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Auktion: 23. September 2022
Auktion: 23. September 2022
GEMÄLDE ALTER MEISTER
GEMÄLDE ALTER MEISTER
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Gemälde Alter Meister & des 19. Jhs.
Schweizer Kunst, Zeichnungen & Alte Grafik
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Möbel, Uhren, Varia, Porzellan, Silber
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Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022
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Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022
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Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022
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IBID GEMÄLDE ALTER MEISTER & DES 19. JHS.
Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022
MÖBEL, PENDULEN, SKULPTUREN,
SILBER, PORZELLAN (TEIL 1)
Donnerstag,22.September2022,10.00Uhr
Lot 1001 – 1135
MÖBEL, PENDULEN, SKULPTUREN,
SILBER, PORZELLAN (TEIL 2)
Donnerstag,22.September2022,13.30Uhr
Lot 1136 – 1333
TEPPICHE
Donnerstag,22.September2022,17.00Uhr
Lot 1501 – 1584
Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz
Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66 
office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch
Auktion: 22. September 2022
DECORATIVE ARTS
MÖBEL, UHREN, SILBER
PORZELLAN, TEPPICHE
DECORATIVE
ARTS
A202
SEPTEMBER
2022
BÜCHER & AUTOGRAPHEN
Mittwoch, 21. September 2022, 14.00 Uhr
Lot 101 – 232 & 501 – 577
SEPTEMBER
2022
Auktion: 21. September 2022
BÜCHER & AUTOGRAPHEN
BÜCHER
&
AUTOGRAPHEN
A202
ALTE GRAFIK
Freitag, 23. September 2022, 10.00 Uhr
Lot 3601 – 3639
ZEICHNUNGEN
Freitag, 23. September 2022, 11.00 Uhr
Lot 3401 – 3490
GEMÄLDE ALTER MEISTER
Freitag, 23. September 2022, 14.00 Uhr
Lot 3001 – 3079
GEMÄLDE DES 19. JH.
Freitag, 23. September 2022, 16.00 Uhr
Lot 3201 – 3241
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SEPTEMBER
2022
GEMÄLDE
ALTER
MEISTER
UND
DES
19.
JH.,
ZEICHNUNGEN
UND
ALTE
GRAFIK
Auktion: 23. September 2022
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GEMÄLDE ALTER MEISTER & DES 19. JH.
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ZEICHNUNGEN UND ALTE GRAFIK
ZEICHNUNGEN UND ALTE GRAFIK
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VORBESICHTIGUNG
Fr. 16. bis Di. 20. September 2022, 10–18 Uhr
Koller Auktionen ist Partner von Art Loss Register. Sämtliche Gegenstände in diesem Katalog, sofern sie eindeutig identifizierbar sind und
einen Schätzwert von mind. € 1000 haben, wurden vor der Versteigerung mit dem Datenbestand des Registers individuell abgeglichen.
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Verbindlich sind die Angaben in Schweizer Franken.
Gemälde Alter Meister		  S. 1
Gemälde des 19. Jahrhunderts		  S. 107
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts		  S. 157
Alte Graphik		  S. 189
Künstlerregister		  S. 206
Adressen 		  S. 208
Auktionsbedingungen 		  S. 210
Auction Conditions		  S. 212
Conditions de vente aux enchères		  S. 214
Auktions-Auftrag		  S. 216
AUKTIONEN
Hardturmstrasse 102
8031 Zürich, Schweiz
Gemälde Alter Meister
Lot 3001 – 3079
AUKTION
Freitag, 23. September 2022, 14.00 Uhr
VORBESICHTIGUNG
Freitag 16. bis Dienstag 20. September 2022, 10–18 Uhr
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Stéphanie Schwill-Egli
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Weitere Bearbeitung: David Jost, Luca Gurtner
Gemälde Alter Meister
| 2
3001
TADDEO DI BARTOLO
(1362 Siena 1422)
Heilige Agatha.
Tempera auf Holz.
Unten mittig bezeichnet: SCA: AGATA.
42,3 × 20,7 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Colnaghi, London, vor 1961.
- Sestieri, Rom, vor 1968.
- F. Taccani, Mailand, 1970–71.
- Deutsche Privatsammlung.
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatsammlung.
Siehe Katalognotiz zu folgendem Los.
Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche
Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
3002
TADDEO DI BARTOLO
(1362 Siena 1422)
Heilige Barbara.
Tempera auf Holz.
Unten mittig bezeichnet: SCA: BARBARA.
44,5 × 20,6 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Colnaghi, London, vor 1961.
- Sestieri, Rom, vor 1968.
- F. Taccani, Mailand, 1970–71.
- Deutsche Privatsammlung.
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatsammlung.
Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Gau-
denz Freuler, Juli 2022.
Vorliegendes Tafelbild mit der Halbfigur der Heiligen Barbara ist in
ein, der Gotik nachempfundenes Rahmenwerk des 19. Jahrhun-
derts eingefasst. Ihr Haupt leicht nach links geneigt sucht sie mit
ihrem Blick die Aufmerksamkeit des Betrachters, dem sie mit dem
Zeigegestus auf ihr Attribut, den Turm, ihre Identität als Heilige
Barbara kundtut. Mit ihrem Namen ist sie denn auch unten in
originaler Schrift in Gold bezeichnet. Federico Zeri, in dessen Fo-
tosammlung das Bild als Werk des sienesischen Malers Taddeo di
Bartolo (Fototeca-Nr. 7843) figuriert, brachte es in einen Zusam-
menhang mit drei weiteren Tafeln: einer Heiligen Agatha (Foto-
teca.-Nr. 7842, Los 3001) mit gleicher Provenienz wie das in Frage
stehende Bild, einer Heiligen Giulitta an unbekanntem Standort
und mit identischem Rahmenwerk (Fototeca-Nr. 7840) und
schliesslich der Tafel mit der Heiligen Margherita in der Sammlung
des Allen Memorial Museum in Oberlin College in Ohio (Inv.-Nr.
1943.246, Tempera auf Holz, 41,3 × 21 cm, Fototeca-Nr. 7841).
Wie bereits von Federico Zeri vorgeschlagen, sind die in Frage
stehenden Tafeln Taddeo di Bartolo, dem erfolgreichsten der
sienesischen Maler des späten Trecento und frühen Quattrocento
zuzuweisen. Zweifellos waren die Tafeln Teil des obersten Register
eines grossen Altarwerks und bildeten die Giebelspitzen über
dessen seitlichen Tafeln.
Taddeo di Bartolo gehört zweifellos zu den schillerndsten und
eigenständigsten Malern, die die sienesische Kunst hervorge-
bracht hatte. Seine Karriere ist gekennzeichnet durch verschiede-
ne Wendungen. Der ca. 1362 geborene Taddeo di Bartolo muss
in einer führenden sienesischen Malerwerkstatt, womöglich die
des Jacopo di Mino Pelliciaio (um 1315/1319–1396), ausgebildet
worden sein und orientierte sich auch am damals bedeutendsten
sienesischen Maler des späteren 14. Jahrhunderts, Bartolo di
Fredi (um 1330–1410) sowie an dessen Zeitgenossen Paolo di Gi-
ovanni Fei (um 1345–um 1411). Schwierig dürfte sich seine künst-
lerischen Anfänge in den 1380er-Jahren gestaltet haben, da die in
Siena und in der näheren Umgebung anfallenden künstlerischen
Aufträge zumeist an seinen älteren Mentor Bartolo di Fredi er-
gingen, der in diesen Jahren in der Heimat und den umliegenden
Zentren ein dichtes, ihm wohl gesinntes Stifternetz geschaffen
hatte. Diese Situation führte vermutlich dazu, dass Taddeo di Bar-
tolo gegen 1389 mit seiner Werkstatt in das Gebiet von Pisa und
danach nach Ligurien auswich, wo er ähnlich wie Bartolo di Fredi in
Siena, ein bedeutendes Stifternetz aufbaute und sich über zahl-
reiche überragende Freskenzyklen und Altarwerke einen ausser-
ordentlich guten Ruf schuf. Diese Erfahrungen fernab der Heimat
führten zu Taddeos höchst persönlichen Malstil ausserhalb der
sienesischen Orthodoxie. Dieser ist einerseits angereichert mit
emilianischen Komponenten des in Ligurien arbeitenden Barnaba
da Modena (um 1328/1330–nach 1386) und Niccolò da Voltri
(vor 1370–nach 1417) und andereseits mit den kosmopolitischen
Strömungen der Malerei in Pisa. Zurück in Siena um 1399/1400
avancierte Taddeo di Bartolo zum absoluten Protagonisten in der
sienesischen Kunstszene, wo ihm die bedeutendsten Aufträge
(Fresken im Palazzo Pubblico in Siena und im Dom von Siena)
zufielen, gleich wie er in Montepulciano und Umbrien gigantische
Altarwerke schuf.
Ein solches krönten auch die hier in Frage stehenden zwei Giebel.
Bis heute konnten sie keinem der bekannten Altarwerke zugeord-
net werden, wobei aufgrund stilkritischer Überlegungen in erster
Linie die späten Altarwerke in Frage kämen. In der Tat schliessen
sich die beiden Tafeln stilistisch an Taddeo di Bartolos Spätwerk
an. Das sanfte gerundete, leicht verträumt blickende Gesicht der
Agatha, die weitestgehend ein Modell einer ähnlichen Agathe an
unbekanntem Standort verkörpert, repräsentiert eine ähnliche
Stilstufe wie eine Katharina von Alexandrien im Musée des Beaux
Arts in Caen, welche Teil eines um 1418 datierbaren Altarwerks
war (siehe Ausst.-Kat. Taddeo di Bartolo, hrsg. von Gail E. Solberg,
Cinisello Balsamo 2020, S. 256, Kat.-Nr. 41).
Dieser Datierungsvorschlag bekräftigt sich durch einen weiteren
Vergleich, nämlich den der dritten Tafel unserer Giebelserie mit
der Heiligen Giulitta, deren nach links geneigtes, vergleichsweise
härter modelliertes Gesicht sich mit dem Antlitz des Stephanus
im grossen, 1418 gemalten Altarwerks von Gubbio vergleichen
lässt (Fogg Art Museum, Inv.-Nr. 1965.2, Tempera und Goldgrund
auf Holz, 175,5 × 88,7 cm).
Die beiden Tafeln sowie die Giulitta in unbekanntem Besitz sind
bedeutende Zeugnisse eines grossen Altawerks, das Taddeo di
Bartolo am Ende seiner Karriere geschaffen hatte und zeigen,
dass Taddeos Schaffenskraft und der künstlerische Output seiner
Malerwerkstatt, der nunmehr auch sein Adoptivsohn Gregorio di
Cecco (um 1390–um 1424) angehörte, auch am Ende seiner Tage
ungebrochen war.
Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche
Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
| 3
3001 3002
Gemälde Alter Meister
| 6
3003
FLORENZ, UM 1450
Seitenbild einer Cassonetruhe mit Szene aus Ovids
Metamorphosen: Pyramus und Thisbe.
Tempera auf Holz.48 × 48,8 cm.
Provenienz:
- Ehemals Privatsammlung der Familie Mario und Giuseppe Bellini,
um 1900–1930.
- Auktion Koller, Zürich, 18.9.2015, Los 3005.
- Schweizer Privatbesitz.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 12 240 / 18 370)
3004
FLORENZ, UM 1450
Seitenbild einer Cassonetruhe mit Szene aus Ovids
Metamorphosen: Apollo und Daphne.
Tempera auf Holz.47,7 × 48,8 cm.
Provenienz:
- Ehemals Privatsammlung der Familie Mario und Giuseppe Bellini,
um 1900–1930.
- Auktion Koller, Zürich, 18.9.2015, Los 3006.
- Schweizer Privatbesitz.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 12 240 / 18 370)
Diese Seitenbilder einer florentinischen Hochzeitstruhe (Los 3003 und 3004) erzählen beide Episoden zweier tragischer Liebesge-
schichten aus der griechischen Mythologie, wie sie von Ovid in seinen Metamorphosen magistral zusammengefasst wurden.
Das eine Bild erzählt die grauenvolle Tragik der beiden Geliebten Pyramus und Thisbe, die beide durch einen tragischen Irrtum Selbst-
mord begehen und so ihre Liebe unter Beweis stellen: Pyramus und Thisbe vereinbarten ein nächtliches Treffen unter einem Maulbeer-
baum, um Babylon für immer hinter sich zu lassen. Thisbe, die früher als Pyramus bei dem Maulbeerbaum eintrifft, flüchtet vor einer
Löwin, die an einer Quelle trinkt und vom Fressen gerissenen Viehs noch ein blutiges Maul hat. Dabei verliert Thisbe ihren Schleier, der
von der Löwin zerrissen und mit Blut beschmiert wird. Als Pyramus erscheint, findet er den zerrissenen, blutgetränkten Schleier, nimmt
an, dass Thisbe von der Löwin getötet worden sei und stürzt sich daher unter dem Maulbeerbaum in sein Schwert. Als Thisbe zurück-
kehrt, findet sie den sterbenden Geliebten, ist überwältigt von ihren Tränen und ihrer Liebe und stürzt sich ebenfalls in dessen noch
warmes Schwert. Das Blut der Liebenden benetzt die Wurzeln des Maulbeerbaums.
Das andere Bild schildert knapp das ebenfalls in Tragik endende Liebesabenteuer des Sonnengottes Apollo mit der ihn verschmä-
henden Nymphe Daphne: Von Amors Pfeil getroffen, gerät Apollo in einen Liebestaumel zur wunderschönen Nymphe Daphne. Seine
allerdings nicht erwiderte Liebe zu Daphne treibt ihn zum Wahnsinn, und er stellt ihr unerbittlich nach. Um sich Apollos Liebe zu entzie-
hen, lässt sich Daphne in einen Lorbeerbaum verwandeln, aber auch dieses Unterfangen kann Apollo nicht von seiner Liebe abhalten,
weshalb er seinen verwandelten Lorbeerbaum weiter liebkost und den daraus geflochtenen Lorbeerkranz zu seinem Heiligtum erhebt.
Zweifellos waren die beiden Seitenbilder einer Hochzeitstruhe Elemente eines grösseren, der Passion der Liebe gewidmeten Zyklus
und könnten – gleich wie ein Cassone mit ähnlicher Thematik im Victoria and Albert Museum in London (Inv.-Nr. 4639-1858) – auf der
Cassonefront Petrarcas Trionfi verbildlicht haben. Die dort angesprochenen Trionfi sind Allegorien auf Liebe, Keuschheit und Tod,
Aspekte, die auch auf den Seitenbildern hier thematisiert sind.
Vermutlich handelt es sich hier um einen der auf die Cassonemalerei spezialisierten florentinischen Maler, welche die Bilderfindungen
der führenden Meister vereinfacht umsetzten. Die auf die Herstellung und Bemalung diverser Objekte zum häuslichen Gebrauch spe-
zialisierte Berufsschicht der sogenannten ‚Cofanai‘ und ‚Forzerinai‘ arbeiteten in unmittelbarer Nähe zu den grossen Künstlern, die auch
selbst gelegentlich die Produktion dieser handwerklich geprägten Arbeiten übernahmen. Die Werkstätten der ‚Cofanai‘ waren deshalb
oftmals in unmittelbarer Nähe jener ihrer Korrespondenten.
Dass unser florentinischer Maler die berühmteren Vorgaben kannte, zeigen verschiedene Bilder gleicher Thematik, in denen in der
gleichen Epoche gegen 1450 die thematischen Vorgaben auf sehr ähnliche Weise umgesetzt wurden. Dies gilt im Fall der Pyramus
und Thisbe Tafel für das Exemplar im Victoria and Albert Museum, das bezüglich der Komposition relevant ist, ebenso wie die einst im
Dayton Art Institute in North Dayton, Ohio (vgl. B. B. Fredericksen / Federico Zeri: Census of Pre-Nineteenth-Century Italian Paintings in
North American Public Collections, Cambridge (Mass.) 1972, S. 222) heute in Privatbesitz befindliche Tafel. Die Darstellung von Apollo
und Daphne findet ihre (seitenverkehrte) Entsprechung in der Tafel aus der Umgebung des Meisters des Parisurteils im Barber Institute
of Arts in Birmingham (Inv.-Nr. 50.7b).
Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieser Gemälde.
| 7
3003
3004
Gemälde Alter Meister
| 8
3005
MEISTER VON SAN MINIATO
(LORENZO DI GIOVANNI DI NOFRI)
(vor 1465 Florenz 1512)
Maria mit Kind und den Heiligen Franziskus von Assisi und Julianus
Hospitator.
Tempera auf Holz.69,5 × 41,5 cm.
Provenienz:
- Sammlung Han Coray (1880–1974), Erlenbach (als Francesco
Pesellino).
- Auktion Wertheim, Berlin, Sammlung Han Coray, 1.10.1930, Los
4 (als Francesco Botticini).
- Auktion Fischer, Luzern, 2.-5.9.1942, Los 1140.
- Schweizer Privatbesitz.
Literatur:
- Raimond van Marle: The Development of Italian Schools of Pain-
ting, Bd. XVI, Den Haag 1937, S. 198 (als Master of San Miniato).
- Bernard Berenson: Italian Pictures of the Renaissance. Florenti-
ne School, Bd. I, London 1963, S. 147, Tafel 1050 (als Master of
San Miniato).
- Serenella Castri, in: Gigetta Dalli Regoli (hrsg.): Il Maestro di San
Miniato. Lo stato degli studi, i problemi, le risposte della filologia,
Pisa 1988, S. 220, Kat.-Nr. 16, Abb. 139.
Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Gau-
denz Freuler, Juli 2022.
Vorliegendes Tafelbild zeigt die Mutter und Kind im Beisein vom
Heiligen Franziskus von Assisi und dem Heiligen Julian. Über ihr
schwebt als Zeichen der barmherzigen Gnade Gottes die Heilige
Dreifaltigkeit in Form eines schwebenden Gnadenstuhls. Das flo-
rentinische Tafelbild verkörpert den in der Florentiner Renaissance
beliebten Typus des “colmo da camera”. Derartige Tafelbilder,
meist in standardisierten Grössen von ca. 60–70 cm Höhe herge-
stellt, wurden meist in die Schlafzimmer der begüterten Bürger-
häuser gehängt, wo sie der privaten Andacht dienten. Inhaltlich
verbildlichten sie meistens allusiv mit symbolischen Einschüben
die göttliche Gnade und die Barmherzigkeit Mariens dank ihrer
göttlichen Mutterschaft und spendeten so dem Andächtigen vor
dem Bild Trost.
Der Stil des vorliegenden auch schon Francesco Botticini zuge-
schriebenen Gemäldes lässt kaum Zweifel offen, dass es sich
um ein Werk des sogenannten Meisters von San Miniato handelt,
dem es auch seit Raimond Van Marle (siehe Literatur) zugewiesen
wird. Seinen Notnamen erhielt der lange unidentifiziert geblie-
bene Florentiner Maler aufgrund seines Altarbildes der Jung-
frau mit Kind zwischen den Heiligen Sebastian, Johannes dem
Täufer, Martin und Rochus in der Kirche Santi Jacopo e Lucia in
San Miniato, einem Städtchen zwischen Florenz und Pisa. Dieser
Künstler wurde kürzlich als Giovanni di Lorenzo di Nofri identifiziert
(siehe Anna Maria Bernacchioni: Tradizione e arcaismi. Le forme
della tradizione: pittori fra continuità e innovazioni, in: Maestri e
botteghe. Pittura a Firenze alla fine del Quattrocento, Ausst.-Kat.
Mina Gregori / Antonio Paolucci / Cristina Acidini Luchinat (hrsg.),
Palazzo Strozzi, Florenz, 16.10.1992–10.1.1993, S. 178–179 so-
wie Anna Maria Bernacchioni: Pale d’altare della seconda metà del
Quattrocento: Committenza e recupero delle identità artistiche,
in: Antonia D’Aniello (hrsg): Pittura e scultura nella chiesa di San
Domenico a San Miniato. Studi e restauri, Pisa 1998, S. 37–41).
Dieser war ein Schüler von Neri di Bicci (1418–1492), in dessen
Werkstatt er 1465 bis 1466 nachgewiesen ist (siehe Bruno Santi
(hrsg.): Neri di Bicci, Le Ricordanze (10 March 1453–24 April 1475),
Pisa 1976, S. 244–245, 264, 268–269, 272). 1472 machte er sich
unabhängig und führte eine eigene Malerwerkstatt „al canto dei
Servi“, an der Ecke der Piazza gegenüber der Basilika Santissi-
ma Annunziata in Florenz (siehe Bernacchioni 1992, S. 179). Im
Vergleich zur Malkunst seines Lehrers, Neri di Bicci, ist Giovanni di
Lorenzos Malstil Ausdruck ausgefeilter, und nimmt Bezüge auf die
Kunst der führenden Florentiner Zeitgenossen auf. Er legt seinen
Fokus auf eine klarere Chiaroscuro Modellierung seiner Figuren
und generell auf die klarere Artikulierung von Volumen und Kontu-
ren. Zugleich orientiert er sich an Filippo Lippis Figurenrepertoire,
das seinen Madonnen- und Heiligengesichtern eine zuweilen
androgyne Zartheit verleiht.
Die künstlerischen Wurzeln in Filippo Lippis Kunst sind auch in
vorliegendem Tafelbild auszumachen, doch machen sich hier
auch Elemente einer neueren Kunstrichtung bemerkbar, die aus
der Tradition Andrea Verrocchios geschöpfte Tendenzen erken-
nen lassen, die in den 1470er-Jahren auch vom frühen Sandro
Botticelli (1445–1510) und den mit ihm wirkenden Filippino Lippi
(1457–1504) geteilt wurden. Angesprochen sind Andrea Ver-
rocchios (1435–1488) künstlerische Tendenzen, die dieser mit
seinem als Bildhauer besonders ausgeprägten Sinn für die Drei-
dimensionalität auch auf die Malerei übertrug und eine Malweise
präsentierte, die sich auf eine stärkere Definition von Volumen mit
deutlicher akzentuiertem Hell-Dunkel ausrichtete, welche gegen
1470 in der florentinischen Malerei das Mass aller Dinge werden
sollte. Diese Angleichung an die Kunst Andrea Verrocchios auf
dem Substrat der von Filippo Lippi (1406–1469) angeregten
Kunst ist auch im vorliegenden Werk des Meisters von San Miniato
alias Lorenzo di Giovanni erkennbar. Es verbindet sich mit Andrea
Verrocchios und Sandro Botticellis zu Beginn der 1470er-Jahre
gemalten Werken, beispielsweise mit Botticellis Madonnenbild
im Musée du Petit Palais in Avignon (Inv.-Nr. MI 480) oder Verroc-
chios Volterra Madonna in der Londoner National Gallery (Inv.-Nr.
NG296). Mit Letzterem teilt unser Maler auch das alte, bereits im
14. Jh. bekannte Motiv des an den Fingern lutschenden Kin-
des. Wenngleich chronologische Anhaltspunkte für das Œuvre
unseres Malers weitestgehend fehlen, so lässt sich für unser Bild
aufgrund seiner Stilbezüge zu Verrocchios und Botticellis Werken
um 1470 eine Datierung gegen 1475 postulieren.
Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche
Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
| 9
Gemälde Alter Meister
| 10
3006
MAESTRO DI SANT‘IVO
(tätig in Florenz im letzten Viertel des 14. und in der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts)
Thronende Madonna mit dem Kind flankiert von den Heiligen
Johannes dem Täufer und Julian sowie den Heiligen Katharina (?)
und Dorothea. Um 1390–1400.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
76,8 × 44,8 cm.
Provenienz:
- Auktion Finarte, Mailand, 12.–13.3.1966, Los 147 (als Mariotto di
Nardo).
- Sammlung Filippo Giordano della Lanze, 1966.
- Privatbesitz, Schweiz.
Literatur:
- Miklòs Boskovits: Pittura Fiorentina alla vigilia del Rinascimento,
1370–1400, Florenz 1975, S. 378.
- Costanza Baldini: Il Maestro di Sant‘Ivo: profilo di un pittore
fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, in: Arte Cristiana, XCIII,
2005, S. 265.
Die kritische Aufarbeitung des Meisters von Sant‘Ivo, von dem das
hier angebotene Altarbild ein charakteristisches Werk ist, wurde
1967 von Federico Zeri initiiert. Die Werkgruppe wurde später von
Miklòs Boskovits (siehe Boskovits 1975, S. 376–379) erweitert, der
den anonymen Künstler nach dem Sujet eines grossen Gemäldes
in der Galleria dell‘Accademia in Florenz benannte, das den Heili-
gen Ivo buon giudice darstellt (Inv. 1890 Nr. 4664).
Das Œuvre dieses Malers, der sich durch eine grosse stilistische
Kohärenz auszeichnet, umfasst vor allem Werke, die für die private
Andacht bestimmt sind und in denen die Heiligenfiguren in voller
Höhe und mit strengem Gesichtsausdruck dargestellt werden
(siehe Costanza Baldini: Il Maestro di Sant‘Ivo. Ritratto di un pittore
a cavallo tra XIV e XV secolo, Rom 2004, und ebd. Il Maestro di
Sant‘Ivo, 2005). Das aus Agnolo Gaddi geschöpfte Typenrepertoi-
re unseres Meisters deutet darauf hin, dass unser Maler vermut-
lich in der Werkstatt von Agnolo Gaddi (um 1350–1396) ausgebil-
det wurde. Seine Hand wollte man in untergeordneten Bereichen
in Agnolo Gaddis, in den ausgehenden 1380er-Jahren gemalten
Freskozyklus der Kreuzlegende in der Chorkapelle in Santa
Croce in Florenz gleich wie in den zu Beginn des letzten Trecento
Jahrzehnts ausgeführten Fresken der Cappella della Cintola in
Prato ausmachen. Zu Beginn des nachfolgenden Jahrhunderts
sind im Werk unseres Malers Einflüsse von Lorenzo Monaco (um
1370–um 1425) und Mariotto di Nardo (um 1388–1424) aus-
zumachen, die seine spätere Kunst entscheidend prägten. Die
Wege unseres Malers und Lorenzo Monacos könnten sich bereits
in den ausgehenden 1380er-Jahren innerhalb Agnolo Gaddis
Werkstatt gekreuzt haben, zumal seine Tafel mit der Mystischen
Vermählung der Katharina von Alexandrien in der Staatlichen
Gemäldesammlung in Berlin stilistisch mit Lorenzo Monacos
frühesten Gemälden in Agnolos Werkstatt, den Gemälden für den
San Gaggio Altar und der Nobili Kapelle in Santa Maria degli Angeli
in Florenz verbinden (Ausst.-Kat. Lorenzo Monaco dalla tradizi-
one giottesca al Rinascimento, Galleria dell’ Accademia Florenz
2006, S. 106–117). Unser Tafelbild zur privaten Andacht lässt
klare Anflüge an Agnolo Gaddi erkennen, dessen Typenrepertoire
er mit einer für ihn etwas harten Zeichnung umsetzt und seinen
Figuren den für sein Werk charakteristischen, eher strengen und
herben Ausdruck verleiht. Es bildet eine stilistische und mitunter
auch kompositorische Einheit mit anderen Werken seiner Hand,
so mit einer fast identisch konzipierten Tafel (ehemals in Mailän-
der Kunsthandel vor 1986), einer mystischen Vermählung der
Heiligen Katharina von Alexandrien (ehemals Turiner Kunsthandel
1987) und einer Madonna dell’ Umiltà (Auktion Dorotheum, Wien,
21.10.2014, Los 1).
Diese werden zu Recht (siehe Boskovits 1975) in die Frühzeit
unseres Malers gesetzt und dürften im letzten Jahrzehnt des
14. Jahrhundert entstanden sein. Wie die später entstande-
ne Madonna mit dem Kind und den Heiligen Antonius Abbas,
Franziskus und zwei weiblichen Heiligen in der Galleria dell‘Acca-
demia in Florenz (siehe Federica Baldini: Maestro di Sant‘Ivo, in:
Cataloghi della Galleria dell‘Accademia di Firenze. Dipinti, Bd. III, Il
Tardogotico, hrsg. von C. Hollberg / A. Tartuferi / D. Parenti, unter
Mitarbeit von Alice Chiostrini, Giunti 2020, S. 142–143, Kat.-Nr. 30)
erkennen lässt, nimmt der Meister von Sant‘Ivo in der Folge seine
etwas kantige Malweise zurück und schuf besser proportionierte
Formen, die zu harmonischeren und ausgewogeneren Erschei-
nungsbildern führten.
Dieses Gemälde ist in der Fototeca Zeri unter der Nummer 3335
als ein eigenhändiges Werk vom Maestro di Sant‘Ivo archiviert.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 40 820 / 61 220)
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Gemälde Alter Meister
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3007
BATTISTA DI BIAGIO SANGUIGNI früher genannt
MEISTER VON 1419
(tätig um 1393 Florenz 1451)
Drei Tafeln eines Altars: Madonna mit Kind von der Stifterfamilie
angebetet (Zentraltafel), die Heiligen Johannes der Täufer und
Antonius Abbas (linker Flügel)/ die Heiligen Jakobus d. Ä. und
Maurus (rechter Flügel).
Tempera und Goldgrund auf Holz.
91,3 × 53,4 cm (Zentratafel) / 98,5 × 48,2 cm (linker Flügel) /
98,5 × 46,8 cm (rechter Flügel).
Provenienz:
- Wohl für einen Benediktiner Orden von Jacopo di Niccolò Cor-
bizzi in Auftrag gegeben.
Zentraltafel:
- Wohl seit den 1940er-Jahren in deutscher Privatsammlung.
- 1992 durch Erbschaft in Privatsammlung Deutschland.
- Auktion Koller, Zürich,26.3.2021, Los 3007.
- Schweizer Privatsammlung.
Seitenflügel:
- Kunsthandel Julius Böhler, München, 1971.
- Schweizer Privatbesitz, bei Obigem erworben.
Ausstellung (Seitenflügel):
Lugano-Castagnola 1991, Künder der wunderbaren Dinge. Frühe
italienische Malerei aus Sammlungen in der Schweiz und Liech-
tenstein. Villa Favorita, Stiftung Thyssen-Bornemisza, Luga-
no-Castagnola, 7.4.–30.6.1991.
Literatur:
- Miklos Boskovits: Ancora sul Maestro del 1419, in: Arte Cristiana
90, 2002, Bd. 812, S. 334. Abb. 5–7.
Zentratafel:
- Laurence B. Kanter: Zanobi Strozzi miniatore and Battista di
Biagio Sanguigni, in: Arte Cristiana 90, 2002, Bd. 812, S. 329.
- Laurence B. Kanter: Battista di Biagio Sanguigni and Zanobi
Strozzi, in: Ausst.-Kat. Fra Angelico, New York Metropolitan Mu-
seum of Art, New York 2005, S.227 ff.
Seitenflügel:
- Ausst.-Kat. Künder der wunderbaren Dinge. Frühe italienische
Malerei aus Sammlungen in der Schweiz und Liechtenstein. Villa
Favorita, Stiftung Thyssen-Bornemisza, Lugano-Castagnola,
Eidolon 1991, Kat.-Nr. 90, S. 230, Abb. 231.
Diese drei Tafelen konnten kürzlich wieder vereint werden und
bilden ein beindruckendes Triptychon, welches wohl für einen
Benediktiner Orden von Jacopo di Niccolò Corbizzi in Aufrag
gegeben wurde. Die Zentraltafel zeigt in einer eleganten spät-
gotischen Formensprache die Mutter und ihr göttliches Kind auf
einer marmornen Thronbank sitzend. Ihnen zu Füssen erscheint
eine Gruppe devoter Personen, vermutlich die Stifterfamilie, und
rechts die mit ihnen verbundenen Frauen einer Benediktinerge-
meinschaft. Umschlossen wird diese heilige Begegnung, der sich
auch zwei Engel beigesellt haben, von einem prachtvollen roten
Goldbrokat. Während die heilige Mutter mit dem ausladenden
Gestus ihrer Rechten die frommen Frauen unter ihren Schutz
nimmt, ist der in eine goldbestickte lilafarbene Tunika gekleidete
Jesusknabe mit einem Segensgestus direkt dem Bildbetrachter
zugewandt.
Die 91,3 cm hohe Tafel sowie auch der Grossteil des ursprüngli-
chen Rahmenwerks ist in ihrer unteren Hälfte um ca. 20 cm, mit
Ausnahme des originalen Spitzbogens mit Vielpass, beschnitten
worden. Der gleiche Befund gilt auch für das Rahmenwerk der
nicht beschnittenen Seitentafeln. Mit ebenfalls benediktinischer
Ikonographie hat Miklòs Boskovits (siehe Literatur) aufgrund
stilkritischer Erwägungen eine Zugehörigkeit zu unserer Madon-
na geltend gemacht. Die Richtigkeit der Rekonstruktionsfrage
unseres Altarwerks kann heute anhand des Befunds an den Ori-
ginalen und weiteren Erhebungen des Bildprogramms bestätigt
werden. Die zentralen Tafeln sind in der Regel um Einiges höher
als die seitlichen Elemente. Da die zentrale Tafel unten um ein
Stück beschnitten ist und sie diese um die beschnittene Höhe
überragt, dürfte an der Zugehörigkeit aller drei Elemente zu einem
Triptychon kein Zweifel bestehen, zumal sie auch stilistisch eine
Einheit bilden. Übereinstimmung kann auch an der orientalischen
Musterung des Throntuchs bestehend aus Granatrosen, stilisier-
ten Fabelwesen und Schildkröten erkannt werden, das nach dem
gleichen Schablonenmuster in den Goldgrund gestichelt wurde
wie die auf den Seitentafeln aufgemalte Musterung des roten
Bodens.
Eine weitere, letztlich schlüssige Bekräftigung für die Richtigkeit
der Rekonstruktion unseres Triptychons ergibt sich schliesslich
aus dem benediktinischen Kontext des Bildprogramms, wo auf
dem Hauptblatt links Benediktinerinnen und auf den Seitentafeln
die Heiligen Maurus und Antonius Abbas im Habit des schwarzen
Ordens der Benediktiner erscheinen. Die Zentraltafafel wurde
erstmals von Laurence B. Kanter und Miklòs Boskovits (siehe
Literatur) veröffentlicht und dem Meister von 1419, der nunmehr
als Battista di Biagio Sanguigni identifiziert ist. Die beiden Sei-
tentafeln wurden von Prof. Gaudenz Freuler 1991 erstmals dem
damals noch unter dem Notnamen bekannten Meister von 1419
zuerkannt.
Bis zur überzeugenden Identifikation dieses anfänglich noch
anonym geglaubten Malers mit Battista di Biagio Sanguigni durch
Laurence B. Kanter (siehe Laurence B. Kanter, 2002 und 2005),
wurde das Œuvre dieses Künstlers als Werkgruppe des soge-
nannten Meisters von 1419 geführt (siehe Georg Pudelko: The
stylistic development of Lorenzo Monaco, in: The Burlington
Magazine, LXXIII, Mai 1938, S. 237 sowie Gaudenz Freuler: Künder
der wunderbaren Dinge. Frühe italienische Malerei in der Schweiz
und Liechtenstein (Lugano Stiftung Thyssen-Bornemisza Villa
Favorita 1991), Einsiedeln 1991, S. 230 und M. Boskovits, 2002).
Wenngleich die hier in Rede stehende Madonna der spätgotischen
Formensprache verpflichtet ist und noch auf die althergebrachten
dekorativen und linearen Effekte setzt, ist in unserem Triptychon
eine räumliche Ausgewogenheit und Weite festzustellen, die in
die Renaissance verweist. Das Gleiche gilt auch für die, auf eine
Lichtmalerei ausgerichtete Modellierung der Fleischtöne seiner
leicht wehmütig angehauchten Gesichter wie sie Fra Angelico
(um 1400–1455) in Florenz etwa zur gleichen Zeit erprobt hatte.
Die schlanken Figuren mit ihren etwas kleinen, weich modellierten
Gesichtern deuten im Weiteren auf die Zeit von Sanguignis Zu-
sammenwirken mit seinem jüngeren Malerkollegen Zanobi Strozzi
(1412–1468) hin und damit auf das Entstehungsjahr um 1430.
Dieses Werk entstand somit zu einer Zeit als Sanguigni und sein
jüngerer Malerfreund Zanobi Strozzi in Palaiuola in unmittelbarer
Nähe von Fra Angelicos Kloster in San Domenico zusammenleb-
ten – Sanguigni als Ziehvater und Tutor des verwaisten Strozzi und
dieser wiederum als Schüler in Sanguignis Werkstatt.
Der Zusammenhang mit dem Benediktiner Orden lässt sich laut
Laurence Kanter (siehe Laurence B. Kanter 2005) ebenfalls in der
Auftraggeberschaft erahnen. Die Rede ist von einem Florentiner
Humanisten und Wollkaufmann Jacopo di Niccolò Corbizzi, des-
sen Wege sich verschiedentlich mit Battista di Biagio aber auch
mit der Familie Zanobi Strozzi und vermutlich auch mit Fra Ange-
lico gekreuzt haben. Corbizzi musste bei Auftragsvergabe wohl
bereits in fortgeschrittenem Alter gewesen sein, was durch die
zu Füssen der Maria besonders hervorgehobene Männerfigur mit
gekrausten weissen Haaren und Bart, offenbar der Stifter selbst,
in Einklang steht. Marias ausladender Gestus zu den links erschei-
nenden zwei Benediktinerinnen im schwarzen Habit und den von
ihnen angeführten Frauen mit weissem Schleier scheint, als ob
sie die Frauen unter ihren besonderen Schutz nähme, während ihr
Blick dem wohltätigen Stifter gilt. Damit könnte ein Frauenkloster
im Vordergrund der Stiftung stehen und es wäre nicht undenk-
bar, dass Jacopo di Niccolò Corbizzi, der hier mit seiner Familie
verbildlicht ist, den Altar für ein florentinisches Benediktinerinnen
Konvent gestiftet hatte. Anlass dazu könnte der Eintritt einer
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seiner Töchter in den Benediktinerinnen Orden gewesen sein.
Damit dürfte hier im Bild ihr bevorstehendes Ordensgelübde
dargestellt sein, was zugleich für ihren im Bild prominent darge-
stellten Vater der Anlass gewesen sein könnte, ein Altarwerk für
ihr Kloster zu stiften.
Damit erweist sich das rekonstruierte benediktinische Altarwerk
als fesselndes Zeugnis des florentinischen Zeitgeschehens der
Frührenaissance und zugleich ist ein neues Werk aus dem Um-
feld Fra Angelicos erschlossen. Sein Autor, Battista di Biagio San-
guigni, der wohl seit spätestens 1417 Fra Angelico nahegestan-
den hat, bildete kurz vor 1430 mit ihm eine künstlerische Allianz,
die auch seinen Schützling Zanobi Strozzi einschoss, und legte so
den Grundstein für verschiedenste gemeinsame künstlerische
Projekte, die innerhalb eines Malerkollektivs ausgeführt wurden.
Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche
Unterstützung bei der Katalogisierung dieser Werke.
CHF 80 000 / 120 000
(€ 81 630 / 122 450)
Gemälde Alter Meister
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3008*
GIOVANNI MARIA BUTTERI
(1540 Florenz 1606)
Allegorie der Geduld.
Öl auf Holz.
145,3 × 71 cm.
Provenienz:
- Möglicherweise Sammlung Francesco I. de Medici (1541–1587),
Florenz.
- Möglicherweise Sammlung Cardinal Silvio Valenti Gonzaga
(1690–1756), Rom.
- Sammlung Dr. Armando Buresti, Florenz (verso mit Etikett).
- Kunsthandel Matthiesen Fine Art Ltd., London, 1980.
- Europäische Privatsammlung.
Die beinahe lebensgroße Figur stellt eine junge Frau mit nack-
ten Brüsten dar, deren Körper durch einen Musselin Schleier
durchscheint. Ihr Haar wird von Bändern, schwarzen Perlenfäden
und einer Art Diadem gehalten, die mit großer Freiheit an einen
antiken Kopfschmuck erinnern. Derselbe antike Geschmack
prägt den Schmuck, der ihre Schultern einrahmt, ihre Brüste
zusammendrückt und ein Medaillon stützt, in dem auf schwarzem
Hintergrund eine mit einem Bogen bewaffnete Figur (Diana?)
erscheint. Die junge Frau, die in einer elegant geschwungenen
Pose erfasst ist (inspiriert von Giambolognas (1529–1608)
Grotticella-Venus), richtet ihren Blick auf einen Trieb, der aus dem
vertrockneten Stamm eines Olivenbaums sprießt und den sie
mit einer Hand streift. Es handelt sich um eines der Symbole der
Medici-Familie, was die florentinische Herkunft des Gemäldes
bestätigt. Mit der anderen Hand hält sie eine Sternenscheibe, die
von der mythischen Figur des Ourobouros, der Schlange, die sich
in den Schwanz beißt, umrandet ist und den Gott der Zeit, Kronos,
darstellt, der gerade eines seiner Kinder verschlingt. Der zyklische
Charakter der Zeit wird durch die Sonne in Erinnerung gerufen, die
rechts im Hintergrund in einem bewölkten Himmel erscheint und
von Apollon in seinem Wagen durchstreift wird. Der linke Fuß der
Frau ist mit einer Kette, über die ein feiner Wasserstrahlt tropft, an
einen Felsen gebunden.
Diese Ansammlung von Symbolen, deren literarische Quellen
klassisch sind, entspricht zum größten Teil denjenigen, die Gior-
gio Vasari (1511–1574) seinem Freund Bernadetto Minerbetti
(1507–1574), Bischof von Arezzo, empfahl, als er von ihm ein Ge-
mälde haben wollte, das die Allegorie der Geduld darstellten sollte.
In einem Brief vom 14. November 1551 hatte Vasari beschrieben,
dass diese als eine weder ganz bekleidete noch ganz nackte Frau
dargestellt werden sollte („né tutta vestita né tutta spogliata,
acciò tenga fra la Ricchezza e la Povertà il mezzo“), geduldig und
mit dem linken Fuß angekettet („incatenata per il piè manco per
offender meno la parte più nobile“), während ein Wasserstrahl den
Felsen, an dem die Kette befestigt ist nicht zu erodieren vermag
(„fiché el tempo non consuma con le gocciole dell‘acqua la pietra,
dove ella è incatenata“, siehe K. Frey: Il carteggio di Giorgio Vasari
/ Der literarische Nachlass Giorgio Vasari, München 1923–1930,
Bd. I, 1923, S. 312–314). Das von Vasari angefertigte Gemälde,
das kürzlich von Carlo Falciani identifiziert wurde (Vasari, Miche-
langelo e l‘ ‚Allegoria della Pazienza‘, in: Paragone, LXX, 2019,
148/827, S. 3–35), entspricht nur zum Teil diesem ikonographi-
schen Projekt, das jedoch einen beachtlichen Erfolg hatte (Giorgio
Vasari e l‘Allegoria della Pazienza, Ausst.-Kat. A. Bisceglia (hrsg.),
Livorno 2013), insbesondere in der Toskana und in Ferrara.
Diese bis heute unveröffentlichte Version stellt eine wichtige
Ergänzung zu den Kenntnissen über dieses Thema dar. Wie Mina
Gregori als Erste erkannte (Gutachten vom 19. März 1980, in
Kopie vorhanden), wurde es von Giovanni Maria Butteri gemalt,
einem Schüler von Agnolo Bronzino (1503–1572) und Mitarbeiter
von Alessandro Allori (1535–1607), der zwischen 1570 und 1571
an der Dekoration des Studiolo von Francesco I. de Medici im
Palazzo Vecchio in Florenz beteiligt war. Der Bezug auf die Familie
Medici macht es wahrscheinlich, dass unser Gemälde für einen
der Räume in den Privatgemächern des Florentiner Herrschers
entworfen wurde. Der Reichtum der verwendeten Symbole, die
tadellose technische Ausführung und die dramatische Interpreta-
tion der in ein fast nächtliches Licht getauchten Landschaft ma-
chen deutlich, dass das Werk kurz nach der Ausschmückung des
Florentiner Studiolo in den 1570er-Jahren entstanden sein muss.
Wir danken Prof. Mauro Natale für seine wissenschaftliche Unter-
stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
| 17
Gemälde Alter Meister
| 18
3009
CATARINO DI MARCO DA VENEZIA, Umkreis, wohl
MARCO DI MARTINO DE ROXATIS
(tätig in Venedig, 14. Jahrhundert) (tätig in Venedig um 1375)
Die Heilige Christina von Bolsena. Um 1375.
Tempera auf Holz.
Oben links bezeichnet: S[ancta] XP[isti]NA.
98 × 39,5 cm.
Gutachten:
Prof. Andrea De Marchi, 6.7.2020.
Provenienz:
- Auktion Fischer, Luzern, 21.–22.6.1968, Los 69 (als Paolo Vene-
ziano).
- Auktion Fischer, Luzern, 12.–16.11.1974, Los 1755 (als Lorenzo
Veneziano).
- Schweizer Privatbesitz.
Diese eindrucksvolle Tafel wurde sehr wahrscheinlich als autono-
mes Bild zu Ehren der dargestellten Heiligen Christina geschaf-
fen. Die in einem äusserst reich ornamentierten Kleid und rotem
Mantel dargestellte Heilige kann dank der Inschrift XP(isti)NA als
Heilige Christina identifiziert werden. Diese wurde in Venedig
besonders hochverehrt. Die Heilige Christina erscheint in dieser
Tafel als imposante Figur, deren leichte Körperdrehung und Blick
auf den Bildbetrachter gerichtet sind. Mit ihrer Linken hebt sie
ihren roten Mantel leicht an, als wolle sie dem vor ihr knienden
betenden Stifter Schutz gewähren.
Die vorliegende Tafel wurde aufgrund ihres archaisierenden Er-
scheinungsbildes in der Vergangenheit mit dem Gründervater der
venezianischen Malerei, Paolo Veneziano (um 1333–1358), sowie
mit Lorenzo Veneziano (1336–1379) in Zusammenhang gebracht
(siehe Provenienz Fischer Luzern 1968 und 1974). Wie Prof. Gau-
denz Freuler hervorhebt, deuten die naturalistischen Tendenzen
des Stifterprofils sowie die technischen Details der Golddekorati-
on jedoch auf eine spätere Entstehungszeit, in der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts, hin. Auch wenn die eindrucksvolle, höchst
raffiniert gemalte Tafel in Observanz von Paolo Venezianos Kunst
angesiedelt werden kann, ist sie wahrscheinlich in den Jahren um
1370–80 entstanden.
Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche
Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses.
CHF 60 000 / 80 000
(€ 61 220 / 81 630)
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Gemälde Alter Meister
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3010
LUZERNER MEISTER, UM 1513
Altartafel der Mantzet-Familie mit Kreuzigung. 1513.
Öl auf Holz.
Unten mittig datiert und bezeichnet: 1513. ICH WAR DER STUND.
86 × 67 cm.
Provenienz:
- Sammlung „Maler Egli“, Luzern, wohl Karl Martin Eglin (1787–
1850), bis ca. 1825.
- Sammlung Schultheiss Niklaus Friedrich von Mülinen (1760–
1833).
- Auktion Svensk-Franska, Stockholm, 6.12.1922, Los 102 (als
Kölnische Schule).
- An obiger Auktion erworben vom Kunsthistoriker Dr. Hans
Schneider-Christ (1888–1953), Basel, für seine Schwiegereltern,
Privatsammlung Hans Christ-Merian und Mathilde Christ-Meri-
an, bis 1954 (verso mit Etikett).
- Durch Erbschaft, Schweizer Privatbesitz.
Ausstellungen:
- Malmö 1926, Utställing av en Samlin äldre Malningar, Museum
malmö, 1926, Nr. 24.
- Basel 1928, Ausstellung von Kunstwerken des 15. bis 18. Jhs.
aus Basler Privatbesitz, Kunstverein Basel, 15.4–28.5.1928, Nr.
18, Tafel VIII.
- Basel 1957, Basler Privatbesitz, Kunstverein Basel, 4.7.–
29.9.1957, Nr. 27.
Literatur:
- Ulrich Hegner: Hans Holbein d. J., 1828, S. 121ff.
- Walter Hugelshofer: Einige Luzerner Maler im 1. Viertel des 16.
Jahrhunderts, in: Festschrift für Robert Durrer, Bd. 83, 1928, S.
321–325, Tafel XXIII.
- R. Durrer und P. Hilber: Diepold Schilling Luzerner Bildchronik
1513, Genf 1932, S. 229–231, Tafel 405 (als Meister Hans von
Arx).
- Alfred A. Schmid: Luzerner Malerei, in: Journal des Arts, XI, 1946
(mit Abb.).
- Uta Bergmann: Jörg Keller. Ein Luzerner Bildschnitzer der
Spätgotik, Luzerner Historische Veröffentlichungen, Bd. 28,
Luzern/Stuttgart 1994, Text S. 308–312, Abb. 276 (als Christoph
Bockstorffer (?), 1513).
Die hier angebotene Altartafel konnte aufgrund der dargestellten
Stifter und ihrer Wappen, die als jene des Philipp von Mantzet und
seiner Frau Elisabeth Feer von Kasteln erkannt wurden, eindeutig
als luzernisch identifiziert werden. Dargestellt ist unterhalb des
Kreuzes eine Anna Selbdritt sowie links die Heiligen Georg und
Jakobus d. Ä. und rechts die Heiligen Achatius und Christophorus.
Die Altartafel wurde in der Vergangenheit aufgrund eines angeb-
lichen, heute nicht mehr auszumachenden Monogramms vHA
dem Maler Hans von Arx, genannt Schlegel zugeschrieben. Dieser
ist jedoch erst 1522 in Luzern nachweisbar. Stilistisch verwandt
sind unter anderen Werken zwei Tafeln im Nidwaldner Museum in
Stans, sowohl in den Figuren als auch in der Hintergrundlandschaft
(siehe Bergmann 1994, Abb. 274–275). Uta Bergmann (siehe
Literatur) bringt diese Tafeln, wie auch unsere, in Zusammenhang
mit einem 1512 datierten Wandgemälde aus dem Sautierhaus in
Luzern, heute im Schweizerischen Landesmuseum, und schreibt
diese Werke gesamthaft dem in Luzern und Konstanz tätigen
Maler Christoph Bockstorffer zu (siehe zu dem Künstler Bernd
Konrad: Christoph Bockstorffer, Maler der Frührenaissance in
Luzern und Konstanz, Jahrbuch der Historischen Gesellschaft
Luzern, 10/1992).
Der in Basel geborene, bekannte Kunsthistoriker Hans Schneider,
der 1915 als Direktor des Mauritshuis und 1930 des RKD (Rijks-
bureau voor Kunsthistorische Documentatie) in Den Haag tätig
war, erwarb diese Altartafel 1922 für seine Schwiegereltern, wo sie
seither über mehrere Generationen bis zu den heutigen Besitzern
weitergegeben wurde. Schneider, der 1941 zurück in die Schweiz
kehrte, war für die Publikationsreihe „Die Kunstdenkmäler der
Schweiz“ verantwortlich.
CHF 25 000 / 35 000
(€ 25 510 / 35 710)
| 21
Gemälde Alter Meister
| 22
3011*
PSEUDO JAN WELLENS DE COCK, Umkreis
(tätig 1520–1540 in Leiden/Antwerpen)
Jakobus der Ältere trifft Christus in einer Landschaft. Um 1530.
Öl auf Holz.
55,5 × 45,2 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Paul Mikhaïloff, Paris, 1938.
- Sammlung Piet de Boer, Amsterdam, um 1940.
- Kunsthandel J. Verwiel, Heusden, 1943.
- Auktion Mensing  Zoon, Amsterdam, 23.–30.3.1943, Los 12.
- Privatsammlung Spanien.
- Europäische Sammlung.
Literatur:
- G. J. Hoogewerff: De Noord-Nederlandsche Schilderkunst door
G.J. Hoogewerff, Den Haag 1947, Bd. V, S. 137, Nr. 2 (als Lucas
Cornelisz. Engebrechts genannt de Kok).
- Walter S. Gibson: The paintings of Cornelis Engebrechtsz, New
York 1977, S. 188, 194–195, 263, Nr. 79 (als Meester van de
Bewening te Wenen).
- M. L. Wurfbain / J. P. Sizoo / Doris Wintgens: Stedelijk Museum
De Lakenhal : catalogus van de schilderijen en tekeningen, Lei-
den 1983, S. 97, Nr. 788 (als Cornelis Cornelisz. Kunst).
- Rudolf Marc de Vrij: Jan Wellens de Cock : Antwerp Mannerist
Associate, Amsterdam 2009, S. 103–104 und 185, Kat.-Nr. 35
(als Umkreis Jan Wellens de Cock / Meister von Osnabrück).
- Christiaan Vogelaar et al.: Lucas van Leyden en de Renaissance
2011, Antwerpen 2011, S. 234, Nr. 29.5 (als anonym, Leiden um
1530).
Die hier angebotene Tafel stammt vermutlich aus einer nicht
mehr erhaltenen Serie, die das Leben des Heiligen Jakobus d. Ä.
und das Schicksal eines Pilgers auf seiner Reise nach Santiago de
Compostella darstellt (siehe Christiaan Vogelaar et al.: Lucas van
Leyden en de Renaissance, Antwerpen 2011, S. 233–235).
Dieses Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein Werk aus dem Um-
kreis des Pseudo Jan Wellens de Cock archiviert.
CHF 6 000 / 10 000
(€ 6 120 / 10 200)
| 23
3012*
BRÜGGE, UM 1560–70
Triptychon.
Öl auf Holz.
109 × 75,8 cm (Zentraltafel).
Je 105,3 × 30 cm (Lichtmass, Seitentafeln).
Provenienz:
Europäische Sammlung.
Dieses Triptychon dürfte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun-
derts in Brügge entstanden sein. Vermutlich waren zwei Künstler
daran beteiligt, da die Seitenflügel sich stilistisch von der Mittel-
tafel unterscheiden. Als möglicher Autor der Seitentafeln wäre
Pieter Claeissens d. J. (1535–1623) zu nennen (siehe Maximiliaan
P. J. Martens (Hg.): Bruges et la Renaissance: de Memling à Pour-
bus, Gent 1998).
Wir danken Prof. Frédéric Elsig für seine wissenschaftliche Unter-
stützung bei der Katalogisierung dieses Gemälde.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
Gemälde Alter Meister
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3013*
FLÄMISCH, 16. JH.
Betende Jungfrau Maria.
Öl auf Holz.
Oben links bezeichnet: AVE (ligiert). Oben rechts bezeichnet: MA (ligiert).
34,7 × 25,7 cm.
Provenienz:
- Sammlung Gabriel Rambaud (verso bezeichnet).
- Europäische Sammlung.
CHF 8 000 / 10 000
(€ 8 160 / 10 200)
| 25
3014*
MARINUS VAN REYMERSWAELE,
Nachfolger des 16. Jh.
(Reymerswaele um 1493–um 1546 Goes)
Die Geldzähler.
Öl auf Holz.37,5 × 53 cm.
Provenienz:
Europäische Privatsammlung.
Das hier angebotene Gemälde greift eine Komposition von
Marinus van Reymerswaele auf, welche sich im Museo del
Prado in Madrid befindet (Inv.-Nr. P2102). Diese Kompositi-
on spielte eine zentrale Rolle bei der Wiederentdeckung des
Werks dieses Malers (siehe Christine Seidel (Hg.): Marinus
Painter from Reymerswale, Ausst.-Kat. Museo Nacional del
Prado, Madrid 2021, S. 104–105).
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
Gemälde Alter Meister
| 26
3015
FEDERICO ZUCCARO, Umkreis
(Sant‘ Angelo in Vado 1542–1609 Ancona)
Die Auferweckung des Lazarus.
Öl auf Holz.
117,7 × 80 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
| 27
3016*
JEAN CLOUET, Nachfolger
(Hainaut um 1480–1541 Paris)
Bildnis einer jungen Dame.
Öl auf Holz.
37 × 28 cm.
Provenienz:
- Sammlung Jacques Gabriel Bulliot (1817–1902), Autun, um
1891, Nr. 19 (verso mit Etikett).
- Europäische Sammlung.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
Gemälde Alter Meister
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3017*
HANS ROTTENHAMMER und JAN BRUEGHEL d. Ä.
(München 1564–1625 Augsburg) (Brüssel 1568–1625 Antwerpen)
Die Auferweckung des Lazarus. Um 1596.
Öl auf Kupfer.
29,8 × 38,3 cm.
Gutachten:
Dr. Klaus Ertz, 3.8.2022.
Provenienz:
- Sammlung Anton Ludwig Alexander Klingenberg (1840–1924).
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Europäische Privatsamm-
lung.
Diese jüngst in einer Privatsammlung entdeckte Kupfertafel mit
der Auferweckung des Lazarus ist ein meisterliches Beispiel für
die Zusammenarbeit zwischen Hans Rottenhammer und Jan
Brueghel d. Ä. Sie besticht durch die brillante Malweise und den
äusserst gut erhaltenen Allgemeinzustand. Das leuchtende
Kolorit sowie die Figurenkomposition lassen vermuten, dass das
Gemälde während Rottenhammers Aufenthalt in Venedig, und
demnach zwischen 1595 und 1606 entstand. Dr. Klaus Ertz, der
das Gemälde im Original besichtigt hat und die Autorschaft be-
stätigt, vermutet eine Entstehung um 1596. In dieser Schaffens-
zeit lag Rottenhammers Schwerpunkt auf kleinformatigen, auf
Kupfer gemalten Andachts- und Kabinettbildern, die im Zuge der
Gegenreformation, vor allem in den katholisch geprägten Gebie-
ten, erneut aufblühten und Rottenhammer zu beachtlichem Er-
folg verhalfen. Die beiden Künstler Rottenhammer und Brueghel
hatten sich in Rom kennengelernt und auch nach Jan Brueghels
Rückkehr nach Antwerpen 1596 setzte sich ihre Zusammenarbeit
fort. Ertz vermutet, dass die von Rottenhammer begonnenen
Figurendarstellungen nach Antwerpen geschickt wurden, damit
sie Jan Brueghel d. Ä. mit der Vegetation vervollständigen konnte
(siehe Klaus Ertz: Jan Brueghel der Ältere (1568–1625), Kritischer
Katalog der Gemälde, Köln 1979, S. 504).
Rottenhammer thematisiert in diesem Werk die Auferweckung
des Lazarus (Johannes, XI, 1–44). Er schildert jenen Moment, da
der bereits verstorbene Lazarus, auf Befehl von Jesus hin und
von mehreren Männern gestützt, aus seinem Grab emporsteigt.
Lazarus‘ Schwestern, Martha und Maria, wenden ihren Blick
sichtlich erleichtert zu Christus, der seine Rechte zum Segens-
gestus erhoben hält. Das der Szene in grosser Zahl beiwohnende
Volk bestaunt das Ereignis, das Rottenhammer kompositorisch
dramatisch zu steigern weiss.
Entgegen der meisten Darstellungen, die Lazarus aus einem
Bodengrab steigend zeigen, wählt Rottenhammer hier einen auf
einem Hügel stehenden Sarkophag, sodass sich ein diagona-
ler Bezug zwischen den Bildprotagonisten ergibt, der durch die
Komposition der zueinander weisenden Hände von Jesus, Maria
Magdalena und Lazarus verstärkt wird.
Mit dem Thema der Lazaruserweckung beschäftigte sich Rotten-
hammer bis nach 1600. So schuf er neben dem hier angebotenen
Gemälde, dessen Gesamtkomposition an die Lazaruserweckung
Giuseppe Cesaris (1568–1640) von 1593 erinnert, heute im
Palazzo Barberini in Rom (Herwarth Röttgen: Il Cavalier Guisep-
pe Cesari d‘Arpino: Un grande pittore nello splendore della fama
e nell‘incostanza della fortuna, Rom 2002, S. 257, Nr. 34), eine
weitere Version, die sich im Wiener Kunsthistorischen Museum
befindet (Inv.-Nr. GG 1141, siehe: Ausst.-Kat. Hans Rottenham-
mer, begehrt – vergessen – neu entdeckt, München 2008, Kat.-Nr.
20, S. 114–11) sowie mehrere Stiche des gleichen Themas, unter
anderem in der Albertina in Wien sowie in der Devonshire Collecti-
on in Chatsworth (ebd., S. 115, Abb. 163 und Abb. 165).
CHF 40 000 / 60 000
(€ 40 820 / 61 220)
| 29
Gemälde Alter Meister
| 30
3018
CHRISTOPH SCHWARZ
(um 1545 München 1592)
Christus auf dem Weg zum Kalvarienberg.
Öl auf Kupfer.
24,3 × 36,9 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
CHF 8 000 / 10 000
(€ 8 160 / 10 200)
3019*
CORNELIS VAN CLEVE und Werkstatt
(1520 Antwerpen 1567)
Maria und Kind.
Öl auf Holz.
29,5 × 23,5 cm.
Gutachten:
Prof. Jan De Maere, 12.6.2022.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
Prof. Jan De Maere datiert das hier angebotene Gemälde um
1540–50 und hebt den Einfluss des Vaters Joos van Cleve
(1485–1540) in der weichen Ausführung hervor.
CHF 35 000 / 50 000
(€ 35 710 / 51 020)
| 31
Gemälde Alter Meister
| 32
3020*
ADRIAEN PIETERSZ. VAN DE VENNE
(1589 Delft 1662)
Winterlandschaft mit eleganten Figuren.
Öl auf Holz.
Unten links signiert: AVenne.
21 cm D (rund).
Provenienz:
- Privatsammlung Niederlande, vor 1961.
- Kunsthandel P. de Boer, Amsterdam, 1961.
- Alfred Brod Gallery, London, 1961.
- Privatsammlung Mr. und Mrs. Henry H. Weldon, New York.
- Auktion Sotheby‘s, New York, The Weldon Collection Sale,
22.4.2015, Los 8.
- Privatsammlung.
Ausstellungen:
- London 1961, Annual Autumn Exhibition of Paintings of Old
Dutch and Flemish Masters, Alfred Brod Gallery, 5.10–4.11.1961,
Nr. 60.
- Providence 1964, Northern Baroque Paintings and Drawings
from the Collection of Mr. and Mrs. Henry H. Weldon, Museum of
Art, Rhode Island School of Design, 15.4.–7.6.1964, Nr. 24.
- New York 1966, The Collection of Mr. and Mrs. Henry H. Weldon,
Finch College Museum of Art, 11.5.–30.6.1966, Nr. 40.
- Birmingham 1995, The Golden Age of Dutch Painting, Birming-
ham, AL, 22.4.–18.6.1995, Nr. 22.
- New Orleans 1997, In the Eye of the Beholder: Northern Ba-
roque Paintings form the Collection of Henry H. Weldon, New
Orleans Museum of Art, Nr. 56.
- Baltimore 1999, An Eye for Detail. 17th Century Dutch and
Flemish Paintings from the Collection of Henry H. Weldon, The
Walters Art Gallery, 20.6.–5.9.1999, Nr. 56.
Literatur:
- Apollo, London, September 1961, Abb. auf Titelseite.
- The Connoisseur, October 1961, S. xxxiv, mit Abb.
- Ausst.-Kat. Providence 1964, Kat.-Nr. 24.
- Ausst.-Kat. New Orleans 1997, S. 142–144, Kat.-Nr. 56, Abb. S.
143.
- Ausst.-Kat. Baltimore 1999, S. 130–132, Kat.-Nr. 56, Abb. S. 131.
- Edwin Buijsen: De schilderijenproductie van Adriaen Pietersz.
van de Venne (1589–1662). Traditie - Innovatie - Commercie,
Dissertation, Nijmegen 2018, Bd. I, S. 74, Fussnote 8.
Diese reizvolle und lebendige Komposition mit ihrer weiten Land-
schaft und lebhaften Figuren, die an den verschiedenen Vergnü-
gungen der Wintersaison teilnehmen, ist eines der frühesten Wer-
ke des Delfter Künstlers Adriaen Pietersz. van de Venne. Es führt
glanzvoll seinen Anspruch vor Augen, „Gemälde für jedermanns
Vergnügen“ zu malen (siehe Laurens Bol: Adriaen Pietersz. Van
de Venne: Painter and Draughtsman, Doornspijk 1989, S. 20–21,
Fussnoten 15 und 25).
Das signierte Ölgemälde geht wahrscheinlich seinen ersten da-
tierten Gemälden voraus, die er 1614 und 1615 fertigstellte, und
ist ein schönes und fesselndes Beispiel für die vielen Winterland-
schaften, die im frühen 17. Jahrhundert entstanden sind.
Laut Cornelis de Bie (1627–1715), dem Biographen des Künst-
lers, lernte Van de Venne die Grundprinzipien der Miniaturmalerei
möglicherweise vom Goldschmied Simon de Valck in Leiden.
Diese Technik eignet sich gut für das kleinformatige Rondell und
Van de Venne schuf in seiner frühen Schaffensphase eine Reihe
solcher Werke, darunter Gegenstücke mit den Darstellungen des
Sommers und Winters (Privatsammlung, Deutschland; siehe Bol
1989, ebd., S. 16–17, Kat.-Nr. 5A und 5B, mit Abb.). Diese Werke,
die ebenfalls in einem intimen Rahmen gemalt wurden, weisen
bemerkenswerte formale und visuelle Ähnlichkeiten mit der
hier angebotenen Komposition auf: Weitläufige Landschaften
rücken in die Ferne, fein gemalte Figuren verleihen der Szene eine
außergewöhnliche Lebendigkeit, und große Repoussoir-Bäu-
me auf der linken Seite verankern beide Winterszenen. Darüber
hinaus erscheint die verhüllte Frau unten links, die sich die Hände
an einem Feuer wärmt und nicht zu den von zeitgenössischer
Hand hinzugefügten größeren Figuren zu gehören scheint, an fast
derselben Stelle und in derselben Haltung wie das Winter-Rondell
in der Privatsammlung.
Eine Infrarotaufnahme des vorliegenden Werks lässt einige Unter-
zeichnungen erkennen. Die Figuren auf dem Eis und das Gebäude
in der Nähe der Brücke wurden mit losen und skizzenhaften Linien
angedeutet. Darüber hinaus gibt es in der gesamten Szene eine
Reihe von feinen, geraden Linien, die nicht mit bestimmten archi-
tektonischen oder figürlichen Elementen in Verbindung gebracht
werden können. Sie dienen möglicherweise zur Gestaltung der
Komposition. Ähnliche Unterzeichnungen finden sich auch in
anderen Werken des Künstlers aus derselben Zeit, wie beispiels-
weise in der Allegorie des Zwölfjährigen Friedens (1616, Musée du
Louvre, Paris, Inv.-Nr. 1924).
Das Gemälde stammt aus der Sammlung des amerikanischen
Sammlerehepaars June („Jimmy“) und Henry H. Weldon, das sich
auf kleine Kabinettstücke der niederländischen und flämischen
Schule des 17. Jahrhunderts konzentrierte und über Jahrzehnte
aufgebaut wurde.
Dr. Edwin Buijsen, der das vorliegende Gemälde 2015 im Original
untersucht hat, ordnet diese Winterlandschaft mit elegant geklei-
deten Figuren als eine frühe Arbeit vor 1614 ein (siehe Literatur).
Besonders die Figuren im Hintergrund sind charakteristisch für
Vennes Frühwerk. Die grösseren Personen im Vordergrund stam-
men vermutlich von einer anderen zeitgenössischen Hand.
Wir danken Dr. Edwin Buijsen für seine wissenschaftliche Unter-
stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
CHF 300 000 / 400 000
(€ 306 120 / 408 160)
| 33
Gemälde Alter Meister
| 34
3021*
ENGLAND, 17. JH.
Vanitasstillleben.
Öl auf Leinwand.
38 × 56 cm.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
CHF 8 000 / 10 000
(€ 8 160 / 10 200)
| 35
3022*
ANTONIO BELLUCCI, zugeschrieben
(1654 Pieve di Soligo um 1726)
Venus und Cupido.
Öl auf Leinwand.
89 × 191 cm.
Provenienz:
- Sammlung Antonini, wohl Paris (verso mit Etikett).
- Galerie St. Lucas, Wien, 22.11.1937 (verso mit Etikett).
- Europäische Privatsammlung.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
Gemälde Alter Meister
| 36
3023
JACOPO DA PONTE, genannt JACOPO BASSANO
(um 1510 Bassano del Grappa 1592)
Allegorie des Herbstes.
Öl auf Leinwand.
127 × 177 cm.
Provenienz:
- Galerie Moos, Genf, Nr. 3611 (verso mit Etikett).
- Schweizer Privatbesitz.
Jacopo Bassano, einer der originellsten und angesehenster Maler
Venedigs im 16. Jahrhundert, zeigt in der Allegorie des Herbstes
mit viel Geschick die Farben und Früchte der eindunkelnden Jah-
reszeit. In der Hochblüte seines Schaffens darf er ohne weiteres
in einer Reihe mit den grossen Zeitgenossen wie Tizian, Veronese
und Tintoretto gestellt werden. Die realistischen, detailverliebten
Motive werden durch den dramatischen Lichteffekt gekonnt in
Szene gesetzt. Es ist besonders die atmosphärische Stimmung,
welche dieser Szene ihre Einheit und ihren besonderen Reiz ver-
leiht. Entgegen anderer allegorischer Darstellungen dieser Saison
zeigt Bassano den Herbst in seiner vollen Blüte und Pracht. In Vor-
bereitung zum anstehenden Winter zeugen prall gefüllte Frucht-
körbe mit einer reichen Variation von Kürbissen, Zitrusfrüchten
und Äpfeln in Verbindung mit der auffälligen Dynamik und Aktivität
der dargestellten Figuren, dass der Künstler die Jahreszeit als eine
Transitionsphase versteht. Dieser Gedanke einer Zeit des Um-
bruchs wird auch am Firmament und den akzentuierten Gesichts-
zügen reflektiert. Es scheint, als ob der Tisch noch nicht gedeckt,
die Tiere nicht versorgt und die Körbe noch nicht gefüllt sind. Wir
dürfen annehmen, dass diese Szene Bassanos, der gemeinsam
mit seinen Söhnen eine grosse und bedeutende Werkstatt un-
terhielt, in ihrer momenthaften Aufnahme dem zeitgenössischen
Betrachter geradezu filmische Gedankenketten ausgelöst haben
muss, die Bewegung und Erneuerung implizieren. Diese Qualität
des Neuanfanges, für gewöhnlich mit dem Frühling assoziiert, las-
sen das vorliegende Werk bis heute äusserst lebendig und frisch
erscheinen.
Wir danken Prof. Alessandro Ballarin für die Bestätigung der
Eigenhändigkeit anhand einer Fotografie, der das Werk als eine
fantastische Arbeit Jacopo Bassanos bezeichnet.
CHF 80 000 / 100 000
(€ 81 630 / 102 040)
| 37
Gemälde Alter Meister
| 38
3024*
PEETER NEEFS d. Ä.
(um 1578 Antwerpen um 1656/1661)
Nächtliches Interieur einer gotischen Kathedrale. 1625.
Öl auf Kupfer.
Rechts auf dem Pfeiler signiert und datiert: Peeter Neefs 1625.
26,7 × 33,1 cm.
Provenienz:
- Sammlung Blake, Irland (verso mit Wachssiegel).
- Privatsammlung, North Yorkshire.
- Europäische Sammlung.
Diese nächtliche Darstellung zeigt das monumentale gotische
Innere einer fünfschiffigen Kathedrale, das sich frei an das
Innere der spätgotischen Kathedrale von Antwerpen anlehnt.
Dieses monumentale Gebäude galt als die schönste Kirche der
südlichen Niederlande und war eine ständige Inspiration für die
Architekturmaler von Antwerpen.
Neefs, der dieses Genre zur Perfektion beherrschte, macht jedes
architektonische Element für den Betrachter sichtbar. Alle Schich-
ten der damaligen Gesellschaft haben ihren Platz im Kirchenraum:
Adel, Bettler, Priester und Bauern; alle sind in dieser kirchlichen
Universalität vereint. Diese hochwertigen Staffagefiguren wurden
wahrscheinlich von Frans Francken d. J. (1581–1642) gemalt,
der häufig mit Neefs zusammenarbeitete. Die Komposition ist
unter anderen Versionen vergleichbar mit Neefs Kircheninterieur
mit eleganten Figuren aus der Sammlung des Victoria  Albert
Museum in London (Inv.-Nr. 854-1894, um 1640, Öl auf Holz, 64 ×
46,6 cm; siehe Bernard G. Maillet: Intérieurs d‘églises. La peinture
architecturale des écoles du nord (1580–1720), Paris 2012, Kat.-
Nr. M-0672).
CHF 15 000 / 20 000
(€ 15 310 / 20 410)
| 39
3025*
CORNELIS VERBEECK
(um 1590 Haarlem nach 1637)
Fischverkäufer an einer Küste, möglicherweise Egmond aan Zee.
Öl auf Holz.
Mittig auf der Flagge monogrammiert: C. V.B.
28 × 46 cm.
Provenienz:
- Sammlung Baron de Brivazac, Château de Barbe, Gironde.
- Durch Erbschaft im selben Familienbesitz, bis 2004.
- Europäische Sammlung.
Das Gemälde ist im RKD, Den Haag als ein eigenhändiges Werk
von Cornelis Verbeeck archiviert.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
Gemälde Alter Meister
| 40
3026*
JOOS DE MOMPER d. J. und JAN BRUEGHEL d. J.
(1564 Antwerpen 1635) (1601 Antwerpen 1678)
Winterliche Stadtlandschaft am vereisten Fluss.
Öl auf Holz.
74 × 106 cm.
Gutachten:
Dr. Klaus Ertz, 8.7.2022.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
Die Gliederung dieser vielschichtigen Winteransicht spricht für die
aussergewöhnlich harmonische Zusammenarbeit zwischen dem
Künstler Joos de Momper, welcher die Landschaft ausführte und
Jan Brueghel d. J., der die Figuren beitrug. Obwohl zwei Meister
an diesem Werk gearbeitet haben, erscheint das Gemälde als
eine abgestimmte Einheit. Wie in einem gelungenen Bühnenbild,
schaffen der Baum auf der Linken und das Dorf auf der Rechten
den Rahmen innerhalb des Gemäldes, auf dem sich das Figuren-
theater abspielen kann. Und entgegen der Erwartungen einer
kühlen Winterszene schaffen die Malerfreunde hier eine durchaus
lebendige Szene mit Alltagsszenen, die in ihrem bunten Treiben
einen Kontrastpunkt zum ruhigen Hintergrund setzen.
Besonders schön erscheinen auch die Vögel in der oberen Hälfte
des Bildes, welche den Menschen im Dorf gleichend in Zweier-
und Dreiergruppen durch die Lüfte fliegen. Diese Bewegung wird
auch durch die Windmühle im Dorf und den beiden Kutschen
im Vordergrund betont, die dem Betrachter letztendlich eine
dynamische Szene vor Augen führen, die der klirrende Kälte der
Landschaft ihre Wärme schenkt.
Dr. Klaus Ertz hat das Gemälde im Original begutachtet und da-
tiert es gegen Ende der 1620er-Jahre, um 1630. Wie er feststellt,
erscheint das Gemälde, obwohl von zwei Malern geschaffen, „wie
aus einem Guss“ und ist ein guter Beleg für die Kollaboration der
Malerfreunde. Eine frühere Version, die um 1615–20 entstanden
ist, befindet sich in den Staatliche Museen Kassel, Schloss Wil-
helmshöhe (Inv.-Nr. GK 51, siehe Klaus Ertz: Joos de Momper der
Jüngere, Freren 1986, S. 575, Kat.-Nr. 390).
CHF 150 000 / 200 000
(€ 153 060 / 204 080)
| 41
Gemälde Alter Meister
| 42
3027
NORDITALIEN, 17. JH.
Der Zinsgroschen.
Öl auf Leinwand.
96,5 × 130 cm.
Provenienz.
Schweizer Privatbesitz.
CHF 15 000 / 25 000
(€ 15 310 / 25 510)
| 43
3028
LEANDRO BASSANO
(Bassano 1557–1622 Venedig)
Moses schlägt Wasser aus dem Stein.
Öl auf Leinwand.
94,5 × 127 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
Die hier angebotene Komposition ist in einer weiteren Version von
Leandro Bassano bekannt, die sich in der Gemäldegalerie in Dres-
den befindet (Inv.-Nr. 256, Moses am Felsenquell, 113 × 175 cm).
Dabei ist anzumerken, dass unser Gemälde qualitativ hochwerti-
ger gefertigt ist und sich in einigen Abweichungen im Himmel, in
der Landschaft, in der Verteilung der Zelte und Gesteine sowie bei
den Figuren mittig von der Dresdner Version unterscheidet.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
Gemälde Alter Meister
| 44
| 45
Gemälde Alter Meister
| 46
3029*
DIRCK VAN BABUREN
(1595 Utrecht 1624)
Opfergabe an Ceres. Um 1621.
Öl auf Leinwand.
137 × 186,7 cm.
Provenienz:
- Wohl Privatsammlung François Quesnel (1543–1619), Paris (als
Bartolomeo Manfredi).
- Privatsammlung Jean-François Séguier (1703–1784), Nîmes (als
Valentin de Boulogne).
- Privatsammlung Anthelme-Michel-Laurent de Migieu, Marquis
de Savigny (1723–1788), Paris, 1751 (als Valentin de Boulogne).
- Durch Erbschaft, Privatsammlung René Gaspar Vicomte de
Vaulchier, Savigny-lès-Beaune, Côte-d’Or, 1952.
- Auktion Sotheby‘s, London, 4.12.2013, Los 18.
- Privatbesitz.
Ausstellungen:
- Utrecht/Antwerpen 1952, Caravaggio en de Nederlanden,
Centraal Museum, Utrecht, 15.6–3.8.1952 / Koninklijk Museum
voor schone Kunsten, Antwerpen, 10.8.–28.9.1952, Nr. 91 (als
zugeschrieben Hendrick ter Brugghen, eventuell Baburen).
- Dijon 1958, Les plus belles œuvres de la Côte-d’Or, Musée de
Dijon, Palais des Etats de Bourgogne, 1958, Nr. 32 (als zuge-
schrieben Dirck van Baburen).
Literatur:
- Wohl Vicomte de Grouchy: Inventaire des tableaux de François
Quesnel (1697), in: Nouvelles archives de l‘art français, 8ème
année, 1892, S. 93 (als Bartolomeo Manfredi: „un sacrifice à Flore
de Manfrede“).
- Wohl manuscrit 130, fonds Séguier, Bibliothèque de Nîmes (als
Valentin de Boulogne: „des sacrificateurs, un soldat, mènent au
dieu trois femmes portant des corbeilles de fleurs; for bon de
dessin et de clair-obscur, par Valentin“).
- Laurent de Migieu: Livre de Dépenses, Archives du Comte de
Savigny, 1751, Nr. 9 in der Liste der Werke, die zuvor M. Seguier
gehört haben (als „un sacrifice de Valentin“).
- Ausst.-Kat. Caravaggio en de Nederlanden, Utrecht/Antwerp
1952, S. 56, Kat.-Nr. 91, Abb. 69.
- Benedict Nicolson: Caravaggio and the Netherlands, review of
Utrecht/Antwerp exhibition, in: The Burlington Magazine, Bd.
XCIV, Nr. 594, September 1952, S. 248 und Fussnote 13 (als
Baburen).
- Vitale Bloch: I Caraveggeschi a Utrecht e Anversa, in: Parago-
ne, Nr. 33, September 1952, S. 18 (datiert um 1622–1624, aus
Baburens Utrechter Schaffensphase).
- Ausst.-Kat. Les plus belles oeuvres des collections de la Cô-
te-d’Or, Dijon 1958, S. 21, Kat.-Nr. 32, Abb. VII.
- Benedict Nicolson: Hendrick Terbrugghen, Den Haag 1958,
S. 53, erwähnt unter Nr. A12, und S. 119 unter “works wrongly
attributed to Terbrugghen” (als Baburen um 1622).
- Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch
Painter in Utrecht and Rome, Proefschrift, University of Utrecht
1962, Text S. 54–55, Kat.-Nr. A8, S. 101.
- Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch
Painter in Utrecht and Rome, Utrecht 1965, Text S. 54–55,
Kat-Nr. A8, S. 112, Abb. 12; zudem erwähnt unter Kat.-Nr. A19
und A22 (als spätes Werk der römischen Schaffensphase oder
frühes Werk der Utrechter Schaffensphase, um 1620).
- Arnauld Brejon de Lavergnée: New Paintings by Bartolommeo
Manfredi, in: The Burlington Magazine, Bd. 121, Nr. 914, 1979, S.
310 („un sacrifice à Flore de Manfrede“ im Inventar aus dem Jahr
1697 der Sammlung François de Quesnel).
- Benedict Nicolson: The International Caravaggesque Mo-
vement, Oxford 1979, S. 19, 220, 248.
- Rüdiger Klessmann: Utrechter Caravaggisten zwischen Ma-
nierismus und Klassizismus, in: Hendrick ter Brugghen und die
Nachfolger Caravaggios in Holland: Beiträge eines Symposium
im Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, 23.–25.3.1987,
Braunschweig 1988, S. 60, Abb. 68 und S. 64, Fussnote 5.
- Benedict Nicolson und Luisa Vertova: Caravaggism in Europe,
Turin 1989, Bd. I, S. 56 und Bd. III, Tafel 1045.
- R. Morselli: Baburen, Dirck (Jaspersz) van, in: Saur Allgemeines
Künstler-Lexikon. Die bildenden aller Künstler Zeiten und Völker,
Bd. VI, München und Leipzig 1992, S. 110.
- M. Giulia Aurigemma: Gherardo, Enrico, Teodoro ed altri simili,
in: L‘asino iconoclasta. Seicento Olandese: proposte di lettura,
problemi di metodo e di interpretazione, Rom 1993, S. 42.
- Valentina White: Il soggiorno romano di Dirck van Baburen.
La commitenza e le opere, in: Irene Baldriga und Silvia Danesi
Squarzina (hrsg.): Fiaminghi che vanno e vengono no li si puol dar
regola. Paesi Bassi e Italia fra Cinquecento e seicento: pittura,
storia e cultura degli emblemi, Rom 1995, S. 185–88, Abb. 8 (als
eine Szene aus dem Stück Granida von Pieter Cornelisz. Hooft,
1615).
- Leonard J. Slatkes: Bringing Ter Brugghen and Baburen Up-to-
Date, in: Bulletin du Musée national de Varsovie, vol. XXXVII,
1996, S. 206, Fussnote 35 und S. 207, Abb. 4 (1621 datiert).
- Joaneath Spicer et al.: Masters of Light: Dutch Painters in
Utrecht during the Golden Age, Ausst.-Kat. San Francisco/Bal-
timore/London 1997, S. 423, Fussnote 5 unter Kat.-Nr. 41, S.
254–256 (als frühes Werk der Utrechter Schaffensphase).
- Leonard J. Slatkes und Wayne Franits: The Paintings of Hendrick
ter Brugghen 1588–1629. Catalogue Raisonné, Amsterdam/
Philadelphia 2007, S. 19–20, Abb. 14; zudem erwähnt unter
Kat.-Nr. A32, S. 121–122 (Fussnote 4) und A62, S. 176 und 178
(Fussnote 11).
- Wayne Franits: The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93–
1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, S.
109–110, Kat.-Nr. A15, ausserdem erwähnt S. 44, Fussnote 240,
S. 46, 107, 111, 115, 141, 161, Abb. S. 260, Farbabb. VIII und S.
289, Tafel 15.
Sowohl wegen seiner Größe als auch wegen der kühnen und
experimentellen Art seiner Komposition stellt das hier angebote-
ne Gemälde eines der ehrgeizigsten und einfallsreichsten Werke
des Utrechter Meisters Dirck van Baburen dar. Unmittelbar nach
Baburens Rückkehr aus Rom in die Niederlande um 1620/21
entstanden, ist dieses Werk noch ganz von Caravaggios Genie
geprägt. Das ikonographisch seltene Motiv stellt die Opfergabe
an Ceres dar, bei dem eine Versammlung von Sterblichen der
Gottheit der Ernte, die im Hintergrund links als Statue zu sehen
ist, Gaben darbringt.
Leonard J. Slatkes (1962) ging ursprünglich davon aus, dass es
in den letzten Jahren von Baburens Aufenthalt in Rom entstand,
wo er sich acht Jahre lang aufgehalten hatte. Angesichts seiner
Verwandtschaft mit der ähnlich großen Gefangennahme Christi in
der Galerie Borghese (Inv.-Nr. 28; siehe Franits 2013, Kat.-Nr. A13),
die um 1619 kurz vor Baburens Abreise von Rom gemalt wurde,
haben sowohl Slatkes wie auch Wayne Franits sich in jüngeren
Publikationen auf eine Datierung um 1621 geeinigt. Damit steht
dieses Gemälde an der Spitze der viel gerühmten Utrechter Pe-
riode, in der Baburen bis zu seinem frühen Tod 1624 zusammen
mit Gerrit van Honthorst (1592–1656) und Hendrick Ter Brugghen
(1588–1629) die als Utrechter Caravaggisten bekannte Maler-
gruppe anführte.
Die Beziehungen zwischen diesen Künstlern und ihren Ateliers
waren so eng, dass Motive und Entwürfe oft gemeinsam verwen-
det wurden: Die gleiche Figur eines Soldaten, die in der früheren
Gefangennahme Christi zu sehen ist, stellte Baburen in das
Zentrum der vorliegenden Komposition und wird zugleich von Ter
Brugghen sowohl für seine Enthauptung des Heiligen Johannes
des Täufers (Nelson-Atkins Museum of Art, Kansas City; siehe
Slatkes/Franits 2007, Kat.-Nr. A32) als auch für seinen Pfeifen-
spieler (Gemäldegalerie Alte Meister, Kassel, Inv.-Nr. GK179; siehe
Slatkes/Franits 2007, Kat.-Nr. A62) verwendet. Baburens Verwen-
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dung dieser dominanten Figur sowohl für seine Gefangennahme
Christi als auch für die hier angebotene Opfergabe an Ceres ist ein
Zitat aus Caravaggios eigener Gefangennahme Christi (National
Gallery of Ireland, Dublin, Inv.-Nr. L.14702), allerdings ist die Figur
des Soldaten hier deutlich dominanter.
Eine etwas spätere Datierung auf 1622 wurde von Dr. Fred. G.
Meijer vorgeschlagen (siehe RKD Archiv- Nr. 107755), der glaubt,
dass der kleine Blumenkranz rechts von Balthasar van der Ast
(1593–1657) gemalt wurde. Damit wäre dies ein ungewöhnliches
Beispiel für eine Zusammenarbeit zwischen Baburen und einem
anderen Künstler, auch wenn dies angesichts der Bereitschaft
Baburens, Motive mit anderen potenziellen Konkurrenten auszu-
tauschen, nicht allzu überraschend ist.
Die scharfen Konturen, die helle Tonalität und die farbenfrohe
Palette ordnen die Opfergabe Ceres eindeutig der letztlich kurzen
Utrechter Periode des Künstlers zu. Franits (2013) zählt nur
sechsunddreißig eigenhändige Gemälde von Baburen auf, von
denen vierzehn in Rom und zweiundzwanzig in Utrecht entstan-
den sind.
CHF 500 000 / 800 000
(€ 510 200 / 816 330)
3029*
DIRCK VAN BABUREN
(1595 Utrecht 1624)
The Offering to Ceres. Circa 1621.
Oil on canvas.
137 × 197 cm.
Provenance:
- Probably private collection of François Quesnel (1543–1619),
Paris (as Bartolomeo Manfredi).
- Private collection of Jean-François Séguier (1703–1784), Nîmes
(as Valentin de Boulogne).
- Private collection of Anthelme-Michel-Laurent de Migieu,
Marquis de Savigny (1723–1788), Paris, 1751 (as Valentin de
Boulogne).
- By descent, private collection of René Gaspar Vicomte de
Vaulchier, Savigny-lès-Beaune, Côte-d’Or, 1952.
- Sale Sotheby’s, London, 4.12.2013, Lot 18.
- Private collection.
Exhibited:
- Utrecht/Antwerp 1952, Caravaggio en de Nederlanden, Centraal
Museum, Utrecht, 15.6–3.8.1952 / Koninklijk Museum voor
schone Kunsten, Antwerp, 10.8.–28.9.1952, no. 91 (as attributed
to Hendrick ter Brugghen, possibly Baburen).
- Dijon 1958, Les plus belles œuvres de la Côte-d’Or, Musée de
Dijon, Palais des Etats de Bourgogne, 1958, no. 32.
Gemälde Alter Meister
| 48
Literature:
- Probably Vicomte de Grouchy: Inventaire des tableaux de
François Quesnel (1697), in: Nouvelles archives de l‘art français,
8ème année, 1892, p. 93 (as Bartolomeo Manfredi: ‘un sacrifice à
Flore de Manfrede’).
- Probably manuscript 130, fonds Séguier, Bibliothèque de Nîmes
(as Valentin de Boulogne: ‘des sacrificateurs, un soldat, mènent
au dieu trois femmes portant des corbeilles de fleurs; for bon de
dessin et de clair-obscur, par Valentin’).
- Laurent de Migieu: Livre de Dépenses, Archives du Comte de
Savigny, 1751, no. 9 in the list of works previously owned by M.
Seguier (as ‘un sacrifice de Valentin’).
- Exh. cat. Caravaggio en de Nederlanden, Utrecht/Antwerp 1952,
p. 56, cat. no. 91, fig. 69.
- Benedict Nicolson: Caravaggio and the Netherlands, review of
Utrecht/Antwerp exhibition, in: The Burlington Magazine, vol.
XCIV, no. 594, September 1952, p. 248 and footnote 13 (as
Baburen).
- Vitale Bloch: I Caraveggeschi a Utrecht e Anversa, in: Paragone,
no. 33, September 1952, p. 18 (dated circa 1622–1624, from
Baburen’s period in Utrecht).
- Exh. cat. Les plus belles œuvres des collections de la Côte-d’Or,
Dijon 1958, p. 21, cat. no. 32, fig. VII.
- Benedict Nicolson: Hendrick Terbrugghen, The Hague 1958, p.
53, mentioned under number A12, and p. 119 as ‘works wrongly
attributed to Terbrugghen’ (as Baburen circa 1622).
- Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch
Painter in Utrecht and Rome, Proefschrift, University of Utrecht
1962, Text pp. 54–55, cat. no. A8, p. 101.
- Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch
Painter in Utrecht and Rome, Utrecht 1965, Text pp. 54–55,
cat. no. A8, p. 112, fig. 12; also mentioned under cat. no. A19
and A22 (as a late work of the Rome period, or early work of the
Utrecht period, circa 1620).
- Arnauld Brejon de Lavergnée: New Paintings by Bartolommeo
Manfredi, in: The Burlington Magazine, vol. 121, no. 914, 1979, p.
310 (‘un sacrifice à Flore de Manfrede’ in the inventory as 1697
from the collection of François de Quesnel).
- Benedict Nicolson: The International Caravaggesque Mo-
vement, Oxford 1979, pp. 19, 220, 248.
- Rüdiger Klessmann: Utrechter Caravaggisten zwischen Ma-
nierismus und Klassizismus, in: Hendrick ter Brugghen und die
Nachfolger Caravaggios in Holland: Beiträge eines Symposium
im Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, 23.–25.3.1987,
Braunschweig 1988, p. 60, fig. 68 and p. 64, footnote 5.
- Benedict Nicolson and Luisa Vertova: Caravaggism in Europe,
Turin 1989, vol. I, p. 56 and vol. III, plate 1045.
- R. Morselli: Baburen, Dirck (Jaspersz) van, in: Saur Allgemeines
Künstler-Lexikon. Die bildenden aller Künstler Zeiten und Völker,
vol. VI, Munich and Leipzig 1992, p. 110.
- M. Giulia Aurigemma: Gherardo, Enrico, Teodoro ed altri simili,
in: L‘asino iconoclasta. Seicento Olandese: proposte di lettura,
problemi di metodo e di interpretazione, Rome 1993, p. 42.
- Valentina White: Il soggiorno romano di Dirck van Baburen.
La commitenza e le opere, in: Irene Baldriga und Silvia Danesi
Squarzina (ed.): Fiaminghi che vanno e vengono no li si puol dar
regola. Paesi Bassi e Italia fra Cinquecento e seicento: pittura,
storia e cultura degli emblemi, Rome 1995, pp. 185–88, fig. 8 (as
a scene from the play ‘Granida’ by Pieter Cornelisz. Hooft, 1615).
- Leonard J. Slatkes: Bringing Ter Brugghen and Baburen Up-to-
Date, in: Bulletin du Musée national de Varsovie, vol. XXXVII,
1996, p. 206, footnote 35 and p. 207, fig. 4 (dated 1621).
- Joaneath Spicer et al.: Masters of Light: Dutch Painters in Ut-
recht during the Golden Age, exh. cat. San Francisco/Baltimore/
London 1997, p. 423, footnote 5 under cat. no. 41, pp. 254–256
(as an early work of the Utrecht period).
- Leonard J. Slatkes und Wayne Franits: The Paintings of Hendrick
ter Brugghen 1588–1629. Catalogue Raisonné, Amsterdam/
Philadelphia 2007, pp. 19–20, fig. 14; also mentioned under cat.
no. A32, pp. 121–122 (footnote 4) and A62, pp. 176 and 178
(footnote 11).
- Wayne Franits: The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93–
1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, pp.
109–110, cat. no. A15, also mentioned p. 44, footnote 240, pp.
46, 107, 111, 115, 141, 161, ill p. 260, colour ill. VIII and p. 289,
plate 15.
By virtue of both its size and the bold and experimental nature
of its composition, the painting offered here constitutes one of
the most ambitious and imaginative works by the Utrecht master
Dirck van Baburen. Painted immediately after Baburen’s return
to the Netherlands from Rome around 1620/21, this work is
still entirely influenced by Caravaggio‘s genius. The motif, rare in
terms of its iconography, depicts the offering to Ceres, in which an
assembly of mortals make offerings to the deity of the harvest,
shown as a statue in the background on the left.
Leonard J. Slatkes (1962) originally assumed that the work was
created in the final years of Baburen’s time in Rome, where he had
resided for eight years. However, given its affinity with the similarly
sized ‘The Taking of Christ’ in the Borghese Gallery (inv. no. 28; see
Franits 2013, cat. no. A13), painted around 1619 – shortly before
Baburen’s departure from Rome – both Slatkes and Wayne Franits
have, in more recent publications, agreed on a date of around
1621. This places the present painting at the forefront of the
much-vaunted Utrecht period, during which Baburen, together
with Gerrit van Honthorst (1592–1656) and Hendrick Ter Brug-
ghen (1588–1629), led the group of painters known as the Utrecht
Caravaggists until Baburen’s early death in 1624.
The relationship between these artists and their studios was so
close that motifs and designs were often shared: the same figure
of a soldier seen in the earlier work ‘The Taking of Christ’, was pla-
ced by Baburen at the centre of the composition presented here
and was also used by Ter Brugghen for both his ‘Beheading of St
John the Baptist’ (Nelson-Atkins Museum of Art, Kansas City; see
Slatkes/Franits 2007, cat. no. A32) and his ‘Piper’ (Gemäldegalerie
Alte Meister, Kassel, inv. no. GK179; see Slatkes/Franits 2007, cat.
no. A62). Baburen’s use of this dominant figure for both ‘The Ta-
king of Christ’ and ‘Offering to Ceres’, is a quotation from Caravag-
gio’s own ‘The Taking of Christ’ (National Gallery of Ireland, Dublin,
inv. no. L.14702), though here the figure of the soldier is clearly
more dominant.
A somewhat later date of 1622 was suggested by Dr Fred. G.
Meijer (see RKD archive no. 107755), who believes that the small
floral wreath on the right was painted by Balthasar van der Ast
(1593–1657). This would be an unusual example of a collaboration
between Baburen and another artist, although not entirely sur-
prising given Baburen’s willingness to exchange motifs with other
potential rivals.
The sharp contours, bright tonality and colourful palette clearly si-
tuate this ‘Offering to Ceres’ in the artist’s ultimately brief Utrecht
period. Franits (2013) lists only thirty-six paintings by Baburen’s
own hand, fourteen of which were painted in Rome and twen-
ty-two in Utrecht.
CHF 500 000 / 800 000
(€ 510 200 / 816 330)
| 49
Gemälde Alter Meister
| 50
3030*
PAOLO FARINATI, zugeschrieben
(1524 Verona 1606)
Heiliger Hieronymus in einer Waldlandschaft.
Öl auf Leinwand.
107 × 93,5 cm.
Provenienz:
- Sammlung des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Dr. Konrad Adenauer (1876–1967),
Bonn.
- Sammlung Heinz Kisters, Kreuzlingen.
- Auktion Fischer, Luzern, 24.–28.11.1970, Los 1911 (als Tizian).
- Europäischer Privatbesitz.
Literatur:
Heinz Kisters: Adenauer als Kunstsammler, 1970, S. 107, mit Abb. (als Tizian).
Das hier angebotene Gemälde greift eine Komposition Tizians auf, welche sich heute im
Musée du Louvre in Paris befindet (Inv.-Nr. 750, Öl auf Leinwand, 102 × 80 cm).
CHF 8 000 / 12 000
(€ 8 160 / 12 240)
| 51
3031*
VINCENT MALO, zugeschrieben
(Cambrai um 1602/1606–1644 Rom)
Heilige Familie.
Öl auf Leinwand.
146,5 × 100,6 cm.
Provenienz:
Europäische Privatsammlung.
CHF 7 000 / 10 000
(€ 7 140 / 10 200)
Gemälde Alter Meister
| 52
3032*
PAULUS JANSZ. MOREELSE, zugeschrieben
(1571 Utrecht 1638)
Porträt eines Jungen. Um 1630–35.
Öl auf Holz.
12,3 × 9,5 cm.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
Das hier angebotene, qualitativ hochwertige Porträt eines Jungen
kann aufgrund stilistischer Merkmale um 1630–35 datiert und an
den Utrechter Maler Paulus Moreelse zugeschrieben werden.
CHF 7 000 / 10 000
(€ 7 140 / 10 200)
| 53
3033*
JAN DAVIDSZ. DE HEEM, Umkreis
(Utrecht 1606–1684 Antwerpen)
Vanitas mit Totenkopf und Büchern. Um 1630.
Öl auf Holz.
Links auf der Partitur bezeichnet: Alemand.
84,5 × 72 cm.
Provenienz:
Europäische Privatsammlung.
Dr. Fred G. Meijer datiert das Gemälde anhand einer Fotogra-
fie in die 1630er-Jahre, wofür wir ihm danken. Er deutet darauf
hin, dass der Künstler die in den 1620er-Jahren entstandenen
Bücherstillleben Jan Davidsz. De Heems gekannt haben muss.
Die Bezeichnung „Alemand“ weist auf die Allemande hin, einem
aus deutschen Volkstänzen entstandenen Schreittanz, der im
Barockzeitalter in den Niederlanden weit verbreitet war.
CHF 8 000 / 10 000
(€ 8 160 / 10 200)
Gemälde Alter Meister
| 54
3034*
JACOB VAN OOST
(1601 Brügge 1671)
Bildnis einer Dame. 1647.
Öl auf Leinwand.
Unten mittig monogrammiert, datiert und bezeichnet:
IVO (ligiert). F. Ao 1647. AETAT. SUAE. 59.
80,3 × 65,3 cm.
Provenienz:
- Sammlung Theodor (wohl Emile Theodore (1876–1937),
Konservator im Palais des Beaux-Arts von 1912 bis 1937), Lille
(verso mit Etikett).
- Europäische Sammlung.
Dieses monogrammierte und datierte Porträt einer reifen Frau
zeigt den Einfluss des Caravaggismus auf Jacob van Oost, der in
Brügge tätig war. Ein vergleichbares Bildnis einer Frau in einer im
Trompe-l‘Oeil gemalten Umrahmung von Jacob van Oost befin-
det sich im Musée de la Ville de Poitiers (Inv.-Nr. 882.1.374, siehe
Henry Perrault: Catalogue des Peintures du Musée de Poitiers,
1930, S. 6, Nr. 124 und Jean Luc Meulemeester: Jacob van Oost
de Oudere en het zeventiende-eeuwse Brugge, Brügge 1984, S.
369, Nr. B72, Abb. 268).
Wir danken Prof. Hans Vlieghe für seine wissenschaftliche Unter-
stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 12 240 / 18 370)
| 55
3035*
JAN WILDENS
(1586 Antwerpen 1653)
Weite Flusslandschaft mit einer Fähre.
Öl auf Leinwand.
Unten rechts auf dem Fass signiert:
I WILDENS FECIT. Auf einem Ballen monogrammiert: IW.
141 × 206 cm.
Provenienz:
- Italienische Privatsammlung.
- Auktion Christie‘s, Rom, 18.5.1979, Los 129.
- Sammlung Stefan und Monika Schminck, Frankfurt a. M.
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
Wolfgang Adler: Jan Wildens. Der Landschaftsmitarbeiter des
Rubens, Fridingen 1980, S. 107, Nr. G62, Abb. 89, S. 183.
Das hier angebotene Gemälde entstand wahrscheinlich in den
späten 1630er-Jahren und ist besonders reich staffiert mit einem
klaren Aufbau von senkrechten und vertikalen Ebenen, wie sie für
Wildens charakteristisch sind. Wolfgang Adler hebt bei diesem
Gemälde die Leuchtkraft der Farben insbesondere des Seegrüns
hervor.
CHF 60 000 / 80 000
(€ 61 220 / 81 630)
Gemälde Alter Meister
| 56
3036
TOMMASO SALINI, zugeschrieben
(1575 Rom 1625)
Küchenstillleben mit Federvieh und Morcheln in einem Korb.
Öl auf Leinwand.
75,5 × 95 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
CHF 6 000 / 8 000
(€ 6 120 / 8 160)
3037
PIETER MULIER d. J.
genannt CAVALIER PIETRO TEMPESTA
(Haarlem 1637–1701 Mailand)
Flusslandschaft mit ländlichem Treiben im Mondschein.
Öl auf Leinwand.
39 × 35,5 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
CHF 5 000 / 7 000
(€ 5 100 / 7 140)
| 57
Gemälde Alter Meister
| 58
3038*
DIRCK VAN BABUREN und Werkstatt
(1595 Utrecht 1624)
Die Kupplerin. Öl auf Leinwand.
111,5 × 134 cm.
Provenienz:
- Sammlung Anton Ludwig Alexander Klingenberg (1840–1924).
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Europäische Privatsamm-
lung.
Das Thema der käuflichen Liebe, welches in diesem hier ange-
botenen Gemälde dargestellt wird, war in den Niederlanden in
den 1620er-Jahren äusserst beliebt und besonders die Utrechter
Caravaggisten Dirck von Baburen, Hendrick ter Brugghen (1588–
1629) und Gerrit van Honthorst (1592–1656) griffen dieses Sujet
mehrfach in ihren Gemälden auf.
Eines der wohl bekanntesten Darstellungen Dirck van Baburens,
die Kupplerin, wurde gar mehrfach kopiert und in Gemälden
aufgegriffen. So beispielsweise in zwei Beispielen Johannes Ver-
meers, wo es im Hintergrund dargestellt ist: Das Konzert (Isabella
Stewart Gardner Museum, Boston, Inv.-Nr. P21w27) und eine
musizierende Dame mit einem Virginal (National Gallery, London,
Inv.-Nr. NG2568). Die Bostoner Version gilt dabei als die erste
bekannte Darstellung des Themas der käuflichen Liebe aus dem
Jahre 1622 (Museum of Fine Arts, Boston, Inv.-Nr. 50.2721, siehe
Wayne Franits: The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93–
1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, S.
125–130, Kat.-Nr. A23).
Die hier angebotene und kürzlich in einer Privatsammlung ent-
deckte Komposition der käuflichen Liebe, ist in einer weiteren
signierten und 1623 datierten Version Baburens in der Würzbur-
ger Residenz bekannt (Franits, ebd. Kat.-Nr. A33). Während die
Darstellung der Prostituierten in den meisten Fällen in einer eher
lasziven, heiteren und spielerischen Weise dargestellt wird, wirkt
die hier gezeigte eher zurückhaltend, während die Kupplerin an
ihren Gewändern zerrt, als wolle sie sie zur Interaktion mit dem
Soldaten animieren.
Die Einflüsse Caravaggios (1571–1610), die Baburen zu Beginn
der 1620er-Jahre aus Rom nach Utrecht übermittelte und in seine
Malerei aufgriff, lassen sich hier verzeichnen. So der ausdrucks-
starke Naturalismus der Personen, die Kostümwahl und die Licht-
dramaturgie. Die überlebensgrossen Personen, die den Raum ein-
drücklich erfüllen sind hingegen eine eigenständige Umsetzung
Baburens. Die künstlerischen Details der jungen Frau in unserer
Version sind von sehr qualitätvollem Niveau und lassen die Hand
des Meisters vermuten.
Wir danken Prof. Wayne Franits für seine wissenschaftliche Unter-
stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. Nach Prüfung
anhand einer Fotografie hält er die Eigenhändigkeit Baburens für
wahrscheinlich.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 40 820 / 61 220)
| 59
Gemälde Alter Meister
| 60
3039*
JAN BRUEGHEL d. J. und PIETER VAN AVONT
(1601 Antwerpen 1678) (Mechelen 1600–1652 Antwerpen)
Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten mit Engeln in einer
Landschaft.
Öl auf Kupfer.
66 × 91 cm.
Gutachten:
Dr. Klaus Ertz, 14.2.2011.
Provenienz:
- Privatsammlung, Paris, seit Mitte des 20. Jh.
- Auktion Sotheby‘s, London, 9.12.2010, Los 116 (mit Vermerk,
dass Dr. Fred G. Meijer die Autorschaft nach Prüfung des Origi-
nals bestätigt hat).
- Europäische Privatsammlung.
Das laut Gutachten von Dr. Klaus Ertz in den 30er-Jahren des 17.
Jahrhunderts in Antwerpen entstandene Werk ist das Resultat
der Zusammenarbeit von Jan Brueghel d. J. und Pieter van Avont.
Während ersterer die Landschaft, die Blumen und die Früchte
beitrug, schaffte van Avont die Personenstaffage und das Lamm.
Die im Hintergrund zu erkennenden Überlagerungen grünblauer
Farben sind typisch für Jan Brueghel d. J. Qualitativ unterscheidet
sich der Malstil kaum vom berühmten Vater. Im vorliegenden Fall
erscheint die dunstige Flusslandschaft in einem starken Kontrast
zu Marias leuchtend rot-blauem Kleid. Das Jesuskind das seine
Hand dem Johannesknaben reicht, der mit seinem kennzeich-
nenden Fell gemalt ist, wird von der Mutter liebevoll umfasst. Die
Darstellung erinnert in den Werken „Flora im Garten“ und „Heilige
Familie mit Johannes und Engeln in Landschaft“, welche beide im
Kunsthistorischen Museum in Wien aufbewahrt werden (Inv.-Nr.
1692 und 1683). Neben den gelungenen Figuren sind beson-
ders die Details des Gemäldes, wie das Blumenbouquet vor den
Füssen Marias oder die Blüten im Vordergrund von besonderer
Raffinesse und verleihen dem Bild eine eindrückliche Harmonie im
Kolorit.
CHF 60 000 / 80 000
(€ 61 220 / 81 630)
| 61
Gemälde Alter Meister
| 62
3040
JAN BRUEGHEL d. Ä., Nachfolger des 18. Jh.
(Brüssel 1568–1625 Antwerpen)
Allegorie des Wassers.
Öl auf Kupfer.
29 × 45,5 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung Graf Johan Ludvig Holstein (1694–1763).
- Durch Erbschaft über mehrere Generationen, Privatsammlung
Graf Knud Holstein-Ledreborg (1919–2001).
- Durch Erbschaft, Schweizer Privatsammlung.
Das hier angebotene Gemälde geht auf eine Komposition Jan
Brueghels d. Ä. zurück, welche sich im Musée des Beaux-Arts
in Lyon befindet (Inv.-Nr. A76) und Teil einer Serie allegorischer
Darstellungen der vier Elemente bildet (siehe Klaus Ertz und
Christa Nitze-Ertz: Jan Brueghel der Ältere (1568–1625), Lingen
2008–2010, Bd. III, Kat.-Nr. 495, S. 1044).
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
| 63
3041*
CARSTIAN LUYCKS
(1623 Antwerpen nach 1658)
Stillleben mit Kartenspiel und Koralle.
Öl auf Leinwand.
34,4 × 44 cm.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
Die Werke des in Antwerpen geborenen und später in Frankreich
tätigen Malers Carstian Luyckx, aus dessen Œuvre hauptsächlich
Vanitas-Stillleben bekannt sind, wurden ehemals dem franzö-
sischen Maler Simon Renard de Saint-André (um 1613–1677)
zugeschrieben, was durch Dr. Fred G. Meijer widerlegt werden
konnte.
Das hier angebotene Stillleben hat einen besonders hohen
dekorativen Wert und sticht durch seine originelle Zusammen-
setzung von Stilllebenelementen im Œuvre dieses faszinierenden
Künstlers hervor.
Dr. Fred G. Meijer bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des
Originals, wofür wir ihm danken.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 40 820 / 61 220)
Gemälde Alter Meister
| 64
3042*
GILLIS GILLISZ. DE BERGH
(um 1600 Delft 1669)
Stillleben mit Trauben und Papagei.
Öl auf Holz.
Unten rechts signiert: G. de Bergh.
70,8 × 103,5 cm.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 20 410 / 30 610)
| 65
3043*
JOOS DE MOMPER d. J. und JAN BRUEGHEL d. J.
(1564 Antwerpen 1635) (1601 Antwerpen 1678)
Hügelige Küstenlandschaft mit Fischverkäufern.
Öl auf Holz.
38 × 48,8 cm.
Gutachten:
Dr. Klaus Ertz, 21.8.2021.
Provenienz:
Europäischer Privatbesitz.
Das vorliegende Werk, dessen Bildträger durch eine dendrochro-
nologische Untersuchung auf das frühe 17. Jahrhundert datiert
wurde, identifiziert Dr. Klaus Ertz nach Besichtigung des Originals
als eine Zusammenarbeit zwischen Joos de Momper und Jan
Brueghel d. J., die um 1630 entstanden ist. Sie zeigt einen beson-
ders interessanten Bildausschnitt. Die schroffe Linie der Ruine
und des Felsabbruches auf der linken Seite und der Hafen im Hin-
tergrund erscheinen, um es in einem zu dieser Zeit inexistenten
Vokabular zu formulieren, besonders pittoresk.
Tatsächlich kannten die niederländischen Maler unter dem
Begriff „schilder-achtig“ ein ähnliches Ideal in der Verbindung des
Schönen und Erhabenen (siehe Boudewijn Bakker: Schilderach-
tig: discussions of a seventeenth-century term and concept, in:
Simiolus: Netherlands Quarterly for the History of Art, Bd. 23, Nr.
2/3, 1995, S. 147–162). Massgeblich beteiligt an der Spannung
dieser Szene ist die raffinierte Lichtführung, welche sowohl den
ocker-rötlichen Boden als auch das grün-blaue schimmern-
de Wasser in eine breite Farbpalette taucht. Unterschiedliche
Oberflächen von rauen Steinen, schimmernden Fischschuppen
und farbigen Leinen ergeben ein abwechslungsreiches haptisches
Universum. Vor allem die Personengruppe im Vordergrund zeigt
gebückt, sitzend, stillend und kriechend eine anatomische Studie.
Das Landschaftsmotiv ist bereits im Œuvre von Jan Brueghel d.
Ä. (1568–1625) bekannt, wie dies eine Zeichnung im RKD, Den
Haag (Nr. 54020) belegt, welche den gleichen Felsvorsprung und
architektonische Form zeigen.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 40 820 / 61 220)
Gemälde Alter Meister
| 66
3044*
KAREL BREYDEL
(Antwerpen 1677–1744 Gent)
Reiter bei der Rast in einer Stadt.
Öl auf Holz.
Unten rechts signiert: C. breydel.
22,4 × 32 cm.
Provenienz:
Europäische Sammlung.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 10 200 / 15 310)
3045*
JACOB ISAACKSZ. VAN RUISDAEL
(Haarlem 1628–1682 Amsterdam)
Eine skandinavische Landschaft mit einem Wasserfall im Vorder-
grund und einer Hütte auf einer Landzunge dahinter.
Öl auf Leinwand.
Unten links auf dem Stein signiert: JvRuisdaeL.
38,5 × 33,7 cm.
Provenienz:
- Auktion Christie‘s, London, 14.7.1978, Los 235.
- Privatsammlung Frankreich.
In dieser Landschaft aus den späten 1650er-Jahren zollt Ruisdael
den skandinavischen Landschaften von Allart van Everdingen
(1621–1675) Tribut, die Everdingen aus erster Hand gesehen
hatte. Ruisdael fängt nicht nur eine zeitlose romantische Stim-
mung ein, sondern zeichnet sich auch durch seine Ausführung
der durchscheinenden Wolken und der glitzernden Kaskade als
höchster Meister der niederländischen Landschaft des 17. Jahr-
hunderts aus.
Kleinformatige Landschaften mit Wasserfall sind eher selten im
Œuvre Ruisdaels und ähnliche Darstellungen finden sich bei-
spielsweise in Brüssel, Sammlung del Monte und in Den Haag,
Rijksdienst Beeldene Kunst (siehe Seymour Slive: Jacob van
Ruisdael, A Complete Catalogue of his Paintings, Drawings and
Etchings, New Haven und London 2001, S. 168–169, Nr. 160 und
S. 198, Nr. 199).
CHF 15 000 / 25 000
(€ 15 310 / 25 510)
| 67
Gemälde Alter Meister
| 68
3046*
JAN VAN KESSEL d. Ä.
(1626 Antwerpen 1679)
Früchtestillleben mit Gebäck, Tazza und Meerschweinchen.
Öl auf Kupfer.
20 × 34,5 cm.
Provenienz:
- Wohl Galerie De Jonckheere, Paris, TEFAF, um 1980.
- Sammlung Stefan und Monika Schminck, Frankfurt a. M.
- Europäische Privatsammlung.
Literatur:
- Edith Greindl: Les Peintres flamands de nature morte au XVIIe
siècle, Sterrebeek 1983, S. 159, Abb. 85 (als Jan van Kessel d. Ä.).
- Peter Sutton: Dutch and Flemish seventeenth-century pain-
tings. The Harold Samuel collection. Ausst.-Kat. Cambridge
1992, S. 108, Fig. 2 (als Nachfolger von Jan van Kessel d. Ä.).
- Jan de Maere und M. Wabbes: Illustrated dictionary of 17th
century Flemish painters, Brüssel 1994, Bd. I, Abb. S. 680 (als Jan
van Kessel d. Ä.).
- Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Jan van Kessel, Lingen 2012,
Kat.-Nr. 469, S. 95 und 290, Abb. 95 (als Jan van Kessel d. Ä.).
Das hier angebotene, äusserst fein gemalte Stillleben mit Blu-
mentazza, einer Süßigkeitenplatte und vier Obstplatten mit zwei
Meerschweinchen stellt eines der schönsten Beispiele eines
Mahlzeitstilllebens von Jan van Kessel d. Ä. dar – einem Genre,
in dem sich der Künstler besonders auszeichnete und für das er
typischerweise kleinformatige Kupfertafeln als Malträger verwen-
dete.
Nach dem Vorbild Osias Beerts d. Ä. (1580 –1624), der eine
zentrale Rolle in der frühen Entwicklung von Mahlzeitstillleben als
eigenständige Gattung spielte, arrangiert Van Kessel in unserem
Gemälde eine große Vielfalt an frischen und kandierten Früchten
und Zuckergebäck in mehreren Zinntellern und einem chinesi-
schen Porzellanschälchen auf einer schlichten Holztischplatte.
Zwei Meerschweinchen und ein rotes Eichhörnchen lassen sich
die ausgebreiteten Köstlichkeiten nicht entgehen. Insekten,
Fliegen und Schmetterlinge nehmen ebenfalls am Festmahl teil.
Van Kessel umschreibt hier detailversessen die Formen und Far-
ben jedes einzelnen Objekts und Lebewesens und verleiht dem
Ensemble noch mehr optischen Reiz durch eine im Hintergrund
platzierte goldene Tazza mit Blumen und Insekten.
Dr. Klaus Ertz (siehe Literatur) datiert das hier angebotene Still-
leben in die 1670er-Jahre und vergleicht es kompositorisch und
stilistisch mit einem Früchtestilleben mit Tazza, Eichhörnchen
und Steinkrug von Jan van Kessel d. Ä., welches sich ehemals in
der Harold Samuel Sammlung in Cambridge befand (siehe Ertz/
Nitze-Ertz 2012, Kat.-Nr. 468).
CHF 80 000 / 120 000
(€ 81 630 / 122 450)
| 69
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Old Master Paintings Auction 23 September 2022

  • 1. Auktion: 23. September 2022 Auktion: 23. September 2022 GEMÄLDE ALTER MEISTER GEMÄLDE ALTER MEISTER
  • 2.
  • 3.
  • 4.
  • 5.
  • 6. ibid online only (129) Gemälde Alter Meister & des 19. Jhs. Schweizer Kunst, Zeichnungen & Alte Grafik Bücher & Autographen, Schmuck Möbel, Uhren, Varia, Porzellan, Silber AUKTIONSPROGRAMM AUKTIONEN SEPTEMBER 2022 (A202 & IBID 129) IBID 129 ONLINE ONLY AUKTIONEN IBID ALTEGRAFIK&ZEICHNUNGEN Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022 IBID SILBER Bieten ab 13.09 bis 27.09.2022 IBID SCHWEIZER KUNST Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022 IBID BÜCHER & AUTOGRAPHEN Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022 IBIDMÖBEL&UHREN Bieten ab 13.09 bis 27.09.2022 IBIDVARIA&SKULPTUREN Bieten ab 13.09 bis 27.09.2022 IBID PORZELLAN Bieten ab 13.09 bis 27.09.2022 IBID SCHMUCK Bieten ab 13.09 bis 27.09.2022 IBID GEMÄLDE ALTER MEISTER & DES 19. JHS. Bieten ab 13.09 bis 28.09.2022
  • 7. MÖBEL, PENDULEN, SKULPTUREN, SILBER, PORZELLAN (TEIL 1) Donnerstag,22.September2022,10.00Uhr Lot 1001 – 1135 MÖBEL, PENDULEN, SKULPTUREN, SILBER, PORZELLAN (TEIL 2) Donnerstag,22.September2022,13.30Uhr Lot 1136 – 1333 TEPPICHE Donnerstag,22.September2022,17.00Uhr Lot 1501 – 1584 Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66  office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch Auktion: 22. September 2022 DECORATIVE ARTS MÖBEL, UHREN, SILBER PORZELLAN, TEPPICHE DECORATIVE ARTS A202 SEPTEMBER 2022 BÜCHER & AUTOGRAPHEN Mittwoch, 21. September 2022, 14.00 Uhr Lot 101 – 232 & 501 – 577 SEPTEMBER 2022 Auktion: 21. September 2022 BÜCHER & AUTOGRAPHEN BÜCHER & AUTOGRAPHEN A202 ALTE GRAFIK Freitag, 23. September 2022, 10.00 Uhr Lot 3601 – 3639 ZEICHNUNGEN Freitag, 23. September 2022, 11.00 Uhr Lot 3401 – 3490 GEMÄLDE ALTER MEISTER Freitag, 23. September 2022, 14.00 Uhr Lot 3001 – 3079 GEMÄLDE DES 19. JH. Freitag, 23. September 2022, 16.00 Uhr Lot 3201 – 3241 Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66  office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch A202 SEPTEMBER 2022 GEMÄLDE ALTER MEISTER UND DES 19. JH., ZEICHNUNGEN UND ALTE GRAFIK Auktion: 23. September 2022 Auktion: 23. September 2022 GEMÄLDE ALTER MEISTER & DES 19. JH. GEMÄLDE ALTER MEISTER & DES 19. JH. ZEICHNUNGEN UND ALTE GRAFIK ZEICHNUNGEN UND ALTE GRAFIK Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz VORBESICHTIGUNG Fr. 16. bis Di. 20. September 2022, 10–18 Uhr
  • 8. Koller Auktionen ist Partner von Art Loss Register. Sämtliche Gegenstände in diesem Katalog, sofern sie eindeutig identifizierbar sind und einen Schätzwert von mind. € 1000 haben, wurden vor der Versteigerung mit dem Datenbestand des Registers individuell abgeglichen. EURO-Schätzungen Die Schätzungen in Euro wurden zum Kurs von 0,98 umgerechnet und auf zwei Stellen gerundet, sie dienen nur zur Orientierung. Verbindlich sind die Angaben in Schweizer Franken. Gemälde Alter Meister   S. 1 Gemälde des 19. Jahrhunderts   S. 107 Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts   S. 157 Alte Graphik   S. 189 Künstlerregister   S. 206 Adressen    S. 208 Auktionsbedingungen    S. 210 Auction Conditions   S. 212 Conditions de vente aux enchères   S. 214 Auktions-Auftrag   S. 216 AUKTIONEN Hardturmstrasse 102 8031 Zürich, Schweiz
  • 9. Gemälde Alter Meister Lot 3001 – 3079 AUKTION Freitag, 23. September 2022, 14.00 Uhr VORBESICHTIGUNG Freitag 16. bis Dienstag 20. September 2022, 10–18 Uhr English descriptions and additional photos: www.kollerauctions.com Stéphanie Schwill-Egli Tel. +41 44 445 63 32 egli@kollerauktionen.ch Karoline Weser Head of Department Tel. +41 44 445 63 35 weser@kollerauktionen.ch Laura Järmann Tel. +41 44 445 63 31 jaermann@kollerauktionen.ch Weitere Bearbeitung: David Jost, Luca Gurtner
  • 10. Gemälde Alter Meister | 2 3001 TADDEO DI BARTOLO (1362 Siena 1422) Heilige Agatha. Tempera auf Holz. Unten mittig bezeichnet: SCA: AGATA. 42,3 × 20,7 cm. Provenienz: - Kunsthandel Colnaghi, London, vor 1961. - Sestieri, Rom, vor 1968. - F. Taccani, Mailand, 1970–71. - Deutsche Privatsammlung. - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatsammlung. Siehe Katalognotiz zu folgendem Los. Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610) 3002 TADDEO DI BARTOLO (1362 Siena 1422) Heilige Barbara. Tempera auf Holz. Unten mittig bezeichnet: SCA: BARBARA. 44,5 × 20,6 cm. Provenienz: - Kunsthandel Colnaghi, London, vor 1961. - Sestieri, Rom, vor 1968. - F. Taccani, Mailand, 1970–71. - Deutsche Privatsammlung. - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatsammlung. Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Gau- denz Freuler, Juli 2022. Vorliegendes Tafelbild mit der Halbfigur der Heiligen Barbara ist in ein, der Gotik nachempfundenes Rahmenwerk des 19. Jahrhun- derts eingefasst. Ihr Haupt leicht nach links geneigt sucht sie mit ihrem Blick die Aufmerksamkeit des Betrachters, dem sie mit dem Zeigegestus auf ihr Attribut, den Turm, ihre Identität als Heilige Barbara kundtut. Mit ihrem Namen ist sie denn auch unten in originaler Schrift in Gold bezeichnet. Federico Zeri, in dessen Fo- tosammlung das Bild als Werk des sienesischen Malers Taddeo di Bartolo (Fototeca-Nr. 7843) figuriert, brachte es in einen Zusam- menhang mit drei weiteren Tafeln: einer Heiligen Agatha (Foto- teca.-Nr. 7842, Los 3001) mit gleicher Provenienz wie das in Frage stehende Bild, einer Heiligen Giulitta an unbekanntem Standort und mit identischem Rahmenwerk (Fototeca-Nr. 7840) und schliesslich der Tafel mit der Heiligen Margherita in der Sammlung des Allen Memorial Museum in Oberlin College in Ohio (Inv.-Nr. 1943.246, Tempera auf Holz, 41,3 × 21 cm, Fototeca-Nr. 7841). Wie bereits von Federico Zeri vorgeschlagen, sind die in Frage stehenden Tafeln Taddeo di Bartolo, dem erfolgreichsten der sienesischen Maler des späten Trecento und frühen Quattrocento zuzuweisen. Zweifellos waren die Tafeln Teil des obersten Register eines grossen Altarwerks und bildeten die Giebelspitzen über dessen seitlichen Tafeln. Taddeo di Bartolo gehört zweifellos zu den schillerndsten und eigenständigsten Malern, die die sienesische Kunst hervorge- bracht hatte. Seine Karriere ist gekennzeichnet durch verschiede- ne Wendungen. Der ca. 1362 geborene Taddeo di Bartolo muss in einer führenden sienesischen Malerwerkstatt, womöglich die des Jacopo di Mino Pelliciaio (um 1315/1319–1396), ausgebildet worden sein und orientierte sich auch am damals bedeutendsten sienesischen Maler des späteren 14. Jahrhunderts, Bartolo di Fredi (um 1330–1410) sowie an dessen Zeitgenossen Paolo di Gi- ovanni Fei (um 1345–um 1411). Schwierig dürfte sich seine künst- lerischen Anfänge in den 1380er-Jahren gestaltet haben, da die in Siena und in der näheren Umgebung anfallenden künstlerischen Aufträge zumeist an seinen älteren Mentor Bartolo di Fredi er- gingen, der in diesen Jahren in der Heimat und den umliegenden Zentren ein dichtes, ihm wohl gesinntes Stifternetz geschaffen hatte. Diese Situation führte vermutlich dazu, dass Taddeo di Bar- tolo gegen 1389 mit seiner Werkstatt in das Gebiet von Pisa und danach nach Ligurien auswich, wo er ähnlich wie Bartolo di Fredi in Siena, ein bedeutendes Stifternetz aufbaute und sich über zahl- reiche überragende Freskenzyklen und Altarwerke einen ausser- ordentlich guten Ruf schuf. Diese Erfahrungen fernab der Heimat führten zu Taddeos höchst persönlichen Malstil ausserhalb der sienesischen Orthodoxie. Dieser ist einerseits angereichert mit emilianischen Komponenten des in Ligurien arbeitenden Barnaba da Modena (um 1328/1330–nach 1386) und Niccolò da Voltri (vor 1370–nach 1417) und andereseits mit den kosmopolitischen Strömungen der Malerei in Pisa. Zurück in Siena um 1399/1400 avancierte Taddeo di Bartolo zum absoluten Protagonisten in der sienesischen Kunstszene, wo ihm die bedeutendsten Aufträge (Fresken im Palazzo Pubblico in Siena und im Dom von Siena) zufielen, gleich wie er in Montepulciano und Umbrien gigantische Altarwerke schuf. Ein solches krönten auch die hier in Frage stehenden zwei Giebel. Bis heute konnten sie keinem der bekannten Altarwerke zugeord- net werden, wobei aufgrund stilkritischer Überlegungen in erster Linie die späten Altarwerke in Frage kämen. In der Tat schliessen sich die beiden Tafeln stilistisch an Taddeo di Bartolos Spätwerk an. Das sanfte gerundete, leicht verträumt blickende Gesicht der Agatha, die weitestgehend ein Modell einer ähnlichen Agathe an unbekanntem Standort verkörpert, repräsentiert eine ähnliche Stilstufe wie eine Katharina von Alexandrien im Musée des Beaux Arts in Caen, welche Teil eines um 1418 datierbaren Altarwerks war (siehe Ausst.-Kat. Taddeo di Bartolo, hrsg. von Gail E. Solberg, Cinisello Balsamo 2020, S. 256, Kat.-Nr. 41). Dieser Datierungsvorschlag bekräftigt sich durch einen weiteren Vergleich, nämlich den der dritten Tafel unserer Giebelserie mit der Heiligen Giulitta, deren nach links geneigtes, vergleichsweise härter modelliertes Gesicht sich mit dem Antlitz des Stephanus im grossen, 1418 gemalten Altarwerks von Gubbio vergleichen lässt (Fogg Art Museum, Inv.-Nr. 1965.2, Tempera und Goldgrund auf Holz, 175,5 × 88,7 cm). Die beiden Tafeln sowie die Giulitta in unbekanntem Besitz sind bedeutende Zeugnisse eines grossen Altawerks, das Taddeo di Bartolo am Ende seiner Karriere geschaffen hatte und zeigen, dass Taddeos Schaffenskraft und der künstlerische Output seiner Malerwerkstatt, der nunmehr auch sein Adoptivsohn Gregorio di Cecco (um 1390–um 1424) angehörte, auch am Ende seiner Tage ungebrochen war. Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610)
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  • 14. Gemälde Alter Meister | 6 3003 FLORENZ, UM 1450 Seitenbild einer Cassonetruhe mit Szene aus Ovids Metamorphosen: Pyramus und Thisbe. Tempera auf Holz.48 × 48,8 cm. Provenienz: - Ehemals Privatsammlung der Familie Mario und Giuseppe Bellini, um 1900–1930. - Auktion Koller, Zürich, 18.9.2015, Los 3005. - Schweizer Privatbesitz. CHF 12 000 / 18 000 (€ 12 240 / 18 370) 3004 FLORENZ, UM 1450 Seitenbild einer Cassonetruhe mit Szene aus Ovids Metamorphosen: Apollo und Daphne. Tempera auf Holz.47,7 × 48,8 cm. Provenienz: - Ehemals Privatsammlung der Familie Mario und Giuseppe Bellini, um 1900–1930. - Auktion Koller, Zürich, 18.9.2015, Los 3006. - Schweizer Privatbesitz. CHF 12 000 / 18 000 (€ 12 240 / 18 370) Diese Seitenbilder einer florentinischen Hochzeitstruhe (Los 3003 und 3004) erzählen beide Episoden zweier tragischer Liebesge- schichten aus der griechischen Mythologie, wie sie von Ovid in seinen Metamorphosen magistral zusammengefasst wurden. Das eine Bild erzählt die grauenvolle Tragik der beiden Geliebten Pyramus und Thisbe, die beide durch einen tragischen Irrtum Selbst- mord begehen und so ihre Liebe unter Beweis stellen: Pyramus und Thisbe vereinbarten ein nächtliches Treffen unter einem Maulbeer- baum, um Babylon für immer hinter sich zu lassen. Thisbe, die früher als Pyramus bei dem Maulbeerbaum eintrifft, flüchtet vor einer Löwin, die an einer Quelle trinkt und vom Fressen gerissenen Viehs noch ein blutiges Maul hat. Dabei verliert Thisbe ihren Schleier, der von der Löwin zerrissen und mit Blut beschmiert wird. Als Pyramus erscheint, findet er den zerrissenen, blutgetränkten Schleier, nimmt an, dass Thisbe von der Löwin getötet worden sei und stürzt sich daher unter dem Maulbeerbaum in sein Schwert. Als Thisbe zurück- kehrt, findet sie den sterbenden Geliebten, ist überwältigt von ihren Tränen und ihrer Liebe und stürzt sich ebenfalls in dessen noch warmes Schwert. Das Blut der Liebenden benetzt die Wurzeln des Maulbeerbaums. Das andere Bild schildert knapp das ebenfalls in Tragik endende Liebesabenteuer des Sonnengottes Apollo mit der ihn verschmä- henden Nymphe Daphne: Von Amors Pfeil getroffen, gerät Apollo in einen Liebestaumel zur wunderschönen Nymphe Daphne. Seine allerdings nicht erwiderte Liebe zu Daphne treibt ihn zum Wahnsinn, und er stellt ihr unerbittlich nach. Um sich Apollos Liebe zu entzie- hen, lässt sich Daphne in einen Lorbeerbaum verwandeln, aber auch dieses Unterfangen kann Apollo nicht von seiner Liebe abhalten, weshalb er seinen verwandelten Lorbeerbaum weiter liebkost und den daraus geflochtenen Lorbeerkranz zu seinem Heiligtum erhebt. Zweifellos waren die beiden Seitenbilder einer Hochzeitstruhe Elemente eines grösseren, der Passion der Liebe gewidmeten Zyklus und könnten – gleich wie ein Cassone mit ähnlicher Thematik im Victoria and Albert Museum in London (Inv.-Nr. 4639-1858) – auf der Cassonefront Petrarcas Trionfi verbildlicht haben. Die dort angesprochenen Trionfi sind Allegorien auf Liebe, Keuschheit und Tod, Aspekte, die auch auf den Seitenbildern hier thematisiert sind. Vermutlich handelt es sich hier um einen der auf die Cassonemalerei spezialisierten florentinischen Maler, welche die Bilderfindungen der führenden Meister vereinfacht umsetzten. Die auf die Herstellung und Bemalung diverser Objekte zum häuslichen Gebrauch spe- zialisierte Berufsschicht der sogenannten ‚Cofanai‘ und ‚Forzerinai‘ arbeiteten in unmittelbarer Nähe zu den grossen Künstlern, die auch selbst gelegentlich die Produktion dieser handwerklich geprägten Arbeiten übernahmen. Die Werkstätten der ‚Cofanai‘ waren deshalb oftmals in unmittelbarer Nähe jener ihrer Korrespondenten. Dass unser florentinischer Maler die berühmteren Vorgaben kannte, zeigen verschiedene Bilder gleicher Thematik, in denen in der gleichen Epoche gegen 1450 die thematischen Vorgaben auf sehr ähnliche Weise umgesetzt wurden. Dies gilt im Fall der Pyramus und Thisbe Tafel für das Exemplar im Victoria and Albert Museum, das bezüglich der Komposition relevant ist, ebenso wie die einst im Dayton Art Institute in North Dayton, Ohio (vgl. B. B. Fredericksen / Federico Zeri: Census of Pre-Nineteenth-Century Italian Paintings in North American Public Collections, Cambridge (Mass.) 1972, S. 222) heute in Privatbesitz befindliche Tafel. Die Darstellung von Apollo und Daphne findet ihre (seitenverkehrte) Entsprechung in der Tafel aus der Umgebung des Meisters des Parisurteils im Barber Institute of Arts in Birmingham (Inv.-Nr. 50.7b). Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieser Gemälde.
  • 16. Gemälde Alter Meister | 8 3005 MEISTER VON SAN MINIATO (LORENZO DI GIOVANNI DI NOFRI) (vor 1465 Florenz 1512) Maria mit Kind und den Heiligen Franziskus von Assisi und Julianus Hospitator. Tempera auf Holz.69,5 × 41,5 cm. Provenienz: - Sammlung Han Coray (1880–1974), Erlenbach (als Francesco Pesellino). - Auktion Wertheim, Berlin, Sammlung Han Coray, 1.10.1930, Los 4 (als Francesco Botticini). - Auktion Fischer, Luzern, 2.-5.9.1942, Los 1140. - Schweizer Privatbesitz. Literatur: - Raimond van Marle: The Development of Italian Schools of Pain- ting, Bd. XVI, Den Haag 1937, S. 198 (als Master of San Miniato). - Bernard Berenson: Italian Pictures of the Renaissance. Florenti- ne School, Bd. I, London 1963, S. 147, Tafel 1050 (als Master of San Miniato). - Serenella Castri, in: Gigetta Dalli Regoli (hrsg.): Il Maestro di San Miniato. Lo stato degli studi, i problemi, le risposte della filologia, Pisa 1988, S. 220, Kat.-Nr. 16, Abb. 139. Mit einer ausführlichen kunsthistorischen Analyse von Prof. Gau- denz Freuler, Juli 2022. Vorliegendes Tafelbild zeigt die Mutter und Kind im Beisein vom Heiligen Franziskus von Assisi und dem Heiligen Julian. Über ihr schwebt als Zeichen der barmherzigen Gnade Gottes die Heilige Dreifaltigkeit in Form eines schwebenden Gnadenstuhls. Das flo- rentinische Tafelbild verkörpert den in der Florentiner Renaissance beliebten Typus des “colmo da camera”. Derartige Tafelbilder, meist in standardisierten Grössen von ca. 60–70 cm Höhe herge- stellt, wurden meist in die Schlafzimmer der begüterten Bürger- häuser gehängt, wo sie der privaten Andacht dienten. Inhaltlich verbildlichten sie meistens allusiv mit symbolischen Einschüben die göttliche Gnade und die Barmherzigkeit Mariens dank ihrer göttlichen Mutterschaft und spendeten so dem Andächtigen vor dem Bild Trost. Der Stil des vorliegenden auch schon Francesco Botticini zuge- schriebenen Gemäldes lässt kaum Zweifel offen, dass es sich um ein Werk des sogenannten Meisters von San Miniato handelt, dem es auch seit Raimond Van Marle (siehe Literatur) zugewiesen wird. Seinen Notnamen erhielt der lange unidentifiziert geblie- bene Florentiner Maler aufgrund seines Altarbildes der Jung- frau mit Kind zwischen den Heiligen Sebastian, Johannes dem Täufer, Martin und Rochus in der Kirche Santi Jacopo e Lucia in San Miniato, einem Städtchen zwischen Florenz und Pisa. Dieser Künstler wurde kürzlich als Giovanni di Lorenzo di Nofri identifiziert (siehe Anna Maria Bernacchioni: Tradizione e arcaismi. Le forme della tradizione: pittori fra continuità e innovazioni, in: Maestri e botteghe. Pittura a Firenze alla fine del Quattrocento, Ausst.-Kat. Mina Gregori / Antonio Paolucci / Cristina Acidini Luchinat (hrsg.), Palazzo Strozzi, Florenz, 16.10.1992–10.1.1993, S. 178–179 so- wie Anna Maria Bernacchioni: Pale d’altare della seconda metà del Quattrocento: Committenza e recupero delle identità artistiche, in: Antonia D’Aniello (hrsg): Pittura e scultura nella chiesa di San Domenico a San Miniato. Studi e restauri, Pisa 1998, S. 37–41). Dieser war ein Schüler von Neri di Bicci (1418–1492), in dessen Werkstatt er 1465 bis 1466 nachgewiesen ist (siehe Bruno Santi (hrsg.): Neri di Bicci, Le Ricordanze (10 March 1453–24 April 1475), Pisa 1976, S. 244–245, 264, 268–269, 272). 1472 machte er sich unabhängig und führte eine eigene Malerwerkstatt „al canto dei Servi“, an der Ecke der Piazza gegenüber der Basilika Santissi- ma Annunziata in Florenz (siehe Bernacchioni 1992, S. 179). Im Vergleich zur Malkunst seines Lehrers, Neri di Bicci, ist Giovanni di Lorenzos Malstil Ausdruck ausgefeilter, und nimmt Bezüge auf die Kunst der führenden Florentiner Zeitgenossen auf. Er legt seinen Fokus auf eine klarere Chiaroscuro Modellierung seiner Figuren und generell auf die klarere Artikulierung von Volumen und Kontu- ren. Zugleich orientiert er sich an Filippo Lippis Figurenrepertoire, das seinen Madonnen- und Heiligengesichtern eine zuweilen androgyne Zartheit verleiht. Die künstlerischen Wurzeln in Filippo Lippis Kunst sind auch in vorliegendem Tafelbild auszumachen, doch machen sich hier auch Elemente einer neueren Kunstrichtung bemerkbar, die aus der Tradition Andrea Verrocchios geschöpfte Tendenzen erken- nen lassen, die in den 1470er-Jahren auch vom frühen Sandro Botticelli (1445–1510) und den mit ihm wirkenden Filippino Lippi (1457–1504) geteilt wurden. Angesprochen sind Andrea Ver- rocchios (1435–1488) künstlerische Tendenzen, die dieser mit seinem als Bildhauer besonders ausgeprägten Sinn für die Drei- dimensionalität auch auf die Malerei übertrug und eine Malweise präsentierte, die sich auf eine stärkere Definition von Volumen mit deutlicher akzentuiertem Hell-Dunkel ausrichtete, welche gegen 1470 in der florentinischen Malerei das Mass aller Dinge werden sollte. Diese Angleichung an die Kunst Andrea Verrocchios auf dem Substrat der von Filippo Lippi (1406–1469) angeregten Kunst ist auch im vorliegenden Werk des Meisters von San Miniato alias Lorenzo di Giovanni erkennbar. Es verbindet sich mit Andrea Verrocchios und Sandro Botticellis zu Beginn der 1470er-Jahre gemalten Werken, beispielsweise mit Botticellis Madonnenbild im Musée du Petit Palais in Avignon (Inv.-Nr. MI 480) oder Verroc- chios Volterra Madonna in der Londoner National Gallery (Inv.-Nr. NG296). Mit Letzterem teilt unser Maler auch das alte, bereits im 14. Jh. bekannte Motiv des an den Fingern lutschenden Kin- des. Wenngleich chronologische Anhaltspunkte für das Œuvre unseres Malers weitestgehend fehlen, so lässt sich für unser Bild aufgrund seiner Stilbezüge zu Verrocchios und Botticellis Werken um 1470 eine Datierung gegen 1475 postulieren. Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610)
  • 17. | 9
  • 18. Gemälde Alter Meister | 10 3006 MAESTRO DI SANT‘IVO (tätig in Florenz im letzten Viertel des 14. und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts) Thronende Madonna mit dem Kind flankiert von den Heiligen Johannes dem Täufer und Julian sowie den Heiligen Katharina (?) und Dorothea. Um 1390–1400. Tempera und Goldgrund auf Holz. 76,8 × 44,8 cm. Provenienz: - Auktion Finarte, Mailand, 12.–13.3.1966, Los 147 (als Mariotto di Nardo). - Sammlung Filippo Giordano della Lanze, 1966. - Privatbesitz, Schweiz. Literatur: - Miklòs Boskovits: Pittura Fiorentina alla vigilia del Rinascimento, 1370–1400, Florenz 1975, S. 378. - Costanza Baldini: Il Maestro di Sant‘Ivo: profilo di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, in: Arte Cristiana, XCIII, 2005, S. 265. Die kritische Aufarbeitung des Meisters von Sant‘Ivo, von dem das hier angebotene Altarbild ein charakteristisches Werk ist, wurde 1967 von Federico Zeri initiiert. Die Werkgruppe wurde später von Miklòs Boskovits (siehe Boskovits 1975, S. 376–379) erweitert, der den anonymen Künstler nach dem Sujet eines grossen Gemäldes in der Galleria dell‘Accademia in Florenz benannte, das den Heili- gen Ivo buon giudice darstellt (Inv. 1890 Nr. 4664). Das Œuvre dieses Malers, der sich durch eine grosse stilistische Kohärenz auszeichnet, umfasst vor allem Werke, die für die private Andacht bestimmt sind und in denen die Heiligenfiguren in voller Höhe und mit strengem Gesichtsausdruck dargestellt werden (siehe Costanza Baldini: Il Maestro di Sant‘Ivo. Ritratto di un pittore a cavallo tra XIV e XV secolo, Rom 2004, und ebd. Il Maestro di Sant‘Ivo, 2005). Das aus Agnolo Gaddi geschöpfte Typenrepertoi- re unseres Meisters deutet darauf hin, dass unser Maler vermut- lich in der Werkstatt von Agnolo Gaddi (um 1350–1396) ausgebil- det wurde. Seine Hand wollte man in untergeordneten Bereichen in Agnolo Gaddis, in den ausgehenden 1380er-Jahren gemalten Freskozyklus der Kreuzlegende in der Chorkapelle in Santa Croce in Florenz gleich wie in den zu Beginn des letzten Trecento Jahrzehnts ausgeführten Fresken der Cappella della Cintola in Prato ausmachen. Zu Beginn des nachfolgenden Jahrhunderts sind im Werk unseres Malers Einflüsse von Lorenzo Monaco (um 1370–um 1425) und Mariotto di Nardo (um 1388–1424) aus- zumachen, die seine spätere Kunst entscheidend prägten. Die Wege unseres Malers und Lorenzo Monacos könnten sich bereits in den ausgehenden 1380er-Jahren innerhalb Agnolo Gaddis Werkstatt gekreuzt haben, zumal seine Tafel mit der Mystischen Vermählung der Katharina von Alexandrien in der Staatlichen Gemäldesammlung in Berlin stilistisch mit Lorenzo Monacos frühesten Gemälden in Agnolos Werkstatt, den Gemälden für den San Gaggio Altar und der Nobili Kapelle in Santa Maria degli Angeli in Florenz verbinden (Ausst.-Kat. Lorenzo Monaco dalla tradizi- one giottesca al Rinascimento, Galleria dell’ Accademia Florenz 2006, S. 106–117). Unser Tafelbild zur privaten Andacht lässt klare Anflüge an Agnolo Gaddi erkennen, dessen Typenrepertoire er mit einer für ihn etwas harten Zeichnung umsetzt und seinen Figuren den für sein Werk charakteristischen, eher strengen und herben Ausdruck verleiht. Es bildet eine stilistische und mitunter auch kompositorische Einheit mit anderen Werken seiner Hand, so mit einer fast identisch konzipierten Tafel (ehemals in Mailän- der Kunsthandel vor 1986), einer mystischen Vermählung der Heiligen Katharina von Alexandrien (ehemals Turiner Kunsthandel 1987) und einer Madonna dell’ Umiltà (Auktion Dorotheum, Wien, 21.10.2014, Los 1). Diese werden zu Recht (siehe Boskovits 1975) in die Frühzeit unseres Malers gesetzt und dürften im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhundert entstanden sein. Wie die später entstande- ne Madonna mit dem Kind und den Heiligen Antonius Abbas, Franziskus und zwei weiblichen Heiligen in der Galleria dell‘Acca- demia in Florenz (siehe Federica Baldini: Maestro di Sant‘Ivo, in: Cataloghi della Galleria dell‘Accademia di Firenze. Dipinti, Bd. III, Il Tardogotico, hrsg. von C. Hollberg / A. Tartuferi / D. Parenti, unter Mitarbeit von Alice Chiostrini, Giunti 2020, S. 142–143, Kat.-Nr. 30) erkennen lässt, nimmt der Meister von Sant‘Ivo in der Folge seine etwas kantige Malweise zurück und schuf besser proportionierte Formen, die zu harmonischeren und ausgewogeneren Erschei- nungsbildern führten. Dieses Gemälde ist in der Fototeca Zeri unter der Nummer 3335 als ein eigenhändiges Werk vom Maestro di Sant‘Ivo archiviert. CHF 40 000 / 60 000 (€ 40 820 / 61 220)
  • 19. | 11
  • 20. | 12
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  • 22. Gemälde Alter Meister | 14 3007 BATTISTA DI BIAGIO SANGUIGNI früher genannt MEISTER VON 1419 (tätig um 1393 Florenz 1451) Drei Tafeln eines Altars: Madonna mit Kind von der Stifterfamilie angebetet (Zentraltafel), die Heiligen Johannes der Täufer und Antonius Abbas (linker Flügel)/ die Heiligen Jakobus d. Ä. und Maurus (rechter Flügel). Tempera und Goldgrund auf Holz. 91,3 × 53,4 cm (Zentratafel) / 98,5 × 48,2 cm (linker Flügel) / 98,5 × 46,8 cm (rechter Flügel). Provenienz: - Wohl für einen Benediktiner Orden von Jacopo di Niccolò Cor- bizzi in Auftrag gegeben. Zentraltafel: - Wohl seit den 1940er-Jahren in deutscher Privatsammlung. - 1992 durch Erbschaft in Privatsammlung Deutschland. - Auktion Koller, Zürich,26.3.2021, Los 3007. - Schweizer Privatsammlung. Seitenflügel: - Kunsthandel Julius Böhler, München, 1971. - Schweizer Privatbesitz, bei Obigem erworben. Ausstellung (Seitenflügel): Lugano-Castagnola 1991, Künder der wunderbaren Dinge. Frühe italienische Malerei aus Sammlungen in der Schweiz und Liech- tenstein. Villa Favorita, Stiftung Thyssen-Bornemisza, Luga- no-Castagnola, 7.4.–30.6.1991. Literatur: - Miklos Boskovits: Ancora sul Maestro del 1419, in: Arte Cristiana 90, 2002, Bd. 812, S. 334. Abb. 5–7. Zentratafel: - Laurence B. Kanter: Zanobi Strozzi miniatore and Battista di Biagio Sanguigni, in: Arte Cristiana 90, 2002, Bd. 812, S. 329. - Laurence B. Kanter: Battista di Biagio Sanguigni and Zanobi Strozzi, in: Ausst.-Kat. Fra Angelico, New York Metropolitan Mu- seum of Art, New York 2005, S.227 ff. Seitenflügel: - Ausst.-Kat. Künder der wunderbaren Dinge. Frühe italienische Malerei aus Sammlungen in der Schweiz und Liechtenstein. Villa Favorita, Stiftung Thyssen-Bornemisza, Lugano-Castagnola, Eidolon 1991, Kat.-Nr. 90, S. 230, Abb. 231. Diese drei Tafelen konnten kürzlich wieder vereint werden und bilden ein beindruckendes Triptychon, welches wohl für einen Benediktiner Orden von Jacopo di Niccolò Corbizzi in Aufrag gegeben wurde. Die Zentraltafel zeigt in einer eleganten spät- gotischen Formensprache die Mutter und ihr göttliches Kind auf einer marmornen Thronbank sitzend. Ihnen zu Füssen erscheint eine Gruppe devoter Personen, vermutlich die Stifterfamilie, und rechts die mit ihnen verbundenen Frauen einer Benediktinerge- meinschaft. Umschlossen wird diese heilige Begegnung, der sich auch zwei Engel beigesellt haben, von einem prachtvollen roten Goldbrokat. Während die heilige Mutter mit dem ausladenden Gestus ihrer Rechten die frommen Frauen unter ihren Schutz nimmt, ist der in eine goldbestickte lilafarbene Tunika gekleidete Jesusknabe mit einem Segensgestus direkt dem Bildbetrachter zugewandt. Die 91,3 cm hohe Tafel sowie auch der Grossteil des ursprüngli- chen Rahmenwerks ist in ihrer unteren Hälfte um ca. 20 cm, mit Ausnahme des originalen Spitzbogens mit Vielpass, beschnitten worden. Der gleiche Befund gilt auch für das Rahmenwerk der nicht beschnittenen Seitentafeln. Mit ebenfalls benediktinischer Ikonographie hat Miklòs Boskovits (siehe Literatur) aufgrund stilkritischer Erwägungen eine Zugehörigkeit zu unserer Madon- na geltend gemacht. Die Richtigkeit der Rekonstruktionsfrage unseres Altarwerks kann heute anhand des Befunds an den Ori- ginalen und weiteren Erhebungen des Bildprogramms bestätigt werden. Die zentralen Tafeln sind in der Regel um Einiges höher als die seitlichen Elemente. Da die zentrale Tafel unten um ein Stück beschnitten ist und sie diese um die beschnittene Höhe überragt, dürfte an der Zugehörigkeit aller drei Elemente zu einem Triptychon kein Zweifel bestehen, zumal sie auch stilistisch eine Einheit bilden. Übereinstimmung kann auch an der orientalischen Musterung des Throntuchs bestehend aus Granatrosen, stilisier- ten Fabelwesen und Schildkröten erkannt werden, das nach dem gleichen Schablonenmuster in den Goldgrund gestichelt wurde wie die auf den Seitentafeln aufgemalte Musterung des roten Bodens. Eine weitere, letztlich schlüssige Bekräftigung für die Richtigkeit der Rekonstruktion unseres Triptychons ergibt sich schliesslich aus dem benediktinischen Kontext des Bildprogramms, wo auf dem Hauptblatt links Benediktinerinnen und auf den Seitentafeln die Heiligen Maurus und Antonius Abbas im Habit des schwarzen Ordens der Benediktiner erscheinen. Die Zentraltafafel wurde erstmals von Laurence B. Kanter und Miklòs Boskovits (siehe Literatur) veröffentlicht und dem Meister von 1419, der nunmehr als Battista di Biagio Sanguigni identifiziert ist. Die beiden Sei- tentafeln wurden von Prof. Gaudenz Freuler 1991 erstmals dem damals noch unter dem Notnamen bekannten Meister von 1419 zuerkannt. Bis zur überzeugenden Identifikation dieses anfänglich noch anonym geglaubten Malers mit Battista di Biagio Sanguigni durch Laurence B. Kanter (siehe Laurence B. Kanter, 2002 und 2005), wurde das Œuvre dieses Künstlers als Werkgruppe des soge- nannten Meisters von 1419 geführt (siehe Georg Pudelko: The stylistic development of Lorenzo Monaco, in: The Burlington Magazine, LXXIII, Mai 1938, S. 237 sowie Gaudenz Freuler: Künder der wunderbaren Dinge. Frühe italienische Malerei in der Schweiz und Liechtenstein (Lugano Stiftung Thyssen-Bornemisza Villa Favorita 1991), Einsiedeln 1991, S. 230 und M. Boskovits, 2002). Wenngleich die hier in Rede stehende Madonna der spätgotischen Formensprache verpflichtet ist und noch auf die althergebrachten dekorativen und linearen Effekte setzt, ist in unserem Triptychon eine räumliche Ausgewogenheit und Weite festzustellen, die in die Renaissance verweist. Das Gleiche gilt auch für die, auf eine Lichtmalerei ausgerichtete Modellierung der Fleischtöne seiner leicht wehmütig angehauchten Gesichter wie sie Fra Angelico (um 1400–1455) in Florenz etwa zur gleichen Zeit erprobt hatte. Die schlanken Figuren mit ihren etwas kleinen, weich modellierten Gesichtern deuten im Weiteren auf die Zeit von Sanguignis Zu- sammenwirken mit seinem jüngeren Malerkollegen Zanobi Strozzi (1412–1468) hin und damit auf das Entstehungsjahr um 1430. Dieses Werk entstand somit zu einer Zeit als Sanguigni und sein jüngerer Malerfreund Zanobi Strozzi in Palaiuola in unmittelbarer Nähe von Fra Angelicos Kloster in San Domenico zusammenleb- ten – Sanguigni als Ziehvater und Tutor des verwaisten Strozzi und dieser wiederum als Schüler in Sanguignis Werkstatt. Der Zusammenhang mit dem Benediktiner Orden lässt sich laut Laurence Kanter (siehe Laurence B. Kanter 2005) ebenfalls in der Auftraggeberschaft erahnen. Die Rede ist von einem Florentiner Humanisten und Wollkaufmann Jacopo di Niccolò Corbizzi, des- sen Wege sich verschiedentlich mit Battista di Biagio aber auch mit der Familie Zanobi Strozzi und vermutlich auch mit Fra Ange- lico gekreuzt haben. Corbizzi musste bei Auftragsvergabe wohl bereits in fortgeschrittenem Alter gewesen sein, was durch die zu Füssen der Maria besonders hervorgehobene Männerfigur mit gekrausten weissen Haaren und Bart, offenbar der Stifter selbst, in Einklang steht. Marias ausladender Gestus zu den links erschei- nenden zwei Benediktinerinnen im schwarzen Habit und den von ihnen angeführten Frauen mit weissem Schleier scheint, als ob sie die Frauen unter ihren besonderen Schutz nähme, während ihr Blick dem wohltätigen Stifter gilt. Damit könnte ein Frauenkloster im Vordergrund der Stiftung stehen und es wäre nicht undenk- bar, dass Jacopo di Niccolò Corbizzi, der hier mit seiner Familie verbildlicht ist, den Altar für ein florentinisches Benediktinerinnen Konvent gestiftet hatte. Anlass dazu könnte der Eintritt einer
  • 23. | 15 seiner Töchter in den Benediktinerinnen Orden gewesen sein. Damit dürfte hier im Bild ihr bevorstehendes Ordensgelübde dargestellt sein, was zugleich für ihren im Bild prominent darge- stellten Vater der Anlass gewesen sein könnte, ein Altarwerk für ihr Kloster zu stiften. Damit erweist sich das rekonstruierte benediktinische Altarwerk als fesselndes Zeugnis des florentinischen Zeitgeschehens der Frührenaissance und zugleich ist ein neues Werk aus dem Um- feld Fra Angelicos erschlossen. Sein Autor, Battista di Biagio San- guigni, der wohl seit spätestens 1417 Fra Angelico nahegestan- den hat, bildete kurz vor 1430 mit ihm eine künstlerische Allianz, die auch seinen Schützling Zanobi Strozzi einschoss, und legte so den Grundstein für verschiedenste gemeinsame künstlerische Projekte, die innerhalb eines Malerkollektivs ausgeführt wurden. Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieser Werke. CHF 80 000 / 120 000 (€ 81 630 / 122 450)
  • 24. Gemälde Alter Meister | 16 3008* GIOVANNI MARIA BUTTERI (1540 Florenz 1606) Allegorie der Geduld. Öl auf Holz. 145,3 × 71 cm. Provenienz: - Möglicherweise Sammlung Francesco I. de Medici (1541–1587), Florenz. - Möglicherweise Sammlung Cardinal Silvio Valenti Gonzaga (1690–1756), Rom. - Sammlung Dr. Armando Buresti, Florenz (verso mit Etikett). - Kunsthandel Matthiesen Fine Art Ltd., London, 1980. - Europäische Privatsammlung. Die beinahe lebensgroße Figur stellt eine junge Frau mit nack- ten Brüsten dar, deren Körper durch einen Musselin Schleier durchscheint. Ihr Haar wird von Bändern, schwarzen Perlenfäden und einer Art Diadem gehalten, die mit großer Freiheit an einen antiken Kopfschmuck erinnern. Derselbe antike Geschmack prägt den Schmuck, der ihre Schultern einrahmt, ihre Brüste zusammendrückt und ein Medaillon stützt, in dem auf schwarzem Hintergrund eine mit einem Bogen bewaffnete Figur (Diana?) erscheint. Die junge Frau, die in einer elegant geschwungenen Pose erfasst ist (inspiriert von Giambolognas (1529–1608) Grotticella-Venus), richtet ihren Blick auf einen Trieb, der aus dem vertrockneten Stamm eines Olivenbaums sprießt und den sie mit einer Hand streift. Es handelt sich um eines der Symbole der Medici-Familie, was die florentinische Herkunft des Gemäldes bestätigt. Mit der anderen Hand hält sie eine Sternenscheibe, die von der mythischen Figur des Ourobouros, der Schlange, die sich in den Schwanz beißt, umrandet ist und den Gott der Zeit, Kronos, darstellt, der gerade eines seiner Kinder verschlingt. Der zyklische Charakter der Zeit wird durch die Sonne in Erinnerung gerufen, die rechts im Hintergrund in einem bewölkten Himmel erscheint und von Apollon in seinem Wagen durchstreift wird. Der linke Fuß der Frau ist mit einer Kette, über die ein feiner Wasserstrahlt tropft, an einen Felsen gebunden. Diese Ansammlung von Symbolen, deren literarische Quellen klassisch sind, entspricht zum größten Teil denjenigen, die Gior- gio Vasari (1511–1574) seinem Freund Bernadetto Minerbetti (1507–1574), Bischof von Arezzo, empfahl, als er von ihm ein Ge- mälde haben wollte, das die Allegorie der Geduld darstellten sollte. In einem Brief vom 14. November 1551 hatte Vasari beschrieben, dass diese als eine weder ganz bekleidete noch ganz nackte Frau dargestellt werden sollte („né tutta vestita né tutta spogliata, acciò tenga fra la Ricchezza e la Povertà il mezzo“), geduldig und mit dem linken Fuß angekettet („incatenata per il piè manco per offender meno la parte più nobile“), während ein Wasserstrahl den Felsen, an dem die Kette befestigt ist nicht zu erodieren vermag („fiché el tempo non consuma con le gocciole dell‘acqua la pietra, dove ella è incatenata“, siehe K. Frey: Il carteggio di Giorgio Vasari / Der literarische Nachlass Giorgio Vasari, München 1923–1930, Bd. I, 1923, S. 312–314). Das von Vasari angefertigte Gemälde, das kürzlich von Carlo Falciani identifiziert wurde (Vasari, Miche- langelo e l‘ ‚Allegoria della Pazienza‘, in: Paragone, LXX, 2019, 148/827, S. 3–35), entspricht nur zum Teil diesem ikonographi- schen Projekt, das jedoch einen beachtlichen Erfolg hatte (Giorgio Vasari e l‘Allegoria della Pazienza, Ausst.-Kat. A. Bisceglia (hrsg.), Livorno 2013), insbesondere in der Toskana und in Ferrara. Diese bis heute unveröffentlichte Version stellt eine wichtige Ergänzung zu den Kenntnissen über dieses Thema dar. Wie Mina Gregori als Erste erkannte (Gutachten vom 19. März 1980, in Kopie vorhanden), wurde es von Giovanni Maria Butteri gemalt, einem Schüler von Agnolo Bronzino (1503–1572) und Mitarbeiter von Alessandro Allori (1535–1607), der zwischen 1570 und 1571 an der Dekoration des Studiolo von Francesco I. de Medici im Palazzo Vecchio in Florenz beteiligt war. Der Bezug auf die Familie Medici macht es wahrscheinlich, dass unser Gemälde für einen der Räume in den Privatgemächern des Florentiner Herrschers entworfen wurde. Der Reichtum der verwendeten Symbole, die tadellose technische Ausführung und die dramatische Interpreta- tion der in ein fast nächtliches Licht getauchten Landschaft ma- chen deutlich, dass das Werk kurz nach der Ausschmückung des Florentiner Studiolo in den 1570er-Jahren entstanden sein muss. Wir danken Prof. Mauro Natale für seine wissenschaftliche Unter- stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610)
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  • 26. Gemälde Alter Meister | 18 3009 CATARINO DI MARCO DA VENEZIA, Umkreis, wohl MARCO DI MARTINO DE ROXATIS (tätig in Venedig, 14. Jahrhundert) (tätig in Venedig um 1375) Die Heilige Christina von Bolsena. Um 1375. Tempera auf Holz. Oben links bezeichnet: S[ancta] XP[isti]NA. 98 × 39,5 cm. Gutachten: Prof. Andrea De Marchi, 6.7.2020. Provenienz: - Auktion Fischer, Luzern, 21.–22.6.1968, Los 69 (als Paolo Vene- ziano). - Auktion Fischer, Luzern, 12.–16.11.1974, Los 1755 (als Lorenzo Veneziano). - Schweizer Privatbesitz. Diese eindrucksvolle Tafel wurde sehr wahrscheinlich als autono- mes Bild zu Ehren der dargestellten Heiligen Christina geschaf- fen. Die in einem äusserst reich ornamentierten Kleid und rotem Mantel dargestellte Heilige kann dank der Inschrift XP(isti)NA als Heilige Christina identifiziert werden. Diese wurde in Venedig besonders hochverehrt. Die Heilige Christina erscheint in dieser Tafel als imposante Figur, deren leichte Körperdrehung und Blick auf den Bildbetrachter gerichtet sind. Mit ihrer Linken hebt sie ihren roten Mantel leicht an, als wolle sie dem vor ihr knienden betenden Stifter Schutz gewähren. Die vorliegende Tafel wurde aufgrund ihres archaisierenden Er- scheinungsbildes in der Vergangenheit mit dem Gründervater der venezianischen Malerei, Paolo Veneziano (um 1333–1358), sowie mit Lorenzo Veneziano (1336–1379) in Zusammenhang gebracht (siehe Provenienz Fischer Luzern 1968 und 1974). Wie Prof. Gau- denz Freuler hervorhebt, deuten die naturalistischen Tendenzen des Stifterprofils sowie die technischen Details der Golddekorati- on jedoch auf eine spätere Entstehungszeit, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, hin. Auch wenn die eindrucksvolle, höchst raffiniert gemalte Tafel in Observanz von Paolo Venezianos Kunst angesiedelt werden kann, ist sie wahrscheinlich in den Jahren um 1370–80 entstanden. Wir danken Prof. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Loses. CHF 60 000 / 80 000 (€ 61 220 / 81 630)
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  • 28. Gemälde Alter Meister | 20 3010 LUZERNER MEISTER, UM 1513 Altartafel der Mantzet-Familie mit Kreuzigung. 1513. Öl auf Holz. Unten mittig datiert und bezeichnet: 1513. ICH WAR DER STUND. 86 × 67 cm. Provenienz: - Sammlung „Maler Egli“, Luzern, wohl Karl Martin Eglin (1787– 1850), bis ca. 1825. - Sammlung Schultheiss Niklaus Friedrich von Mülinen (1760– 1833). - Auktion Svensk-Franska, Stockholm, 6.12.1922, Los 102 (als Kölnische Schule). - An obiger Auktion erworben vom Kunsthistoriker Dr. Hans Schneider-Christ (1888–1953), Basel, für seine Schwiegereltern, Privatsammlung Hans Christ-Merian und Mathilde Christ-Meri- an, bis 1954 (verso mit Etikett). - Durch Erbschaft, Schweizer Privatbesitz. Ausstellungen: - Malmö 1926, Utställing av en Samlin äldre Malningar, Museum malmö, 1926, Nr. 24. - Basel 1928, Ausstellung von Kunstwerken des 15. bis 18. Jhs. aus Basler Privatbesitz, Kunstverein Basel, 15.4–28.5.1928, Nr. 18, Tafel VIII. - Basel 1957, Basler Privatbesitz, Kunstverein Basel, 4.7.– 29.9.1957, Nr. 27. Literatur: - Ulrich Hegner: Hans Holbein d. J., 1828, S. 121ff. - Walter Hugelshofer: Einige Luzerner Maler im 1. Viertel des 16. Jahrhunderts, in: Festschrift für Robert Durrer, Bd. 83, 1928, S. 321–325, Tafel XXIII. - R. Durrer und P. Hilber: Diepold Schilling Luzerner Bildchronik 1513, Genf 1932, S. 229–231, Tafel 405 (als Meister Hans von Arx). - Alfred A. Schmid: Luzerner Malerei, in: Journal des Arts, XI, 1946 (mit Abb.). - Uta Bergmann: Jörg Keller. Ein Luzerner Bildschnitzer der Spätgotik, Luzerner Historische Veröffentlichungen, Bd. 28, Luzern/Stuttgart 1994, Text S. 308–312, Abb. 276 (als Christoph Bockstorffer (?), 1513). Die hier angebotene Altartafel konnte aufgrund der dargestellten Stifter und ihrer Wappen, die als jene des Philipp von Mantzet und seiner Frau Elisabeth Feer von Kasteln erkannt wurden, eindeutig als luzernisch identifiziert werden. Dargestellt ist unterhalb des Kreuzes eine Anna Selbdritt sowie links die Heiligen Georg und Jakobus d. Ä. und rechts die Heiligen Achatius und Christophorus. Die Altartafel wurde in der Vergangenheit aufgrund eines angeb- lichen, heute nicht mehr auszumachenden Monogramms vHA dem Maler Hans von Arx, genannt Schlegel zugeschrieben. Dieser ist jedoch erst 1522 in Luzern nachweisbar. Stilistisch verwandt sind unter anderen Werken zwei Tafeln im Nidwaldner Museum in Stans, sowohl in den Figuren als auch in der Hintergrundlandschaft (siehe Bergmann 1994, Abb. 274–275). Uta Bergmann (siehe Literatur) bringt diese Tafeln, wie auch unsere, in Zusammenhang mit einem 1512 datierten Wandgemälde aus dem Sautierhaus in Luzern, heute im Schweizerischen Landesmuseum, und schreibt diese Werke gesamthaft dem in Luzern und Konstanz tätigen Maler Christoph Bockstorffer zu (siehe zu dem Künstler Bernd Konrad: Christoph Bockstorffer, Maler der Frührenaissance in Luzern und Konstanz, Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern, 10/1992). Der in Basel geborene, bekannte Kunsthistoriker Hans Schneider, der 1915 als Direktor des Mauritshuis und 1930 des RKD (Rijks- bureau voor Kunsthistorische Documentatie) in Den Haag tätig war, erwarb diese Altartafel 1922 für seine Schwiegereltern, wo sie seither über mehrere Generationen bis zu den heutigen Besitzern weitergegeben wurde. Schneider, der 1941 zurück in die Schweiz kehrte, war für die Publikationsreihe „Die Kunstdenkmäler der Schweiz“ verantwortlich. CHF 25 000 / 35 000 (€ 25 510 / 35 710)
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  • 30. Gemälde Alter Meister | 22 3011* PSEUDO JAN WELLENS DE COCK, Umkreis (tätig 1520–1540 in Leiden/Antwerpen) Jakobus der Ältere trifft Christus in einer Landschaft. Um 1530. Öl auf Holz. 55,5 × 45,2 cm. Provenienz: - Kunsthandel Paul Mikhaïloff, Paris, 1938. - Sammlung Piet de Boer, Amsterdam, um 1940. - Kunsthandel J. Verwiel, Heusden, 1943. - Auktion Mensing Zoon, Amsterdam, 23.–30.3.1943, Los 12. - Privatsammlung Spanien. - Europäische Sammlung. Literatur: - G. J. Hoogewerff: De Noord-Nederlandsche Schilderkunst door G.J. Hoogewerff, Den Haag 1947, Bd. V, S. 137, Nr. 2 (als Lucas Cornelisz. Engebrechts genannt de Kok). - Walter S. Gibson: The paintings of Cornelis Engebrechtsz, New York 1977, S. 188, 194–195, 263, Nr. 79 (als Meester van de Bewening te Wenen). - M. L. Wurfbain / J. P. Sizoo / Doris Wintgens: Stedelijk Museum De Lakenhal : catalogus van de schilderijen en tekeningen, Lei- den 1983, S. 97, Nr. 788 (als Cornelis Cornelisz. Kunst). - Rudolf Marc de Vrij: Jan Wellens de Cock : Antwerp Mannerist Associate, Amsterdam 2009, S. 103–104 und 185, Kat.-Nr. 35 (als Umkreis Jan Wellens de Cock / Meister von Osnabrück). - Christiaan Vogelaar et al.: Lucas van Leyden en de Renaissance 2011, Antwerpen 2011, S. 234, Nr. 29.5 (als anonym, Leiden um 1530). Die hier angebotene Tafel stammt vermutlich aus einer nicht mehr erhaltenen Serie, die das Leben des Heiligen Jakobus d. Ä. und das Schicksal eines Pilgers auf seiner Reise nach Santiago de Compostella darstellt (siehe Christiaan Vogelaar et al.: Lucas van Leyden en de Renaissance, Antwerpen 2011, S. 233–235). Dieses Gemälde ist im RKD, Den Haag, als ein Werk aus dem Um- kreis des Pseudo Jan Wellens de Cock archiviert. CHF 6 000 / 10 000 (€ 6 120 / 10 200)
  • 31. | 23 3012* BRÜGGE, UM 1560–70 Triptychon. Öl auf Holz. 109 × 75,8 cm (Zentraltafel). Je 105,3 × 30 cm (Lichtmass, Seitentafeln). Provenienz: Europäische Sammlung. Dieses Triptychon dürfte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun- derts in Brügge entstanden sein. Vermutlich waren zwei Künstler daran beteiligt, da die Seitenflügel sich stilistisch von der Mittel- tafel unterscheiden. Als möglicher Autor der Seitentafeln wäre Pieter Claeissens d. J. (1535–1623) zu nennen (siehe Maximiliaan P. J. Martens (Hg.): Bruges et la Renaissance: de Memling à Pour- bus, Gent 1998). Wir danken Prof. Frédéric Elsig für seine wissenschaftliche Unter- stützung bei der Katalogisierung dieses Gemälde. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610)
  • 32. Gemälde Alter Meister | 24 3013* FLÄMISCH, 16. JH. Betende Jungfrau Maria. Öl auf Holz. Oben links bezeichnet: AVE (ligiert). Oben rechts bezeichnet: MA (ligiert). 34,7 × 25,7 cm. Provenienz: - Sammlung Gabriel Rambaud (verso bezeichnet). - Europäische Sammlung. CHF 8 000 / 10 000 (€ 8 160 / 10 200)
  • 33. | 25 3014* MARINUS VAN REYMERSWAELE, Nachfolger des 16. Jh. (Reymerswaele um 1493–um 1546 Goes) Die Geldzähler. Öl auf Holz.37,5 × 53 cm. Provenienz: Europäische Privatsammlung. Das hier angebotene Gemälde greift eine Komposition von Marinus van Reymerswaele auf, welche sich im Museo del Prado in Madrid befindet (Inv.-Nr. P2102). Diese Kompositi- on spielte eine zentrale Rolle bei der Wiederentdeckung des Werks dieses Malers (siehe Christine Seidel (Hg.): Marinus Painter from Reymerswale, Ausst.-Kat. Museo Nacional del Prado, Madrid 2021, S. 104–105). CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310)
  • 34. Gemälde Alter Meister | 26 3015 FEDERICO ZUCCARO, Umkreis (Sant‘ Angelo in Vado 1542–1609 Ancona) Die Auferweckung des Lazarus. Öl auf Holz. 117,7 × 80 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310)
  • 35. | 27 3016* JEAN CLOUET, Nachfolger (Hainaut um 1480–1541 Paris) Bildnis einer jungen Dame. Öl auf Holz. 37 × 28 cm. Provenienz: - Sammlung Jacques Gabriel Bulliot (1817–1902), Autun, um 1891, Nr. 19 (verso mit Etikett). - Europäische Sammlung. CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310)
  • 36. Gemälde Alter Meister | 28 3017* HANS ROTTENHAMMER und JAN BRUEGHEL d. Ä. (München 1564–1625 Augsburg) (Brüssel 1568–1625 Antwerpen) Die Auferweckung des Lazarus. Um 1596. Öl auf Kupfer. 29,8 × 38,3 cm. Gutachten: Dr. Klaus Ertz, 3.8.2022. Provenienz: - Sammlung Anton Ludwig Alexander Klingenberg (1840–1924). - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Europäische Privatsamm- lung. Diese jüngst in einer Privatsammlung entdeckte Kupfertafel mit der Auferweckung des Lazarus ist ein meisterliches Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen Hans Rottenhammer und Jan Brueghel d. Ä. Sie besticht durch die brillante Malweise und den äusserst gut erhaltenen Allgemeinzustand. Das leuchtende Kolorit sowie die Figurenkomposition lassen vermuten, dass das Gemälde während Rottenhammers Aufenthalt in Venedig, und demnach zwischen 1595 und 1606 entstand. Dr. Klaus Ertz, der das Gemälde im Original besichtigt hat und die Autorschaft be- stätigt, vermutet eine Entstehung um 1596. In dieser Schaffens- zeit lag Rottenhammers Schwerpunkt auf kleinformatigen, auf Kupfer gemalten Andachts- und Kabinettbildern, die im Zuge der Gegenreformation, vor allem in den katholisch geprägten Gebie- ten, erneut aufblühten und Rottenhammer zu beachtlichem Er- folg verhalfen. Die beiden Künstler Rottenhammer und Brueghel hatten sich in Rom kennengelernt und auch nach Jan Brueghels Rückkehr nach Antwerpen 1596 setzte sich ihre Zusammenarbeit fort. Ertz vermutet, dass die von Rottenhammer begonnenen Figurendarstellungen nach Antwerpen geschickt wurden, damit sie Jan Brueghel d. Ä. mit der Vegetation vervollständigen konnte (siehe Klaus Ertz: Jan Brueghel der Ältere (1568–1625), Kritischer Katalog der Gemälde, Köln 1979, S. 504). Rottenhammer thematisiert in diesem Werk die Auferweckung des Lazarus (Johannes, XI, 1–44). Er schildert jenen Moment, da der bereits verstorbene Lazarus, auf Befehl von Jesus hin und von mehreren Männern gestützt, aus seinem Grab emporsteigt. Lazarus‘ Schwestern, Martha und Maria, wenden ihren Blick sichtlich erleichtert zu Christus, der seine Rechte zum Segens- gestus erhoben hält. Das der Szene in grosser Zahl beiwohnende Volk bestaunt das Ereignis, das Rottenhammer kompositorisch dramatisch zu steigern weiss. Entgegen der meisten Darstellungen, die Lazarus aus einem Bodengrab steigend zeigen, wählt Rottenhammer hier einen auf einem Hügel stehenden Sarkophag, sodass sich ein diagona- ler Bezug zwischen den Bildprotagonisten ergibt, der durch die Komposition der zueinander weisenden Hände von Jesus, Maria Magdalena und Lazarus verstärkt wird. Mit dem Thema der Lazaruserweckung beschäftigte sich Rotten- hammer bis nach 1600. So schuf er neben dem hier angebotenen Gemälde, dessen Gesamtkomposition an die Lazaruserweckung Giuseppe Cesaris (1568–1640) von 1593 erinnert, heute im Palazzo Barberini in Rom (Herwarth Röttgen: Il Cavalier Guisep- pe Cesari d‘Arpino: Un grande pittore nello splendore della fama e nell‘incostanza della fortuna, Rom 2002, S. 257, Nr. 34), eine weitere Version, die sich im Wiener Kunsthistorischen Museum befindet (Inv.-Nr. GG 1141, siehe: Ausst.-Kat. Hans Rottenham- mer, begehrt – vergessen – neu entdeckt, München 2008, Kat.-Nr. 20, S. 114–11) sowie mehrere Stiche des gleichen Themas, unter anderem in der Albertina in Wien sowie in der Devonshire Collecti- on in Chatsworth (ebd., S. 115, Abb. 163 und Abb. 165). CHF 40 000 / 60 000 (€ 40 820 / 61 220)
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  • 38. Gemälde Alter Meister | 30 3018 CHRISTOPH SCHWARZ (um 1545 München 1592) Christus auf dem Weg zum Kalvarienberg. Öl auf Kupfer. 24,3 × 36,9 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. CHF 8 000 / 10 000 (€ 8 160 / 10 200) 3019* CORNELIS VAN CLEVE und Werkstatt (1520 Antwerpen 1567) Maria und Kind. Öl auf Holz. 29,5 × 23,5 cm. Gutachten: Prof. Jan De Maere, 12.6.2022. Provenienz: Europäische Sammlung. Prof. Jan De Maere datiert das hier angebotene Gemälde um 1540–50 und hebt den Einfluss des Vaters Joos van Cleve (1485–1540) in der weichen Ausführung hervor. CHF 35 000 / 50 000 (€ 35 710 / 51 020)
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  • 40. Gemälde Alter Meister | 32 3020* ADRIAEN PIETERSZ. VAN DE VENNE (1589 Delft 1662) Winterlandschaft mit eleganten Figuren. Öl auf Holz. Unten links signiert: AVenne. 21 cm D (rund). Provenienz: - Privatsammlung Niederlande, vor 1961. - Kunsthandel P. de Boer, Amsterdam, 1961. - Alfred Brod Gallery, London, 1961. - Privatsammlung Mr. und Mrs. Henry H. Weldon, New York. - Auktion Sotheby‘s, New York, The Weldon Collection Sale, 22.4.2015, Los 8. - Privatsammlung. Ausstellungen: - London 1961, Annual Autumn Exhibition of Paintings of Old Dutch and Flemish Masters, Alfred Brod Gallery, 5.10–4.11.1961, Nr. 60. - Providence 1964, Northern Baroque Paintings and Drawings from the Collection of Mr. and Mrs. Henry H. Weldon, Museum of Art, Rhode Island School of Design, 15.4.–7.6.1964, Nr. 24. - New York 1966, The Collection of Mr. and Mrs. Henry H. Weldon, Finch College Museum of Art, 11.5.–30.6.1966, Nr. 40. - Birmingham 1995, The Golden Age of Dutch Painting, Birming- ham, AL, 22.4.–18.6.1995, Nr. 22. - New Orleans 1997, In the Eye of the Beholder: Northern Ba- roque Paintings form the Collection of Henry H. Weldon, New Orleans Museum of Art, Nr. 56. - Baltimore 1999, An Eye for Detail. 17th Century Dutch and Flemish Paintings from the Collection of Henry H. Weldon, The Walters Art Gallery, 20.6.–5.9.1999, Nr. 56. Literatur: - Apollo, London, September 1961, Abb. auf Titelseite. - The Connoisseur, October 1961, S. xxxiv, mit Abb. - Ausst.-Kat. Providence 1964, Kat.-Nr. 24. - Ausst.-Kat. New Orleans 1997, S. 142–144, Kat.-Nr. 56, Abb. S. 143. - Ausst.-Kat. Baltimore 1999, S. 130–132, Kat.-Nr. 56, Abb. S. 131. - Edwin Buijsen: De schilderijenproductie van Adriaen Pietersz. van de Venne (1589–1662). Traditie - Innovatie - Commercie, Dissertation, Nijmegen 2018, Bd. I, S. 74, Fussnote 8. Diese reizvolle und lebendige Komposition mit ihrer weiten Land- schaft und lebhaften Figuren, die an den verschiedenen Vergnü- gungen der Wintersaison teilnehmen, ist eines der frühesten Wer- ke des Delfter Künstlers Adriaen Pietersz. van de Venne. Es führt glanzvoll seinen Anspruch vor Augen, „Gemälde für jedermanns Vergnügen“ zu malen (siehe Laurens Bol: Adriaen Pietersz. Van de Venne: Painter and Draughtsman, Doornspijk 1989, S. 20–21, Fussnoten 15 und 25). Das signierte Ölgemälde geht wahrscheinlich seinen ersten da- tierten Gemälden voraus, die er 1614 und 1615 fertigstellte, und ist ein schönes und fesselndes Beispiel für die vielen Winterland- schaften, die im frühen 17. Jahrhundert entstanden sind. Laut Cornelis de Bie (1627–1715), dem Biographen des Künst- lers, lernte Van de Venne die Grundprinzipien der Miniaturmalerei möglicherweise vom Goldschmied Simon de Valck in Leiden. Diese Technik eignet sich gut für das kleinformatige Rondell und Van de Venne schuf in seiner frühen Schaffensphase eine Reihe solcher Werke, darunter Gegenstücke mit den Darstellungen des Sommers und Winters (Privatsammlung, Deutschland; siehe Bol 1989, ebd., S. 16–17, Kat.-Nr. 5A und 5B, mit Abb.). Diese Werke, die ebenfalls in einem intimen Rahmen gemalt wurden, weisen bemerkenswerte formale und visuelle Ähnlichkeiten mit der hier angebotenen Komposition auf: Weitläufige Landschaften rücken in die Ferne, fein gemalte Figuren verleihen der Szene eine außergewöhnliche Lebendigkeit, und große Repoussoir-Bäu- me auf der linken Seite verankern beide Winterszenen. Darüber hinaus erscheint die verhüllte Frau unten links, die sich die Hände an einem Feuer wärmt und nicht zu den von zeitgenössischer Hand hinzugefügten größeren Figuren zu gehören scheint, an fast derselben Stelle und in derselben Haltung wie das Winter-Rondell in der Privatsammlung. Eine Infrarotaufnahme des vorliegenden Werks lässt einige Unter- zeichnungen erkennen. Die Figuren auf dem Eis und das Gebäude in der Nähe der Brücke wurden mit losen und skizzenhaften Linien angedeutet. Darüber hinaus gibt es in der gesamten Szene eine Reihe von feinen, geraden Linien, die nicht mit bestimmten archi- tektonischen oder figürlichen Elementen in Verbindung gebracht werden können. Sie dienen möglicherweise zur Gestaltung der Komposition. Ähnliche Unterzeichnungen finden sich auch in anderen Werken des Künstlers aus derselben Zeit, wie beispiels- weise in der Allegorie des Zwölfjährigen Friedens (1616, Musée du Louvre, Paris, Inv.-Nr. 1924). Das Gemälde stammt aus der Sammlung des amerikanischen Sammlerehepaars June („Jimmy“) und Henry H. Weldon, das sich auf kleine Kabinettstücke der niederländischen und flämischen Schule des 17. Jahrhunderts konzentrierte und über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Dr. Edwin Buijsen, der das vorliegende Gemälde 2015 im Original untersucht hat, ordnet diese Winterlandschaft mit elegant geklei- deten Figuren als eine frühe Arbeit vor 1614 ein (siehe Literatur). Besonders die Figuren im Hintergrund sind charakteristisch für Vennes Frühwerk. Die grösseren Personen im Vordergrund stam- men vermutlich von einer anderen zeitgenössischen Hand. Wir danken Dr. Edwin Buijsen für seine wissenschaftliche Unter- stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. CHF 300 000 / 400 000 (€ 306 120 / 408 160)
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  • 42. Gemälde Alter Meister | 34 3021* ENGLAND, 17. JH. Vanitasstillleben. Öl auf Leinwand. 38 × 56 cm. Provenienz: Europäische Sammlung. CHF 8 000 / 10 000 (€ 8 160 / 10 200)
  • 43. | 35 3022* ANTONIO BELLUCCI, zugeschrieben (1654 Pieve di Soligo um 1726) Venus und Cupido. Öl auf Leinwand. 89 × 191 cm. Provenienz: - Sammlung Antonini, wohl Paris (verso mit Etikett). - Galerie St. Lucas, Wien, 22.11.1937 (verso mit Etikett). - Europäische Privatsammlung. CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310)
  • 44. Gemälde Alter Meister | 36 3023 JACOPO DA PONTE, genannt JACOPO BASSANO (um 1510 Bassano del Grappa 1592) Allegorie des Herbstes. Öl auf Leinwand. 127 × 177 cm. Provenienz: - Galerie Moos, Genf, Nr. 3611 (verso mit Etikett). - Schweizer Privatbesitz. Jacopo Bassano, einer der originellsten und angesehenster Maler Venedigs im 16. Jahrhundert, zeigt in der Allegorie des Herbstes mit viel Geschick die Farben und Früchte der eindunkelnden Jah- reszeit. In der Hochblüte seines Schaffens darf er ohne weiteres in einer Reihe mit den grossen Zeitgenossen wie Tizian, Veronese und Tintoretto gestellt werden. Die realistischen, detailverliebten Motive werden durch den dramatischen Lichteffekt gekonnt in Szene gesetzt. Es ist besonders die atmosphärische Stimmung, welche dieser Szene ihre Einheit und ihren besonderen Reiz ver- leiht. Entgegen anderer allegorischer Darstellungen dieser Saison zeigt Bassano den Herbst in seiner vollen Blüte und Pracht. In Vor- bereitung zum anstehenden Winter zeugen prall gefüllte Frucht- körbe mit einer reichen Variation von Kürbissen, Zitrusfrüchten und Äpfeln in Verbindung mit der auffälligen Dynamik und Aktivität der dargestellten Figuren, dass der Künstler die Jahreszeit als eine Transitionsphase versteht. Dieser Gedanke einer Zeit des Um- bruchs wird auch am Firmament und den akzentuierten Gesichts- zügen reflektiert. Es scheint, als ob der Tisch noch nicht gedeckt, die Tiere nicht versorgt und die Körbe noch nicht gefüllt sind. Wir dürfen annehmen, dass diese Szene Bassanos, der gemeinsam mit seinen Söhnen eine grosse und bedeutende Werkstatt un- terhielt, in ihrer momenthaften Aufnahme dem zeitgenössischen Betrachter geradezu filmische Gedankenketten ausgelöst haben muss, die Bewegung und Erneuerung implizieren. Diese Qualität des Neuanfanges, für gewöhnlich mit dem Frühling assoziiert, las- sen das vorliegende Werk bis heute äusserst lebendig und frisch erscheinen. Wir danken Prof. Alessandro Ballarin für die Bestätigung der Eigenhändigkeit anhand einer Fotografie, der das Werk als eine fantastische Arbeit Jacopo Bassanos bezeichnet. CHF 80 000 / 100 000 (€ 81 630 / 102 040)
  • 45. | 37
  • 46. Gemälde Alter Meister | 38 3024* PEETER NEEFS d. Ä. (um 1578 Antwerpen um 1656/1661) Nächtliches Interieur einer gotischen Kathedrale. 1625. Öl auf Kupfer. Rechts auf dem Pfeiler signiert und datiert: Peeter Neefs 1625. 26,7 × 33,1 cm. Provenienz: - Sammlung Blake, Irland (verso mit Wachssiegel). - Privatsammlung, North Yorkshire. - Europäische Sammlung. Diese nächtliche Darstellung zeigt das monumentale gotische Innere einer fünfschiffigen Kathedrale, das sich frei an das Innere der spätgotischen Kathedrale von Antwerpen anlehnt. Dieses monumentale Gebäude galt als die schönste Kirche der südlichen Niederlande und war eine ständige Inspiration für die Architekturmaler von Antwerpen. Neefs, der dieses Genre zur Perfektion beherrschte, macht jedes architektonische Element für den Betrachter sichtbar. Alle Schich- ten der damaligen Gesellschaft haben ihren Platz im Kirchenraum: Adel, Bettler, Priester und Bauern; alle sind in dieser kirchlichen Universalität vereint. Diese hochwertigen Staffagefiguren wurden wahrscheinlich von Frans Francken d. J. (1581–1642) gemalt, der häufig mit Neefs zusammenarbeitete. Die Komposition ist unter anderen Versionen vergleichbar mit Neefs Kircheninterieur mit eleganten Figuren aus der Sammlung des Victoria Albert Museum in London (Inv.-Nr. 854-1894, um 1640, Öl auf Holz, 64 × 46,6 cm; siehe Bernard G. Maillet: Intérieurs d‘églises. La peinture architecturale des écoles du nord (1580–1720), Paris 2012, Kat.- Nr. M-0672). CHF 15 000 / 20 000 (€ 15 310 / 20 410)
  • 47. | 39 3025* CORNELIS VERBEECK (um 1590 Haarlem nach 1637) Fischverkäufer an einer Küste, möglicherweise Egmond aan Zee. Öl auf Holz. Mittig auf der Flagge monogrammiert: C. V.B. 28 × 46 cm. Provenienz: - Sammlung Baron de Brivazac, Château de Barbe, Gironde. - Durch Erbschaft im selben Familienbesitz, bis 2004. - Europäische Sammlung. Das Gemälde ist im RKD, Den Haag als ein eigenhändiges Werk von Cornelis Verbeeck archiviert. CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310)
  • 48. Gemälde Alter Meister | 40 3026* JOOS DE MOMPER d. J. und JAN BRUEGHEL d. J. (1564 Antwerpen 1635) (1601 Antwerpen 1678) Winterliche Stadtlandschaft am vereisten Fluss. Öl auf Holz. 74 × 106 cm. Gutachten: Dr. Klaus Ertz, 8.7.2022. Provenienz: Europäische Sammlung. Die Gliederung dieser vielschichtigen Winteransicht spricht für die aussergewöhnlich harmonische Zusammenarbeit zwischen dem Künstler Joos de Momper, welcher die Landschaft ausführte und Jan Brueghel d. J., der die Figuren beitrug. Obwohl zwei Meister an diesem Werk gearbeitet haben, erscheint das Gemälde als eine abgestimmte Einheit. Wie in einem gelungenen Bühnenbild, schaffen der Baum auf der Linken und das Dorf auf der Rechten den Rahmen innerhalb des Gemäldes, auf dem sich das Figuren- theater abspielen kann. Und entgegen der Erwartungen einer kühlen Winterszene schaffen die Malerfreunde hier eine durchaus lebendige Szene mit Alltagsszenen, die in ihrem bunten Treiben einen Kontrastpunkt zum ruhigen Hintergrund setzen. Besonders schön erscheinen auch die Vögel in der oberen Hälfte des Bildes, welche den Menschen im Dorf gleichend in Zweier- und Dreiergruppen durch die Lüfte fliegen. Diese Bewegung wird auch durch die Windmühle im Dorf und den beiden Kutschen im Vordergrund betont, die dem Betrachter letztendlich eine dynamische Szene vor Augen führen, die der klirrende Kälte der Landschaft ihre Wärme schenkt. Dr. Klaus Ertz hat das Gemälde im Original begutachtet und da- tiert es gegen Ende der 1620er-Jahre, um 1630. Wie er feststellt, erscheint das Gemälde, obwohl von zwei Malern geschaffen, „wie aus einem Guss“ und ist ein guter Beleg für die Kollaboration der Malerfreunde. Eine frühere Version, die um 1615–20 entstanden ist, befindet sich in den Staatliche Museen Kassel, Schloss Wil- helmshöhe (Inv.-Nr. GK 51, siehe Klaus Ertz: Joos de Momper der Jüngere, Freren 1986, S. 575, Kat.-Nr. 390). CHF 150 000 / 200 000 (€ 153 060 / 204 080)
  • 49. | 41
  • 50. Gemälde Alter Meister | 42 3027 NORDITALIEN, 17. JH. Der Zinsgroschen. Öl auf Leinwand. 96,5 × 130 cm. Provenienz. Schweizer Privatbesitz. CHF 15 000 / 25 000 (€ 15 310 / 25 510)
  • 51. | 43 3028 LEANDRO BASSANO (Bassano 1557–1622 Venedig) Moses schlägt Wasser aus dem Stein. Öl auf Leinwand. 94,5 × 127 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Die hier angebotene Komposition ist in einer weiteren Version von Leandro Bassano bekannt, die sich in der Gemäldegalerie in Dres- den befindet (Inv.-Nr. 256, Moses am Felsenquell, 113 × 175 cm). Dabei ist anzumerken, dass unser Gemälde qualitativ hochwerti- ger gefertigt ist und sich in einigen Abweichungen im Himmel, in der Landschaft, in der Verteilung der Zelte und Gesteine sowie bei den Figuren mittig von der Dresdner Version unterscheidet. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610)
  • 53. | 45
  • 54. Gemälde Alter Meister | 46 3029* DIRCK VAN BABUREN (1595 Utrecht 1624) Opfergabe an Ceres. Um 1621. Öl auf Leinwand. 137 × 186,7 cm. Provenienz: - Wohl Privatsammlung François Quesnel (1543–1619), Paris (als Bartolomeo Manfredi). - Privatsammlung Jean-François Séguier (1703–1784), Nîmes (als Valentin de Boulogne). - Privatsammlung Anthelme-Michel-Laurent de Migieu, Marquis de Savigny (1723–1788), Paris, 1751 (als Valentin de Boulogne). - Durch Erbschaft, Privatsammlung René Gaspar Vicomte de Vaulchier, Savigny-lès-Beaune, Côte-d’Or, 1952. - Auktion Sotheby‘s, London, 4.12.2013, Los 18. - Privatbesitz. Ausstellungen: - Utrecht/Antwerpen 1952, Caravaggio en de Nederlanden, Centraal Museum, Utrecht, 15.6–3.8.1952 / Koninklijk Museum voor schone Kunsten, Antwerpen, 10.8.–28.9.1952, Nr. 91 (als zugeschrieben Hendrick ter Brugghen, eventuell Baburen). - Dijon 1958, Les plus belles œuvres de la Côte-d’Or, Musée de Dijon, Palais des Etats de Bourgogne, 1958, Nr. 32 (als zuge- schrieben Dirck van Baburen). Literatur: - Wohl Vicomte de Grouchy: Inventaire des tableaux de François Quesnel (1697), in: Nouvelles archives de l‘art français, 8ème année, 1892, S. 93 (als Bartolomeo Manfredi: „un sacrifice à Flore de Manfrede“). - Wohl manuscrit 130, fonds Séguier, Bibliothèque de Nîmes (als Valentin de Boulogne: „des sacrificateurs, un soldat, mènent au dieu trois femmes portant des corbeilles de fleurs; for bon de dessin et de clair-obscur, par Valentin“). - Laurent de Migieu: Livre de Dépenses, Archives du Comte de Savigny, 1751, Nr. 9 in der Liste der Werke, die zuvor M. Seguier gehört haben (als „un sacrifice de Valentin“). - Ausst.-Kat. Caravaggio en de Nederlanden, Utrecht/Antwerp 1952, S. 56, Kat.-Nr. 91, Abb. 69. - Benedict Nicolson: Caravaggio and the Netherlands, review of Utrecht/Antwerp exhibition, in: The Burlington Magazine, Bd. XCIV, Nr. 594, September 1952, S. 248 und Fussnote 13 (als Baburen). - Vitale Bloch: I Caraveggeschi a Utrecht e Anversa, in: Parago- ne, Nr. 33, September 1952, S. 18 (datiert um 1622–1624, aus Baburens Utrechter Schaffensphase). - Ausst.-Kat. Les plus belles oeuvres des collections de la Cô- te-d’Or, Dijon 1958, S. 21, Kat.-Nr. 32, Abb. VII. - Benedict Nicolson: Hendrick Terbrugghen, Den Haag 1958, S. 53, erwähnt unter Nr. A12, und S. 119 unter “works wrongly attributed to Terbrugghen” (als Baburen um 1622). - Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch Painter in Utrecht and Rome, Proefschrift, University of Utrecht 1962, Text S. 54–55, Kat.-Nr. A8, S. 101. - Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch Painter in Utrecht and Rome, Utrecht 1965, Text S. 54–55, Kat-Nr. A8, S. 112, Abb. 12; zudem erwähnt unter Kat.-Nr. A19 und A22 (als spätes Werk der römischen Schaffensphase oder frühes Werk der Utrechter Schaffensphase, um 1620). - Arnauld Brejon de Lavergnée: New Paintings by Bartolommeo Manfredi, in: The Burlington Magazine, Bd. 121, Nr. 914, 1979, S. 310 („un sacrifice à Flore de Manfrede“ im Inventar aus dem Jahr 1697 der Sammlung François de Quesnel). - Benedict Nicolson: The International Caravaggesque Mo- vement, Oxford 1979, S. 19, 220, 248. - Rüdiger Klessmann: Utrechter Caravaggisten zwischen Ma- nierismus und Klassizismus, in: Hendrick ter Brugghen und die Nachfolger Caravaggios in Holland: Beiträge eines Symposium im Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, 23.–25.3.1987, Braunschweig 1988, S. 60, Abb. 68 und S. 64, Fussnote 5. - Benedict Nicolson und Luisa Vertova: Caravaggism in Europe, Turin 1989, Bd. I, S. 56 und Bd. III, Tafel 1045. - R. Morselli: Baburen, Dirck (Jaspersz) van, in: Saur Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden aller Künstler Zeiten und Völker, Bd. VI, München und Leipzig 1992, S. 110. - M. Giulia Aurigemma: Gherardo, Enrico, Teodoro ed altri simili, in: L‘asino iconoclasta. Seicento Olandese: proposte di lettura, problemi di metodo e di interpretazione, Rom 1993, S. 42. - Valentina White: Il soggiorno romano di Dirck van Baburen. La commitenza e le opere, in: Irene Baldriga und Silvia Danesi Squarzina (hrsg.): Fiaminghi che vanno e vengono no li si puol dar regola. Paesi Bassi e Italia fra Cinquecento e seicento: pittura, storia e cultura degli emblemi, Rom 1995, S. 185–88, Abb. 8 (als eine Szene aus dem Stück Granida von Pieter Cornelisz. Hooft, 1615). - Leonard J. Slatkes: Bringing Ter Brugghen and Baburen Up-to- Date, in: Bulletin du Musée national de Varsovie, vol. XXXVII, 1996, S. 206, Fussnote 35 und S. 207, Abb. 4 (1621 datiert). - Joaneath Spicer et al.: Masters of Light: Dutch Painters in Utrecht during the Golden Age, Ausst.-Kat. San Francisco/Bal- timore/London 1997, S. 423, Fussnote 5 unter Kat.-Nr. 41, S. 254–256 (als frühes Werk der Utrechter Schaffensphase). - Leonard J. Slatkes und Wayne Franits: The Paintings of Hendrick ter Brugghen 1588–1629. Catalogue Raisonné, Amsterdam/ Philadelphia 2007, S. 19–20, Abb. 14; zudem erwähnt unter Kat.-Nr. A32, S. 121–122 (Fussnote 4) und A62, S. 176 und 178 (Fussnote 11). - Wayne Franits: The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93– 1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, S. 109–110, Kat.-Nr. A15, ausserdem erwähnt S. 44, Fussnote 240, S. 46, 107, 111, 115, 141, 161, Abb. S. 260, Farbabb. VIII und S. 289, Tafel 15. Sowohl wegen seiner Größe als auch wegen der kühnen und experimentellen Art seiner Komposition stellt das hier angebote- ne Gemälde eines der ehrgeizigsten und einfallsreichsten Werke des Utrechter Meisters Dirck van Baburen dar. Unmittelbar nach Baburens Rückkehr aus Rom in die Niederlande um 1620/21 entstanden, ist dieses Werk noch ganz von Caravaggios Genie geprägt. Das ikonographisch seltene Motiv stellt die Opfergabe an Ceres dar, bei dem eine Versammlung von Sterblichen der Gottheit der Ernte, die im Hintergrund links als Statue zu sehen ist, Gaben darbringt. Leonard J. Slatkes (1962) ging ursprünglich davon aus, dass es in den letzten Jahren von Baburens Aufenthalt in Rom entstand, wo er sich acht Jahre lang aufgehalten hatte. Angesichts seiner Verwandtschaft mit der ähnlich großen Gefangennahme Christi in der Galerie Borghese (Inv.-Nr. 28; siehe Franits 2013, Kat.-Nr. A13), die um 1619 kurz vor Baburens Abreise von Rom gemalt wurde, haben sowohl Slatkes wie auch Wayne Franits sich in jüngeren Publikationen auf eine Datierung um 1621 geeinigt. Damit steht dieses Gemälde an der Spitze der viel gerühmten Utrechter Pe- riode, in der Baburen bis zu seinem frühen Tod 1624 zusammen mit Gerrit van Honthorst (1592–1656) und Hendrick Ter Brugghen (1588–1629) die als Utrechter Caravaggisten bekannte Maler- gruppe anführte. Die Beziehungen zwischen diesen Künstlern und ihren Ateliers waren so eng, dass Motive und Entwürfe oft gemeinsam verwen- det wurden: Die gleiche Figur eines Soldaten, die in der früheren Gefangennahme Christi zu sehen ist, stellte Baburen in das Zentrum der vorliegenden Komposition und wird zugleich von Ter Brugghen sowohl für seine Enthauptung des Heiligen Johannes des Täufers (Nelson-Atkins Museum of Art, Kansas City; siehe Slatkes/Franits 2007, Kat.-Nr. A32) als auch für seinen Pfeifen- spieler (Gemäldegalerie Alte Meister, Kassel, Inv.-Nr. GK179; siehe Slatkes/Franits 2007, Kat.-Nr. A62) verwendet. Baburens Verwen-
  • 55. | 47 dung dieser dominanten Figur sowohl für seine Gefangennahme Christi als auch für die hier angebotene Opfergabe an Ceres ist ein Zitat aus Caravaggios eigener Gefangennahme Christi (National Gallery of Ireland, Dublin, Inv.-Nr. L.14702), allerdings ist die Figur des Soldaten hier deutlich dominanter. Eine etwas spätere Datierung auf 1622 wurde von Dr. Fred. G. Meijer vorgeschlagen (siehe RKD Archiv- Nr. 107755), der glaubt, dass der kleine Blumenkranz rechts von Balthasar van der Ast (1593–1657) gemalt wurde. Damit wäre dies ein ungewöhnliches Beispiel für eine Zusammenarbeit zwischen Baburen und einem anderen Künstler, auch wenn dies angesichts der Bereitschaft Baburens, Motive mit anderen potenziellen Konkurrenten auszu- tauschen, nicht allzu überraschend ist. Die scharfen Konturen, die helle Tonalität und die farbenfrohe Palette ordnen die Opfergabe Ceres eindeutig der letztlich kurzen Utrechter Periode des Künstlers zu. Franits (2013) zählt nur sechsunddreißig eigenhändige Gemälde von Baburen auf, von denen vierzehn in Rom und zweiundzwanzig in Utrecht entstan- den sind. CHF 500 000 / 800 000 (€ 510 200 / 816 330) 3029* DIRCK VAN BABUREN (1595 Utrecht 1624) The Offering to Ceres. Circa 1621. Oil on canvas. 137 × 197 cm. Provenance: - Probably private collection of François Quesnel (1543–1619), Paris (as Bartolomeo Manfredi). - Private collection of Jean-François Séguier (1703–1784), Nîmes (as Valentin de Boulogne). - Private collection of Anthelme-Michel-Laurent de Migieu, Marquis de Savigny (1723–1788), Paris, 1751 (as Valentin de Boulogne). - By descent, private collection of René Gaspar Vicomte de Vaulchier, Savigny-lès-Beaune, Côte-d’Or, 1952. - Sale Sotheby’s, London, 4.12.2013, Lot 18. - Private collection. Exhibited: - Utrecht/Antwerp 1952, Caravaggio en de Nederlanden, Centraal Museum, Utrecht, 15.6–3.8.1952 / Koninklijk Museum voor schone Kunsten, Antwerp, 10.8.–28.9.1952, no. 91 (as attributed to Hendrick ter Brugghen, possibly Baburen). - Dijon 1958, Les plus belles œuvres de la Côte-d’Or, Musée de Dijon, Palais des Etats de Bourgogne, 1958, no. 32.
  • 56. Gemälde Alter Meister | 48 Literature: - Probably Vicomte de Grouchy: Inventaire des tableaux de François Quesnel (1697), in: Nouvelles archives de l‘art français, 8ème année, 1892, p. 93 (as Bartolomeo Manfredi: ‘un sacrifice à Flore de Manfrede’). - Probably manuscript 130, fonds Séguier, Bibliothèque de Nîmes (as Valentin de Boulogne: ‘des sacrificateurs, un soldat, mènent au dieu trois femmes portant des corbeilles de fleurs; for bon de dessin et de clair-obscur, par Valentin’). - Laurent de Migieu: Livre de Dépenses, Archives du Comte de Savigny, 1751, no. 9 in the list of works previously owned by M. Seguier (as ‘un sacrifice de Valentin’). - Exh. cat. Caravaggio en de Nederlanden, Utrecht/Antwerp 1952, p. 56, cat. no. 91, fig. 69. - Benedict Nicolson: Caravaggio and the Netherlands, review of Utrecht/Antwerp exhibition, in: The Burlington Magazine, vol. XCIV, no. 594, September 1952, p. 248 and footnote 13 (as Baburen). - Vitale Bloch: I Caraveggeschi a Utrecht e Anversa, in: Paragone, no. 33, September 1952, p. 18 (dated circa 1622–1624, from Baburen’s period in Utrecht). - Exh. cat. Les plus belles œuvres des collections de la Côte-d’Or, Dijon 1958, p. 21, cat. no. 32, fig. VII. - Benedict Nicolson: Hendrick Terbrugghen, The Hague 1958, p. 53, mentioned under number A12, and p. 119 as ‘works wrongly attributed to Terbrugghen’ (as Baburen circa 1622). - Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch Painter in Utrecht and Rome, Proefschrift, University of Utrecht 1962, Text pp. 54–55, cat. no. A8, p. 101. - Leonard J. Slatkes: Dirck van Baburen (c. 1595–1624): A Dutch Painter in Utrecht and Rome, Utrecht 1965, Text pp. 54–55, cat. no. A8, p. 112, fig. 12; also mentioned under cat. no. A19 and A22 (as a late work of the Rome period, or early work of the Utrecht period, circa 1620). - Arnauld Brejon de Lavergnée: New Paintings by Bartolommeo Manfredi, in: The Burlington Magazine, vol. 121, no. 914, 1979, p. 310 (‘un sacrifice à Flore de Manfrede’ in the inventory as 1697 from the collection of François de Quesnel). - Benedict Nicolson: The International Caravaggesque Mo- vement, Oxford 1979, pp. 19, 220, 248. - Rüdiger Klessmann: Utrechter Caravaggisten zwischen Ma- nierismus und Klassizismus, in: Hendrick ter Brugghen und die Nachfolger Caravaggios in Holland: Beiträge eines Symposium im Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, 23.–25.3.1987, Braunschweig 1988, p. 60, fig. 68 and p. 64, footnote 5. - Benedict Nicolson and Luisa Vertova: Caravaggism in Europe, Turin 1989, vol. I, p. 56 and vol. III, plate 1045. - R. Morselli: Baburen, Dirck (Jaspersz) van, in: Saur Allgemeines Künstler-Lexikon. Die bildenden aller Künstler Zeiten und Völker, vol. VI, Munich and Leipzig 1992, p. 110. - M. Giulia Aurigemma: Gherardo, Enrico, Teodoro ed altri simili, in: L‘asino iconoclasta. Seicento Olandese: proposte di lettura, problemi di metodo e di interpretazione, Rome 1993, p. 42. - Valentina White: Il soggiorno romano di Dirck van Baburen. La commitenza e le opere, in: Irene Baldriga und Silvia Danesi Squarzina (ed.): Fiaminghi che vanno e vengono no li si puol dar regola. Paesi Bassi e Italia fra Cinquecento e seicento: pittura, storia e cultura degli emblemi, Rome 1995, pp. 185–88, fig. 8 (as a scene from the play ‘Granida’ by Pieter Cornelisz. Hooft, 1615). - Leonard J. Slatkes: Bringing Ter Brugghen and Baburen Up-to- Date, in: Bulletin du Musée national de Varsovie, vol. XXXVII, 1996, p. 206, footnote 35 and p. 207, fig. 4 (dated 1621). - Joaneath Spicer et al.: Masters of Light: Dutch Painters in Ut- recht during the Golden Age, exh. cat. San Francisco/Baltimore/ London 1997, p. 423, footnote 5 under cat. no. 41, pp. 254–256 (as an early work of the Utrecht period). - Leonard J. Slatkes und Wayne Franits: The Paintings of Hendrick ter Brugghen 1588–1629. Catalogue Raisonné, Amsterdam/ Philadelphia 2007, pp. 19–20, fig. 14; also mentioned under cat. no. A32, pp. 121–122 (footnote 4) and A62, pp. 176 and 178 (footnote 11). - Wayne Franits: The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93– 1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, pp. 109–110, cat. no. A15, also mentioned p. 44, footnote 240, pp. 46, 107, 111, 115, 141, 161, ill p. 260, colour ill. VIII and p. 289, plate 15. By virtue of both its size and the bold and experimental nature of its composition, the painting offered here constitutes one of the most ambitious and imaginative works by the Utrecht master Dirck van Baburen. Painted immediately after Baburen’s return to the Netherlands from Rome around 1620/21, this work is still entirely influenced by Caravaggio‘s genius. The motif, rare in terms of its iconography, depicts the offering to Ceres, in which an assembly of mortals make offerings to the deity of the harvest, shown as a statue in the background on the left. Leonard J. Slatkes (1962) originally assumed that the work was created in the final years of Baburen’s time in Rome, where he had resided for eight years. However, given its affinity with the similarly sized ‘The Taking of Christ’ in the Borghese Gallery (inv. no. 28; see Franits 2013, cat. no. A13), painted around 1619 – shortly before Baburen’s departure from Rome – both Slatkes and Wayne Franits have, in more recent publications, agreed on a date of around 1621. This places the present painting at the forefront of the much-vaunted Utrecht period, during which Baburen, together with Gerrit van Honthorst (1592–1656) and Hendrick Ter Brug- ghen (1588–1629), led the group of painters known as the Utrecht Caravaggists until Baburen’s early death in 1624. The relationship between these artists and their studios was so close that motifs and designs were often shared: the same figure of a soldier seen in the earlier work ‘The Taking of Christ’, was pla- ced by Baburen at the centre of the composition presented here and was also used by Ter Brugghen for both his ‘Beheading of St John the Baptist’ (Nelson-Atkins Museum of Art, Kansas City; see Slatkes/Franits 2007, cat. no. A32) and his ‘Piper’ (Gemäldegalerie Alte Meister, Kassel, inv. no. GK179; see Slatkes/Franits 2007, cat. no. A62). Baburen’s use of this dominant figure for both ‘The Ta- king of Christ’ and ‘Offering to Ceres’, is a quotation from Caravag- gio’s own ‘The Taking of Christ’ (National Gallery of Ireland, Dublin, inv. no. L.14702), though here the figure of the soldier is clearly more dominant. A somewhat later date of 1622 was suggested by Dr Fred. G. Meijer (see RKD archive no. 107755), who believes that the small floral wreath on the right was painted by Balthasar van der Ast (1593–1657). This would be an unusual example of a collaboration between Baburen and another artist, although not entirely sur- prising given Baburen’s willingness to exchange motifs with other potential rivals. The sharp contours, bright tonality and colourful palette clearly si- tuate this ‘Offering to Ceres’ in the artist’s ultimately brief Utrecht period. Franits (2013) lists only thirty-six paintings by Baburen’s own hand, fourteen of which were painted in Rome and twen- ty-two in Utrecht. CHF 500 000 / 800 000 (€ 510 200 / 816 330)
  • 57. | 49
  • 58. Gemälde Alter Meister | 50 3030* PAOLO FARINATI, zugeschrieben (1524 Verona 1606) Heiliger Hieronymus in einer Waldlandschaft. Öl auf Leinwand. 107 × 93,5 cm. Provenienz: - Sammlung des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Dr. Konrad Adenauer (1876–1967), Bonn. - Sammlung Heinz Kisters, Kreuzlingen. - Auktion Fischer, Luzern, 24.–28.11.1970, Los 1911 (als Tizian). - Europäischer Privatbesitz. Literatur: Heinz Kisters: Adenauer als Kunstsammler, 1970, S. 107, mit Abb. (als Tizian). Das hier angebotene Gemälde greift eine Komposition Tizians auf, welche sich heute im Musée du Louvre in Paris befindet (Inv.-Nr. 750, Öl auf Leinwand, 102 × 80 cm). CHF 8 000 / 12 000 (€ 8 160 / 12 240)
  • 59. | 51 3031* VINCENT MALO, zugeschrieben (Cambrai um 1602/1606–1644 Rom) Heilige Familie. Öl auf Leinwand. 146,5 × 100,6 cm. Provenienz: Europäische Privatsammlung. CHF 7 000 / 10 000 (€ 7 140 / 10 200)
  • 60. Gemälde Alter Meister | 52 3032* PAULUS JANSZ. MOREELSE, zugeschrieben (1571 Utrecht 1638) Porträt eines Jungen. Um 1630–35. Öl auf Holz. 12,3 × 9,5 cm. Provenienz: Europäische Sammlung. Das hier angebotene, qualitativ hochwertige Porträt eines Jungen kann aufgrund stilistischer Merkmale um 1630–35 datiert und an den Utrechter Maler Paulus Moreelse zugeschrieben werden. CHF 7 000 / 10 000 (€ 7 140 / 10 200)
  • 61. | 53 3033* JAN DAVIDSZ. DE HEEM, Umkreis (Utrecht 1606–1684 Antwerpen) Vanitas mit Totenkopf und Büchern. Um 1630. Öl auf Holz. Links auf der Partitur bezeichnet: Alemand. 84,5 × 72 cm. Provenienz: Europäische Privatsammlung. Dr. Fred G. Meijer datiert das Gemälde anhand einer Fotogra- fie in die 1630er-Jahre, wofür wir ihm danken. Er deutet darauf hin, dass der Künstler die in den 1620er-Jahren entstandenen Bücherstillleben Jan Davidsz. De Heems gekannt haben muss. Die Bezeichnung „Alemand“ weist auf die Allemande hin, einem aus deutschen Volkstänzen entstandenen Schreittanz, der im Barockzeitalter in den Niederlanden weit verbreitet war. CHF 8 000 / 10 000 (€ 8 160 / 10 200)
  • 62. Gemälde Alter Meister | 54 3034* JACOB VAN OOST (1601 Brügge 1671) Bildnis einer Dame. 1647. Öl auf Leinwand. Unten mittig monogrammiert, datiert und bezeichnet: IVO (ligiert). F. Ao 1647. AETAT. SUAE. 59. 80,3 × 65,3 cm. Provenienz: - Sammlung Theodor (wohl Emile Theodore (1876–1937), Konservator im Palais des Beaux-Arts von 1912 bis 1937), Lille (verso mit Etikett). - Europäische Sammlung. Dieses monogrammierte und datierte Porträt einer reifen Frau zeigt den Einfluss des Caravaggismus auf Jacob van Oost, der in Brügge tätig war. Ein vergleichbares Bildnis einer Frau in einer im Trompe-l‘Oeil gemalten Umrahmung von Jacob van Oost befin- det sich im Musée de la Ville de Poitiers (Inv.-Nr. 882.1.374, siehe Henry Perrault: Catalogue des Peintures du Musée de Poitiers, 1930, S. 6, Nr. 124 und Jean Luc Meulemeester: Jacob van Oost de Oudere en het zeventiende-eeuwse Brugge, Brügge 1984, S. 369, Nr. B72, Abb. 268). Wir danken Prof. Hans Vlieghe für seine wissenschaftliche Unter- stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. CHF 12 000 / 18 000 (€ 12 240 / 18 370)
  • 63. | 55 3035* JAN WILDENS (1586 Antwerpen 1653) Weite Flusslandschaft mit einer Fähre. Öl auf Leinwand. Unten rechts auf dem Fass signiert: I WILDENS FECIT. Auf einem Ballen monogrammiert: IW. 141 × 206 cm. Provenienz: - Italienische Privatsammlung. - Auktion Christie‘s, Rom, 18.5.1979, Los 129. - Sammlung Stefan und Monika Schminck, Frankfurt a. M. - Europäische Privatsammlung. Literatur: Wolfgang Adler: Jan Wildens. Der Landschaftsmitarbeiter des Rubens, Fridingen 1980, S. 107, Nr. G62, Abb. 89, S. 183. Das hier angebotene Gemälde entstand wahrscheinlich in den späten 1630er-Jahren und ist besonders reich staffiert mit einem klaren Aufbau von senkrechten und vertikalen Ebenen, wie sie für Wildens charakteristisch sind. Wolfgang Adler hebt bei diesem Gemälde die Leuchtkraft der Farben insbesondere des Seegrüns hervor. CHF 60 000 / 80 000 (€ 61 220 / 81 630)
  • 64. Gemälde Alter Meister | 56 3036 TOMMASO SALINI, zugeschrieben (1575 Rom 1625) Küchenstillleben mit Federvieh und Morcheln in einem Korb. Öl auf Leinwand. 75,5 × 95 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. CHF 6 000 / 8 000 (€ 6 120 / 8 160) 3037 PIETER MULIER d. J. genannt CAVALIER PIETRO TEMPESTA (Haarlem 1637–1701 Mailand) Flusslandschaft mit ländlichem Treiben im Mondschein. Öl auf Leinwand. 39 × 35,5 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. CHF 5 000 / 7 000 (€ 5 100 / 7 140)
  • 65. | 57
  • 66. Gemälde Alter Meister | 58 3038* DIRCK VAN BABUREN und Werkstatt (1595 Utrecht 1624) Die Kupplerin. Öl auf Leinwand. 111,5 × 134 cm. Provenienz: - Sammlung Anton Ludwig Alexander Klingenberg (1840–1924). - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Europäische Privatsamm- lung. Das Thema der käuflichen Liebe, welches in diesem hier ange- botenen Gemälde dargestellt wird, war in den Niederlanden in den 1620er-Jahren äusserst beliebt und besonders die Utrechter Caravaggisten Dirck von Baburen, Hendrick ter Brugghen (1588– 1629) und Gerrit van Honthorst (1592–1656) griffen dieses Sujet mehrfach in ihren Gemälden auf. Eines der wohl bekanntesten Darstellungen Dirck van Baburens, die Kupplerin, wurde gar mehrfach kopiert und in Gemälden aufgegriffen. So beispielsweise in zwei Beispielen Johannes Ver- meers, wo es im Hintergrund dargestellt ist: Das Konzert (Isabella Stewart Gardner Museum, Boston, Inv.-Nr. P21w27) und eine musizierende Dame mit einem Virginal (National Gallery, London, Inv.-Nr. NG2568). Die Bostoner Version gilt dabei als die erste bekannte Darstellung des Themas der käuflichen Liebe aus dem Jahre 1622 (Museum of Fine Arts, Boston, Inv.-Nr. 50.2721, siehe Wayne Franits: The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93– 1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, S. 125–130, Kat.-Nr. A23). Die hier angebotene und kürzlich in einer Privatsammlung ent- deckte Komposition der käuflichen Liebe, ist in einer weiteren signierten und 1623 datierten Version Baburens in der Würzbur- ger Residenz bekannt (Franits, ebd. Kat.-Nr. A33). Während die Darstellung der Prostituierten in den meisten Fällen in einer eher lasziven, heiteren und spielerischen Weise dargestellt wird, wirkt die hier gezeigte eher zurückhaltend, während die Kupplerin an ihren Gewändern zerrt, als wolle sie sie zur Interaktion mit dem Soldaten animieren. Die Einflüsse Caravaggios (1571–1610), die Baburen zu Beginn der 1620er-Jahre aus Rom nach Utrecht übermittelte und in seine Malerei aufgriff, lassen sich hier verzeichnen. So der ausdrucks- starke Naturalismus der Personen, die Kostümwahl und die Licht- dramaturgie. Die überlebensgrossen Personen, die den Raum ein- drücklich erfüllen sind hingegen eine eigenständige Umsetzung Baburens. Die künstlerischen Details der jungen Frau in unserer Version sind von sehr qualitätvollem Niveau und lassen die Hand des Meisters vermuten. Wir danken Prof. Wayne Franits für seine wissenschaftliche Unter- stützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. Nach Prüfung anhand einer Fotografie hält er die Eigenhändigkeit Baburens für wahrscheinlich. CHF 40 000 / 60 000 (€ 40 820 / 61 220)
  • 67. | 59
  • 68. Gemälde Alter Meister | 60 3039* JAN BRUEGHEL d. J. und PIETER VAN AVONT (1601 Antwerpen 1678) (Mechelen 1600–1652 Antwerpen) Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten mit Engeln in einer Landschaft. Öl auf Kupfer. 66 × 91 cm. Gutachten: Dr. Klaus Ertz, 14.2.2011. Provenienz: - Privatsammlung, Paris, seit Mitte des 20. Jh. - Auktion Sotheby‘s, London, 9.12.2010, Los 116 (mit Vermerk, dass Dr. Fred G. Meijer die Autorschaft nach Prüfung des Origi- nals bestätigt hat). - Europäische Privatsammlung. Das laut Gutachten von Dr. Klaus Ertz in den 30er-Jahren des 17. Jahrhunderts in Antwerpen entstandene Werk ist das Resultat der Zusammenarbeit von Jan Brueghel d. J. und Pieter van Avont. Während ersterer die Landschaft, die Blumen und die Früchte beitrug, schaffte van Avont die Personenstaffage und das Lamm. Die im Hintergrund zu erkennenden Überlagerungen grünblauer Farben sind typisch für Jan Brueghel d. J. Qualitativ unterscheidet sich der Malstil kaum vom berühmten Vater. Im vorliegenden Fall erscheint die dunstige Flusslandschaft in einem starken Kontrast zu Marias leuchtend rot-blauem Kleid. Das Jesuskind das seine Hand dem Johannesknaben reicht, der mit seinem kennzeich- nenden Fell gemalt ist, wird von der Mutter liebevoll umfasst. Die Darstellung erinnert in den Werken „Flora im Garten“ und „Heilige Familie mit Johannes und Engeln in Landschaft“, welche beide im Kunsthistorischen Museum in Wien aufbewahrt werden (Inv.-Nr. 1692 und 1683). Neben den gelungenen Figuren sind beson- ders die Details des Gemäldes, wie das Blumenbouquet vor den Füssen Marias oder die Blüten im Vordergrund von besonderer Raffinesse und verleihen dem Bild eine eindrückliche Harmonie im Kolorit. CHF 60 000 / 80 000 (€ 61 220 / 81 630)
  • 69. | 61
  • 70. Gemälde Alter Meister | 62 3040 JAN BRUEGHEL d. Ä., Nachfolger des 18. Jh. (Brüssel 1568–1625 Antwerpen) Allegorie des Wassers. Öl auf Kupfer. 29 × 45,5 cm. Provenienz: - Privatsammlung Graf Johan Ludvig Holstein (1694–1763). - Durch Erbschaft über mehrere Generationen, Privatsammlung Graf Knud Holstein-Ledreborg (1919–2001). - Durch Erbschaft, Schweizer Privatsammlung. Das hier angebotene Gemälde geht auf eine Komposition Jan Brueghels d. Ä. zurück, welche sich im Musée des Beaux-Arts in Lyon befindet (Inv.-Nr. A76) und Teil einer Serie allegorischer Darstellungen der vier Elemente bildet (siehe Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Jan Brueghel der Ältere (1568–1625), Lingen 2008–2010, Bd. III, Kat.-Nr. 495, S. 1044). CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310)
  • 71. | 63 3041* CARSTIAN LUYCKS (1623 Antwerpen nach 1658) Stillleben mit Kartenspiel und Koralle. Öl auf Leinwand. 34,4 × 44 cm. Provenienz: Europäische Sammlung. Die Werke des in Antwerpen geborenen und später in Frankreich tätigen Malers Carstian Luyckx, aus dessen Œuvre hauptsächlich Vanitas-Stillleben bekannt sind, wurden ehemals dem franzö- sischen Maler Simon Renard de Saint-André (um 1613–1677) zugeschrieben, was durch Dr. Fred G. Meijer widerlegt werden konnte. Das hier angebotene Stillleben hat einen besonders hohen dekorativen Wert und sticht durch seine originelle Zusammen- setzung von Stilllebenelementen im Œuvre dieses faszinierenden Künstlers hervor. Dr. Fred G. Meijer bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals, wofür wir ihm danken. CHF 40 000 / 60 000 (€ 40 820 / 61 220)
  • 72. Gemälde Alter Meister | 64 3042* GILLIS GILLISZ. DE BERGH (um 1600 Delft 1669) Stillleben mit Trauben und Papagei. Öl auf Holz. Unten rechts signiert: G. de Bergh. 70,8 × 103,5 cm. Provenienz: Europäische Sammlung. CHF 20 000 / 30 000 (€ 20 410 / 30 610)
  • 73. | 65 3043* JOOS DE MOMPER d. J. und JAN BRUEGHEL d. J. (1564 Antwerpen 1635) (1601 Antwerpen 1678) Hügelige Küstenlandschaft mit Fischverkäufern. Öl auf Holz. 38 × 48,8 cm. Gutachten: Dr. Klaus Ertz, 21.8.2021. Provenienz: Europäischer Privatbesitz. Das vorliegende Werk, dessen Bildträger durch eine dendrochro- nologische Untersuchung auf das frühe 17. Jahrhundert datiert wurde, identifiziert Dr. Klaus Ertz nach Besichtigung des Originals als eine Zusammenarbeit zwischen Joos de Momper und Jan Brueghel d. J., die um 1630 entstanden ist. Sie zeigt einen beson- ders interessanten Bildausschnitt. Die schroffe Linie der Ruine und des Felsabbruches auf der linken Seite und der Hafen im Hin- tergrund erscheinen, um es in einem zu dieser Zeit inexistenten Vokabular zu formulieren, besonders pittoresk. Tatsächlich kannten die niederländischen Maler unter dem Begriff „schilder-achtig“ ein ähnliches Ideal in der Verbindung des Schönen und Erhabenen (siehe Boudewijn Bakker: Schilderach- tig: discussions of a seventeenth-century term and concept, in: Simiolus: Netherlands Quarterly for the History of Art, Bd. 23, Nr. 2/3, 1995, S. 147–162). Massgeblich beteiligt an der Spannung dieser Szene ist die raffinierte Lichtführung, welche sowohl den ocker-rötlichen Boden als auch das grün-blaue schimmern- de Wasser in eine breite Farbpalette taucht. Unterschiedliche Oberflächen von rauen Steinen, schimmernden Fischschuppen und farbigen Leinen ergeben ein abwechslungsreiches haptisches Universum. Vor allem die Personengruppe im Vordergrund zeigt gebückt, sitzend, stillend und kriechend eine anatomische Studie. Das Landschaftsmotiv ist bereits im Œuvre von Jan Brueghel d. Ä. (1568–1625) bekannt, wie dies eine Zeichnung im RKD, Den Haag (Nr. 54020) belegt, welche den gleichen Felsvorsprung und architektonische Form zeigen. CHF 40 000 / 60 000 (€ 40 820 / 61 220)
  • 74. Gemälde Alter Meister | 66 3044* KAREL BREYDEL (Antwerpen 1677–1744 Gent) Reiter bei der Rast in einer Stadt. Öl auf Holz. Unten rechts signiert: C. breydel. 22,4 × 32 cm. Provenienz: Europäische Sammlung. CHF 10 000 / 15 000 (€ 10 200 / 15 310) 3045* JACOB ISAACKSZ. VAN RUISDAEL (Haarlem 1628–1682 Amsterdam) Eine skandinavische Landschaft mit einem Wasserfall im Vorder- grund und einer Hütte auf einer Landzunge dahinter. Öl auf Leinwand. Unten links auf dem Stein signiert: JvRuisdaeL. 38,5 × 33,7 cm. Provenienz: - Auktion Christie‘s, London, 14.7.1978, Los 235. - Privatsammlung Frankreich. In dieser Landschaft aus den späten 1650er-Jahren zollt Ruisdael den skandinavischen Landschaften von Allart van Everdingen (1621–1675) Tribut, die Everdingen aus erster Hand gesehen hatte. Ruisdael fängt nicht nur eine zeitlose romantische Stim- mung ein, sondern zeichnet sich auch durch seine Ausführung der durchscheinenden Wolken und der glitzernden Kaskade als höchster Meister der niederländischen Landschaft des 17. Jahr- hunderts aus. Kleinformatige Landschaften mit Wasserfall sind eher selten im Œuvre Ruisdaels und ähnliche Darstellungen finden sich bei- spielsweise in Brüssel, Sammlung del Monte und in Den Haag, Rijksdienst Beeldene Kunst (siehe Seymour Slive: Jacob van Ruisdael, A Complete Catalogue of his Paintings, Drawings and Etchings, New Haven und London 2001, S. 168–169, Nr. 160 und S. 198, Nr. 199). CHF 15 000 / 25 000 (€ 15 310 / 25 510)
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  • 76. Gemälde Alter Meister | 68 3046* JAN VAN KESSEL d. Ä. (1626 Antwerpen 1679) Früchtestillleben mit Gebäck, Tazza und Meerschweinchen. Öl auf Kupfer. 20 × 34,5 cm. Provenienz: - Wohl Galerie De Jonckheere, Paris, TEFAF, um 1980. - Sammlung Stefan und Monika Schminck, Frankfurt a. M. - Europäische Privatsammlung. Literatur: - Edith Greindl: Les Peintres flamands de nature morte au XVIIe siècle, Sterrebeek 1983, S. 159, Abb. 85 (als Jan van Kessel d. Ä.). - Peter Sutton: Dutch and Flemish seventeenth-century pain- tings. The Harold Samuel collection. Ausst.-Kat. Cambridge 1992, S. 108, Fig. 2 (als Nachfolger von Jan van Kessel d. Ä.). - Jan de Maere und M. Wabbes: Illustrated dictionary of 17th century Flemish painters, Brüssel 1994, Bd. I, Abb. S. 680 (als Jan van Kessel d. Ä.). - Klaus Ertz und Christa Nitze-Ertz: Jan van Kessel, Lingen 2012, Kat.-Nr. 469, S. 95 und 290, Abb. 95 (als Jan van Kessel d. Ä.). Das hier angebotene, äusserst fein gemalte Stillleben mit Blu- mentazza, einer Süßigkeitenplatte und vier Obstplatten mit zwei Meerschweinchen stellt eines der schönsten Beispiele eines Mahlzeitstilllebens von Jan van Kessel d. Ä. dar – einem Genre, in dem sich der Künstler besonders auszeichnete und für das er typischerweise kleinformatige Kupfertafeln als Malträger verwen- dete. Nach dem Vorbild Osias Beerts d. Ä. (1580 –1624), der eine zentrale Rolle in der frühen Entwicklung von Mahlzeitstillleben als eigenständige Gattung spielte, arrangiert Van Kessel in unserem Gemälde eine große Vielfalt an frischen und kandierten Früchten und Zuckergebäck in mehreren Zinntellern und einem chinesi- schen Porzellanschälchen auf einer schlichten Holztischplatte. Zwei Meerschweinchen und ein rotes Eichhörnchen lassen sich die ausgebreiteten Köstlichkeiten nicht entgehen. Insekten, Fliegen und Schmetterlinge nehmen ebenfalls am Festmahl teil. Van Kessel umschreibt hier detailversessen die Formen und Far- ben jedes einzelnen Objekts und Lebewesens und verleiht dem Ensemble noch mehr optischen Reiz durch eine im Hintergrund platzierte goldene Tazza mit Blumen und Insekten. Dr. Klaus Ertz (siehe Literatur) datiert das hier angebotene Still- leben in die 1670er-Jahre und vergleicht es kompositorisch und stilistisch mit einem Früchtestilleben mit Tazza, Eichhörnchen und Steinkrug von Jan van Kessel d. Ä., welches sich ehemals in der Harold Samuel Sammlung in Cambridge befand (siehe Ertz/ Nitze-Ertz 2012, Kat.-Nr. 468). CHF 80 000 / 120 000 (€ 81 630 / 122 450)
  • 77. | 69