3. #bcbn16 @domingos2
Wie viele Behinderte gibt es?
• Ca. 1,1 Millionen Sehbehinderte
• Ca. 15 Mio. Schwerhörige und Gehörlose
• ca. 7,5 Mio. funktionale Analphabeten
• Hohe Zahl von Menschen mit kognitiven
Einschränkungen (ADHS, Dyslexie, Legasthemie,
dementielle Erkrankungen…) - damit einher
gehen Gedächtnisprobleme, Konzentrations-
und Lernprobleme, Unsicherheit bei Technik…
6. #bcbn16 @domingos2
Text – zu klein oder zu groß
Du siehst zwar, dass da Text steht, aber gut lesbar ist das
nicht oder? Wäre doch wesentlich einfacher, wenn der Text
ein wenig größer wäre.
Da ist es doch wesentlich
leichter, großen Text zu
lesen. Leider machen sich
viele Nutzer nicht die Mühe,
die Textgröße anzupassen.
• Zu kleiner Text ist schlecht lesbar.
• Zu großer Text kann für
Sehbehinderte mit Gesichtsfeld-
Ausfällen schwierig sein.
• Auf mobilen Geräten ist der Inhalt
oft nicht erkennbar (mangelnde
Responsivität).
• Der Text lässt sich nicht
ausreichend vergrößern, um auf
kleinen Displays noch gut lesbar zu
sein.
• Alle Texte – auch in Bildern oder
Buttons – sollten ausreichend groß
sein, um z.B. auf einem kleinen
Smartphone noch gut lesbar zu sein.
7. #bcbn16 @domingos2
Textfluss
"Für 10 Prozent der Bevölkerung ist
Barrierefreiheit absolut unentbehrlich -für 30-40
Prozent ist sie notwendig -und für 100 Prozent der
Gesellschaft ist eine barrierefreie Umgebung
komfortabel und ein Qualitätsmerkmal"
"Für 10 Prozent der Bevölkerung ist
Barrierefreiheit absolut unentbehrlich -
für 30-40 Prozent ist sie notwendig -
und für 100 Prozent der Gesellschaft
ist eine barrierefreie Umgebung
komfortabel und ein Qualitätsmerkmal"
• Blocksatz erschwert
die Orintierung in lngen
Texten.
• Optimal ist der
linksbündige
Flattersatz, die
ungleichen Zeilenlängen
erleichtern das
Auffinden verlorener
Stellen.
8. #bcbn16 @domingos2
Exotische Schriften
Was zurHölle steht hier
geschrieben?
Was zur Hölle steht hier
geschrieben?
• Serifenschriften und
exotische Schriften
verschlechtern die
Lesbarkeit.
• Verwenden Sie
durchgängig eine gut
lesbare Schrift wie Arial,
Calibri und Ähnliches.
• Ihr könnt auch Schriftarten
verwenden, die diesen
Schriften ähnlich sind.
9. #bcbn16 @domingos2
Zu geringer Kontrast
"Für 10 Prozent der
Bevölkerung ist
Barrierefreiheit absolut
unentbehrlich - für 30-40
Prozent ist sie notwendig -
und für 100 Prozent der
Gesellschaft ist eine
barrierefreie Umgebung
komfortabel und ein
Qualitätsmerkmal.“
• Die Schriftfarbe bietet
nicht ausreichend
Kontrast zum
Hintergrund.
• Störend sind auch
Hintergrund-Effekte
wie Farbverläufe und
Hintergrundbilder.
10. #bcbn16 @domingos2
Störende Effekte
• Störend sind zum Beispiel
Schrifteffekte wie Lauf- und
Blinkschrift oder diagonal
oder horizontal verlaufender
Text
• Störend sind auch
dynamische Elemente wie
endlos flackernde Flash- und
GIF-Animationen, Bewegung
auf dem Screen zieht das
Auge automatisch an und
stört so die Konzentration.
12. #bcbn16 @domingos2
Textlänge
Soziale Barrierefreiheit – wir schaffen das!
31. Januar 2016Barrierefreiheit & Zugänglichkeit
Und wieder geht ein langer Tag mit einem Open Transfer Camp Inklusion zu Ende. Es lohnt sich immer wieder, an dieser Veranstaltung
teilzunehmen. An dieser Stelle ein herzlicher Dank an das Orga-Team der Stiftung Bürgermut, das wie immer einen tollen Job gemacht hat.
Meine Session war wie immer fantastisch besucht – aber Scherz beiseite, ich hoffe, ich habe ein paar Leute zur digitalen Barrierefreiheit bekehrt.
Mein Ausflug nach München hat mich wieder mal an die Wichtigkeit sozialer Barrierefreiheit erinnert. Natürlich ist es wichtig, digitale
Barrierefreiheit sicherzustellen. Es ist aber vielleicht noch wichtiger, soziale Barrierefreiheit zuschaffen. Was meine ich damit?
Wenn ich in einer fremden Stadt unterwegs bin, nutze ich normalerweise Taxis – die Kosten kann ich zumeist meinem Auftraggeber aufs Auge
drücken. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist für einen Blinden sehr stressig. Zunächst muss er überhaupt erst Mal den Haltepunkt finden,
also den Busbahnhof oder die S-Bahn-Haltestelle. Dann muss er herausfinden, ob es die richtige Richtung ist. Eingestiegen ist es manchmal
schwierig, die Durchsagen zu verstehen, ich behelfe mir dabei, vorher die Zahl der Haltestellen herauszufinden, die zwischen Abfahrt und Ziel
liegen und ggf. nachzufragen.
In München habe ich das anders gemacht. Ich habe ein Jahr dort gelebt und es erschien mir absurd, dort ein Taxi zu nehmen. Andererseits ist das
schon wieder acht Jahre her und die Gegend, zu der es ging, habe ich nie bewusst betreten.
Obwohl ich mich rudimentär auskannte, musste ich mich durchfragen: Durchfragen zur Straßenbahn-Haltestelle, durchfragen zum Hotel,
Durchfragen zum Veranstaltungsort. Lustigerweise kannte ich am Ende als Blinder den Weg zum Veranstaltungsort besser als meine sehenden
Kollegen.
Nun muss man wissen, dass es für Blinde oft schwierig ist, nach Hilfe zu fragen. Erstmal müssen sie überhaupt einen Menschen erwischen, was in
einer belebten Straße gar nicht einfach ist. Dann gibt es Leute, die keine Lust zu helfen haben.
Nun gibt es Leute, die niemandem helfen würden und Leute, die keine Lust haben, Blinden zu helfen. Ich glaube aber, dass die Mehrheit der Leute
durchaus bereit ist, anderen Menschen zu helfen. Sie würden gerne helfen, wissen aber nicht, was sie tun können bzw. wo die Person Probleme
hat.
Soziale Barrierefreiheit heißt, bei Nicht-Behinderten ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wo es konkrete Barrieren gibt und was man tun kann, um
sie zu beseitigen. Das gilt nicht nur für Nicht-Behinderte. Bei vielen Körperbehinderten herrscht Ahnungslosigkeit über die Bedürfnisse Sinnes-
oder Lernbehinderter. Das mag auch umgekehrt so sein, das kann ich nicht einschätzen.
Die Sensiblisierung für Barrieren ist ein wichtiges Thema, was auch in allen Sessions angeklungen ist, die ich besucht habe. Es gibt keinen
Zauberweg für diese Aufgabe. Vor allem müssen Behinderte stärker in die Mitte der Gesellschaft und ein Stück Öffentlichkeitsarbeit in eigener
Sache leisten.
Wichtig ist außerdem, dass mehr Öffentlichkeitsarbeit dazu stattfindet. Ich habe mir einen Google Alert zum Thema Leichte Sprache gesetzt. Es
gibt fast täglich Berichte in Lokalzeitunngen über Projekte oder Broschüren in Leichter Sprache. Im Fernsehen wird hingegen in Sendungen ohne
expliziten Behinderungsbezug selten etwas über Behinderte berichtet, was über die übliche Opfer-Schematik hinausgeht. Auch die Öffentlich-
Rechtlichen machen da keine gute Figur.
Last not least muss man aus den Spezialveranstaltungen heraus und auf Veranstaltungen mit anderen Schwerpunkten gehen. Es gibt ja
mittlerweile recht wenige Veranstaltungen mit dem Thema digitale Barrierefreiheit, von dem her haben die Experten mehr Zeit, auf Konferenzen
ohne expliziten Behinderungsbezug zu gehen. es gibt z.B. unheimlich viele Konferenzen mit dem Thema Online-Marketing. Warum nicht einmal dort
hingehen und den Personen mitteilen, wie schlecht zugänglich ihr Marketing für Sinnesbehinderte ist? Die Barrierefreiheits-Community könnte
unheimlich viel zum Thema Usability oder Mensch-Maschine-Interaktion beitragen. Wir haben Sprachausgaben, Spracheingaben oder Eye-Tracking
benutzt, lange bevor das iPhone das Licht der Welt erblickte.
Ich will aber nicht verschweigen, dass es schon viele gute Ansätze gibt. OpenStreetMap versucht, barrierefreie Orte zu markieren, es gibt viele
Behinderte, die in Schulen gehen, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Oftmals kommt es nur darauf an, gute Aktionen weiter zu verbreiten und mehr
Leute zu gewinnen, die dabei mitmachen.
Last not least müssen wir bei allen Menschen das Bewusstsein dafür stärken, dass wir alle einmal auf Hilfe angewiesen sind – und das nichts
Schlimmes daran ist, nach Hilfe zu fragen oder sie anzunehmen. Ich höre immer wieder, wie Blinde Hilfeangebote relativ schroff abgewiesen haben
oder das ein Hilfeangebot als tödliche Beleidigung aufgefasst wurde. Das ist in gewisser Weise verständlich, aber auch schizophren. Man beschwert
sich, wenn man ungefragt Hilfe bekommt , dann beschwert man sich, wenn mankeine Hilfe angeboten bekommt. Blinde müssen lernen, Hilfe richtig
zu erbitten und auch richtig abzulehnen. Es kommt darauf an, konkrete Fragen zu stellen, freundlich zu sein und nicht die Hilflosigkeit in Person zu
spielen, denn zu komplexe Anforderungen überfordern die Leute oftmals. Und man sollte nicht beleidigt sein, wenn die Hilfe nicht oder nicht in der
Form kommt, wie man sie gerne hätte. Die Leute sind nicht dazu da, uns von A nach B zu bringen, damit müssen wir leben lernen.
• Unnötig lange und schlecht
strukturierte Texte
überfordern Lese-
Unerfahrene und führen zu
Leseabbrüchen.
• Ein Text hat dann die
optimale Länge wenn ihr
nichts mehr wegkürzen
könnt, ohne den
Informationsgehalt zu
verringern.
13. #bcbn16 @domingos2
Text – visuelle Struktur
• Unredigierte Texte weisen zu lange Sätze,
Absätze und eine schlechte
Informationsstruktur auf.
• Es fehlen Überschriften und in Listen
strukturierte Informationen.
14. #bcbn16 @domingos2
Text – informationelle Struktur
• Ein Gedanke pro Satz, ein
Gedankengang pro Absatz
• Texte sauber strukturieren –
first things first, das Wichtige an
den Anfang stellen (siehe
journalistische W-Fragen)
• Zwischenüberschriften, Listen
und andere Hilfen verwenden, um
den Text visuell zu strukturieren
• Bei umfangreichen Texten
Inhaltsverzeichnisse wie bei der
Wikipedia anlegen
15. #bcbn16 @domingos2
Text – sprachliche
Verständlichkeit
• Fachbegriffe vermeiden oder erklären, evtl. nötiges
Vorwissen verlinken
• Texte und Absätze kurz halten
• Gedanken strukturieren und für den Leser
Unwichtiges weglassen, auch wenn es dir weh tut.
17. Bilder - Aufnahmequalität
• Unscharfe Bilder sind auf
für Sehbehinderte
schlecht erkennbar
• Sieht man ohnehin
unscharf, wird das durch
unscharfe Bilder leider
nicht ausgeglichen.
• Bilder sollten von Anfang
an gut aufgenommen
bzw. entsprechend
ausgewählt werden.
#bcbn16 @domingos2
18. #bcbn16 @domingos2
Bilder - unübersichtlich
• Bilder mit zu vielen
Elementen oder
unklarem Fokus können
die Erkennbarkeit für
Sehbehinderte
verschlechtern.
• Für Sehbehinderte ist
es schwer, größere
Flächen auf einen Blick
zu erfassen.
19. #bcbn16 @domingos2
Bilder auswählen
• Die Bilder vernünftig zuschneiden bzw. so
auswählen, dass das Bildobjekt gut zu erkennen und
vom Hintergrund zu unterscheiden ist.
• Einen klaren Fokus auf das Bildobjekt legen.
• einfache Bilder mit wenigen Elementen bevorzugen
• kontraststarke vor kontrastarmen Bildern
bevorzugen
20. #bcbn16 @domingos2
Bilder beschreiben
• Blinde und stark
Sehbehinderte brauchen eine
Beschreibung des Bildes.
• Mit den meisten
Redaktionssystemen kann
man den Alternativtext sowie
Titel und Bildbeschreibung
angeben.
• -> Beispiel: Die Grafik zeigt
zwei Hullkurven sowie Icons
zur Audiobearbeitung.
21. #bcbn16 @domingos2
Bildbeschreibungen
• Der Alternativtext wird Blinden vorgelesen.
• Der Titel erscheint, wenn man mit der Maus über
das Bild fährt.
Die Bildunterschrift ist für alle lesbar und wird
zumeist direkt unter dem Bild angezeigt.
• Die Bildbeschreibung sollte dem Nicht-Sehenden
vermitteln, was auf dem Bild zu sehen ist: „Der
Eifelturm bei Nacht“, „Hans-Dieter bohrt in der
Nase“ – auf Details muss man nur eingehen, wenn
sie im konkreten Zusammenhang wichtig sind.
22. #bcbn16 @domingos2
Audio/Video
Unzureichende Soundqualität
erschwert die Verständlichkeit
für Schwerhörige/in lauten
Umgebungen.
Zu schwach oder stark
ausgeleuchtete sowie
verwackelte Videos erschweren
die Erkennbarkeit.
Flackern, plötzliche
Lautstärkeänderungen usw.
stören Autisten.
Text in Videos wird von Blinden
nicht wahrgenommen und ist für
Sehbehinderte schlecht lesbar.
23. #bcbn16 @domingos2
Ausreichende Aufnahmequalität
• Die Aufnahmequalität sollte ausreichend sein, damit
das Video auch auf einem Smartphone noch gut
erkenn- und anhörbar ist. Verlasst euch nicht zu sehr
auf die Nachbearbeitung.
• Vermeidet unnötige Effekte und Störungen bei der
Aufnahme.
• Beseitigt soweit möglich Störungen in der
Nachbearbeitung. Alle Textinhalte sollten auch auditiv
ausgegeben werden.
• Untertitel für Gehörlose und Audiokommentare für
Blinde sorgen für eine breitere Zielgruppe eurer Videos.
24. #bcbn16 @domingos2
Untertitel
• Für Schwerhörige und
Gehörlose sollten
Untertitel eingebaut
werden,
• YouTube erlaubt die
Erstellung von
Untertiteln direkt im
Video-Editor.
25. #bcbn16 @domingos2
Audiodeskription
• Die Audiodeskription ist
eine Beschreibung des
visuellen Filminhalts für
Blinde, die Inhalte werden
von einer Stimme auf dem
Off beschrieben.
• Das ist vor allem nötig für
Inhalte mit geringem
Sprachanteil. Ist das nicht
möglich, solltet ihr wichtige
Bereiche des Filmes verbal
beschreiben.
26. #bcbn16 @domingos2
Audio - Texttranskript
• Für Gehörlose und Eilige sollten Audios in
Text transkribiert werden, z.B. mit
Unterstützung einer Sprachumwandlungs-
Software.
• Das Textranskript ist eine vollständige
Verschriftlichung des Audio-Inhalts.
28. #bcbn16 @domingos2
Automatisch
• Es gibt verschiedene
automatische Testtolls im
Internet, z.B. Wave von WebAIM.
• Die Tests richten sich vor allem
an Entwickler und setzen teils
viel Kenntnis voraus, für Laien
liefern sie erste Anhaltspunkte.
• Nur ein Teil der Anforderungen
kann durch automatische Tests
überprüft werden. Der Test
erkennt zum Beispiel, ob ein
Alternativtext eingefügt wurde,
aber nicht, ob dieser sinnvoll ist.
• Der AccessMonitor erleichtert
die Fehlersuche in Wordpress.
29. #bcbn16 @domingos2
Händisch testen
• Es gibt diverse
Testverfahren, die mit
moderaten
Technikkenntnissen
durchgeführt werden
können.
• Dazu gehört der BITV-
Test.
30. #bcbn16 @domingos2
Tests mit lebenden Objekten
• Ihr könnt natürlich auch versuchen, echte
Personen für eure Tests zu gewinnen.
• Sie schauen sich die Inhalte natürlich aus
ihrer persönlichen Perspektive an, können
aber wertvolle Verbesserungshinweise
liefern.
• Überlegt euch, ob und was ihr den Testern
im Gegenzug anbieten könnt.
31. #bcbn16 @domingos2
Allgemeine Tipps
• klare visuelle Achsen schaffen
Übersichtlichkeit für Sehbehinderte
• Weniger schadet nie, vollgeladene
Webseiten sind out und erhöhen die
Wahrscheinlichkeit, dass eines
derElemente nicht barrierefrei ist
• CAPTCHAs sind so gut wie nie. Sie
überfordern auch viele Behinderte
(Beispiel Amazon, eBay…).
barrierefrei.
• Dynamische und interaktive
Bereiche sind besonders
problemanfällig und sollten
besonders geprüft werden.
32. #bcbn16 @domingos2
Die Systemwahl
• Die großen Open-Source-
Redaktionssysteme wie Wordpress,
Drupal und Joomla! Sind sowohl im
Frontend als auch im Backend relativ
barrierefrei und nehmen einem daher viel
Arbeit ab. Ählniches gilt für große
Frameworks wie Jquery.
• Im Zweifelsfall achten große
internationale Player eher auf
Barrierefreiheit als Systeme mit geringer
Verbreitung oder mit kommerziellem
Hintergrund.
• Ausnahmen bestätigen die Regel – daher
im Vorfeld recherchieren. Wer keine Infos
zur Barrierefreiheit seines Systems
bereit hält, hat sich sehr wahrscheinlich
auch nicht mit dieser Frage beschäftigt.