Unternehmenskultur – was ist das überhaupt? Sie ist nicht mess- oder greifbar, aber dennoch ist sie ein maßgeblicher Erfolgsfaktor für Unternehmen. In der vierten Ausgabe BEYOND kommen erfahrene Praktiker und Experten zu Wort, die sich tagtäglich intensiv mit verschiedenen Wirkungsbereichen des Themas auseinandersetzen.
2. MÄRZ
UNTERNEHMENSKULTUR
Unternehmenskultur – was ist das überhaupt? Sie ist nicht mess- oder greifbar,
aber dennoch ist sie ein maßgeblicher Erfolgsfaktor für Unternehmen. Selbst ein ganzes
Magazin zu diesem Thema wird nicht alle Aspekte und Ebenen in der notwendigen
Ausführlichkeit vermitteln können. Dazu ist Unternehmenskultur zu komplex und zu
facettenreich. Lieber lassen wir deshalb erfahrene Praktiker und Experten zu Wort kommen,
die sich tagtäglich intensiv mit verschiedenen Wirkungsbereichen des Themas
auseinandersetzen. In dieser Ausgabe geben sie Einblicke in die Praxis und lassen
an ihrem Erfahrungsschatz teilhaben.
Den Anfang macht Dr. Jutta Rump, die DIE BEDEUTUNG DER ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT
ALS TEIL DER UNTERNEHMENSKULTUR aufzeigt .
Über Praxiserfahrungen tauschen sich Matthias Eberle (Lufthansa Group),
Moritz Eckert (betterplace.org) und Henriette Viebig (Körber AG)
in der GESPRÄCHSRUNDE aus .
Jörg Pfannenberg von JP|KOM widmet sich der Kultur des Vertrauens und
LEGITIMATIONSKRISEN VON FÜHRUNG IM WANDEL .
Über DIE BETRIEBSFAMILIE DER TRIGEMA sprechen wir mit Wolfgang Grupp .
Im Interview berichtet Simone Zilgen über MITARBEITERPARTIZIPATION bei
METRO Cash & Carry Deutschland und Dr. Julian Bahrs von IPI widmet sich
UNTERNEHMENSKULTUR UND SOCIAL INTRANET .
Die Sonderbeilage „Fokus IK“ vertieft das Thema mit Fachbeiträgen.
04
3. DREI FRAGEN AN … PROF. SONJA A. SACKMANN ZUM BEGRIFF UNTERNEHMENSKULTUR
BENCHMARK: MERZ VON PRINT ZU ONLINE
AM PULS DER ZEIT KURZUMFRAGE: UNTERNEHMENSKULTUR
TEAMWORK SIEMENS ZUSAMMEN IST MAN WENIGER ALLEIN
AUF AUGENHÖHE THOMAS MICKELEIT, Director of Communications, Microsoft Deutschland
BUZZWORDS UNTERNEHMENSKULTUR
TIPPS FÜR EINE ERFOLGREICHE WOCHE DIE GLORREICHEN SIEBEN
ÜBER DEN TELLERRAND DER WEG ZUR STILLE
FIT FÜR DEN BERUFSALLTAG FITNESSTIPPS VON PETER SCHLICKENRIEDER
KOMMUNIKATIONSKULTUR ...
...IST DURCH DIE UNTERNEHMENSLEITUNG STEUERBAR
...ENTSTEHT PRIMÄR DURCH DIE MITARBEITER
Pro und Contra von Hartwin Möhrle und Frank Weber
SO GEHT DAS! THEMENFINDUNG UND BRAINSTORMING
IMMER IM HEFT...
4. WELCHE BEDEUTUNG HAT
UNTERNEHMENSKULTUR FÜR DEN
UNTERNEHMENSERFOLG?
Frau Dr. Jutta Rump ist
Direktorin des Instituts für Beschäftigung und
Employability und Professorin für internationales
Personalmanagement und Organisationsentwick-
lung an der Hochschule Ludwigshafen. Für
BEYOND hat sie ihre Gedanken zur gestiegenen
Bedeutung der Arbeitgeberattraktivität in Zeiten
des demografischenWandels aufgeschrieben – ein
relativ junges, aber immer wichtigeres Element
der Unternehmenskultur.
von DR. JUTTA RUMP
5. I
n zunehmendem Maße sehen sich Unternehmen nicht
nur auf dem Absatzmarkt einem steigenden Wettbe-
werb gegenüber, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt.
Dies liegt insbesondere in folgendem Spannungsfeld
begründet: Während einerseits demografiebedingt die
Verfügbarkeit von Fachkräften beständig sinkt, erhöhen
andererseits technisch-ökonomische Trends wie die Globa-
lisierung, das Voranschreiten der Informations- und Kom-
munikationstechnologien sowie die Entwicklung zur Wis-
sens- und Innovationsgesellschaft den Bedarf an Fachkräften.
Hinzu kommt der Umstand, dass infolge gesellschaftlicher
Trends eben diese Fachkräfte ihre Erwartungen an einen
„guten Arbeitgeber“ immer stärker an Aspekten wie der Sinn-
haftigkeit ihrer Arbeit, dem Image ihres Arbeitgebers und
einer kollegialen Arbeitsatmosphäre festmachen. In diesem
Zusammenhang spielt die bewusste Schaffung einer attrak-
tiven Arbeitgebermarke eine wichtige Rolle, um qualifizierte
Kräfte für sich zu gewinnen und auch an sich zu binden.
Denn angesichts immer anspruchsvoller werdender Rekru-
tierungs- und Personalentwicklungsprozesse kann einem
Unternehmen keinesfalls daran gelegen sein, die für sich
gewonnenen Fachkräfte bereits nach kurzer Zeit wieder zie-
hen zu lassen. Hier rückt die Unternehmenskultur in den
Fokus. Denn sie nimmt hier maßgeblichen Einfluss darauf,
wie die Arbeitgeberattraktivität nach innen gelebt und nach
außen transportiert wird.
Die Unternehmenskultur – als die Gesamtheit al-
ler im Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
gepflegten und gelebten Normen, Werte und Orientie-
rungen – beeinflusst maßgeblich das Denken und Handeln
der Beschäftigten eines Unternehmens. Sichtbar wird sie
insbesondere in Geschichten, die man sich erzählt. Anek-
doten, Erzählungen über Erfolge und Misserfolge, Inter-
pretationen und Deutungen von Ereignissen verdeutli-
chen, welche geheimen und offenen Spielregeln eine
Rolle spielen. Nicht selten wird der Vergleich zu einem
Eisberg herangezogen, da neben den nach außen hin er-
kennbaren Elementen insbesondere „unsichtbare“ Mittel,
Werte und Annahmen eine hohe Relevanz aufweisen. Die
Unternehmenskultur ist damit ein „Wertefundament“ und
eine wesentliche Säule im Hinblick auf den unternehme-
rischen Erfolg, indem sie dazu beiträgt, dass die Mitarbei-
ter sowie Führungskräfte die definierte Strategie ihres
Arbeitgebers engagiert und motiviert umsetzen. Ihre Kre-
ativität, Flexibilität, Innovationskraft und ihreTeamarbeit
im Alltag sind die Basis für die Zielerreichung. Denn für
langfristige Leistungsstärke bedarf es nicht nur einer ent-
sprechenden Ausrichtung des Standorts, der Produkte und
Dienstleistungen, des Vertriebs und der Systeme. Vielmehr
spielen die Einstellung und das Bewusstsein der im Un-
ternehmen beschäftigten Menschen eine ebenso essenzielle
Rolle. Diese wiederum sind unabdingbar damit verknüpft,
sich als Beschäftigter bei seinem Arbeitgeber wertgeschätzt
und „gut aufgehoben“ zu fühlen.
Die Unternehmenskultur entscheidet darüber hinaus nicht
zuletzt darüber, welche Mitarbeiter ein Unternehmen gewin-
nen und binden kann, denn „gute“ Arbeitnehmer haben die
Unternehmenskultur auf ihrer „internen Entscheidungsma-
trix“. Dabei muss eine Unternehmenskultur auch ein Grad-
messer sein, an dem sich die (potenziellen) Mitarbeiter ori-
entieren können, um herauszufinden, ob sie in das jeweilige
Unternehmen passen oder nicht. Dazu gehört, dass die je-
weilige Kultur im Sinne des „Employer Branding“ entspre-
chend nach außen kommuniziert und nach innen gelebt
wird. Die Bedeutsamkeit dieses Aspektes steigt vor dem
Hintergrund, dass Beschäftigte immer mehr zu Unterneh-
mensbotschaftern werden, da sie deutlich freizügiger als in
derVergangenheit und mit einem deutlich größerenVerbrei-
tungsgrad im Internet Erfahrungen und Einschätzungen zu
ihrem Arbeitgeber auch mit potenziellen neuen Arbeit-
nehmern austauschen. Die Vertrauensbasis der Mitarbeiter
wird durch fehlende Stimmigkeit des Auftretens nach außen
mit den innerbetrieblichen Abläufen empfindlich gestört.
Eine Selbstdarstellung nach außen, die im Widerspruch zur
Unternehmenskultur steht, wird über kurz oder lang des
„Mehr-Schein-als-Seins“ überführt werden. Damit verliert
der Arbeitgeber seine Glaubwürdigkeit sowohl auf dem Ar-
beitsmarkt als auch auf dem Absatzmarkt.
EINE ATTRAKTIVE
UNTERNEHMENSKULTUR ETABLIEREN
Um eine Unternehmenskultur zu etablieren, die Mitarbeiter
anzieht, bindet und motiviert, sind mehrere Aspekte zu be-
achten, wie sie in der Abbildung auf Seite 9 dargestellt sind.
So gilt es zum einen, die Übernahme von Verantwortung
durch die Beschäftigten zu fordern und zu fördern und ih-
nen bewusst zu machen, dass letztlich sie selbst – mit Un-
terstützung des Arbeitgebers – die Verantwortung für ihre
eigene berufliche Entwicklung tragen. Dazu gehören eine
positive Haltung zum Lernen, die das Klima im Unterneh-
men prägen sollte, ebenso wie eine entsprechende Fehler-
toleranz, die dem bzw. der Einzelnen auch die Möglichkeit
gibt, Fehler als Chance zum Lernen zu begreifen. In diesem
Zusammenhang gilt es, ein werteorientiertes und reflek-
tiertes Handeln zu unterstützen. Dort, wo Mitarbeiter das
Gefühl haben, mit ihren Beiträgen wertgeschätzt zu werden
und auf konstruktives Feedback zu stoßen, kann Innovation
entstehen und wird Leistungsorientierung durch Motivati-
on und Freude an der Arbeit gefördert. Entscheidend dabei
ist auch ein Klima der Offenheit und des Vertrauens, ins-
besondere vonseiten der Führungskräfte, die eine „Politik
der offenenTüren“ leben sollten. Dies impliziert ein offenes
Ohr für die Belange der Beschäftigten, ihre Ideen und Vor-
schläge, aber auch das Vertrauen in deren Fähigkeiten, das
sich auch darin zeigen muss, dass Gestaltungsfreiräume
gewährt und den Beschäftigten bei Bedarf Mobilität und
Unabhängigkeit zugestanden werden. Eine immer höhere
6. Förderung der
Übernahme von
Verantwortung
Unterstützung
von Mobilität und
Unabhängigkeit
Förderung des
Networkings innerhalb
des Unternehmens
Unterstützung
von werteorientiertem
Handeln
Offenheit und
Vertrauen
Fehlertoleranz
Positive Haltung
zum Lernen
Wertschätzung
der Mitarbeiter und
deren Beiträgen
Leistungs-
orientierung
ZENTRALE ASPEKTE EINER ZUKUNFTSFÄHIGEN
UNTERNEHMENSKULTUR:
All diese Eigenschaften und Verhaltensmuster
lassen sich nicht von heute auf morgen umsetzen.
Sie können nicht verordnet, sondern müssen durch
veränderte Rahmenbedingungen erlernt werden.
7. Na, toll.
Sie halten mich
also für sozial gestört
und unterbelichtet. Das
können Sie sich
sparen.
Holger, Sie
sind wie Familie
für mich.
Oh Gott, genau
wie daheim.
8. LITERATUR
ARMUTAT, S. ET AL. (2002):
Wissensmanagement erfolgreich einführen.
Düsseldorf 2002
OLESCH, G. (2015):
Unternehmenskultur als „Marke“ zum wirtschaftlichen Erfolg,
in: Widuckel, W. / de Molina, K. / Ringlstetter, M. J. / Frey, D.
(Hrsg.) (2015): Arbeitskultur 2020. Herausforderungen und
Best Practices der Arbeitswelt der Zukunft. Wiesbaden, S.
117–135
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Employability – die Grundlagen, in: Rump, J. / Sattelberger, T.
(Hrsg.) (2011): Employability Management 2.0. Einblick in die
praktische Umsetzung eines zukunftsorientierten Employability
Managements. Sternenfels, S. 73–166
RUMP, J. / EILERS, S. (2012):
Die jüngere Generation in einer alternden Arbeitswelt. Baby-
boomer versus Generation Y. Sternenfels
RUMP, J. / EILERS, S. (2014):
Warum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen, bleiben und
gehen, in: Impuls. Das Magazin der ZIRP. Ausgabe 4/2014,
S. 34–35
RUMP, J. / EILERS, S. (2015):
Führung für die Zukunft – neue Arbeitskultur und soziale
Beziehungen, in: Widuckel, W. / de Molina, K. / Ringlstetter,
M. J. / Frey, D. (Hrsg.) (2015): Arbeitskultur 2020. Heraus-
forderungen und Best Practices der Arbeitswelt der Zukunft.
Wiesbaden, S. 291–305
RUMP, J. / WILMS, G. / EILERS, S. (2014):
Die lebensphasenorientierte Personalpolitik. Grundlagen und
Gestaltungstipps aus der Praxis für die Praxis, in: Rump, J. /
Eilers, S. (Hrsg.) (2014): Lebensphasenorientierte Personal-
politik. Strategien, Konzepte und Praxisbeispiele zur Fachkräf-
tesicherung. Heidelberg, S. 3–69
SCHEIN, E.H. (1995):
Unternehmenskultur. Frankfurt.
SCHMITT, M. (2015):
Innovationskultur – Grundlage einer zukunftsfähigen Arbeits-
kultur, in: Widuckel, W. / de Molina, K. / Ringlstetter, M. J. /
Frey, D. (Hrsg.) (2015): Arbeitskultur 2020. Herausforderungen
und Best Practices der Arbeitswelt der Zukunft. Wiesbaden,
S. 73–87
Der Beitrag basiert unter anderem auf den wissenschaftlichen
Veröffentlichungen von Frau Dr. Rump zu Themen wie Arbeits-
kultur, Employer Branding und Employability.
Bedeutung, gerade auch für die jüngere Generation, nimmt
die Unterstützung des Networkings innerhalb des Unter-
nehmens ein. Der Austausch mit anderen fördert das gegen-
seitige Verständnis und erleichtert nicht zuletzt denTransfer
von Wissen und Know-how.
KULTURWANDEL ALS PROZESS
Eine solche Unternehmenskultur zu etablieren stellt einen
Prozess dar, der sich nicht von heute auf morgen umsetzen
lässt und durchaus auch mit Hindernissen und Hemmnissen
verbunden sein kann. Nicht selten müssen sich Werte, Nor-
men und Orientierungen ändern; es bedarf einer Anpassung
der Denk- und Handlungsmuster. Zu bedenken ist dabei
stets, dass eine Verhaltensänderung des Einzelnen nicht an-
geordnet werden kann, sondern vielmehr eine Beeinflussung
über Rahmenbedingungen erreicht werden muss, damit
Mitarbeiter sowie Führungskräfte die Notwendigkeit zur
Veränderung bestehender Gewohnheiten verstehen und mit-
tragen. Hier spielt das bereits angesprochene „Eisbergmodell“
eine Rolle, denn aufgrund des Umstandes, dass das Wesent-
liche der Unternehmenskultur unsichtbar und damit auch
schwer messbar ist, lässt es sich ebenso schwer bewusst steu-
ern. Es bedarf der Unterstützung durch die Unternehmens-
bzw. Geschäftsleitung, um sicherzustellen, dass vorhandene
Ansätze gelebt werden und eine Kontinuität in den Hand-
lungsweisen zu erkennen ist. Eine hohe Bedeutung nimmt
auch eine offene und durchgängige Informationspolitik ein.
So früh wie möglich und wo immer es vertretbar ist, sollte
Wissen mit Arbeitnehmervertretern und Mitarbeitern geteilt
werden. Nur so kann es gelingen, Menschen aus der Passi-
vität zu holen, denn der bzw. die Einzelne wird nur dann
bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, wenn er oder sie
über die entsprechende Informationsbasis verfügt, um die
Sinnhaftigkeit seines bzw. ihres Handels erfassen zu können.
Dabei kommt eine besondere Bedeutung dem Verhalten der
Führungskräfte zu, die als Vorbilder fungieren und gleich-
zeitig ihre Mitarbeiter im Prozess der Gestaltung unterstüt-
zen. Sie sind es, die den Umgang im täglichen Miteinander
und damit auch die Kultur entscheidend prägen.
Abschließendbleibtfestzuhalten,dassderEinflussder
Unternehmenskultur auf den Unternehmenserfolg nicht un-
terschätzt werden sollte und vor dem Hintergrund der be-
schriebenenEntwicklungennochzunimmt.Diesgleicherma-
ßeninderInnenwirkungalsBindungsfaktorfürdieBelegschaft
als auch in der Außenwirkung als Entscheidungskriterium für
potenzielle Arbeitnehmer. Ein Patentrezept, eine zukunftsori-
entierte Unternehmenskultur zu implementieren und zu le-
ben, gibt es nicht – hier muss jedes Unternehmen für sich
seinen individuellen Weg finden und beschreiten.