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These 1
Die Kapitalmarktunion ist ein langfristiges Projekt. Erwartungen, die
Finanzierung der Wirtschaft kurzfristig verbessern zu können,
erscheinen daher eher unrealistisch. Ein positiver Impuls für das
Wirtschaftswachstum wird sich nur langfristig einstellen.
These 2
Für eine generelle Überlegenheit einer Kapitalmarktfinanzierung
gegenüber einer Bankenfinanzierung gibt es keine empirischen Belege.
Entscheidend ist die Effizienz des Finanzierungssystems.
These 3
Erfolgskriterium der Kapitalmarktunion wird die Fähigkeit sein, neue
Finanzierungskanäle zu öffnen, um Kapital besser zu mobilisieren und
effizienter zu verteilen. Die Wahrscheinlichkeit, finanziert zu werden,
sollte für profitable Investitionen steigen und für unprofitable sinken.
These 4
Der US-Kapitalmarkt ist kein Vorbild für die Kapitalmarktunion. Er ist
entstanden durch jahrzehntelange regulatorische Einschränkung der
Bankentätigkeit. Dies kann nicht als Erfolgsrezept für Europa gelten.
Die Kapitalmarktunion darf die Stärken der Bankenfinanzierung in
Europa nicht beeinträchtigen.
These 5
Die Kapitalmarktunion ist kein Weg, um die Finanzierung kleiner und
mittlerer Unternehmen (KMU) generell zu verbessern. KMUs bilden
eine sehr heterogene Unternehmensgruppe mit sehr unterschiedlichen
Finanzierungsbedürfnissen. Ziel sollte daher die Bereitstellung einer
vielfältigen Finanzierungslandschaft sein.
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9 Thesen zur Kapitalmarktunion (Teil1)
3. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
These 6
Eine Kapitalmarktunion kann eine bessere Risikodiversifikation
zwischen den Mitgliedsländern der EU herbeiführen. Dies setzt eine
breitere grenzüberschreitende Investitionstätigkeit voraus.
These 7
In der Finanzkrise gelang es nur unzureichend, die ausfallende
Kreditvergabe der Banken durch eine Kreditaufnahme am Kapitalmarkt
zu ersetzen. Eine Ursache sind grundlegende nationale Unterschiede in
den Fundamenten der Finanzmärkte. Dazu gehört auch das
Insolvenzrecht. Eine Harmonisierung sollte daher zu den vorrangigen
Zielen der Kapitalmarktunion gehören.
These 8
Eigenkapitalmärkte eignen sich zur Risikodiversifikation besser als
Fremdkapitalmärkte. Eine Erhöhung des Anteils der Eigenkapital-
finanzierung kann die Stabilität der Wirtschaft in der EU erhöhen.
These 9
Die Kapitalmarktunion ist keine Wunderwaffe gegen die Wachstums-
schwäche in Europa. Zwar ist es richtig, dass zur Finanzierung von
Innovationen und technischem Fortschritt der Kapitalmarkt Vorteile
besitzt. Die Finanzierung ist aber nur ein Aspekt eines breiten
Spektrums an Strukturmerkmalen, die zu erfüllen sind, um technischen
Fortschritt auch wirklich in Wirtschaftswachstum umzuwandeln.
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9 Thesen zur Kapitalmarktunion (Teil2)
4. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Die Bedeutung der Aktienmärkte
In der Diskussion über die Kapital-
marktunion wird häufig die Höhe der
Börsenkapitalisierung benutzt, um
die Unterentwicklung der Kapital-
märkte in der EU zu dokumentieren.
In Relation zum Bruttoinlands-
produkt ist der US-amerikanische
Aktienmarkt deutlich größer als die
vergleichbaren Märkte in der EU.
Gleichwohl lässt sich daraus kein
Rückschluss auf eine unzureichende
oder ineffiziente Unternehmens-
finanzierung ziehen. Diese Relation
besagt lediglich, dass in den USA ein
größerer Anteil des Unternehmens-
vermögens in Form von börsen-
notierten Aktien gehalten wird.
Um den tatsächlichen Beitrag des
Aktienmarktes zur Unternehmens-
finanzierung zu erkennen, sind
alleine die jährlich zufließenden
Mittel von Belang. Siehe nächste
Grafik.
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* aktuellste, für alle Länder verfügbare Zahlen
5. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Aktienmarkt trägt in den USA nicht zur
Unternehmensfinanzierung bei
Als Begründung für die Kapital-
marktunion wird häufig die Größe
des US-amerikanischen Kapital-
marktes, insbesondere des Aktien-
marktes genannt. Dieser sei ein
wichtiges Element der Unterneh-
mensfinanzierung. Bezugsgröße ist
dann stets die Marktkapitalisierung.
Es wird dann häufig argumentiert,
dass der europäischen Wirtschaft
aufgrund des kleineren Aktien-
marktes ein großes Finanzierungs-
potenzial entginge.
Die Bezugsgröße Marktkapitali-
sierung führt jedoch in die Irre.
Untersucht man die Kapitalströme,
stellt man fest, dass US-Unter-
nehmen seit langer Zeit per saldo
Geld an den Aktienmarkt zurück-
geben. Der Wert an M&A-
Transaktionen und Aktienrückkäufen
ist seit langer Zeit höher als der
Wert der Neuemissionen.
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6. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Das Niveau des Leveraging im Unternehmens-
sektor ist im Großen und Ganzen vergleichbar
Im Vergleich der Unternehmens-
bilanzen aus wichtigen Ländern der
EU sowie der USA zeigt sich eine
erstaunliche Gleichförmigkeit in der
Aufteilung zwischen Eigen- und
Fremdkapitalfinanzierung.
Unterschiede bestehen lediglich
innerhalb der einzelnen Finan-
zierungsformen. Die europäischen
Unternehmen finanzieren sich
weniger über Schuldverschrei-
bungen und an Börsen gelistete
Aktien als die US-amerikanischen
Unternehmen*.
Wenn die Kapitalmarktunion auf
diese unterschiedliche Finanzie-
rungsstrukturen Einfluss nehmen
will, sollten die Ursachen für die
Unterschiede und die Auswirkungen
der Änderungen sorgfältig ex ante
analysiert werden.
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* Die verfügbaren Daten lassen die Darstellung der unterschiedlichen Klassen an Aktien für die USA nicht zu.
7. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Große Unterschiede in der Struktur der
Unternehmensfinanzierung in der EU
Der Unterschied im Verhältnis von
Fremd- zu Eigenkapital in der
Unternehmensfinanzierung ist um
einiges geringer, als es die reinen
Kapitalmarktdaten erwarten lassen.
Dies liegt vor allem daran, dass
Unternehmen in der EU Eigenkapital
überwiegend nicht in der Form
börsennotierter Aktien halten.
Bevor Maßnahmen zur Kapital-
marktunion anlaufen, ist zu klären,
ob diese Formen des Eigenkapitals
wirklich ineffizient sind. Dies gilt
sowohl mit Blick auf das Zusammen-
bringen von Sparern und Investoren,
als auch bei der Risikodiversifikation.
Ist dies der Fall, sollten Möglichkeiten
zum Börsengang verbessert werden.
Bei der Fremdkapitalfinanzierung fällt
die Dominanz des Bankkredits ins
Auge. Dies könnte auch an der
Struktur der Firmengrößen in der EU
liegen. Die große Anzahl von KMUs
deutet darauf hin, dass keine große
Verschiebung zu erwarten ist.
Gleichwohl sollte die Kapitalmarkt-
union versuchen, zumindest
mittelgroßen Unternehmen den Weg
an den Kapitalmarkt zu ebnen.
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8. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Kreditvergabe an KMUs ist seit Beginn der
Finanzkrise rückläufig
Ein besserer Zugang zu Finan-
zierungsinstrumenten für KMUs ist
einer der wesentlichen Beweg-
gründe der EU-Kommission für die
Kapitalmarktunion. Konzentriert
man sich auf die Kreditvergabe
durch Banken, dann erscheint der
Handlungsbedarf tatsächlich groß.
Die Summe ausstehender Kredite
unter 1 Million Euro an Kreditsumme
ist seit Beginn der Finanzkrise um
etwa 40 Prozent ge-sunken.
Allerdings dürfte diese Entwicklung
vor allem durch die Auswirkungen
der Staatsschuldenkrise auf
italienische und spanische Unter-
nehmen dominiert werden.
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9. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Von KMU genutzte Finanzierungsformen
Der Bankkredit ist zwar eine wich-
tige, jedoch nicht die einzige Finan-
zierungsquelle für KMUs. Eindeutig
ist jedoch, dass der Kapitalmarkt bei
der Finanzierung von KMUs keine
Rolle spielt. Die regelmäßige
Umfrage der EZB zeigt, dass neben
der Finanzierung durch Eigenmittel,
die Finanzierung durch Banken von
herausragender Bedeutung ist.
Umfragen der Federal Reserve Bank
of New York kommen zu einem
vergleichbaren Ergebnis. Auch in
den USA spielt der Kapitalmarkt für
KMUs offensichtlich keine Rolle.
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10. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Finanzierung der KMUs – Kreditzinsen
Die Finanzierung ist für kleine
Unternehmen nicht nur schwieriger,
sondern – wie die Zinsstatistik der
EZB belegt – auch teurer. Kredite von
weniger als 250.000 Euro sind im
Euroraum um fast 1,5 Prozent-
punkte teurer als Kredite von über
einer Million Euro.
Die EZB-Zahlen sind ein Durchschnitt
für alle Mitgliedsländer. Neben dem
höheren Ausfallrisiko für Kredite an
kleine Unternehmen spielen
länderspezifische Faktoren eine Rolle.
Diesen Zusammenhang belegt die
nächste Grafik.
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11. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Finanzierung der KMUs – Kreditzinsen II
Die Finanzierungskonditionen für
kleine und mittlere Unter-
nehmen unterscheiden sich in
den Kernländern und den
Krisenländern der Währungs-
union recht deutlich.
Während sich in Frankreich und
Deutschland die Zinsspreads
zwischen sehr kleinen und
großen Krediten sowie zwischen
kleinen und großen Krediten seit
2010 kontinuierlich verringert
haben, stiegen sie in Italien und
Spanien zunächst deutlich und
erreichten 2013 den Höhepunkt.
Der seitherige Rückgang konnte
den Finanzierungsnachteil nicht
überwinden. Insbesondere bei
sehr kleinen Krediten ist die
Unternehmensfinanzierung in
Italien und Spanien deutlich
teurer als in Deutschland.
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12. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Verbriefungen sind für die Finanzierung der
Unternehmen bislang ohne große Bedeutung
Eine der ersten Maßnahmen, die die
EU-Kommission im Rahmen der
Kapitalmarktunion ergriffen hat, ist
die Wiederbelebung des Verbrie-
fungsmarktes in der EU. Dies folgt
der Idee, dass die Verbriefung von
Unternehmenskrediten insbesondere
kleinen und mittleren Unternehmen
indirekt den Zugang zum
Kapitalmarkt ermöglichen würde.
Die empirischen Daten dämpfen
jedoch allzu hohe Erwartungen. Der
Anteil der Verbriefungen von Unter-
nehmenskrediten liegt zwischen 7
und 8%, der Anteil an allen Unter-
nehmenskrediten beläuft sich
lediglich auf etwas mehr als 2%.
Positiv gewendet besteht für die
Verbriefung von Unternehmens-
krediten in der Kapitalmarktunion
ein fast unbegrenztes Wachstums-
potenzial – vorausgesetzt, es stehen
ausreichend Investoren bereit.
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13. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der
Verschuldung der Unternehmen und ihrer
Wettbewerbsfähigkeit?
In der Diskussion zur Kapitalmarkt-
union wird häufig das schwache
Wirtschaftswachstum in der EU mit
fehlenden Finanzierungsmöglich-
keiten in Verbindung gebracht. Die
Relation von Fremdkapital zum BIP
lässt jedoch auf einen anderen
Zusammenhang schließen.
Über längere Zeit betrachtet, ist
diese Relation in Deutschland seit
2000 gesunken. Dagegen weisen
alle anderen Länder in der Grafik
steigende Verschuldungsgrade auf.
Dies legt die Vermutung nahe, dass
Firmen in Ländern, die international
Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt
haben, stärker auf Fremdkapital
setzen müssen, als solche in
wettbewerbsfähigen Ländern.
Die Finanzierungslücke könnte also
auch auf einen Mangel an inter-
nationaler Wettbewerbsfähigkeit
hindeuten. Dieser wäre durch eine
Kapitalmarktunion nicht zu heilen.
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14. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Produktivität ist in der Finanzkrise gesunken
Eine niedrige Investitionstätigkeit ist
nicht notwendigerweise das
Ergebnis fehlender Finanzierungs-
möglichkeiten.
Schwache Investitionen können
ebenso durch eine niedrige Produk-
tivität, zu geringe Innovationen oder
das Fehlen profitabler Investitions-
möglichkeiten hervorgerufen
werden.
Die rückläufige Entwicklung der
totalen Faktorproduktivität im Ver-
lauf der Finanzkrise ist ein Indikator
dafür, dass diese Elemente für das
geringe Wirtschaftswachstum von
Bedeutung sind. Auch kann ein
unzureichender Abbau der
Überschuldung im Unternehmens-
sektor die Investitionen drücken.
Die Wachstumsschwäche in der EU
wird daher nicht alleine durch eine
Kapitalmarktunion zu beheben sein.
Es sind zusätzliche wirtschaftspoli-
tische Anstrengungen erforderlich.
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15. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Dauer der Insolvenzverfahren in Europa
behindern Wirtschaftswachstum
Idealerweise sollten Insolvenzver-
fahren es erlauben, dass überlebens-
fähige Teile eines Unternehmens zügig
weitergeführt und nicht überlebens-
fähige genauso rasch abgewickelt
werden. So wird die Restrukturierung
der Verschuldung erleichtert und die
Reallokation von Resourcen in
produktive Bereiche beschleunigt.
Die Bandbreite der Insolvenzverfahren
in der EU ist sehr groß. Die Dauer des
Verfahrens bildet sicherlich nur einen
Aspekt, gibt jedoch einen Hinweis auf
Harmonisierungsbedarf. Nur wenn
Insolvenzverfahren Investoren
ausreichende Rechtssicherheit bieten,
kann sich das Interesse an grenzüber-
schreitenden Investitionen erhöhen.
Die Harmonisierung der Insolvenz-
ordnungen ist deshalb kein nachran-
giger Aspekt der Kapitalmarktunion,
sondern eine wichtige Voraussetzung
für ihren Erfolg.
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16. © BundesverbanddeutscherBankene.V.
Der Markt für Unternehmensanleihen ist in
Krisenzeiten für die Risikodiversifikation ungeeignet
Ein wichtiges Argument für die Kapitalmarktunion besteht in den dadurch geschaffenen größeren
Möglichkeiten einer Risikodiversifikation. Dies kann einmal durch den Kapitalmarktkanal
geschehen, indem Risiken durch grenzüberschreitende Investitionen gestreut werden, oder aber
auch durch den Kreditkanal.
Hierbei wird erwartet, dass in Stresssituationen, wenn die Finanzierungsbereitschaft der Banken
sinkt, der Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle an deren Stelle tritt. Gestützt wird diese These
durch Untersuchungen, welche die Volatilität der Bond-Märkte als geringer einstufen als die
Volatilität von Bankkrediten.
Wie die zwei Grafiken auf der folgenden Seite zeigen, erfüllt der Markt für Unternehmensanleihen
jedoch diese Aufgabe nicht. In den beiden Abbildungen ist die Entwicklung der Kreditaufnahme,
der Emission von Unternehmensanleihen und der Emission von Aktien jeweils für die Kernländer
(D,F,A,B,NL,FIN) und die Krisenländer (I,E,PT,IRL,GR) des Euroraums dargestellt.
Wäre die These richtig, dann müssten in der Phase der Staatsschuldenkrise die Unternehmen in
der Lage gewesen sein, die rückläufige Kreditvergabe der Banken durch die Emission von
Unternehmensanleihen zu ersetzen. Wie die linke Grafik zeigt, ist dies den Unternehmen in den
Kernländern auch ganz gut gelungen. Dagegen ist die Kapitalflucht aus den Krisenländern auch bei
der Emission von Unternehmensanleihen festzustellen. Die starke Dominanz des Impulses zur
Kapitalflucht lässt daran zweifeln, dass besser entwickelte Märkte für Unternehmensanleihen zu
einem wesentlich anderen Ergebnis geführt hätten.
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