SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 138
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Auktion: 27. September 2019
GEMÄLDE ALTER MEISTER
ALTE GRAPHIK
Freitag, 27.09.2019
10.00 Uhr
Lot 3601 – 3649
ZEICHNUNGEN
Freitag, 27.09.2019
11.00 Uhr
Lot 3401 – 3502
GEMÄLDE ALTER MEISTER
Freitag, 27.09.2019
14.00 Uhr
Lot 3001 – 3094
GEMÄLDE DES 19. JH.
Freitag, 27.09.2019
16.00 Uhr
Lot 3201 – 3268
MÖBEL, PENDULEN,
SKULPTUREN, MINIATUREN,
SILBER, PORZELLAN
Donnerstag,26.09.2019
10.00 Uhr
Lot 1001 – 1200
MÖBEL, PENDULEN,
SKULPTUREN, MINIATUREN,
SILBER, PORZELLAN
Donnerstag,26.09.2019
13.30 Uhr
Lot 1201 –1375
TEPPICHE
Donnerstag,26.09.2019
16.30 Uhr
Lot 1601 – 1709
Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz
Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66
office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch
A188/2
MÄRZ2019GEMÄLDEALTERMEISTERUNDDES19.JH.,ZEICHNUNGENUNDALTEGRAPHIK
Auktion: 27. September 2019
GEMÄLDE ALTER MEISTER
Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz
Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66 
office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch
Auktion: 26. September 2019
DecorAtive ArtS
Decorativearts
A190 / 1
SepTember2019
BÜCHER
Dienstag, 24.09.2019
13.30 Uhr
Lot 101 – 383
BUCHMALEREI &
AUTOGRAPHEN
Dienstag, 24.09.2019
16.30 Uhr
Lot 501 – 602
SCHMUCK TEIL 1
Mittwoch, 25.09.2019
14.00 Uhr
Lot 2001 – 2087
SCHMUCK TEIL 2
Mittwoch, 25.09.2019
15.00 Uhr
Lot 2101 – 2272
Schweiz
SEPTEMBER2019
AUKTION: 24. SEPTEMBER 2019
BÜCHER, BUCHMALEREI & AUTOGRAPHEN
BÜCHER,BUCHMALEREI&AUTOGRAPHEN
A190/3
A190
Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz
Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66
office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch
SCHMUCK&JUWELENSEPTEMBER2019
Auktion: 25. September 2019
SCHMUCK & JUWELEN
AUKTIONSPROGRAMM
AUKTION A190 - SEPTEMBER 2019 Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz
VORBESICHTIGUNG
Donnerstag, 19. September 2019, 10 – 21 Uhr
Freitag, 20. September - Montag, 23. September, 10 – 18 Uhr
Gemälde Alter Meister
Lot 3001 – 3096
Auktion
Freitag, 27. September 2019, 14.00 Uhr
Vorbesichtigung
Donnerstag, 19. September 2019, 10 – 21 Uhr
Freitag, 20. September - Montag, 23. September 2019, 10 – 18 Uhr
English descriptions and additional photos:
www.kollerauctions.com
Stéphanie Egli
Tel. +41 44 445 63 32
egli@kollerauktionen.ch
Karoline Weser
Head of Department
Tel. +41 44 445 63 35
weser@kollerauktionen.ch
Sabrina Hagel
Tel. +41 44 445 63 31
hagel@kollerauktionen.ch
Hannah Wepler
Tel. +41 44 445 63 62
wepler@kollerauktionen.ch
Gemälde Alter Meister
| 2
3001*
GIOVANNI FRANCESCO DA RIMINI
(Rimini um 1420–1470 Bologna)
Christus als Schmerzensmann.
Tempera auf Holz.
14,3 × 11 cm.
Provenienz:
Europäischer Privatbesitz.
Vorliegende kleine, der Kunstgeschichte bisher
vorenthaltene Tafel kann hier erstmals einer
kurzen kunsthistorischen Analyse unterzogen
werden. Die geringen Dimensionen der Tafel
und das Bildthema – das Abbild des geopferten
Leib Christi im Sarkophag stehend – lassen
vermuten, dass es ehemals als sogenanntes
„Pace“ gedient hatte, das während der Messe
zum Kuss gereicht wurde. Das hier unver-
kennbar zutage tretende, von der italienischen
Plastik der Frührenaissance angeregte Figuren-
verständnis lässt sich mit den künstlerischen
Vorgängen im Padua der 1440er-Jahre um
Francesco Squarcione (um 1395–um 1468), in
Verbindung bringen. Ebenso muss der Künstler
auch die Vorgänge in Rimini gekannt haben. Der
Stil unseres Bildes mit seinen Anleihen an die
italienische Plastik verbindet sich mit dem aus
Rimini stammenden Maler Giovanni Francesco
da Rimini, der seit 1441 in Padua nachgewiesen
ist, wo sich seine Wege nachweislich mit Squar-
cione gekreuzt hatten. An diesem Kreuzweg
der frühen Florentiner Renaissance um Paolo
Uccello (1397–1475), Donatello (1386–1466)
und Filippo Lippi (1406–1469) und der venezia-
nischen Malerei um Jacopo Bellini (1396–1470)
und Michele Giambono (1400–1462) muss
sich auch unser Meister, Giovanni Francesco da
Rimini künstlerisch weiterentwickelt haben. Je-
denfalls bezeugt vorliegender Christus patiens
die Kenntnis der künstlerischen Vorgänge in Pa-
dua, namentlich Donatellos Schmerzensmann
in der Basilika di S. Antonio in Padua (1446/47),
gleich wie er auch die archäologisch ausgerich-
tete Malerei um Squarcione, Andrea Mantegna
(1431–1506) und Bono da Ferrara (tätig um
1441–1461) in der Ovetari Kapelle in der Eremit-
ani Kirche in Padua in sein Werk einfliessen liess.
Dies trifft für unseren Christus zu, dessen Haar-
tracht mit den harten Stilisierungen der Locken
auf die antikisierende Bildhauerei zurückweist,
die auch in die Werke des Mantegna und seiner
Weggefährten eingeflossen war.
Unsere Tafel ist vergleichbar mit Giovanni
Francesco da Riminis Geburt Christi in der
Sammlung des Musée du Petit Palais in Avignon
(Inv. Nr. MI526), wo wir einen Joseph vorfinden,
dessen Gesichtsbildung und Expressivität eine
enge Verwandtschaft zu unserem Christus er-
kennen lässt. Dieses Bild wird mit Giovanni Fran-
cescos früher Bologneser Aktivität (1459–1469)
in Zusammenhang gebracht. Die Entstehung
dieser Tafel darf jedoch etwas früher, um 1450,
datiert werden und ist folglich in Padua zu veror-
ten, was auch für Giovanni Francesco da Riminis
Tafel mit der Kreuzigung in der Pinacoteca
Nazionale in Ferrara zutrifft (Inv. Nr. 412). Dieses
Gemälde, das zu Recht in die Paduaner Jahre
zwischen 1445 und 1450 angesetzt wird, zeigt
einen Christus, dessen Gesicht nach demsel-
ben Muster zugeschnitten ist, wie das unseres
Schmerzensmanns. Folglich dürfte auch unsere
Pietà um 1450 entstanden sein und stellt einen
wertvollen Neuzugang im Werkkatalog des
Giovanni Francesco da Rimini dar.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen
Katalogeintrag.
CHF 8 000 / 12 000
(€ 7 270 / 10 910)
| 3
| 4
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
3002
NICCOLÒ DA VOLTRI (UMKREIS)
(vor 1370 Genua 1417)
Madonna mit Kind mit den Heiligen Petrus, Pau-
lus, Johannes d. Täufer und Antonius Abbas.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
46,4 × 33,4 cm.
Provenienz:
- Sammlung Shiff, Paris (verso Etikett).
- Auktion Drouot, Paris, Sammlung Shiff,
4.4.1905, als Ugolino da Siena zugeschrieben
(verso Etikett).
- Sammlung Dr. Thibault, Paris.
- Kunsthandel Heim-Gairac, Paris, 1962.
- Kunsthandel Herner Wengraf, London.
- Kunsthandel Frederick Mont, New York, 1974.
- Auktion Sotheby‘s, London, 1.11.1978, Los 1.
- Galerie Piero Corsini, New York, 9.1.1984 (als
Barnaba da Modena).
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Ausstellung:
Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte
Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984 (als
Barnaba da Modena).
Literatur:
- Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo,
hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S.
1–19, Abb. 2 (als Barnaba da Modena).
- Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in
Liguria. Il Quattrocento, Genua 1991, S. 53–55
und 97, Anm. 66, Abb. 47.
- Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura
in Liguria. Il Medioevo, secoli XII-XIV, Genua
2011, S. 216 und 222, Abb. 10.
Vorliegende Tafel zeigt die thronende Madonna
mit dem sich an ihrer Brust stillenden Jesuskind.
Zeugen dieses stillen Geschehens sind vier um
den Thron gescharte Heilige: Petrus, Paulus,
Johannes der Täufer und der Heilige Antonius
Abbas. Zwei Engel halten den goldgewirkten
Thronbehang empor und verleihen der Szene
zusätzlich eine prunkvolle und festliche Atmo-
sphäre.
Diese anmutige Tafel wurde einst durch Piero
Corsini als eigenhändiges Werk des Barnaba da
Modena (um 1328–um 1386) gepriesen. Eine
Zuschreibung, die sich aus heutiger Sicht jedoch
nicht länger aufrecht halten lässt. Zwar liegt
dem Bild stilistisch unverkennbar das Formen-
repertoire des Barnaba da Modena zugrunde,
insbesondere dessen Archaismen, wie die mit
goldenen neo-hellenistischen Chrysiographien
besetzten Gewänder und Mäntel der Ma-
donna sowie die Figurentypik. Jedoch stehen
die insgesamt schlankeren Figuren sowie die
etwas graphisch aufgefassten, leicht knöchern
wirkenden Gesichter in Gegensatz zu jenen
der Gemälde von Barnaba da Modena, die eine
andere Körperlichkeit erkennen lassen.
Wie Giuliana Algeri richtig festgestellt hat, lässt
unser Maler auch klare Bezüge zur sienesischen
Malerei erkennen (siehe Algeri 1991 und 2011).
Dies verwundert kaum, wenn wir uns den hyb-
riden Charakter der spättrecentesken Malerei
in Ligurien vor Augen halten, wo vorliegendes
Bild offenkundig entstanden sein muss. In
der Tat wurde die Malerei Liguriens, zunächst
durch Barnaba da Modena geprägt, der sich
dort seit circa 1360 für fast drei Jahrzehnte
als höchst gefragter Maler etablierte (siehe
Algeri 2011). Seine Vormachtstellung wurde
im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhundert vom
Sienesen Taddeo di Bartolo (um 1362–1422)
durchbrochen, der ab circa 1390 wiederholt
in Ligurien in Erscheinung tritt. Zu dieser Zeit
gab auch der florentinische Maler Francesco di
Michele (früher bekannt als Meister von Ponte a
Mensola, tätig Ende 14. / Anfang 15. Jahrhun-
dert) in Genua ein kurzes Gastspiel. Im Lichte
dieser multikulturellen Situation der ligurischen
Kunstproduktion muss auch vorliegende Tafel
betrachtet werden. Wie erwähnt, ist diese aus
dem künstlerischen Substrat des Barnaba da
Modena hervorgegangen. Gleichzeitig jedoch
weist es in der Komposition florentinische
Bildideen auf und rezipiert solche des Taddeo di
Bartolo: So entspricht der Bildaufbau der thro-
nenden Madonna hinter einem von zwei Engel
emporgehaltenen Throntuch den Bildideen wie
sie in Florenz im Umfeld der Brüder Cione (tätig
im 14. Jahrhundert) und anderen gängig waren
(vgl. die an Cenni di Francesco di ser Cenni (tätig
um 1369–1415) zugeschriebene Tafel, die am
21.7.1971 bei Sotheby‘s London als Los 106
veräussert wurde). Doch sind auch Bildideen
Taddeo di Bartolos deutlich lesbar, wie man sie
etwa von der Interpretation der Madonna dell‘
Umiltà in der Sammlung Crespi in Mailand kennt.
Folglich erweist sich das vorliegende Tafelbild in
seinem hybriden Charakter als typisches Bei-
spiel der spättrecentesken Malerei in Ligurien,
die zu Beginn des 15. Jahrhunderts von Niccolò
da Voltri bestimmt wird. Es erscheint als Prélude
zu seiner Kunst und dürfte im letzten Jahrzehnt
um 1390 und 1395 entstanden sein.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen
Katalogeintrag.
CHF 30 000 / 50 000
(€ 27 270 / 45 450)
| 6
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
3003
BERNARDINO LANINO
(Mortara 1512–1578 Vercelli)
Heiliger Hieronymus.
Öl auf Holz.
32 × 17,6 cm.
Provenienz:
Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Das elegante Gemälde mit dem als Denker
dargestellten Kirchenvater und Bibelexegeten
Hieronymus ist ein charakteristisches Gemälde
des Bernardino Lanino. Der auf Gaudenzio
Ferraris (um 1477/1478–1546) Typenrepertoire
fussende bärtige Heilige mit seinem aufwärts
gerichteten Blick erscheint wiederholt in
ähnlicher Form im Werk Laninos. So etwa beim
Heiligen Nikodemus des auf 1545 datierten Ge-
mäldes mit der Beweinung Christi in der Galleria
Sabauda oder dem Bärtigen am linken Bildrand
der beiden Versionen des Letzten Abendmahls
in San Nazaro in Mailand und im Santuario della
Madonna in Oropa. Letzteres ist vermutlich mit
Werkstattbeteiligung entstanden. Im Vergleich
zu Laninos späteren Gemälden, erscheint uns
der Heilige etwas freier und summarischer aus-
geführt. Ähnliches kann für Laninos Frühwerk
festgestellt werden, wie zum Beispiel für die um
1540 freskierten Lünetten über den Portalen
der Kirche San Sebastiano in Biella.
Die hier erkennbare engere Beziehung zur Kunst
Gaudenzio Ferraris, mit dem er von 1530 bis zu
dessen Übersiedlung nach Mailand zusam-
menwirkte, um nach dessen Tod auch in der
lombardischen Metropole sein künstlerisches
Erbe zu übernehmen, lässt vermuten, dass
das Werk in einer frühen Schaffensphase des
Künstlers entstanden ist. Aufgrund der oben
genannten Stilbezüge unserer Tafel zu Laninos
frühen Fresken in Biella von circa 1540 und zum
erwähnten datierten Gemälde in der Galleria
Sabauda (1545) spricht einiges für eine Ent­
stehungszeit um 1540–1545.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen
Katalogeintrag.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 10 910 / 16 360)
3003
| 7
3004
FIORENZO DI LORENZO (WERKSTATT)
(1440 Perugia 1522)
Madonna mit Kind.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
24,7 × 19,3 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Galerie Pietro Accorsi, Turin,
1964.
- Sammlung Piero Corsini, Lugano, 1983 (verso
Etikett).
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Das Gemälde auf Goldgrund mit der Madonna,
die ihr Kind im Beisein eines heiligen Mönchs
(Benedikt?) auf einer Balustrade präsentiert, ist
künstlerisch in Perugia zu verorten. Derartige
Bilder zur privaten Andacht waren in Perugia
im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts sehr
gefragt. Ähnliche Bildkonzepte entwickelten
in Perugia Künstler wie Fiorenzo di Lorenzo
und Pinturicchio (um 1452–1513). Deren
Bildentwürfe aufgreifend, dürfte sich der Maler
vorliegender Tafel in deren Umkreis bewegt
haben. Der etwas kantige Stil, wie er im Gesicht
des betenden Heiligen zu erkennen ist, lässt auf
die Autorschaft Fiorenzo di Lorenzos schlies-
sen, der an der Freskierung der Cappella Basso
della Rovere in Santa Maria del Popolo in Rom
mitgewirkt hatte. Um diesen Künstler hatte
Filippo Todini unter dem Namen Maestro della
Cappella Basso della Rovere einen Werkkatalog
zusammengestellt (Filippo Todini: La Pittura
Umbra. Dal Duecento al primo Cinquecento,
Mailand 1989, S. 111). Vorliegende Tafel dürfte
in den letzten beiden Jahrzehnten des 15. Jahr-
hunderts entstanden sein.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen
Katalogeintrag.
CHF 15 000 / 20 000
(€ 13 640 / 18 180)
3004
| 8
Gemälde Alter Meister
3005
MÄRKISCHE SCHULE, 1. HÄLFTE DES 15.
JAHRHUNDERTS
Kreuzigungsszene.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
42 × 30,2 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatsammlung.
Das bislang unveröffentlicht gebliebene ein-
drückliche Tafelbild mit der Darstellung eines
spezifischen Moments des Leidens Christi
am Kreuz, welches kürzlich in einer Schweizer
Privatsammlung entdeckt wurde, ist ein be-
deutendes Beispiel der hochgotischen Malerei
Italiens der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Visualisiert ist dabei nicht primär der Tod Christi
am Kreuz, ins Zentrum gerückt ist vielmehr
jener Moment als Christus mit geöffneten
Augen, kurz vor dem letzten Atemzug seinen
Lieblingsjünger Johannes seiner Mutter als
Sohn anempfiehlt, und dieser so in die göttliche
Familie aufgenommen wird. Dieser Idee wurde
im 14. Jahrhundert in der dominikanischen
Mystik eine besondere Rolle zugewiesen und ist
im Bild durch eine Inschrift nach Johannes 19,27
bekräftigt, welche die letzten Worte Christi am
Kreuz wiedergibt: „mulier, ecce filius tuus, (ecce
mater tua )“ (Weib, siehe hier: Dein Sohn und Du,
sieh hier Deine Mutter).
Diese Bildidee wird subtil in Szene gesetzt,
indem die Mutter Gottes den vor ihr nieder-
geknieten, weinenden Johannes bei der Hand
nimmt und schützend ihren Mantel um ihn
hält. Zeuge dieses emotionalen Geschehens
ist der Heilige Franziskus von Assisi. Ans Kreuz
geeilt und dieses umfassend, erweist er seine
Verehrung.
Diese, in ihrer ikonographischen Besonder-
heit hervorzuhebende Tafel, ist ein typisches
Beispiel der hybriden hochgotischen Bildwelt
der märkischen Malerei des früheren 15. Jahr-
hunderts. Die Zuweisung an einen bestimmten
Maler erweist sich als komplex, da sich hier
die verschiedensten Strömungen der nordit-
alienischen Malerei der ersten Hälfte des 15.
Jahrhunderts mit Elementen der zentralitalieni-
schen Kunst vereinen. Vieles deutet darauf hin,
dass das Bild im Bereich der Marken, vermutlich
in der Region von Fabriano oder San Severino
entstanden ist. In diesen Regionen bildete
sich im 15. Jahrhundert eine Bildwelt, die den
verspielten hochgotischen Stil Norditaliens,
der Lombardei, der Visconti und des Veneto
einerseits und die Eleganz der klassischen, plas-
tischeren Formenwelt der Toskana andererseits
zur Synthese verband.
Der uns interessierende Künstler hat dekorative
Elemente der lombardischen Malerei aufge-
griffen – etwa der mit dem Stichel eingeritzten
Ranken übersäte Goldgrund – wie sie im Veneto
durch Stefano da Verona (1374–1450) und
Gentile da Fabriano (um 1370/1385–1427) vor-
gebildet waren. Aber auch gewisse Gesichtsty-
pen, wie etwa das Profil des Franziskus, sind
dem Formenrepertoire des Gentile da Fabriano
entsprungen. So lässt sich Franziskus mit dem
Profil von Gentile da Fabrianos Petrus Martyre
des Marienkrönungs-Altars aus Valle Romita
(Mailand Brera) vergleichen oder mit Interpreta-
tionen dieses Typus, wie sie im Werk des Vene-
zianers Niccolò di Pietro (tätig um 1368–1415)
zu greifen sind.
Die Emotionalität in den Gesichtern des wei-
nenden Johannes und der Madonna erinnern
an das Werk der Brüder Lorenzo und Jacopo
Salimbeni (um 1374–nach 1420) aus San
Severino. Das Atmosphärische in unserem Bild,
wie das mystisch gleissende Licht in einer sonst
dunklen Bildwelt, weist eindeutig ins Milieu des
Gentile da Fabriano, der eines der schönsten
derartigen Beispiele schuf (Franziskus empfängt
die Stigmata, San Mamiliano del Traversetolo,
Fondazione Magnani Rocca).
Die klare Observanz von Gentile da Fabria-
nos Kunst zeigt sich jedoch nicht allein in der
erwähnten atmosphärischen Lichtregie, die sich
über die Landschaft hinaus auch auf die Figuren
und deren Draperien ausweitet (vgl. die Mäntel
der Madonna und den Habitus des Franziskus).
Sie spiegelt sich darüber hinaus auch in der
Gestaltung der felsigen Landschaft und der
reichen Blütenwiesen, deren einzelne Pflanzen
durch den Lichteinfall wie goldene Irrlichter
glänzen.
Ähnliches ist auch in der Kunst des in den
Marken tätigen Jacobello del Fiore (tätig um
1400–1439), etwa in seinen Szenen aus der
Legende der Heiligen Lucia, Fermo Pinacoteca
Comunale, zu erkennen. Der Figurenstil unseres
Malers allerdings zeigt eine Basis, die im Werk
der Salimbeni angelegt zu sein scheint, sich
aber später dem anonymen, nach seinem Bild
für Sant’Egidio in Staffolo benannten Maestro di
Staffolo (tätig um 1425–1475) angleicht. Wie für
Letzteren, war auch für unseren Maler das Werk
Gentile da Fabrianos und dessen venezianische
Interpreten das Mass der Dinge. Man mag sich
fragen, ob sich hinter vorliegendem Tafelbild
nicht eine unbekannte (eventuell frühe) Phase
des Meisters von Staffolo verbergen könnte.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen
Katalogeintrag.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 36 360 / 54 550)
| 10
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
3006
CRISTOForO DI BINDOCCIO UND MEO DI
PERO
(tätig in Siena um 1350–1407)
Thronende Madonna mit Kind im Beisein von
Johannes d. Täufer, Petrus, Paulus und Maria
Magdalena sowie Schmerzensmann im Giebel.
Um 1380–90.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
52,4 × 22,5 cm.
Provenienz:
- Sammlung James S. Harlan (verso Etikett).
- wohl Auktion Christie‘s, New York, 1978.
- Auktion Sotheby Parke Bernet, New York,
9.1.1980, Los 21.
- Privatsammlung Saint Louis (Missouri), 1982.
- Galerie Antichità Scardeoni, Mendrisio/Luga-
no, 1982.
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Ausstellung:
Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte
Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984 (als
Paolo di Giovanni Fei).
Literatur:
- Serena Padovani: Sulla traccia di Cristoforo di
Bindoccio e Meo di Pero, in: Bolletino d‘arte,
Bd. XV, 1982, S. 55–98.
- Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo,
hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S.
1–19, Abb. 4 (als Paolo di Giovanni Fei).
- Serena Padovani: Un aggiornamento del Cata-
logo di Cristoforo di Bindoccio e Meo di Pero,
in: Opere e Giorni. Studi su mille anni d’ arte
europea dedicati a Max Seidel, Venedig 2001,
S. 223–230, Abb. 10.
Vorliegende Tafel mit einer Maestà ist das
zentrale Element eines kleinen Triptychons
zur Privatandacht. Anlässlich ihrer Verstei-
gerung in New York (1980), wurde die Tafel
dem anonymen, nach seiner Altartafel in San
Leolino in Panzano benannten, sienesischen
Maler aus dem Umfeld des Luca di Tommè
(um 1330–1389) zugewiesen. Alsbald wurde
die Zuschreibung an den Meister von Panzano
(tätig im 14. Jahrhundert) von Serena Padovani
mit Recht verworfen, die es dem unter den
Namen Cristoforo di Bindoccio und Meo di
Pero signierenden sienesischen Malergespann
zuwies (Padovani 1982). Wohl in Unkenntnis der
überzeugenden Zuschreibungsthese Serena
Padovanis von 1982, wurde das Bild – nun im
Besitz von Bruno Scardeoni – nur zwei Jahre
später anlässlich einer Ausstellung in Mendrisio
(Tessin) als ein Werk des sienesischen Malers
Paolo di Giovanni Fei (1345–1411) verstanden.
Serena Padovani hat jüngst die Autorschaft
Cristoforo di Bindoccios und Meo di Peros, die
diesem Katalogeintrag zugrunde liegt, erneut
bestätigt (Padovani 2001).
Die chronologischen Eckpfeiler der beiden
Künstler sind die gemeinsam signierten
Freskenzyklen in der Cappella del Manto im
Ospedale Santa Maria della Scala in Siena („Hoc
opus pinserunt Cristofanus magistri Bindocci et
Meus Peri de Senis M.CCC.LXX“) und der Zyklus
mit dem Marienleben in der Apsis der Kirche S.
Maria in Campagnatico. Dort kamen durch eine
Restaurierung in den Jahren 1979 und 1980 die
Künstlersignatur und das Entstehungsjahr 1393
zum Vorschein („Questa chappella di Sca Maria
fecer dipegnare / e loperari nomati cioè Giaco-
mo Vannucci / e Fruosino Donati maestri cioè
Cristofano del maestro Bindocio / e Meio di Pero
dipentori / da Siena e‘ q[u]ali Dio guardi / dogni
cosa ria / e lanni domini / M.O.C.C.C. LXXXXIII / al
tempo di ...“).
Vorliegende Tafel lässt sich, ebenso wie ein sehr
ähnliches Exemplar in der Städelschen Kunst-
sammlung in Frankfurt am Main (Inv. Nr. 996A)
und ein weiteres in einer Prateser Privatsamm-
lung (Padovani 1982, 2001), am ehesten in der
späten Schaffensphase der Maler um circa
1380–1400 ansiedeln. In dieser Zeit orientier-
ten sie sich an den glanzvollen spätgotischen
Flügelaltärchen des Paolo di Giovanni Fei. In der
Folge lösten sie sich also zugunsten einer hoch-
gotischen Formensprache von ihren früheren,
etwas schwerfällig erscheinenden Interpreta-
tionen der Gemälde von Pietro Lorenzetti (um
1280–1348) und seinen Nachfolgern Niccolò di
Ser Sozzo (tätig um 1334–1363), Biagio di Goro
Ghezzi (1325–1384) und Luca di Tommè (tätig
um 1355–1389).
Wer im Einzelnen für die Ausführung der
gemeinsam signierten Gemälde verantwortlich
war, ist nicht klar. Doch wird vermutet, dass
Cristoforo di Bindoccio innerhalb dieses Maler-
gespanns die treibende Kraft war, während Meo
di Pero vermutlich mehr für die ökonomischen
Aspekte des Malerunternehmens zuständig
gewesen ist.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen
Katalogeintrag.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 36 360 / 54 550)
| 12
Gemälde Alter Meister
3007
PEDRO FERNÁNDEZ DE MURCIA
(WERKSTATT)
(tätig um 1489–1523)
Die Kreuztragung Christi.
Öltempera auf Leinwand auf Holz.
115,8 × 83,5 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
Dieses bisher unveröffentlichte Gemälde mit
der Kreuztragung gewährt Einblick in ein faszi-
nierendes Kapitel der iberischen Renaissance
Malerei des frühen 16. Jahrhunderts. Die gros-
sen durch das Dreigestirn Leonardo (1452–
1519), Raphael (1483–1520) und Michelangelo
(1475–1564) hervorgebrachten künstlerischen
Neuerungen der italienischen Hochrenaissance
sowie die politischen Gegebenheiten in Italien
begünstigten und motivierten iberische Maler
gegen Ende des 15. Jahrhunderts nach Italien
zu reisen, um sich dort künstlerisch weiter-
zuentwickeln. Dies geschah zunächst in der
Lombardei in unmittelbarer Nähe zu Leonardo
da Vinci, der damals (1482–1499) am Sforzahof
in Mailand wirkte und nach seiner temporären
Rückkehr nach Florenz (1500–1506) dort –
jetzt unter französischer Herrschaft – erneut
tätig wurde. Zu den iberischen, nach Italien
eingewanderten Malern, deren Wege sich mit
Leonardo gekreuzt haben müssen, gehörten
Fernando Llanos (tätig um 1506–1516) und Fer-
nando Yanez (um 1475–1536), Alfonso Berru-
guette (um 1488–1561) und Pedro Fernández.
Während Fernando Yanez und Fernando Llanos
Leonardo wohl von Mailand aus nach Florenz
begleiteten, wo sie den Florentiner an der Arbeit
für die Anghari Schlacht unterstützten, um nach
dessen Rückkehr nach Mailand wieder in die
spanische Heimat zurückzukehren, führten Pe-
dro Fernández‘ Wege von Mailand nach Neapel
und Rom, wo er bis in das zweite Jahrzehnt des
16. Jahrhunderts wirkte. Im Zusammenhang
mit unserer Tafel hat uns Pedro Fernández zu
interessieren, dessen künstlerische Formation
zunächst eng an die künstlerischen Vorgänge
in der Mailänder Metropole gebunden war, die
damals von Leonardo da Vinci, Zenale (um
1460–1526) und Bramantino (um 1456–um
1530) geprägt waren. Nicht zufällig wurde unser
Maler vor seiner biographischen Identifizierung
als Pedro Fernández von der Kunstgeschichte
unter dem Notnamen Pseudo-Bramantino ge-
führt. Im Laufe des zweiten Jahrzehnts des 16.
Jahrunderts dürfte der Spanier wieder in seine
Heimat zurückgekehrt sein, wo er 1521 den
der Heiligen Elena geweihten Hochaltar für die
Kathedrale von Girona schuf. Es ist eben dieser
Altar, zu dem vorliegende Tafel die deutlichsten
Stilbezüge erkennen lässt. Die Figuren mit ihren
leicht karikierten, an Leonardos Charakterstu-
dien gemahnenden Gesichtszügen erscheinen
eng verbunden mit dem Typenrepertoire des
Pedro Fernández, in dessen Werkstatt das Bild
wohl gegen 1520 entstanden ist.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für die
Unterstützung bei der Katalogisierung dieses
Gemäldes.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 9 090 / 13 640)
3007
| 13
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
3008
GIROLAMO DA BRESCIA (ZUGESCHRIEBEN)
(um 1490 Florenz 1529)
Der Heilige Antonius von Padua und der Heilige
Nicolo da Tolentino.
Tempera auf Holz.
123,5 × 42,2 cm.
Provenienz:
Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Literatur:
- Lionello Puppi: Giovanni Buonconsiglio detto
Marescalco, in: Rivista dell‘Istituto Nazionale
d‘Archeologia e Storia dell‘Arte, Jg. XIII-XIV,
1964–1965, S. 358, Abb. 76–77 (als Giovanni
Speranza ?).
- Walter Angelelli, Andrea G. De Marchi: Pittura
dal Duecento al primo Cinquecento nelle
30083008
fotografie di Girolamo Bombelli, Mailand 1991,
S. 260, Kat. Nr. 549 (als Giovanni Speranza,
cerchia di ?).
- Mauro Natale: Alberto e Martino Piazza: prob-
lemi aperti, in: I Piazza da Lodi. Una tradizione
di pittori nel Cinquecento, Mailand 1989, S.
110, Anm. 11.
- Francesco Frangi: Girolamo da Brescia, pittore
carmelitano, in: Arte Cristiana, Jg. 82, 1994, S.
408–409, Anm. 31.
CHF 24 000 / 34 000
(€ 21 820 / 30 910)
| 14
3009
MEISTER VON MARRADI
(vor 1470 Toskana 1513)
Madonna mit Kind umgeben von Erzengeln. Um
1500.
Tempera auf Holz.
67 × 44,5 cm.
Gutachten: Prof. Aldo Bertini, 4.2.1975 (in Kopie
vorhanden).
Provenienz:
- Auktion Frederik Muller  Cie, Amsterdam,
1954.
- Auktion Sotheby Parke Bernet, New York,
4.4.1973, Los 3.
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Ausstellung:
Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte
Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984.
Literatur:
- Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo,
hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984,
S. 1–19, Abb. 6.
- Everett Fahy: Some Followers of Domenico
Ghirlandaio, New York 1976, S. 184.
Das Gemälde ist in der Fotothek des Zeri Ar-
chivs unter der Nummer 13634 verzeichnet.
Das anmutige florentinische Tafelbild mit der
auf einer Blütenwiese unter einem goldenen
Baldachin sitzenden Madonna, die, von vier
Engeln angebetet, dem Betrachter ihren
Jesusknaben zeigt, ist ein charakteristisches
Werk des anonymen Florentiner Malers, der
nach seiner auf 1498 datierten Pala in der Badia
Santa Reparata al Borgo in Marradi, Maestro di
Marradi benannt wird. Bereits 1976 wurde das
Gemälde von Everett Fahy überzeugend diesem
florentinischen Renaissancemaler zugewiesen
(Fahy 1976, S. 184).
Die aufgegriffene Bildsprache, die einerseits
mittelalterliche und frühe Quattrocento Malerei-
motive wiederaufleben lässt, greift gleichzeitig
figurale Stilelemente eines Domenico Ghirland-
aios (1448–1494) und dem späten Filippo Lippi
(um 1406–um 1469) auf. Weder die genaue
Herkunft unseres Malers noch sein Kundenkreis
ist genauer nachvollziehbar, doch kann davon
ausgegangen werden, dass seine Auftragge-
ber eher im Umkreis von Florenz zu verorten
sind. Wenngleich der Meister hier, anders als
in seinem datierten Tafelbild in Marradi, nicht
auf den traditionellen Goldgrund zurückgreift,
platziert er die Szene doch vor einem blauen,
gold gepunkteten Sternenhimmel und somit an
einen nicht weiter räumlich definierbaren Ort.
Solche Ideen wurden in Florenz vom sogenann-
ten Pseudo Pier Francesco Fiorentino (tätig um
1460–1499) vorgebildet und sind in weiteren
Werken unseres Malers analog zu greifen. So
etwa auf seiner vermutlich in denselben Jahren
gemalten Anbetung des Kindes im Williams
College Art Museum in Williamstown (Mass., vgl.
Zeri Archiv Nr. 13672).
Die Platzierung des Geschehens auf eine
Blütenwiese, wo am vorderen Bildrand in An-
spielung an die Epiphanie die drei Geschenke
der Weisen aus dem Morgenland zu erkennen
sind, entspricht der Ästhetik der hochgoti-
schen Malerei des ersten Jahrzehnts des 15.
Jahrhunderts.
Trotz aller nostalgischen Rückgriffe auf die
Malerei des Mittelalters – dazu gehören auch die
mit Edelstein bestückten Goldnimben – ist das
Bild in eine Zeit datierbar, in der in Florenz die
Hauptwerke von Malern wie Leonardo da Vinci
(1452–1519), Botticelli (1445–1510) und Ghir-
landaio (1448–1494) bereits erschaffen waren
oder sich im Prozess ihrer Entstehung befan-
den. Zweifellos schliesst sich das zartbesaitete
schmale Madonnengesicht von Ghirlandaiesker
Deszendenz an das jener Gemälde an, die in
die Zeit vor 1500 zu datieren sind, so auch an
die namengebende Tafel in Marradi von 1498.
Trotz aller hier zutage tretender retrospektiver
Nostalgie, ist dem Maler mit der vorliegenden
Tafel ein höchst anmutiges Bild verträumter
Poesie gelungen.
Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine
wissenschaftliche Unterstützung bei diesem
Katalogeintrag.
CHF 40 000 / 60 000
(€ 36 360 / 54 550)
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
Gemälde Alter Meister
| 16
3010*
QUENTIN MASSYS (UMKREIS)
(Löwen 1465/66–1530 Antwerpen)
Beweinung Christi.
Öl auf Holz.
93,5 × 77 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Gaston Müller, Brüssel.
- Palais des Beaux-Arts, Brüssel, L‘ancienne
collection André De Mot et divers, 12.10.1936,
Los 162 (als Schule von Quentin Massys).
- Europäischer Privatbesitz.
CHF 8 000 / 10 000
(€ 7 270 / 9 090)
3010
| 17
3011*
TIROL, UM 1470/80
Anbetung des Kindes.
Goldgrund und Öl auf Holz.
137,7 × 53 cm.
Gutachten: Dr. Michaela Schedl, 18.6.2019.
Provenienz:
- Kunsthandel, Würzburg.
- Dort erworben, seither in Familienbesitz über drei
Generationen.
Diese sehr gut erhaltene Tafel mit der Darstellung der
Geburt Christi zeigt die kniende Maria in der Bildmitte, die
ihre Hände in Brusthöhe so vor sich hält, als ob sie ihre
Augen vor dem Licht schützen wolle, das von dem vor ihr
liegenden Jesuskind ausgeht. Der nackte Gottessohn
scheint über dem Boden zu schweben. Hinter Maria geht
Joseph durch einen Eingang in einen hinteren Raum. In
der Rechten hält er einen Holzstock, mit der Linken eine
brennende Kerze. Durch die Türöffnung ist hinter einer
Stadtmauer ein Turm zu sehen. Der Fensterausschnitt
rechts von Maria gibt den Blick auf eine Landschaft frei.
Dr. Michaela Schedl macht in ihrem ausführlichen
Gutachten darauf aufmerksam, dass einzelne Elemente
der dargestellten Geburt Christi ikonographisch mit der
Weihnachtsvision der heiligen Birgitta von Schweden
(1303–1373) in Verbindung zu bringen sind. So etwa das
goldglänzende Haar der anbetenden Maria, das nackte
Kind im Strahlenkranz sowie Joseph mit der Kerze (vgl.
Die Offenbarungen der heiligen Birgitta von Schweden,
ausgewählt und eingeleitet von Sven Stolpe, Frankfurt am
Main 1961, S. 104–105).
Dr. Schedl vermerkt ferner, dass zwei weitere Bildmotive
unserer Darstellung, direkt oder indirekt, von dem gemal-
ten Flügelretabel des niederländischen Malers Rogier van
der Weyden (1399/1400–1464) angeregt zu sein schei-
nen. Van der Weyden malte das Dreikönigsretabel, das
einen großen Einfluss auf die Kunst im deutschsprachigen
Raum ausübte, um 1455 für die Kirche St. Columba in Köln.
Heute befindet es sich in München (Bayerische Staatsge-
mäldesammlungen, Inv. Nr. WAF 1189).
Ähnlichkeiten mit der hier offerierten Tafel finden sich
etwa im Aufbau des Dachs mit seinen zwei Lücken in
der Strohauflage sowie der rechten gestuften, ruinösen,
gemauerten Wand, die in ein Bogenfenster übergeht.
Ausserdem lugt der Stern Bethlehems jeweils über den
Dachrand.
Die plastisch gestalteten Nimben sind aus mehreren
Tiroler Werken bekannt, beispielsweise vom Meister von
Schloss Lichtenstein (tätig in Wien um 1440/1450, Geburt
Christi, um 1445, Moskau, Puschkin-Museum). Ebenso
spricht das auf wenige Farben reduzierte Kolorit mit den
warmen Rot- und Brauntönen für eine Zuschreibung nach
Österreich beziehungsweise Tirol. Ein ähnliches Kolorit
findet sich beispielsweise auf einem Altarflügel mit der
Darstellung der Enthauptung der heiligen Barbara, deren
Entstehung in Tirol um 1510 vermutet wird (Tiroler Meis-
ter (zugeschrieben), Kempten, Alpenländische Galerie).
Dr. Schedl geht von einer Datierung um 1470/80 aus und
vermutet, dass die Tafel einst als linke Flügelinnenseite
eines Retabels fungierte.
CHF 25 000 / 35 000
(€ 22 730 / 31 820)
3011
Gemälde Alter Meister
| 18
3012*
MEISTER VON 1537 / FRANS VERBEECK (?)
(vor 1530 Mechelen um 1570)
Bildnis eines Narren. Um 1550.
Öl auf Holz.
33,9 × 24,6 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Frieda Hintze und Kurt Rhode,
Berlin, bis 1940 (als Quentin Massys).
- Durch Erbschaft Sammlung Frieda Hintze,
Berlin bis 2009.
- Europäischer Privatbesitz (Leihgabe Musée
départemental de Flandre, Cassel, Inv. Nr.
D.2010.5.1), 2010.
- Europäischer Privatbesitz.
Ausstellung:
Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–
1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013,
Nr. 68.
Literatur:
- Kenneth Craig: Proverb’s Progress: a Fool
Looking Through His Fingers, in: The Great
Emporium, The Low countries as a Cultural
Crossroad in the Renaissance and the Eigh-
teenth Century, Amsterdam 1992, S. 105–136,
S. 109, Abb. 2.
- Sandrine Vézilier (Hg.): Musée départemental
de Flandre, Cassel, Catalogus van geselecte-
erde Kunstwerken, Mailand 2010, Kat. Nr. 52,
S. 164–166.
- Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en
Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel
2013, Kat. Nr. 68, S. 230–233, Abb. A.
Das hier angebotene Werk des Meisters von
1537 war ab 2010 als Leihgabe und als Blickfang
der Sammlung im Musée départemental de
Flandre in Cassel (Inv. Nr. D.2010.5) ausgestellt.
Dieser zwischen 1520 und 1570 in Meche-
len tätige Meister erhielt seinen Notnamen
aufgrund einer 1537 datierten Tafel, welche
die Heilige Familie darstellt (siehe Vézilier 2010,
Abb. 52.4, S. 166). Dr. Jaco Rutgers hebt in einer
wissenschaftlichen Untersuchung (vom 25.
Juni 2019) hervor, dass der Meister von 1537
mit Frans Verbeeck identisch ist. Stilistisch ist
der Meister nahe an Jan Sanders van Hemes-
sen (1500–1566) und Pieter Coeck van Aelst
(1502–1550) einzuordnen, wobei er einen sehr
persönlichen Stil entwickelte, der sich durch
überzeichnete Gesichtszüge seiner Figuren,
übertriebene Posen und einzigartige Komposi-
tionen auszeichnet, und seinen Kompositionen
eine satirische Dimension hinzufügt.
Eine zweite Version unseres Narren befindet
sich in Privatbesitz (siehe Ausst. Kat. 2013, Kat.
Nr. 68, Abb. B, S. 233) und eine weitere im Davis
Museum and Cultural Center, Wellesley College
(siehe Vézilier 2010, Abb. 52.3, S. 164). Aufgrund
einiger unterschiedlicher Details in unserer
Version galt sie wahrscheinlich für den Meister
als Vorlage für einen Stich. Dabei handelt es sich
möglicherweise um die 1550–60 entstandene
Druckgraphik in der Bibliothek der Universität
Leiden (Inv Nr. PK_P_20711_B_12).
Die Figur des Narren ist in der flämischen
Malerei des 16. Jahrhunderts beliebt und findet
sich auch im Oeuvre von Quentin Massys
(1466–1530) oder in Stichen von Lucas van
Leyden (1494–1533). So erstaunt es nicht, dass
unser Gemälde in der Sammlung Hintze als ein
Werk von Quentin Massys galt.
Die hier angebotene Darstellung ist allerdings
insofern besonders originell und eine Seltenheit,
als dass die Figur des Narren als Porträt vor
einem schwarzen Hintergrund dargestellt ist
und sich die gesamte Komposition auf die Mimik
und die Gesichtszüge des Narren konzentriert.
Besonders reizvoll wird das Gemälde zudem,
wenn man weiss, dass das niederländische
Sprichwort „door de vingers zien“ dargestellt
ist, welches heute noch gebräuchlich ist. Um
dieses Sprichwort darzustellen, spielen sowohl
die Handgestik als auch das Motiv der Brille eine
zentrale Rolle: Der Narr, der seine Brillen in sei-
nem Mantel verstaut, betrachtet die Welt durch
seine Finger. Dieses Sprichwort offenbart eine
Haltung, die darin besteht, sich von allem zu
distanzieren, was in der Welt falsch läuft. Indem
er die Augen verschliesst und schweigt, gelingt
es dem Einzelnen so, sich zu schützen. Der Narr
ruft zudem den Betrachter dazu auf, sich ihm
gegenüber genauso wohlwollend zu verhalten.
Die konventionellen Symbole des Narren finden
sich auch in dieser Darstellung: Das gelbrote
Kostüm, die Mütze mit den Eselsohren, der
Hahnenkamm, der Narrenstock rechts und die
Brille im Vordergrund. Letztere, gewöhnlich ein
Zeichen für Gelehrsamkeit, wird hier mit der
Blendung und dem Betrug assoziiert, denn die
Herstellung von Brillen war eine technische He-
rausforderung und nicht überall von gleichwerti-
ger Qualität, weshalb ihre Verkäufer mitunter als
Scharlatane galten.
Das Gemälde ist dendrochronologisch durch
Dr. Peter Klein untersucht worden und kann ab
1548 entstanden sein.
CHF 500 000 / 700 000
(€ 454 550 / 636 360)
Gemälde Alter Meister
| 20
3012*
MASTER OF 1537 / FRANS VERBEECK (?)
(before 1530 Mechelen circa 1570)
Portrait of a jester. Circa 1550.
Oil on panel.
33.9 × 24.6 cm.
Provenance:
- Art trade, Frieda Hintze and Kurt Rhode, Berlin,
until 1940 (as by Quentin Massys).
- By inheritance, Frieda Hintze collection, Berlin,
until 2009.
- European private collection (on loan from the
Musée départemental de Flandre, Cassel, inv.
no. D.2010.5.1), 2010.
- European private collection.
Exhibited:
Splendeurs du maniérisme en Flandre
1500–1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.
–29.9.2013, no. 68.
Literature:
- Kenneth Craig: Proverb‘s Progress: a Fool
Looking Through His Fingers, in: The Great
Emporium, The Low countries as a Cultu-
ral Crossroad in the Renaissance and the
Eighteenth Century, Amsterdam 1992, pp.
105–136, p. 109, fig. 2.
- Sandrine Vézilier (ed.): Musée départemental
de Flandre, Cassel, Catalogus van geselecte-
erde Kunstwerken, Milan 2010, cat. no. 52, pp.
164–166.
- Exhibition cat. Splendeurs du maniérisme en
Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel
2013, cat. no. 68, pp. 230–233, fig. A.
This work by the Master of 1537 was on loan
from 2010 to the Musée départemental
de Flandre in Cassel (inv. no. D.2010.5), and
exhibited as an eye-catcher there. The Master,
who worked in Mechelen between 1520 and
1570, was given this sobriquet on the basis
of a panel attributed to him, representing the
Holy Family and dated 1537 (see Vézilier 2010,
fig. 52.4, p. 166). Dr. Jaco Rutgers concludes
in his academic study (25 June 2019) that the
Master of 1537 is identical to Frans Verbeeck.
Stylistically, the Master is close to Jan Sanders
van Hemessen (1500–1566) and Pieter Coeck
van Aelst (1502–1550), but he developed a very
personal style characterised by exaggerated
facial features, extravagant poses and unique
compositions, adding a satirical dimension to his
compositions.
A second version of our jester is privately owned
(see exhibition cat. 2013, cat. no. 68, fig. B, p.
233) and another is in the Davis Museum and
Cultural Center, Wellesley College (see Vézilier
2010, fig. 52.3, p. 164). Several different details
in our version indicate that it is probably a reite-
ration by the Master, and must have served as a
model for an engraving – possibly the 1550–60
print in the University Library in Leiden (inv. no.
PK_P_20711_B_12).
The figure of the jester or fool is found in 16th
century Flemish painting, such as in works by
Quentin Massys (1466–1530) and engravings by
Lucas van Leyden (1494–1533). It is therefore
not surprising that while in the Hintze Collection,
our painting was considered to be by Massys.
The work offered here, however, is a rarity in that
the figure of the jester is depicted as a portrait
against a black background, and the entire com-
position concentrates on his facial expression.
The painting becomes particularly interesting
when one knows that it depicts the Dutch pro-
verb „door de vingers zien“ (literally „to look at
the world through one’s fingers“ – to turn a blind
eye), still in current use. In order to illustrate this
proverb, both the hand gestures and the motif
of the glasses play a central role: the jester, who
has put his glasses in his coat, looks at the world
through his fingers. This proverb reveals an
attitude that consists of distancing oneself from
everything that goes wrong in the world. By clo-
sing his eyes and remaining silent, the individual
succeeds in protecting himself. The jester also
calls on the viewer to behave just as favourably
towards him. The conventional symbols of the
jester can also be found in this representation:
the yellow-red costume, the cap with the dog‘s
ears, the cockscomb, the fool‘s staff on the right
and the glasses in the foreground. The latter,
usually a sign of scholarship, are here associa-
ted with glare and deception, because making
glasses at the time was a technical challenge,
causing their quality to vary greatly - for this
reason, their sellers were sometimes conside-
red charlatans.
The painting has been dendrochronologically
examined by Dr Peter Klein and may have been
made as early as 1548.
CHF 500 000 / 700 000
(€ 454 550 / 636 360)
| 22
3013
JUAN SANCHEZ DE SAN ROMAN
(tätig in Sevilla um 1475–1505)
Pietà.
Tempera und Goldgrund auf Holz.
57 × 31 cm.
Provenienz:
Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Vorliegendes Bild der Beweinung Christi, wel-
ches als Element eines grösseren Altarwerks
fungierte, lässt klare Stilbezüge zu dem aus
Sevilla stammenden Maler erkennen, der die
Tafel der Kreuztragung Christi mit Stifterin in
der Kathedrale von Sevilla mit „Juan Sanchez“
signiert hat. Es handelt sich dabei um jenen Juan
Sanchez der in der Nähe der Pfarrei San Roman
lebte und ist von einem anderen Zeitgenossen
gleichen Namens Juan Sanchez de Castro zu
unterscheiden. Sein Stil ist typisch für die hispa-
no-flämische Kunst. Unser Bild zeigt Stilbezüge
zu Juan Sanchez Triptychon mit der Kreuztra-
gung Christi und dürfte um 1480–1490 gemalt
worden sein.
Wir danken Professor Gaudenz Freuler für seine
wissenschaftliche Unterstützung bei diesem
Katalogeintrag.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 9 090 / 13 640)
3013
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
| 23
3014
OBERELSASS, UM 1490
Gebet am Ölberg.
Öl auf Holz auf Leinwand.
39,1 × 28,2 cm.
Gutachten:
- Prof. Otto Fischer, Kunstmuseum Basel,
7.12.1936 (in Kopie vorhanden).
- Ludwig Meyer, Archiv für Kunstgeschichte,
25.4.2012 (in Kopie vorhanden).
Provenienz:
- Privatbesitz.
- Kunsthandel Fritz Stöcklin (1936–1946), Basel.
- Sammlung Dr. Heinrich Thommen, Bern.
- Privatbesitz, Basel.
- Auktion Koller, Zürich, 23.6.2012, Los 136.
- Schweizer Privatbesitz.
Ludwig Meyer weist darauf hin, dass dieser
Darstellung mit Christus am Ölberg der Kupf­
erstich von Martin Schongauer (1448–1491)
als Vorlage diente, wobei die Umsetzung der
Thematik eigenständig variiert ist. Otto Fischer
vermutete, dass es sich um einen Schüler des
Meisters der Karlsruher Passion handelt, der um
1450–1475 in Strassburg tätig war. Für Ludwig
Meyer ergeben sich eher stilistische Ähnlichkei-
ten mit dem Meister des Gebweiler Flügels, von
dem sich bislang nur ein Tafelbild, als Teil eines
Altarflügels, erhalten hat und die Heimsuchung
von Elisabeth durch Maria (mit Kehrseite Petrus
und Paulus) zeigt. Dieses befindet sich heute im
Musée des Beaux-Arts in Strassburg. Der Typus
der Gesichter mit den halbgeöffneten Augen
und die Darstellung der Hände weisen dabei
grosse Parallelen auf. Meyer hebt bei unserer
Darstellung besonders die ausgewogene Far-
bigkeit und die zeichnerische Kraft des Künstlers
hervor, die in Unterzeichnungen am Knie eines
Apostels sichtbar wird.
CHF 7 000 / 9 000
(€ 6 360 / 8 180)
3014
Gemälde Alter Meister
| 24
3015
SÜDLICHE NIEDERLANDE / DEUTSCHLAND,
UM 1500
Dornenkrönung Christi.
Tempera und Goldgrund auf Leinwand
(Tüchleinmalerei).
47 × 37,5 cm (Lichtmass).
Gutachten:
- Dr. Jaco Rutgers, 14.6.2019.
- Dr. Michaela Schedl, 1.8.2019.
Provenienz:
- Sammlung Georges Hulin de Loo (1862–
1945), Gent.
- Nachlassauktion Hulin de Loo, Palais des
Beaux-Arts, Brüssel, 29.10.1947, Los 134, als
deutsche Schule des 16. Jahrhunderts (verso
Etikett).
- Schweizer Privatbesitz.
Tüchleinmalereien waren in der zweiten Hälfte
des 15. und frühen 16. Jahrhundert besonders
beliebt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun-
derts waren sowohl Brügge als auch Köln wichti-
ge Zentren für diese Art von Malerei, aber auch
in Italien und Frankreich war die Technik bekannt
(siehe David Bomford / Ashok Roy / Alistair
Smith: The Technique of Dieric Bouts: Two Pain-
tings Contrasted, in: National Gallery Techni-
cal Bulletin, Bd. 10, 1986, S. 43). Die Brügger
Tüchleinmaler waren so zahlreich, dass sie eine
eigene Gilde bildeten und sogar rechtliche Pro-
bleme mit ihren Kollegen, die auf Holz malten,
dokumentiert sind (siehe Diane Wolfthal: The
Beginnings of Netherlandish Canvas Painting:
1400–1530, Cambridge 1989, S. 23–29).
Die Tüchleinmalerei bezieht sich im Allgemeinen
auf eine Technik, bei der die Pigmente mit einem
tierischen Klebstoff, auch Leimtempera ge-
nannt, direkt auf einen Träger aus Leinentuch –
sprich ohne Grundierung – aufgetragen werden
(siehe Ashok Roy: The Technique of a ‚Tüchlein‘
by Quinten Massys, National Gallery Technical
Bulletin, Bd. 12, 1988, S. 36–39). Dies führt zu
einer matten Oberfläche, wobei die Textur des
Trägers oft sichtbar bleibt. Die ungefirnisste
Malschicht hebt zudem die zarte, gouacheähn-
liche Optik hervor. Albrecht Dürer (1471–1528)
erwähnt ein „Tüchlein“ im Tagebuch seiner
Reise in die Niederlande um 1520–21 und diese
Terminologie blieb bis heute erhalten.
Das vorliegende Gemälde mit der Dornen-
krönung Christi zeigt alle Eigenschaften eines
Tüchleins: der fein gewebte Träger aus einer
Pflanzenfaser, wahrscheinlich Leinen, die eher
dünne Farbschicht, welche die Struktur des
Trägers sichtbar lässt und die typische matte
und opake Wirkung der Farbe. Auch die rotbraun
gefärbte Bordüre ist bei Tüchlein-Bildern anzu-
treffen.
Das Etikett auf der Rückseite des Rahmens zeigt
an, dass dieses Gemälde Teil der Sammlung
des Kunsthistorikers Georges Hulin de Loo war.
Hulin de Loo entstammte einer wohlhabenden
Genter Familie und war als Professor für Philo-
sophie und Sozialgeschichte an der Universität
von Gent tätig. Anlässlich einer Ausstellung
zur Malerei der frühen flämischen Malerei in
Brügge im Jahre 1902 veröffentlichte Hulin de
Loo einen kritischen Katalog, worin er die dort
geäusserten Hypothesen kommentierte und
verschiedene der namentlich nicht bekannten
Maler identifizierte. Hulin de Loo zählt somit als
einer der Gründerväter des Studiums der flämi-
schen Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Er
nutzte zudem sein Wissen, um eine Sammlung
zusammenzustellen, welche dieses Tüch-
lein sowie auch Werke von Adriaen Isenbrant
(1490–1551), Gaspar de Crayer (1584–1669)
und Jean Clouet (1480–1541) umfasste.
Das Fehlen von Grundierung und Firnis sowie die
Art des Bindemittels machen Tüchleinbilder viel
empfindlicher gegen Beschädigungen als Ta-
felbilder. Daher ist der hervorragende Zustand
dieser Dornenkrönung Christi bemerkenswert.
Die Pigmente, wie das leuchtende Blau, das war-
me Rot und das kühle Grün, strahlen förmlich
von der Bildoberfläche. Tüchlein-Gemälde sind
eine ausserordentliche Seltenheit auf dem aktu-
ellen Kunstmarkt, und in diesem vorzüglichen
Erhaltungszustand umso mehr.
CHF 25 000 / 35 000
(€ 22 730 / 31 820)
3015
Gemälde Alter Meister
| 26
3016
MEISTER DER MAGDALENEN-LEGENDE
(tätig um 1483–1526 in Brüssel)
Maria mit Kind.
Öl und Goldgrund auf Holz.
30,6 × 24,1 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
Diese schöne und intime Darstellung der
Madonna mit Kind ist ein seltenes Meisterwerk
des Meisters der Magdalenen-Legende und ein
charakteristisches Beispiel für seine Arbeit als
Maler von privaten Andachtsbildern. Das Oeuvre
des Meisters der Magdalenen-Legende wurde
aufgrund eines inzwischen aufgelösten Altar-
bildes mit Szenen aus dem Leben der Heiligen
Maria Magdalena rekonstruiert, wobei einige der
Tafeln heute im Museum der Bildenden Kunst in
Budapest, im Museum for Kunst in Kopenhagen
und im Philadelphia Museum of Art aufbewahrt
werden (siehe Jeanne Tombu: Un triptyque
du Maître de la Légende de Marie-Madeleine,
Gazette des Beaux-Arts, 15, 1927, S. 299–310).
Eine eindeutige Identifizierung des Meisters der
Magdalenen-Legende konnte bisher nicht vor-
genommen werden. Es wird vermutet, dass er
in Brüssel in der Nähe des burgundischen Hofes
tätig war, in der Nachfolge von Rogier van der
Weyden (1400–1464) (siehe Max J. Friedländer:
Early Netherlandish Painting. Vol. XII: Jan van
Scorel and Pieter Coecke van Aelst, Leiden /
Brüssel 1975, S. 13–17).
Basierend auf den oben genannten Altartafeln
wurde ein umfangreiches Oeuvre mit zahlrei-
chen Werkstattversionen rekonstruiert, wobei
angenommen wird, dass der Altar relativ spät,
um 1515–1520, entstanden ist. Die stilistische
Analyse, die von Max J. Friedländer durchgeführt
wurde, trifft auch auf unsere hier angebotene
Darstellung einer Maria mit Kind zu. Sie lässt
sich insbesondere mit einem der schönsten
Andachtsgemälde des Meisters vergleichen,
der sogenannten Stroganoff-Madonna (siehe
Sandrine Vézilier-Dussart (Hg.): Ausst. Kat.
Splendeurs du maniérisme en Flandre, Gent
2013, Kat. Nr. 4). Die Komposition unseres Ge-
mäldes mit dem Christuskind, das einen Apfel
in seiner Hand hält, ist in mehreren Versionen
bekannt, so beispielsweise im Museum Boij-
mans Van Beuningen (Inv. Nr. 2481), im Musée
du Louvre in Paris (Inv. Nr. RF 2822) und in der
Eremitage in St. Petersburg (Inv. Nr. 4117). Der
gut erhaltene Goldgrund, die zarte Röte auf den
Wangen der Jungfrau und des Kindes sowie die
feinen, unterschiedlich dicken Linien, die das
Haar der Figuren definieren, zeichnen unsere
Tafel besonders aus.
CHF 60 000 / 80 000
(€ 54 550 / 72 730)
3016
Gemälde Alter Meister
| 28
3017*
CHRISTIAN RICHTER
(Altenburg 1587–1667 Weimar)
Bildnis einer jungen Dame mit Federhut.
Öl auf Holz.
Oben rechts monogrammiert: HVK (spätere
Ergänzung).
23 × 19,2 cm.
Gutachten: Dr. Joachim Jacoby, 2002 (in Kopie
vorhanden).
Provenienz:
- Sammlung Contesse Behague, Paris.
- Sammlung Der Veste, Coburg.
- Sammlung Koening, Harlem, circa 1930.
- Schweizer Privatsammlung.
Literatur:
Joachim Jacoby: Der Monogrammist CR, in:
Niederländische Beiträge zur Kunstgeschichte,
2002, Abb. 11.1.
Diese Darstellung einer jungen Dame mit
Federhut, die stark an das Oeuvre Lucas
Cranachs d. Ä. (1472–1553) und seines Sohns
Lucas Cranach d. J. (1515–1586) erinnert,
wurde einst aufgrund des HVK-Monogramms
Hans von Kulmbach (um 1480–1522) zuge-
schrieben. Nach heutiger Erkenntnis wurde
das Monogramm jedoch später angebracht
und es ist ausserdem kein vergleichbarer Typus
einer weiblichen Halbfigur in Kulmbachs Werk
bekannt. Joachim Jacoby (siehe Literatur)
vergleicht die Malweise des hier angebotenen
Gemäldes mit zwei mit CR monogrammierten
Werken, wovon sich eines in Braunschweig und
das andere in Hannover befindet, und deutet
darauf hin, dass das Monogramm CR mit einem
Anker ausschliesslich vom Weimarer Hofma-
ler Christian Richter (1587–1667) verwendet
wurde. Besonders charakteristisch für Richter
ist das ovale Gesicht der dargestellten jungen
Dame mit einer schmalen Oberlippe, einer
Stupsnase und elegant geschwungenen Au-
genbrauen. Aufgrund der Ähnlichkeit unseres
Gemäldes mit Werken Lucas Cranachs, kann
davon ausgegangen werden, dass dieser Stil aus
dem 16. Jahrhundert in Sachsen auch um 1600
noch sehr beliebt war.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 10 910 / 16 360)
3017
| 29
3018
JACOB VAN UTRECHT (UMKREIS)
(Utrecht 1479–um 1530 Lübeck)
Porträt von John Fisher (1469–1535).
Öl auf Holz.
Links mittig bezeichnet: IOHANES. Rechts
mittig bezeichnet: ROFFESIS.
25 × 19 cm.
Provenienz:
- Kunsthandel Pietro Accorsi, Turin, 1961.
- Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
Diese Tafel zeigt Kardinal John Fisher (1469–
1535), den Bischof von Rochester und Kanzler
der Universität Cambridge, der massgeblich an
der Gründung des hiesigen Christ‘s Colleges
sowie der des St. John‘s Colleges beteiligt war.
Als angesehener Gelehrter und Kirchenvater
stand er dem englischen Königshaus nahe
und war Hofkaplan Heinrich des VIII. Auf einen
Streit um die Auflösung der Ehe des Königs mit
Katarina von Aragón, gegen die sich John Fisher
unter Berufung auf die Lehre der katholischen
Kirche aussprach, folgte 1534 die Weigerung
des Bischofs den Eid auf die Suprematsakte zu
leisten. Diese sollte den König zum Oberhaupt
der Kirche in England erklären. Fisher wurde in
Gefangenschaft genommen und 1535 schliess-
lich zum Tode verurteilt. In der römisch-katho-
lischen Kirche wird er als Märtyrer und Heiliger
verehrt. Darstellungen des John Fisher finden
sich insbesondere in der Druckgraphik. Die
bekannteste stammt von Hans Holbein d.J. (um
1498–1543) aus dem Jahre 1527, die den Bi-
schof im Alter von 58 Jahren zeigt (Royal Library
of Windsor, Inv. Nr. RCIN 912205).
Dr. Stephan Kemperdick, dem wir für seine
Meinung danken, vermutet daher auch, dass
vorliegende Tafel möglicherweise auf einer
druckgraphischen Vorlage basiert.
CHF 10 000 / 15 000
(€ 9 090 / 13 640)
Gemälde Alter Meister
| 32
3019*
JAN WELLENS DE COCK
(Leiden um 1470–1521 Antwerpen)
Zwei Tafeln eines Altars: Versuchung des
heiligen Antonius (verso nächtliche Szene mit
Fabelwesen)/ heiliger Hieronymus in einer
Landschaft.
Öl auf Holz.
Je 48,5 × 25,5 cm.
Provenienz (heiliger Antonius):
- Auktion Mercier-Velliet-Thulllier, 20.1.1991,
Los 140 (zugeschrieben Werkstatt Pieter
Huys).
- Europäischer Privatbesitz.
Provenienz (heiliger Hieronymus):
- J. Hauptman, Paris 1891.
- J. Zuercher, Amsterdam.
- Geza Solpray, Paris, 1948.
- Newhouse Galleries, New York, 1958.
- Auktion Christie‘s, New York, 26.1.2001, Los
126 (als Jan Wellens de Cock).
- Europäischer Privatbesitz.
Ausstellung:
Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–
1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013,
Nr. 50 (beide Tafeln zusammen als Jan Wellens
de Cock).
Literatur:
- Marc Rudolf De Vrij: Jan Wellens de Cock. Ant-
werp Mannerist Associate, Amsterdam 2009,
S. 202, Kat. Nr. RA 20 (heiliger Hieronymus, als
verworfene Zuschreibung an Jan Wellens De
Cock).
- Sandrine Vézilier-Dussart (Hg.): Ausst.
Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre
1500–1575, Cassel 2013, Kat. Nr. 50, S. 192-
195 (beide Tafeln als Jan Wellens de Cock).
Diese zwei äusserst qualitätsvollen und
eindrücklichen Tafeln waren einst Teil eines
grösseren Gesamtwerkes und fungierten ver-
mutlich als Flügel eines Triptychons. Spätestens
vor 1891 wurden sie getrennt und konnten nun
kürzlich von einem privaten Sammler wieder
vereint werden. .
Einsiedlerheilige, insbesondere die Heiligen
Antonius und Hieronymus, wurden im späteren
15. und frühen 16. Jahrhundert sehr geschätzt.
Sie zogen sich aus dem weltlichen Leben der
Städte zurück, um sich in der Wüste nieder-
zulassen und sich ganz dem Gebet und der
christlichen Hingabe zu widmen. Besonders
oft wurden sie in der niederländischen und
flämischen Malerei dargestellt, unter ande-
rem von Hieronymus Bosch (1450–1516).
Die Versuchung des heiligen Antonius fand
dabei häufig Verwendung und basiert auf einer
umfangreichen ikonographischen Tradition. Die
auf der rechten Tafel dargestellte Szene aus der
Geschichte des Heiligen Hieronymus ist hinge-
gen eher selten. Hieronymus hatte einen Löwen
von einem Dorn in seiner Pranke geheilt und
wurde seither von ihm begleitet. Die stürmische
Küstenlandschaft bei Nacht auf der Rückseite
der Tafel des heiligen Antonius ist hingegen eine
ikonographische Rarität. Die bedrohende und
finstere nächtliche Szene mit Monsterwesen
und Dämonen erinnert stark an das Oeuvre von
Hieronymus Bosch, insbesondere an seine Gri-
saille-Gemälde, wie beispielswiese die Rückseite
seines berühmten „Garten der Lüste“ im Prado,
Madrid (Inv. Nr. 2823), und „Die Flut“ im Museum
Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (Inv. Nr. St.
27 und St. 28). Dr. Jaco Rutgers vermutet, dass
unsere Darstellung zeitlich sogar vor dem „See-
sturm mit Schiffbruch“ im Kunsthistorischen
Museum, Wien (Inv. Nr. GG 3558), lange Zeit
Pieter Brueghel d. Ä. (1525–1569) zugeschrie-
ben, und dem „Sturm mit einer Seeschlacht“ im
Museo Capodimonte in Neapel, wohl von Herri
met de Bles (1500–1555/1560), entstanden ist.
Beide galten bisher als die ältesten bekann-
ten Marine-Darstellungen (siehe ausführliche
wissenschaftliche Untersuchung von Dr. Jaco
Ruttgers, 15.6.2019).
Bislang ist nur wenig über das Leben von Jan
Wellens de Cock bekannt und über seine Iden-
tität wird in der Wissenschaft diskutiert (siehe
Ausst. Kat. ExtravagAnt! A Forgotten Chapter
of Antwerp Painting 1500–1530, Koninklijk
Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2005
/ Bonefantenmuseum Maastricht 2006, S. 220).
Einträge der Antwerpener Malergilde aus den
Jahren 1506 und 1516 belegen seine Tätigkeit
als Lehrmeister sowie seine Funktion als Dekan
der Gilde, die er sich mit seinem Malerkollegen
Joos van Cleve (1485–1540) teilte. Unter ande-
rem lernten auch de Cocks Söhne, Hieronymus
(1518–1570) und Matthys (1505–1548), in
seiner Werkstatt, wobei vor allem ersterer nicht
nur als Maler und Kupferstecher bekannt wurde,
sondern zum wichtigsten Verleger des 16.
Jahrhunderts avancierte, und massgeblich zur
Verbreitung von Zeichnungen und Stichen, wie
beispielsweise jene seines einstigen Lehrlings
Pieter Brueghel d. Ä. (1525/30–1569), beitrug.
Da bislang keine signierten Werke des Künstlers
bekannt sind, rekonstruierte Max J. Friedländer
das Oeuvre des Jan Wellens de Cock basierend
auf dem Gemälde „Landschaft mit Heiligem
Christophorus“, das in einem Stich reproduziert
wurde und mit „Pictum J. Kock“ signiert ist (siehe
Max J. Friedländer: Early Netherlandish Painting,
Bd. XI, The Antwerp Mannerists/ Adriaen
Ysebrant, Leiden / Brüssel 1974, S. 37–43 und
78–79).
Nicht nur das Thema dieses Bildes, ein weiterer
Einsiedler, entspricht unserer Darstellung der
Heiligen Antonius und Hieronymus, auch viele
stilistische Ähnlichkeiten fallen auf: Die kräftige
Bewölkung im Himmel des Hl. Christopho-
rus findet sich auch in unseren Tafeln wieder,
ebenso die stellenweise schematisch wirkenden
Blätter der Bäume. Die weissen Lichtakzente
am Umhang des Christophorus finden sich an
den Schultern unseres heiligen Hieronymus
wieder. Auch die Ausführung der Nebenfiguren,
die teilweise etwas unnatürlich erscheinen, sind
charakteristisch für Jan Wellens de Cock. Die
zwei hintereinander dargestellten Kamele finden
sich ausserdem in einer Darstellung des heiligen
Hieronymus in einer Höhle wieder, welche sich
im Museum für Angewandte Kunst in Köln befin-
det (Inv. Nr. KGM 1072).
Jan Wellens de Cock zählt zu jener Gruppe
von Malern, die als Antwerpener Manieristen
bezeichnet werden. Ihre Arbeiten florierten in
einem kulturellen Klima, das von der Wirt-
schafts- und Handelskraft des unangefochte-
nen kommerziellen Zentrums des damaligen
Europas geprägt war. Meister wie etwa Goossen
van der Weyden (um 1465–1538), der frühe Jan
Gossaert (1478–1532), Jan de Beer (um 1475–
vor 1528), Herri met de Bles (1500 –1555/1560)
oder Jan Meyden (1500/02–1559/60) zählen zu
den Protagonisten der Antwerpener Manieris-
ten. Mit ihnen teilt de Cock seine Vorliebe für
überspitzte figurale Formen, reiche Kostüme
und kräftige Farben, die auch in dem hier ange-
botenen Werk deutlich werden.
CHF 180 000 / 280 000
(€ 163 000 / 254 000)
| 33
30193019
Gemälde Alter Meister
| 34
3019*
JAN WELLENS DE COCK
(Leiden c. 1470–1521 Antwerp)
Two altar panels: The Temptation of Saint
Anthony (verso: A night scene with mythical
creatures)/Saint Jerome in a landscape.
Oil on panel.
Each 48.5 × 25.5 cm.
Provenance (Saint Anthony):
- Sale Mercier-Velliet-Thulllier, 20.1.1991, lot 140
(attributed to the workshop of Pieter Huys).
- European private collection.
Provenance (Saint Jerome):
- J. Hauptman, Paris 1891.
- J. Zuercher, Amsterdam.
- Geza Solpray, Paris, 1948.
- Newhouse Galleries, New York, 1958.
- Sale Christie‘s, New York, 26.1.2001, lot 126
(as by Jan Willem de Cock).
- European private collection.
Exhibited:
Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–
1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013,
no. 50 (both panels together as by Jan Wellens
de Cock).
Literature:
- Marc Rudolf De Vrij: Jan Wellens de Cock:
Antwerp Mannerist Associate, Amsterdam
2009, p. 202, cat. no. RA 20 (Saint Jerome, as
dismissed attribution to Jan Wellens De Cock).
- Sandrine Vézilier-Dussart (ed.): Splendeurs du
maniérisme en Flandre 1500–1575, Cassel
2013, cat. no. 50 (as by Jan Wellens de Cock).
These two impressive panels of extremely
high quality were once a part of a larger work,
and most likely served as wings of a triptych.
Separated sometime before 1891, they were
recently reunited by a private collector.
Hermit saints, especially Saint Anthony and
Saint Jerome, were particularly appreciated
in the later 15th and early 16th centuries.
Withdrawing from the secular life of cities, they
settled in the desert to dedicate themselves
entirely to prayer and Christian devotion. They
were often represented in Netherlandish and
Flemish painting in particular, including works by
Hieronymus Bosch (1450-1516). The Temptati-
on of Saint Anthony was a commonly employed
subject, based on an extensive iconographic
tradition, whereas the scene from the story
of Saint Jerome depicted on the right panel is
rather rare. Saint Jerome had healed a lion from
a thorn in his paw and was subsequently ac-
companied by him. However, the stormy coastal
landscape at night on the back of the panel of
Saint Anthony is an iconographic rarity. The
threatening, dark nocturnal scene of monsters
and demons is heavily reminiscent of the oeuvre
of Hieronymus Bosch, especially of his grisaille
paintings, such as on the reverse of his famous
„Garden of Earthly Delights“ in the Prado, Madrid
(Inv. no. 2823), and “The Flood“ at the Museum
Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (Inv. no. St.
27 and St. 28). Dr. Jaco Rutgers suggests that
our work was executed even before the “Storm
at Sea with Shipwreck” in the Kunsthistorisches
Museum, Vienna (Inv. no. GG 3558), formerly
attributed to Pieter Brueghel the Elder (1525-
1569) and the „Storm with a Naval Battle“ in the
Museo Capodimonte in Naples possibly by Herri
met de Bles (1500-1555/1560), which thus far
have been considered the oldest known marine
representations (see comprehensive research
by Dr. Jaco Rutgers, 15.6.2019).
Little is known about the life of Jan Wellens de
Cock and his identity is discussed in scholarly
research (see exh. cat. ExtravagAnt! A Forgotten
Chapter of Antwerp Painting 1500-1530,
Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Ant-
werpen 2005 / Bonefantenmuseum Maastricht
2006, p. 220). Entries from the years 1506 and
1516 of the Antwerp painters‘ guild verify his
activity as a teacher and his function as dean
of the guild, which he shared with his colleague
Joos van Cleve (1485-1540). Amongst others,
de Cocks‘ sons, Hieronymus (1518-1570) and
Matthys (1505-1548), trained in his workshop,
the former becoming not only known as a
painter and engraver, but also advancing to be-
come the most important publisher of the 16th
century and instrumental for the distribution
of drawings and engravings, such as those of
his former apprentice Pieter Brueghel the Elder
(1525/30-1569). As there are hitherto no known
signed works by the artist, Max J. Friedländer
has reconstructed the oeuvre of Jan Wellens
de Cock based on the painting „Landscape with
Saint Christopher“, which was reproduced in one
engraving and signed „Pictum J. Kock“ (see Max
J. Friedländer: Early Netherlandish Painting, Vol.
XI: The Antwerp Mannerists/Adriaen Ysebrant
(ed. by Henri Pauwels), Leiden / Brusseles 1974,
p. 37–43 and 78–79). Not only the theme of
this picture, another hermit, corresponds to our
depiction of Saint Anthony and Saint Jerome,
but many stylistic similarities are also apparent.
The heavy cloud cover in the sky of the Saint
Christopher is also found in our panels, as well
as the schematic appearance of the leaves in
places on the trees. The white accents of light
on the cloak of Christopher can be found on the
shoulders of our Saint Jerome. The execution of
the secondary figures, which appear somewhat
unnatural in places, are characteristic of Jan
Wellens de Cock. The successive placement of
the two camels can also be found in a depic-
tion of Saint Jerome in a cave, located in the
Museum für Angewandte Kunst in Cologne (Inv.
no. KGM 1072).
Jan Wellens de Cock is among a group of pain-
ters known as the Antwerp Mannerists. Their
work flourished in a cultural climate shaped
by the economic and mercantile power of the
undisputed commercial centre of Europe at that
time. Masters such as Goossen van der Weyden
(c. 1465-1538), the early Jan Gossaert (1478-
1532), Jan de Beer (c. 1475-before 1528), Herri
met de Bles (1500-1555/1560) and Jan Meyden
(1500/02-1559/60) are among the protago-
nists of the Antwerp Mannerists. With them,
de Cock shared a preference for exaggerated
figural forms, rich costumes and strong colours,
likewise evident in the work presented here.
CHF 180 000 / 280 000
(€ 254 000 / 254 000)
3019
Gemälde Alter Meister
| 36
3020
BRÜGGE, UM 1500
Thronende Madonna mit dem Kind.
Öl auf Holz.
30 × 24,1 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatsammlung.
CHF 30 000 / 50 000
(€ 27 270 / 45 450)
3020
| 37
3021
MEISTER MIT DEM PAPAGEI
(tätig in Antwerpen um 1520–1530)
Heilige Familie mit schlafendem Jesuskind.
Öl auf Holz.
46 × 37,5 cm.
Provenienz:
Schweizer Privatbesitz.
Diese Darstellung der Jungfrau mit dem Kind
ist eine charakteristische Arbeit des sogenann-
ten „Meister mit dem Papagei“. Dieser wurde
erstmals 1949 von Max Friedländer erwähnt und
sein Oeuvre aufgrund mehrerer Madonnen-Ta-
feln rekonstruiert, auf denen das Kind einen
Papagei füttert, so beispielsweise dasjenige
im San Diego Museum of Art (Inv. Nr. 1943.21).
Einige Elemente, wie die auf dem Holztisch
im Vordergrund liegenden Trauben, finden
sich auch in unserem Gemälde wieder. Das
lockige, blonde Haar des Kindes ist ebenfalls ein
charakte­ristisches Merkmal dieses Meisters,
ebenso wie die schmalen Lippen und die langen,
feinen Finger Mariens.
Vergleichbare Kompositionen, allerdings ohne
die Begleitung des Josephs, sind beispielsweise
im Fogg Art Museum, Harvard Art Museums,
Cambridge Massachussets (Inv. Nr. 1930.182)
und im Kunstmuseum Basel (Inv. Nr. 1362)
bekannt.
CHF 25 000 / 35 000
(€ 22 730 / 31 820)
3021
Gemälde Alter Meister
| 38
3022
QUENTIN MASSYS (UMKREIS)
(Löwen 1466–1530 Antwerpen)
Mater Dolorosa.
Öl und Goldgrund auf Holz.
51 × 35,2 cm.
Provenienz:
- Sammlung von Muralt, Bern, bis 1936.
- Auktion Fischer / Kunstsalon Dr. Pfisterer,
Zürich, 13.–16.5.1936, Los 1992.
- Sammlung Hans Hug bis 1956.
- Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer
Privatbesitz.
Diese Darstellung der Mater Dolorosa, der
schmerzensreichen Mutter Christi, begleitet
vom Heiligen Johannes wurde einst mit Dirk
Bouts (1410–1475) in Verbindung gebracht.
Diese Annahme schliesst Dr. Valentine Hendriks
aus und vermutet eine Entstehung im Umkreis
von Quentin Massys oder etwas später. Dieser
Meinung folgen auch Dr. John Oliver Hand, Dr.
Larry Silver und Dr. Stephan Kemperdick, denen
wir allen für ihre Hilfe danken. Als möglicher
Autor zieht Kemperdick auch den Meister
des Morrison Triptychons (tätig in Antwerpen
Ende des 15. / Anfang des 16. Jahrhunderts) in
Betracht (siehe als Vergleich Max J. Friedländer:
Die altniederländische Malerei, Leiden 1924–37,
Bd. 7, Nr. 81 ff.). Ursprünglich dürfte die Tafel als
ein Diptychon für die Privatandacht vorgesehen
worden sein, mit einer Kreuzabnahme auf der
gegenüberliegenden Seite.
CHF 25 000 / 35 000
(€ 22 730 / 31 820)
3022
Gemälde Alter Meister
| 40
3023*
LEONARDO DI BERNARDINO DEL SIGNO-
RACCIO genannt LEONARDO DI BERNARDI-
NO DA PISTOIA
(getauft 1491 in Pistoia)
Die Verkündigung.
Öl und Goldgrund auf Holz.
Unten mittig signiert: LEONARDVS F. BERNAR-
DINI DEPiSTORio P.
178,3 × 148,9 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung, Genua, 1878.
- Auktionsmarkt London, 1890er.
- Sammlung Tomás Harris, London.
- Sammlung Otto Froehlich, Wien.
- Privatsammlung, Spanien, 1927 (für 425,000
pesetas erworben).
- Durch Erbfolge, europäische Privatsammlung.
- Schweizer Privatsammlung.
- Auktion Koller, Zürich, 31.3.2017, Los 3012.
- Europäischer Privatbesitz.
Literatur:
- V. Capponi: Biografia Pistoiese, Pistoia 1878,
S. 421.
- G. Nerucci: Bollettino storico pistoiese, I, 1899,
S. 160.
- G. D. Gronau: Una tavola di scuola pistoiese, in:
Rivista d‘Arte, Jahr XI, Nr. 2, April–Juni 1929, S.
214–219, Abb. 1.
- C. D‘Afflito / F. Falletti / A. Muzzi: Ausst. Kat.
L‘Età di Savonarola: Fra‘ Paolino e la Pittura a
Pistoia nel primo ‚500, Pistoia, Palazzo Comu-
nale, 24.4.– 31.7.1996, S. 141 und 143.
Das hier angebotene Gemälde, welches sich
die längste Zeit des 20. Jahrhunderts in einer
spanischen Privatsammlung befand, ist das
bisher einzige bekannte signierte Werk des tos-
kanischen Meisters Leonardo di Bernardino da
Pistoia und damit von ausserordentlicher kunst-
historischer Bedeutung für die Rekonstruktion
seines Oeuvres. Eine kürzlich durchgeführte,
sorgfältige Konservierung erlaubte es zudem,
den exzellenten Erhaltungszustand dieser Tafel
zutage zu bringen.
Leonardo di Bernadino da Pistoia war der Bruder
des bekannten Malers Fra‘Paolino da Pistoia
(1490–1547). Beide wurden durch ihren Vater
Bernardino d‘Antonio del Signoraccio aus-
gebildet. Der Einfluss des Vaters macht sich
nicht zuletzt in der Signatur unseres Gemäldes
bemerkbar, welche durch ihre verschachtelte
Kalligrafie geschickt in der Architektur eingebet-
tet ist. Diese Besonderheit findet sich vermehrt
in Werken Bernardino del Signoraccios wieder,
ebenso wie die detailreichen architektonischen
Elemente und die fein ausgeführten Figuren, so
beispielsweise in seiner Sacra Conversazione in
der Chiesa di San Vitale in Pistoia, welche wohl
kurz vor unserem Gemälde entstanden sein
muss (siehe D‘Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 11, S.
138–140).
Doch Leonardo di Bernardinos Werk wären
ohne die Malerei des florentinischen Meisters
Fra Bartolomeo (1472–1517) nicht denkbar.
Der Einfluss des toskanischen Meisters macht
sich in unserem Gemälde in mehrerer Hinsicht
bemerkbar, insbesondere im Vergleich mit
seiner 1497 ausgeführten Verkündigung in der
Kathedrale von Volterra (siehe S. Padovani: Fra
Bartolomeo e la scuola di San Marco, Ausst. Kat.
Florenz 1996, Kat. Nr. 6, S. 57–60, mit Abb.).
So kniet der Erzengel in unserer Komposition
in der gleichen Stellung wie in Fra Bartolomeos
Vorbild, und auch die segnende Figur Gottes
und des Heiligen Geistes in Form einer Taube
in der oberen linken Ecke finden sich in beiden
Kompositionen wieder. Hingegen unterscheidet
sich das Interieur, in welches unsere Szene ein-
gebettet ist, stark von Fra Bartolomeos offenem
Hintergrund mit Ausblick auf eine italienische
Landschaft. Der hier von Leonardo di Bernardi-
nos gewählte architektonische Hintergrund ver-
leiht der Szenerie einen spürbar besinnlicheren
und andächtigeren Charakter, welcher durch die
Symmetrie der Torbögen und deren eleganten
Goldverzierungen unterstrichen wird. Auch in
der Körpersprache der Maria zeigt sich Leonar-
do di Bernardinos künstlerische Eigenständig-
keit. Der Einfluss beider Kompositionen macht
sich schliesslich in der um 1520 zu datierenden
Verkündigung, welche heute Giovanni Antonio
Sogliani zugeschrieben wird, bemerkbar (siehe
Padovani 1996, Kat. Nr. 89, S. 266–268). Darin
findet sich sowohl die Stellung der Figuren aus
Leonardo di Bernardinos Komposition wie auch
der offene Hintergrund aus Fra Bartolomeos
Gemälde wieder.
Insgesamt sind nur sehr wenige weitere Werke
Leonardo di Bernardino da Pistoias bekannt:
Eine Heilige Irene wurde 1899 bei Christie‘s
London versteigert (siehe Gronau 1929, S. 5,
Fussnote 1); eine Sacra Conversazione, deren
Zuschreibung zeitweise zwischen Fra‘ Paolino
und Bernardino del Signoraccio schwankte, be-
findet sich in der Chiesa di Santa Maria Assunta
in Lizzano (siehe D‘Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 13,
S. 141, Abb. S. 142); und schliesslich ein Fresko
in der Chiesa di Santa Maria a Ripalta in Pistoia
(siehe ebd. Kat. Nr. 14, S. 143). Die Zuschrei-
bung dieser Werke an Leonardo di Bernardino
del Signoraccio basieren ausnahmslos auf dem
stilistischen Vergleich mit dem hier angebo-
tenen Werk, welches als einziges signiert ist
und bis zu seiner Wiederentdeckung nur durch
schwarzweiss Fotografien bekannt war. Dabei
gleicht jedoch keines seiner bisher entdeck-
ten Werke dem hier angebotenen Hauptwerk
des Künstlers in seinem Qualitätsgrad und
Detailreichtum, das ein Paradebeispiel für die
toskanische Renaissancemalerei darstellt.
CHF 100 000 / 150 000
(€ 90 910 / 136 360)
3023
| 42
3024
UMBRIEN, ENDE 15. JAHRHUNDERT
Zwei Darstellungen aus einer Verkündigungss-
zene: Verkündigungsengel und betende Maria.
Tempera auf Leinwand.
Je 129 × 89 cm.
Provenienz:
Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung.
CHF 12 000 / 18 000
(€ 10 910 / 16 360)
3024
Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
| 43
3024
Gemälde Alter Meister
| 44
3025*
PIER FRANCESCO DI JACOPO FOSCHI
(1502 Florenz 1567)
Madonna mit Kind und dem Johannesknaben.
Öl auf Holz.
109 × 85 cm.
Provenienz:
- Sammlung Michael Voggenauer, Köln, 1979.
- British Railway Pension Fund, bis 1994.
- Auktion Sotheby‘s, London, Sammlung British
Railway Pension Fund, 7.12.1994, Los 28.
- Europäischer Privatbesitz.
Ausstellung:
Als Leihgabe im Detroit Institute of Arts,
1982–1994 (Leihgabe des British Railway Pen-
sion Fund).
Literatur:
Apollo, Juli 1979, S. 70, mit Abb.
Das hier angebotene Gemälde von musealer
Qualität ist zu Pier Francesco di Jacopo Foschis
Hauptwerken zu zählen. Foschi, der in der
Forschung weitgehend unbekannt war bis der
Kunsthistoriker Roberto Longhi ihn 1953 wie-
derentdeckte, gilt heute als einer der führenden
florentinischen Maler des 16. Jahrhunderts.
Als Sohn des Botticelli-Schülers Jacopo Foschi
(1463–1530), lernte er bis 1530 in der Werkstatt
Andrea del Sartos (1486–1530).
Wohl entstanden zwischen 1530 und 1540, ist
dieses qualitätsvolle und sehr gut erhaltene
Werk in jene Schaffensphase zu datieren, in der
der Künstler insbesondere mit und unter Jacopo
da Pontormo (1494–1557) arbeitete.
Während Foschis künstlerischer Stil in seinen
frühen Werken massgeblich von der Malweise
seines Lehrmeisters Andrea del Sarto geprägt
war, gibt er in dieser Zeit die deskriptiv-nar-
rativen Elemente zugunsten einer Betonung
des Mystisch-Religiösen auf und schematisiert
seine Kompositionen zunehmend, wovon auch
das hier angebotene Gemälde zeugt:
Die im Dreiviertelprofil dargestellte Madonnen-
figur befindet sich im Zentrum der Komposition.
In ein blassrotes Gewand gehüllt, mit einem
gelben Schleier um ihre Schultern drapiert,
lenken ihr gesenkter Blick und ihr leicht s-förmig
geschwungener Körper die Aufmerksamkeit
hinab zum Jesuskind. Auf ihrem blauen Mantel
ruhend, hält sie zärtlich dessen Arm. Die Füsse
des Jesuskindes leiten den Blick weiter zur
linken unteren Bildecke und somit zum Johan-
nesknaben, dessen Kopf sich zur Madonna
hebt und zurück in die obere Bildhälfte deutet.
Dort öffnen zwei Engel, die Maria dicht zur ihrer
Rechten und Linken flankieren, den grünen
Vorhang und geben den Blick auf die innige
Szene frei.
Stilistisch dem Manierismus verpflichtet,
erscheint der Bildraum durch die ineinan-
dergreifende Anordnung der Figuren dicht
komprimiert; die wohl rhythmisierte Kompo-
sition der Blicke, Hände und geschwungenen
Körper schaffen gleichzeitig lebhafte Dynamik.
Der gezielte Einsatz von Farben und das zarte
Inkarnat der Figuren runden diese meisterhafte
Darstellung ab.
Während die länglichen Figuren Erinnerungen an
Michelangelo (1475–1564) wachrufen, wirken
Foschis Kompositionen in dieser Schaffenspe-
riode insgesamt strenger und konstruierter
als zuvor. Sie erinnern derart ebenfalls an die
Malerei des Fra’Bartolomeo (1472–1517) und
nehmen bereits Bildkonzepte der Gegenrefor-
mation vorweg.
Pier Francesco di Foschi malte für einflussreiche
Auftraggeber zahlreiche Altarbilder und Fresken
im wirtschaftlich wie künstlerisch florierenden
Florenz. Unter diesen die Auferstehung (1537),
Verklärung Christi (um 1545) und die Unbefleck-
te Empfängnis (um 1545) für die Kirche S. Spi-
rito. Die Fresken im Oratorium der Villa Rosselli
del Turco entstanden etwa zur gleichen Zeit.
Ebenso war Foschi an Kollektivaufträgen der
Medici beteiligt. Etwa bei der Ausmalung der
Villa Careggi unter Jacopo Pontormo sowie der
Festdekoration für die Hochzeiten von Cosimo
I. mit Eleonora von Toledo (1539) und Francesco
de‘Medici mit Johanna von Österreich (1565).
1564 zählte er – unter anderem zusammen
mit Agnolo Bronzino (1503–1572) und Giorgio
Vasari (1511–1574) – zu den Gründungsmit-
gliedern der Kommission für die geplante Ac-
cademia delle Arti del Disegno, für die er bis zu
seinem Tod mit hohen Ämtern betraut wurde.
Vincenzo Borghini, der Hofliterat der Medici,
benannte ihn 1565 als einen der wichtigsten
Florentiner Künstler neben Bronzino, Vasari und
Michele Torsini (1503–1577).
Das Gemälde ist in der Fotothek der Fondazione
Zeri unter der Nr. 34276 archiviert.
CHF 400 000 / 600 000
(€ 363 640 / 545 450)
3025
Gemälde Alter Meister
| 46
3025*
PIER FRANCESCO DI JACOPO FOSCHI
(1502 Florence 1567)
Madonna and Child with the Infant
St John the Baptist.
Oil on panel.
109 × 85 cm.
Provenance:
- Michael Voggenauer Collection, Cologne,
1979.
- British Railway Pension Fund, until 1994.
- Sotheby‘s auction, London, British Railway
Pension Fund, 7.12.1994, Lot 28.
- European private collection.
Exhibited:
On loan to the Detroit Institute of Arts,
1982–1994 (loan from the British Railway Pen-
sion Fund).
Literature:
Apollo, July 1979, p. 70, with ill.
The museum-quality painting offered here
is one of Pier Francesco di Jacopo Foschi‘s
major works. Foschi, who was largely unknown
amongst researchers until he was rediscovered
by the art historian Roberto Longhi in 1953, is
today considered one of the leading Florentine
painters of the 16th century. The son of Jacopo
Foschi (1463–1530, who was a pupil of Botticelli
(1445–1510), he studied in the workshop of
Andrea del Sarto (1486–1530) until 1530.
Created probably between 1530 and 1540,
this high quality and very well-preserved work
can be dated to the period when the artist was
working with and under Jacopo da Pontormo
(1494–1557) in particular.
While in his early works Foschi’s artistic style was
largely influenced by the paintings of his teacher
Andrea del Sarto, during this time he abandoned
the descriptive-narrative elements in favour of
an emphasis on the mystical-religious and made
his compositions increasingly schematic, as
witnessed also in the painting here:
The figure of the Madonna, depicted in
three-quarter profile, is in the centre of the
composition. Wrapped in a pale red robe, with
a yellow veil draped around her shoulders, her
lowered gaze and her body arranged in a slightly
s-shaped curve, draw our attention down to-
wards the Infant Jesus. As he rests on her blue
cloak, she tenderly holds his arm. The feet of
the Infant Jesus then lead the eye to the lower
left corner of the picture, and thus to the Infant
John, who raises his head towards the Madonna
pointing the way back towards the upper half
of the picture. There, two angels, flanking Mary
closely on the right and left, open the green cur-
tain and present the intimate scene to our gaze.
Stylistically committed to Mannerism, with the
interlocking arrangement of the figures the
pictorial space appears tightly compressed; at
the same time the rhythmic composition of
gaze, hands and curved bodies creates a lively
dynamic. The precise use of colours and the
delicate skin tones of the figures complete this
masterly depiction.
Whiletheelongatedfiguresareredolentof
Michelangelo,inthisperiodFoschi’scompositions
appearaltogethermorerigorousandstructured
thanbefore.Theyarealsoreminiscentofthepain-
tingofFra’Bartolomeo(1472–1517)andanticipate
pictorialconceptsoftheCounter-Reformation.
Pier Francesco di Foschi painted numerous
altarpieces and frescoes for influential sponsors
in Florence, which was flourishing both econo-
mically and artistically. These included The Re-
surrection (1537), The Transfiguration of Christ
(circa 1545) and The Immaculate Conception
(circa 1545) for the Church of S. Spirito. The
frescoes of the oratory of Villa Rosselli del Turco
were produced around the same time.
Foschi was also involved in collective commis-
sions for the Medici, such as the painting of
Villa Careggi under Jacopo Pontormo, and the
festive decorations for the marriage of Cosimo
I to Eleonora of Toledo (1539) and Francesco
de‘Medici to Joanna of Austria (1565).
In 1564, together with artists including Agnolo
Bronzino (1503–1572) and Giorgio Vasari
(1511–1574, Foschi was one of the founding
members of the commission for the Accademia
delle Arti del Disegno, where he held positions
of great responsibility until his death.
In 1565 Vincenzo Borghini, the court writer
for the Medici, named him as one of the most
important Florentine artists alongside Bronzino,
Vasari and Michele Torsini (1503–1577).
The painting is listed in the archive of the photo-
graphic collection of the Fondazione Zeri under
number 34276.
CHF 400 000 / 600 000
(€ 363 640 / 545 450)
Gemälde Alter Meister
| 48
3026
SÜDLICHE NIEDERLANDE, UM 1480/90
Geburt Christi.
Öl auf Holz.
44,7 × 32 cm.
Gutachten: Dr. Michaela Schedl, 15.7.2019.
Provenienz:
- Galerie Leegenhoeck, Paris, 1982.
- Schweizer Privatbesitz.
Diese sehr schön erhaltene Tafel, deren Entste-
hung Dr. Michaela Schedl um 1480/90 datiert,
könnte als Einzeltafel oder als Mitteltafel eines
kleinen Flügelretabels in einem Wohnraum als
Andachtsbild gedient haben.
Dargestellt ist eine fünfköpfige Personengruppe
in einer Dreieckskomposition vor einem ruinö-
sen, gemauerten Gebäude mit Strohdach:
Im Bildvordergrund knien Maria und Joseph vor
dem nackten Jesuskind. Über die Mauer des
Gebäudes hinter ihnen schauen zwei Hirten
mit zurückgeschobenen Kapuzen in den Stall.
In einem kleineren Massstab dargestellt, liegen
beziehungsweise stehen Ochs und Esel hinter
der Gottesmutter. Der Ochse hat ein Büschel
Heu im Maul, das er aus dem Steintrog vor ihm
holt. Seinen Blick hat er auf das vor ihm liegende
Jesuskind gerichtet. Am oberen Bildrand ist der
segnende Gottvater in einer Wolkengloriole vor
einer gelb-roten Lichterscheinung zu sehen.
Von ihm gehen vier Goldstrahlen aus, die zum
Gottessohn führen. Letzteren umgibt eine gol-
dene Strahlengloriole, die von einem hellblauen
Band gerahmt wird.
Wie Dr. Michael Schedl in ihrem ausführlichen
Gutachten darlegt, verknüpft die hier dargestell-
te Szene der Geburt Christi zwei ikonographi-
sche Motive in drei Bildzonen, die aus verschie-
denen Textquellen stammen:
Die Geburtsszene im Vordergrund lehnt sich
an einen Bildtypus an, der in der nordalpinen
Buch- und Tafelmalerei seit der Zeit um 1400
verbreitet war und in den „revelationes“ der
heiligen Birgitta von Schweden (1303–1373)
wurzelt. Diesen Visionen entstammt das Motiv
des nackten, auf dem Boden liegenden Kindes
in der Strahlengloriole, der goldenen Haare
Mariens sowie die Darstellung Josephs, der
mit einer Kerze in den Stall kommt. Auch der
lichtspendende Gottvater am oberen Bildrand
kommt schon bei den frühesten birgittinischen
Bildern vor, obwohl das nicht Teil der Vision ist.
In der späteren Zeit sind – wie hier – nur noch
lose Verbindungen zur Vision zu sehen. Von
den beiden anbetenden Hirten im Mittelgrund
berichtet das Lukasevangelium (Lk 2,15–16):
„Als die Engel sie [= die Hirten] verlassen hatten
und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten
die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach
Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns
der Herr verkünden liess. So eilten sie hin und
fanden Maria und Josef und das Kind, das in der
Krippe lag.“
Die verschiedenen Motive und die Gestaltung
der Landschaft, weisen laut Dr. Schedl auf einen
Maler hin, der in den südlichen Niederlanden
tätig war. So lassen sich motivische Parallelen
der hier angebotenen Tafel zu einer Geburt
Christi ausmachen, die dem in den südlichen
Niederlanden tätigen Maler Jacques Daret
(1404–1468) zugeschrieben und um 1434/35
datiert wird. Sie gelangte in das Museo Thyssen
Bornemisza in Madrid (Inv. Nr. 124/1935.17).
Weitere Verbindungen lassen sich zu einer fast
doppelt so großen Geburt Christi feststellen, die
Teil eines Flügelretabels war. Sie wird ebenfalls in
die südlichen Niederlande lokalisiert, um 1460
datiert und befindet sich heute in New York im
Metropolitan Museum of Art (Inv. Nr. 32.100.39).
CHF 35 000 / 50 000
(€ 31 820 / 45 450)
3026
Gemälde Alter Meister
| 50
3027*
LUCAS CRANACH D. Ä. (WERKSTATT)
(Kronach 1472–1553 Weimar)
Martin Luther (1483–1546). Um 1543.
Öl auf Holz.
Rechts mittig mit Lindwurm signiert und schwer
leserlich datiert: 154(...).
19,6 × 14,5 cm.
Gutachten: Dr. Werner Schade (als Lucas
Cranach d. J.).
Provenienz:
Europäischer Privatbesitz.
Dr. Michael Hofbauer, der das hier angebote-
ne Gemälde im Original untersucht hat und
von einer Entstehung in der Werkstatt Lucas
Cranachs d. Ä. ausgeht, datiert es um 1543 und
deutet darauf hin, dass dieses Porträt als linkes
Pendant zu einem Bildnis von Philipp Melancht-
hon (1497–1560) entstanden sein muss.
Dr. Dieter Koepplin, der das Gemälde anhand
einer Fotografie untersucht hat, schliesst sich
dieser Meinung einer Entstehung in der Werk-
statt oder im engen Umfeld Cranachs an.
Dr. Werner Schade, der von einer eigen-
händigen Ausführung des Sohnes, Lucas d.
J. (1515–1586) ausgeht, vergleicht unser
Gemälde mit dem 1543 datierten Bildnispaar
Luthers und Melanchthons in den Staatlichen
Museen in Kassel (Inv. Nr. GK17) und deutet auf
die Unterschiede im Vergleich zu den frühen
Beispielen dieses Bildnistypus, in dem Luther
noch mit einem Buch in den Händen dargestellt
wurde, so beispielsweise in dem 1532 datierten
Bildnispaar in der Gemäldegalerie Alte Meister in
Dresden (Inv. Nr. 1918).
CHF 30 000 / 50 000
(€ 27 270 / 45 450)
3027
| 51
3028
SCHWABEN, UM 1480
Doppelseitiges Tafelbild: Tod Mariens und drei
Heilige in ganzer Figur - Heiliger Sylvester, Heili-
ger Hieronymus und Heiliger Martin.
Öl auf Holz.
95,5 × 104,5 cm.
Provenienz:
- Auktion Neumeister, München, November
1986, Los 585 (als Schwaben um 1470).
- Auktion Vogler, Basel, 22.11.2003 (als Schwä-
bischer Künstler um 1480).
- Schweizer Privatsammlung.
Ludwig Meyer identifiziert diese Tafel als eine
Arbeit eines schwäbischen Meisters um 1480
(Schreiben vom 6.11.2011). Er weist ferner
darauf hin, dass sie einst Teil eines Zweiflügel-
altars mit Themen zum Marienleben bildete,
der ursprünglich aus vier Tafeln bestand. Dabei
zeigten die 4 Kehrseiten je 3 Heilige, stehend
in ganzer Figur (insgesamt 12). Die Tafel rechts
oben ist bisher nicht wieder aufgetaucht; die 3
anderen Tafeln waren zuletzt in der Neumeister
Auktion im November 1986 komplett, allerdings
wurden sie danach getrennt. Dargestellt sind bei
unserer Tafel auf der einen Seite der Tod Mari-
ens (ehemals Innenseite) und auf der anderen
drei Heilige in ganzer Figur (ehemalig Aussen-
seite) mit dem Heiligen Sylvester, dem Heiligen
Hieronymus und dem Heiligen Martin.
CHF 20 000 / 30 000
(€ 18 180 / 27 270)
3028
3028
Gemälde Alter Meister
| 52
3029
MEISTER DER MAGDALENEN-LEGENDE UND
WERKSTATT
(tätig um 1483–1526 in Brüssel)
Madonna mit Kind.
Öl auf Holz.
41 × 30,5 cm.
Provenienz:
- Privatsammlung, Barcelona.
- Auktion Christie’s, London, 1.11.1991, Los
108.
- Schweizer Privatsammlung.
Diese Tafel des Meisters der Magdalenen-Le-
gende entstand zwischen dem Ende des 15.
Jahrhunderts und den 1520er-Jahren in Brüssel,
in einer Zeit, als sich kleinformatige Marien-
darstellungen zur privaten Andacht grosser
Beliebtheit erfreuten. Mit feinstem Pinselstrich
sind Inkarnat und Kleidung der Figuren detail-
reich gemalt und die Innigkeit zwischen Mutter
und Kind liebevoll dargestellt. Die rote Farbe des
Gewands der Maria und die rote Nelke als traditi-
onelle Symbole der ehelichen Liebe verweisen
hier auf die bevorstehende Passion Christi und
seine Liebe zu Gottvater.
Der Bildtypus der Madonna mit der Nelke
entstammt der italienischen Renaissance – wie
beispielsweise Leonardo da Vincis (1452–1519)
Madonna mit der Nelke, welche um 1475
entstanden ist – und bezeugt den kulturellen
Austausch zwischen Italien und Flandern im
späten 15. Jahrhundert. Eine wohl etwas früher
entstandene erste Version dieser Komposition,
die Rogier van der Weyden (um 1400–1464) und
seinem unmittelbaren Umfeld zugeschrieben
wird, befindet sich im Museum voor Schone
Kunsten in Gent (Inv. Nr. 1954-s). Tatsächlich
steht der Meister der Magdalenen-Legende,
der seinen Notnamen aufgrund mehrerer um
1515–1520 geschaffener Altarbilder mit Szenen
aus dem Leben von Maria Magdalena erhielt,
stilistisch sehr nahe am Oeuvre von Rogier van
der Weyden, wie auch in dem hier angebotenen
Gemälde deutlich wird.
Zahlreiche Altarwerke und Porträts des Meis-
ters der Magdalenen-Legende sind bekannt,
darunter mehrere Kompositionen mit Maria
und dem Kind, unter anderem eine mit feinem
Goldgrund im Museum Mayer Van den Bergh in
Antwerpen (Inv. Nr. 384, Öl auf Holz, 31 × 21 cm,
siehe Sandrine Vézilier-Dussart, (Hg.): Ausst.
Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre
1500–1575, Cassel 2013, Abb. 1, S. 84). Bei
unserem Gemälde wählte der Meister einen
dunklen Hintergrund, wie auch bei der Madonna
mit Kind, ehemals in der Sammlung Stroganoff
(siehe ebd., Kat. Nr. 4, S. 84–85), wodurch der
rote Umhang der Maria und die Nelke noch
verstärkt an Leuchtkraft gewinnen.
CHF 80 000 / 150 000
(€ 72 730 / 136 360)
3029
Gemälde Alter Meister
| 54
3030*
ALBRECHT KAUW
(Strassburg 1616–1681 Bern)
Jiphtach begegnet seiner Tochter vor den Toren
von Mizpe.
Öl auf Leinwand.
144,5 × 128 cm.
Provenienz:
- Wohl Schloss Utzingen, Schweiz.
- Süddeutscher Privatbesitz.
- Privatsammlung, Dresden.
- Galerie Heinrich Kühl, Dresden, 1955 (verso
Etikett).
- Europäischer Privatbesitz.
Literatur:
Georges Herzog: Albrecht Kauw, 1616–1681.
Der Berner Maler aus Strassburg, Schriften der
Bürgerbibliothek Bern, Bern 1999, Kat. Nr. N5,
S. 352.
Das hier vorliegende Gemälde gehört gemäss
Georges Herzog zu einer Gruppe von alttesta-
mentarischen Szenen, die vermutlich ursprüng-
lich die Räumlichkeiten von Schloss Utzingen
schmückten. Zu diesem Zyklus zählte ebenfalls
eine Darstellung des Untergangs der Ägypter
im Roten Meer (siehe Herzog 1999, Kat. Nr. N6),
welche wie das hier angebotene Gemälde 1955
in Dresden verkauft wurde, wobei der Unter-
gang der Ägypter von den Staatlichen Museen,
Schloss Meiningen (Thüringen) erworben wur-
de. Das dritte Gemälde des Zyklus verblieb laut
Rechnungsbeleg der Galerie in Privatbesitz.
Dargestellt ist die Szene, in der Jiphtach aus
der Schlacht gegen die Ammoniter nach Mizpe
nach Haus zurückkehrt und von einem aus dem
Stadttor tretenden Zug musizierender Jung-
frauen empfangen wird, der durch seine Tochter
angeführt wird. Dabei hatte Jiphtach gelobt,
das erste, was ihm zu Hause begegne, Gott
zu opfern, sollte er lebendig von der Schlacht
zurückkehren.
Der in Strassburg geborene Künstler Albrecht
Kauw war hauptsächlich in Bern tätig und für
seine Genreszenen, Porträts, Landschaften,
topographischen Ansichten und Stillleben
bekannt. Georges Herzog datiert das hier an-
gebotene Gemälde nach 1664 (siehe Literatur).
Besonders hervorzuheben sind die Figuren,
die durch kostbare Kleidung und individuelle
Gesichtszüge vor einer imposanten Stadtland-
schaft charakterisiert sind.
CHF 60 000 / 80 000
(€ 54 550 / 72 730)
| 55
3030
Gemälde Alter Meister
| 56
3031*
HANS VREDEMAN DE VRIES
(Leeuwarden 1527–1604 Antwerpen)
Gotisches Kircheninterieur. 1594.
Öl auf Holz.
Unten links auf der Säule signiert, datiert und
bezeichnet: H. Vries 1594 AETA. 67 AN.
24,5 × 39,7 cm.
Provenienz:
- Sammlung Julius Franz Herzog zu Saxen
Engern und Westfalen (1641–1689), gemäss
Wappen auf Siegelwachs verso.
- Sammlung Konsul Karl Weniger (1841–1905)
(gemäss Dorotheum-Katalog).
- dessen Auktion, Dorotheum, Wien, 7.5.1906,
Los 66.
- Deutsche Privatsammlung.
- Frye  Sohn, Münster, 1992.
- Deutsche Privatsammlung.
Ausstellungen:
- Von Bruegel bis Rubens. Das goldene
Jahrhundert der flämischen Malerei, Wall-
raf-Richartz-Museum, Köln, 4.9.–22.11. 1992
/ Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen,
12.12.1992–8.3.1993 / Kunsthistorisches
Museum Wien, 2.4.–20.6.1993.
- Divine Interiors. Experience churches in the
age of Rubens, Museum Mayer van den Bergh,
Antwerpen, 17.6.2016–16.10.2016.
Literatur:
- Jan Briels: Vlaamse schilders en de dageraad
van Hollands Gouden Eeuw 1585–1630 met
biografieën als bijlage, Royal Museum of Fine
Arts, Antwerpen 1997, S. 124, Abb. 186.
- Ausst. Kat. Von Bruegel bis Rubens. Das golde-
ne Jahrhundert der flämischen Malerei, hrsg.
von Ekkehard Mai und Hans Vlieghe, Wall-
raf-Richartz-Museum, Köln, 4.9.–22.11.1992,
Köln 1992, S. 388–390, Nr. 58.2, mit Farbab-
bildung.
- Ausst. Kat. Van Brueghel tot Rubens. De Ant-
werpse schilderschool 1550–1650, hrsg. von
Erik Vandamme, Royal Museum of Fine Arts,
Antwerpen, 12.12.1992–8.3.1993, Gent 1992,
S. 300–301, Nr. 144.
- Heiner Borggrefe / Vera Lupkes / Paul Huven-
ne / Ben van Beneden (Hg.): Hans Vredeman
de Vries und die Renaissance im Norden, Aus-
st. Kat. Weserrenaissance-Museum Schloss
Brake/ Lemgo, 26.5.–25.8.2002 / Royal Muse-
um of Fine Arts, Antwerpen, 15.9.–8.12.2002,
Antwerpen 2002, Kat. Nr. 164.
- Thomas Fusenig: Netherlandish Church
Pictures around 1600 – Their Meaning and
Use. Netherlandish Artists in Gdansk in the
Time of Hans Vredeman de Vries, Konferenz
im Muzeum Historyczne Miasta Gdanska,
20.–21.11.2003, Gdansk 2006, S. 93–101, S.
94, Abb. 2.
- Bernard M. Maillet / Pierre Loze (u.a.): Intérieurs
d‘Églises 1580–1720. La peinture architec-
turale des Écoles du Nord, Brüssel 2012, Nr.
M-1674.
- Claire Baisier (Hg.): Divine Interiors. Experience
churches in the age of Rubens, Ausst. Kat.
Museum Mayer van den Bergh, Antwerpen,
17.6.2016–16.10.2016, Antwerpen 2016, Kat.
Nr. 5, S. 64–65.
Dieser stimmungsvolle, in Grautönen gehal-
tene gotische Kirchenraum besticht durch
die Synthese aus architektonischer Virtuo-
sität, Simplizität der Szenerie und farblicher
Reduktion. Trotz der kabinetthaften Grösse der
Holztafel, erschliesst sich dem Betrachter die
Monumentalität der räumlichen Gesamtheit
eines gotischen Kirchenraums und zeugt derart
von ausgesprochener Modernität.
Es handelt sich hierbei um das früheste
bislang bekannte gotische Kircheninterieur
des niederländischen Renaissancemalers
Hans Vredeman de Vries aus dem Jahre 1594
und entstand demnach in Danzig, wo sich der
Künstler seit 1592 aufhielt. Vredemann de Vries
war, bevor er sich auf die Malerei spezialisierte,
zunächst als Architekt und in Danzig als Experte
für Festungsbau tätig, bis er 1596 mit seinem
Sohn Paul an den Hof Kaiser Rudolphs II. nach
Prag weiterreiste. In Danzig fertigten Hans und
Paul Vredemann de Vries einige bedeutende
Werke an, darunter die sieben Gemälde für die
Ausstattung der Danziger Sommerratsstube
(zwischen 1594–95), über die Karel van Mander
berichtete, dass Vredeman „acht stucken
Perspecten, met Historien van de Regeringhe“
malte (siehe Borggrefe, Heiner u.a., ebd.,
2002, Kat. 168, S. 323–331). Vor diesem hier
angebotenen seltenen Kircheninterieur sind
vorwiegend tempelartige Architekturdarstellun-
gen von Vredeman de Vries überliefert (siehe
Heiner Borggrefe u.a. 2002). Thomas Fusenig
hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass
es Hans und Paul Vredeman de Vries waren, die
das Thema des gotischen Kircheninnenraumes
aus Antwerpen nach Danzig brachten (Fusenig,
ebd., 2006, S. 95).
Im Wiener Auktionskatalog von 1906 wird im
Zusammenhang mit unserem Kircheninnen-
raum eine kleine Innenansicht einer Renaissan-
cekirche mit identischen Massen aufgeführt,
das sich heute wohl in einer Privatsammlung be-
findet (siehe Fusenig in: Biasier 2016, Kat. Nr. 5,
S. 64, Fussnote 1). Vermutlich waren die beiden
Werke einst als Gegenstücke konzipiert.
Es ist anzunehmen, dass die fehlende Staffage
auf dem vorliegenden Gemälde sowie auf dem
Pendant mit der Innenansicht eines Renaissan-
cepalastes entweder von einem auf Figuren-
malerei spezialisierten Künstler ergänzt werden
sollte, oder diese als Modello im Atelier des
Künstlers als Vorlage für grössere Kompositio-
nen dienten.
Hervorzuheben ist der Seltenheitswert dieses
hier angebotenen gotischen Kirchenraumes
von musealer Qualität sowie die bemerkens-
werte Provenienz. Im 17. Jahrhundert verweilte
die Kirchenansicht in der Sammlung des Julius
Franz Herzog zu Saxen Engern und Westfa-
len (1641–1689), dessen Wappen umrahmt
von seinen Anfangsbuchstaben (Von Gottes
Gnaden Julius FRanz Herzog Zu Saxen Engern
Und Westfalen) verso auf rotem Siegelwachs
angebracht ist (Abb. 1).
CHF 60 000 / 80 000
(€ 54 550 / 72 730)
Abb. 1
| 57
3031
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019
Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019

Weitere ähnliche Inhalte

Was ist angesagt?

Stilepochen des Mittelalters Kunst PL
Stilepochen des Mittelalters Kunst PLStilepochen des Mittelalters Kunst PL
Stilepochen des Mittelalters Kunst PLMelanieManuilov
 
Koller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century Paintings
Koller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century PaintingsKoller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century Paintings
Koller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century PaintingsKoller Auctions
 
Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019
Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019
Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019Koller Auctions
 
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts
Koller Gemälde des 19. JahrhundertsKoller Gemälde des 19. Jahrhunderts
Koller Gemälde des 19. JahrhundertsKoller Auctions
 
Koller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhr
Koller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhrKoller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhr
Koller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhrKoller Auctions
 
Koller Gemalde Alter Meister
Koller Gemalde Alter MeisterKoller Gemalde Alter Meister
Koller Gemalde Alter MeisterKoller Auctions
 
Koller Gemalde des 19. Jahrhunderts - 19th Century Paintings
Koller Gemalde des 19. Jahrhunderts  - 19th Century PaintingsKoller Gemalde des 19. Jahrhunderts  - 19th Century Paintings
Koller Gemalde des 19. Jahrhunderts - 19th Century PaintingsKoller Auctions
 
Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2
Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2
Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2Koller Auctions
 
Koller View 3-20 September 2020 Preview german
Koller View 3-20 September 2020 Preview germanKoller View 3-20 September 2020 Preview german
Koller View 3-20 September 2020 Preview germanKoller Auctions
 
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...Koller Auctions
 
Koller Majolika, Porzellan & Silber Auktion September 2018
Koller Majolika, Porzellan &  Silber Auktion September 2018Koller Majolika, Porzellan &  Silber Auktion September 2018
Koller Majolika, Porzellan & Silber Auktion September 2018Koller Auctions
 
Koller Auktion Autographen - Koller Autograph Auction
Koller Auktion Autographen - Koller Autograph AuctionKoller Auktion Autographen - Koller Autograph Auction
Koller Auktion Autographen - Koller Autograph AuctionKoller Auctions
 
Koller Impressionismus & Klassische Moderne Auktion
Koller Impressionismus & Klassische Moderne AuktionKoller Impressionismus & Klassische Moderne Auktion
Koller Impressionismus & Klassische Moderne AuktionKoller Auctions
 
Artistic styles kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES LEARNING GERMAN
Artistic styles   kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES  LEARNING GERMANArtistic styles   kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES  LEARNING GERMAN
Artistic styles kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES LEARNING GERMANEMERSON EDUARDO RODRIGUES
 
Koller Bücher 29 September 2021
Koller Bücher 29 September 2021Koller Bücher 29 September 2021
Koller Bücher 29 September 2021Koller Auctions
 
Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...
Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...
Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...Koller Auctions
 
Koller post war & contemporary auktion
Koller post war & contemporary auktionKoller post war & contemporary auktion
Koller post war & contemporary auktionKoller Auctions
 

Was ist angesagt? (20)

Stilepochen des Mittelalters Kunst PL
Stilepochen des Mittelalters Kunst PLStilepochen des Mittelalters Kunst PL
Stilepochen des Mittelalters Kunst PL
 
Koller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century Paintings
Koller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century PaintingsKoller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century Paintings
Koller Gemalde Des 19.Jahrhunderts - 19th Century Paintings
 
Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019
Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019
Koller gemalde alter meister auktion freitag, 29. marz 2019
 
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts
Koller Gemälde des 19. JahrhundertsKoller Gemälde des 19. Jahrhunderts
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts
 
Koller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhr
Koller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhrKoller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhr
Koller Post War & Contemporary Samstag 09 Dezember 2017 14.00 uhr
 
Koller Gemalde Alter Meister
Koller Gemalde Alter MeisterKoller Gemalde Alter Meister
Koller Gemalde Alter Meister
 
Koller Gemalde des 19. Jahrhunderts - 19th Century Paintings
Koller Gemalde des 19. Jahrhunderts  - 19th Century PaintingsKoller Gemalde des 19. Jahrhunderts  - 19th Century Paintings
Koller Gemalde des 19. Jahrhunderts - 19th Century Paintings
 
Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2
Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2
Koller Gemalde Alter Meister und des 19. Jahrhunderts sep 2020 2
 
10-10 Pressemeldung_Pinakothek der Moderne.pdf
10-10 Pressemeldung_Pinakothek der Moderne.pdf10-10 Pressemeldung_Pinakothek der Moderne.pdf
10-10 Pressemeldung_Pinakothek der Moderne.pdf
 
Koller View 3-20 September 2020 Preview german
Koller View 3-20 September 2020 Preview germanKoller View 3-20 September 2020 Preview german
Koller View 3-20 September 2020 Preview german
 
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und dekorative kunst Septembe...
 
IrmaMarkulin_2015
IrmaMarkulin_2015IrmaMarkulin_2015
IrmaMarkulin_2015
 
Koller Majolika, Porzellan & Silber Auktion September 2018
Koller Majolika, Porzellan &  Silber Auktion September 2018Koller Majolika, Porzellan &  Silber Auktion September 2018
Koller Majolika, Porzellan & Silber Auktion September 2018
 
Koller Auktion Autographen - Koller Autograph Auction
Koller Auktion Autographen - Koller Autograph AuctionKoller Auktion Autographen - Koller Autograph Auction
Koller Auktion Autographen - Koller Autograph Auction
 
Koller View 1/20 German
Koller View 1/20 GermanKoller View 1/20 German
Koller View 1/20 German
 
Koller Impressionismus & Klassische Moderne Auktion
Koller Impressionismus & Klassische Moderne AuktionKoller Impressionismus & Klassische Moderne Auktion
Koller Impressionismus & Klassische Moderne Auktion
 
Artistic styles kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES LEARNING GERMAN
Artistic styles   kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES  LEARNING GERMANArtistic styles   kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES  LEARNING GERMAN
Artistic styles kunststile EMERSON EDUARDO RODRIGUES LEARNING GERMAN
 
Koller Bücher 29 September 2021
Koller Bücher 29 September 2021Koller Bücher 29 September 2021
Koller Bücher 29 September 2021
 
Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...
Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...
Koller Gemalde des 19. jahrhunderts auktion freitag, 22. september 2017 19th ...
 
Koller post war & contemporary auktion
Koller post war & contemporary auktionKoller post war & contemporary auktion
Koller post war & contemporary auktion
 

Ähnlich wie Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019

Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021
Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021
Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021Koller Auctions
 
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two catalogues
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two cataloguesKoller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two catalogues
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two cataloguesKoller Auctions
 
Old Master Paintings Auction 23 September 2022
Old Master Paintings Auction 23 September 2022Old Master Paintings Auction 23 September 2022
Old Master Paintings Auction 23 September 2022Koller Auctions
 
Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021
Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021
Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021Koller Auctions
 
Gemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old Masters
Gemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old MastersGemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old Masters
Gemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old MastersKoller Auctions
 
Koller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master Drawings
Koller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master DrawingsKoller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master Drawings
Koller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master DrawingsKoller Auctions
 
Koller Post War & Contemporary Art Auction
Koller Post War & Contemporary Art AuctionKoller Post War & Contemporary Art Auction
Koller Post War & Contemporary Art AuctionKoller Auctions
 
Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2
Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2
Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2Koller Auctions
 
Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016
Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016
Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016Koller Auctions
 
Koller autographen & manuskripte auktion
Koller autographen & manuskripte auktionKoller autographen & manuskripte auktion
Koller autographen & manuskripte auktionKoller Auctions
 
Koller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 Uhr
Koller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 UhrKoller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 Uhr
Koller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 UhrKoller Auctions
 
IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021
IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021
IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021Koller Auctions
 
Cartina Turistica città di Alba
Cartina Turistica città di AlbaCartina Turistica città di Alba
Cartina Turistica città di AlbaTurismo Langa
 
Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,
Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,
Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,Koller Auctions
 
Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017
Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017
Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017Koller Auctions
 
Koller Zeichnungen des 15. 20. Jahrhunderts 25. September 2020
Koller Zeichnungen des 15.  20. Jahrhunderts 25. September 2020Koller Zeichnungen des 15.  20. Jahrhunderts 25. September 2020
Koller Zeichnungen des 15. 20. Jahrhunderts 25. September 2020Koller Auctions
 
Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011
Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011
Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011Cext
 

Ähnlich wie Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019 (18)

Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021
Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021
Koller Gemälde Alter Meister Sep 2021
 
Göttin, Sünderin, Femme fatale: Brescia zeigt „Frauen in der Kunst“
Göttin, Sünderin, Femme fatale: Brescia zeigt „Frauen in der Kunst“Göttin, Sünderin, Femme fatale: Brescia zeigt „Frauen in der Kunst“
Göttin, Sünderin, Femme fatale: Brescia zeigt „Frauen in der Kunst“
 
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two catalogues
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two cataloguesKoller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two catalogues
Koller mobel, pendulen, tapisserien, skulpturen und Part 1 of two catalogues
 
Old Master Paintings Auction 23 September 2022
Old Master Paintings Auction 23 September 2022Old Master Paintings Auction 23 September 2022
Old Master Paintings Auction 23 September 2022
 
Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021
Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021
Koller Sammlung von Elfenbeinobjekten Auction 30 September 2021
 
Gemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old Masters
Gemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old MastersGemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old Masters
Gemalde Alter Meister Auktion freitag, 22. september 2017 - Old Masters
 
Koller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master Drawings
Koller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master DrawingsKoller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master Drawings
Koller Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Old master Drawings
 
Koller Post War & Contemporary Art Auction
Koller Post War & Contemporary Art AuctionKoller Post War & Contemporary Art Auction
Koller Post War & Contemporary Art Auction
 
Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2
Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2
Koller Mobel, Pendulen, Tapisserien, Skulpturen und Dekorative Kunst part 2
 
Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016
Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016
Koller Post War & Contemporary Art Auction 3. Dezember 2016
 
Koller autographen & manuskripte auktion
Koller autographen & manuskripte auktionKoller autographen & manuskripte auktion
Koller autographen & manuskripte auktion
 
Koller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 Uhr
Koller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 UhrKoller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 Uhr
Koller Photographie Auktion 4. Dezember 2018, 16.00 Uhr
 
IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021
IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021
IMPRESSIONISMUS & MODERNE 2 Juli 2021
 
Cartina Turistica città di Alba
Cartina Turistica città di AlbaCartina Turistica città di Alba
Cartina Turistica città di Alba
 
Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,
Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,
Koller Post War & Contemporary Art Auktion 8. Dezember 2018,
 
Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017
Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017
Koller Gemalde Des 19. Jahrhunderts 2017
 
Koller Zeichnungen des 15. 20. Jahrhunderts 25. September 2020
Koller Zeichnungen des 15.  20. Jahrhunderts 25. September 2020Koller Zeichnungen des 15.  20. Jahrhunderts 25. September 2020
Koller Zeichnungen des 15. 20. Jahrhunderts 25. September 2020
 
Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011
Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011
Programa cultural español en Alemania del 7 al 17 de Febrero de 2011
 

Mehr von Koller Auctions

Japan, Südostasien, Indien und islamische Kunst
Japan, Südostasien, Indien und islamische KunstJapan, Südostasien, Indien und islamische Kunst
Japan, Südostasien, Indien und islamische KunstKoller Auctions
 
19th Century Paintings Auction 23 September 2022
19th Century Paintings Auction 23 September 202219th Century Paintings Auction 23 September 2022
19th Century Paintings Auction 23 September 2022Koller Auctions
 
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022Koller Auctions
 
Alte Graphik Auction 23 September 2022
Alte Graphik Auction 23 September 2022Alte Graphik Auction 23 September 2022
Alte Graphik Auction 23 September 2022Koller Auctions
 
Teppiche Auction 22 September 2022
Teppiche Auction 22 September 2022Teppiche Auction 22 September 2022
Teppiche Auction 22 September 2022Koller Auctions
 
Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022
Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022
Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022Koller Auctions
 
BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022
BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022
BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022Koller Auctions
 
Koller Dekorative Graphik Sep 2021
Koller Dekorative Graphik Sep 2021Koller Dekorative Graphik Sep 2021
Koller Dekorative Graphik Sep 2021Koller Auctions
 
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021Koller Auctions
 
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021Koller Auctions
 
Koller Antike Waffen 30 Sep 2021
Koller Antike Waffen 30 Sep 2021Koller Antike Waffen 30 Sep 2021
Koller Antike Waffen 30 Sep 2021Koller Auctions
 
Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021
Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021
Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021Koller Auctions
 
Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021
Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021
Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021Koller Auctions
 

Mehr von Koller Auctions (20)

Himalaya und China
Himalaya und ChinaHimalaya und China
Himalaya und China
 
Japan, Südostasien, Indien und islamische Kunst
Japan, Südostasien, Indien und islamische KunstJapan, Südostasien, Indien und islamische Kunst
Japan, Südostasien, Indien und islamische Kunst
 
PostWar & Contemporary
PostWar & ContemporaryPostWar & Contemporary
PostWar & Contemporary
 
Impressionismus & Moderne
Impressionismus & ModerneImpressionismus & Moderne
Impressionismus & Moderne
 
Grafik & Multiples
Grafik & MultiplesGrafik & Multiples
Grafik & Multiples
 
Schweizer Kuns
Schweizer KunsSchweizer Kuns
Schweizer Kuns
 
19th Century Paintings Auction 23 September 2022
19th Century Paintings Auction 23 September 202219th Century Paintings Auction 23 September 2022
19th Century Paintings Auction 23 September 2022
 
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Auktion 23 September 2022
 
Alte Graphik Auction 23 September 2022
Alte Graphik Auction 23 September 2022Alte Graphik Auction 23 September 2022
Alte Graphik Auction 23 September 2022
 
Teppiche Auction 22 September 2022
Teppiche Auction 22 September 2022Teppiche Auction 22 September 2022
Teppiche Auction 22 September 2022
 
Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022
Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022
Koller Decorative Arts Auction 22 September 2022
 
BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022
BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022
BÜCHER & AUTOGRAPHEN Auction 21 September 2022
 
Koller view 3/ 21 English
Koller view 3/ 21 EnglishKoller view 3/ 21 English
Koller view 3/ 21 English
 
Koller view 3/ 21 German
Koller view 3/ 21 GermanKoller view 3/ 21 German
Koller view 3/ 21 German
 
Koller Dekorative Graphik Sep 2021
Koller Dekorative Graphik Sep 2021Koller Dekorative Graphik Sep 2021
Koller Dekorative Graphik Sep 2021
 
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021
Zeichnungen des 15. – 20. Jahrhunderts Sep 2021
 
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021
Koller Gemälde des 19. Jahrhunderts Sep 2021
 
Koller Antike Waffen 30 Sep 2021
Koller Antike Waffen 30 Sep 2021Koller Antike Waffen 30 Sep 2021
Koller Antike Waffen 30 Sep 2021
 
Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021
Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021
Koller Decorative Arts Auktion 30 Sep 2021
 
Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021
Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021
Koller Auktion Teppiche - Carpet Auction 30 September 2021
 

Koller Gemalde Alter Meister Auktion Freitag, 27. September 2019

  • 1. Auktion: 27. September 2019 GEMÄLDE ALTER MEISTER
  • 2. ALTE GRAPHIK Freitag, 27.09.2019 10.00 Uhr Lot 3601 – 3649 ZEICHNUNGEN Freitag, 27.09.2019 11.00 Uhr Lot 3401 – 3502 GEMÄLDE ALTER MEISTER Freitag, 27.09.2019 14.00 Uhr Lot 3001 – 3094 GEMÄLDE DES 19. JH. Freitag, 27.09.2019 16.00 Uhr Lot 3201 – 3268 MÖBEL, PENDULEN, SKULPTUREN, MINIATUREN, SILBER, PORZELLAN Donnerstag,26.09.2019 10.00 Uhr Lot 1001 – 1200 MÖBEL, PENDULEN, SKULPTUREN, MINIATUREN, SILBER, PORZELLAN Donnerstag,26.09.2019 13.30 Uhr Lot 1201 –1375 TEPPICHE Donnerstag,26.09.2019 16.30 Uhr Lot 1601 – 1709 Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66 office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch A188/2 MÄRZ2019GEMÄLDEALTERMEISTERUNDDES19.JH.,ZEICHNUNGENUNDALTEGRAPHIK Auktion: 27. September 2019 GEMÄLDE ALTER MEISTER Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66  office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch Auktion: 26. September 2019 DecorAtive ArtS Decorativearts A190 / 1 SepTember2019 BÜCHER Dienstag, 24.09.2019 13.30 Uhr Lot 101 – 383 BUCHMALEREI & AUTOGRAPHEN Dienstag, 24.09.2019 16.30 Uhr Lot 501 – 602 SCHMUCK TEIL 1 Mittwoch, 25.09.2019 14.00 Uhr Lot 2001 – 2087 SCHMUCK TEIL 2 Mittwoch, 25.09.2019 15.00 Uhr Lot 2101 – 2272 Schweiz SEPTEMBER2019 AUKTION: 24. SEPTEMBER 2019 BÜCHER, BUCHMALEREI & AUTOGRAPHEN BÜCHER,BUCHMALEREI&AUTOGRAPHEN A190/3 A190 Koller Auktionen AG, Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz Tel +41 44 445 63 63, Fax +41 44 273 19 66 office@kollerauktionen.ch, www.kollerauktionen.ch SCHMUCK&JUWELENSEPTEMBER2019 Auktion: 25. September 2019 SCHMUCK & JUWELEN AUKTIONSPROGRAMM AUKTION A190 - SEPTEMBER 2019 Hardturmstrasse 102, 8031 Zürich, Schweiz VORBESICHTIGUNG Donnerstag, 19. September 2019, 10 – 21 Uhr Freitag, 20. September - Montag, 23. September, 10 – 18 Uhr
  • 3. Gemälde Alter Meister Lot 3001 – 3096 Auktion Freitag, 27. September 2019, 14.00 Uhr Vorbesichtigung Donnerstag, 19. September 2019, 10 – 21 Uhr Freitag, 20. September - Montag, 23. September 2019, 10 – 18 Uhr English descriptions and additional photos: www.kollerauctions.com Stéphanie Egli Tel. +41 44 445 63 32 egli@kollerauktionen.ch Karoline Weser Head of Department Tel. +41 44 445 63 35 weser@kollerauktionen.ch Sabrina Hagel Tel. +41 44 445 63 31 hagel@kollerauktionen.ch Hannah Wepler Tel. +41 44 445 63 62 wepler@kollerauktionen.ch
  • 4. Gemälde Alter Meister | 2 3001* GIOVANNI FRANCESCO DA RIMINI (Rimini um 1420–1470 Bologna) Christus als Schmerzensmann. Tempera auf Holz. 14,3 × 11 cm. Provenienz: Europäischer Privatbesitz. Vorliegende kleine, der Kunstgeschichte bisher vorenthaltene Tafel kann hier erstmals einer kurzen kunsthistorischen Analyse unterzogen werden. Die geringen Dimensionen der Tafel und das Bildthema – das Abbild des geopferten Leib Christi im Sarkophag stehend – lassen vermuten, dass es ehemals als sogenanntes „Pace“ gedient hatte, das während der Messe zum Kuss gereicht wurde. Das hier unver- kennbar zutage tretende, von der italienischen Plastik der Frührenaissance angeregte Figuren- verständnis lässt sich mit den künstlerischen Vorgängen im Padua der 1440er-Jahre um Francesco Squarcione (um 1395–um 1468), in Verbindung bringen. Ebenso muss der Künstler auch die Vorgänge in Rimini gekannt haben. Der Stil unseres Bildes mit seinen Anleihen an die italienische Plastik verbindet sich mit dem aus Rimini stammenden Maler Giovanni Francesco da Rimini, der seit 1441 in Padua nachgewiesen ist, wo sich seine Wege nachweislich mit Squar- cione gekreuzt hatten. An diesem Kreuzweg der frühen Florentiner Renaissance um Paolo Uccello (1397–1475), Donatello (1386–1466) und Filippo Lippi (1406–1469) und der venezia- nischen Malerei um Jacopo Bellini (1396–1470) und Michele Giambono (1400–1462) muss sich auch unser Meister, Giovanni Francesco da Rimini künstlerisch weiterentwickelt haben. Je- denfalls bezeugt vorliegender Christus patiens die Kenntnis der künstlerischen Vorgänge in Pa- dua, namentlich Donatellos Schmerzensmann in der Basilika di S. Antonio in Padua (1446/47), gleich wie er auch die archäologisch ausgerich- tete Malerei um Squarcione, Andrea Mantegna (1431–1506) und Bono da Ferrara (tätig um 1441–1461) in der Ovetari Kapelle in der Eremit- ani Kirche in Padua in sein Werk einfliessen liess. Dies trifft für unseren Christus zu, dessen Haar- tracht mit den harten Stilisierungen der Locken auf die antikisierende Bildhauerei zurückweist, die auch in die Werke des Mantegna und seiner Weggefährten eingeflossen war. Unsere Tafel ist vergleichbar mit Giovanni Francesco da Riminis Geburt Christi in der Sammlung des Musée du Petit Palais in Avignon (Inv. Nr. MI526), wo wir einen Joseph vorfinden, dessen Gesichtsbildung und Expressivität eine enge Verwandtschaft zu unserem Christus er- kennen lässt. Dieses Bild wird mit Giovanni Fran- cescos früher Bologneser Aktivität (1459–1469) in Zusammenhang gebracht. Die Entstehung dieser Tafel darf jedoch etwas früher, um 1450, datiert werden und ist folglich in Padua zu veror- ten, was auch für Giovanni Francesco da Riminis Tafel mit der Kreuzigung in der Pinacoteca Nazionale in Ferrara zutrifft (Inv. Nr. 412). Dieses Gemälde, das zu Recht in die Paduaner Jahre zwischen 1445 und 1450 angesetzt wird, zeigt einen Christus, dessen Gesicht nach demsel- ben Muster zugeschnitten ist, wie das unseres Schmerzensmanns. Folglich dürfte auch unsere Pietà um 1450 entstanden sein und stellt einen wertvollen Neuzugang im Werkkatalog des Giovanni Francesco da Rimini dar. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag. CHF 8 000 / 12 000 (€ 7 270 / 10 910)
  • 5. | 3
  • 6. | 4 Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung 3002 NICCOLÒ DA VOLTRI (UMKREIS) (vor 1370 Genua 1417) Madonna mit Kind mit den Heiligen Petrus, Pau- lus, Johannes d. Täufer und Antonius Abbas. Tempera und Goldgrund auf Holz. 46,4 × 33,4 cm. Provenienz: - Sammlung Shiff, Paris (verso Etikett). - Auktion Drouot, Paris, Sammlung Shiff, 4.4.1905, als Ugolino da Siena zugeschrieben (verso Etikett). - Sammlung Dr. Thibault, Paris. - Kunsthandel Heim-Gairac, Paris, 1962. - Kunsthandel Herner Wengraf, London. - Kunsthandel Frederick Mont, New York, 1974. - Auktion Sotheby‘s, London, 1.11.1978, Los 1. - Galerie Piero Corsini, New York, 9.1.1984 (als Barnaba da Modena). - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Ausstellung: Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984 (als Barnaba da Modena). Literatur: - Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S. 1–19, Abb. 2 (als Barnaba da Modena). - Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in Liguria. Il Quattrocento, Genua 1991, S. 53–55 und 97, Anm. 66, Abb. 47. - Giuliana Algeri / Anna De Floriani: La Pittura in Liguria. Il Medioevo, secoli XII-XIV, Genua 2011, S. 216 und 222, Abb. 10. Vorliegende Tafel zeigt die thronende Madonna mit dem sich an ihrer Brust stillenden Jesuskind. Zeugen dieses stillen Geschehens sind vier um den Thron gescharte Heilige: Petrus, Paulus, Johannes der Täufer und der Heilige Antonius Abbas. Zwei Engel halten den goldgewirkten Thronbehang empor und verleihen der Szene zusätzlich eine prunkvolle und festliche Atmo- sphäre. Diese anmutige Tafel wurde einst durch Piero Corsini als eigenhändiges Werk des Barnaba da Modena (um 1328–um 1386) gepriesen. Eine Zuschreibung, die sich aus heutiger Sicht jedoch nicht länger aufrecht halten lässt. Zwar liegt dem Bild stilistisch unverkennbar das Formen- repertoire des Barnaba da Modena zugrunde, insbesondere dessen Archaismen, wie die mit goldenen neo-hellenistischen Chrysiographien besetzten Gewänder und Mäntel der Ma- donna sowie die Figurentypik. Jedoch stehen die insgesamt schlankeren Figuren sowie die etwas graphisch aufgefassten, leicht knöchern wirkenden Gesichter in Gegensatz zu jenen der Gemälde von Barnaba da Modena, die eine andere Körperlichkeit erkennen lassen. Wie Giuliana Algeri richtig festgestellt hat, lässt unser Maler auch klare Bezüge zur sienesischen Malerei erkennen (siehe Algeri 1991 und 2011). Dies verwundert kaum, wenn wir uns den hyb- riden Charakter der spättrecentesken Malerei in Ligurien vor Augen halten, wo vorliegendes Bild offenkundig entstanden sein muss. In der Tat wurde die Malerei Liguriens, zunächst durch Barnaba da Modena geprägt, der sich dort seit circa 1360 für fast drei Jahrzehnte als höchst gefragter Maler etablierte (siehe Algeri 2011). Seine Vormachtstellung wurde im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhundert vom Sienesen Taddeo di Bartolo (um 1362–1422) durchbrochen, der ab circa 1390 wiederholt in Ligurien in Erscheinung tritt. Zu dieser Zeit gab auch der florentinische Maler Francesco di Michele (früher bekannt als Meister von Ponte a Mensola, tätig Ende 14. / Anfang 15. Jahrhun- dert) in Genua ein kurzes Gastspiel. Im Lichte dieser multikulturellen Situation der ligurischen Kunstproduktion muss auch vorliegende Tafel betrachtet werden. Wie erwähnt, ist diese aus dem künstlerischen Substrat des Barnaba da Modena hervorgegangen. Gleichzeitig jedoch weist es in der Komposition florentinische Bildideen auf und rezipiert solche des Taddeo di Bartolo: So entspricht der Bildaufbau der thro- nenden Madonna hinter einem von zwei Engel emporgehaltenen Throntuch den Bildideen wie sie in Florenz im Umfeld der Brüder Cione (tätig im 14. Jahrhundert) und anderen gängig waren (vgl. die an Cenni di Francesco di ser Cenni (tätig um 1369–1415) zugeschriebene Tafel, die am 21.7.1971 bei Sotheby‘s London als Los 106 veräussert wurde). Doch sind auch Bildideen Taddeo di Bartolos deutlich lesbar, wie man sie etwa von der Interpretation der Madonna dell‘ Umiltà in der Sammlung Crespi in Mailand kennt. Folglich erweist sich das vorliegende Tafelbild in seinem hybriden Charakter als typisches Bei- spiel der spättrecentesken Malerei in Ligurien, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts von Niccolò da Voltri bestimmt wird. Es erscheint als Prélude zu seiner Kunst und dürfte im letzten Jahrzehnt um 1390 und 1395 entstanden sein. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag. CHF 30 000 / 50 000 (€ 27 270 / 45 450)
  • 7.
  • 8. | 6 Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung 3003 BERNARDINO LANINO (Mortara 1512–1578 Vercelli) Heiliger Hieronymus. Öl auf Holz. 32 × 17,6 cm. Provenienz: Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Das elegante Gemälde mit dem als Denker dargestellten Kirchenvater und Bibelexegeten Hieronymus ist ein charakteristisches Gemälde des Bernardino Lanino. Der auf Gaudenzio Ferraris (um 1477/1478–1546) Typenrepertoire fussende bärtige Heilige mit seinem aufwärts gerichteten Blick erscheint wiederholt in ähnlicher Form im Werk Laninos. So etwa beim Heiligen Nikodemus des auf 1545 datierten Ge- mäldes mit der Beweinung Christi in der Galleria Sabauda oder dem Bärtigen am linken Bildrand der beiden Versionen des Letzten Abendmahls in San Nazaro in Mailand und im Santuario della Madonna in Oropa. Letzteres ist vermutlich mit Werkstattbeteiligung entstanden. Im Vergleich zu Laninos späteren Gemälden, erscheint uns der Heilige etwas freier und summarischer aus- geführt. Ähnliches kann für Laninos Frühwerk festgestellt werden, wie zum Beispiel für die um 1540 freskierten Lünetten über den Portalen der Kirche San Sebastiano in Biella. Die hier erkennbare engere Beziehung zur Kunst Gaudenzio Ferraris, mit dem er von 1530 bis zu dessen Übersiedlung nach Mailand zusam- menwirkte, um nach dessen Tod auch in der lombardischen Metropole sein künstlerisches Erbe zu übernehmen, lässt vermuten, dass das Werk in einer frühen Schaffensphase des Künstlers entstanden ist. Aufgrund der oben genannten Stilbezüge unserer Tafel zu Laninos frühen Fresken in Biella von circa 1540 und zum erwähnten datierten Gemälde in der Galleria Sabauda (1545) spricht einiges für eine Ent­ stehungszeit um 1540–1545. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag. CHF 12 000 / 18 000 (€ 10 910 / 16 360) 3003
  • 9. | 7 3004 FIORENZO DI LORENZO (WERKSTATT) (1440 Perugia 1522) Madonna mit Kind. Tempera und Goldgrund auf Holz. 24,7 × 19,3 cm. Provenienz: - Kunsthandel Galerie Pietro Accorsi, Turin, 1964. - Sammlung Piero Corsini, Lugano, 1983 (verso Etikett). - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Das Gemälde auf Goldgrund mit der Madonna, die ihr Kind im Beisein eines heiligen Mönchs (Benedikt?) auf einer Balustrade präsentiert, ist künstlerisch in Perugia zu verorten. Derartige Bilder zur privaten Andacht waren in Perugia im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts sehr gefragt. Ähnliche Bildkonzepte entwickelten in Perugia Künstler wie Fiorenzo di Lorenzo und Pinturicchio (um 1452–1513). Deren Bildentwürfe aufgreifend, dürfte sich der Maler vorliegender Tafel in deren Umkreis bewegt haben. Der etwas kantige Stil, wie er im Gesicht des betenden Heiligen zu erkennen ist, lässt auf die Autorschaft Fiorenzo di Lorenzos schlies- sen, der an der Freskierung der Cappella Basso della Rovere in Santa Maria del Popolo in Rom mitgewirkt hatte. Um diesen Künstler hatte Filippo Todini unter dem Namen Maestro della Cappella Basso della Rovere einen Werkkatalog zusammengestellt (Filippo Todini: La Pittura Umbra. Dal Duecento al primo Cinquecento, Mailand 1989, S. 111). Vorliegende Tafel dürfte in den letzten beiden Jahrzehnten des 15. Jahr- hunderts entstanden sein. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag. CHF 15 000 / 20 000 (€ 13 640 / 18 180) 3004
  • 10. | 8 Gemälde Alter Meister 3005 MÄRKISCHE SCHULE, 1. HÄLFTE DES 15. JAHRHUNDERTS Kreuzigungsszene. Tempera und Goldgrund auf Holz. 42 × 30,2 cm. Provenienz: Schweizer Privatsammlung. Das bislang unveröffentlicht gebliebene ein- drückliche Tafelbild mit der Darstellung eines spezifischen Moments des Leidens Christi am Kreuz, welches kürzlich in einer Schweizer Privatsammlung entdeckt wurde, ist ein be- deutendes Beispiel der hochgotischen Malerei Italiens der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Visualisiert ist dabei nicht primär der Tod Christi am Kreuz, ins Zentrum gerückt ist vielmehr jener Moment als Christus mit geöffneten Augen, kurz vor dem letzten Atemzug seinen Lieblingsjünger Johannes seiner Mutter als Sohn anempfiehlt, und dieser so in die göttliche Familie aufgenommen wird. Dieser Idee wurde im 14. Jahrhundert in der dominikanischen Mystik eine besondere Rolle zugewiesen und ist im Bild durch eine Inschrift nach Johannes 19,27 bekräftigt, welche die letzten Worte Christi am Kreuz wiedergibt: „mulier, ecce filius tuus, (ecce mater tua )“ (Weib, siehe hier: Dein Sohn und Du, sieh hier Deine Mutter). Diese Bildidee wird subtil in Szene gesetzt, indem die Mutter Gottes den vor ihr nieder- geknieten, weinenden Johannes bei der Hand nimmt und schützend ihren Mantel um ihn hält. Zeuge dieses emotionalen Geschehens ist der Heilige Franziskus von Assisi. Ans Kreuz geeilt und dieses umfassend, erweist er seine Verehrung. Diese, in ihrer ikonographischen Besonder- heit hervorzuhebende Tafel, ist ein typisches Beispiel der hybriden hochgotischen Bildwelt der märkischen Malerei des früheren 15. Jahr- hunderts. Die Zuweisung an einen bestimmten Maler erweist sich als komplex, da sich hier die verschiedensten Strömungen der nordit- alienischen Malerei der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit Elementen der zentralitalieni- schen Kunst vereinen. Vieles deutet darauf hin, dass das Bild im Bereich der Marken, vermutlich in der Region von Fabriano oder San Severino entstanden ist. In diesen Regionen bildete sich im 15. Jahrhundert eine Bildwelt, die den verspielten hochgotischen Stil Norditaliens, der Lombardei, der Visconti und des Veneto einerseits und die Eleganz der klassischen, plas- tischeren Formenwelt der Toskana andererseits zur Synthese verband. Der uns interessierende Künstler hat dekorative Elemente der lombardischen Malerei aufge- griffen – etwa der mit dem Stichel eingeritzten Ranken übersäte Goldgrund – wie sie im Veneto durch Stefano da Verona (1374–1450) und Gentile da Fabriano (um 1370/1385–1427) vor- gebildet waren. Aber auch gewisse Gesichtsty- pen, wie etwa das Profil des Franziskus, sind dem Formenrepertoire des Gentile da Fabriano entsprungen. So lässt sich Franziskus mit dem Profil von Gentile da Fabrianos Petrus Martyre des Marienkrönungs-Altars aus Valle Romita (Mailand Brera) vergleichen oder mit Interpreta- tionen dieses Typus, wie sie im Werk des Vene- zianers Niccolò di Pietro (tätig um 1368–1415) zu greifen sind. Die Emotionalität in den Gesichtern des wei- nenden Johannes und der Madonna erinnern an das Werk der Brüder Lorenzo und Jacopo Salimbeni (um 1374–nach 1420) aus San Severino. Das Atmosphärische in unserem Bild, wie das mystisch gleissende Licht in einer sonst dunklen Bildwelt, weist eindeutig ins Milieu des Gentile da Fabriano, der eines der schönsten derartigen Beispiele schuf (Franziskus empfängt die Stigmata, San Mamiliano del Traversetolo, Fondazione Magnani Rocca). Die klare Observanz von Gentile da Fabria- nos Kunst zeigt sich jedoch nicht allein in der erwähnten atmosphärischen Lichtregie, die sich über die Landschaft hinaus auch auf die Figuren und deren Draperien ausweitet (vgl. die Mäntel der Madonna und den Habitus des Franziskus). Sie spiegelt sich darüber hinaus auch in der Gestaltung der felsigen Landschaft und der reichen Blütenwiesen, deren einzelne Pflanzen durch den Lichteinfall wie goldene Irrlichter glänzen. Ähnliches ist auch in der Kunst des in den Marken tätigen Jacobello del Fiore (tätig um 1400–1439), etwa in seinen Szenen aus der Legende der Heiligen Lucia, Fermo Pinacoteca Comunale, zu erkennen. Der Figurenstil unseres Malers allerdings zeigt eine Basis, die im Werk der Salimbeni angelegt zu sein scheint, sich aber später dem anonymen, nach seinem Bild für Sant’Egidio in Staffolo benannten Maestro di Staffolo (tätig um 1425–1475) angleicht. Wie für Letzteren, war auch für unseren Maler das Werk Gentile da Fabrianos und dessen venezianische Interpreten das Mass der Dinge. Man mag sich fragen, ob sich hinter vorliegendem Tafelbild nicht eine unbekannte (eventuell frühe) Phase des Meisters von Staffolo verbergen könnte. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag. CHF 40 000 / 60 000 (€ 36 360 / 54 550)
  • 11.
  • 12. | 10 Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung 3006 CRISTOForO DI BINDOCCIO UND MEO DI PERO (tätig in Siena um 1350–1407) Thronende Madonna mit Kind im Beisein von Johannes d. Täufer, Petrus, Paulus und Maria Magdalena sowie Schmerzensmann im Giebel. Um 1380–90. Tempera und Goldgrund auf Holz. 52,4 × 22,5 cm. Provenienz: - Sammlung James S. Harlan (verso Etikett). - wohl Auktion Christie‘s, New York, 1978. - Auktion Sotheby Parke Bernet, New York, 9.1.1980, Los 21. - Privatsammlung Saint Louis (Missouri), 1982. - Galerie Antichità Scardeoni, Mendrisio/Luga- no, 1982. - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Ausstellung: Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984 (als Paolo di Giovanni Fei). Literatur: - Serena Padovani: Sulla traccia di Cristoforo di Bindoccio e Meo di Pero, in: Bolletino d‘arte, Bd. XV, 1982, S. 55–98. - Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S. 1–19, Abb. 4 (als Paolo di Giovanni Fei). - Serena Padovani: Un aggiornamento del Cata- logo di Cristoforo di Bindoccio e Meo di Pero, in: Opere e Giorni. Studi su mille anni d’ arte europea dedicati a Max Seidel, Venedig 2001, S. 223–230, Abb. 10. Vorliegende Tafel mit einer Maestà ist das zentrale Element eines kleinen Triptychons zur Privatandacht. Anlässlich ihrer Verstei- gerung in New York (1980), wurde die Tafel dem anonymen, nach seiner Altartafel in San Leolino in Panzano benannten, sienesischen Maler aus dem Umfeld des Luca di Tommè (um 1330–1389) zugewiesen. Alsbald wurde die Zuschreibung an den Meister von Panzano (tätig im 14. Jahrhundert) von Serena Padovani mit Recht verworfen, die es dem unter den Namen Cristoforo di Bindoccio und Meo di Pero signierenden sienesischen Malergespann zuwies (Padovani 1982). Wohl in Unkenntnis der überzeugenden Zuschreibungsthese Serena Padovanis von 1982, wurde das Bild – nun im Besitz von Bruno Scardeoni – nur zwei Jahre später anlässlich einer Ausstellung in Mendrisio (Tessin) als ein Werk des sienesischen Malers Paolo di Giovanni Fei (1345–1411) verstanden. Serena Padovani hat jüngst die Autorschaft Cristoforo di Bindoccios und Meo di Peros, die diesem Katalogeintrag zugrunde liegt, erneut bestätigt (Padovani 2001). Die chronologischen Eckpfeiler der beiden Künstler sind die gemeinsam signierten Freskenzyklen in der Cappella del Manto im Ospedale Santa Maria della Scala in Siena („Hoc opus pinserunt Cristofanus magistri Bindocci et Meus Peri de Senis M.CCC.LXX“) und der Zyklus mit dem Marienleben in der Apsis der Kirche S. Maria in Campagnatico. Dort kamen durch eine Restaurierung in den Jahren 1979 und 1980 die Künstlersignatur und das Entstehungsjahr 1393 zum Vorschein („Questa chappella di Sca Maria fecer dipegnare / e loperari nomati cioè Giaco- mo Vannucci / e Fruosino Donati maestri cioè Cristofano del maestro Bindocio / e Meio di Pero dipentori / da Siena e‘ q[u]ali Dio guardi / dogni cosa ria / e lanni domini / M.O.C.C.C. LXXXXIII / al tempo di ...“). Vorliegende Tafel lässt sich, ebenso wie ein sehr ähnliches Exemplar in der Städelschen Kunst- sammlung in Frankfurt am Main (Inv. Nr. 996A) und ein weiteres in einer Prateser Privatsamm- lung (Padovani 1982, 2001), am ehesten in der späten Schaffensphase der Maler um circa 1380–1400 ansiedeln. In dieser Zeit orientier- ten sie sich an den glanzvollen spätgotischen Flügelaltärchen des Paolo di Giovanni Fei. In der Folge lösten sie sich also zugunsten einer hoch- gotischen Formensprache von ihren früheren, etwas schwerfällig erscheinenden Interpreta- tionen der Gemälde von Pietro Lorenzetti (um 1280–1348) und seinen Nachfolgern Niccolò di Ser Sozzo (tätig um 1334–1363), Biagio di Goro Ghezzi (1325–1384) und Luca di Tommè (tätig um 1355–1389). Wer im Einzelnen für die Ausführung der gemeinsam signierten Gemälde verantwortlich war, ist nicht klar. Doch wird vermutet, dass Cristoforo di Bindoccio innerhalb dieses Maler- gespanns die treibende Kraft war, während Meo di Pero vermutlich mehr für die ökonomischen Aspekte des Malerunternehmens zuständig gewesen ist. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für diesen Katalogeintrag. CHF 40 000 / 60 000 (€ 36 360 / 54 550)
  • 13.
  • 14. | 12 Gemälde Alter Meister 3007 PEDRO FERNÁNDEZ DE MURCIA (WERKSTATT) (tätig um 1489–1523) Die Kreuztragung Christi. Öltempera auf Leinwand auf Holz. 115,8 × 83,5 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Dieses bisher unveröffentlichte Gemälde mit der Kreuztragung gewährt Einblick in ein faszi- nierendes Kapitel der iberischen Renaissance Malerei des frühen 16. Jahrhunderts. Die gros- sen durch das Dreigestirn Leonardo (1452– 1519), Raphael (1483–1520) und Michelangelo (1475–1564) hervorgebrachten künstlerischen Neuerungen der italienischen Hochrenaissance sowie die politischen Gegebenheiten in Italien begünstigten und motivierten iberische Maler gegen Ende des 15. Jahrhunderts nach Italien zu reisen, um sich dort künstlerisch weiter- zuentwickeln. Dies geschah zunächst in der Lombardei in unmittelbarer Nähe zu Leonardo da Vinci, der damals (1482–1499) am Sforzahof in Mailand wirkte und nach seiner temporären Rückkehr nach Florenz (1500–1506) dort – jetzt unter französischer Herrschaft – erneut tätig wurde. Zu den iberischen, nach Italien eingewanderten Malern, deren Wege sich mit Leonardo gekreuzt haben müssen, gehörten Fernando Llanos (tätig um 1506–1516) und Fer- nando Yanez (um 1475–1536), Alfonso Berru- guette (um 1488–1561) und Pedro Fernández. Während Fernando Yanez und Fernando Llanos Leonardo wohl von Mailand aus nach Florenz begleiteten, wo sie den Florentiner an der Arbeit für die Anghari Schlacht unterstützten, um nach dessen Rückkehr nach Mailand wieder in die spanische Heimat zurückzukehren, führten Pe- dro Fernández‘ Wege von Mailand nach Neapel und Rom, wo er bis in das zweite Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts wirkte. Im Zusammenhang mit unserer Tafel hat uns Pedro Fernández zu interessieren, dessen künstlerische Formation zunächst eng an die künstlerischen Vorgänge in der Mailänder Metropole gebunden war, die damals von Leonardo da Vinci, Zenale (um 1460–1526) und Bramantino (um 1456–um 1530) geprägt waren. Nicht zufällig wurde unser Maler vor seiner biographischen Identifizierung als Pedro Fernández von der Kunstgeschichte unter dem Notnamen Pseudo-Bramantino ge- führt. Im Laufe des zweiten Jahrzehnts des 16. Jahrunderts dürfte der Spanier wieder in seine Heimat zurückgekehrt sein, wo er 1521 den der Heiligen Elena geweihten Hochaltar für die Kathedrale von Girona schuf. Es ist eben dieser Altar, zu dem vorliegende Tafel die deutlichsten Stilbezüge erkennen lässt. Die Figuren mit ihren leicht karikierten, an Leonardos Charakterstu- dien gemahnenden Gesichtszügen erscheinen eng verbunden mit dem Typenrepertoire des Pedro Fernández, in dessen Werkstatt das Bild wohl gegen 1520 entstanden ist. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für die Unterstützung bei der Katalogisierung dieses Gemäldes. CHF 10 000 / 15 000 (€ 9 090 / 13 640) 3007
  • 15. | 13 Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung 3008 GIROLAMO DA BRESCIA (ZUGESCHRIEBEN) (um 1490 Florenz 1529) Der Heilige Antonius von Padua und der Heilige Nicolo da Tolentino. Tempera auf Holz. 123,5 × 42,2 cm. Provenienz: Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Literatur: - Lionello Puppi: Giovanni Buonconsiglio detto Marescalco, in: Rivista dell‘Istituto Nazionale d‘Archeologia e Storia dell‘Arte, Jg. XIII-XIV, 1964–1965, S. 358, Abb. 76–77 (als Giovanni Speranza ?). - Walter Angelelli, Andrea G. De Marchi: Pittura dal Duecento al primo Cinquecento nelle 30083008 fotografie di Girolamo Bombelli, Mailand 1991, S. 260, Kat. Nr. 549 (als Giovanni Speranza, cerchia di ?). - Mauro Natale: Alberto e Martino Piazza: prob- lemi aperti, in: I Piazza da Lodi. Una tradizione di pittori nel Cinquecento, Mailand 1989, S. 110, Anm. 11. - Francesco Frangi: Girolamo da Brescia, pittore carmelitano, in: Arte Cristiana, Jg. 82, 1994, S. 408–409, Anm. 31. CHF 24 000 / 34 000 (€ 21 820 / 30 910)
  • 16. | 14 3009 MEISTER VON MARRADI (vor 1470 Toskana 1513) Madonna mit Kind umgeben von Erzengeln. Um 1500. Tempera auf Holz. 67 × 44,5 cm. Gutachten: Prof. Aldo Bertini, 4.2.1975 (in Kopie vorhanden). Provenienz: - Auktion Frederik Muller Cie, Amsterdam, 1954. - Auktion Sotheby Parke Bernet, New York, 4.4.1973, Los 3. - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Ausstellung: Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, Museo d`arte Sacra, Mendrisio, 17.3.1984–17.6.1984. Literatur: - Ausst. Kat. Arte Sacra dal XIV al XVII Secolo, hrsg. von Silvano Colombo, Mendrisio 1984, S. 1–19, Abb. 6. - Everett Fahy: Some Followers of Domenico Ghirlandaio, New York 1976, S. 184. Das Gemälde ist in der Fotothek des Zeri Ar- chivs unter der Nummer 13634 verzeichnet. Das anmutige florentinische Tafelbild mit der auf einer Blütenwiese unter einem goldenen Baldachin sitzenden Madonna, die, von vier Engeln angebetet, dem Betrachter ihren Jesusknaben zeigt, ist ein charakteristisches Werk des anonymen Florentiner Malers, der nach seiner auf 1498 datierten Pala in der Badia Santa Reparata al Borgo in Marradi, Maestro di Marradi benannt wird. Bereits 1976 wurde das Gemälde von Everett Fahy überzeugend diesem florentinischen Renaissancemaler zugewiesen (Fahy 1976, S. 184). Die aufgegriffene Bildsprache, die einerseits mittelalterliche und frühe Quattrocento Malerei- motive wiederaufleben lässt, greift gleichzeitig figurale Stilelemente eines Domenico Ghirland- aios (1448–1494) und dem späten Filippo Lippi (um 1406–um 1469) auf. Weder die genaue Herkunft unseres Malers noch sein Kundenkreis ist genauer nachvollziehbar, doch kann davon ausgegangen werden, dass seine Auftragge- ber eher im Umkreis von Florenz zu verorten sind. Wenngleich der Meister hier, anders als in seinem datierten Tafelbild in Marradi, nicht auf den traditionellen Goldgrund zurückgreift, platziert er die Szene doch vor einem blauen, gold gepunkteten Sternenhimmel und somit an einen nicht weiter räumlich definierbaren Ort. Solche Ideen wurden in Florenz vom sogenann- ten Pseudo Pier Francesco Fiorentino (tätig um 1460–1499) vorgebildet und sind in weiteren Werken unseres Malers analog zu greifen. So etwa auf seiner vermutlich in denselben Jahren gemalten Anbetung des Kindes im Williams College Art Museum in Williamstown (Mass., vgl. Zeri Archiv Nr. 13672). Die Platzierung des Geschehens auf eine Blütenwiese, wo am vorderen Bildrand in An- spielung an die Epiphanie die drei Geschenke der Weisen aus dem Morgenland zu erkennen sind, entspricht der Ästhetik der hochgoti- schen Malerei des ersten Jahrzehnts des 15. Jahrhunderts. Trotz aller nostalgischen Rückgriffe auf die Malerei des Mittelalters – dazu gehören auch die mit Edelstein bestückten Goldnimben – ist das Bild in eine Zeit datierbar, in der in Florenz die Hauptwerke von Malern wie Leonardo da Vinci (1452–1519), Botticelli (1445–1510) und Ghir- landaio (1448–1494) bereits erschaffen waren oder sich im Prozess ihrer Entstehung befan- den. Zweifellos schliesst sich das zartbesaitete schmale Madonnengesicht von Ghirlandaiesker Deszendenz an das jener Gemälde an, die in die Zeit vor 1500 zu datieren sind, so auch an die namengebende Tafel in Marradi von 1498. Trotz aller hier zutage tretender retrospektiver Nostalgie, ist dem Maler mit der vorliegenden Tafel ein höchst anmutiges Bild verträumter Poesie gelungen. Wir danken Prof. Dr. Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei diesem Katalogeintrag. CHF 40 000 / 60 000 (€ 36 360 / 54 550) Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
  • 17.
  • 18. Gemälde Alter Meister | 16 3010* QUENTIN MASSYS (UMKREIS) (Löwen 1465/66–1530 Antwerpen) Beweinung Christi. Öl auf Holz. 93,5 × 77 cm. Provenienz: - Kunsthandel Gaston Müller, Brüssel. - Palais des Beaux-Arts, Brüssel, L‘ancienne collection André De Mot et divers, 12.10.1936, Los 162 (als Schule von Quentin Massys). - Europäischer Privatbesitz. CHF 8 000 / 10 000 (€ 7 270 / 9 090) 3010
  • 19. | 17 3011* TIROL, UM 1470/80 Anbetung des Kindes. Goldgrund und Öl auf Holz. 137,7 × 53 cm. Gutachten: Dr. Michaela Schedl, 18.6.2019. Provenienz: - Kunsthandel, Würzburg. - Dort erworben, seither in Familienbesitz über drei Generationen. Diese sehr gut erhaltene Tafel mit der Darstellung der Geburt Christi zeigt die kniende Maria in der Bildmitte, die ihre Hände in Brusthöhe so vor sich hält, als ob sie ihre Augen vor dem Licht schützen wolle, das von dem vor ihr liegenden Jesuskind ausgeht. Der nackte Gottessohn scheint über dem Boden zu schweben. Hinter Maria geht Joseph durch einen Eingang in einen hinteren Raum. In der Rechten hält er einen Holzstock, mit der Linken eine brennende Kerze. Durch die Türöffnung ist hinter einer Stadtmauer ein Turm zu sehen. Der Fensterausschnitt rechts von Maria gibt den Blick auf eine Landschaft frei. Dr. Michaela Schedl macht in ihrem ausführlichen Gutachten darauf aufmerksam, dass einzelne Elemente der dargestellten Geburt Christi ikonographisch mit der Weihnachtsvision der heiligen Birgitta von Schweden (1303–1373) in Verbindung zu bringen sind. So etwa das goldglänzende Haar der anbetenden Maria, das nackte Kind im Strahlenkranz sowie Joseph mit der Kerze (vgl. Die Offenbarungen der heiligen Birgitta von Schweden, ausgewählt und eingeleitet von Sven Stolpe, Frankfurt am Main 1961, S. 104–105). Dr. Schedl vermerkt ferner, dass zwei weitere Bildmotive unserer Darstellung, direkt oder indirekt, von dem gemal- ten Flügelretabel des niederländischen Malers Rogier van der Weyden (1399/1400–1464) angeregt zu sein schei- nen. Van der Weyden malte das Dreikönigsretabel, das einen großen Einfluss auf die Kunst im deutschsprachigen Raum ausübte, um 1455 für die Kirche St. Columba in Köln. Heute befindet es sich in München (Bayerische Staatsge- mäldesammlungen, Inv. Nr. WAF 1189). Ähnlichkeiten mit der hier offerierten Tafel finden sich etwa im Aufbau des Dachs mit seinen zwei Lücken in der Strohauflage sowie der rechten gestuften, ruinösen, gemauerten Wand, die in ein Bogenfenster übergeht. Ausserdem lugt der Stern Bethlehems jeweils über den Dachrand. Die plastisch gestalteten Nimben sind aus mehreren Tiroler Werken bekannt, beispielsweise vom Meister von Schloss Lichtenstein (tätig in Wien um 1440/1450, Geburt Christi, um 1445, Moskau, Puschkin-Museum). Ebenso spricht das auf wenige Farben reduzierte Kolorit mit den warmen Rot- und Brauntönen für eine Zuschreibung nach Österreich beziehungsweise Tirol. Ein ähnliches Kolorit findet sich beispielsweise auf einem Altarflügel mit der Darstellung der Enthauptung der heiligen Barbara, deren Entstehung in Tirol um 1510 vermutet wird (Tiroler Meis- ter (zugeschrieben), Kempten, Alpenländische Galerie). Dr. Schedl geht von einer Datierung um 1470/80 aus und vermutet, dass die Tafel einst als linke Flügelinnenseite eines Retabels fungierte. CHF 25 000 / 35 000 (€ 22 730 / 31 820) 3011
  • 20. Gemälde Alter Meister | 18 3012* MEISTER VON 1537 / FRANS VERBEECK (?) (vor 1530 Mechelen um 1570) Bildnis eines Narren. Um 1550. Öl auf Holz. 33,9 × 24,6 cm. Provenienz: - Kunsthandel Frieda Hintze und Kurt Rhode, Berlin, bis 1940 (als Quentin Massys). - Durch Erbschaft Sammlung Frieda Hintze, Berlin bis 2009. - Europäischer Privatbesitz (Leihgabe Musée départemental de Flandre, Cassel, Inv. Nr. D.2010.5.1), 2010. - Europäischer Privatbesitz. Ausstellung: Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500– 1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013, Nr. 68. Literatur: - Kenneth Craig: Proverb’s Progress: a Fool Looking Through His Fingers, in: The Great Emporium, The Low countries as a Cultural Crossroad in the Renaissance and the Eigh- teenth Century, Amsterdam 1992, S. 105–136, S. 109, Abb. 2. - Sandrine Vézilier (Hg.): Musée départemental de Flandre, Cassel, Catalogus van geselecte- erde Kunstwerken, Mailand 2010, Kat. Nr. 52, S. 164–166. - Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel 2013, Kat. Nr. 68, S. 230–233, Abb. A. Das hier angebotene Werk des Meisters von 1537 war ab 2010 als Leihgabe und als Blickfang der Sammlung im Musée départemental de Flandre in Cassel (Inv. Nr. D.2010.5) ausgestellt. Dieser zwischen 1520 und 1570 in Meche- len tätige Meister erhielt seinen Notnamen aufgrund einer 1537 datierten Tafel, welche die Heilige Familie darstellt (siehe Vézilier 2010, Abb. 52.4, S. 166). Dr. Jaco Rutgers hebt in einer wissenschaftlichen Untersuchung (vom 25. Juni 2019) hervor, dass der Meister von 1537 mit Frans Verbeeck identisch ist. Stilistisch ist der Meister nahe an Jan Sanders van Hemes- sen (1500–1566) und Pieter Coeck van Aelst (1502–1550) einzuordnen, wobei er einen sehr persönlichen Stil entwickelte, der sich durch überzeichnete Gesichtszüge seiner Figuren, übertriebene Posen und einzigartige Komposi- tionen auszeichnet, und seinen Kompositionen eine satirische Dimension hinzufügt. Eine zweite Version unseres Narren befindet sich in Privatbesitz (siehe Ausst. Kat. 2013, Kat. Nr. 68, Abb. B, S. 233) und eine weitere im Davis Museum and Cultural Center, Wellesley College (siehe Vézilier 2010, Abb. 52.3, S. 164). Aufgrund einiger unterschiedlicher Details in unserer Version galt sie wahrscheinlich für den Meister als Vorlage für einen Stich. Dabei handelt es sich möglicherweise um die 1550–60 entstandene Druckgraphik in der Bibliothek der Universität Leiden (Inv Nr. PK_P_20711_B_12). Die Figur des Narren ist in der flämischen Malerei des 16. Jahrhunderts beliebt und findet sich auch im Oeuvre von Quentin Massys (1466–1530) oder in Stichen von Lucas van Leyden (1494–1533). So erstaunt es nicht, dass unser Gemälde in der Sammlung Hintze als ein Werk von Quentin Massys galt. Die hier angebotene Darstellung ist allerdings insofern besonders originell und eine Seltenheit, als dass die Figur des Narren als Porträt vor einem schwarzen Hintergrund dargestellt ist und sich die gesamte Komposition auf die Mimik und die Gesichtszüge des Narren konzentriert. Besonders reizvoll wird das Gemälde zudem, wenn man weiss, dass das niederländische Sprichwort „door de vingers zien“ dargestellt ist, welches heute noch gebräuchlich ist. Um dieses Sprichwort darzustellen, spielen sowohl die Handgestik als auch das Motiv der Brille eine zentrale Rolle: Der Narr, der seine Brillen in sei- nem Mantel verstaut, betrachtet die Welt durch seine Finger. Dieses Sprichwort offenbart eine Haltung, die darin besteht, sich von allem zu distanzieren, was in der Welt falsch läuft. Indem er die Augen verschliesst und schweigt, gelingt es dem Einzelnen so, sich zu schützen. Der Narr ruft zudem den Betrachter dazu auf, sich ihm gegenüber genauso wohlwollend zu verhalten. Die konventionellen Symbole des Narren finden sich auch in dieser Darstellung: Das gelbrote Kostüm, die Mütze mit den Eselsohren, der Hahnenkamm, der Narrenstock rechts und die Brille im Vordergrund. Letztere, gewöhnlich ein Zeichen für Gelehrsamkeit, wird hier mit der Blendung und dem Betrug assoziiert, denn die Herstellung von Brillen war eine technische He- rausforderung und nicht überall von gleichwerti- ger Qualität, weshalb ihre Verkäufer mitunter als Scharlatane galten. Das Gemälde ist dendrochronologisch durch Dr. Peter Klein untersucht worden und kann ab 1548 entstanden sein. CHF 500 000 / 700 000 (€ 454 550 / 636 360)
  • 21.
  • 22. Gemälde Alter Meister | 20 3012* MASTER OF 1537 / FRANS VERBEECK (?) (before 1530 Mechelen circa 1570) Portrait of a jester. Circa 1550. Oil on panel. 33.9 × 24.6 cm. Provenance: - Art trade, Frieda Hintze and Kurt Rhode, Berlin, until 1940 (as by Quentin Massys). - By inheritance, Frieda Hintze collection, Berlin, until 2009. - European private collection (on loan from the Musée départemental de Flandre, Cassel, inv. no. D.2010.5.1), 2010. - European private collection. Exhibited: Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5. –29.9.2013, no. 68. Literature: - Kenneth Craig: Proverb‘s Progress: a Fool Looking Through His Fingers, in: The Great Emporium, The Low countries as a Cultu- ral Crossroad in the Renaissance and the Eighteenth Century, Amsterdam 1992, pp. 105–136, p. 109, fig. 2. - Sandrine Vézilier (ed.): Musée départemental de Flandre, Cassel, Catalogus van geselecte- erde Kunstwerken, Milan 2010, cat. no. 52, pp. 164–166. - Exhibition cat. Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Musée de Flandre, Cassel 2013, cat. no. 68, pp. 230–233, fig. A. This work by the Master of 1537 was on loan from 2010 to the Musée départemental de Flandre in Cassel (inv. no. D.2010.5), and exhibited as an eye-catcher there. The Master, who worked in Mechelen between 1520 and 1570, was given this sobriquet on the basis of a panel attributed to him, representing the Holy Family and dated 1537 (see Vézilier 2010, fig. 52.4, p. 166). Dr. Jaco Rutgers concludes in his academic study (25 June 2019) that the Master of 1537 is identical to Frans Verbeeck. Stylistically, the Master is close to Jan Sanders van Hemessen (1500–1566) and Pieter Coeck van Aelst (1502–1550), but he developed a very personal style characterised by exaggerated facial features, extravagant poses and unique compositions, adding a satirical dimension to his compositions. A second version of our jester is privately owned (see exhibition cat. 2013, cat. no. 68, fig. B, p. 233) and another is in the Davis Museum and Cultural Center, Wellesley College (see Vézilier 2010, fig. 52.3, p. 164). Several different details in our version indicate that it is probably a reite- ration by the Master, and must have served as a model for an engraving – possibly the 1550–60 print in the University Library in Leiden (inv. no. PK_P_20711_B_12). The figure of the jester or fool is found in 16th century Flemish painting, such as in works by Quentin Massys (1466–1530) and engravings by Lucas van Leyden (1494–1533). It is therefore not surprising that while in the Hintze Collection, our painting was considered to be by Massys. The work offered here, however, is a rarity in that the figure of the jester is depicted as a portrait against a black background, and the entire com- position concentrates on his facial expression. The painting becomes particularly interesting when one knows that it depicts the Dutch pro- verb „door de vingers zien“ (literally „to look at the world through one’s fingers“ – to turn a blind eye), still in current use. In order to illustrate this proverb, both the hand gestures and the motif of the glasses play a central role: the jester, who has put his glasses in his coat, looks at the world through his fingers. This proverb reveals an attitude that consists of distancing oneself from everything that goes wrong in the world. By clo- sing his eyes and remaining silent, the individual succeeds in protecting himself. The jester also calls on the viewer to behave just as favourably towards him. The conventional symbols of the jester can also be found in this representation: the yellow-red costume, the cap with the dog‘s ears, the cockscomb, the fool‘s staff on the right and the glasses in the foreground. The latter, usually a sign of scholarship, are here associa- ted with glare and deception, because making glasses at the time was a technical challenge, causing their quality to vary greatly - for this reason, their sellers were sometimes conside- red charlatans. The painting has been dendrochronologically examined by Dr Peter Klein and may have been made as early as 1548. CHF 500 000 / 700 000 (€ 454 550 / 636 360)
  • 23.
  • 24. | 22 3013 JUAN SANCHEZ DE SAN ROMAN (tätig in Sevilla um 1475–1505) Pietà. Tempera und Goldgrund auf Holz. 57 × 31 cm. Provenienz: Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Vorliegendes Bild der Beweinung Christi, wel- ches als Element eines grösseren Altarwerks fungierte, lässt klare Stilbezüge zu dem aus Sevilla stammenden Maler erkennen, der die Tafel der Kreuztragung Christi mit Stifterin in der Kathedrale von Sevilla mit „Juan Sanchez“ signiert hat. Es handelt sich dabei um jenen Juan Sanchez der in der Nähe der Pfarrei San Roman lebte und ist von einem anderen Zeitgenossen gleichen Namens Juan Sanchez de Castro zu unterscheiden. Sein Stil ist typisch für die hispa- no-flämische Kunst. Unser Bild zeigt Stilbezüge zu Juan Sanchez Triptychon mit der Kreuztra- gung Christi und dürfte um 1480–1490 gemalt worden sein. Wir danken Professor Gaudenz Freuler für seine wissenschaftliche Unterstützung bei diesem Katalogeintrag. CHF 10 000 / 15 000 (€ 9 090 / 13 640) 3013 Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
  • 25. | 23 3014 OBERELSASS, UM 1490 Gebet am Ölberg. Öl auf Holz auf Leinwand. 39,1 × 28,2 cm. Gutachten: - Prof. Otto Fischer, Kunstmuseum Basel, 7.12.1936 (in Kopie vorhanden). - Ludwig Meyer, Archiv für Kunstgeschichte, 25.4.2012 (in Kopie vorhanden). Provenienz: - Privatbesitz. - Kunsthandel Fritz Stöcklin (1936–1946), Basel. - Sammlung Dr. Heinrich Thommen, Bern. - Privatbesitz, Basel. - Auktion Koller, Zürich, 23.6.2012, Los 136. - Schweizer Privatbesitz. Ludwig Meyer weist darauf hin, dass dieser Darstellung mit Christus am Ölberg der Kupf­ erstich von Martin Schongauer (1448–1491) als Vorlage diente, wobei die Umsetzung der Thematik eigenständig variiert ist. Otto Fischer vermutete, dass es sich um einen Schüler des Meisters der Karlsruher Passion handelt, der um 1450–1475 in Strassburg tätig war. Für Ludwig Meyer ergeben sich eher stilistische Ähnlichkei- ten mit dem Meister des Gebweiler Flügels, von dem sich bislang nur ein Tafelbild, als Teil eines Altarflügels, erhalten hat und die Heimsuchung von Elisabeth durch Maria (mit Kehrseite Petrus und Paulus) zeigt. Dieses befindet sich heute im Musée des Beaux-Arts in Strassburg. Der Typus der Gesichter mit den halbgeöffneten Augen und die Darstellung der Hände weisen dabei grosse Parallelen auf. Meyer hebt bei unserer Darstellung besonders die ausgewogene Far- bigkeit und die zeichnerische Kraft des Künstlers hervor, die in Unterzeichnungen am Knie eines Apostels sichtbar wird. CHF 7 000 / 9 000 (€ 6 360 / 8 180) 3014
  • 26. Gemälde Alter Meister | 24 3015 SÜDLICHE NIEDERLANDE / DEUTSCHLAND, UM 1500 Dornenkrönung Christi. Tempera und Goldgrund auf Leinwand (Tüchleinmalerei). 47 × 37,5 cm (Lichtmass). Gutachten: - Dr. Jaco Rutgers, 14.6.2019. - Dr. Michaela Schedl, 1.8.2019. Provenienz: - Sammlung Georges Hulin de Loo (1862– 1945), Gent. - Nachlassauktion Hulin de Loo, Palais des Beaux-Arts, Brüssel, 29.10.1947, Los 134, als deutsche Schule des 16. Jahrhunderts (verso Etikett). - Schweizer Privatbesitz. Tüchleinmalereien waren in der zweiten Hälfte des 15. und frühen 16. Jahrhundert besonders beliebt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- derts waren sowohl Brügge als auch Köln wichti- ge Zentren für diese Art von Malerei, aber auch in Italien und Frankreich war die Technik bekannt (siehe David Bomford / Ashok Roy / Alistair Smith: The Technique of Dieric Bouts: Two Pain- tings Contrasted, in: National Gallery Techni- cal Bulletin, Bd. 10, 1986, S. 43). Die Brügger Tüchleinmaler waren so zahlreich, dass sie eine eigene Gilde bildeten und sogar rechtliche Pro- bleme mit ihren Kollegen, die auf Holz malten, dokumentiert sind (siehe Diane Wolfthal: The Beginnings of Netherlandish Canvas Painting: 1400–1530, Cambridge 1989, S. 23–29). Die Tüchleinmalerei bezieht sich im Allgemeinen auf eine Technik, bei der die Pigmente mit einem tierischen Klebstoff, auch Leimtempera ge- nannt, direkt auf einen Träger aus Leinentuch – sprich ohne Grundierung – aufgetragen werden (siehe Ashok Roy: The Technique of a ‚Tüchlein‘ by Quinten Massys, National Gallery Technical Bulletin, Bd. 12, 1988, S. 36–39). Dies führt zu einer matten Oberfläche, wobei die Textur des Trägers oft sichtbar bleibt. Die ungefirnisste Malschicht hebt zudem die zarte, gouacheähn- liche Optik hervor. Albrecht Dürer (1471–1528) erwähnt ein „Tüchlein“ im Tagebuch seiner Reise in die Niederlande um 1520–21 und diese Terminologie blieb bis heute erhalten. Das vorliegende Gemälde mit der Dornen- krönung Christi zeigt alle Eigenschaften eines Tüchleins: der fein gewebte Träger aus einer Pflanzenfaser, wahrscheinlich Leinen, die eher dünne Farbschicht, welche die Struktur des Trägers sichtbar lässt und die typische matte und opake Wirkung der Farbe. Auch die rotbraun gefärbte Bordüre ist bei Tüchlein-Bildern anzu- treffen. Das Etikett auf der Rückseite des Rahmens zeigt an, dass dieses Gemälde Teil der Sammlung des Kunsthistorikers Georges Hulin de Loo war. Hulin de Loo entstammte einer wohlhabenden Genter Familie und war als Professor für Philo- sophie und Sozialgeschichte an der Universität von Gent tätig. Anlässlich einer Ausstellung zur Malerei der frühen flämischen Malerei in Brügge im Jahre 1902 veröffentlichte Hulin de Loo einen kritischen Katalog, worin er die dort geäusserten Hypothesen kommentierte und verschiedene der namentlich nicht bekannten Maler identifizierte. Hulin de Loo zählt somit als einer der Gründerväter des Studiums der flämi- schen Malerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Er nutzte zudem sein Wissen, um eine Sammlung zusammenzustellen, welche dieses Tüch- lein sowie auch Werke von Adriaen Isenbrant (1490–1551), Gaspar de Crayer (1584–1669) und Jean Clouet (1480–1541) umfasste. Das Fehlen von Grundierung und Firnis sowie die Art des Bindemittels machen Tüchleinbilder viel empfindlicher gegen Beschädigungen als Ta- felbilder. Daher ist der hervorragende Zustand dieser Dornenkrönung Christi bemerkenswert. Die Pigmente, wie das leuchtende Blau, das war- me Rot und das kühle Grün, strahlen förmlich von der Bildoberfläche. Tüchlein-Gemälde sind eine ausserordentliche Seltenheit auf dem aktu- ellen Kunstmarkt, und in diesem vorzüglichen Erhaltungszustand umso mehr. CHF 25 000 / 35 000 (€ 22 730 / 31 820)
  • 27. 3015
  • 28. Gemälde Alter Meister | 26 3016 MEISTER DER MAGDALENEN-LEGENDE (tätig um 1483–1526 in Brüssel) Maria mit Kind. Öl und Goldgrund auf Holz. 30,6 × 24,1 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Diese schöne und intime Darstellung der Madonna mit Kind ist ein seltenes Meisterwerk des Meisters der Magdalenen-Legende und ein charakteristisches Beispiel für seine Arbeit als Maler von privaten Andachtsbildern. Das Oeuvre des Meisters der Magdalenen-Legende wurde aufgrund eines inzwischen aufgelösten Altar- bildes mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Maria Magdalena rekonstruiert, wobei einige der Tafeln heute im Museum der Bildenden Kunst in Budapest, im Museum for Kunst in Kopenhagen und im Philadelphia Museum of Art aufbewahrt werden (siehe Jeanne Tombu: Un triptyque du Maître de la Légende de Marie-Madeleine, Gazette des Beaux-Arts, 15, 1927, S. 299–310). Eine eindeutige Identifizierung des Meisters der Magdalenen-Legende konnte bisher nicht vor- genommen werden. Es wird vermutet, dass er in Brüssel in der Nähe des burgundischen Hofes tätig war, in der Nachfolge von Rogier van der Weyden (1400–1464) (siehe Max J. Friedländer: Early Netherlandish Painting. Vol. XII: Jan van Scorel and Pieter Coecke van Aelst, Leiden / Brüssel 1975, S. 13–17). Basierend auf den oben genannten Altartafeln wurde ein umfangreiches Oeuvre mit zahlrei- chen Werkstattversionen rekonstruiert, wobei angenommen wird, dass der Altar relativ spät, um 1515–1520, entstanden ist. Die stilistische Analyse, die von Max J. Friedländer durchgeführt wurde, trifft auch auf unsere hier angebotene Darstellung einer Maria mit Kind zu. Sie lässt sich insbesondere mit einem der schönsten Andachtsgemälde des Meisters vergleichen, der sogenannten Stroganoff-Madonna (siehe Sandrine Vézilier-Dussart (Hg.): Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre, Gent 2013, Kat. Nr. 4). Die Komposition unseres Ge- mäldes mit dem Christuskind, das einen Apfel in seiner Hand hält, ist in mehreren Versionen bekannt, so beispielsweise im Museum Boij- mans Van Beuningen (Inv. Nr. 2481), im Musée du Louvre in Paris (Inv. Nr. RF 2822) und in der Eremitage in St. Petersburg (Inv. Nr. 4117). Der gut erhaltene Goldgrund, die zarte Röte auf den Wangen der Jungfrau und des Kindes sowie die feinen, unterschiedlich dicken Linien, die das Haar der Figuren definieren, zeichnen unsere Tafel besonders aus. CHF 60 000 / 80 000 (€ 54 550 / 72 730)
  • 29. 3016
  • 30. Gemälde Alter Meister | 28 3017* CHRISTIAN RICHTER (Altenburg 1587–1667 Weimar) Bildnis einer jungen Dame mit Federhut. Öl auf Holz. Oben rechts monogrammiert: HVK (spätere Ergänzung). 23 × 19,2 cm. Gutachten: Dr. Joachim Jacoby, 2002 (in Kopie vorhanden). Provenienz: - Sammlung Contesse Behague, Paris. - Sammlung Der Veste, Coburg. - Sammlung Koening, Harlem, circa 1930. - Schweizer Privatsammlung. Literatur: Joachim Jacoby: Der Monogrammist CR, in: Niederländische Beiträge zur Kunstgeschichte, 2002, Abb. 11.1. Diese Darstellung einer jungen Dame mit Federhut, die stark an das Oeuvre Lucas Cranachs d. Ä. (1472–1553) und seines Sohns Lucas Cranach d. J. (1515–1586) erinnert, wurde einst aufgrund des HVK-Monogramms Hans von Kulmbach (um 1480–1522) zuge- schrieben. Nach heutiger Erkenntnis wurde das Monogramm jedoch später angebracht und es ist ausserdem kein vergleichbarer Typus einer weiblichen Halbfigur in Kulmbachs Werk bekannt. Joachim Jacoby (siehe Literatur) vergleicht die Malweise des hier angebotenen Gemäldes mit zwei mit CR monogrammierten Werken, wovon sich eines in Braunschweig und das andere in Hannover befindet, und deutet darauf hin, dass das Monogramm CR mit einem Anker ausschliesslich vom Weimarer Hofma- ler Christian Richter (1587–1667) verwendet wurde. Besonders charakteristisch für Richter ist das ovale Gesicht der dargestellten jungen Dame mit einer schmalen Oberlippe, einer Stupsnase und elegant geschwungenen Au- genbrauen. Aufgrund der Ähnlichkeit unseres Gemäldes mit Werken Lucas Cranachs, kann davon ausgegangen werden, dass dieser Stil aus dem 16. Jahrhundert in Sachsen auch um 1600 noch sehr beliebt war. CHF 12 000 / 18 000 (€ 10 910 / 16 360) 3017
  • 31. | 29 3018 JACOB VAN UTRECHT (UMKREIS) (Utrecht 1479–um 1530 Lübeck) Porträt von John Fisher (1469–1535). Öl auf Holz. Links mittig bezeichnet: IOHANES. Rechts mittig bezeichnet: ROFFESIS. 25 × 19 cm. Provenienz: - Kunsthandel Pietro Accorsi, Turin, 1961. - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. Diese Tafel zeigt Kardinal John Fisher (1469– 1535), den Bischof von Rochester und Kanzler der Universität Cambridge, der massgeblich an der Gründung des hiesigen Christ‘s Colleges sowie der des St. John‘s Colleges beteiligt war. Als angesehener Gelehrter und Kirchenvater stand er dem englischen Königshaus nahe und war Hofkaplan Heinrich des VIII. Auf einen Streit um die Auflösung der Ehe des Königs mit Katarina von Aragón, gegen die sich John Fisher unter Berufung auf die Lehre der katholischen Kirche aussprach, folgte 1534 die Weigerung des Bischofs den Eid auf die Suprematsakte zu leisten. Diese sollte den König zum Oberhaupt der Kirche in England erklären. Fisher wurde in Gefangenschaft genommen und 1535 schliess- lich zum Tode verurteilt. In der römisch-katho- lischen Kirche wird er als Märtyrer und Heiliger verehrt. Darstellungen des John Fisher finden sich insbesondere in der Druckgraphik. Die bekannteste stammt von Hans Holbein d.J. (um 1498–1543) aus dem Jahre 1527, die den Bi- schof im Alter von 58 Jahren zeigt (Royal Library of Windsor, Inv. Nr. RCIN 912205). Dr. Stephan Kemperdick, dem wir für seine Meinung danken, vermutet daher auch, dass vorliegende Tafel möglicherweise auf einer druckgraphischen Vorlage basiert. CHF 10 000 / 15 000 (€ 9 090 / 13 640)
  • 32.
  • 33.
  • 34. Gemälde Alter Meister | 32 3019* JAN WELLENS DE COCK (Leiden um 1470–1521 Antwerpen) Zwei Tafeln eines Altars: Versuchung des heiligen Antonius (verso nächtliche Szene mit Fabelwesen)/ heiliger Hieronymus in einer Landschaft. Öl auf Holz. Je 48,5 × 25,5 cm. Provenienz (heiliger Antonius): - Auktion Mercier-Velliet-Thulllier, 20.1.1991, Los 140 (zugeschrieben Werkstatt Pieter Huys). - Europäischer Privatbesitz. Provenienz (heiliger Hieronymus): - J. Hauptman, Paris 1891. - J. Zuercher, Amsterdam. - Geza Solpray, Paris, 1948. - Newhouse Galleries, New York, 1958. - Auktion Christie‘s, New York, 26.1.2001, Los 126 (als Jan Wellens de Cock). - Europäischer Privatbesitz. Ausstellung: Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500– 1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013, Nr. 50 (beide Tafeln zusammen als Jan Wellens de Cock). Literatur: - Marc Rudolf De Vrij: Jan Wellens de Cock. Ant- werp Mannerist Associate, Amsterdam 2009, S. 202, Kat. Nr. RA 20 (heiliger Hieronymus, als verworfene Zuschreibung an Jan Wellens De Cock). - Sandrine Vézilier-Dussart (Hg.): Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Cassel 2013, Kat. Nr. 50, S. 192- 195 (beide Tafeln als Jan Wellens de Cock). Diese zwei äusserst qualitätsvollen und eindrücklichen Tafeln waren einst Teil eines grösseren Gesamtwerkes und fungierten ver- mutlich als Flügel eines Triptychons. Spätestens vor 1891 wurden sie getrennt und konnten nun kürzlich von einem privaten Sammler wieder vereint werden. . Einsiedlerheilige, insbesondere die Heiligen Antonius und Hieronymus, wurden im späteren 15. und frühen 16. Jahrhundert sehr geschätzt. Sie zogen sich aus dem weltlichen Leben der Städte zurück, um sich in der Wüste nieder- zulassen und sich ganz dem Gebet und der christlichen Hingabe zu widmen. Besonders oft wurden sie in der niederländischen und flämischen Malerei dargestellt, unter ande- rem von Hieronymus Bosch (1450–1516). Die Versuchung des heiligen Antonius fand dabei häufig Verwendung und basiert auf einer umfangreichen ikonographischen Tradition. Die auf der rechten Tafel dargestellte Szene aus der Geschichte des Heiligen Hieronymus ist hinge- gen eher selten. Hieronymus hatte einen Löwen von einem Dorn in seiner Pranke geheilt und wurde seither von ihm begleitet. Die stürmische Küstenlandschaft bei Nacht auf der Rückseite der Tafel des heiligen Antonius ist hingegen eine ikonographische Rarität. Die bedrohende und finstere nächtliche Szene mit Monsterwesen und Dämonen erinnert stark an das Oeuvre von Hieronymus Bosch, insbesondere an seine Gri- saille-Gemälde, wie beispielswiese die Rückseite seines berühmten „Garten der Lüste“ im Prado, Madrid (Inv. Nr. 2823), und „Die Flut“ im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (Inv. Nr. St. 27 und St. 28). Dr. Jaco Rutgers vermutet, dass unsere Darstellung zeitlich sogar vor dem „See- sturm mit Schiffbruch“ im Kunsthistorischen Museum, Wien (Inv. Nr. GG 3558), lange Zeit Pieter Brueghel d. Ä. (1525–1569) zugeschrie- ben, und dem „Sturm mit einer Seeschlacht“ im Museo Capodimonte in Neapel, wohl von Herri met de Bles (1500–1555/1560), entstanden ist. Beide galten bisher als die ältesten bekann- ten Marine-Darstellungen (siehe ausführliche wissenschaftliche Untersuchung von Dr. Jaco Ruttgers, 15.6.2019). Bislang ist nur wenig über das Leben von Jan Wellens de Cock bekannt und über seine Iden- tität wird in der Wissenschaft diskutiert (siehe Ausst. Kat. ExtravagAnt! A Forgotten Chapter of Antwerp Painting 1500–1530, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Antwerpen 2005 / Bonefantenmuseum Maastricht 2006, S. 220). Einträge der Antwerpener Malergilde aus den Jahren 1506 und 1516 belegen seine Tätigkeit als Lehrmeister sowie seine Funktion als Dekan der Gilde, die er sich mit seinem Malerkollegen Joos van Cleve (1485–1540) teilte. Unter ande- rem lernten auch de Cocks Söhne, Hieronymus (1518–1570) und Matthys (1505–1548), in seiner Werkstatt, wobei vor allem ersterer nicht nur als Maler und Kupferstecher bekannt wurde, sondern zum wichtigsten Verleger des 16. Jahrhunderts avancierte, und massgeblich zur Verbreitung von Zeichnungen und Stichen, wie beispielsweise jene seines einstigen Lehrlings Pieter Brueghel d. Ä. (1525/30–1569), beitrug. Da bislang keine signierten Werke des Künstlers bekannt sind, rekonstruierte Max J. Friedländer das Oeuvre des Jan Wellens de Cock basierend auf dem Gemälde „Landschaft mit Heiligem Christophorus“, das in einem Stich reproduziert wurde und mit „Pictum J. Kock“ signiert ist (siehe Max J. Friedländer: Early Netherlandish Painting, Bd. XI, The Antwerp Mannerists/ Adriaen Ysebrant, Leiden / Brüssel 1974, S. 37–43 und 78–79). Nicht nur das Thema dieses Bildes, ein weiterer Einsiedler, entspricht unserer Darstellung der Heiligen Antonius und Hieronymus, auch viele stilistische Ähnlichkeiten fallen auf: Die kräftige Bewölkung im Himmel des Hl. Christopho- rus findet sich auch in unseren Tafeln wieder, ebenso die stellenweise schematisch wirkenden Blätter der Bäume. Die weissen Lichtakzente am Umhang des Christophorus finden sich an den Schultern unseres heiligen Hieronymus wieder. Auch die Ausführung der Nebenfiguren, die teilweise etwas unnatürlich erscheinen, sind charakteristisch für Jan Wellens de Cock. Die zwei hintereinander dargestellten Kamele finden sich ausserdem in einer Darstellung des heiligen Hieronymus in einer Höhle wieder, welche sich im Museum für Angewandte Kunst in Köln befin- det (Inv. Nr. KGM 1072). Jan Wellens de Cock zählt zu jener Gruppe von Malern, die als Antwerpener Manieristen bezeichnet werden. Ihre Arbeiten florierten in einem kulturellen Klima, das von der Wirt- schafts- und Handelskraft des unangefochte- nen kommerziellen Zentrums des damaligen Europas geprägt war. Meister wie etwa Goossen van der Weyden (um 1465–1538), der frühe Jan Gossaert (1478–1532), Jan de Beer (um 1475– vor 1528), Herri met de Bles (1500 –1555/1560) oder Jan Meyden (1500/02–1559/60) zählen zu den Protagonisten der Antwerpener Manieris- ten. Mit ihnen teilt de Cock seine Vorliebe für überspitzte figurale Formen, reiche Kostüme und kräftige Farben, die auch in dem hier ange- botenen Werk deutlich werden. CHF 180 000 / 280 000 (€ 163 000 / 254 000)
  • 36. Gemälde Alter Meister | 34 3019* JAN WELLENS DE COCK (Leiden c. 1470–1521 Antwerp) Two altar panels: The Temptation of Saint Anthony (verso: A night scene with mythical creatures)/Saint Jerome in a landscape. Oil on panel. Each 48.5 × 25.5 cm. Provenance (Saint Anthony): - Sale Mercier-Velliet-Thulllier, 20.1.1991, lot 140 (attributed to the workshop of Pieter Huys). - European private collection. Provenance (Saint Jerome): - J. Hauptman, Paris 1891. - J. Zuercher, Amsterdam. - Geza Solpray, Paris, 1948. - Newhouse Galleries, New York, 1958. - Sale Christie‘s, New York, 26.1.2001, lot 126 (as by Jan Willem de Cock). - European private collection. Exhibited: Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500– 1575, Musée de Flandre, Cassel, 4.5.–29.9.2013, no. 50 (both panels together as by Jan Wellens de Cock). Literature: - Marc Rudolf De Vrij: Jan Wellens de Cock: Antwerp Mannerist Associate, Amsterdam 2009, p. 202, cat. no. RA 20 (Saint Jerome, as dismissed attribution to Jan Wellens De Cock). - Sandrine Vézilier-Dussart (ed.): Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Cassel 2013, cat. no. 50 (as by Jan Wellens de Cock). These two impressive panels of extremely high quality were once a part of a larger work, and most likely served as wings of a triptych. Separated sometime before 1891, they were recently reunited by a private collector. Hermit saints, especially Saint Anthony and Saint Jerome, were particularly appreciated in the later 15th and early 16th centuries. Withdrawing from the secular life of cities, they settled in the desert to dedicate themselves entirely to prayer and Christian devotion. They were often represented in Netherlandish and Flemish painting in particular, including works by Hieronymus Bosch (1450-1516). The Temptati- on of Saint Anthony was a commonly employed subject, based on an extensive iconographic tradition, whereas the scene from the story of Saint Jerome depicted on the right panel is rather rare. Saint Jerome had healed a lion from a thorn in his paw and was subsequently ac- companied by him. However, the stormy coastal landscape at night on the back of the panel of Saint Anthony is an iconographic rarity. The threatening, dark nocturnal scene of monsters and demons is heavily reminiscent of the oeuvre of Hieronymus Bosch, especially of his grisaille paintings, such as on the reverse of his famous „Garden of Earthly Delights“ in the Prado, Madrid (Inv. no. 2823), and “The Flood“ at the Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam (Inv. no. St. 27 and St. 28). Dr. Jaco Rutgers suggests that our work was executed even before the “Storm at Sea with Shipwreck” in the Kunsthistorisches Museum, Vienna (Inv. no. GG 3558), formerly attributed to Pieter Brueghel the Elder (1525- 1569) and the „Storm with a Naval Battle“ in the Museo Capodimonte in Naples possibly by Herri met de Bles (1500-1555/1560), which thus far have been considered the oldest known marine representations (see comprehensive research by Dr. Jaco Rutgers, 15.6.2019). Little is known about the life of Jan Wellens de Cock and his identity is discussed in scholarly research (see exh. cat. ExtravagAnt! A Forgotten Chapter of Antwerp Painting 1500-1530, Koninklijk Museum voor Schone Kunsten Ant- werpen 2005 / Bonefantenmuseum Maastricht 2006, p. 220). Entries from the years 1506 and 1516 of the Antwerp painters‘ guild verify his activity as a teacher and his function as dean of the guild, which he shared with his colleague Joos van Cleve (1485-1540). Amongst others, de Cocks‘ sons, Hieronymus (1518-1570) and Matthys (1505-1548), trained in his workshop, the former becoming not only known as a painter and engraver, but also advancing to be- come the most important publisher of the 16th century and instrumental for the distribution of drawings and engravings, such as those of his former apprentice Pieter Brueghel the Elder (1525/30-1569). As there are hitherto no known signed works by the artist, Max J. Friedländer has reconstructed the oeuvre of Jan Wellens de Cock based on the painting „Landscape with Saint Christopher“, which was reproduced in one engraving and signed „Pictum J. Kock“ (see Max J. Friedländer: Early Netherlandish Painting, Vol. XI: The Antwerp Mannerists/Adriaen Ysebrant (ed. by Henri Pauwels), Leiden / Brusseles 1974, p. 37–43 and 78–79). Not only the theme of this picture, another hermit, corresponds to our depiction of Saint Anthony and Saint Jerome, but many stylistic similarities are also apparent. The heavy cloud cover in the sky of the Saint Christopher is also found in our panels, as well as the schematic appearance of the leaves in places on the trees. The white accents of light on the cloak of Christopher can be found on the shoulders of our Saint Jerome. The execution of the secondary figures, which appear somewhat unnatural in places, are characteristic of Jan Wellens de Cock. The successive placement of the two camels can also be found in a depic- tion of Saint Jerome in a cave, located in the Museum für Angewandte Kunst in Cologne (Inv. no. KGM 1072). Jan Wellens de Cock is among a group of pain- ters known as the Antwerp Mannerists. Their work flourished in a cultural climate shaped by the economic and mercantile power of the undisputed commercial centre of Europe at that time. Masters such as Goossen van der Weyden (c. 1465-1538), the early Jan Gossaert (1478- 1532), Jan de Beer (c. 1475-before 1528), Herri met de Bles (1500-1555/1560) and Jan Meyden (1500/02-1559/60) are among the protago- nists of the Antwerp Mannerists. With them, de Cock shared a preference for exaggerated figural forms, rich costumes and strong colours, likewise evident in the work presented here. CHF 180 000 / 280 000 (€ 254 000 / 254 000)
  • 37. 3019
  • 38. Gemälde Alter Meister | 36 3020 BRÜGGE, UM 1500 Thronende Madonna mit dem Kind. Öl auf Holz. 30 × 24,1 cm. Provenienz: Schweizer Privatsammlung. CHF 30 000 / 50 000 (€ 27 270 / 45 450) 3020
  • 39. | 37 3021 MEISTER MIT DEM PAPAGEI (tätig in Antwerpen um 1520–1530) Heilige Familie mit schlafendem Jesuskind. Öl auf Holz. 46 × 37,5 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Diese Darstellung der Jungfrau mit dem Kind ist eine charakteristische Arbeit des sogenann- ten „Meister mit dem Papagei“. Dieser wurde erstmals 1949 von Max Friedländer erwähnt und sein Oeuvre aufgrund mehrerer Madonnen-Ta- feln rekonstruiert, auf denen das Kind einen Papagei füttert, so beispielsweise dasjenige im San Diego Museum of Art (Inv. Nr. 1943.21). Einige Elemente, wie die auf dem Holztisch im Vordergrund liegenden Trauben, finden sich auch in unserem Gemälde wieder. Das lockige, blonde Haar des Kindes ist ebenfalls ein charakte­ristisches Merkmal dieses Meisters, ebenso wie die schmalen Lippen und die langen, feinen Finger Mariens. Vergleichbare Kompositionen, allerdings ohne die Begleitung des Josephs, sind beispielsweise im Fogg Art Museum, Harvard Art Museums, Cambridge Massachussets (Inv. Nr. 1930.182) und im Kunstmuseum Basel (Inv. Nr. 1362) bekannt. CHF 25 000 / 35 000 (€ 22 730 / 31 820) 3021
  • 40. Gemälde Alter Meister | 38 3022 QUENTIN MASSYS (UMKREIS) (Löwen 1466–1530 Antwerpen) Mater Dolorosa. Öl und Goldgrund auf Holz. 51 × 35,2 cm. Provenienz: - Sammlung von Muralt, Bern, bis 1936. - Auktion Fischer / Kunstsalon Dr. Pfisterer, Zürich, 13.–16.5.1936, Los 1992. - Sammlung Hans Hug bis 1956. - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatbesitz. Diese Darstellung der Mater Dolorosa, der schmerzensreichen Mutter Christi, begleitet vom Heiligen Johannes wurde einst mit Dirk Bouts (1410–1475) in Verbindung gebracht. Diese Annahme schliesst Dr. Valentine Hendriks aus und vermutet eine Entstehung im Umkreis von Quentin Massys oder etwas später. Dieser Meinung folgen auch Dr. John Oliver Hand, Dr. Larry Silver und Dr. Stephan Kemperdick, denen wir allen für ihre Hilfe danken. Als möglicher Autor zieht Kemperdick auch den Meister des Morrison Triptychons (tätig in Antwerpen Ende des 15. / Anfang des 16. Jahrhunderts) in Betracht (siehe als Vergleich Max J. Friedländer: Die altniederländische Malerei, Leiden 1924–37, Bd. 7, Nr. 81 ff.). Ursprünglich dürfte die Tafel als ein Diptychon für die Privatandacht vorgesehen worden sein, mit einer Kreuzabnahme auf der gegenüberliegenden Seite. CHF 25 000 / 35 000 (€ 22 730 / 31 820)
  • 41. 3022
  • 42. Gemälde Alter Meister | 40 3023* LEONARDO DI BERNARDINO DEL SIGNO- RACCIO genannt LEONARDO DI BERNARDI- NO DA PISTOIA (getauft 1491 in Pistoia) Die Verkündigung. Öl und Goldgrund auf Holz. Unten mittig signiert: LEONARDVS F. BERNAR- DINI DEPiSTORio P. 178,3 × 148,9 cm. Provenienz: - Privatsammlung, Genua, 1878. - Auktionsmarkt London, 1890er. - Sammlung Tomás Harris, London. - Sammlung Otto Froehlich, Wien. - Privatsammlung, Spanien, 1927 (für 425,000 pesetas erworben). - Durch Erbfolge, europäische Privatsammlung. - Schweizer Privatsammlung. - Auktion Koller, Zürich, 31.3.2017, Los 3012. - Europäischer Privatbesitz. Literatur: - V. Capponi: Biografia Pistoiese, Pistoia 1878, S. 421. - G. Nerucci: Bollettino storico pistoiese, I, 1899, S. 160. - G. D. Gronau: Una tavola di scuola pistoiese, in: Rivista d‘Arte, Jahr XI, Nr. 2, April–Juni 1929, S. 214–219, Abb. 1. - C. D‘Afflito / F. Falletti / A. Muzzi: Ausst. Kat. L‘Età di Savonarola: Fra‘ Paolino e la Pittura a Pistoia nel primo ‚500, Pistoia, Palazzo Comu- nale, 24.4.– 31.7.1996, S. 141 und 143. Das hier angebotene Gemälde, welches sich die längste Zeit des 20. Jahrhunderts in einer spanischen Privatsammlung befand, ist das bisher einzige bekannte signierte Werk des tos- kanischen Meisters Leonardo di Bernardino da Pistoia und damit von ausserordentlicher kunst- historischer Bedeutung für die Rekonstruktion seines Oeuvres. Eine kürzlich durchgeführte, sorgfältige Konservierung erlaubte es zudem, den exzellenten Erhaltungszustand dieser Tafel zutage zu bringen. Leonardo di Bernadino da Pistoia war der Bruder des bekannten Malers Fra‘Paolino da Pistoia (1490–1547). Beide wurden durch ihren Vater Bernardino d‘Antonio del Signoraccio aus- gebildet. Der Einfluss des Vaters macht sich nicht zuletzt in der Signatur unseres Gemäldes bemerkbar, welche durch ihre verschachtelte Kalligrafie geschickt in der Architektur eingebet- tet ist. Diese Besonderheit findet sich vermehrt in Werken Bernardino del Signoraccios wieder, ebenso wie die detailreichen architektonischen Elemente und die fein ausgeführten Figuren, so beispielsweise in seiner Sacra Conversazione in der Chiesa di San Vitale in Pistoia, welche wohl kurz vor unserem Gemälde entstanden sein muss (siehe D‘Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 11, S. 138–140). Doch Leonardo di Bernardinos Werk wären ohne die Malerei des florentinischen Meisters Fra Bartolomeo (1472–1517) nicht denkbar. Der Einfluss des toskanischen Meisters macht sich in unserem Gemälde in mehrerer Hinsicht bemerkbar, insbesondere im Vergleich mit seiner 1497 ausgeführten Verkündigung in der Kathedrale von Volterra (siehe S. Padovani: Fra Bartolomeo e la scuola di San Marco, Ausst. Kat. Florenz 1996, Kat. Nr. 6, S. 57–60, mit Abb.). So kniet der Erzengel in unserer Komposition in der gleichen Stellung wie in Fra Bartolomeos Vorbild, und auch die segnende Figur Gottes und des Heiligen Geistes in Form einer Taube in der oberen linken Ecke finden sich in beiden Kompositionen wieder. Hingegen unterscheidet sich das Interieur, in welches unsere Szene ein- gebettet ist, stark von Fra Bartolomeos offenem Hintergrund mit Ausblick auf eine italienische Landschaft. Der hier von Leonardo di Bernardi- nos gewählte architektonische Hintergrund ver- leiht der Szenerie einen spürbar besinnlicheren und andächtigeren Charakter, welcher durch die Symmetrie der Torbögen und deren eleganten Goldverzierungen unterstrichen wird. Auch in der Körpersprache der Maria zeigt sich Leonar- do di Bernardinos künstlerische Eigenständig- keit. Der Einfluss beider Kompositionen macht sich schliesslich in der um 1520 zu datierenden Verkündigung, welche heute Giovanni Antonio Sogliani zugeschrieben wird, bemerkbar (siehe Padovani 1996, Kat. Nr. 89, S. 266–268). Darin findet sich sowohl die Stellung der Figuren aus Leonardo di Bernardinos Komposition wie auch der offene Hintergrund aus Fra Bartolomeos Gemälde wieder. Insgesamt sind nur sehr wenige weitere Werke Leonardo di Bernardino da Pistoias bekannt: Eine Heilige Irene wurde 1899 bei Christie‘s London versteigert (siehe Gronau 1929, S. 5, Fussnote 1); eine Sacra Conversazione, deren Zuschreibung zeitweise zwischen Fra‘ Paolino und Bernardino del Signoraccio schwankte, be- findet sich in der Chiesa di Santa Maria Assunta in Lizzano (siehe D‘Afflito et al. 1996, Kat. Nr. 13, S. 141, Abb. S. 142); und schliesslich ein Fresko in der Chiesa di Santa Maria a Ripalta in Pistoia (siehe ebd. Kat. Nr. 14, S. 143). Die Zuschrei- bung dieser Werke an Leonardo di Bernardino del Signoraccio basieren ausnahmslos auf dem stilistischen Vergleich mit dem hier angebo- tenen Werk, welches als einziges signiert ist und bis zu seiner Wiederentdeckung nur durch schwarzweiss Fotografien bekannt war. Dabei gleicht jedoch keines seiner bisher entdeck- ten Werke dem hier angebotenen Hauptwerk des Künstlers in seinem Qualitätsgrad und Detailreichtum, das ein Paradebeispiel für die toskanische Renaissancemalerei darstellt. CHF 100 000 / 150 000 (€ 90 910 / 136 360)
  • 43. 3023
  • 44. | 42 3024 UMBRIEN, ENDE 15. JAHRHUNDERT Zwei Darstellungen aus einer Verkündigungss- zene: Verkündigungsengel und betende Maria. Tempera auf Leinwand. Je 129 × 89 cm. Provenienz: Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung. CHF 12 000 / 18 000 (€ 10 910 / 16 360) 3024 Gemälde Alter Meister - Aus einer erlesenen Tessiner Privatsammlung
  • 46. Gemälde Alter Meister | 44 3025* PIER FRANCESCO DI JACOPO FOSCHI (1502 Florenz 1567) Madonna mit Kind und dem Johannesknaben. Öl auf Holz. 109 × 85 cm. Provenienz: - Sammlung Michael Voggenauer, Köln, 1979. - British Railway Pension Fund, bis 1994. - Auktion Sotheby‘s, London, Sammlung British Railway Pension Fund, 7.12.1994, Los 28. - Europäischer Privatbesitz. Ausstellung: Als Leihgabe im Detroit Institute of Arts, 1982–1994 (Leihgabe des British Railway Pen- sion Fund). Literatur: Apollo, Juli 1979, S. 70, mit Abb. Das hier angebotene Gemälde von musealer Qualität ist zu Pier Francesco di Jacopo Foschis Hauptwerken zu zählen. Foschi, der in der Forschung weitgehend unbekannt war bis der Kunsthistoriker Roberto Longhi ihn 1953 wie- derentdeckte, gilt heute als einer der führenden florentinischen Maler des 16. Jahrhunderts. Als Sohn des Botticelli-Schülers Jacopo Foschi (1463–1530), lernte er bis 1530 in der Werkstatt Andrea del Sartos (1486–1530). Wohl entstanden zwischen 1530 und 1540, ist dieses qualitätsvolle und sehr gut erhaltene Werk in jene Schaffensphase zu datieren, in der der Künstler insbesondere mit und unter Jacopo da Pontormo (1494–1557) arbeitete. Während Foschis künstlerischer Stil in seinen frühen Werken massgeblich von der Malweise seines Lehrmeisters Andrea del Sarto geprägt war, gibt er in dieser Zeit die deskriptiv-nar- rativen Elemente zugunsten einer Betonung des Mystisch-Religiösen auf und schematisiert seine Kompositionen zunehmend, wovon auch das hier angebotene Gemälde zeugt: Die im Dreiviertelprofil dargestellte Madonnen- figur befindet sich im Zentrum der Komposition. In ein blassrotes Gewand gehüllt, mit einem gelben Schleier um ihre Schultern drapiert, lenken ihr gesenkter Blick und ihr leicht s-förmig geschwungener Körper die Aufmerksamkeit hinab zum Jesuskind. Auf ihrem blauen Mantel ruhend, hält sie zärtlich dessen Arm. Die Füsse des Jesuskindes leiten den Blick weiter zur linken unteren Bildecke und somit zum Johan- nesknaben, dessen Kopf sich zur Madonna hebt und zurück in die obere Bildhälfte deutet. Dort öffnen zwei Engel, die Maria dicht zur ihrer Rechten und Linken flankieren, den grünen Vorhang und geben den Blick auf die innige Szene frei. Stilistisch dem Manierismus verpflichtet, erscheint der Bildraum durch die ineinan- dergreifende Anordnung der Figuren dicht komprimiert; die wohl rhythmisierte Kompo- sition der Blicke, Hände und geschwungenen Körper schaffen gleichzeitig lebhafte Dynamik. Der gezielte Einsatz von Farben und das zarte Inkarnat der Figuren runden diese meisterhafte Darstellung ab. Während die länglichen Figuren Erinnerungen an Michelangelo (1475–1564) wachrufen, wirken Foschis Kompositionen in dieser Schaffenspe- riode insgesamt strenger und konstruierter als zuvor. Sie erinnern derart ebenfalls an die Malerei des Fra’Bartolomeo (1472–1517) und nehmen bereits Bildkonzepte der Gegenrefor- mation vorweg. Pier Francesco di Foschi malte für einflussreiche Auftraggeber zahlreiche Altarbilder und Fresken im wirtschaftlich wie künstlerisch florierenden Florenz. Unter diesen die Auferstehung (1537), Verklärung Christi (um 1545) und die Unbefleck- te Empfängnis (um 1545) für die Kirche S. Spi- rito. Die Fresken im Oratorium der Villa Rosselli del Turco entstanden etwa zur gleichen Zeit. Ebenso war Foschi an Kollektivaufträgen der Medici beteiligt. Etwa bei der Ausmalung der Villa Careggi unter Jacopo Pontormo sowie der Festdekoration für die Hochzeiten von Cosimo I. mit Eleonora von Toledo (1539) und Francesco de‘Medici mit Johanna von Österreich (1565). 1564 zählte er – unter anderem zusammen mit Agnolo Bronzino (1503–1572) und Giorgio Vasari (1511–1574) – zu den Gründungsmit- gliedern der Kommission für die geplante Ac- cademia delle Arti del Disegno, für die er bis zu seinem Tod mit hohen Ämtern betraut wurde. Vincenzo Borghini, der Hofliterat der Medici, benannte ihn 1565 als einen der wichtigsten Florentiner Künstler neben Bronzino, Vasari und Michele Torsini (1503–1577). Das Gemälde ist in der Fotothek der Fondazione Zeri unter der Nr. 34276 archiviert. CHF 400 000 / 600 000 (€ 363 640 / 545 450)
  • 47. 3025
  • 48. Gemälde Alter Meister | 46 3025* PIER FRANCESCO DI JACOPO FOSCHI (1502 Florence 1567) Madonna and Child with the Infant St John the Baptist. Oil on panel. 109 × 85 cm. Provenance: - Michael Voggenauer Collection, Cologne, 1979. - British Railway Pension Fund, until 1994. - Sotheby‘s auction, London, British Railway Pension Fund, 7.12.1994, Lot 28. - European private collection. Exhibited: On loan to the Detroit Institute of Arts, 1982–1994 (loan from the British Railway Pen- sion Fund). Literature: Apollo, July 1979, p. 70, with ill. The museum-quality painting offered here is one of Pier Francesco di Jacopo Foschi‘s major works. Foschi, who was largely unknown amongst researchers until he was rediscovered by the art historian Roberto Longhi in 1953, is today considered one of the leading Florentine painters of the 16th century. The son of Jacopo Foschi (1463–1530, who was a pupil of Botticelli (1445–1510), he studied in the workshop of Andrea del Sarto (1486–1530) until 1530. Created probably between 1530 and 1540, this high quality and very well-preserved work can be dated to the period when the artist was working with and under Jacopo da Pontormo (1494–1557) in particular. While in his early works Foschi’s artistic style was largely influenced by the paintings of his teacher Andrea del Sarto, during this time he abandoned the descriptive-narrative elements in favour of an emphasis on the mystical-religious and made his compositions increasingly schematic, as witnessed also in the painting here: The figure of the Madonna, depicted in three-quarter profile, is in the centre of the composition. Wrapped in a pale red robe, with a yellow veil draped around her shoulders, her lowered gaze and her body arranged in a slightly s-shaped curve, draw our attention down to- wards the Infant Jesus. As he rests on her blue cloak, she tenderly holds his arm. The feet of the Infant Jesus then lead the eye to the lower left corner of the picture, and thus to the Infant John, who raises his head towards the Madonna pointing the way back towards the upper half of the picture. There, two angels, flanking Mary closely on the right and left, open the green cur- tain and present the intimate scene to our gaze. Stylistically committed to Mannerism, with the interlocking arrangement of the figures the pictorial space appears tightly compressed; at the same time the rhythmic composition of gaze, hands and curved bodies creates a lively dynamic. The precise use of colours and the delicate skin tones of the figures complete this masterly depiction. Whiletheelongatedfiguresareredolentof Michelangelo,inthisperiodFoschi’scompositions appearaltogethermorerigorousandstructured thanbefore.Theyarealsoreminiscentofthepain- tingofFra’Bartolomeo(1472–1517)andanticipate pictorialconceptsoftheCounter-Reformation. Pier Francesco di Foschi painted numerous altarpieces and frescoes for influential sponsors in Florence, which was flourishing both econo- mically and artistically. These included The Re- surrection (1537), The Transfiguration of Christ (circa 1545) and The Immaculate Conception (circa 1545) for the Church of S. Spirito. The frescoes of the oratory of Villa Rosselli del Turco were produced around the same time. Foschi was also involved in collective commis- sions for the Medici, such as the painting of Villa Careggi under Jacopo Pontormo, and the festive decorations for the marriage of Cosimo I to Eleonora of Toledo (1539) and Francesco de‘Medici to Joanna of Austria (1565). In 1564, together with artists including Agnolo Bronzino (1503–1572) and Giorgio Vasari (1511–1574, Foschi was one of the founding members of the commission for the Accademia delle Arti del Disegno, where he held positions of great responsibility until his death. In 1565 Vincenzo Borghini, the court writer for the Medici, named him as one of the most important Florentine artists alongside Bronzino, Vasari and Michele Torsini (1503–1577). The painting is listed in the archive of the photo- graphic collection of the Fondazione Zeri under number 34276. CHF 400 000 / 600 000 (€ 363 640 / 545 450)
  • 49.
  • 50. Gemälde Alter Meister | 48 3026 SÜDLICHE NIEDERLANDE, UM 1480/90 Geburt Christi. Öl auf Holz. 44,7 × 32 cm. Gutachten: Dr. Michaela Schedl, 15.7.2019. Provenienz: - Galerie Leegenhoeck, Paris, 1982. - Schweizer Privatbesitz. Diese sehr schön erhaltene Tafel, deren Entste- hung Dr. Michaela Schedl um 1480/90 datiert, könnte als Einzeltafel oder als Mitteltafel eines kleinen Flügelretabels in einem Wohnraum als Andachtsbild gedient haben. Dargestellt ist eine fünfköpfige Personengruppe in einer Dreieckskomposition vor einem ruinö- sen, gemauerten Gebäude mit Strohdach: Im Bildvordergrund knien Maria und Joseph vor dem nackten Jesuskind. Über die Mauer des Gebäudes hinter ihnen schauen zwei Hirten mit zurückgeschobenen Kapuzen in den Stall. In einem kleineren Massstab dargestellt, liegen beziehungsweise stehen Ochs und Esel hinter der Gottesmutter. Der Ochse hat ein Büschel Heu im Maul, das er aus dem Steintrog vor ihm holt. Seinen Blick hat er auf das vor ihm liegende Jesuskind gerichtet. Am oberen Bildrand ist der segnende Gottvater in einer Wolkengloriole vor einer gelb-roten Lichterscheinung zu sehen. Von ihm gehen vier Goldstrahlen aus, die zum Gottessohn führen. Letzteren umgibt eine gol- dene Strahlengloriole, die von einem hellblauen Band gerahmt wird. Wie Dr. Michael Schedl in ihrem ausführlichen Gutachten darlegt, verknüpft die hier dargestell- te Szene der Geburt Christi zwei ikonographi- sche Motive in drei Bildzonen, die aus verschie- denen Textquellen stammen: Die Geburtsszene im Vordergrund lehnt sich an einen Bildtypus an, der in der nordalpinen Buch- und Tafelmalerei seit der Zeit um 1400 verbreitet war und in den „revelationes“ der heiligen Birgitta von Schweden (1303–1373) wurzelt. Diesen Visionen entstammt das Motiv des nackten, auf dem Boden liegenden Kindes in der Strahlengloriole, der goldenen Haare Mariens sowie die Darstellung Josephs, der mit einer Kerze in den Stall kommt. Auch der lichtspendende Gottvater am oberen Bildrand kommt schon bei den frühesten birgittinischen Bildern vor, obwohl das nicht Teil der Vision ist. In der späteren Zeit sind – wie hier – nur noch lose Verbindungen zur Vision zu sehen. Von den beiden anbetenden Hirten im Mittelgrund berichtet das Lukasevangelium (Lk 2,15–16): „Als die Engel sie [= die Hirten] verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden liess. So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.“ Die verschiedenen Motive und die Gestaltung der Landschaft, weisen laut Dr. Schedl auf einen Maler hin, der in den südlichen Niederlanden tätig war. So lassen sich motivische Parallelen der hier angebotenen Tafel zu einer Geburt Christi ausmachen, die dem in den südlichen Niederlanden tätigen Maler Jacques Daret (1404–1468) zugeschrieben und um 1434/35 datiert wird. Sie gelangte in das Museo Thyssen Bornemisza in Madrid (Inv. Nr. 124/1935.17). Weitere Verbindungen lassen sich zu einer fast doppelt so großen Geburt Christi feststellen, die Teil eines Flügelretabels war. Sie wird ebenfalls in die südlichen Niederlande lokalisiert, um 1460 datiert und befindet sich heute in New York im Metropolitan Museum of Art (Inv. Nr. 32.100.39). CHF 35 000 / 50 000 (€ 31 820 / 45 450)
  • 51. 3026
  • 52. Gemälde Alter Meister | 50 3027* LUCAS CRANACH D. Ä. (WERKSTATT) (Kronach 1472–1553 Weimar) Martin Luther (1483–1546). Um 1543. Öl auf Holz. Rechts mittig mit Lindwurm signiert und schwer leserlich datiert: 154(...). 19,6 × 14,5 cm. Gutachten: Dr. Werner Schade (als Lucas Cranach d. J.). Provenienz: Europäischer Privatbesitz. Dr. Michael Hofbauer, der das hier angebote- ne Gemälde im Original untersucht hat und von einer Entstehung in der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä. ausgeht, datiert es um 1543 und deutet darauf hin, dass dieses Porträt als linkes Pendant zu einem Bildnis von Philipp Melancht- hon (1497–1560) entstanden sein muss. Dr. Dieter Koepplin, der das Gemälde anhand einer Fotografie untersucht hat, schliesst sich dieser Meinung einer Entstehung in der Werk- statt oder im engen Umfeld Cranachs an. Dr. Werner Schade, der von einer eigen- händigen Ausführung des Sohnes, Lucas d. J. (1515–1586) ausgeht, vergleicht unser Gemälde mit dem 1543 datierten Bildnispaar Luthers und Melanchthons in den Staatlichen Museen in Kassel (Inv. Nr. GK17) und deutet auf die Unterschiede im Vergleich zu den frühen Beispielen dieses Bildnistypus, in dem Luther noch mit einem Buch in den Händen dargestellt wurde, so beispielsweise in dem 1532 datierten Bildnispaar in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden (Inv. Nr. 1918). CHF 30 000 / 50 000 (€ 27 270 / 45 450) 3027
  • 53. | 51 3028 SCHWABEN, UM 1480 Doppelseitiges Tafelbild: Tod Mariens und drei Heilige in ganzer Figur - Heiliger Sylvester, Heili- ger Hieronymus und Heiliger Martin. Öl auf Holz. 95,5 × 104,5 cm. Provenienz: - Auktion Neumeister, München, November 1986, Los 585 (als Schwaben um 1470). - Auktion Vogler, Basel, 22.11.2003 (als Schwä- bischer Künstler um 1480). - Schweizer Privatsammlung. Ludwig Meyer identifiziert diese Tafel als eine Arbeit eines schwäbischen Meisters um 1480 (Schreiben vom 6.11.2011). Er weist ferner darauf hin, dass sie einst Teil eines Zweiflügel- altars mit Themen zum Marienleben bildete, der ursprünglich aus vier Tafeln bestand. Dabei zeigten die 4 Kehrseiten je 3 Heilige, stehend in ganzer Figur (insgesamt 12). Die Tafel rechts oben ist bisher nicht wieder aufgetaucht; die 3 anderen Tafeln waren zuletzt in der Neumeister Auktion im November 1986 komplett, allerdings wurden sie danach getrennt. Dargestellt sind bei unserer Tafel auf der einen Seite der Tod Mari- ens (ehemals Innenseite) und auf der anderen drei Heilige in ganzer Figur (ehemalig Aussen- seite) mit dem Heiligen Sylvester, dem Heiligen Hieronymus und dem Heiligen Martin. CHF 20 000 / 30 000 (€ 18 180 / 27 270) 3028 3028
  • 54. Gemälde Alter Meister | 52 3029 MEISTER DER MAGDALENEN-LEGENDE UND WERKSTATT (tätig um 1483–1526 in Brüssel) Madonna mit Kind. Öl auf Holz. 41 × 30,5 cm. Provenienz: - Privatsammlung, Barcelona. - Auktion Christie’s, London, 1.11.1991, Los 108. - Schweizer Privatsammlung. Diese Tafel des Meisters der Magdalenen-Le- gende entstand zwischen dem Ende des 15. Jahrhunderts und den 1520er-Jahren in Brüssel, in einer Zeit, als sich kleinformatige Marien- darstellungen zur privaten Andacht grosser Beliebtheit erfreuten. Mit feinstem Pinselstrich sind Inkarnat und Kleidung der Figuren detail- reich gemalt und die Innigkeit zwischen Mutter und Kind liebevoll dargestellt. Die rote Farbe des Gewands der Maria und die rote Nelke als traditi- onelle Symbole der ehelichen Liebe verweisen hier auf die bevorstehende Passion Christi und seine Liebe zu Gottvater. Der Bildtypus der Madonna mit der Nelke entstammt der italienischen Renaissance – wie beispielsweise Leonardo da Vincis (1452–1519) Madonna mit der Nelke, welche um 1475 entstanden ist – und bezeugt den kulturellen Austausch zwischen Italien und Flandern im späten 15. Jahrhundert. Eine wohl etwas früher entstandene erste Version dieser Komposition, die Rogier van der Weyden (um 1400–1464) und seinem unmittelbaren Umfeld zugeschrieben wird, befindet sich im Museum voor Schone Kunsten in Gent (Inv. Nr. 1954-s). Tatsächlich steht der Meister der Magdalenen-Legende, der seinen Notnamen aufgrund mehrerer um 1515–1520 geschaffener Altarbilder mit Szenen aus dem Leben von Maria Magdalena erhielt, stilistisch sehr nahe am Oeuvre von Rogier van der Weyden, wie auch in dem hier angebotenen Gemälde deutlich wird. Zahlreiche Altarwerke und Porträts des Meis- ters der Magdalenen-Legende sind bekannt, darunter mehrere Kompositionen mit Maria und dem Kind, unter anderem eine mit feinem Goldgrund im Museum Mayer Van den Bergh in Antwerpen (Inv. Nr. 384, Öl auf Holz, 31 × 21 cm, siehe Sandrine Vézilier-Dussart, (Hg.): Ausst. Kat. Splendeurs du maniérisme en Flandre 1500–1575, Cassel 2013, Abb. 1, S. 84). Bei unserem Gemälde wählte der Meister einen dunklen Hintergrund, wie auch bei der Madonna mit Kind, ehemals in der Sammlung Stroganoff (siehe ebd., Kat. Nr. 4, S. 84–85), wodurch der rote Umhang der Maria und die Nelke noch verstärkt an Leuchtkraft gewinnen. CHF 80 000 / 150 000 (€ 72 730 / 136 360)
  • 55. 3029
  • 56. Gemälde Alter Meister | 54 3030* ALBRECHT KAUW (Strassburg 1616–1681 Bern) Jiphtach begegnet seiner Tochter vor den Toren von Mizpe. Öl auf Leinwand. 144,5 × 128 cm. Provenienz: - Wohl Schloss Utzingen, Schweiz. - Süddeutscher Privatbesitz. - Privatsammlung, Dresden. - Galerie Heinrich Kühl, Dresden, 1955 (verso Etikett). - Europäischer Privatbesitz. Literatur: Georges Herzog: Albrecht Kauw, 1616–1681. Der Berner Maler aus Strassburg, Schriften der Bürgerbibliothek Bern, Bern 1999, Kat. Nr. N5, S. 352. Das hier vorliegende Gemälde gehört gemäss Georges Herzog zu einer Gruppe von alttesta- mentarischen Szenen, die vermutlich ursprüng- lich die Räumlichkeiten von Schloss Utzingen schmückten. Zu diesem Zyklus zählte ebenfalls eine Darstellung des Untergangs der Ägypter im Roten Meer (siehe Herzog 1999, Kat. Nr. N6), welche wie das hier angebotene Gemälde 1955 in Dresden verkauft wurde, wobei der Unter- gang der Ägypter von den Staatlichen Museen, Schloss Meiningen (Thüringen) erworben wur- de. Das dritte Gemälde des Zyklus verblieb laut Rechnungsbeleg der Galerie in Privatbesitz. Dargestellt ist die Szene, in der Jiphtach aus der Schlacht gegen die Ammoniter nach Mizpe nach Haus zurückkehrt und von einem aus dem Stadttor tretenden Zug musizierender Jung- frauen empfangen wird, der durch seine Tochter angeführt wird. Dabei hatte Jiphtach gelobt, das erste, was ihm zu Hause begegne, Gott zu opfern, sollte er lebendig von der Schlacht zurückkehren. Der in Strassburg geborene Künstler Albrecht Kauw war hauptsächlich in Bern tätig und für seine Genreszenen, Porträts, Landschaften, topographischen Ansichten und Stillleben bekannt. Georges Herzog datiert das hier an- gebotene Gemälde nach 1664 (siehe Literatur). Besonders hervorzuheben sind die Figuren, die durch kostbare Kleidung und individuelle Gesichtszüge vor einer imposanten Stadtland- schaft charakterisiert sind. CHF 60 000 / 80 000 (€ 54 550 / 72 730)
  • 58. Gemälde Alter Meister | 56 3031* HANS VREDEMAN DE VRIES (Leeuwarden 1527–1604 Antwerpen) Gotisches Kircheninterieur. 1594. Öl auf Holz. Unten links auf der Säule signiert, datiert und bezeichnet: H. Vries 1594 AETA. 67 AN. 24,5 × 39,7 cm. Provenienz: - Sammlung Julius Franz Herzog zu Saxen Engern und Westfalen (1641–1689), gemäss Wappen auf Siegelwachs verso. - Sammlung Konsul Karl Weniger (1841–1905) (gemäss Dorotheum-Katalog). - dessen Auktion, Dorotheum, Wien, 7.5.1906, Los 66. - Deutsche Privatsammlung. - Frye Sohn, Münster, 1992. - Deutsche Privatsammlung. Ausstellungen: - Von Bruegel bis Rubens. Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei, Wall- raf-Richartz-Museum, Köln, 4.9.–22.11. 1992 / Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen, 12.12.1992–8.3.1993 / Kunsthistorisches Museum Wien, 2.4.–20.6.1993. - Divine Interiors. Experience churches in the age of Rubens, Museum Mayer van den Bergh, Antwerpen, 17.6.2016–16.10.2016. Literatur: - Jan Briels: Vlaamse schilders en de dageraad van Hollands Gouden Eeuw 1585–1630 met biografieën als bijlage, Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen 1997, S. 124, Abb. 186. - Ausst. Kat. Von Bruegel bis Rubens. Das golde- ne Jahrhundert der flämischen Malerei, hrsg. von Ekkehard Mai und Hans Vlieghe, Wall- raf-Richartz-Museum, Köln, 4.9.–22.11.1992, Köln 1992, S. 388–390, Nr. 58.2, mit Farbab- bildung. - Ausst. Kat. Van Brueghel tot Rubens. De Ant- werpse schilderschool 1550–1650, hrsg. von Erik Vandamme, Royal Museum of Fine Arts, Antwerpen, 12.12.1992–8.3.1993, Gent 1992, S. 300–301, Nr. 144. - Heiner Borggrefe / Vera Lupkes / Paul Huven- ne / Ben van Beneden (Hg.): Hans Vredeman de Vries und die Renaissance im Norden, Aus- st. Kat. Weserrenaissance-Museum Schloss Brake/ Lemgo, 26.5.–25.8.2002 / Royal Muse- um of Fine Arts, Antwerpen, 15.9.–8.12.2002, Antwerpen 2002, Kat. Nr. 164. - Thomas Fusenig: Netherlandish Church Pictures around 1600 – Their Meaning and Use. Netherlandish Artists in Gdansk in the Time of Hans Vredeman de Vries, Konferenz im Muzeum Historyczne Miasta Gdanska, 20.–21.11.2003, Gdansk 2006, S. 93–101, S. 94, Abb. 2. - Bernard M. Maillet / Pierre Loze (u.a.): Intérieurs d‘Églises 1580–1720. La peinture architec- turale des Écoles du Nord, Brüssel 2012, Nr. M-1674. - Claire Baisier (Hg.): Divine Interiors. Experience churches in the age of Rubens, Ausst. Kat. Museum Mayer van den Bergh, Antwerpen, 17.6.2016–16.10.2016, Antwerpen 2016, Kat. Nr. 5, S. 64–65. Dieser stimmungsvolle, in Grautönen gehal- tene gotische Kirchenraum besticht durch die Synthese aus architektonischer Virtuo- sität, Simplizität der Szenerie und farblicher Reduktion. Trotz der kabinetthaften Grösse der Holztafel, erschliesst sich dem Betrachter die Monumentalität der räumlichen Gesamtheit eines gotischen Kirchenraums und zeugt derart von ausgesprochener Modernität. Es handelt sich hierbei um das früheste bislang bekannte gotische Kircheninterieur des niederländischen Renaissancemalers Hans Vredeman de Vries aus dem Jahre 1594 und entstand demnach in Danzig, wo sich der Künstler seit 1592 aufhielt. Vredemann de Vries war, bevor er sich auf die Malerei spezialisierte, zunächst als Architekt und in Danzig als Experte für Festungsbau tätig, bis er 1596 mit seinem Sohn Paul an den Hof Kaiser Rudolphs II. nach Prag weiterreiste. In Danzig fertigten Hans und Paul Vredemann de Vries einige bedeutende Werke an, darunter die sieben Gemälde für die Ausstattung der Danziger Sommerratsstube (zwischen 1594–95), über die Karel van Mander berichtete, dass Vredeman „acht stucken Perspecten, met Historien van de Regeringhe“ malte (siehe Borggrefe, Heiner u.a., ebd., 2002, Kat. 168, S. 323–331). Vor diesem hier angebotenen seltenen Kircheninterieur sind vorwiegend tempelartige Architekturdarstellun- gen von Vredeman de Vries überliefert (siehe Heiner Borggrefe u.a. 2002). Thomas Fusenig hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es Hans und Paul Vredeman de Vries waren, die das Thema des gotischen Kircheninnenraumes aus Antwerpen nach Danzig brachten (Fusenig, ebd., 2006, S. 95). Im Wiener Auktionskatalog von 1906 wird im Zusammenhang mit unserem Kircheninnen- raum eine kleine Innenansicht einer Renaissan- cekirche mit identischen Massen aufgeführt, das sich heute wohl in einer Privatsammlung be- findet (siehe Fusenig in: Biasier 2016, Kat. Nr. 5, S. 64, Fussnote 1). Vermutlich waren die beiden Werke einst als Gegenstücke konzipiert. Es ist anzunehmen, dass die fehlende Staffage auf dem vorliegenden Gemälde sowie auf dem Pendant mit der Innenansicht eines Renaissan- cepalastes entweder von einem auf Figuren- malerei spezialisierten Künstler ergänzt werden sollte, oder diese als Modello im Atelier des Künstlers als Vorlage für grössere Kompositio- nen dienten. Hervorzuheben ist der Seltenheitswert dieses hier angebotenen gotischen Kirchenraumes von musealer Qualität sowie die bemerkens- werte Provenienz. Im 17. Jahrhundert verweilte die Kirchenansicht in der Sammlung des Julius Franz Herzog zu Saxen Engern und Westfa- len (1641–1689), dessen Wappen umrahmt von seinen Anfangsbuchstaben (Von Gottes Gnaden Julius FRanz Herzog Zu Saxen Engern Und Westfalen) verso auf rotem Siegelwachs angebracht ist (Abb. 1). CHF 60 000 / 80 000 (€ 54 550 / 72 730) Abb. 1