1. Moderne Budgetierung − einfach, flexibel, integriert
White Paper, ICV-Facharbeitskreis „Moderne Budgetierung“
Stand 04.05.2009
Inhalt
1 Planung und Budgetierung sind weiterhin zentrale Themen für Manager und Controller. 2
2 Auf dem Weg zur Modernen Budgetierung........................................................................ 3
2.1 Wo liegen die Herausforderungen? ................................................................................ 4
2.2 Welche Antworten gibt die Moderne Budgetierung? ...................................................... 5
3 Die Moderne Budgetierung................................................................................................. 5
3.1 Was kann das Konzept leisten und wo liegen seine Grenzen?........................................ 6
3.2 Prozesse und Strukturen der Modernen Budgetierung ................................................... 7
3.3 Planungsinhalte der Modernen Budgetierung .............................................................. 10
4 Fazit und weitere Aktivitäten ........................................................................................ 11
Autorenteam
Ronald Gleich (Facharbeitskreisleiter), Udo Kraus und Uwe Michel (stellvertretende
Facharbeitskreisleiter), Patricia Frey, Siegfried Gänßlen, Michael Kappes, Julia Kornacker,
Claudia Maron, Karsten Oehler, Robert Rieg, Lars Riemer, Peter Schentler, Martin Tschandl,
Helmut Willmann
Schriftleitung
Robert Rieg, Peter Schentler
Kontakt
Internationaler Controller Verein eV
Leutstettener Straße 2
D-82116 Gauting
Tel. +49-(0)89-89 31 34-20
Fax +49-(0)89-89 31 34-31
White Paper ICV-Facharbeitskreis „Moderne Budgetierung“ Seite 1
2. 1 Planung und Budgetierung sind weiterhin zentrale
Themen für Manager und Controller
Das klassische Verständnis von Controlling als Unterstützungsfunktion der Führung baut auf
einem Management-Prozess auf. Dieser Prozess führt von der Zielfindung über Planung und
Kontrolle bis zur Steuerung. Bei diesen Führungsaufgaben unterstützt und begleitet der
Controller das Management und übernimmt so Mitverantwortung für die Zielerreichung.
Planung und Budgetierung sind damit zentrale Instrumente der Unternehmensführung und des
Controllings und schaffen folgenden Nutzen für die Unternehmen. Sie
führen zu einer klaren Zielformulierung,
führen zum Denken in Zusammenhängen und Alternativen (Pläne),
koordinieren die unterschiedlichen Teile/Bereiche des Unternehmens (Integration),
schaffen Klarheit durch Dokumentation und Information,
fördern die Verantwortung nach innen (Zielsetzung),
erhöhen die Anpassungs- und Reaktionsfähigkeit,
erhöhen die Innovationskraft (Reaktion/Steuerung bei Abweichungen) und
verbessern die Verantwortung nach außen (Eigen-/Fremdkapitalgeber).
Trotz dieser Vorteile reißt die Diskussion über die zweckmäßige Ausgestaltung von Planung
und Budgetierung nicht ab. Obwohl die Probleme der Unternehmen weitgehend bekannt sind,
sind bisherige, auch innovative Lösungsansätze, nur bedingt geeignet. So konnte sich Beyond
Budgeting praktisch kaum durchsetzen. Auch ist es äußerst fraglich, ob dieses Konzept für
den Großteil der Unternehmen überhaupt anwendbar ist. Better Budgeting hingegen ist kein
geschlossenes Konzept, sondern nur ein Oberbegriff für eine Vielzahl von
Verbesserungsideen und -instrumenten. Das Fazit: Es fehlt immer noch eine gemeinsame
Klammer, ein problemadäquates Konzept, das auch in der Praxis anwendbar ist.
Diese für Controller und Manager unbefriedigende Situation wurde vom Internationalen
Controller Verein (ICV) in Zusammenarbeit mit der European Business School (EBS) sowie
weiteren Wissenschaftlern und Praxisvertretern zum Anlass genommen, ein wissenschaftlich
fundiertes, stimmiges und praxistaugliches Konzept zu entwickeln: die Moderne
Budgetierung.
Wir verwenden weiterhin den Begriff „Budgetierung“, da wir der Meinung sind, dass sie auch
in Zukunft eines der wesentlichen Instrumente zur Steuerung eines Unternehmens sein wird;
ihre Bedeutung nimmt nicht ab, sondern wird stattdessen eher zunehmen. Der Zusatz
„modern“ soll die Anpassung an die aktuellen Anforderungen verdeutlichen. Nach über 100
Jahren erfolgreichem Einsatz in Millionen von Unternehmen setzen Planung und
Budgetierung oftmals ein wenig „Speck“ an. Das angestrebte Ziel der Modernen
Budgetierung ist es deshalb, sie wieder auf den nutzenbringenden und steuerungsrelevanten
Kern „zurechtzuschneiden“, der für eine rationale Unternehmensführung und -steuerung nötig
ist. Die Budgetierung wird einfach, flexibel und integriert gestaltet, bildet die
Unternehmensstruktur und Wertschöpfung ab und legt den Fokus auf die Vermittlung von
Absichten. Eine detaillierte Erklärung folgt in Kapitel 3.
Vielen Managementkonzepten kann man den Vorwurf machen, dass sie weder
wissenschaftlich abgesichert noch wirklich in der Praxis erfolgreich erprobt sind. Die
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3. Moderne Budgetierung unterscheidet sich davon deutlich: Einerseits werden alle Aussagen
durch eine theoretische Fundierung und empirische Nachweise belegt. Andererseits werden
laufend Anregungen und Ideen aus Praxis und Theorie – im Sinne eines kontinuierlichen
Verbesserungsprozesses – eingearbeitet. Um von vornherein viele Aspekte, Ideen und
Sichtweisen einzubringen, wurden bereits bei der Entwicklung die wesentlichen, betroffenen
Personengruppen einbezogen: Wissenschaftler, zukünftige Anwender aus Unternehmen sowie
Berater. Damit konnten Erfahrungen und Anforderungen aus vielen Branchen und
Unternehmensgrößen eingebracht werden. Dies wurde durch mehr als 30 Experteninterviews
und Fallstudien aus der Unternehmenspraxis ergänzt.
Das vorliegende White Paper erläutert die Grundsätze der Modernen Budgetierung und gibt
eine Orientierung. In weiteren Veröffentlichungen werden dann die konkreten Schritte und
Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, die Ihnen bei der Verbesserung Ihrer Planung helfen
werden.
Die Moderne Budgetierung in Krisenzeiten
Krisenzeiten bieten Kritikern immer Anlass zu behaupten, dass die vorhandenen Instrumente
und Methoden daran Mitschuld hätten, und die Zeit für neue revolutionäre Konzepte reif sei.
Dem widersprechen wir hinsichtlich des Controllings und insbesondere der Planung und
Budgetierung. Die vorhandenen Planungs- und Steuerungssysteme sind auch in dynamischen
Zeiten anwendbar. Natürlich ist die eine oder andere Anpassung hin zu einer Modernen
Budgetierung notwendig: mehr Szenarien und Forecasts, mehr Flexibilität für kurzfristige
Änderungen, noch stärker auf die Mitarbeiter am Markt hören. Aber ein Verzichten auf
Planung und Budgetierung ist auch in Krisenzeiten keine Lösung. Damit würden
Unternehmen die Chance verlieren, vorausschauend und aktiv Entwicklungen einzuschätzen,
Gegenmaßnahmen zu entwickeln und aus (Planungs-)Fehlern für die Zukunft zu lernen.
2 Auf dem Weg zur Modernen Budgetierung
Sich Gedanken über Planungs- und Steuerungssysteme zu machen, lohnt erst ab einer
bestimmten Größe und Komplexität des Unternehmens. So gibt es allein in Deutschland rund
63.000 Unternehmen ab 50 Mitarbeitern sowie gemeinnützige und öffentliche Organisationen,
die dafür primär in Frage kämen. Niemand kann den Anspruch erheben, für diese – und alle
anderen Unternehmen auf der Welt – eine Festlegung zu treffen, wie die Planung im Detail
ausgestaltet sein muss. Es ist jedoch möglich, einen Rahmen zu schaffen, der individuelle
Ausgestaltungsmöglichkeiten zulässt. Für das Konzept der Modernen Budgetierung folgt aus
Sicht der Autoren dreierlei daraus:
1. Erfolgreiche Unternehmensführung benötigt Steuerungsentscheidungen, um die Ziele
zu erreichen.
2. Planung und Budgetierung sind der Kern dessen, was ein Steuerungskonzept
beinhalten soll. Je nach Branche können weitere Themen beachtet oder besonders
ausgeprägt sein. Dies auszuarbeiten wird eine Aufgabe der nahen Zukunft sein.
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4. 3. Die Empfehlungen sind keine Patentrezepte oder Allheilmittel für den sicheren und
einfachen Weg zum Erfolg. Denn Erfolg erreicht man nur durch stetige Anstrengung,
besser zu werden. Konzepte helfen dabei − umgesetzt und gelebt werden müssen sie
durch die Mitarbeiter des Unternehmens!
2.1 Wo liegen die Herausforderungen?
Aus der Unternehmenspraxis kommen seit Jahren Klagen über die Planung und Budgetierung.
Vor allem deren zeitlicher und kostenmäßiger Aufwand, Aussagekraft und Nutzen werden
angezweifelt. Es wird ersichtlich, welche Herausforderungen die Praxis zu bewältigen hat. Im
Einzelnen sind das:
1. „Nutzen gegen Aufwand abwägen“
Während der Aufwand der Planung recht gut messbar ist, gelingt das beim Nutzen nur
schwer. Unternehmen führen über die Jahre immer mehr und komplexere Methoden
und Instrumente ein, wodurch es zunehmend schwieriger wird, deren zusätzlichen
Nutzen zu erkennen. Es erscheint sogar plausibel bei manchen Instrumenten von
einem abnehmenden Grenznutzen auszugehen.
2. „Der Dynamik und den ständigen Veränderungen einen flexiblen Rahmen geben“
Unternehmen sind mit vielen Ansprüchen konfrontiert und sehen sich laufend
Veränderungen ausgesetzt, an die sie sich mehr oder weniger anpassen sollten, um
weiter erfolgreich zu sein. Das spräche für rasche Anpassungen von Plänen und
Budgets. Eine zu häufige Anpassung würde aber die ursprünglichen Ziele vergessen
lassen und die Planung böte den Mitarbeitern wenig Orientierung. Das Management
ist gefordert, hier eine ausgewogene Lösung zu finden.
3. „Verhaltenssteuerung und Entscheidungsunterstützung abwägen“
Budgets können zwei Zwecken dienen, die jedoch oft in Konkurrenz zueinander
stehen. Einerseits um als Zielvorgabe das Verhalten der Manager zu steuern und deren
Leistung zu messen, andererseits um Entscheidungen dezentraler Bereiche zu
koordinieren und auf ein übergeordnetes Ziel auszurichten. Nur selten kann ein und
derselbe Plan beide Zwecke erfüllen. Dennoch setzen viele Unternehmen Budgets
dafür ein. Es verwundert nicht, dass es dann zu Unzufriedenheit und Konflikten
kommt.
4. „Planung und Budgetierung in das gesamte Führungssystem einbetten“
Zwar sind Planung und Budgetierung wichtige Führungsinstrumente, jedoch nicht die
einzigen. Ihr Nutzen hängt entscheidend von den Führungspersonen, der
Unternehmenskultur, den zugrundeliegenden Kontextfaktoren (z.B.
Wettbewerbsdynamik) sowie vom Zusammenspiel mit anderen Instrumenten ab.
White Paper ICV-Facharbeitskreis „Moderne Budgetierung“ Seite 4
5. 2.2 Welche Antworten gibt die Moderne Budgetierung?
Trotz der geschilderten Probleme schlagen wir nicht vor, auf die Planung und Budgetierung
zu verzichten. Es ist aber notwendig, sie zu modernisieren und an die aktuellen
Gegebenheiten und Umweltbedingungen anzupassen. Die Antworten der Modernen
Budgetierung auf die genannten Herausforderungen sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
Herausforderungen Antworten der Modernen Budgetierung
„Nutzen gegen Aufwand Komplexität reduzieren: „einfacher werden“ in Bezug
abwägen“ auf IT-Instrumente, Methoden, Prozesse
Sich auf wesentliche, steuerungsrelevante
Planungsinhalte beschränken
„Der Dynamik und den Neue Instrumente einführen: „flexibler werden“
ständigen Veränderungen beispielsweise durch Szenarien, rollierende Planung
einen flexiblen Rahmen und Forecasts oder relative Ziele
geben“ Gröber werden: Jahresziele als Rahmen, kurzfristig
konkrete Ziele vorgeben
Maßgeschneidert: Rhythmus und Umfang von
Plananpassungen unternehmensindividuell festlegen
„Verhaltenssteuerung und Budgetierung soll auf Entscheidungsunterstützung
Entscheidungsunterstützung fokussieren
abwägen“ Variable Vergütung auf Basis einer ausbalancierten
Mischung von kurz- und langfristigen persönlichen,
Bereichs- und Unternehmenszielen. Es ist aber zu
berücksichtigen, dass Motivation eher durch nicht
monetäre Instrumente wirkt
„Planung und Budgetierung Berücksichtigen der Kontextfaktoren (z.B. Branche,
in das gesamte Führungs- Organisation, Wertschöpfung, Marktsituation) bei der
system einbetten“ Gestaltung der Planung und Budgetierung
Kurz- und mittelfristige Planungen stärker strategisch
ausrichten, Integration der Maßnahmenplanung:
„integrierter werden“
Tab. 1: Die Antworten der Modernen Budgetierung
3 Die Moderne Budgetierung
Aus den vielen theoretisch-begründeten und praktischen Anforderungen an die Planung und
Budgetierung wurden letztlich sechs wesentliche Empfehlungen herausgearbeitet. Mit ihnen
lässt sich die Budgetierung modernisieren und an neue Umfeldbedingungen anpassen. Sie
werden in zwei Gruppen eingeteilt:
1. Prozesse und Strukturen: Hierbei werden Empfehlungen für die Gestaltung der
Planungsprozesse und Planungsebenen sowie die Auswahl der Planungsinstrumente
gegeben. Die Kernprinzipien sind Einfachheit, Flexibilität und Integration. Mehr in
Abschnitt 3.2.
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6. 2. Planungsinhalte: Letztlich geht es bei der Planung nicht nur um Prozesse, sondern
auch um Inhalte. Deshalb sollen hier zusätzlich einige Empfehlungen zur Festlegung
der wichtigsten Planungsinhalte gegeben werden. So sind im Kern die
Wertschöpfung und Struktur abzubilden und statt vieler Detailmaßnahmen die
Absichten hinter dem Plan klar zu äußern. Näheres in Abschnitt 3.3.
Prozesse und
Strukturen Flexibel
Einfach Integriert
Moderne
Budgetierung
Organisation Absichten
abbilden klar machen
Wertschöpfung
abbilden Inhalte
Abb. 1: Empfehlungen zur Gestaltung der Modernen Budgetierung
Abbildung 1 verdeutlicht, dass letztlich alle Empfehlungen aufeinander wirken, und daher
abgestimmt werden müssen. Zielkonflikte lassen sich nicht vermeiden. So führt
beispielsweise eine stärkere Integration häufig zu weniger Flexibilität und umgekehrt.
3.1 Was kann das Konzept leisten und wo liegen seine Grenzen?
Das Konzept Moderne Budgetierung geht davon aus, dass viele Unternehmen eine Planung
und Budgetierung verwenden, mit der sie mehr oder weniger unzufrieden sind. Die Moderne
Budgetierung soll vor diesem Hintergrund den Weg hin zu einer weniger aufwändigen
Planung und Budgetierung aufzeigen, die gleichzeitig mehr Nutzen stiftet. Unternehmen, die
hingegen noch keine ausgefeilte Planung und Budgetierung verwenden, können die
Empfehlungen dazu nutzen, sich von vornherein auf steuerungsrelevante Inhalte zu
konzentrieren. Die Praxistauglichkeit und die Fokussierung auf die Kernfunktionen der
Budgetierung sind die Stärken der Modernen Budgetierung!
Das Konzept gibt Unternehmen eine Orientierung. Es geht darum, den Kern einer
zeitgemäßen Planung und Budgetierung zu beschreiben und nicht darum, alle denkbaren
Facetten und Ausprägungen einzubeziehen. Daher sind sowohl das Konzept als auch dessen
Beschreibung auf genau diese Kernpunkte reduziert. Das Konzept der Modernen
Budgetierung wird in naher Zukunft um Beispiele, Arbeitshilfen, Checklisten und ähnliches
ergänzt werden. Damit soll Anwendern geholfen werden, es auf ihre eigenen Bedürfnisse
anzupassen und adäquat einzuführen. Dabei ist vor allem auf die Unternehmenskultur zu
achten. Sie beeinflusst ganz wesentlich das Planungs- und Steuerungssystem und die Rolle,
die ein Controller dort überhaupt wahrnehmen kann („Zahlenknecht“ vs. „Business Partner“).
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7. 3.2 Prozesse und Strukturen der Modernen Budgetierung
Nachfolgend werden die einzelnen Bestandteile beschrieben. Dabei wird darauf eingegangen,
warum diese Aspekte für die Gestaltung einer Modernen Budgetierung wichtig sind
(Weshalb?) und was bei ihrer Umsetzung beachtet werden soll (Wie?). Abgerundet werden
diese Ausführungen durch ausgewählte Praxisbeispiele.
Einfach
a. Weshalb?
Einfache Prozesse und Strukturen sind leichter verständlich, so dass ihre Chancen,
genutzt zu werden, steigen. Einfache Prozesse und Strukturen lassen sich auch leichter an
Veränderungen anpassen. Gerade in dynamischen Situationen ein nicht zu
unterschätzender Vorteil.
b. Wie?
Unternehmen sollten sich auf steuerungsrelevante Inhalte beschränken, schlanke
Abläufe verwenden und nur wirklich nutzenbringende (IT-)Instrumente und Methoden
einsetzen. Das Planungsmodell ist so aufzubauen, dass man aus wenigen Eingangsgrößen
(z.B. Auflagenhöhe und Seitenumfang bei Zeitungen, Auslastungsquote im
Dienstleistungsbereich) viele weitere Größen ableiten kann, um so Pläne einfacher
erstellen und überarbeiten zu können. Die Planungsprozesse müssen diszipliniert
eingehalten werden.
c. Praxisbeispiele:
Erfolgreiche Unternehmen konzentrieren sich bei Planung und Forecasting
beispielsweise auf wesentliche Größen wie Umsätze und Deckungsbeiträge der
wichtigsten Kunden, Produkte und Regionen. Das reduziert den Aufwand deutlich.
Die Planung bei einem weltweit tätigen Automobilzulieferer beginnt mit der
strategischen Planung Mitte August und wird über eine Mittelfristplanung in die
Budgeterstellung transformiert, die im Oktober startet und nur noch 6 bis 8 Wochen
dauert. Der gesamte Planungsprozess umfasst damit vier Monate. Erreicht wird das durch
einen klar definierten Top-down-Prozess zur Zielsetzung mit anschließender Bottom-up-
Fixierung, einen geringen Detaillierungsgrad sowie die Fokussierung auf Planprämissen.
Für wesentliche Budgetpositionen werden Vorschlagswerte automatisch durch das IT-
System bereitgestellt.
Flexibel
a. Weshalb?
Unternehmen müssen lernen mit Unsicherheiten umzugehen. Sie benötigen flexible
Prozesse und Strukturen, um sich an die Umwelt anzupassen und sie zu beeinflussen.
Gleichzeitig ist ein Budget als jahresbezogener Fixpunkt notwendig, um Tätigkeiten wie
eine Finanz- und Ressourcenplanung oder Abweichungsanalysen durchführen zu können.
b. Wie?
Basis für das Beherrschen dieses Spannungsfelds ist eine Unternehmens- und
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8. Führungskultur, die auf Offenheit, Realismus und die Bereitschaft, Änderungen
unterjährig durchzuführen und aus Fehlern zu lernen, setzt.
Flexibilität drückt sich beispielsweise dadurch aus, dass Szenarien dargestellt oder
relative Ziele verwendet werden. Zeitlich gesehen empfiehlt es sich, rollierende Forecasts
einzusetzen und generell so spät wie möglich zu planen und sich festzulegen.
Moderne Budgets setzen keine Wachstumsgrenzen und schränken nicht kurzfristige
Chancen ein. Unterjährige Umschichtungen von Ressourcen sollten ohne aufwändige und
langwierige Abstimmungsprozesse möglich sein. Flexibilität hat jedoch auch ihre
Grenzen. So sind beispielsweise Großinvestitionen (z.B. Pressen in der
Automobilbranche, Turbinen in der Energiewirtschaft) aufgrund der langen
Beschaffungsdauer kurzfristig nicht disponibel.
c. Praxisbeispiele:
Viele Unternehmen prüfen die Zuordnung ihrer Budgets auch unterjährig. Werden
beispielsweise in einem Land hohe Umsätze erzielt und sind weitere Potenziale möglich,
werden Marketingmittel aus anderen Ländern umgeschichtet.
Um die dynamischen Entwicklungen bei einem produzierenden Unternehmen
abzubilden, werden Simulationen und Szenarien als Teil des Planungs- und
Forecastingprozesses eingeführt. Unterschiedliche Trends können so gerechnet und
mehrere Szenarien (Best Case, Worst Case) formuliert werden. Die Szenarien selbst
können dann im Planungs- und Forecastingprozess genutzt werden, um die Zielrichtung
für bestimmte Maßnahmenpakete vorzugeben.
Integriert
a. Weshalb?
Um wirksam zu sein, müssen alle Entscheidungen, Budgets und Maßnahmen
idealerweise auf die Unternehmensziele abgestimmt und ausgerichtet sein. Wirksam
bedeutet auch, realistische Pläne und Prognosen zu erstellen. Dazu muss auch das
planungsrelevante Wissen der Mitarbeiter eingebracht werden.
b. Wie?
Integration bezieht sich auf die Pläne selbst als auch auf den gesamten
Führungsprozess aus Planung, Reporting, Forecasting und Anreizsysteme.
Bei der Planintegration sollte man sich auf wenige, möglichst konkrete Vorgaben
beschränken, die jedoch voneinander ableitbar sind. Die langfristige Strategieplanung ist
mit der operativen Budgetplanung zu verzahnen. Ergebnisse der operativen Planung und
Kontrolle sind wiederum in der strategischen Planung zu berücksichtigen. Gleichzeitig
spielt die funktionale Integration (F&E, Produktion, Marketing & Vertrieb) sowie die
Konsolidierung von Teilplänen eine wesentliche Rolle.
Zeitnahe Berichte und Forecasts lassen Rückschlüsse auf die Planerreichung und
nötige Plananpassungen zu.
Die Budgets und Anreizsysteme sollten nur lose gekoppelt werden. Anreize sind nicht
nur monetär, sondern sollten mehrere Dimensionen integrieren: persönliche Ziele, den
Bereichs- und Unternehmenserfolg sowie kurz- und langfristig Komponenten. Budgets
wären damit nicht der alleinige Maßstab für die Zielerreichung. Weitere Maßstäbe sind
der Markterfolg oder das Messen am Wettbewerber.
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9. c. Praxisbeispiele:
Bei einer großen Baumarktkette werden durch eine durchgängige Top-down-Planung
Leitplanken für die Unternehmensentwicklung gesetzt. Das Strategiemodell ist dabei als
ein ganzjähriger Prozess aufgesetzt, der aus Analyse, Gestaltung des Rahmens,
Abweichungsanalyse und Steuerung besteht. Dabei werden durch die Ausgestaltung der
strategischen Maßnahmen die konkreten Effekte auf das Budget definiert. Die
Mittelfristplanung stellt mit einem 5-Jahres-Horizont das Bindeglied zwischen
strategischer und operativer Planung dar. Die konkrete Planung der Filialkosten erfolgt
auf Basis des fortgeführten Geschäfts („Business as usual“), der Planung der Expansion
(„neue Flächen“), der Planung der strategischen Maßnahmen sowie der Planung von
operativen Maßnahmen durch die Regionalleiter. Die Wirkung wird dabei jeweils über
eine Wirtschaftlichkeitsrechnung abgeschätzt und den jeweiligen Positionen zugeordnet.
In der Budgetplanung können auf diese Weise die Effekte aus der strategischen Planung
identifiziert werden.
In vielen Unternehmen basiert ein Teil der variablen Vergütung auf dem EBIT oder
EVA. Damit wird neben bereichs- oder personenbezogenen Zielen auch eine Gesamtsicht
fokussiert. Um nicht nur das laufende Jahr in den Vordergrund stellen, sondern auch die
langfristige Perspektive zu berücksichtigen, werden die Ziele so festgelegt, dass sie über
den Jahreshorizont hinausgehen.
Erfolgreiche Unternehmen verknüpfen den Prozess von der strategischen Planung über
die Budgetierung und Zielvereinbarung bis hin zur Kontrolle und Steuerung. Im Fokus
steht dabei ein integrierter Gesamtprozess, der sicherstellt, dass sich die strategischen
Vorgaben auch tatsächlich in den operativen Maßnahmen wiederfinden (siehe das
Beispiel in Abbildung 2).
1
Strategische Planung
5 • Strategische Pläne über einen Zeitraum
von 3 bis 5 Jahren, jährliche Aktualisierung
Laufende Steuerung
• Festlegung strategischer Ziele,
• Monatliche Überwachung der Ergebnisse Stoßrichtungen und Maßnahmen
• Rollierendes Forecasting • Zuteilen von Ressourcen und Investitionen
• Quartalsweise Verfolgung und Diskussion für Wachstumssegmente
der Maßnahmen aus Budget und Strategie
• Flexible Reallokation von Mitteln (z.B. in
Marketing und bei Investitionen)
Planungs-
2
und Budgetierung und Forecasting
Steuerungs- • Budget am strategischen Plan ausrichten
4 prozess • Jahresziele definieren und Maßnahmen für
Maßnahmen aus Budget und das Budget festlegen
Strategie umsetzen
• Organisation und Strukturen anpassen
• Implementierung der Maßnahmen in jeder
Funktion und jedem Markt
3
Jahresziele ableiten und
Zielvereinbarungen mit den
Mitarbeitern durchführen
• Ziele und Maßnahmen für Bereiche und
Divisionen ableiten
• Ziele mit Mitarbeitern vereinbaren, die auch
über den Jahreshorizont hinausgehen
können
Abb. 2: Ein Praxisbeispiel für einen integrierten Planungs- und Steuerungsprozess
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10. 3.3 Planungsinhalte der Modernen Budgetierung
Leistungen und Wertschöpfung abbilden
a. Weshalb?
Das Geschäftsmodell muss abgebildet werden; das ist der Kern jeder
Unternehmensplanung. Dabei werden die gesetzten Erfolgs- und Wachstumsziele in
Mengengrößen, monetäre Größen und Maßnahmen konkretisiert.
b. Wie?
Voraussetzung ist das Verständnis der eigenen Wertschöpfungskette. Die Planung
bildet dann die einzelnen Schritte der Wertschöpfungskette ab, beginnend bei den Zielen
und erkannten Engpässen und Restriktionen.
c. Praxisbeispiele:
Ein Konzern mit einem Stammhaus und mehreren kleinen Beteiligungen plante bisher
primär nach Gesellschaften. GuV und Bilanz wurden je Gesellschaft geplant, unabhängig
von ihrer Größe und den durch sie wahrgenommenen Funktionen. In der GuV des
Stammhauses (über 75 % des Umsatzes) vermischten sich die Effekte verschiedener dort
zugeordneter Abteilungen (u.a. Vertrieb, Handel, Shared Services), sodass eine gezielte
unterjährige Abweichungsanalyse nicht möglich war. Die Neugestaltung der
Budgetierung nach Segmenten und die klare Zuordnung der Aktivitäten zu den
Wertschöpfungsstufen ermöglicht nun eine Planung- und Abweichungsanalyse nach den
tatsächlichen Geschäften. Der Vertrieb im Stammhaus wie auch die
Vertriebsgesellschaften planen ihr Vertriebsergebnis, Service-Einheiten dagegen ihre
Kosten und Auslastung. Auf dieser Grundlage kann eine unterjährige Steuerung erfolgen.
Organisation abbilden
a. Weshalb?
Der schlechte Ruf, der Hierarchien anhaftet, ist so nicht gerechtfertigt. Sie geben
Orientierung, befriedigen das menschliche Bedürfnis nach Rangordnung und Status und
dienen der Organisation von Aufgaben und Verantwortungen. Dementsprechend sollte
eine Planung auch Ziele und Pläne je Organisationseinheit (z.B. Abteilungen, Projekte)
entwickeln.
Lange Entscheidungswege, hohe Spezialisierung, Inflexibilität und die Fokussierung
auf Bereichsoptima sind meistens auf Organisations- und Führungsprobleme
zurückzuführen; mit Planung können sie in der Regel nicht gelöst werden.
b. Wie?
Konkrete und eindeutige Ziele und Pläne sind je Organisationseinheit zu entwickeln.
Bereichsziele und -pläne müssen sich aber am Gesamtziel des Unternehmens und nicht
an Bereichsoptima orientieren.
c. Praxisbeispiele:
Bei einer Flughafengesellschaft erhielt der einzelne Planende bisher den größten Teil
seiner Planung vorgegeben (z.B. Personalbedarf und -kosten, Schulungen), ohne dass er
darauf Einfluss nehmen konnte. So blieben ihm nur noch wenige Positionen zur Planung.
White Paper ICV-Facharbeitskreis „Moderne Budgetierung“ Seite 10
11. In der Folge identifizierten sich die Planenden nicht mit den Budgets ihrer Bereiche; es
war lediglich eine bürokratische Pflichtübung. Die Planung wurde so verändert, dass der
Planende eines Bereiches die von ihm verantworteten Positionen auf Basis zentral
vorgebebener Prämissen selbst plant. Einzelne weiterhin zentral geplante Größen sind
weiterhin vorhanden; sie sind jedoch größtenteils abänderbare Vorschlagswerte. Auf
diese Weise wurde die Planung wieder Steuerungsgrundlage für die Bereichs-
verantwortlichen.
Absichten formulieren
a. Weshalb?
In einer idealen Welt hätte man mit einer Detailplanung keine Probleme, da alle
Informationen vorlägen und rechtzeitig eingearbeitet werden könnten. In einer unsicheren
Welt und angesichts der Schwierigkeit alles dafür benötigte Wissen einzubeziehen, muss
solch eine Planung spätestens in der Umsetzung scheitern. Sehr konkrete Plandetails
erweisen sich dann als falsch, ungeeignet, irrelevant oder gar demotivierend.
Zweckmäßiger erscheint es deshalb, Ziele und Absichten zu verdeutlichen, die hinter dem
Plan stehen.
b. Wie?
Ziele sollten so konkretisiert werden, dass die Absichten klar sind und von allen
verstanden werden. Es sollte weniger darum gehen, einzelne Schritte oder Maßnahmen
vorzugeben, sondern den Kern des Plans und die dahinterliegenden Ziele. Die
Umsetzungsverantwortung liegt bei den Mitarbeitern. Durch die Vorgabe von Top-
Down-Zielen und Prämissen sollen Planungsschleifen reduziert oder vermindert werden.
c. Praxisbeispiele:
Bei einem Maschinenbauer werden die wesentlichen Top-down-Ziele und Prämissen
von der Unternehmensführung vorgeschlagen, mit den Sparten diskutiert und darauf
aufbauend die Planung durchgeführt. Ist das Budget festgelegt, bleiben die Maßnahmen
zur Erreichung der Ziele innerhalb bestimmter Leitlinien den Sparten überlassen.
Unterjährige Abweichungen, die festgelegte Grenzen überschreiten, müssen mit den
übergeordneten Stellen abgestimmt werden. Um mit dieser Freiheit umgehen zu können,
werden die Mitarbeiter entsprechend geschult und ihnen auch die dafür notwendigen
Planungs- und Steuerungsinstrumente zur Verfügung gestellt.
4 Fazit und weitere Aktivitäten
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Moderne Budgetierung Unternehmen und
Organisationen die Möglichkeit bietet, Planungs- und Steuerungssysteme systematisch und
nach individuellem Bedarf neu auszurichten. Wie bereits erwähnt, handelt es sich dabei aber
um kein Patentrezept, sondern um fundierte Empfehlungen, die in vielen kleinen und großen
Schritten durch ständige Bemühungen etabliert werden können.
White Paper ICV-Facharbeitskreis „Moderne Budgetierung“ Seite 11
12. Bisher wurden umfangreiche Vorarbeiten abgeschlossen oder befinden sich derzeit kurz
davor: die Analyse bestehender Konzepte, eine Benchmarkingstudie, die Aufarbeitung der
wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie die Berücksichtigung des Inputs der
Arbeitskreismitglieder (siehe Abbildung 3).
Input durch Analyse bestehender Impulse aus der
Vorarbeiten Benchmarkingstudie
Arbeitskreismitglieder Konzepte Wissenschaft
(2007 - 2009) (Interviews mit >30
(Praxis, Beratung, (Better, Advanced, (Analyse empirischer
Unternehmen)
Wissenschaft) Beyond Budgeting) Erkenntnisse)
Konzept- Moderne Budgetierung
Moderne Budgetierung
entwicklung − Weiterentwicklung
− Erster Entwurf
(2009 - 2010) (entsprechend Kritik
(White Paper)
und Feedback)
Ausgestaltung des Empirische Studie
Erarbeitung von
Konzeptes Analyse der IT- Erarbeitung von über die Moderne
Arbeitshilfen und
(ab 2009) Unterstützung Branchenlösungen Budgetierung in der
Checklisten
Praxis
Abgeschlossen In Arbeit In Planung
Abb. 3: Ablauf der weiteren Entwicklung der Modernen Budgetierung
Erste Arbeitsergebnisse wurden bereits in der Ausgabe 5/2008 des Controller Magazins
veröffentlicht.1 Das vorliegende White Paper gibt einen Auszug aus dem konsolidierten Stand
der bisherigen Ergebnisse. Weitere Ergebnisse, verbunden mit einer erweiterten Version des
vorliegenden White Papers sowie Praxisbeispielen aus unterschiedlichsten Branchen finden
sich in Band 3 des Controlling-Beraters, der im August 2009 unter dem Titel „Moderne
Budgetierung“ erscheint und vom Facharbeitskreis herausgegeben wird.
Neben der Weiterentwicklung und Verfeinerung des Konzeptes sind für die kommenden Jahre
die Erarbeitung von Arbeitshilfen und Checklisten, die Analyse der möglichen IT-
Unterstützung und die Erarbeitung von Branchenlösungen geplant. Daneben soll auch eine
empirische Studie über die Moderne Budgetierung in der Praxis durchgeführt werden. Zur
Verbreitung des Konzeptes sind Veröffentlichungen in Zeitschriften (2009 und 2010), ein
Controller Statement (2010) und ein Buch (voraussichtlich 2011) vorgesehen.
1
Siehe Gänßlen/Gleich/Oehler/Rieg: Auf dem Weg zur „Modernen Budgetierung“ − Arbeitsergebnisse des
Internationalen Controller Vereins (ICV).
White Paper ICV-Facharbeitskreis „Moderne Budgetierung“ Seite 12