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Prof. Dr. Andreas Köster: Haftung von Leitungs- und Aufsichtsorganen in Kultureinrichtungen. Die Risiken der Verantwortlichen
1. Kultur und Recht C 1.2
Praxis des Kulturrechts
Haftung von Leitungs- und
Aufsichtsorganen in Kultureinrichtungen
Die Risiken der Verantwortlichen
Prof. Dr. Andreas Köster
Kultureinrichtungen in Deutschland haben es mitunter nicht leicht. Sie unterliegen vielfältigen
Sparanstrengungen und sollen dabei in der Qualität ihrer Ergebnisse nicht nachlassen. Nicht zuletzt
deshalb erfreuen sich viele Einrichtungen derzeit an den vielbeachteten Reformen des Gemeinnüt-
zigkeits- wie auch des Spendenrechts. Weit weniger Beachtung in der Praxis der Kultureinrichtun-
gen hat jedoch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)
gefunden. Das Haftungsrisiko für Mitglieder von Vorständen, Geschäftsführungen und Aufsichts-
organen ist mit Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits seit 1998 deutlich gestiegen. Dabei spielt es
grundsätzlich keine Rolle in welcher Rechtsform die Kultureinrichtungen betrieben werden. Der
hauptberuflich angestellte Vorstand einer gemeinnützigen GmbH haftet grundsätzlich ebenso wie
der ehrenamtliche Vorstand einer kleinen Stiftung oder eines kleinen Kulturvereins. Es ist daher für
jedes Mitglied von Leitungs- und Aufsichtsorganen in Kultureinrichtungen angezeigt, sich über die
Haftungsrisiken zu informieren um durch geeignete Maßnahmen die Risiken zu minimieren.
Gliederung Seite
1. Allgemeines 2
2. Zur Rolle der Aufsichtsbehörden 3
3. Haftungsrisiken für Geschäftsführer und Vorstände 4
3.1 Innenhaftung 5
3.1.1 Pflichtenheft der Organmitglieder 5
3.1.2 Objektiver Sorgfaltsmaßstab 6
3.2 Außenhaftung 8
3.2.1 Allgemeine Steuerhaftung 8
3.2.2 Ausstehende Steuerbeträge 10
3.2.3 Sozialversicherungsbeiträge 11
3.2.4 Spendenhaftung 11
4. Haftung der Kontrollorgane 11
5. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Haftungsansprüchen 14
6. Schlusswort 16
7. Literaturhinweise 16
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2. C 1.2 Kultur und Recht
Praxis des Kulturrechts
1. Allgemeines
Auch für Kultureinrichtungen gilt, wer Einfluss hat, übernimmt Ver-
antwortung. Wer Verantwortung übernommen hat, haftet folglich für
schuldhaftes Fehlverhalten. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle,
ob die Kultureinrichtung in Form einer Stiftung, einer gGmbH, eines
eingetragenen Vereins oder einer anderen Rechtsform betrieben wird.
Es spielt darüber hinaus auch keine Rolle, ob die Aufgabe ehrenamt-
lich (unentgeltlich) oder als angestelltes Organmitglied gegen Bezah-
lung ausgeübt wird.
Merke
Wer Einfluss hat, übernimmt auch Verantwortung. Wer Verantwortung
übernommen hat, der haftet bei schuldhaftem Fehlverhalten.
Trugschluss In der Praxis trifft man immer wieder auf die Einschätzung, dass wohl
ein ehrenamtliches Vorstandsmitglied einer gemeinnützigen kulturel-
len Einrichtung bei der Betrachtung der möglichen Haftungsrisiken
kaum mit einem Vorstand oder Geschäftsführer einer gewerbswirt-
schaftlich orientierten Unternehmung verglichen werden kann. Hierbei
handelt es sich um einen ebenso verbreiteten wie fatalen Trugschluss,
der den unvorbereiteten Vorstand oder Geschäftsführer schnell in eine
erhebliche, möglicherweise existenzielle finanzielle Schieflage brin-
gen kann.
Der Bundesfinanzhof hat für einen Verein bereits mit seinem Urteil
vom 23.06.1998 entschieden, dass ein ehrenamtlich und unentgeltlich
tätiger Vorsitzender für die Erfüllung steuerlicher Verbindlichkeiten
des Vereins wie ein Geschäftsführer einer GmbH haftet. Die Haftung
eines Stiftungsvorstandes unterscheidet sich hiervon nicht grundsätz-
lich.
Merke
Auch der ehrenamtlich und unentgeltlich tätige Vorstand eines Ver-
eins haftet grundsätzlich wie der Geschäftsführer einer GmbH.
Ordnungsgemäßer Die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung finden auch
Unternehmensführung im Non Profit-Bereich Anwendung. Es ist daher zu erwarten, dass bei
Verstößen gegen die ordnungsgemäße Unternehmensführung auch mit
aus der Wirtschaft bekannten Haftungsmaßstäben die Verstöße geahn-
det werden.
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3. Kultur und Recht C 1.2
Praxis des Kulturrechts
Wie stellt sich die Situation für die Aufsichtsorgane – wie etwa Auf- Gesetzes zur Kontrolle
sichts-, Stiftungsrat, Kuratorium oder Beirat – dar? Hier sollte durch und Transparenz
die Einführung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unter-
nehmensbereich (KonTraG) eine effizientere Corporate Governance
durch die Aufsichtsorgane erfolgen.
An die Wahrnehmung der Kontrollfunktion durch Mitglieder von Auf- Wirksamer Schutz vor
sichtsorganen werden erhöhte Anforderungen gestellt. Auch hier gilt, Haftungsansprüchen
dass die unentgeltliche und ehrenamtliche Übernahme des Kontroll-
amtes keinen wirksamen Schutz vor Haftungsansprüchen bildet. Auch
das Nicht-Wissen einzelner Sachverhalte allein schützt nicht.
Die Informationspflicht wird immer mehr zur Holschuld der Kontrol-
leure. Das bestehendes Risikomanagementsystem muss kontinuierlich
hinterfragt werden. Fach- und Expertenwissen muss im Rahmen der
Aufsichtspflichten genutzt werden.
Merke
Das Nicht-Kennen einzelner Sachverhalte schützt nicht vor Strafe!
2. Zur Rolle der Aufsichtsbehörden
Kultureinrichtungen unterliegen regelmäßig einer Kontrolle durch die
zuständigen Aufsichtsbehörden. Dabei haben die Aufsichtsbehörden
ein eigenes Haftungsrisiko aus Amtspflichtverletzung gem. Art 34 GG
und § 839 BGB zu beachten.
Erfährt die zuständige Aufsichtsbehörde von einer möglichen Pflicht- Pflichtverletzung eines
verletzung eines Organs einer Kultureinrichtung, so hat sie unverzüg- Organs
lich die in ihren Möglichkeiten liegenden Maßnahmen zu nutzen um
diesen Mangel abzustellen. Stellt die Behörde z. B. Satzungsverstöße
durch die Organe fest, hat sie diese Verstöße umgehend zu unterbin-
den, um nicht selbst gegen eigene Aufsichts- und Beratungspflichten
zu verstoßen.
Merke
Eigenes Haftungsrisiko der Aufsichtsbehörden zwingt diese zu restrik-
tivem Vorgehen bei vermeintlichen Verstößen von Organen.
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4. C 1.2 Kultur und Recht
Praxis des Kulturrechts
Landesstiftungsgesetze In einzelnen Landesstiftungsgesetzen der Bundesländer wurden die
Kontrollrechte der Aufsichtsbehörden für den Bereich der Stiftungen
verringert, was zu einer größeren Verantwortung der Organe führt und
damit einhergehend das Haftungsrisiko weiter steigen lässt.
Es muss also damit gerechnet werden, dass die Aufsichtsbehörden
schon zur Vermeidung eigener Pflichtverletzungen bereits beim ersten
Eindruck eines Pflichtverstoßes durch das Organ einer Kultureinrich-
tung entsprechend restriktiv vorgehen werden.
So können beispielsweise die Aufsichtsbehörden von Stiftungen die
Ansprüche der Stiftung gegen die Mitglieder der vertretungsberechtig-
ten Organe im Namen und auf Kosten der Stiftung geltend machen!
3. Haftungsrisiken für Geschäftsführer und
Vorstände
Der Vorstand einer Stiftung wie auch der Geschäftsführer einer ge-
meinnützigen GmbH repräsentiert als Organmitglied die jeweilige
Einrichtung. Er haftet grundsätzlich für schuldhaftes und pflichtwidri-
ges Verhalten, gleich ob er unentgeltlich oder entgeltlich tätig wird.
Tun als auch Unterlassen Dieses Verhalten kann sowohl in einem Tun als auch in einem Unter-
lassen liegen. Die Haftung erstreckt sich dann in voller Höhe auf den
durch das Fehlverhalten entstandenen Schaden. Die Haftung beginnt
mit der Übernahme der Tätigkeit.
Merke
Die Haftung beginnt mit der Übernahme der Tätigkeit.
Die Haftungsrisiken von Stiftungsvorständen lassen sich im Einzelnen
nur vor dem Hintergrund der jeweils gültigen Landesstiftungsgesetze
beurteilen. So wird teilweise die Haftung der Vorstände auf Vorsatz
und grobe Fahrlässigkeit beschränkt in anderen Bundesländern gilt
dieses jedoch nur für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder. Darüber
hinaus findet man auch Regelungen, die die Möglichkeit der Haf-
tungsbeschränkung auf die Satzung verlegen.
Innenhaftung Grundsätzlich ist aber zu unterscheiden nach der sogenannten Innen-
haftung, bei der Vorstand oder der Geschäftsführer gegenüber der
jeweiligen Kultureinrichtung haftet und der Außenhaftung, bei der das
Organmitglied gegenüber Dritten haftet.
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