.
Ziel ist also die Senkung der Hyperosmolarität bei Ausgleich der Hypovolämie.
1. Flüssigkeitssubstitution!
("Zucker kann ja nicht kristallin durch Adern und Nierentubuli rieseln.")
2. Senkung des Blutzuckers
3. Ausgleich der Elektrolyte
Anmerkung: Bei Patienten mit Lipatrophie/Lipodystrophie kann der Bedarf an Insulin
erheblich sein (z.B. U-400 Insulin).
Eine schnelle Senkung des Blutzuckers führt zur Freisetzung von
Wachstumshormon. Dies kann eine bestehende Retinopathie erheblich
verschlechtern ("Proliferative Retinopathie").
4. Verhinderung von Langzeitschäden (Gefäße, Niere, Nerven, Augen, Psyche)!
6. Der hypertensive Notfall
DD Hypertensive Krise / maligne Hypertonie
relativer Notfall
RR > 180/120 mmHg
absoluter Notfall
RR > 220/120 mmHg
RR > 180/120 mmHg + Organkomplikationen
Seite 34
36. Endokrine/hormonelle Notfälle – Dr. Holger S. Willenberg – Uni Düsseldorf
Klinik/Komplikationen
neurologisch:
-
-
-
-
ischämischer Insult (Apoplex)
hämorrhagischer Insult (ICB)
Subarachnoidalblutung (SAB)
hypertensive Enzephalopathie
kardiovaskulär:
-
-
-
-
Akutes Koronarsyndrom / Myokardinfarkt
Akute Linksherzdekompensation mit Lungenödem
Aortendissektion
Herzrhythmusstörungen
Schwangerschaft:
- Eklampsie
Aspekte zur Therapie
soll so gewählt werden, daß
-
-
-
Notfall beherrscht wird
hormonelle Diagnostik nicht versaut wird
das pathophysiologische Prinzip beachtet wird
- die Blutdrucksenkung nicht die Komplikation verschlimmert
Kombination mit Schmerzmitteln und dämpfenden Substanzen
Kontraindikationen beachten (z.B. Schwangerschaft, z.B. Phäochromozytom)
Seite 36