3. Möbel, Pendulen, Tapisserien,
Skulpturen und dekorative Kunst,
Silber, Porzellan und Fayence
Auktion: Donnerstag, 22. März 2018
Vorbesichtigung: 13. bis 18. März 2018
10.00 Uhr Lot 1001 - 1147
13.30 Uhr Lot 1148 - 1366
ca. 16.00 Uhr Lot 1367 - 1451
Luca Raschèr
Möbel & Dekorationen
Tel. +41 44 445 63 53
rascher@kollerauktionen.ch
Giordana Schmid
Möbel & Dekorationen
Tel. +41 44 445 63 52
schmid@kollerauktionen.ch
Stephan Koller
Skulpturen
Tel. +41 44 445 63 20
skoller@kollerauktionen.ch
Bearbeitung:
Zusätzliche Informationen und Abbildungen auf unserer Webseite: www.kollerauktionen.ch
English descriptions are available on our website:
www.kollerauctions.com
Sabine Neumaier
Porzellan, Fayence & Glas
Tel. +41 44 445 63 12
neumaier@kollerauktionen.ch
Corinne Koller
Silber
+41 44 445 63 22
ckoller@kollerauktionen.ch
Hannah Wepler
Silber
+41 44 445 63 62
silber@kollerauktionen.ch
4. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 194
1253
FOLGE VON 3 GEFASSTEN STÜHLEN „A LA LYRE“, Louis XVI, in der Art
von G. JACOB (Georges Jacob, Meister 1765), Paris um 1770.
Buche kanneliert sowie fein beschnitzt mit Lyra, Rosetten, Perlstab und
Zierfries sowie hellgrau gefasst. Abgerundeter Sitz auf gerader Zarge mit
kannelierten Säulenbeinen. Flache, jochförmig abschliessende Rücken-
lehne „en chapeau de gendarme“ und feinem Lyrabaluster. Beiger Seiden-
bezug mit geometrischem Muster. 42x40x44x85 cm.
Provenienz: Westschweizer Privatbesitz.
Für Angaben zu G. Jacob siehe Fussnote der Katalognr. 1259.
CHF 600 / 1 000
(€ 500 / 830)
1254*
PRUNK-PENDULE „AUX TETES DE FAUNES“, Louis XVI, das Modell R.
OSMOND (Robert Osmond, Meister 1746) zuzuschreiben, das Zifferblatt
sign. RAGOT A PARIS (François Ragot, Meister 1785), Paris um 1770.
Matt- und glanzvergoldete sowie patinierte Bronze sowie weisser Marmor.
Vasenförmiges Gehäuse mit pinienbeschmücktem Deckel sowie markan-
ten seitlichen, schlangenbekrönten Maskaronen auf konischem Rundfuss
mit bastionsförmigem, gestuftem und perlstabbeschmücktem Sockel
mit Kreiselfüssen. Fein bemaltes Zifferblatt mit römischen Stunden- und
arabischen Minutenzahlen sowie Datum. 3 feine, teils durchbrochene und
vergoldete Zeiger. Ankerwerk mit 1/2-Stundenschlag auf Glocke. Feine
Beschläge und -applikationen. Zu revidieren. 29x18x58 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Eine modellogleiche Pendule ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel,
Vergoldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizis-
mus, München 1986; I., S. 197 (Abb. 3.13.2). Eine weitere wurde in unserer
Dezember-Auktion 2009 (Katalognr. 1190) angeboten.
R. Osmond, der Vater der zwei Generationen umfassenden Familie von
„maître-fondeurs“, war ein bedeutender Vertreter seiner Zunft und einer
der ersten Kunsthandwerker, die den klassischen Stil übernahmen. Sein
Neffe Jean-Baptiste Osmond, „maître fondeur“ 1764, arbeitete mit
ihm zusammen und übernahm nach Roberts Tod 1789 das Atelier. Zum
illustren Kundenkreis der Osmonds zählte die avantgardistische Elite der
französischen Gesellschaft, sie belieferten aber auch Uhrmacher wie
Lepaute, Hilgers, Frédéric Duval und Berthoud.
Lit.: H.L. Tardy, Dictionnaire des horlogers français, Paris 1972; S. 292
(biogr. Angaben), S.543 (biogr. Angaben François Ragot).
CHF 18 000 / 28 000
(€ 15 000 / 23 330)
1253
1254 (Detail)
6. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 196
1255
GEFASSTE KONSOLE „CAESAR ET CLEOPATRE“, Louis XVI, mit Sign.
JACOB (wohl Henri Jacob, Meister 1779), Paris um 1780/85.
Eiche durchbrochen, kanneliert sowie ausserordentlich fein beschnitzt
mit Reliefdarstellungen von Caesar und Kleopatra, kaiserlichen Portraits,
Mäanderband, Perlstab und Zierfries sowie grau gefasst. Grau/beige, pro-
filierte und bastionsförmige Marmorplatte auf gestufter, durchbrochener
Zarge mit 6 durch von Vase bekröntem Umlaufsteg verbundenen Säulen-
beinen mit stilisierten Kreiselfüssen. Mit altem Inventarbrandstempel EN.
Ergänzungen am Umlaufsteg. 144x45x79 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Eine nahezu identische Konsole mit den militärischen Attributen und
aller Wahrscheinlichkeit nach gefertigt für das gleiche Interieur der hier
angebotenen Konsole wurde bei Sotheby‘s London am 5.7.1985 (Kat-
algonr. 147). Eine weitere Konsole mit späterer Vergoldung war Teil der
Sammlungen des Hôtel Masseran und wurde bei Osenat am 29.6.2008
(Katalognr. 13) verkauft. Eine dritte Konsole mit analoger Schnitzerei und
Formgebung wurde bei Sotheby‘s London am 28.4.2015 (Katalognr. 85)
verkauft. Eine analoge Konsole, signiert Georges Jacob, von ähnlicher
Proportion, jedoch weniger prunkvoll geschnitzt, wurde bei Christie‘s
London am 6.7.2006 (Katalognr. 120) verkauft.
Als zeichnerische Vorlage der hier angebotenen Konsolen können die
Entwürfe von J. Duret (Joseph Duret, Valenciennes 1729-1815 Paris)
in Betracht gezogen werden; ein solches Paar wurde für die Schloss
Karlsberg (Inventarnr. Res.Mü.M121) gefertigt und sind abgebildet in: B.
Langer, Die Möbel der Residenz München - Die französischen Möbel des
18. Jahrhunderts, München 1995; S. 238-241 (Nr. 64).
H. Jacob war der Cousin von Georges Jacob, dem Begründer der wohl
wichtigsten Sitzmöbelhersteller-Dynastie des ausgehenden 18. Jahrhun-
derts. Obwohl sich H. Jacob an den Werken seines Cousins orientierte,
fand er für seine Sitzmöbel eine eigene Formen- und Dekorationsspra-
che, die sich durch eine ausserordentlich feine und akkurate Schnitzerei
auszeichnete.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 436-
440 (biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe
siècle, Paris 1989; S. 368-372 (biogr. Angaben). B.G.B. Pallot, Le mobilier
du Musée du Louvre, Dijon 1993; II, S. 196 (biogr. Angaben).
CHF 25 000 / 45 000
(€ 20 830 / 37 500)
8. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 198
1256*
FOLGE VON 6 GROSSEN GEFASSTEN FAUTEUILS „A LA REINE“, Louis
XVI, von C. CHEVIGNY, 1 Fauteuil sign. (Claude Chevigny, Meister 1768),
Paris um 1775/80.
Buche kanneliert und fein beschnitzt mit Rosetten und Zierfries sowie
weiss gefasst. Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit kannelierten
Säulenbeinen. Flache, bogenförmig abschliessende Rückenlehne „en
chapeau de gendarme“ mit gepolsterten Armlehnen auf geschweiften
Stützen. Joncgeflecht. Blau/beiges Sitzkissen. 60x48x43x99 cm.
Eine identische Folge gehörte zur Sammlung der Georg Waechter
Memorial Foundation. Bis zur Revolution war C. Chevigny in der Rue de
Cléry tätig. In seinem Atelier entstanden Sitzmöbel von hervorragender
Qualität mit sehr sorgfältigen Schnitzereien; der grösste Teil wurde im
Stil Louis XVI gefertigt. Zu Chevignys Kundschaft zählten der Duc de Choi-
seul vom Château de Chanteloup und der Duc de Montmorency. Dem
Erstgenannten lieferte Chevigny ein Ameublement mit 24 goldgefassten
Sitzmöbeln, heute im Besitz der Chambre de Commerce von Tours. Wei-
tere Werke von Chevigny befinden sich heute im Louvre und im Musée
Nissim-de-Camondo in Paris sowie im Metropolitan Museum in New York.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 10 000 / 15 000)
1257
GROSSE DOKUMENTENMAPPE, sog. „portefeuille“, Louis XVI, mit dem
Wappen von L.G. TABOUREAU DES REAUX, Paris um 1775/80.
Rotes Maroquin-Leder in der Art von J. Derome mit feiner Goldprägung;
Ovale Wappenkartusche unter Krone, Blumen, Blätter, Mäanderband und
Zierfries. Inwendig mit grüner Seide bezogen. Rechteckform mit aufklapp-
barem Deckel. Fein gravierte, kartuschenförmige Kupfer-Schlüsselschil-
der. Gebrauchsspuren. Schlüssel fehlt. H 33,5 cm. B 44,7 cm.
Provenienz:
- Ehemals Sammlung Louis Gabriel Taboureau des Réaux (1718-1784).
- Europäische Privatsammlung.
- Auktion Christie‘s Paris, 2.6.2005 (Katalognr. 181).
- Privatsammlung, Schweiz.
L.G. Taboureau des Réaux leitete mit J. Necker (JAcques Necker, Genf
1732-1804 Coppet) das Finanzministerium am Vorabend der Französi-
schen Revolution. Er trug den Titel „Contrôleur général des finances de
Louis XVI“ zwischen 1776 und 1777, als im das Gremium im Zwist über die
verheerende Verschuldung des Hofes verliess. Dennoch blieb er bis zu
seinem Tod im „Conseils des Finances et des Dépêches“ tätig.
CHF 4 000 / 7 000
(€ 3 330 / 5 830)
1256
1257 (Detail)
10. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 200
1258
GROSSES TISCHFERNROHR/TELESKOP, Louis XVI, sign. PARIS A PARIS
um 1800/20.
Bronze und Messing sowie schwarzes Leder. Im Winkel und in der Höhe
verstellbares Fernrohr mit kleinem Teleskop auf wohl assortiertem Säu-
lenschaft mit 3 geschweiften Beinen. L 86 cm.
Provenienz: Privatsammlung, Schweiz.
CHF 2 500 / 4 500
(€ 2 080 / 3 750)
1259*
1 PAAR CANAPE „POMMIERS“, Louis XVI, sign. G. JACOB (Georges
Jacob, Meister 1765), Paris um 1790/95.
Mahagoni kanneliert sowie ausserordentlich fein beschnitzt mit Blättern,
Rosetten und Zierfries. Rechteckiger Sitz auf gerader Zarge mit feinen
Säulenbeinen. Eingezogene Rückenlehne, jeweils spiegelverkehrt seitlich
ebenfalls als Rückenlehne mit gedrehten Armlehnen auf feinen Säulen-
stützen. Grüner Seidenbezug mit Blumen, Blättern und Zierfries. Sitz- und
Stützkissen. 145x61x46x90 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Dieses ausserordentlich seltene Paar besticht durch seine, für die Jahre
1790/95 typische, bewusst zurückhaltende und zugleich zeitlos elegante
Formgebung und offenbart so die innovate Formensprache des wohl
bedeutendsten Sitzmöbelherstellers der Jahre um 1770 bis 1810 in Paris.
G. Jacob ist der Begründer der wohl bedeutendsten Dynastie von Sitzmö-
belherstellern des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Im Alter von 16 Jahren
ging er nach Paris, wo er bei J.B. Lerouge einen „apprentissage“ als „me-
nuisier“ absolvierte. Nach der Gründung seiner eigenen Werkstatt in der
Rue Meslée gelang G. Jacob der grosse Durchbruch - er belieferte bald
den gesamten Hochadel der französischen Metropole. Ab 1777 fertigte
er mit J.B. Sené, teils in Zusammenarbeit, teils in erbitterter Konkurrenz,
Mobiliar für die zahlreichen Schlösser des Königs. Nach erheblichen
finanziellen Schwierigkeiten während der Revolution - viele von G. Jacobs
Kunden waren verurteilt worden oder im Exil - gelang es ihm, bedeutende
Aufträge der neuen Regierungsmitglieder zu erhalten. 1803, nachdem
er sich für 7 Jahre aus dem Geschäft zurückgezogen und die Werkstatt
seinen beiden Söhnen überschrieben hatte, nahm G. Jacob zusammen
mit F.H.G. Jacob-Desmalter die Leitung des Unternehmens wieder in die
Hand. Diese Zusammenarbeit und die Position als privilegierter Lieferant
Napoleons und von dessen Entourage ermöglichten ihm einen Ausbau
der Werkstatt zu einer „entreprise“ mit über 350 Angestellten. Allerdings
geriet das Unternehmen wenige Jahre später durch die Krise des Empire
und die finanziellen Schwierigkeiten der Staatskasse und der Oberschicht
in erhebliche Probleme; ab 1813 führte F.H.G. Jacob-Desmalter das Ge-
schäft in Eigenregie weiter.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 409-
434 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des maîtres ébénistes
français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 193-196 und 213 (biogr. Anga-
ben). B.G.B. Pallot, Le mobilier du Musée du Louvre, Dijon 1993; II, S. 194-
196 (biogr. Angaben). C. Payne, 19th Century European Furniture, Suffolk
1981; S. 37 (biogr. Angaben).
CHF 26 000 / 36 000
(€ 21 670 / 30 000)
1258
12. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 202
1260
1 PAAR ENCOIGNUREN, Louis XVI, sign. C.C. SAUNIER (Claude Charles
Saunier, Meister 1752), Innungsstempel, Paris um 1765.
Rosenholz, Palisander und teils getönte Edelhölzer fein gefriest mit „mar-
queterie à la Reine“, Blumen, Rautenmuster, Filets und Zierfries. Dreiecki-
ger Korpus mit wenig gewulsteten Eckstollen auf wellig ausgeschnittener
Zarge mit Stollenfüssen. Front mit 1 Türe. Feine, vergoldete Bronzebe-
schläge. Profilierte „Brèche d‘Alep“-Platte. 74x43x87 cm.
Provenienz: Westschweizer Privatbesitz.
C.C. Saunier stammte aus einer Ebenistendynastie und erlernte sein
Handwerk in der Werkstatt seiner Familie. Während der späten 1750er
und frühen 1760er Jahre fertigte er vor allem Möbel im „style Louis XV“,
bis er 1765 das väterliche Atelier übernahm und einer der wichtigsten
Vertreter des Neoklassizismus wurde.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 771-
782 (biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe
siècle, Paris 1989; S. 570 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des
maîtres ébénistes français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 416 und 433
(biogr. Angaben).
CHF 5 000 / 9 000
(€ 4 170 / 7 500)
1261*
KOMMODE „A PORTES“, Louis XVI, sign. F.G. TEUNE (François Gaspard
Teuné, Meister 1766), Innungsstempel, Paris um 1770.
Veilchenholz und diverse Edelhölzer gefriest sowie allseitig ausserordent-
lich fein eingelegt mit Rautenmuster, stilisierten Blütenrosetten, Filets
und Zierfries. Markant geschweifter, trapezförmiger Korpus mit wenig
vorstehendem Blatt und vorstehenden Eckstollen auf gerader Zarge mit
Säulenbeinen. Front mit 2 Türen. Feine, vergoldete Bronzebeschläge und
-sabots. Profilierte „Brocatello di Spagna“-Platte. 128x48x97 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
F.G. Teuné schuf qualitativ hochwertige Möbel im späten Louis XV- und
neoklassizistischen Stil - Kommoden, Sekretäre, Encoignuren, kleine
Tische und vor allem Zylinderbureaux, die eine seiner Spezialitäten waren.
Zu den Kunden gehörte u.a. der Comte d‘Artois. Die bis heute erst teilwei-
se identifizierten Möbel, welche Teuné für den Comte schuf, belegen das
grosse Talent dieses Meisterebenisten. Das hier angebotene Möbel mit
seiner „gewagten“ Formgebung darf als Spezialauftrag einer grösseren
Einrichtung verstanden werden und wurde wohl in einer Boiserie integriert.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 829f.
(biogr. Angaben zu Teuné).
CHF 18 000 / 28 000
(€ 15 000 / 23 330)
1260
1261 (Detail)
14. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 204
1262*
OVALER AUSZUGSTISCH, Directoire, Paris um 1800.
Mahagoni gefriest. Vorstehendes, ausziehbares Blatt mit
abklappbaren Flügeln auf gerader Zarge mit sich nach unten
verjüngenden Vierkantbeinen auf Rollen. Dazu 4 Auszüge à 45
cm. Max. L 295x115x76 cm.
Provenienz: Ehemals La Vieille Fontaine, Rolle.
CHF 6 000 / 10 000
(€ 5 000 / 8 330)
1263
DOKUMENTENMAPPE, sog. „portefeuille“, Louis XVI, bez. MR
DURUEY ADMINISTRATEUR DU TRESOR ROYAL, Paris um
1790.
Rotes Maroquin-Leder in der Art von O.J. Bisiaux, mit feiner
Goldprägung; Mäanderband, Blüten, Blätter und Zierfries. In-
wendig mit grünem, goldgeprägtem Leder bezogen. Rechteck-
form mit aufklappbarem Deckel. Feine, ovale Silber-Schlüssel-
schilder mit dem Wappen des J. Duruey. Schlüssel vorhanden.
H 22,5 cm. B 29,5 cm.
Provenienz:
- Ehemals Sammlung Joseph Duruey (1741-1794).
- Europäische Privatsammlung.
- Auktion Christie‘s Paris, 2.6.2005 (Katalognr. 180).
- Privatsammlung, Schweiz.
J. Duruey, „seigneur de Sannois“ war ein französischer Adminis-
trator und Financier sowie „Administrateur du Trésor“ von König
Louis XVI im Ancien Régime, später auch in der revolutionä-
ren Epoche in der gleichen Rolle tätig. 1794 wurde er vom
Revolutionstribunal zum Tode verurteilt und auf der Place de la
Révolution in Paris guillottiniert.
CHF 3 000 / 5 000
(€ 2 500 / 4 170)
1262
1263 (Detail)
16. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 206
1264
KAMINPENDULE „ALLEGORIE DE L‘ETUDE“, Louis XVI, die Bronzen aus
einer Pariser Meisterwerkstatt, das Zifferblatt sign. THOMAS A PARIS
(Nicolas Thomas, Meister 1778), Paris um 1785/90.
Matt- und glanzvergoldete sowie patinierte Bronze und „marbre statuai-
re“. Stelenförmiges, blätterbeschmücktes Gehäuse mit Globusaufsatz,
flankiert von lesender junger Frau mit faltenreichem Gewand und Hahn -
als Symbol der anbrechenden Morgenstunde -, auf markantem Basti-
onssockel mit gequetschten Kugelfüssen. Emailziffeblatt mit römischen
Stunden- und arabischen Minutenzahlen. 2 fein durchbrochene, vergolde-
te Zeiger. Ankerwerk mit 1/2-Stundenschlag auf Glocke. Ausserordentlich
feine Beschläge und Applikationen in Form von Relief mit musizierenden
Putten, Rosetten, Perlstab und Zierfries. 64x17x46 cm.
Provenienz: Privatsammlung, Schweiz.
Die hier angebotene Pendule orientiert sich an den sog. Pendulen „à la
Geoffrin“, welche sich um 1775 nach einem Portrait-Gemälde von J.N.
Nattier mit der Darstellung von Marie Thérèse Rodet Geoffrin (1699-1777)
als Allegorie des Studiums grosser Beliebtheit erfreuten. Ein solches
Modell wurde in unserer März-Auktion 2015 (Katalognr. 1154 angeboten.
Die hier angebotene Version weist grosse Analogien zu zwei von J.J. de
Saint-Germain gefertigten Pendulen auf; die eine aus dem Gulbenki-
an-Museum in Lissabon ist abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Ver-
goldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassiszismus,
München 1986; I, S. 16f. (Abb. 3.3.5), die zweite aus dem Musée du Louvre
ist abgebildet in: Ebd.; II, S. 532 (Abb. 13).
Lit. J.D. Augarde, Les ouvriers du Temps, Genf 1996; S. 401 (biogr. Anga-
ben).
CHF 12 000 / 20 000
(€ 10 000 / 16 670)
1265*
RUNDES GUERIDON „AUX DRAPERIES“, Louis XVI, M. CARLIN (Martin
Carlin, Meister 1766), Paris um 1780/90.
Mahagoni kanneliert. In feiner Bronzegalerie „aux draperies“ gefasste
„Carrara“-Platte auf kanneliertem Säulenschaft mit feinem Blattwerk und
3 doppelt geschweiften Beinen auf Rollen. Feine, vergoldete Bronzebe-
schläge. D 71 cm. H 77 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Ein in der Formensprache identisches Guéridon von M. Carlin ist heute Teil
des Musée des Beaux-Arts in Paris (Inventarnr. 33860).
Für Angaben zu M. Carlin siehe Fussnote der Katalognr. 1274.
CHF 25 000 / 35 000
(€ 20 830 / 29 170)
1264
1265 (Detail)
18. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 208
1266
1 PAAR AIGUIEREN „AUX ENFANTS“, Louis XVI, Paris um 1780.
Bronze patiniert. Bauchiger Gefässkörper mit schmalem Hals und mar-
kantem Ausguss sowie figuralem Henkel auf profiliertem Rundfuss mit
Quaderplatte. H 33 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Die aussergewöhnliche und sehr originelle Ausformung des hier angebo-
tenen Paares erinnert an Entwürfen von J. Flaxman (1755-1826), der vor
allem für die Manufaktur Wedgewood und den Goldschmieden Rundell &
Bridge tätig war.
CHF 9 000 / 14 000
(€ 7 500 / 11 670)
1267*
1 PAAR PRUNK-GIRANDOLEN „AUX SPHINGES“, Louis XVI, aus einer
Pariser Meisterwerkstatt, um 1775/85.
Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie „Carrara“-Marmor. Schmaler,
lyrabeschmückter Schaft mit zentralem Aeskulap und Schlangefiguren
sowie 3 markant eingerollten Lichtarmen mit breiten Tropftellern und va-
senförmigen Tüllen auf 3 stilisierten Sphingen, auf perlstabbeschmücktem
Bastionssokel mit Kreiselfüssen. Saiten der Lyren fehlen. H 85 cm.
Provenienz: Bedeutende Privatsammlung, Deutschland.
Das Sphingenmotiv findet sich in der französischen Kunstgeschichte seit
der Louis XIV-Epoche wieder – man denke an die Marmorfiguren von Bail-
lin für den Garten von Versailles – und ist im gesamten 18. und frühen 19.
Jahrhundert präsent. Vor allem der Neoklassizismus mit seiner markant
inhaltsorientierten Auseinandersetzung in der Kunst und dem Kunsthand-
werk bediente sich dieser antikisierenden Motive. Der „goût turc“ war sehr
beliebt. Durch eine Schrift von Q. de Quincy aus dem Jahre 1785 „Quel fut
l’état de l’architecture chez les égyptiens et qu’est-e que les grecs parais-
sent leur avoir emprunté?“ gelangten viele neue Impulse in die Elaborate
der Künstler und Handwerker.
Zwei Strömungen dieser ägyptisierenden Formensprache lassen sich
erkennen. Die eine, von pittoreskem Charakter, übernimmt die Einflüsse
– wie für das späte 18. Jahrhundert üblich – auf schematisch-dekora-
tive Weise, unter Einbezug der eigenen Fantasie. Die zweite, nach dem
Ägypten-Feldzug Napoléons von einer Vielzahl von Dokumenten und
Zeichnungen beeinflusst, richtet sich nach originalen Vorbildern. Die hier
angebotene Folge ist in diese Epoche zu situieren, weil die vorzufindenden
Figuren nach originalen Vorlagen gefertigt wurden.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 16 670 / 25 000)
1266
20. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 210
1268*
KLEINES ZYLINDERBUREAU, Louis XVI, von F. BURY (Ferdinand Bury,
Meister 1774) und sign. I.B. TUART (Jean Baptiste Tuart, Meister 1741),
Paris um 1775.
Rosenholz, Amaranth, Mahagoni und diverse Edelhölzer kanneliert,
profiliert und gefriest. Rechteckiger Korpus auf bogenförmig ausgeschnit-
tener Zarge mit hohen, kannelierten Säulenbeinen. Herausziehbares, mit
grünem, goldgepresstem Leder bezogenes Blatt über breiter Zentral-
schublade, flankiert von je 1 Schublade. Inneneinteilung mit grossem Fach,
darüber 3 nebeneinander liegenden Schubladen und 2 nebeneinander
liegenden, mit entsprechendem Leder bezogenen Cartonniers. Zurück-
gesetzter Aufsatz mit 3 nebeneinander liegenden Schubladen. Feine,
vergoldete Bronzebeschläge und -sabots sowie Messingkannelüren. In
durchbrochener Messingalerie gefasste „Carrara“-Platte. Zum Freistellen.
100x57,5x(offen 76)x114 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
F. Bury und J.B. Tuart pflegten eine intensive Zusammenarbeit, weshalb
die Doppelsignatur vorzufinden ist und demnach der zweitgenannte Ebe-
nist als „marchand-mercier“ und Verkäufer in Erscheinung trat ; ein dem
hier angebotenen Möbel sehr ähnliches Zylinderburau mit Doppelsignatur
wurde bei Christie‘s London am 12.12.1996 (Katalognr. 99) verkauft.
In seiner Zeit unter dem Künstlernamen „Ferdinand“ bekannt, verfügte
Ferdinand Bury über eine exzellente Klientel, wobei einer seiner Haupt-
kunden der Marquis de Hertford war. Die meisten Bronzen an den Möbeln
von Bury stammten von Antoine-Andre Ravio, dessen Renommee dem
von Thomire glich. Werke von Bury findet man in namhaften Kollektionen
und Museen, u. a. im Louvre.
J.B. I Tuart besass eine Werkstatt im Klostergebäude von Saint-Ger-
main-L‘Auxerrois und arbeitete vornehmlich im Auftrag der „Admi-
nistration des Menus-Plaisirs“. Seine Signatur „J. Tuart“ findet man
an Louis-XV-Möbeln von guter Qualität, an Kommoden, Sekretären,
Encoignuren und Bureau-Plats, versehen mit Marketerien in Form von
grossen Blumen oder Granatäpfeln - kurioserweise auch mit solchen in
„Bambus-Imitation“. Tuart fertigte auch ein paar Lackmöbel, Tambour-
tische im „style Transition“ - geschmückt mit Marketerien in Form von
Gebrauchsgegenständen oder kleinen Landschaften - und einige, heute
seltene Louis-XVI-Möbel. Die Tatsache, dass sich an einigen Werken die
Doppelsignatur von J. Tuart und L. Boudin befindet, lässt darauf schlies-
sen, dass Tuart seinem Kollegen und „marchand“ Boudin diverse Stücke
lieferte. In zeitgenössischen Quellen wird Tuart bis 1767 erwähnt, das
genaue Jahr seines Rückzuges aus dem Arbeitsleben ist nicht bekannt.
Man weiss aber, dass der Sohn Jean-Baptiste II bis 1760 mit seinem Vater
zusammenarbeitete, ehe er sich 1760 als „maître tabletier et marchand“
selbständig machte. Allerdings weiss man nicht, ob Jean-Baptiste II, der
mit „Tuart fils“ oder „J.B. Tuart“ signierte, nur als Händler tätig war oder
auch Möbel fertigte.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 849
(biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des maîtres ébénistes
français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 473 (biogr. Angaben zu J.B. Tuart).
Jean Nicolay „L‘Art et la Maniere des Maitres ebenistes Francais au XVIII
siecle“. Seite 26-27 -Comte Francois de Salverte „Les Ebenistes du XVIII
siecle“. Seite 44-45 -Pierre Kjellberg „Le Mobilier Francais du XVIII siecle“.
Seite 126 -127 (biogr. Angaben zu F. Bury).
CHF 28 000 / 48 000
(€ 23 330 / 40 000)
22. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 212
1269*
1 PAAR GROSSE BRULE-PARFUMS „AUX MASCARONS“, Louis XVI, aus
einer Pariser Meisterwerkstatt, wahrscheinlich geliefert vom „marchand
mercier“ D. DAGUERRE (Dominique Daguerre, gest. 1796), Paris um
1780/85.
Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie weisser Marmor. Urnenförmiger
Gefässkörper mit durchbrochenem Hals und fackelbeschmücktem De-
ckel sowie seitlichen Henkeln und 3 markant geschweiften Stützen „aux
mascarons“ und Tatzenfüssen auf gekehltem und profiliertem Dreisockel.
Ausserordentlich feine Beschläge und -applikationen. Der Marmor teils
restauriert. H 44 cm.
Provenienz:
- Ehemals Sammlung L. de Rothschild, Paris.
- Aus französischem Besitz.
Das hier angebotene Paar besticht durch die exzellente Qualität der Bron-
zen und die innovative Formensprache. Eine Girandole mit nahezu identi-
schen Maskaronen ist heute Teil der Sammlungen des Musée du Louvre
und ist abgebildet in: P. Verlet, Les bronzes dorés français du XVIIIe siècle,
Paris 1987; S. 317 (Abb. 349 und 350). Ein Dreifuss mit Jaspisschale, heute
Teil der Wallace Collection in London, besitzt ebenfalls nahezu identische
Maskaronen - er ist abgebildet in: H. OIttomeyer / P. Pröschel, Vergoldete
Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus, München
1986: I, S. 268 (Abb. 4.9.10).
CHF 50 000 / 70 000
(€ 41 670 / 58 330)
1270
GEFASSTE MARQUISE, Louis XVI, Paris um 1775/80.
Buche kanneliert sowie fein beschnitzt mit Rosetten und Zierfries sowie
grau/beige gefasst. Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit kannelier-
ten Säulenbeinen. Flache Rückenlehne mit gepolsterten Armlehnen auf
geschweiften -stützen. Gebrauchter, alter Tapisseriebezug mit Blumen
und Blättern. Sitzkissen. Dazu: Kleiner Fussschemel. Zu überholen.
71x52x54x84 cm.
Provenienz: Privatsammlung, Schweiz.
CHF 1 500 / 2 500
(€ 1 250 / 2 080)
1269 (Detail)
1270
24. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 214
1271
1 PAAR BRONZEFIGUREN „L‘ENFANT A LA CAGE“ UND „LA FILLETTE
A L‘OISEAU“, Louis XVI, nach dem Modell von J.B. PIGALLE (Jean Baptiste
Pigalle, 1714 Paris 1785), Paris um 1785.
Vergoldete und patinierte Bronze. Sitzende Knabenfigur, der eine 1 Käfig,
der andere 1 Vogel haltend, auf mäanderbandbeschmücktem Sockel mit
Quaderfüssen. 18x15x29 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
CHF 9 000 / 14 000
(€ 7 500 / 11 670)
1272
OVALES GUERIDON, Louis XVI, C. TOPINO (Charles Topino, Meister
1773) zuzuschreiben, Paris um 1770/75.
Mahagoni und Satinholz gefriest. In durchbrochene Messinggalerie
gefasste, wenig vorstehende „Brèche d‘Alep“-Platte auf gerader Zarge mit
durch Nierentablar verbundenen, sich nach unten verjüngenden Vierkant-
beinen. Front mit 1 Schublade. Vergoldete Bronzebeschläge und -sabots.
49x32x69 cm.
Provenienz:
- Ehemals Kunsthandel Röbbig, München.
- Privatbesitz, Schweiz.
Ein ähnliches Paar Guéridons, signiert von C. Topino, wurde in unserer
März-Auktion 2009 (Katalognr. 1154) verkauft. Ein weiteres Guéridon von
C. Topino, stammend aus einer bedeutenden Pariser Sammlung, wurde
bei Sotheby‘s Paris am 7.12.2000 (Katalognr. 118) verkauft. Ein nächstes
Guéridon, ehemals Perrin Paris und später Sammlung Trumpbauer, wurde
bei Christie‘s New York am 15.4.2014 (Katalognr. 632) verkauft.
CHF 9 000 / 14 000
(€ 7 500 / 11 670)
1271
1271 (Detail)
26. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 216
1273*
GEFASSTES AMEUBLEMENT „AUX TETES D‘AIGLE“, Louis XVI/Directoi-
re, J.B.C. SENE (Jean Baptiste Claude Séné, Meister 1769) zuzuschreiben,
Paris um 1785/95.
Bestehend aus 1 dreiplätzigen Canapé und 1 Paar grossen Fauteuils „à
la reine“. Buche kanneliert sowie ausserordentlich fein beschnitzt mit
Adlerköpfen, Rosetten, Blattwerk und Zierfries sowie grün/grau gefasst.
Trapezförmiger Sitz auf gerader Zarge mit kannelierten Säulenbeinen.
Flache Rückenlehne mit freistehenden Säulen - die Fauteuils jöchförmig
abschliessend und mit Eck-Kugeln, das Canapé zweifach bogenförmig
abschliessend mit 2 fein durchbrochenen seitlichen Medaillons - auf
gepolsterten Armlehnen mit Adlerstützen. Gebrauchter, hellbeiger
Seidenbezug. Fassung restauriert. Canapé 202x70x46x105 cm. Fauteuils
89x58x45x100 cm.
Provenienz:
- Der Überlieferung nach ehemals Sammlung Rothschild, Paris.
- J. Kugel, Paris.
- Aus italienischem Besitz.
Der Galerie liegt ein handgeschriebenes Gutachten von J. Kugel
vom 6.4.1981 vor, welches die Datierung und Zuschreibung des hier
angebotenen Ameublements bestätigt.
Eine Folge von 3 Fauteuils und 3 Stühlen von J.B.C. Séné mit sehr ähn-
lichen, freistehenden Säulen ist Teil der Sammlungen des Musée du
Louvre in Paris und abgebildet in: B.B. Pallot, Les meubles du Musée du
Louvre, Dijon 1993; II, S. 162-166. Ein Fauteuil und ein Stuhl „en cabriolet“
mit analogen Säulen und Zargendekorationen ist Teil der Sammlungen
des Musée Condée in Chantilly und abgebildet in: M. Jarry / P. Devinoy, Le
siège français, Fribourg 1973; S. 225.
Jean-Baptiste Claude Sené war das berühmteste Mitglied der Sitzmö-
belhersteller-Familie. Er erhielt seine Meisterwürde bereits im Alter von
22 Jahren, da man sein aussergewöhnliches Talent früh erkannte, und
arbeitete in der Rue de Cléry „à l‘enseigne du Gros Chapelet“. Zu Beginn
seiner beruflichen Laufbahn fertigte er Louis-XVI-Sitzmöbel für Privatkun-
den; ab 1785 war er Lieferant des „Garde-Meuble de la Couronne“, seine
Produktion erlangte allerhöchstes Niveau. Er belieferte den König und die
Königin, die Schlösser Saint-Cloud, Versailles, Compiègne und Fontaineb-
leau, diverse Mitglieder der königlichen Familie wie z.B. Madame Elisabeth
in Montreuil und Madame Louise in Saint-Denis, den Comte de Provence,
den Prince de Condé und den Duc de Penthièvre. Einige Aufträge waren
so umfangreich, dass er sie nur mit Hilfe seines Kollegen Jean-Baptis-
te Boulard bewältigen konnte. Selbst die Revolution beendete seine
erstaunliche Karriere nicht - veränderte allerdings radikal die Produktion.
Statt für den Königshof war Sené nun für die Regierungsmitglieder der
neuen Republik tätig, statt Luxusmöbel schuf er jetzt eher gewöhnlichere,
gängige Einrichtungen. <R>Die Originalität und höchste Qualität seiner
Arbeit machen J.B.C. Sené zum „grand maître“ der französischen Sitzmö-
belkunst der Louis-XVI-Epoche.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 809-
820 (biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe sièc-
le, Paris 1989; S. 577-580 (biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière
des maîtres ébénistes français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 436 und
453 (biogr. Angaben). B.G.B. Pallot, Le mobilier du Musée du Louvre, Dijon
1993; II, S. 199-200 (biogr. Angaben).
CHF 40 000 / 70 000
(€ 33 330 / 58 330)
28. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 218
1274*
MITTELTISCH „A PUPITRE“, sog. „table à combinaison“, Louis XVI, M.
CARLIN (Martin Carlin, Meister 1766) zuzuschreiben, Paris um 1765/70.
Satinholz, Mahagoni und Palisander kanneliert sowie gefriest und ausser-
ordentlich fein eingelegt mit Filets, Reserven und Zierfries. Bastionsför-
miges, vorstehendes und in profiliertem Bronzestab gefasstes Blatt auf
gerader Zarge mit markanten, kannelierten Säulenbeinen auf Rollen. Front
mit breiter Zentralschublade. Verso herausziehbare und aufklappbare
Lesestütze. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronze-
beschläge, -applikationen und sabots. 100x51x75 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Die eigenwillige und sehr innovative Formgebung des hier angebotenen
Mitteltisches findet sich an zwei Bureau-Plats von M. Carlin; der eine,
ursprünglich stammend aus den Sammlungen von Kaiserin Maria Feodor-
vna in Pavlovsk und später in der Sammlung A.T. Dodge und verziert mit
Sèvres-Plaketten, wurde bei Christie‘s London am 24.6.1971 (Katalognr.
135) verkauft und ist abgebildet in: P. Kjellberg, Le mobilier français du
XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 157. Das zweite Bureau-Plat, stammend aus
der Jones Collection, ist heute Teil der Sammlungen des Victoria & Albert
Museum in London und abgebildet in: P. Brackett, Catalogue of the Jones
Collection, London 1922; I, Nr. 72.
M. Carlin stammte ursprünglich aus Deutschland, arbeitete zunächst
vermutlich für seinen Schwiegervater Jean-François Oeben und richtete
sich später in der Rue du Faubourg-Saint-Antoine „à l‘enseigne de la Co-
lombe“ ein Atelier ein. Carlins Karriere war brillant, sein Leben verlief ruhig
und erfolgreich, ohne die finanziellen Probleme, unter denen viele seiner
„confrères“ zu leiden hatten. Obwohl er nie den Titel eines „Ebéniste de
la Couronne“ erhielt, fertigte Carlin zahlreiche Möbel für die königliche
Familie, unter anderem einige Kommoden für Marie-Antoinette, den
Comte de Provence und d‘Artois, für die Königstöchter, die Comtesse du
Barry usw. Sein Werk besteht vor allem aus Möbelstücken im „style Louis
XVI“ und aus ein paar bemerkenswerten kleinen Transition-Bureaux mit
Porzellanplaketten. Der Einfluss der „marchands-merciers“ seiner Zeit war
immens. Sie bestimmten den Geschmack jener Epoche, die Materialien
und Dekorationen, sie lieferten den Ebenisten die Hölzer und gleichzeitig
genaue Angaben zur Herstellung bestimmter Möbelstücke. So wurde M.
Carlin „le grand maître“ porzellanbeschmückter oder „dans le goût extrê-
me oriental“ lackierter Tische, Kabinette und Gueridons.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 153f.
(biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des maîtres ébénistes
français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 29/30 (biogr. Angaben).
CHF 65 000 / 100 000
(€ 54 170 / 83 330)
30. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 220
1275
1 PAAR KLEINE VASEN „CORNET“, Louis XVI, das Porzellan China, Qian
Long, die Bronze aus einer Pariser Meisterwerkstatt, 18. Jh.
Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie ein bemaltes Porzellan; auf
hellem Fond bunte Blumen, Blätter und Zierfries. Zylindrischer Gefässkör-
per mit ausladender, in Perlstab gefasster Lippe auf profiliertem Rundfuss
mit feiner, blumen- und blätterbeschmückter Sockelplatte. 1 Lippenring
ersetzt. H 19 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 8 330 / 12 500)
1276*
GROSSER FAUTEUIL „A LA REINE“, spätes Louis XVI, in der Art von J.B.
SENE (Jean Baptiste Claude Sené, Meister 1769), Paris, 19. Jh.
Buche kanneliert und ausserordentlich fein beschnitzt mit Blumen, Blät-
tern, Kartuschen, Perlstab und Zierfries sowie vergoldet. Trapezförmiger
Sitz auf gerader Zarge mit kannelierten Säulenbeinen. Flache, bogenför-
mig ausgeschnittene Rückenlehne mit ersetzten Eckzapfen und gepols-
terten Armlehnen auf geschweiften Stützen. Beiger Seidenbezug mit
Streifen und Blumen. Vergoldung teils bestossen. 62x65x28,5x73,3 cm.
Provenienz: Aus deutschem Schlossbesitz.
Aufgrund der meisterhaften Ausarbeitung kann der hier angebotene
Fauteuil einem Nachfolger des J.B. Séné zugeschrieben werden. Ein in der
Grundstruktur sehr ähnlicher, aus einer grösseren Suite stammender Fau-
teuil „à la reine“ - mit identischen Blattschnitzereien, Festongehängen und
Spiralbändern - wurde bei Christie‘s New York am 24.11.1998 (Katalognr.
48) verkauft. Ein weiteres identisches Paar ist heute Bestand der Samm-
lungen des Museum of Fine Arts in Boston. Die dazugehörige Marquise
wurde bei G. Petit, Paris, am 23./24.6.1927 (Katalognr. 237) verkauft.
CHF 4 000 / 7 000
(€ 3 330 / 5 830)
1277*
1 PAAR PRUNK-GIRANDOLEN „ZEPHYR ET FLORE“, Directoire, F. RE-
MOND (François Rémond, ca. 1746 Paris 1812) zuzuschreiben, Paris um
1790/1800.
Matt- und glanzvergoldete sowie patinierte Bronze und „Griotte Rou-
ge“-Marmor. Stehender Zephir bzw. Flora, ein Füllhorn mit Blumenblüten
und 3 blätterbeschmückten Lichtarmen mit breiten Tropftellern und
vasenförmigen Tüllen tragend, auf zylindrischem Sockel mit Quaderplatte.
H 83 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Das hier angebotene Paar gehört in eine Reihe mit ähnlichen Girandolen
- mit Nymphen, Satyrn, Vestalinnen - von F. Rémond ein, welche dieser in
den letzten Dezennien des 18. Jahrhundert fertigte. Ein solches Paar ist
heute Teil der Sammlungen der Frick-Collection in New York (Inventarnr.
14.6.11 bzw. 14.6.12), ein weiteres ist Teil der Sammlungen des Musée du
Louvre (Inventarnr. OA 5246.5247), ein drittes Paar ist Teil der Walla-
ce-Collection in London (Inventarnr. F 142-3). Ein viertes Paar war Teil der
Wildenstein Collection und wurde bei Christie‘s London am 14.12.2005
(Katalognr. 27) verkauft.
Im Alter von 29 Jahren erhielt F. Rémond die Würde des „maître doreur“.
Leider geriet sein Name am Ende des 20. Jahrhunderts in Vergessen-
heit; viele seiner Werke wurden aufgrund ihrer Eleganz und Schönheit
fälschlicherweise P. Gouthière oder P.P. Thomire zugeschrieben. Erst die
Entdeckung seines Archivs liessen ihm die Anerkennung zukommen, die
er verdiente: F. Rémond war während der Regierungszeit von Louis XVI
einer der bedeutendsten „bronziers“ von Paris. Als P. Gouthière in den
1780er Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet, Bankrott und „ruine to-
tale“ erlitt, nahm F. Rémond dessen Platz ein und schuf einige der hervor-
ragendsten Stücke seiner Zeit - man denke an die „pendule aux Sultanes“,
die er für den Comte d‘Artois fertigte, und an die phantasievollen und sehr
innovativen Girandolen „aux autruches“ für das Schloss Versailles. Als sich
F. Rémond um 1800 aus dem Geschäft zurückzog, begann die bemer-
kenswerte Entwicklung des Unternehmens von P.P. Thomire.
CHF 30 000 / 50 000
(€ 25 000 / 41 670)
1275 (1 Paar) 1276
32. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 222
1278
1 PAAR PRUNK-APPLIKEN „AUX TETES DE LION“, Louis XVI, J.J. DE
SAINT-GERMAIN (Jean Joseph de Saint-Germain, Meister 1748) zuzu-
schreiben, Paris um 1770.
Bronze matt- und glanzvergoldet. Kannelierte Wandplatte mit markantem,
von Fackel bekröntem Vaseaufsatz und Löwenbüste sowie
3 eingerollten, blätterbeschmückten Lichtarmen mit breiten Tropftellern
und vasenförmigen Tüllen. H 52 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Ein sehr ähnliches Appliken-Paar, jedoch ohne Löwenköpfen, wurde in
unserer September-Auktion 2017 (Katalognr. 1140) verkauft. Ein weiteres
wurde bei Ader/Tajan am 6.12.2006 (Katalognr. 261), ein drittes Paar,
stammend aus der Sammlung Champalimaud, bei Christie‘s London am
6.7.2005 (Katalognr. 51) sowie ein viertes Paar, bei Christie‘s New York am
20.4.2007 (Katalognr. 166) verkauft.
Für vergleichbare Appliken siehe auch H. Ottomeyer / P. Pröschel, Ver-
goldete Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus,
München 1986; I, S. 185f.
J.J. de Saint-Germain wurde 1719 in Paris geboren. Sein Vater Joseph
war Ebenist, auf die Herstellung von Uhrgehäusen spezialisiert und im
Faubourg-Saint-Antoine tätig; Angehörige der Verwandtschaft mütterli-
cherseits arbeiteten in Giesser-Berufen. Jean-Joseph war beides, Giesser
und Uhrenbauer. Erst 1750 erhielt er die Meisterwürde, nachdem er lange
keiner Zunft angehört hatte. Seine Mutter Marie-Thérèse stammte aus
einer berühmten Giesserfamilie, der Gaspard Prieur angehörte und deren
berühmtestes Mitglied Jean-Louis Prieur war.
Die hohe Anzahl an Künstlerateliers im Faubourg-Saint-Antoine, die im
Dienst aller Arten und Prozeduren der Luxusindustrie standen, macht J.J.
de Saint-Germains Wahl seiner Wohnungen verständlich. 1745 wohnte er
in der Rue de Charenton - wahrscheinlich in den Räumen, die er 1747 vom
Eigentümer Pierre II Migeon mietete. Inventare, die 1779 nach dem Tod
von J.J. de Saint-Germains Frau aufgenommen wurden, beschrieben das
Innere seiner Wohnung als reicher, grossbürgerlich möbilierter Haushalt;
die Dokumente sagen auch etwas über seine Persönlichkeit aus. 1779
grenzte sein Kabinett an ein Laboratorium und enthielt Zeichnungen und
Musikpartituren. Unter den Büchern seiner Bibliothek fanden sich die
Schriften von Voltaire und Boileau, Geschichts- und Geographiewerke
und solche über Mineralogie und Botanik. J.J. de Saint-Germain besass
Sammlungen einheimischer und exotischer Pflanzensamen in mehr als
dreitausend Glasgefässen, in der Orangerie und im Treibhaus befanden
sich unzählige Topfpflanzen. Er sammelte auch Mineralien, Muscheln,
Versteinerungen und präparierte Insekten.
Die Bedeutung von de Saint-Germains Produktion an Uhrgehäusen erklärt
die grosse Anzahl von Uhrmachern in seiner Kundschaft - von mehr als
70, aus Paris und aus der Provinz, hat man die Namen ausfindig machen
können; darunter sind die wichtigsten Uhrmacher des 18. Jahrhunderts:
J. Gudin, J.B. Dutertre, F. Viger, J.B. Baillon, M. Stollenwerck, J. und P. Leroy,
J. Martin, J. Moisy, F. Berthoud, J.P. Manière, J. Roques, F. Ageron und viele
andere. Zu J.J. de Saint-Germains Kunden gehörten die Duchesse d‘Or-
léans, der Duc de Praislin, der Marquis de Pange, der Marquis d‘Eaubonne
und Amelot de Gagny - ein reicher Financier, dessen Sammlungen zu den
berühmtesten des 18. Jahrhunderts gehören. Der französische Königshof
kaufte diverse Pendulen, von denen drei dank der Inventare des „Gar-
de-Meuble“ und des „Mobilier des Princes“ mit Sicherheit zu identifizieren
sind. Die erste ist eine „pendule de cheminée en bronze doré d‘or moulu,
sur une terrasse représentant l‘enlèvement d‘Europe, le taureau couleur
de bronze antique, une nymphe et un amour“. Die zweite ist eine „pendule
à carillon représentant Rinocéros portant la pendule et posé sur un coffre
d‘ébénisterie plaqué garni de bronze doré d‘or moulu“ - wahrscheinlich
handelt es sich hierbei um jene Pendule, die der Duchesse d‘Orléans ge-
hörte und von ihrem Sohn mit dem Schloss Saint-Cloud 1785 dem König
verkauft wurde. Die dritte Pendule war persönlicher Besitz von Königin
Marie-Antoinette und ist durch das von Robin im Jahr II angelegten Inven-
tar bekannt. Es handelt sich um eine „pendule portée par un Rinocéros,
posé sur terrasse doré en ormoulu, l‘animal noir de fumé portant sur son
dos un tambour dans lequel est le mouvement à sonnerie du nom de J.B.
Baillon“.
Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1996; S. 314 (biogr. An-
gaben zu S.F. Festeau). H. Ottomeyer/P. Pröschel, Vergoldete Bronzen,
München 1986; II, S. 521-535 (biogr. Angaben zu J.J. de Saint-Germain).
CHF 18 000 / 28 000
(€ 15 000 / 23 330)
34. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 224
1279*
1 PAAR CASSOLETTES „AUX PATTES DE BELIER“, Louis XVI, Paris um
1800.
„Griotte Rouge“-Marmor und vergoldete Bronze. Amphorenförmiger
Gefässkörper mit pinienbeschmücktem, gewölbtem - zur Tülle drehbarem
- Deckel auf 3 geschweiften Stützen mit Bocksfüssen und perlstabbe-
schmücktem Rundsockel mit entsprechender Platte. H 23,5 cm.
Provenienz: Aus italienischem Besitz.
Ein sehr ähnliches Paar Cassolettes wurde in unserer September-Auktion
2017 (Katalognr. 1149) verkauft.
CHF 3 500 / 5 500
(€ 2 920 / 4 580)
1280*
LAMPE BOUILLOTTE, Louis XVI, Paris um 1800.
Bronze und Messing vergoldet. In der Höhe verstellbarer, grün gefasster
Lichtschirm an schmalem Schaft mit 3 geschweiften Lichtarmen mit
breiten Tropftellern und vasenförmigen Tüllen, auf profiliertem Rundfuss
mit randprofilierter Wandung. H 72 cm.
Provenienz: Französischer Schlossbesitz.
CHF 2 000 / 3 000
(€ 1 670 / 2 500)
1281*
RUNDES GUERIDON „A ETAGERE“ Louis XVI, Paris um 1790/1800.
Palisander profiliert. In Messingring gefasste, kleine „Gris Sainte-An-
ne“-Platte auf hexagonalem Schaft mit grosser, entsprechender Platte
und geschweiften Volutenbeinen mit eingerollten Füssen. D 74 cm. H 93 cm.
CHF 1 500 / 2 500
(€ 1 250 / 2 080)
1282
SEKRETÄR „A ABATTANT“, Louis XVI, sign. F. RUBESTUCK (François
Rübestuck, Meister 1766), Paris um 1770/75.
Rosenholz, Palisander, Bergahorn und diverse Edelhölzer allseitig ausser-
ordentlich fein eingelegt mit Blumenbouquets in Vasen, Filets, Reserven
und Zierfries. Prismierter Korpus auf wellig ausgeschnittener Zarge mit
Winkelfüssen. Abklappbare, innen mit grünem, goldgepresstem Leder
bezogene Schreibplatte zwischen Kopfschublade und Fach mit Doppeltü-
re. Inneneinteilung mit grossem Zentralfach, flankiert von je 3 Schubladen
unter 3 grossen Fächern. Vergoldete Bronzebeschläge. Profilierte, grau/
beige gesprenkelte Marmorplatte. 80,5x38x(offen 75)x132,5 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung, Deutschland.
- Auktion Koller Zürich, 16.9.2013 (Katalognr. 1163).
- Schweizer Privatbesitz
Der in Westfalen geborene F. Rübestück verstand es, sich auf meisterhaf-
te Weise den wechselnden Stilrichtungen anzupassen, von der Rocaille
bis zum Neoklassizismus. Nachdem er als „ouvrier libre“ gearbeitet hatte,
eröffnete er seine eigene Werkstatt in der Rue de la Roquette; später zog
er in die Rue de Charenton. Seine Produktion war sehr umfangreich und
vielseitig, doch wegen der eigenen Masslosigkeit starb er als armer Mann.
Charakteristisch für sein Werk waren lackierte Möbel „à la chinois“, bemalt
mit See- oder Teichlandschaften, Pagoden und Figurenstaffagen, die er
mit grossem Erfolg der Pariser Nobilität verkaufte.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 744
(biogr. Angaben). J. Nicolay, L‘art et la manière des maîtres ébénistes
français au XVIIIe siècle, Paris 1976; I, S. 414f. (biogr. Angaben).
CHF 6 000 / 10 000
(€ 5 000 / 8 330)
12801279
36. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 226
1283
PENDULE „AUX TETES DE BELIER“, Louis XVI, die Bronzen aus einer
Pariser Meisterwerkstatt, das Zifferblatt sign. BOURDIER A PARIS (Jean
Simon Bourdier, Meister 1787) sowie bez. DUBUI(SSON) (Etienne Gobin,
genannt Dubuisson, 1731-ca. 1815), Paris um 1790.
„Carrara“ sowie „Griotte Rouge“-Marmor. Vasenförmiges Gehäuse mit
Blütenaufsatz und markanten seitlichen Widderköpfen auf geschweiften
Stützen mit Tatzenfüssen und Bastionssockel mit gequetschten Kugel-
füssen. Fein bemaltes, teils vergoldetes Emailzifferblatt mit römischen
Stunden- und arabischen Minutenzahlen sowie Datum. 3 feine, teils
durchbrochene und vergoldete Zeiger. Ankerwerk mit Graham-Gang und
1/2-Stundenschlag auf Glocke. Ausserordentlich feine Beschläge und
-applikationen in Form von Maskaronen, Blattwerk, Rosetten und Zierfries.
H 62 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Eine Porzellanpendule mit identischen Bronzen, stammend aus der
Sammlung W. Philipps, wurde bei Christie‘s New York am 23.10.1998
(Katalognr. 25) angeboten. Eine weitere Porzellanpendule mit teils identi-
schen Bronzen ist Teil der Sammlungen des Victoria & Albert Museum in
London (Inventarnr. 1005-1882) und abgebildet in: O. Brackett, Catalo-
gue of the Kones Collection, London 1922; I, Tafel 60 (Nr. 259). Eine sehr
ähnliche Pendule mit identischen Widderköpfen und Tatzen ist abgebildet
in: S. de Ricci, Louis XVI Furniture, New York o.J.; S. 269. Die Bronzen der
erwähnten Pendulen werden allesamt P. Gouthière zugeschrieben.
J.S. Bourdier genoss den Ruf, einer der innovativsten Uhrmacher und
bester „mécanicien en musique“ seiner Zeit zu sein. Seine bedeutends-
ten Werke befinden sich heute in Madrid und Aranjuez. 1788 stellte er
seine erste Pendule mit Sekundenanzeige, astronomischen Zeichen und
neuartigem Pendel her. Zwei Jahre später produzierte er eine Uhr mit
einjähriger Laufzeit. Für König Karl IV von Spanien beendete er 1799 einen
Musikautomaten mit einem Flötenduo, begleitet von einem Saiteninst-
rument, das ein 12 Melodien spielendes „piano à deux parties“ imitierte.
Um diese musikalischen Innovationen zu verwirklichen, erfand Bourdier
ganze Serien von Spezialwerkzeugen, die er auch auf den Markt brachte,
allen voran die Zylinderwalzen. Seine Pendulen baute er auch in Kabinetts
ein; einige wurden von Daguerre & Lignereux sowie von Julliot verkauft.
Er verwendete die Uhrgehäuse der Witwe Lieutaud, von J.H. Riesener, C.
Galle, P.P. Thomire, F. Rémond, F. Schwerdfeger, F. Vion und Walner, sowie
auch solche in Sèvres-Porzellan. Die Zifferblätter liess er von Dubuisson
und Coteau malen. Bourdiers Werke sind heute Bestand der bekanntes-
ten Museen: Patrimonio Nacional in Spanien, Vicotria & Albert Museum
in London, Musée des Arts Décoratifs in Lyon, Musée du Château de
Malmaison, Musée national des Techniques in Paris, Ermitage in St.
Petersburg.
Etienne Gobin, genannt Dubuisson, war nebst Joseph Coteau der
talentierteste und bekannteste Emailleur jener Epoche. Er wurde in
Lunéville geboren und arbeite zunächst als Porzellanmaler in Strassburg
und Chantilly. 1756-1759 war er für die Manufacture de Sèvres tätig und
spezialisierte sich auf das Bemalen von Uhrgehäusen und Emailziffer-
blättern. Seine ausserordentlich feinen Arbeiten verkaufte er vor allem
Uhrmachern wie Dieudonné Kinable - berühmt für seine Lyrapendulen -
und Robert Robin, dem Hoflieferanten des Königs Louis XVI.
P. Gouthière erhielt 1767 das Brevet „Doreur seul ordinaire des Menus
Plaisir du Roi“, verliehen von seinem „Protecteur“, dem Duc d‘Aumont.
Fehlspekulationen, allzu gewagte Investitionen in Immobilien und eine
unsorgfältige Geschäftsführung brachten den für seine hervorragenden,
aber teuren Bronzen bekannten Gouthière in finanzielle Schwierigkeiten.
Als die Aufträge der wichtigsten Kunden Madame du Barry, Duchesse de
Mazarin und Duc d‘Aumont wegen der Revolution ausblieben, erlitt das
Unternehmen 1787 Bankrott und „ruine totale“. Dennoch arbeitete P.
Gouthière bis zu seinem Tod 1813 weiter, wenn auch auf bescheidener
Ebene.
Gouthières Reputation als „artiste hors pair“ zeigt sich in Käufen von König
Louis XVI für das Museum - er kaufte 20 von 34 Pendulen, Marie-An-
toinette drei. Durch die Beteiligung an Dekorationsarbeiten in grossen
Pariser Häusern pflegte er regelmässigen Kontakt zu den Architekten C.
de Wailly, E.L. Ledoux, A.J. Gabriel und F.J. Bellanger und zu den Künstlern
L.S. Boizot, J.D. Dugoure und G.P. Cauvet, die sich der neoklassizistischen
Formensprache widmeten. Zu P. Gouthières Kundschaft gehörten ausser
Louis XVI und Marie-Antoinette der Comte d‘Artois, der Duc de Duras, die
Duchesse de Vileroy, die Prinzessin Kinsky, der Marquis Marigny und die
Financiers Randon de Boisset, Baudert de Saint-James und Thélusson.
Lit.: J.D. Augarde, Les ouvriers du temps, Genf 1996; S. 286f. (biogr. An-
gaben Jean Simon Bourdier). Thieme/Becker, Leipzig 1999; 13/14, S. 283
(biogr. Angaben zu Dubuisson). H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete
Bronzen - Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus, München
1986; I, S. 208 (Tafel XXV, eine Girandole von P. Gouthière) und S. 286f.
(Abb. 4.15.1 bis 4.15.6, Kerzenstöcke mit vergleichbarer Grundstruktur).
Ibid., II, S.561-642 (biogr. Angaben Pierre Gouthière).
CHF 38 000 / 58 000
(€ 31 670 / 48 330)
38. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 228
1284*
1 PAAR VASEN „AUX BOUQUETS DE FLEURS“, Louis XVI, Frankreich um
1800.
Weisser Marmor. Ovoider, godronierter und profilierter Gefässkörper
markantem Deckel mit Blumenbouquets auf profiliertem Rundfuss mit
entsprechendem, gestuftem Sockel. Wenige Bestossungen. H 90 cm.
Provenienz:
- Ehemals Sammlung Paul Louis Weiller, Paris.
- Aus französischem Besitz.
P.L. Weiller (Paris 1893-1993 Genf) entstammt einer jüdischen
Industriellen- und Politikerfamilie. Während des 1. Weltkrieges erlangte er
Heldenruhm als Pilot, nahm an den Friedensverhandlungen von Versailles
an der Seite von Marschall Foch teil und erhielt später als einer der jüngs-
ten Mitglieder den Titel „Officier de la Légion d‘Honneur“. Kurzzeitig unter
Hausarrest gestellt vom Vichy-Régime, gelang im 1942 die Flucht nach
Kuba und später nach Kanada. Nach dem Krieg kehrte er nach Frankreich
zurück, wo er vor allem sein immenses Vermögen in Oelfirmen investierte
und zugleich grosse Beiträge für Kunst bereitstellte; die Restaurierung von
Château der Versailles, die Gründung einer Ballett-Kompanie sowie die
aktive Unterstützung von aufstrebenden Künstlern und Schauspielern. Zu
seiner persönlichen Entourage gehörte die kulturelle Elite von Europa und
Amerika, welche er - die Tradition der Pariser Salons wiederauflebend - in
seiner Villa „La Reine Jeanne“ empfing.
CHF 40 000 / 70 000
(€ 33 330 / 58 330)
1285*
1 PAAR GIRANDOLEN „A L‘ANTIQUE“, Louis XVI, Paris um 1785/95.
Bronze vergoldet und weisser Marmor. Vasenförmiger Gefässkörper mit
seitlichen Maskaronen hohem Zentralschaft sowie 2 markant eingeroll-
ten Lichtarmen mit breiten Tropftellern und vasenförmigen Tüllen sowie
kleinen Glocken auf Dreifuss mit markantem, palmettenbeschmücktem
Bastionssockel mit feinen Reliefapplikationen. H 77 cm.
CHF 9 000 / 14 000
(€ 7 500 / 11 670)
1284 (Detail)
1285
40. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 230
1286*
1 PAAR POTS-POURRIS „AUX CYGNES“, Louis XVI, Paris um 1785/90.
Matt- und glanzvergoldete Bronze sowie Flussspat. Urnenförmiger
Gefässkörper mit eingezogenem, durchbrochenem Hals sowie pinien-
beschmücktem Deckel und seitlichen Schwanenköpfen auf profiliertem,
perlstabbeschmücktem Rundfuss mit Quaderplatte. Feine Beschläge und
-applikationen in Form von Perlstab und Zierfries. H 25 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
CHF 8 000 / 12 000
(€ 6 670 / 10 000)
1287
GROSSES CARTEL „AU VASE“, Louis XVI, der Entwurf von J.C. DELA-
FOSSE (Jean Charles Delafosse, 1739 Paris 1784), das Zifferblatt sign.
MEYER A PARIS (François Meyer, Meister 1773), Paris um 1775/80.
Bronze matt- und glanzvergoldet. Wappenförmiges Gehäuse mit mar-
kantem Vasenaufsatz, seitlichen Widderköpfen und Löwenmaskaron auf
Blätterabschluss. Emailzifferblatt mit römischen Stunden- und arabischen
Minutenzahlen. 2 feine, durchbrochene und vergoldete Zeiger. Ankerwerk
mit 1/2-Stundenschlag auf Glocke. H 78 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Ein nahezu identisches Cartel ist abgebildet in: P. Kjellberg, La pendule
française du Moyen Age au XXe siècle, Paris 1997; S. 191 (Abb. B). Ein
weiteres nahezu identisches sowie eine Entwurfszeichnung von J.C. De-
lafosse sind abgebildet in: H. Ottomeyer / P. Pröschel, Vergoldete Bronzen
- Die Bronzen des Spätbarock und Klassizismus, München 1986; I., S. 182
(Abb. 3.8.4 für das Cartel und 3.8.7 für die Entwurfszeichnung.
J.C. Delafosse, Architekt und Ornamentzeichner und -stecher war seit
1781 Agrée der Akademie von Bordeaux, wo er im Salon Entwürfe aus-
gestellt hatte. Sein Hauptwerk sind 4 grosse Stichfolgen dekorativer Ent-
würfe, u.a.: „Nouvelle Iconologie Historique ou Attributs Hiéroglyphiques“
(108 Bl.), „Décorations, Sculptures, Orfèvreries et Ornements divers“ (24
Bl.), „Ameublement „. Kleinere Folgen sind Vorlagen und Entwürfe aller Art
für Embleme, Trophäen, Fassaden, Portale, Kamine, Grabmäler, Möbel,
Kirchengeräte, Pendulen, Goldschmiedemodelle usw., geschickt und
schwungvoll gezeichnet.
CHF 7 000 / 12 000
(€ 5 830 / 10 000)
1286
1287 (Detail)
42. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 232
1288
1 PAAR HENKELVASEN „AUX MASQUES DE ZEPHYR“,
Louis XVI, Paris um 1780.
Weisser Marmor, Porphyr sowie vergoldete Bronze. Gebauchter
Gefässkörper mit schmalem Hals und ausladender Lippe sowie markant
eingerollten Henkeln auf profiliertem Rundfuss mit gestufter Quader
platte. Restaurationen. H 26 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
CHF 4 000 / 7 000
(€ 3 330 / 5 830)
1289*
1 PAAR DECKELVASEN, Directoire, Paris um 1800.
Onyx und weisser Marmor sowie vergoldete Bronze. Urnenförmiger
Gefässkörper mit schmalem Hals und pinienbeschmücktem Deckel sowie
seitlichen Tragringen auf profiliertem Rundsockel mit bastionsförmiger
Platte. H 28,5 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
CHF 7 000 / 12 000
(€ 5 830 / 10 000)
1290*
PIGALLE, J.B., (Jean Baptiste Pigalle, 1714 Paris 1785) nach, Frankreich,
1. Hälfte 19. Jh.
Bronze patiniert sowie „Griotte Rouge“-Marmor. „L‘enfant à oiseau et
l‘enfant au nid“. Stehender Knabe mit Taube bzw. Nest in der Hand, auf
profiliertem Rundsockel. H 89 cm.
Provenienz: Aus italienischem Besitz.
Ein modellogleiches Paar, die Bronze P.P. Thomire zugeschrieben, wurde in
unserer Dezember-Auktion 2001 (Katalognr. 1609) angeboten.
Der Bildhauer Jean-Baptiste Pigalle stammt aus einer Pariser Tischler-
Familie. Er lernte bei Robert Le Lorrain, später bei Jean-Baptiste Lemoyne.
Zwischen 1736/39 reiste er nach Rom, wo er Werke aus der Antike
kopierte. 1744 wurde er Mitglied der Pariser Akademie, später Professor
und Rektor; 1785 wurde Pigalle schliesslich zum Kanzler der Akademie
ernannt.
Lit.: Thieme/Becker, Leipzig 1999; 27/28, S. 32f. (biogr. Angaben).
CHF 10 000 / 15 000
(€ 8 330 / 12 500)
1288 (1 Paar) 1289 (1 Paar)
44. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 234
1291
1 PAAR ECK-KONSOLEN, Louis XVI, Rom um 1770/80.
Holz ausserordentlich fein beschnitzt mit Blattwerk, gedrehten Kan-
nelüren, Perlstab und Zierfries sowie vergoldet. Dreieckige „Vert de
Mer“-Platte mit abgeschrägten Ecken auf gerader Zarge mit 3 markanten
Säulenbeinen mit gedrehten Kannelüren. 108x76x103 cm.
Provenienz:
- Privatbesitz, Schweiz.
- Auktion Stuker Bern, 12.5.2012 (Katalognr. 2116).
- Privatsammlung, Schweiz.
Für vergleichbare römische Konsoltische siehe L. Zinutti, Il linguaggio del
mobile italiano, Treviso 2011; S. 342.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 10 000 / 15 000)
1292*
GROSSE PORPHYR-BÜSTE DES KAISERS NERO, Louis XVI, Rom, wohl
19. Jh.
Rot/grau gesprenkelter Porphyr. Fein gestaltete Büste mit krausem Haar
und Bart. Auf schwarzem Marmorsockel montiert. H 47 cm.
Provenienz: Aus belgischem Besitz.
Die hier angebotene Büste ist stark beeinflusst vom Modell der Büste
Neros in der Glyptothek, München.
Lucius Domitius Ahenobarbus Nero wurde am 15. Dezember 37 n. Chr.
im südlich von Rom gelegenen Antium als Sohn der lulia Agrippina, die
Schwester des Kaisers Caligula, geboren. Seine Mutter heiratete den
damaligen Kaiser Claudius. Der Adoptivsohn Nero wurde mit Claudius
Tochter Octavia verlobt, die er 53 n. Chr. heiratete. Nero bekleidete eine
Reihe öffentlicher Ämter, zu dessen Erzieher auch der Philosoph Seneca
genannt wird. Als am 13. Oktober 54 der Kaiser Claudius durch Agrippina
vergiftet wird, wurde der Mitwisser Nero von den Prätorianern zum Kaiser
ausgerufen und vom Senat bestätigt. Nach anfänglich erfolgreicher
Regierung kam es bald zu Konflikten mit Agrippina. Ebenfalls fürchtete
er die Thronansprüche durch seinen Stiefbruder Britannicus, den er kurz
drauf vergiften lässt. Da er sich ebenfalls mit seiner Mutter Agrippina
überwarf, liess er auch sie ermorden. Nach Scheidung, Verbannung und
Tod seiner Frau heiratete er seine Geliebte, die Kurtisane Poppaea Sabina.
Der exzentrische Kaiser umgab sich mit Günstlingen und widmete sich
öffentlichen Auftritten als Sänger und Schauspieler. Die Finanznöte des
Staates führten zu Enteignungen. Am 18. Juli 64 wurde in Rom ein Brand
entfacht, der aber nicht von Nero verursacht wurde. Um wegen der ent-
standenen Unruhen einen Schuldigen präsentieren zu können, bezichtigte
er die Christen und begann mit den ersten Christenverfolgungen. Nach
weiteren Verschwörungen und dem erzwungenen Selbstmord hoher
Generäle meuterten die Armeen. Die Prätorianer fielen von Nero ab. Der
Senat erklärte Nero am 8. Juni 68 zum Staatsfeind. Am 9. Juni 68 beging
der Kaiser Selbstmord.
CHF 50 000 / 80 000
(€ 41 670 / 66 670)
1291
1291 (Detail)
46. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 236
1293*
PORPHYR-DECKELVASE „EN NAVETTE“, Louis XVI, Rom, wohl 19. Jh.
Rot/grau gesprenkelter und profilierter Porphyr. Ovaler, godronierter
Gefässkörper mit pinienbeschmücktem Deckel auf profiliertem Ovalfuss.
51x33x34 cm.
Provenienz: Aus belgischem Besitz.
Die königlichen Inventare von Versailles erwähnen 1722 zwei ähnliche
„navettes“: „...une urne de porphire ovale d‘environ 15 pouces de haut,
un pied 7 pouces de long et 13 de large, ayant pour anses deux petites
consoles qui soutiennent une moulure“. Die Schalen wurden während
der Französischen Revolution beschlagnahmt und befinden sich heute im
Musée du Louvre in Paris (Inventar. MR 2856 und MR 2859). Eine weitere,
ähnliche Schale ist Teil der Sammlungen von Doria-Pamphilj in Frankreich.
Porphyr wurde bereits im Alten Ägyptischen Reich am „Mons Porphyrites“
abgebaut, dem damals einzigen bekannten Abbaugebiet für Porphyr. Auch
die Römer der Antike brachen dort Porphyr, da er zur Zeit der römischen
Tetrarchie (Ende 3. Jh.) äusserst beliebt war. Auch während der Regie-
rungszeit von Konstantin schätzte man den roten Stein, der wegen seiner
purpurnen Farbe ausschliesslich Kaisern vorbehalten war.
Für Kaiser Konstantin wurden Kreise aus Porphyr für die Fussböden seiner
Empfangshallen gefertigt, die nur er betreten durfte; auch seine Söhne
wurden in porphyrgetäfelten Zimmern geboren und in Porphyr-Sarkopha-
gen beerdigt. Weitere bekannte Beispiele für die Verwendung von Porphyr
ist die Porphyrscheibe, die im Petersdom angeblich die Stelle markiert, an
der Karl der Grosse gekrönt worden sein soll. Zudem wurden zahlreiche
Sarkophage gekrönter Häupter in Porphyr gefertigt.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 16 670 / 25 000)
1293
1294
47. | 237
1294
DECKENLEUCHTER „AUX TETES DE BELIER“, Louis XVI, Russland um
1790.
Versilberte Bronze, Messing, Rubinglas und geschliffener Kristall- und
Glasbehang. Balusterförmiger Glasschaft mit feinem Lichtring mit 6 ge-
schweiften Lichtarmen mit breiten Tropftellern und vaseförmigen Tüllen
sowie reich behangener Lichtkrone. D 58 cm. H 98 cm.
CHF 7 000 / 12 000
(€ 5 830 / 10 000)
1295*
1 PAAR PORPHYR-DECKELSCHALEN „EN NAVETTE“, Louis XVI, Rom,
wohl 19. Jh.
Rot/grau gesprenkelter Porphyr. Ovaler Gefässkörper mit pinienbe-
schmücktem Deckel auf profiliertem Ovalfuss. 29x15x21 cm.
Siehe hierzu auch Fussnote der Katalognr. 1293.
CHF 18 000 / 24 000
(€ 15 000 / 20 000)
1296
KORBDECKENLEUCHTER „AUX MASCARONS“, Louis XVI, wohl deutsch
um 1800.
Bronze und Messing versilbert, kobaltblaues Glas sowie teils geschliffener
Glas- und Kristallbehang. Fein geschweifter Lichtring mit 6 eingerollten
Lichtarmen mit breiten Tropftellern und vasenförmien Tüllen sowie reich
behangener Lichtkrone. H 120 cm. D 95 cm.
CHF 5 000 / 9 000
(€ 4 170 / 7 500)
1295
1296
48. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 238
1297*
PORPHYR-DECKELVASE „EN NAVETTE“, Louis XVI, Rom, wohl 19. Jh.
Rot/grau gesprenkelter und profilierter Porphyr. Ovaler, godronierter Gefässkörper mit
pinienbeschmücktem Deckel und seitlichen Volutenhenkeln auf profiliertem Ovalsockel.
37x28x31 cm.
Provenienz: Aus belgischem Besitz.
Siehe hierzu auch Fussnote der Katalognr. 1293.
CHF 7 000 / 12 000
(€ 5 830 / 10 000)
1298*
PENDULE MIT SOCKEL, Louis XVI, das Werk monogr. DFDB (Daniel François Droz, genannt
Busset, Meister 1767) und bez. K1762, Neuenburg um 1770.
Nussbaum gefriest. Geschweiftes Gehäuse mit markantem, wohl ersetztem Vasenaufsatz auf
sich nach unten verjüngenden Sockel. Feines Zifferblatt „en cuvette“ mit römischen Stunden-
und arabischen Minutenzahlen. Feines Spindelwerk mit 4/4-Stundenschlag auf 2 Glocken.
Vergoldete „laiton repoussé“-Beschläge. Etwas zu überholen. 32x17x114 cm.
Provenienz: Privatsammlung, Deutschland.
Lit.: A. Chapuis, Histoire de la Pendulerie Neuchâteloise, Paris/Neuchâtel 1917; S. 461 (biogr.
Angaben).
CHF 3 000 / 5 000
(€ 2 500 / 4 170)
1297
1298
49. | 239
1299
DECKENLEUCHTER, Louis XVI, Norditalien, 18./19. Jh.
Messing sowie teils geschliffener Glas- und Kristallbehang. Korbförmiges
Gestell mit markantem Lichtring mit 16 Lichtarmen mit Glastropfteller so-
wie durchbrochenem Schaft mit fein behangener Lichtkrone. Elektrifiziert.
D 75 cm. H 105 cm.
Provenienz: Westschweizer Privatbesitz.
CHF 3 000 / 5 000
(€ 2 500 / 4 170)
50. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 240
1300
KORBDECKENLEUCHTER „AUX ROSACES“, Louis XVI, St. Petersburg
um 1790.
Vergoldete Bronze und Messing, blaues Opalinglas sowie teils geschliffe-
ner Kristall- und Glasbehang. Zwiebelförmiger Schaft mit feinem Lichtring
mit 8 geschweiften Lichtarmen mit blätterförmigen Tropftellern und
vasenförmigen Tüllen sowie ovoider Abschlusskugel mit reichem Behang.
D 74 cm. H 98 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
Ein in der Grundstruktur sehr ähnlicher Deckenleuchter, gefertigt von
J.A.S. Fischer und datiert 1804, ist abgebildet in: J. Sychev, Russische
Beleuchtungskörper 1750-1830, St. Petersburg 2003; S. 67 (Abb. 331).
Ein weiterer, sehr ähnlicher Deckenleuchter wurde bei Christie‘s New York
am 20.5.2008 (Katalognr. 337) verkauft. Ein dritter Deckenleuchter, mit
identischem Opalinglas der kaiserlichen Glasmanufaktur St. Petersburg
und J. Zech zugeschrieben, hängt in der Gemäldegalerie von Pawlowsk.
CHF 9 000 / 14 000
(€ 7 500 / 11 670)
1301
SÄULENGUERIDON „AUX VASES“, Louis XVI, wohl Norditalien um
1790/1800.
Rosenholz, Palisander sowie diverse Fruchthölzer gefriest und fein einge-
legt mit Vasen auf Säulenpostamenten, Mäanderband, Filets und Zierfries.
Zylindrischer Korpus mit wenig vorstehendem Blatt auf gitterförmig
durchbrochener Zarge mit Säbelbeinen. Front mit 1 Türe. Bronze- und
Messingbeschläge. In durchbrochener Messinggalerie gefasste, grau/
beige gesprenkelte Marmorplatte. Etwas zu überholen, teils ausgebleicht.
D 38 cm. H 75 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Westschweiz.
CHF 1 000 / 1 500
(€ 830 / 1 250)
1302
1 PAAR RELIEFPORTRAITS, Louis XVI, wohl Rom um 1800.
Weisser Marmor. Seitliche, fein reliefierte Reliefbüsten von Dante und
Raphael. Montiert auf marmorierte Platte mit profiliertem, goldgefasstem
Rechteckrahmen mit stilsiertem Kronenaufsatz. H 32 cm. B 24 cm.
Provenienz: Privatbesitz, Schweiz.
CHF 800 / 1 200
(€ 670 / 1 000)
1300 1301
1302
51. | 241
1303
OVALER SCHREIBTISCH „A COMPLICATIONS“, spätes Louis XVI, mit
Etikette FATTORIA DI MOBILI G. BAMBAGINI DI FIRENZE (Francesco,
Gaetano, Adriano und Raffaelo Bambagini, quellenmässig belegt zwischen
1825 und 1873), Florenz um 1825/30.
Mahagoni geflammt. Wenig vorstehendes, in profliliertem Messingstab
gefasstes, schieb- und drehbares Blatt auf gerader Zarge mit schlan-
ken, sich nach unten verjüngenden Vierkantbeinen auf Rollen. Front mit
Zentralschublade über eingezogener Beinaussparung, flankiert von je
1 Schublade, darunter je 1 aufklappbare Schublade. In der Zarge je eine
Geheimschublade und -fach. Ausserordentlich feine, vergoldete Bronze-
beschläge und -sabots. 98x68x81 cm.
Provenienz: Aus Westschweizer Schlossbesitz.
Aussergewöhnliches Kombinationsmöbel, das sich orientiert an die um
1818 gefertigte, berühmte „scrivania meccanica“ von G. Socchi (Giovann-
ni Socchi, 1775-1842), welche für den Palazzo Ducale di Lucca gefertigt
wurde und heute Teil der Sammlungen der Villla della Petraia in Florenz ist.
Sie ist abgebildet in: S. Chiarugi, Botteghe di Mobilieri in Toscana, Florenz
1994; I, S.146 (Abb. 164). Ein weiterer, sehr ähnlicher Schreibtisch ist
abgebildet in: Leon de Groer, Les arts décoratifs de 1790 à 1850, Fribourg
1985; S. 90 (Abb. 152).
Laut S. Chiarugi, der das Standardwerk über die toskanischen Ebenisten
der Jahre 1780-1900 geschrieben hat, kann davon ausgegangen werden,
dass die oben erwähnte Etikette auf die Werkstatt diverser Familienmit-
glieder hinweist. Francesco überliess im Jahre 1828 die Werkstatt an
Gaetano, der diese bis in die 1850er Jahre leitete. Im Jahre 1833 fertigte
er für Maria Antoinetta anlässlich ihrer Hochzeit mit Leopoldo ein „gran
canapé“, „due poltrone grandi da riposo“ sowie einen „tavolo scrivania -
tutto centinato con cassette“ in Mahagoni und nach englischen Vorlagen.
Der hier angebotene Schreibtisch offenbart nicht nur den Einfluss von G.
Socchi, sondern auch die bewusste Zurückhaltung englischer Möbel der
Jahre um 1800/1830.
Lit.: S. Chiarugi, Botteghe di Mobilieri in Toscana, Florenz 1994; II, S. 400
(biogr. Angaben zur Dynastie der Bambagini).
CHF 5 000 / 9 000
(€ 4 170 / 7 500)
1303
52. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 242
1304*
FOLGE VON 4 FIGUREN „LES QUATTRE SAISONS“, Louis XVI,
Norditalien, spätes 19. Jh.
Terracotta. Die 4 Jahreszeiten dargestellt als Kinder mit verschiedenen
Attributen. Restaurationen und Fehlstellen. Dazu: Folge von 4 Terracot-
ta-Hängekonsolen mit abgerundetem Blatt auf Volutenstütze. Bestos-
sungen und Restaurationen. H Figuren ca. 80 cm. Konsolen 52x36x38 cm.
Provenienz: Aus einer Pariser Sammlung.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 8 330 / 12 500)
1305
1 PAAR APPLIKEN „AUX TETES DE BELIER“, spätes Louis XVI, Schweden
um 1800/40.
Bronze und Messing vergoldet sowie teils geschliffener Glas- und Kristall-
behang. Schmale Wandplatte mit Kristallobelisk über Widderkopf mit
2 geschweiften Lichtarmen mit breiten Tropftellern und vasenförmigen
Tüllen sowie 3 geschweiften Glasgirlandenträger. Restaurationen. H 65 cm.
Propvenienz: Privatsammlung, Schweiz.
CHF 4 000 / 7 000
(€ 3 330 / 5 830)
1306*
1 PAAR PORTE-TORCHEREN „AUX PATTES DE LION“, Louis XVI, wohl
Turin um 1780.
Holz durchbrochen sowie fein beschnitzt mit Rosetten, Tatzen, Blattwerk
und Zierfries sowie rot gefasst und teils vergoldet. Runde, in profilier-
tem Rahmen gefasste, grau/beige/rosa gesprenkelte Marmorplatte auf
gerader Zarge mit 3 durch Zwischentablar verbundenen, sich nach unten
verjüngenden Vierkantbeinen mit Tatzenfüssen auf entsprechendem
Dreisockel. Wenige Fehlstellen. 38x38x103,5 cm.
Provenienz: Aus italienischem Besitz.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 16 670 / 25 000)
1304
1305 (1 Paar)
54. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 244
1307*
1 PAAR GIRANDOLEN „A L‘ANTIQUE“, Louis XVI, wohl Norditalien um
1770/80.
Terracotta sowie Holz fein beschnitzt und vergoldet bzw. patiniert.
Stehende weibliche bzw. männliche Figur mit faltenreichem Gewand, eine
Vase mit 3 geschweiften, blätterbeschmückten Lichtarmen mit breiten
Tropftellern und vasenförmigen Tüllen tragend, auf profiliertem, perlstab-
beschmückter Sockelplatte mit Quaderfüssen. Fehlstellen. H 63 cm.
Das hier angebotene Paar orientiert sich an eine Figur der Erigone (heute
Teil der Sammlungen des Stockholmer Nationalmuseums) sowie an die
Vestalin (heute Teil der Sammlungen des Los Angeles Museums) von Clo-
dion (Claude Michel, Nancy 1738-1814 Paris). Analoge Girandolen, jedoch
in Bronze, sind Teil der Sammlungen von Pawlowsk und abgebildet in: E.
Ducamp, Pawlowsk, London 1993; S. 189 (Nr. 31). Ein weiteres, ähnliches
Paar wurde bei Christie‘s Paris am 14.4.2015 (Katalognr. 240) verkauft.
CHF 3 000 / 5 000
(€ 2 500 / 4 170)
1308
PENDULE MIT ORGELWERK UND SOCKEL, Louis XVI, das Gehäuse
D. ROENTGEN (David Roentgen, Meister 1780) zuzuschreiben, das Werk
sign. und num. PETER SCHMITT A MAINZ NO 140 (Peter Schmitt,
Hofuhrmacher, quellenmässig überliefert seit 1784), um 1785/90.
Mahagoni geflammt und mit ausserordentlich feinen Messingkanne-
lüren. Tempelförmiges Gehäuse mit Vasenaufsatz und frei stehenden
Ecksäulen auf profiliertem, gestuftem Fuss mit markant eingezogenem,
kannelierten Sockel mit Abschlusszapfen. Emailzifferblatt mit arabischen
Minuten- und römischen Stundenzahlen. Feines, im 18. Jahrhundert
ersetztes Ankerwerk mit Rechenschlagwerk und Stundenschlag auf
Glocke, beim Stundenschlag die Walze und 18 Holzpfeifen und 7 Melodien
auslösend. Ausserordentlich feine, matt- und glanzvergoldete Bronze-
und Messingbeschläge. 40x24x89 cm.
Provenienz:
- Auktion Badum, Bamberg, 21.6.1997 (Katalognr. 582).
- Auktion Christie‘s London, 10.12.2009 (Katalognr. 713).
- Aus einer belgischen Sammlung.
- Auktion Koller Zürich, 23.6.2011 (Katalognr. 1202).
- Schweizer Privatsammlung.
Eine in der Formgebung analoge Wanduhr ist abgebildet in: A. Büttner et
al., Edle Möbel für höchste Kreise, Ausstellungskatalog, Neuwied 2007; A.
146 (Abb. 11.8).
D. Roentgen, Sohn des nicht minder berühmten Abraham Roentgen,
erhielt seine Meisterwürde 1780. Bereits ein Jahr später konnte er, ein
begnadeter Kaufmann, aufgrund lukrativer Aufträge eine neue Zweigstelle
eröffnen. Zarin Katharina II wurde seine beste Kundin und beschwerte
sich laut zeitgenössischen Quellen über die „horrenden Preise“, bestellte
im Laufe der Zeit aber trotzdem eine Vielzahl von Prunkmöbeln, die noch
heute grösstenteils Bestand der russischen Paläste und Museen sind. Die
Dekorationssprache D. Roentgens wurde in den 1780er Jahren schlichter,
was die „künstlerische Abnabelung“ von seinem Vater Abraham bedeutet.
D. Fabian schreibt dazu Folgendes: „...schlichte und geradlinige klassizisti-
sche Formen, Marketerien verschwinden, ausgewählte Mahagonifurniere,
feuervergoldete Bronzen, Perl- und Riffelleisten, Säulen, Galerien, Vasen,
Girlanden, Hängegriffe in Form gewundener Tücher...“1779 fertigte D.
Roentgen für Steuerzwecke ein Verzeichnis der Mitarbeiter an, das von
grosser Bedeutung ist. Es zeigt die Grösse des Betriebes und die starke
Anziehungskraft, welche die Werkstatt damals auf die Tischler ausgeübt
haben muss. Aus allen Himmelsrichtungen kamen die Gesellen an den
Rhein: aus Leipzig, aus der Franche Comté, aus Königsberg, Ungarn usw.
Einige wurden später Meister und leiteten D. Roentgens Filialbetriebe, an-
dere wanderten aus oder kehrten in die Heimat zurück und trugen so den
Stil der Werkstatt in alle Gegenden. 1791 gründete D. Roentgen mit könig-
lichem Privileg eine Tochterwerkstatt in Berlin, mit deren Leitung er David
Hacker beauftragte. Aus dieser Werkstatt dürften die D. Roentgen ausser-
ordentlich nahe stehenden Möbel aus dem Marmorpalais stammen. Eine
Berliner Eigenheit scheint die Verwendung von blauen Wedgwood-Tafeln
und auffallend dicken Marmorplatten zu sein. Der aus Baden-Baden oder
Strassburg stammende Heinrich Gambs lässt sich in der Roentgen-Werk-
statt zwar nicht nachweisen, es befindet sich jedoch ein Möbel in der
Eremitage in Leningrad, handschriftlich als ein Werk Gambs‘ bezeichnet
und mit 1815 datiert, das den Werken D. Roentgens so nahe steht, dass an
einer engen Verbindung zwischen Gambs und Roentgen nicht gezweifelt
werden kann. Wie sehr der Spätstil D. Roentgens das Empire vorweg zu
nehmen imstande war, zeigt das aufwendige Möbel der Eremitage, das in
reinen Roentgenformen konzipiert und ausgeführt wurde.
CHF 40 000 / 70 000
(€ 33 330 / 58 330)
1307 1308 (Detail Werk)
56. Möbel & Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 246
1309
KÖNIGLICHES BUREAU „A GRADIN“ MIT APPLIZIERTEN FEDERZEICH-
NUNGEN, Louis XVI, J. KLINCKERFUSS (Johann Klinckerfuss, 1770-
1831), Stuttgart um 1800.
Mahagoni profiliert sowie mit 13 feinen Federzeichnungen belegt; Figu-
renstaffage in idealisierter Landschaft, diverse Kühe, Ziegen, Enten und
Vögel. Rechteckiges, wenig vorstehendes und in Messingstab gefasstes
Blatt auf bogenförmig ausgeschnittener Zarge mit sich nach unten ver-
jüngenden, abschraubbaren Vierkantbeinen. Front mit Zentralschublade,
flankiert von je 1 Schublade. Zurückgesetzter, architektonisch geglie-
derter Aufsatz mit Zentraltüre zwischen kannelierten Eckpanneelen und
unter „faux tiroir“ mit abnehmbarem Deckel, flankiert von je 1 Türe mit
je 1 Innenschublade. Feine, vergoldete Bronze- und Messingbeschläge
und -sabots. Verso mit alter Inventarnr. mit schwarzer Farbe, welche zum
Zeitpunkt der Fliessspuren der Beschriftung kopfüber angebracht wurde.
Restaurationen am Furnier des Blattes und den Innentüren sowie Verände-
rungen im oberen Bereich des Mittelteils des Aufsatzes. 162x80x140 cm.
Provenienz:
- Ehemals Neues Schloss, Stuttgart, quellenmässig belegt zwischen 1812
und 1864/66.
- Ehemals B.B. Steinitz, Paris.
- Hochbedeutende Privatsammlung, Genf.
Mit ausführlichem Gutachten von Frau Dr. C. Cornet, München 2017.
Darin schreibt sie:
„Das Möbel gehört zu den frühen Arbeiten, die sich noch eng an die
gestalterischen und handwerklichen Gepflogenheiten, die in der Roent-
genmanufaktur üblich waren, anschließen. Dies zeigt sich in der Form der
konisch zulaufenden Beine, deren Fortsetzung im Zargenbereich mit den
roentgentypischen drei messingausgelegten Kannelüren mit rundem
Beschlag darüber verziert sind. Das Motiv der drei Kannelüren findet sich
zu beiden Seiten im Aufsatzmittelteil. Auch die sehr gediegene Verarbei-
tung zeigt Klinckerfuß‘ Schulung in der Roentgenmanufaktur. Sofern die
Konstruktion nicht überfurniert ist, sind ungewöhnlich perfekte Holzver-
bindungen zu sehen, wie z.B. die durchgestemmten Zapfen an der rück-
seitigen Zarge, die nicht nur ein sehr exaktes Rechteck bilden, sondern
noch zusätzlich verkeilt sind. Rückwände und Schubladenböden liegen in
Nuten. Wie auch die Werke der Roentgenmanufaktur, zieren mit Messing
ummantelte Rundstabprofile auch das Möbel von Johannes Klinckerfuß.
Die Möbel der Roentgenmanufaktur sind oftmals mit komplizierten
Mechanismen ausgestattet; allerdings hatte die Manufaktur hierfür
einen eigenen Mechaniker, Christian Krause, zur Verfügung. Auch an
diesem Möbel gibt es einen – einfacheren – Verschlussmechanismus, mit
welchem das Schloss der Mittelschublade in der Zarge auch die beiden
seitlichen verschließen kann. Während bei Roentgen die Flächen mit
vergoldeten Beschlägen und wenn durch Bildwerke, dann mit vergoldeten
Bronze-Reliefplaketten verziert wurden, sind die höfischen Möbel Johan-
nes Klinckerfuß‘ oft zusätzlich mit Bildwerken, meist auf Porzellan, und nur
in diesem Fall auf Papier, dekoriert. Die Malereien stammen von der Hand
der Königin Charlotte Auguste Mathilde von Württemberg. Die Motive der
13 Zeichnungen auf diesem Möbel gleichen denen, die Königin Charlotte
üblicherweise auf Porzellan malte. Im Unterschied zu den Porzellanplaket-
ten tragen diese Zeichnungen keine Signatur.
Dass dieses Möbel aus königlich-württembergischen Besitz stammt, zeigt
ein Eintrag im Inventar des Stuttgarter Schlosses aus dem Jahr 1812, der
„1 Schreibtisch mit Aufsatz von Mahagoniholz mit 13 Handzeichnungen“
vermerkt. Der Schreibtisch ist in den Inventaren von 1812 bis 1864/66
nachweisbar, danach wurde es veräußert.. Ein weiterer Hinweis auf die
Herkunft des Möbels ist der runde Beschlag mit einer Maske im Sternen-
kranz, dessen Pendant auch ein Kanapee im Neuen Schloss von Stuttgart
ziert. Das Kanapee gehört zum Bestand des Kronguts.
Vergleichsobjekte
Von J. Klinckerfuß sind viele Arbeiten, darunter etliche Schreibmöbel,
erhalten. Vom Typus her gleicht dieser Schreibtisch einem zweiten Möbel,
das nachweislich ebenfalls für den württembergischen Hof gefertigt
wurde. Es dürfte in Etwa um die gleiche Zeit entstanden sein wie dieser
Schreibtisch Allerdings ist es nicht mit Bildwerken verziert. Im Württem-
bergischen Landesmuseum in Stuttgart befindet sich ein zweites Möbel,
welches diesem Typ entspricht, aber später gefertigt wurde. Ein weiteres,
gleichfalls etwas später entstandenes Stück hat bereits die runden Säu-
lenbeine im französischen Stil und bei diesem Möbel sind von der Hand der
Königin Charlotte bemalte Porzellanplaketten integriert. Mit diesem Stück
hat der Schreibtisch auch die Art der Inneneinrichtung des Aufsatzmittel-
teils gemeinsam, welcher ein Nuten einschiebbare Fachböden enthält.
Bei diesem Schreibtisch handelt es sich um ein hochbedeutendes Möbel
aus königlich-württembergischem Besitz aus der Hand des ehemaligen
Roentgenmitarbeiters und Hofkünstlers Klinckerfuß. Im Werk dieses
58. Möbel Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 248
Künstlers markiert dieses Möbel den künstlerischen Übergang von der
Fortführung des Roentgenschen Stils zur eigenständigen klassizisti-
schen Gestaltung. Durch seine Ausstattung mit Zeichnungen, die mit
großer Wahrscheinlichkeit aus der Hand der Königin stammen, kommt
ihm zudem auch große historische Bedeutung zu. Das Möbel ist nicht nur
in ästhetischer Hinsicht bemerkenswert, es erfüllt auch als praktischer
Gebrauchsgegenstand seinen Zweck und entspricht Klickerfuß‘ Arbeits-
ideal: „Er [Klinckerfuß] hatte sich bei all seinen Arbeiten zum Ziel gesetzt,
Schönheit der Form, Bequemlichkeit für den Gebrauch und möglichste
Dauerhaftigkeit zu vereinigen. [...] Nichts war auf bloßen Schein berech-
net, in ansprechend gefälliger Form wurde immer wahrhaft Brauchbares,
vollständig Solides geliefert.“
J. Klinckerfuß, 1770 in Bad Nauheim als Sohn des Schreinermeisters
Philip Klinckerfuß geboren, lernte das Handwerk zunächst bei seinem
Vater, später bei dem Meister Gürtler und wurde 1788 Geselle. Auf seiner
Wanderschaft gelangte er 1789 nach Neuwied in die berühmte Roent-
genmanufaktur, wo er zu einem geschätzten Mitarbeiter und Vertrauten
David Roentgens aufstieg. Er gehörte damit zu den herausragenden
Handwerkern der Manufaktur, denen David Roentgen nach der Auflösung
des Manufakturbetriebs half, eine angemessene Stellung zu finden. Wohl
auf Roentgens Intervention hin trat Klinckerfuß 1793 zunächst in Bayreuth
in die Dienste der Herzogin Dorothee Sophie von Württemberg (1736-
1798), der Gemahlin des Herzogs Friedrich Eugen (1732-1797). Dieser
verlegte 1795 seine Residenz nach Stuttgart, wo 1797 auch Nikolaus
Friedrich Thouret mit der Ausstattung der Schlösser beauftragt wurde.
Nach dem Tod des Regentenpaars wurde Klinckerfuß 1795 vom Nach-
folger Friedrich II. von Württemberg, dem späteren württembergischen
König (1754-1816) und seiner Gemahlin Charlotte Auguste Mathilde
(1766–1828). übernommen und erhielt schließlich den Titel des „Cabi-
nets-Ebenisten”.
Im Zuge der umfangreichen Ausstattungsarbeiten, besonders für das
Neue Schloss in Stuttgart, wurde Hofwerkstatt vergrößert um das große
Pensum an Möbelbestellungen, die auch für andere Schlösser erfolgten,
bewältigen zu können. Bis zu seiner Entlassung 1812 erwarb er sich hohes
Ansehen als Ausstatter der aufwändig geplanten württembergischen
Schlossbauten. Nach 1812 arbeitete Klinckerfuß als selbständiger Ebenist
und erhielt vor allem unter dem Nachfolger Friedrichs II., König Wilhelm I.
(1781-1864) neuerliche Aufträge vom Hof. Bis ca. 1830 lieferte Klincker-
fuß um die 400 Möbel an die Krone; er starb 1831. In seinem Werk schließt
sich nach einer frühen Phase der stark an den Werken der Roentgenma-
nufaktur ausgerichteten Gestaltung eine eigenständigere, vor allem an
der französischen Möbelkunst orientierte Formgebung an“.
Lit.: C. Cornet, Beobachtungen zu den Fertigungsbesonderheiten in
der Roentgenmanufaktur, in: W. Thillmann / B. Willscheid (Hg.), AK Möbel
Design Roentgen, Thonet und die Moderne. Neuwied 2011, S. 103-117.
Ibid., Roentgenmöbel in Münchener Museen. Folge 12: Schreibtisch mit
Aufsatz, um 1785-1790, Bayerisches Nationalmuseum, in: Weltkunst 7
(1992); S. 908-911. D. Fabian, Abraham und David Roentgen. Das noch
aufgefundene Gesamtwerk ihrer Möbel- und Uhrenkunst in Verbindung
mit der Uhrmacher-Familie Kinzing in Neuwied, mit Werkverzeichnis. Bad
Neustadt 1996. Ibid., Roentgenmöbel aus Neuwied. Bad Neustadt 1986.
J.M. Greber, Abraham und David Roentgen. Möbel für Europa, Starn-
berg 1980. H. Huth, Abraham und David Roentgen und ihre Neuwieder
Werkstatt, München 1974. Ibid., Abraham und David Roentgen und ihre
Neuwieder Möbelwerkstatt, Berlin 1928.
W. Wiese, Die Zeichenmappe des Ebenisten Johannes Klinckerfuß (1770-
1831) - Möbelzeichnungen des Empire und Biedermeier, Regensburg
2013. Ibid., Königliche Möbel in Schloß Ludwigsburg. Johannes Klinckerfuß
Ein württembergischer Ebenist (1770-1831) Begleitheft zur Ausstellung
Schloß Ludwigsburg 1989. Ibid., Johannes Klinckerfuß. Ein württembergi-
scher Ebenist (1770-1831), Sigmaringen 1988. Ibid., Johannes Klincker-
fuß und die Stuttgarter Möbelkunst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in:
Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons: Ausstellung des Landes
Baden-Württemberg, II, Cantz, 1987.
CHF 90 000 / 140 000
(€ 75 000 / 116 670)
60. Möbel Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 250
1310*
DECKENLEUCHTER UND 1 PAAR APPLIKEN IN „TOLE PEINTE“,
Directoire/Empire, Paris um 1800/10.
Blech fein bemalt; auf bordeaurotem/schwarzem Fond geometrische
Motive in zarten Goldtönen. Deckenleuchter mit markanter Zentralvase
sowie 4 Lichtarmen mit zylindrischen Tüllen für die Oellampen mit feinen
Lichtschirmen. Analog gestaltete Appliken mit Zentralvase und 2 Lichtar-
men. Deckenleuchter H 50 cm, D 40 cm. Appliken H 40 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Die Entwurfszeichnung des hier angebotenen Deckenleuchters aus dem
„Receuil de la Ménagère“ befindet sich in der Bibliothèque National in Paris.
Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert erfreuten sich Objekte in „tôle
peinte“ immer grösserer Beliebtheit. Die erste Manufaktur für solche
Objekte wurde bereits in den 1760er Jahren gegründet. Vor allem durch
die „Manufacture de tôles et métaux vernis“, gegründet von J.F. Deharme,
wurden neue Massstäbe in der Produktion gesetzt, die wiederum grossen
Einfluss auf andere Manufakturen ausübten. Zu den bedeutendsten Ma-
nufakturen zählten bis ins Empire die Gebrüder Girard, die Maison Duver-
ger oder die Maison Chopin, welche nicht nur den Kaiserpalast, sondern
die gesamte Nobilität der französischen Metropole belieferten.
Lit.: C. Arminjon, „Baisse un peu l‘abat jour...“, in: L‘Objet d‘Art 5 (1988);
S. 66-73.
CHF 3 500 / 5 500
(€ 2 920 / 4 580)
1311*
GROSSE TISCHLAMPE „EN TOLE PEINTE“, Directoire, Paris um 1800.
Blech polychrom gefasst; auf schwarzem Fond feine Blätter in zarten
Goldtönen. Kannelierter Säulenschaft mit Vasenaufsatz und 1 Lichtarm
mit zylindrischem Lichtträger und Schirm sowie Glasbehältnis. Elektrifi-
ziert. H 58,5 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
CHF 2 500 / 4 500
(€ 2 080 / 3 750)1311
1310
61. | 251
1312*
FOLGE VON 3 FAUTEUILS UND 3 STÜHLEN „EN GONDOLE“, Empire,
wohl von J.B.B. DEMAY (Jean Baptiste Bernard Demay, Meister 1784),
Paris um 1810/15.
Mahagoni fein beschnitzt mit Widderköpfen und Blumenblüten. Hufför-
miger Sitz auf gerader Zarge mit Säbelbeinen. Eingezogene Rückenlehne,
die Fauteuils mit ausladenden Armlehnen „aux têtes de bélier“ auf ge-
schweiften -stützem. Goldgelber Seidenbezug mit stilisiertem Rosetten-
muster. Fauteuils 60x45x46x88,5 cm. Stühle 46x40x46x85 cm.
Provenienz: Aus einer französischen Sammlung.
Ein analoger Fauteuil aus der Werkstatt des J.B.B. Demay ist abgebildet in:
D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S. 158.
Eine Folge von 4 vergleichbaren Fauteuils wurde in unserer Uni-Auktion
2003 (Katalognr. 1220) verkauft.
Als Gatte von Claudine Jeanne Séné, Tochter des bedeutenden Sitz-
möbelherstellers, wurde J.B.B. Demay bereits 1784 in die Meistergilde
aufgenommen. Er war im Atelier des Schwiegervaters tätig, übernahm
nach dessen Tod die Leitung und fertigte zahlreiche Sitzmöbel für den
„Garde Meuble du Roi“.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 129-
298 (biogr. Angaben). D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe
siècle, Paris 1989; S. 157f. (biogr. Angaben).
CHF 5 000 / 9 000
(€ 4 170 / 7 500)
1312 (Detail)
1312
62. Möbel Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 252
1313*
1 PAAR KAMINBÖCKE „AU SPHINGE“, Empire, Paris um 1810/15.
Bronze vergoldet und teils patiniert. Vor Deckelvase kauernde Sphinx auf
mäanderdurchbrochener Zarge mit stilisierten Tatzenfüssen.
B 28 cm. H 28 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
CHF 1 000 / 1 500
(€ 830 / 1 250)
1314*
1 PAAR BIBLIOTHEKS-HALBSCHRÄNKE, Empire, sign. JACOB (Signatur
von François Honoré Georges Jacob-Desmalter, 1770 Paris 1841, für die
Jahre 1813-1825), Paris um 1815.
Mahagoni profiliert. Rechteckiger Korpus mit profiliertem Kranz auf
gekehltem Sockel. Doppeltürige Front mit Gitterversprossung und
profilierter Schlagleiste unter Kopfschublade. Ausserordentlich feine,
matt- und glanzvergoldete Bronzebeschläge und -applikationen in Form
von Rosetten, Palmetten, Blättern und Zierfries. „Vert de Mer“-Platte.
142x47x101,5 cm.
Provenienz: Aus französischem Besitz.
Eine Anrichte, heute Teil der Sammlungen von Versailles, von analoger
Grundstruktur und ähnlichen Bronzebeschlägen ist abgebildet in:
D. Ledoux-Lebard, Le mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S. 327.
Als zweiter Sohn des berühmten Georges Jacob (Meister 1765) lernte
F.H.G. Jacob-Desmalter die Handwerkskunst im Atelier seines Vaters.
Dem Nachnamen fügte er „Desmalter“ zu, eine Anlehnung an sein
Herkunftsland „Les Malterres“. Als die „association“ mit seinem Bruder
George II durch dessen plötzlicher Tod ein abruptes Ende fand, begann
F.H.G. Jacob-Desmalter eine neue Zusammenarbeit mit seinem Vater
und erhielt den Titel „menuisier-ébéniste fabricant de meubles et bronzes
LL.MMII. et RR“. Während der gesamten napoleonischen Herrschaft
belieferten sie als „fournisseurs principals“ die kaiserlichen Paläste. Die
Jahre um 1800 waren geprägt von der schier grenzenlosen Imagination
und Produktion sowie von der engen Beziehung zum kaiserlichen Hof, die
ihm die wichtigsten Aufträge einbrachte. Das florierende Unternehmen
beschäftigte zeitweise bis 600 Arbeiter und fertigte in diesen Jahren Mö-
bel im Wert von über 10 Millionen Francs, was in der damaligen Zeit eine
ungeheure Summe war. Es war jedoch nicht nur die Menge, sondern vor
allem auch die bereits von den Zeitgenossen hochgelobte „diversité“ ihrer
Produktion, die den Ruhm der Familie Jacob begründete. D. Ledoux-Le-
bard schreibt: „...depuis les meubles en bois peint vert antique en passant
par les meubles incrustés d‘ébène, d‘étain, de nacre, les meubles d‘acajou
ornés de bronzes, les meubles en bois indigènes, jusqu‘aux meubles ornés
de plaques de porcelaine ou de faience de Wedgewood, aux meubles en
chêne, aux copies de meubles de Boulle, sans compter les fournitures
plus ordinaires en bois noirci, en poirier, chêne, hêtre ou noyer...“ in: Le
mobilier français du XIXe siècle, Paris 1989; S. 270. Die Zusammenarbeit
mit den wichtigsten Künstlern, „bronziers“ und Entwerfern, wie z.B. mit C.
Percier, P.L. Fontaine, T. Brogniart, F. Bélanger, J.L. David, C. Odiot oder P.P.
Thomire, führte zu den wohl bedeutendsten Werken jener Epoche und
manifestiert die grosse Bedeutung der Jacob-Dynastie. Die künstlerische
Brillanz der Möbel und Einrichtungsgegenstände litt unter der wirtschaft-
lichen Situation; viele Auftraggeber waren wegen der Kriegswirren jener
Jahre nicht in der Lage, die Rechnungen zu begleichen, zahlreiche Möbel
mussten „en stock“ gehalten werden. 1809 offenbarte F.H.G. Jacob-Des-
malter die Schwierigkeit, die Entlöhnung seiner Dienste am kaiserlichen
Hof zu erhalten, und beschrieb die prekäre Lage wie folgt: „Je ne pouvais
prévoir, que les affaires éprouveraient une stagnation aussi grande;
l‘étranger ne fait aucune demande et les travaux que j‘ai fait depuis sont
pour les services de S.M. l‘Empereur et Roi... Les délais sont si longs... Je
ne vois par le moment où je pourrai toucher tout ce que j‘ai fait pour les
palais des Tuileries, Fontainebleau, Compiègne, Rambouillet et autres.“
1813 erhielt F.H.G. Jacob-Desmalter einen allgemeinen Schuldenerlass
mit der nicht unkorrekten Bemerkung, dass er „uniquement victime des
événements politiques“ gewesen sei.
Lit.: P. Kjellberg, Le mobilier français du XVIIIe siècle, Paris 1989; S. 434/455
(biogr. Angaben).
CHF 28 000 / 48 000
(€ 23 330 / 40 000)
1313
64. Möbel Antiquitäten | Möbel, Uhren, Tapisserien, Bronzen, Sakrale Skulpturen, Porzellan, Silber
| 254
1315
AMEUBLEMENT, Empire, sign. JACOB D.R. MESLEE (die Zusammen-
arbeit zwischen François Honoré Jacob-Desmalter und Georges Jacob
zwischen 1803 und 1813), Paris um 1810.
Bestehend aus 6 Fauteuils „en gondole“, 2 Stühlen „en gondole“, 1 grossen
sowie 1 Paar kleinen Canapés, sog. „têtes à tête“. Holz fein beschnitzt mit
Blattwerk und Zierfries sowie beige gefasst und teils vergoldet. Hufförmi-
ger Sitz auf gerader Zarge mit Säbelbeinen. Eingezogene, bogenförmig
abschliessende Rückenlehne, die Fauteuils mit gepolsterten Armlehnen
auf bronzenem von Kugel bekrönte Säulenstützen. Rosa Seidenbezug.
Etwas zu überholen. Die Banquetten ganz überpolstert mit grünem bzw.
blauem Veloursbezug auf bestossener Plinthe „en faux marbre“. Die Stüh-
le und Fauteuils teils mit alter Etikette „Monsieur Maréchal Soult, Salon
Boudoir“. Fauteuils 60x42x40x86 cm. Stühle 40x40x48x86 cm. Canapé
230x59x44x98 cm bzw. 98x58x44x98 cm.
Provenienz:
- Ehemals Sammlung Jean de Soult, Maréchal d‘Empire, Duc de Dalmatie.
- Marquise de Mornay de Montchevreuil, née Soult de Dalmatie (1804-
1862).
- Marquis de Mornay de Montchevreuil (1831-1893).
- Marquise de la Cour de Balleroy, née Mornay de Montchevreuil (1872-
1936).
- Princesse Joseph de Broglie-Revel, née de la Cour de Balleroy (1901-
1976).
- S.A.R. la princesse Michel de Bourbon de Parme, née Princesse de Bro-
glie-Revel (1928-2014).
- durch Erbgang Westschweizer Privatbesitz.
Das hier angebotene, wiederentdeckte Ameublement blieb seit seiner
Lieferung durch Erbfolge in Familienbesitz und wird nun erstmals an einer
Auktion angeboten.
Die Lieferung des hier angebotenen Ameublements ist quellenmässig
belegt und einsehbar in den Archives Nationales de France in Paris (Nr. 402
AP 27);
„Mémoire pour Son Excellence Monseigneur Le Maréchal Soult, Duc de
Dalmatie pour les fournitures suivantes faites pour l‘hôtel de S.E.
Par Jacob-Desmalter Cie, fabr., rue meslée, nr. 57
1811 Janvier 12
Salon Boudoir
Un divan de 7pds de derrière, le dossier carré pour être recouvert par
l‘étoffe; les acotoires en bronze dont le bout de devant terminé par une
boule qui est ajusté sur une console terminée en double balustre, le tout
en bronze doré au mat et bruni, ces consoles ajustées sur un socle rég-
nant au pourtour qui est aprété, reparé, rechampi en blanc et doré; siège
et manchettes pour être garnies - 360/350
Deux Têtes à tête de 3 pds de derrière ajustés et ornés comme le divan -
560/500
Six fauteuils en gondole, dossier cintré en plan et en élévation, le cintre
avec fond plat dans lequel sont sculptés en relief des culots sortant les
uns des autres, ce cintre ajusté sur une console dont le haut est orné d‘un
petit chapiteau à feuille sculptée de relief en forme d‘abondance et le bas
s‘ajustant sur la pièce de côté; sur cette console sont ajustés les accotoirs
en bronze pareils à ceux du divan; les pieds de devant de forme étrusque;
dossier, siège et manchettes pour être garnie. Le tout apprêté, doré et
rechampi en blanc - 1320/1200
Deux chaises ajustées et ornées comme les fauteuils, le cintre et les con-
soles ornés de même, rechampies et dorées - 280/420“
Vier Sätze, die aus der Zeit des „Meuble de Salon“ des Marschalls Soult
stammen und die von ähnlichen Sesseln bestehen, sind registriert.
Drei von denen waren an den Garde Meuble Impérial geliefert und sind
komplett. Der erste Satz, aus vier Armlehnstühlen und zwei Stühlen
in vergoldetem Holz bestehend, wurde von Jacob-Desmalter in 1808
für das Badezimmer und Waschraum in den kleinen Appartements der
Kaiserin im Château de Fontainebleau geliefert (J.P. Samoyault, Guide du
musée national du château de Fontainebleau, 1991, S. 147) (Wegweiser
des Nationalmuseums des Château de Fontainebleau). Der zweite Satz,
aus acht Sesseln bestehend, wurde von dem selben Ebenisten in 1809
für den kreisrunden Waschraum der Kaiserin im Château de Compièg-
ne angefertigt (J.M. Moulin, Guide du musée national du château de
Compiègne, 1992, Nr. 23, Seiten 79 bis 82) (Wegweiser des Nationalmu-
seums des Château de Compiègne). Der dritte Satz, aus zwei Bergères
Sesseln und vier Armlehnstühlen bestehend, in Amaranth mit vergoldeten
flächigen Kupferbänden auf den inneren Rückenlehnen bekleidet, wurde
im Herbst 1809 für den Salon des Maison du Baillage in dem Hameau des
Petit Trianon (Dörfchen des Petit Trianon) in Versailles übergebracht (D.
Ledoux-Lebard, Versailles, Le Petit Trianon, 1989, Seiten 139 bis 140, und
P. Arizzoli-Clémentel J.P. Samoyault, Le mobilier de Versailles, Chefs
d’œuvre du XIXe siècle, 2009, Nr. 79, S. 241) (Das Mobiliar von Versailles,