Mancherorts werden soziale Medien aus dem Unterricht verbannt, weil Lehrende befürchten, dass sie Schülerinnen und Schüler zu sehr ablenken. Andernorts finden ganze Seminare online über Twitter, Facebook und Google+ Gruppen statt. Laut der aktuellsten repräsentativen Bitkom-Studie zu sozialen Netzwerken verwenden vor allem jüngere Menschen die Netzwerke häufig für Privates und Freizeitangelegenheiten. Dennoch werden soziale Medien auch genutzt, um sich zu informieren, zu bilden und zu beteiligen. Zunehmend versuchen Bildungseinrichtungen, solche Lernerfahrungen in ihre Angebote zu integrieren und ein vernetztes und beteiligungsreiches Lernen via Medien (Stichwort „E-Learning 2.0”) zu ermöglichen.
Auch die Forschung befasst sich mit der Rolle sozialer Medien in formellen und informellen Lernsituationen. Beim Online-Event wurden unterschiedliche Ansätze und Ergebnisse der Erforschung von Lernprozessen in sozialen Netzwerken und mit Web 2.0-Werkzeugen vorgestellt und diskutiert.
Dr. Birgit Spies ist Lehrbeauftragte für Medienpsychologie an der Hochschule Fresenius in Hamburg und begleitet zudem Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Aus- und Weiterbildungskonzepte. Sie ist Inhaberin von THINKTIME learning solutions sowie Autorin des Blogs lernen-im-social-web.com. Im Rahmen ihrer Dissertation führte sie eine Vergleichsstudie mit deutschen und amerikanischen Studierenden durch, um die Zusammenhänge von Gesellschaft, Lernen und der Nutzung sozialer Medien zu erforschen.
Die Aufzeichnung zur Online-Veranstaltung dieser Folien findet sich auf e-teaching.org.
Soziale Interaktion als Erfolgsfaktor des Lernens mit digitalen Medien
Informelles Lernen im Social Web
1. Informelles Lernen im Social Web
Eine Vergleichsstudie mit deutschen und amerikanischen Studierenden
!
Dr. Dipl.-Ing. Birgit Spies
HS Fresenius Hamburg
THINKTIME learning solutions
3. Ausgangsmotivation
„Wissen entsteht und vermehrt sich vor allem
durch und im sozialen Austausch und damit
rücken die Bedingungen und Möglichkeiten des
Austauschs und der Kommunikation
in den Mittelpunkt.“
!
(Döbler 2010, S. 389)
4. Ausgangsfragen
Lassen sich Anhaltspunkte für informelles
Lernen in Sozialen Online Netzwerken
finden?
!
Wird das Netzwerk als Lernressource
überhaupt erkannt und genutzt?
!
Wie kann vernetztes Lernen beschrieben
werden?
!
Unterscheiden sich deutsche und
amerikanische Studierende?
5. Was ist Lernen?(Dimensionen des Lernbegriffes nach Straka 2000, S. 15-21)
Lernen ist beschreibbar durch…
!
… Umgebungsbedingungen
(als sozialer Prozess mit Gegebenheiten, Vorgängen,
Ereignissen, Personen)
… Lernepisode (Information, Verhalten, Motivation, Emotion)
… Innere Bedingungen (Wissen, Fähigkeiten, Motive,
emotionale Disposition)
Lernen als Folge des Zusammenspiels von…
…Information, Verhalten, Motivation, Emotion
!
Dies führt zu…
… überdauernder Veränderung von inneren Bedingungen
7. Modell vernetzten Lernens
(basierend auf dem Lernbegriff nach Straka 2000 und den Handlungskomponenten im Social Web nach Schmidt, 2009)
Definition Lernen !
▪Wissen über Lernen
und Lernstrategien
▪Wissen, Fähigkeiten
" KompetenzenSozialer ProzessVerhaltenInnere Bedingungen
Ebenenim
Lernprozess
HandelnimSocialWeb
Wissensebene
Beziehungs-
management
Identitäts-
management
Informations-
management
BeziehungsebeneHandlungsebene
▪Präsentation des
Selbst im Netz
▪selektieren, bewerten,
filtern, verwalten von
Informationen
▪Rahmenbedingungen!
▪Kreative
Lösungssuche!
▪Entscheidungen
treffen
▪Vertrauen in
Personen/ in
Lösungsfindung!
▪Grad der Vernetzung!
▪Habitus
▪Aufbau und Pflege
von Netzwerken
führtzu
zeigtsichin
aktiviert
istErgebnis
von
istBasisfür
beeinfluss
t
8. Durchführung der Studie
▪ März/April 2012;
je Teilnehmer 14 Tage
▪ 9 de und 8 us
Studierende
▪ 182 Tage Aufzeichnungen
mit 374 Einträgen
Tagebuch Online-BefragungQualit. Interview
▪ Dez 2012 bis Feb 2013
▪ de: N = 460 | us: N = 352;
632x beendet (-38%)
▪ März/April/Mai 2012
▪ 9 de und 8 us Studierende
▪ 618 min = 10,3 h Interview
▪ inhaltsanalytische Aus-
wertung nach Mayring
(2008)
9. Ergebnisse:(1) Anhaltspunkte für informelles Lernen im Social Web
Information
Weitergabe von Wissen
Hilfestellung bei Lösung
Unterstützung von Motivation
Orga. und Absprache
andere
us Studierendede Studierende
Häufigkeit studienbezogener Aktivitäten im Sozialen Online Netzwerk
(Tagebuch Spalte 1 u. Spalte 2)
13. Ergebnisse:(2) Der Lernbegriff
“I mean, to learn would be, to me, like just to
gain knowledge and experience and to like, gain
an understanding of things that you don't
understand, you know and people are constantly
seeking to better themselves and have more
knowledge about the world and I think that, that
is […] Because I think it's important to learn to
understand the world that we live in and to make
yourself reach higher and want to learn more and
gain more knowledge and you can be more
productive and more useful in society if you have
knowledge” [4A,26d].
„Lernen" ist für mich einfach, ein
Thema was mir selbst in dem
Moment noch unbekannt ist zu
erarbeiten und mir greifbar zu
machen, sodass ich es verstehe und
auch vernünftig wiedergeben kann,
sodass ich's anderen Leuten
erklären könnte und dass sie es
verstehen wenn ich es in meinen
eigenen Worten ausdrücke“ [3D,
26d]
15. Ergebnisse:(3) Verständnis von Netzwerk
„Universitär klar. Also ich habe jetzt schon des Öfteren mal hier [Name]
angeschrieben. […] Ich habe gesagt "Du, ich komme damit gar nicht klar,
das sind 12 Seiten auf Englisch und ich verstehe die Hälfte nicht", dann
sagte [Name] "Ja, ich habe das gelesen und du kriegst das schon hin[…]und
irgendwie schaffst du das schon." und dann fühlt man sich schon wieder so
ein bisschen aufgebaut. Da ist schon was dran.“ [8D,18]
“Yeah, I suppose you can […] Like someone will put
like a problem that they are having in their life on
there and people, you know, because your their
friend, you try to encourage them and give them
hope and stuff like that. So, I/ Yeah, I'd say it's
important emotionally, that's.” [6A,18]
17. Fazit
(3) Deutsche und amerikanische Studierende unterscheiden sich
insbesondere hinsichtlich ihres…
!
▪ Verständnisses von Lernen und Vernetzen
▪ und nutzen Soziale Online Netzwerke in ihrer jeweils
eigenen Art zur Unterstützung informeller
Lernprozesse.
(1) Mediale Vernetzung außerhalb des Lernens ist etabliert und
akzeptiert, wird aber im informellen Lernen nicht bewusst als
Ressource eingesetzt.
!
(2) Jedoch: 15 % bis 46 % der Studierenden nutzen
Soziale Online Netzwerke im studienbezogenen Kontext.
18. Netzwerk nutzen
besten Lernweg finden
und anwenden
offenes Lernen und
Kommunizieren
für Stärkung der
Selbstkompetenz sorgen
beste Info-Quellen
auswählen
ständige Selbstreflexion
Meta-Lernen
… und der Lerner?
persönliches
Wissensmanagement
betreiben
… ist stärker selbstverantwortlich
19. soziales Kapital des
Lerners nutzen
„Kultur des Teilens“
entstehen lassen offenes Lernen und
Kommunizieren
verändern von
Organisations- und
Lernkultur
unterstützen informeller
Lernprozesse
Vertrauen in das Netzwerk
entwickeln
aktives vernetzen
fördern und Fordern
… und der Lehrende?
entwickeln von
Lernlandschaften
… ist Coach, Lernbegleiter, Helfer im Dschungel
20. „Knowing is no longer a destination.
Knowing is a process of walking in
varying degrees of alignment with a
dynamic environment.” (Siemens, 2005b)
21. Kontakt Dr. Dipl.-Ing. Birgit Spies
!
Hochschule Fresenius Hamburg
birgit.spies@hs-fresenius.de
THINKTIME learning solutions
birgit.spies@thinktime.de
www.lernen-im-social-web.com
22. Literatur
[letzter Zugriff auf Online-Dokumente: 13.01.2014]
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Bingham, T., Conner, M. (2010). The New Social Learning: A Guide to Transforming Organizations Through Social Media. San
Francisco: Berrett-Koehler Publisher.
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Mediated Communication, 13(1), article 11. Online Verfügbar unter: http://jcmc.indiana.edu/vol13/issue1/
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Cseh, M., Watkins, K. E., & Marsick, V. J. (2000). Informal and incidental learning in the workplace. In: G.A. Straka (Ed.),
Conceptions of self-directed learning: Theoretical and conceptual considerations, pp. 59-74. New York, NY: Waxmann.
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Döbler, T. (2010). Wissensmanagement. In: Schweiger, W., Beck, K. (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation. Wiesbaden:
Springer. 1. Auflage, S. 385-408.
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Dohmen, G. (1998) Zur Zukunft der Weiterbildung in Europa. Lebenslanges Lernen für Alle in veränderten Lernumwelten.
Bonn: Bundesministerium für Bildung und Forschung.
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Krotz, F. (2010). Leben in mediatisierten Gesellschaften. Kommunikation als anthropologische Konstante und ihre
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Online verfügbar unter: http://www.uni-graz.at/overwien_informelles_lernen-2.doc
23. Literatur
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verfügbar unter: http://www.bildungsforschung.org/index.php/bildungsforschung/article/viewFile/83/85
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Schmidt, J. (2006). Social Software: Onlinegestütztes Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagement. In:
Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Nr. 2. S. 37-46.
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Schmidt, J. (2009). Das neue Netz: Merkmale, Praktiken und Folgen des Web 2.0. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.
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Siemens, G. (2005a): Connectivism: A Learning Theory for the Digital Age. International Journal of Instructional Technology
and Distance Learning, Vol. 2 No. 1, Jan 2005. Online verfügbar unter: http://www.elearnspace.org/Articles/
connectivism.htm
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Siemens, G. (2005b): Connectivism: Learning as Network-Creation. Online verfügbar unter: http://www.elearnspace.org/
Articles/networks.htm
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Spies, B. (2013). Informelles Lernen in Sozialen Online Netzwerken – Eine Vergleichsstudie mit deutschen und
amerikanischen Studierenden. München: Ludwig-Maximilians-Universität, Fakultät für Psychologie und Pädagogik.
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Straka, G. (2000). Lernen unter informellen Bedingungen. Begriffsbestimmung, Diskussion in Deutschland, Evaluation und
Desiderate. In: Arbeitsgemeinschaft Qualifikations-Entwicklungs-Management (Hrsg.): Kompetenzentwicklung 2000. Lernen
im Wandel – Wandel im Lernen. Münster: Waxmann. 1. Auflage.