Illokutionsidentifikation nach Holger Schmitt 2000: die Struktur von Sprechakten, Illokution und Lokution, illokutionäre Rolle von Sprechakten, Indikatoren der illokutionären Rolle, Intention des Sprechers, Kriterien für Illokutionsidentifikation, Erweiterungsprobe, Weglassprobe, Illokution und Proposition usw.
Reduplikationsbildung im Deutschen / Reduplikacija u nemačkom jeziku
Textlinguistik: Illokutionsidentifikation
1. Thema 2
Die illokutionäre Rolle und
Illokutionsidentifikation
Germanistische Linguistik 7 − Einführung in die Textlinguistik
2. Quelle/Literatur
Schmitt, Holger. 2000. Zur Illokutionsanalyse monologischer
Texte. Ein Konzept mit Beispielen aus dem Deutschen und
Englischen. Frankfurt am Main: Peter Lang.
Kapitel 4: Illokutionsidentifikation, S. 51−101.
Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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4. Was ist ein Sprechakt?
Sprechakte sind Grundeinheiten/Grundbausteine des
sprachlichen Handelns:
Einmal Currywurst mit Pommes, bitte.
Das macht dann 2 Euro 50.
Macht nichts.
Hallo!
Es tut mir leid.
Ich schaue mich nur um.
Ich möchte das gerne umtauschen.
Haben Sie das auch in M?
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5. Die Struktur von Sprechakten
(nach Austin)
Lokutionärer Akt (Lokution) − die sprachliche Form eines Sprechaktes
Illokutionärer/illokutiver Akt (Illokution) − der intendierte Zweck eines
Sprechaktes
Perlokutionärer Akt (Perlokution) − die tatsächliche Wirkung eines Sprechaktes
Kann ich bitte eine Tüte haben? (beim Einkaufen)
Ich gebe Ihnen 15 Euro dafür. (beim Einkaufen/Feilschen)
Darf ich Dir ein Getränk ausgeben? (beim Flirten)
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6. Die Illokution
Die Illokution:
der intendierte Zweck einer Äußerung /
die kommunikative Funktion einer Äußerung /
die Intention des Sprechers /
das Ziel der Sprechers /
das, was der Sprecher mit seiner Äußerung erreichen möchte;
Mir ist übel. (Bitte um Hilfe / Antwort auf eine Frage / Erklärung…)
Einen Tisch für 3 Personen, bitte. (im Restaurant)
Sind da Zucker oder Kohlenhydrate drin? (im Restaurant o. Ä.)
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7. Zur Terminologie
Begriffsklärung: Sprechakt vs. Illokution
Die Illokution ist, streng genommen, nur einer der drei Aspekte eines
Sprechaktes.
Für die Sprechakttheorie und für die linguistische Pragmatik ist die Illokution
jedoch der zentrale, wesentliche Aspekt eines Sprechaktes.
Es ist der intendierte Zweck, die intendierte kommunikative Funktion eines
Sprechaktes als einer sprachlicher Handlung. Damit ist die Illokution die
minimale Einheit sprachlicher Funktion.
Da sich die Sprechakttheorie auf die Funktion von Äußerungen als sprachlichen
Handlungen fokussiert, werden die Begriffe/Termini ´Sprechakt´ und ´Illokution´
in der Sprechakttheorie und in der Pragmatik oft als Synonyme verwendet.
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8. Begriffsklärung: Sprechakt vs. Illokution
Wenn z. B. von Illokutionsidentifikation, Illokutionsklassifikation usw. der Rede ist,
ist damit oft (auch) die Identifikation von Sprechakten,
die Klassifikation von Sprechakten usw. gemeint!
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10. Illokutionäre Rolle
Unter illokutionärer Rolle versteht man verschiedene Aufgaben, die Äußerungen
übernehmen/erfüllen können. Sprechakten/Illokutionen liegt immer eine (bewusste
oder unbewusste) Intention des Sprechers zugrunde, die auf ein bestimmtes Ziel
ausgerichtet ist − indem jemand etwas sagt, will er etwas erreichen. (Schmitt 2000, 41)
z. B.
Schön das du endlich da bist. Vorwurf, weil sich der Gesprächspartner verspätet hat;
Mitgefühl mit dem Gesprächspartner, der eine beschwerliche Reise hinter sich hat usw.
Eine kurze Zwischenfrage, bitte. den Sprecher, der aktuell das Wort hat, unterbrechen,
um eine Frage zu stellen;
Ja, das könnte ich mir gut vorstellen. positive Rückmeldung geben; usw.
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11. Illokution vs. Lokution
Illokution − der Zweck der Äußerung / das Ziel des Sprechers, seine Intention
die Lokution − die Form der Illokution
Die Illokution und die Lokution stehen in keinem festen Verhältnis zueinander.
Zwischen Illokution und Lokution (d. h. zwischen Intention und Form) herrscht
keine Eins-zu-eins-Beziehung.
Eine Intention (= Illokution) kann in der Regel auf unterschiedliche Art und
Weise zum Ausdruck gebracht werden.
Eine Form (= Lokution) könnte hypothetisch in der überwiegenden Mehrheit der
Fälle unterschiedliche Intentionen (= Lokutionen) zum Ausdruck bringen.
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12. Eine Illokution − mehrere Lokutionen
Aufforderung, das Fenster zu Schließen (Maas & Wunderlich 1972: 151−161):
Monika, mach das Fenster zu!
Monika, machst du mal das Fenster zu?
Monika, bist du mal so nett und machst das Fenster zu?
Monika, würdest du bitte mal des Fenster zumachen?
Monika, du kannst das Fenster zumachen.
Monika, warum steht das Fenster denn immer noch auf?
Monika, das Fenster steht auf!
Monika, es zieht!
Monika, merkst du denn gar nicht, dass es zieht? u. a. m.
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13. Eine Lokution − mehrere Illokutionen
Es regnet.
Antwort auf die Frage nach dem aktuellen Wetter
Ablehnung eines Vorschlags, einer Einladung (A: Wir könnten vielleicht spazieren gehen?
B: Es regnet.)
Erklärung/Entschuldigung für das eigene Verhalten (A: Hast du die Wäsche aufgehängt? B:
Es regnet.)
Erklärung für Vorkommnisse, Ereignisse u. ä. (A: Warum gibt es denn nur wenige
Menschen im Publikum? B: Es regnet.)
Bitte das Fenster zu schließen, die Wäsche ins Haus zu bringen, selbst nach Hause zu
kommen…
u. v. a. m.
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14. Verhältnis
zwischen Illokution und Lokution
Mit einem Sprechakt verfolgt der Sprecher manchmal mehr als ein Ziel.
Die Intention des Sprechers muss nicht immer auf der Oberfläche zum
Vorschein kommen. Mit anderen Worten, sein Ziel ist nicht unbedingt mit
konkreten sprachlichen Mitteln im Rahmen seines Sprechaktes in eine
direkte, eindeutige Verbindung zu bringen.
Die Illokution/Intention eines Sprechaktes ist mit linguistischen Mitteln alleine
nicht greifbar. (Schmitt 2000, 43)
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15. Eine Illokution − mehrere Funktionen
gleichzeitig
Meine Damen und Herren, bevor wir das Buffet eröffnen, lassen Sie mich an paar
Wort an Sie richten…
2 Illokutionen − mehrere Funktionen: Ansprechen, die Aufmerksamkeit auf sich
ziehen, eine Einleitung machen, die baldige Eröffnung des Buffets ankündigen, um
Geduld bitten usw.
Dann verbleiben wir so… (in der Schlussphase eines Telefongesprächs o. ä.)
das Verabredete bestätigen; signalisieren, dass sich das Gespräch seinem Ende
neigt…
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16. Die Intention des Sprechers auf der
Sprachoberfläche nicht präsent
A zu B: Sieh mal, wie schön diese Husky-Welpen sind! A möchte B
signalisieren, die beiden könnten sich ebenfalls einen Husky anschaffen.
A zu B: Es ist schon fast 18.00 Uhr. A möchte B darauf hinweisen, die
beiden sollten endlich eine Mahlzeit einnehmen.
A zu B: Sind die Schuhe neu? A möchte B einen Vorwurf machen, schon
wieder das Geld für neue Schuhe ausgegeben zu haben.
A zu B: In diesem Jahr gibt es tolle Urlaubsangebote für Silvester. A
möchte B dazu motivieren, gemeinsam eine Silvesterreise zu machen.
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17. IFIDs − Illocutionary Force Indicating Devices
Indikatoren der illokutionären Rolle
sprachliche Mittel wie Modus, Adverbien, adverbiale Bestimmungen,
performative Verben…
Betonung, Intonation und andere paralinguistische Zeichen
Extralinguistische Formen non-verbaler Kommunikation: Mimik, Gestik,
Körperbewegungen, Körperhaltung, Proxemik…
Interpunktion, Layout und andere Aspekte der Textgestaltung
die Umstände, unter welchen die Kommunikation stattfindet
das Verhalten der Gesprächspartner und ihr Verhältnis zu einander
Weltwissen, Erfahrung, Kulturkompetenzen… u. v. a. m.
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18. Illokutionsidentifikation: die Intention
eines Sprechaktes identifizieren
Die Gesprächspartner berücksichtigen − teils bewusst, teils unbewusst − alle
sprachliche und situative Faktoren, die bei der Identifikation eines
Sprechaktes / einer Illokution eine Rolle spielen könnten, und identifizieren
so intuitiv die Intention des Sprechers bzw. eines jeden konkreten
Sprechaktes / einer jeden konkreten Illokution.
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19. Kommunikativer (sprachlicher und non-
verbaler) und situativer Kontext
Kein Problem. / Macht nichts.
Gerne nehmen wir Ihre Einladung ein.
Sie haben aber einen netten Hund!
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20. Versuchen Sie, bei folgenden Sprechakten
die illokutionäre Rolle zu bestimmen.
Vielen Dank, bitte keinen Wein mehr, ich muss noch fahren. (zum Gastgeber)
Darf ich Ihnen etwas anbieten? (zu den Gästen)
Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten! (z. B. bei einem Empfang o. Ä.)
Hier habe ich einige Bedenken. (bei einem Geschäftstermin)
Hut ab!
Meine Damen und Herren, wir kommen doch nicht weiter, wenn alle
gleichzeitig sprechen! (bei einem Geschäftsmeeting)
Wir haben vor mehr als 30 Minuten bestellt. (im Restaurant)
Ich habe mein Getränk ohne Eis bestellt. (im Restaurant)
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Aufgaben 1
21. Versuchen Sie, bei folgenden Sprechakten
die illokutionäre Rolle zu bestimmen.
Das Zimmer ist sehr laut. (im Hotel)
Danke für den schönen Abend. Gute Nacht! (nach einem Date)
Ich habe kein Interesse. (wenn man angesprochen wird)
Hier nach links. (wenn man nach dem Weg gefragt wird)
Ich freue mich, bald von dir zu hören. (in einer E-Mail)
Bitte richten Sie Frau König aus, dass ich angerufen habe. (bei
Telefongesprächen)
Kommen wir zum Thema zurück! (bei einem Meeting)
Mit Blick auf die Uhr müssen wir das Gespräch an dieser Stelle wohl beenden und
auf ein andermal vertagen. (bei einer Konferenz, einem Meeting usw.)
Können wir jetzt das Thema langsam abschließen? (bei einer Besprechung o. Ä.)
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Aufgaben 2
23. Die Frage nach dem physischen Umfang
der Illokution
Die Illokution ist die minimale Einheit sprachlicher Funktion.
Die sprachliche Form einer Illokution (ihr physischer/extensionaler Umfang, der
Umfang eines Sprechaktes) kann unterschiedlich sein. Da sie eine
Handlungseinheit und keine sprachliche Einheit ist, kann die Form keine
entscheidende Rolle spielen. Auf der anderen Seite gibt es auch bestimmte
formale Gesetzmäßigkeiten.
Daher stellt sich die Frage, wie bei konkretem sprachlichem Material
festzustellen ist, ob es sich dabei um eine (und nur um eine) vollständige
Illokution handelt.
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24. Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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• Bitte. / Tschüss.
• Guten Morgen. / Guten Tag, mein Name ist Sara Stein.
• Lass uns losgehen.
• Hast Du heute Abend schon etwas vor?
• Entschuldigung, wo kann hier ich eine Wechselstube finden?
• Würden Sie bitte dafür sorgen, dass diese Briefe heute noch rausgehen!
• Vorsicht, da liegt ein Kabel auf dem Boden!
• Ich danke dem Referenten Herrn Hafner für seinen anregenden Beitrag und übergebe
das Wort an unsere nächste Referentin, Frau Müllerstein.
• Bei unserer Abteilungsleiterin, Frau Koch, findet zur Feier ihres zwanzigjährigen
Jubiläums in der Firma heute Nachmittag, um 17 Uhr, ein kleiner Umtrunk statt. Sie lässt
ausrichten, sie würde sich freuen, wenn Sie auch kämen.
• Am Samstagabend treffen sich ein paar Kollegen bei mir zu Hause. Wenn Sie wollen, sind
Sie gemeinsam mit Ihrer Gattin herzlich eingeladen.
Handelt es sich bei den
folgenden Beispielen
um vollständige
Illokutionen?
Wenn ja, ist es jedes
Mal eine und nur eine
vollständige Illokution?
Denken Sie darüber nach
25. Der physische Umfang der Illokution
nach Austin und Searle
Austin und Searle setzen Sprechakt und Satz vom Umfang her gleich
(Schmitt 2000, 51).
Referenz + Prädikation = Proposition = Illokution
Referenz − Referieren/Hinweisen auf diverse Größen (z. B. auf Personen,
Gegenstände, Institutionen usw.)
Prädikation − Zuschreibung von Tätigkeiten, Eigenschaften o. Ä. an die Größen,
an die referiert wird
Proposition − Inhalt einer Aussage, Aussage
Das Essen ist fertig. / Die Sonne scheint den ganzen Tag. / Maria singt schön.
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26. Referenz, Prädikation und Proposition
Das Wasser kocht.
Die Erde dreht sich um die Sonne.
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Referenz
das Wasser
Prädikation
kocht
Proposition
Das Wasser kocht.
Referenz
die Erde
Prädikation
dreht sich
um die
Sonne
Proposition
Die Erde dreht sich
um die Sonne.
27. Proposition und Illokution
Die Beispiele, bei welchen eine Proposition und eine Illokution von dem
Umfang her identisch sind gibt es tatsächlich viele.
Der Akku von meinem Laptop lädt nicht mehr.
Herr Schneider ist leider gerade auf einer Geschäftsreise.
Auf der anderen Seite ist das keinesfalls die Regel. Illokutionen lassen sich
mithilfe von unterschiedlichen grammatischen Entitäten realisieren.
(Schmitt 2000, 55)
Der Akku von meinem Handy ist schon wieder leer.
Herr Schneider ist schon wieder auf einer Geschäftsreise.
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28. Realisierungsformen von Sprechakten und
Informationskomprimierung
Aus sprachökonomischen Gründen werden Sprechakte/Illokutionen häufig
elliptisch oder präsuppositional realisiert.
Searle (nach Schmitt 2000, 65): I think there is operating in our language, as in
most forms of human behavior, a principle of least effort, in this case, a
principle of maximum illocutionary ends with minimum phonetic effort.
Wo zum Teufel hast du die ganze Zeit gesteckt?
Ach du meine Güte, was macht er da?
Kann ich jetzt endlich auch etwas sagen?
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29. Sätze/Propositionen,
die keine selbstständigen Illokutionen sind
Während, auf der einer Seite, zahlreiche Illokutionen sprachlich elliptisch
realisiert werden, gibt es, auf der anderen Seite, auch viele Sätze, die keine
selbstständigen Illokutionen darstellen.
Der Kollege, den ich um Hilfe bitten wollte, meldet sich nicht.
Er war 25, als er seinen Abschluss gemacht hat.
Es freut mich, dass Sie da sind.
Er behauptet, nichts von der ganzen Sache gewusst zu haben.
Alles sieht danach aus, dass die Regierungspartei die nächsten Wahlen verlieren wird.
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30. Daraus folgt…
Das Verhältnis zwischen Grammatik als Form und Pragmatik als Ziel ist
flexibel. Illokutionen sind grammatisch kaum zu fixieren (Schmitt 2000, 105).
Nicht die grammatische Struktur ist ausschlaggebend für den illokutionären
Status einer sprachlichen Entität, sondern ihre kommunikative Funktion
(Schmitt 2000, 105). Die Frage nach dem illokutionären Status einer
grammatischen Entität muss daher aus ihrer kommunikativen Funktion und
nicht aus ihrer Form abgeleitet werden (Schmitt 2000, 76).
Eine sprachliche Entität ist dann eine eigenständige Illokution, wenn es als
Träger einer eigenständigen kommunikativen Intention fungiert (Schmitt
2000, 69).
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31. Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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Sprechakte/Illokutionen
vollstädnig
ausgeformt
unvollständig
realisiert
elliptisch
präsuppositional
Verhältnis von Satz und Illokution − ein Überblick
32. Identifikationskriterien
Schmitt, 2000: 59
EINE ILLOKOKUTION IST DANN ANZUNEHMEN, WENN EIN…
ÄUßERUNGSFRAGMENT SO ERGÄNZT ODER UMGEFORMT WERDEN KANN, DAS
ES EINE SELBSTSTÄNDIGE (GRAMMATISCH UNABHÄNGIGE) UND
VOLLSTANDDIGE PROPOSITION ERGIBT, WENN DABEI DIE RESTPROPOSITION
IHRE EIGENSTÄNDIGE ILLOKUTIONÄRE FUNKTION UNVERÄNDERT BEIBEHÄLT.
HIERBEI IST WEDER NACH EINER SYNTAKTISCHEN NOCH NACH EINER
SEMANTISCHEN (INFORMATIONSSTRUKTURELLEN) ERWEITERUNGSFÄHIGKEIT
DES ÄUßERUNGSTEILS GEFRAGT, SONDERN NACH EINER PRAGMATISCHEN, DIE
SICH DARIN MANIFESTIERT, DASS DAS ERWEITERTE FRAGMENT INNERHALB
DESSELBEN KONTEXTES DIE GLEICHE VOM SPRECHER INTENDIERTE AUFGABE
ERFÜLLT WIE DAS FRAGMENT SELBST.
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33. Methoden zur Anwendung von
Identifikationskriterien 1
1. ERWEITERUNGSPROBE:
Ergänzung eines Äußerungsfragmentes, um festzustellen, ob es sich zu einer
vollständigen und selbstständigen Äußerung umformulieren lässt (Schmitt
2000, 59);
Beispiel:
Er hat bei dem Wettkampf nur den zweiten Platz belegt.
Er hat bei dem Wettkampf den zweiten Platz belegt. Meiner Meinung nach ist
das eine Enttäuschung.
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34. Methoden zur Anwendung von
Identifikationskriterien 2
2.WEGLASSPROBE (OMISSIONSPROBE) UND/ODER UMFORMULIERUNG:
Streichen von Äußerungsfragmenten, um festzustellen ob und inwieweit sich die
Äußerungsbedeutung verändert (Schmitt 2000, 61);
Das Äußerungsfragment gilt als eine selbstständige Illokution, wenn es sich
dabei herausstellt, dass es kommunikativ eigenständig ist (Schmitt 2000, 109)
Das Äußerungsfragment gilt als keine eigenständige Illokution, wenn sich dabei
herausstellt, (a) dass es kommunikativ untergeordnet ist (z. B. nur
Nebensächliches zum Ausdruck bringt) oder (b) dass die Aussage bei seinem
Weglassen verfälscht, ungenau oder unvollständig wird, dass sie eine soziale
Norm verletzen würde oder dass man sie dann falsch verstehen würde (Schmitt
(108−109).
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35. Weglassprobe und/oder Umformulierung
− Beispiele
Es freut mich sehr, dass Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind.
Sie protestiert so heftig gegen den neuen Dienstplan, als ob es eine Frage von Leben und
Tod wäre.
Ich habe langsam den Eindruck, er würde mit Absicht unser Vorhaben sabotieren.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn bei den Probedurchgängen nicht gleich alles
reibungslos läuft.
Das Buch, das du mir beim letzten Mal geliehen hast, konnte ich noch nicht zu Ende lesen.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten. / Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Er hat versprochen, diesmal pünktlich zu kommen.
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36. Illokutionsidentifikation − Aufgabe 1
Identifizieren Sie beim folgenden Text die Illokutionen.
(Schmitt 2000, 198)
Nachricht auf dem Anrufbeantworter:
Ja, hallo Holger. Hier ist der Michael. Ich hatte gesagt, ich melde mich mal
wegen heute Abend. Leider kann ich heute Abend nicht kommen, das hat aber
auch einen ganz speziellen Grund: Meine Frau hat nämlich am Donnerstag
einen Sohn zur Welt gebracht. 49 cm groß, 3200 Gramm schwer, er heißt
Niklas, ist auch gesund, Mutter ist auch gesund. Und dann brechen natürlich
jetzt hier einige Dinge auf, die vorbereitet werden müssen, und da bin ich gut
beschäftigt. Insofern würde ich einfach mal sagen, wir sehen uns am
Mittwochabend, wie verabredet. Bis dann, Tschüss.
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37. Illokutionsidentifikation − Aufgabe 2
Identifizieren Sie beim folgenden Text die Illokutionen.
(Schmitt 2000, 214)
Mitteilung an die Mitarbeiter eines Kursanbieters:
Benutzung des neuen Kopierers. Sehr geehrte Damen und Herren, um Ihnen
die Unterrichtsgestaltung zu erleichtern, stellen wir Ihnen ein neues
Kopiergerät zur Verfügung, über dessen Bedienung Sie sich freundlicherweise
bei Frau Huber sachkundig machen. Haben Sie bitte dafür das Verständnis,
dass wir die Ausgaben für Kopien an den durch das Arbeitsamt bewilligten
Mitteln bemessen müssen, so dass wir Ihnen zunächst ein monatliches
Kontingent von 200 Kopien pro Monat als Richtgröße zur Verfügung stellen.
Sollte es hiervon notwendige Abweichungen geben, sprechen Sie bitte
rechtzeitig bei mir vor. Ihre persönliche Code-Nummer lautet 12345.
Umfangreichere Kopierarbeiten, wie z. B. Konzeptionen,
Ausbildungsverordnungen, die nicht zum unmittelbaren Lernaufwand der
Teilnehmer gehören, sowie Foliensätze werden nach meiner Zustimmung über
die Sekretariate kopiert. Zusätzliche Anregungen nehme ich gerne entgegen.
Mit freundlichen Grüßen, Herbert Schulze, Schulleiter
Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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38. Illokutionsidentifikation − Aufgabe 3
Identifizieren Sie beim folgenden Text die Illokutionen.
(Schmitt 2000, 125)
Beginn einer politischen Rede:
Vielen Dank, Her Präsident! Liebe Parteifreunde! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Als wir, fast auf den Tag genau, vor einem Jahr von unserem
Parteitag in Hannover auseinandergegangen sind, wussten wir, dass ein hartes
Stück Arbeit vor uns liegen würde. Wir, die 295 Abgeordneten von CDU und
CSU, waren mitten in der Umsetzung unseres Programms für mehr Wachstum
und Beschäftigung. Wir haben darin den politischen Handlungsbedarf präzise
benannt und die großen Projekte Steuerreform, Rentenreform,
Krankenkassenreform auf die Bahn gebracht. Wenn ich heute, ein Jahr später,
Bilanz ziehe, stelle ich fest: Wir haben in diesem Jahr mehr zustande gebracht,
als wir uns selbst wohl vor einem Jahr zugetraut hatten. Wir haben − in der
Koalition mit der FDP − schwierige Fragen gemeinsam gelöst. Wir haben keine
einzige Abstimmung verloren…
Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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39. Weiterführende Literatur
Liedtke, Frank. 1998. Grammatik der Illokution: über Sprechhandlungen und
ihre Realisierungsformen im Deutschen. Tübingen: Narr.
Rosengren, Inger (Hrsg.). 1993. Satz und Illokution. Tübingen: Niemeyer.
Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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40. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Prof. Dr. Jelena Kostić-Tomović
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