1. Recht für Gründerinnen und Gründer
Ein Parforceritt durch anspruchsvolles – und spannendes! – Gelände
Henning Krieg, LL.M. (London)
Bird & Bird LLP, Frankfurt am Main
2. Worüber werden wir uns unterhalten?
1. (Vor-)Gründungsphase – Stolpersteine vor dem Start
2. Der Evergreen: Haftungsrisiken bei User Generated Content
3. Allgemeine Compliance von internetbasierten Projekten
4. Allgemeine Geschäftsbedingungen
5. Häufig unterschätzt: Legal Management
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4. Die „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“
ACHTUNG: Gründen im Team bedeutet, schon vor der Gründung
einer GmbH, AG oder Ltd. eine Gesellschaft zu gründen!
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz GbR, geregelt in §§ 705 ff.
BGB.
Wurzel der (möglichen) Probleme: Soweit kein individueller
Gesellschaftsvertrag geschlossen wird, gelten die gesetzlichen
Regelungen – und die bergen bedeutendes Konfliktpotential.
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5. Die GbR
Konfliktfeld 1: Beiträge und Anteile
Wenn keine anderweitige ausdrückliche Vereinbarung besteht, dann
sind alle Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt.
Während der „GbR-Phase“ werden häufig schon wesentliche
Vermögenswerte geschaffen (bspw. Business Plan, Geschäfts-
beziehungen, Software, IP). Überall dort, wo kein unmittelbarer
monetärer Wert beigetragen wird, kann es zu unterschiedlich
wertigen Beiträgen der Gesellschafter kommen – dies muss ggf.
reflektiert werden, um Spannungen zu vermeiden.
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6. Die GbR
Konfliktfeld 2: Haftungsrisiken
Geschäftsführung und Vertretung stehen nach BGB nur allen
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu („one voice“).
Davon kann aber durch Abrede abgewichen werden, bspw.
Einzelvertretung ist machbar.
Aber Vorsicht: Bei der GbR haften alle Gesellschafter gesamt-
schuldnerisch für alle Gesellschaftsschulden. Übertragung der
Geschäftsführung und Bevollmächtigung zur Vertretung durch
Einzelne sollten daher sorgfältig besprochen und ggf. dem
Umfang nach begrenzt werden.
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7. Die GbR
Konfliktfeld 3: Auflösung des Teams
Die GbR kann durch jeden (einzelnen) Gesellschafter jederzeit
gekündigt werden, § 723 BGB: die GbR wird durch die Kündigung
„aufgelöst“ und das Vermögen der GbR auseinandergesetzt, § 730
BGB (problematisch bspw. bei Code).
Andererseits sieht das BGB keine grundsätzliche Möglichkeit vor,
einen Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen.
Beide Aspekte betreffen hochsensible Bereiche! Spezielle Abreden
im Gesellschaftsvertrag (der GbR!) machen daher großen Sinn.
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8. Der Evergreen:
Haftungrisiken bei
User Generated Content
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9. User Generated Content, Haftungsfragen und
das „Bullshit Bingo“ Prinzip
„Forenhaftung“
„Störerhaftung“
„Prüfungspflichten“
„Notice and Takedown“
Abmahnung!!!!
„Gegenstandswert“
„User Generated Content“
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10. User Generated Content Plattformen
Die Mutter aller UGC-Plattformen: eBay
Youtube, Sevenload
Flickr
Bewertungsportale
Metaversen
Foren
Social Networks
„anything social“: del.icio.us
Aber bspw. auch Blogs (Kommentare!)
Selbst viele Start Ups, deren Geschäftsmodell nicht auf UGC
basiert, binden UGC mit ein (Bsp. Firmenblog).
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11. Interessenlage
Warum Rechteinhaber gerne gegen Plattformanbieter vorgehen (und
nicht gegen User):
Die User sind unbekannt,
aber Plattformanbieter sind greifbar.
Plattformanbieter sind zwar mitunter finanziell nicht außerordentlich
gut ausgestattet,
aber nur durch Druck auf den Plattformanbieter kann ein
Rechteinhaber dessen Kanal schließen.
„Single Point of Service“.
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12. Haftung: Eigene Inhalte
§ 7 (1) TMG:
„Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung
bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich“.
UGC sind eigentlich zunächst keine „eigenen Inhalte“. Gehaftet wird
aber auch für zu-eigen-gemachte Inhalte.
Rechtsprechung uneinheitlich, wann Zu-eigen-machen vorliegt;
hochsensibel sind auf jeden Fall
Sicherung eigener Rechte an Inhalten, und
Präsentation wie eigene Inhalte.
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13. Haftung: Fremde Inhalte
§ 7 Abs. 2 TMG schließt generelle Prüfpflichten aus:
„Diensteanbieter (…) sind nicht verpflichtet, die von ihnen
übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen
oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige
Tätigkeit hinweisen.“
ABER: möglicherweise Störerhaftung. Wird der Plattformanbieter
auf klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er
Inhalt unverzüglich entfernen, und
von da an Vorsorge gegen weitere derartige Rechtsverletzungen
treffen (sog. „Prüfpflicht“).
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14. Strategien zur Vermeidung der Haftung
Gleich zweifach „AAL“– nicht nur „User Generated Content“, sondern
auch „User Generated Warnings“: Einbeziehung der Nutzer und
Einsatz von Abuse Buttons und Meldeformularen.
User Education.
„Platform regulation“ / „Inworld regulation“.
Ggf. kooperatives Verhalten gegenüber Rechteinhabern (Beispiel
eBay VERI Programm).
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15. Strategien zur Vermeidung der Haftung
Lizenzmodell sorgfältig überdenken.
Einsatz von Filterlösungen möglich?
Bei Verdacht agieren,
und erst recht auf Meldungen reagieren.
Mögliche Absicherung: Freistellungsklausel in AGB.
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17. Vorfrage: Welches Recht gilt überhaupt?
Internationale Daumenregel: Theorie vom Inlandsbezug.
Bedingt Rechtswahl möglich bei vertraglichen Vereinbarungen (bspw.
Allgemeine Geschäftsbedingungen).
Vorsicht: Ein Angebot kann durchaus mehreren nationalen
Rechtsordnungen unterliegen.
Bitte nicht verwechseln: „Gerichtsstand“ und „anwendbares Recht“.
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18. Der Klassiker: Domainname
Marken- und Namensrechte sind bei Domainnamen zu beachten
(Domainrecht als Querschnittsmaterie).
Risiken bei Rechtsverstößen:
Abmahnung und damit verbundene Kosten;
Schadensersatz;
negative PR;
Notwendigkeit des Re-Brandings.
Vorsicht: Entsprechendes gilt auch für Nutzernamen auf externen
Plattformen (bspw. Facebook, Twitter etc.).
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19. Die Webseitengestaltung – Impressum
Impressumspflicht besteht grundsätzlich für
so genannte „Telemedien“, welche
nicht „ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen“.
Erstellung eines konformen Impressums meist ein „No-Brainer“ – und
trotzdem immer noch häufig Grund für Abmahnungen.
Leseempfehlung: www.anbieterkennung.de
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20. Die Webseitengestaltung – Rechte an Contents
Beispiel Grafiken und Bilder:
Es kommt auf eine durchgängige Rechtekette an. Nicht nur Rechte am
Bild klären, sondern auch Rechte bzgl. Bildinhalt. Wichtig: Clearing für
Onlinenutzung!
Risiken bei Rechtsverstößen:
Abmahnung und damit verbundene Kosten;
Schadensersatz (es kann leicht sehr (!) teuer werden);
negative PR.
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21. Die Webseitengestaltung – Inhalte von Contents
Äußerungsrecht:
Behauptete Fakten müssen nachweislich wahr sein.
Meinungsäußerungen dürfen Grenze zur Schmähkritik nicht
überschreiten.
Wettbewerbsrecht...
...ist das „pralle Leben“ (siehe bspw. die umfangreichen
Auflistungen in §§ 4, 5 UWG sowie in Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG).
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22. Der Klassiker: E-Mail-Marketing
Hier wimmelt es (leider) nur so vor Stolperfallen – schon bei der
Gestaltung des Anmeldeprozesses (!).
Risiken bei Rechtsverstößen:
Abmahnung und damit verbundene Kosten;
negative PR;
wenn Verstoß, dann häufig gleich eine Vielzahl von Verstößen;
viele Gegner: Mitbewerber, Adressaten, Aufsichtsstellen.
Leseempfehlung: Ratgeber des eco Verbandes zum rechtskonformen
E-Mail-Marketing (www.eco.de).
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24. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Von vielen Gründern in ihrer Bedeutung gnadenlos unterschätzt.
Die AGB sind die Grundlage der (rechtlichen) Beziehung zu den
Nutzern / Partnern / Kunden!
Eines der drei wesentlichen Instrumenten zur Beziehungsgestaltung
Allgemeine Geschäftsbedingungen;
Plattformgestaltung;
Userhandling in der Praxis.
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25. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Auf Verständlichkeit und Lesbarkeit achten!
AGB von Mitbewerbern gerne als Anregung, selten als Vorlage – und
nie für Copy & Paste.
Wenn irgend möglich (=finanzierbar), dann spätestens hier
Zusammenarbeit mit Experten.
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26. Allgemeine Geschäftsbedingungen
Grundsätzliches:
„Rechtliches Minenfeld“, da detailliertes AGB-Recht in Deutschland;
keine einfache einseitige Änderung von AGB möglich, wenn einmal
vereinbart -> also vorausschauende Gestaltung.
Einzelne inhaltliche Aspekte:
Umfang eventueller Rechteeinräumungen an UGC;
Nutzerpflichten und Sanktionsmöglichkeiten;
Übertragbarkeit des Vertrags;
Änderungsklausel;
Datenschutz gesondert.
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28. Nicht vermeiden – Chancen ergreifen!
„Legal“ ist fürchterlich:
niemand versteht es (außer den Juristen),
niemand mag es (selbst die Juristen nicht),
es kostet Zeit,
es kostet viel Geld.
„Legal“ ist großartig:
niemand versteht es (außer den Juristen),
mit einigen Grundprinzipien lässt es sich jedoch verstehen – und
erfolgreich managen,
mit gutem Management lassen sich notwendiger Zeit- und
Geldaufwand verringern.
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29. Legal Management – Anregungen
Grundprinzipien:
Nicht ausweichen, sondern angehen.
Alle (!) relevanten Texte selbst lesen.
Bei Fragen fragen!
Hintergrundlektüre lesen (bspw. Büchlein „Projektverträge“ von
Arne Trautmann).
Wie finde ich die richtigen Kontakte:
Auf spezialisierte Berater wert legen.
Word of mouth – Nachfragen in der Peer Group (nutzen Sie Ihr
Netzwerk!).
Aufbau persönlicher Beziehungen zum Berater.
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30. Legal Management – Anregungen
Kosten niedrig halten:
Immer bewusst halten: Abrechnung in der Regel mittels
Stundensätzen.
Sich selbst gut vorbereiten (möglichst klare Fragen, klare
Antworten).
Das Briefing der Berater gut vorbereiten (Unterlagen
zusammenstellen, Doppelungen vermeiden, auf Übersichtlichkeit
achten etc.).
Klar trennen zwischen den Bereichen, in denen Beratung wirklich
benötigt wird – und denen, die selbst erledigt werden können.
Alternative Beratungsmöglichkeiten ausschöpfen (bspw.
Gründerförderung, IHK, Peer Group u.v.a.).
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31. Was gehört zu einer Abmahnung?
Beschwerde über Rechtsverletzung
(strafbewehrte) Unterlassungserklärung
Frist
Kostennote
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32. Strategien für Umgang mit Abmahnungen
Ruhe bewahren
Abmahnung Ernst nehmen
nichts ohne Beratung unterschreiben
kompetenten Anwalt finden
Reichweite der Unterlassungserklärung genau prüfen
(ggf. ohne Anerkennung einer Rechtspflicht)
ggf. mit Abmahner reden (nicht dessen Anwalt)
Kostennote mit Gegnern verhandeln
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33. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Henning Krieg, LL.M. (London) www.kriegs-recht.de
Rechtsanwalt www.twitter.com/kriegs_recht
Bird & Bird LLP www.twobirds.com
Taunusanlage 1
60329 Frankfurt am Main
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