Wissens- und Terminologiemanagement in einzelnen Phasen des Übersetzungsprozesses:
1. Verstehensphase /rezeptive Phase
2. Produktionsphase /produktive Phase
3. Qualitätskontrolle
2. Agenda
Wissens- und Terminologiemanagement in einzelnen Phasen des
Übersetzungsprozesses:
1. Verstehensphase/rezeptive Phase
2. Produktionsphase/produktive Phase
3. Qualitätskontrolle
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3. Verstehensphase: Analyse des Ausgangstextes
•Textsorte, zB informativ, expressiv, operativ
(s. Einführung Fachübersetzen)
•Fachgebiet: zB Recht, Börsenwesen, Elektrotechnik
•Zielgruppe: zB Kinder/Erwachsene, Laien/
Fachpraktiker/Wissenschaftler
Sprachliche
Merkmale
•Wiederholungen
•Nicht-übersetzbare Elemente, zB dritte Sprache,
unlesbar
•nicht zu übersetzende Elemente, zB Zahlentabellen,
Namen
Formale
Merkmale
•Dateiformat
•Layoutanforderungen
•Formatierung
Layout- und
Formatmerkmale
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Ergebnis:
Notwendigkeit der
Recherche und
mögliche Lücken
4. Vorgehen nach der Textanalyse
1. Recherchestrategie bestimmen
2. Hilfsmittel und Quellen auswählen und bewerten
3. Recherche durchführen (und Übergang zur produktiven Phase)
4. Informationen strukturieren und speichern
(Terminologie und Informationen zu Zusammenhängen)
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5. Recherchestrategie
1. Was soll recherchiert werden?
▪ Theoretische Zusammenhänge zum Fachgebiet?
▪ Bedeutung einzelner Fachbegriffe?
2. Welche Quellen und Hilfsmittel eignen sich für die Recherche?
(s. nächste Folie)
3. Habe ich Zugang zu diesen Hilfsmitteln und Quellen?
▪ Gibt es verlässliche und zugängliche Onlinequellen?
▪ Muss eventuell eine Bibliothek besucht werden oder evtl. Fachliteratur gekauft werden?
4. Lohnt sich die Recherche oder nimmt sie unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch
und macht den Auftrag unrentabel?
▪ Existieren gute Chancen, sich in vertretbarer Zeit das notwendige Fachwissen anzueignen?
▪ Rechtfertigt der Ertrag bei diesem oder potentiellen zukünftigen Projekten diesen Aufwand?
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6. Hilfsmittel und Quellen für Recherche (Verstehensphase)
▪ Referenzmaterial des Auftraggebers, falls vorhanden
− Publikationen
− Website
− Kataloge
▪ Einsprachige Wörterbücher der Ausgangssprache (AS)
− allgemeinsprachliche
− fachsprachliche
− spezielle Wörterbücher
▪ Enzyklopädien
▪ Fachliteratur und Fachleute
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9. Produktive Phase des Übersetzens
▪ Beruht auf Informationen aus dem Auftrag und aus der rezeptiven Phase
▪ Ist ein Syntheseprozess: vom Teil zum Ganzen
(Rezeptive Phase: Vom Ganzen zum Teil/vom Abstrakten zum Konkreten)
▪ Nur eine bedingte tatsächliche Trennung – eher ein Wechselprozess zwischen AT
und ZT
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10. Vorgehen in der produktiven Phase I
1. Adressaten und Funktion vor Augen führen (zB deutschsprachiger relativ gut
gebildeter Zeitungsleser):
▪ Ziel erreicht, wenn der Leser das Gefühl hat, keine Übersetzung, sondern einen Originaltext zu lesen,
Bsp.: Газета «Известия» утром 25 ноября сообщила, что ... = Die russische Zeitung Iswestija teilte
am Morgen des 25. November mit, dass …
▪ Möglich nur, wenn sich der/die Ü. wirklich gut mit der „Situation in der zielsprachlichen
Kommunikations- und Kulturgemeinschaft“ auskennt (> Diskussion zu „Übersetzung in die
Muttersprache“)
2. Reproduktion der Form und der Inhalte in der Zielsprache
▪ Funktionsadäquatheit, Äquivalenzbeziehungen zwischen Übersetzungseinheiten, Bsp.: экономически
развитые страны – Industrieländer, nicht: wirtschaftlich entwickelte Länder
влиять – Einfluss nehmen, братья и сестры – Geschwister
3. Gleichzeitige Recherche: zweisprachig
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11. Vorgehen in der produktiven Phase II
4. Redaktion der Übersetzung:
▪ Kohärenz (Sinnzusammenhang i. B. a. Adressat/Funktion, stilistische, temporale Einheitlichkeit,
Satzbau/Logik)
▪ Interferenzen zwischen AT und ZT („klingt wie eine Übersetzung“)
▪ Vollständigkeit/Flüchtigkeitsfehler
▪ Orthografie und Interpunktion
5. Formatierung
6. Übermittlung an den Kunden
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12. Übersetzungsprobleme in der produktiven Phase
Pragmatische Probleme
• Unklarer Adressat
• Unklare Funktion
• Defekte im Ausgangstext
(unklare Stellen,
Wiederholungen, Logik-
oder Faktenfehler)
Kulturspezifische Probleme
• Verstöße gegen
Textsortenkonventionen
• Verstöße gegen formale
Konventionen:
- Zitation
- Interpunktion
- Eigennamen
(Translation/Transkription
Sprachenpaarspezifische
Probleme
• Meist lexikalische Probleme
(nächste Folie)
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13. Sprachpaarspezifische Übersetzungsprobleme RU-DE
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▪ Безэквивалентная лексика (Spätzle, Käse/Quark, День здоровья, кухонные разговоры, ездить на
картошку)
▪ Отсутствие равнозначного эквивалента (Großeltern, брезгливый, сутки. Der Kaffee ist ungenießbar)
▪ Несовпадение в частотности
▪ Специфические средства словообразования (мама – мамаша – мамочка, behandschuht, gestiefelt)
▪ Сложные слова (Saftladen, Freizeitkleidung, Windkraftwerk)
▪ Многозначность и синонимия (bekannt, Fleisch, переживать)
▪ Потенцирующие средства (Affenhitze)
▪ Идиомы (преступная халатность – grobe Fahrlässigkeit, nicht jedermanns Sache – на любителя)
и т.д.
Quelle: Павлова/Светозарова, 2012, Трудности и возможности русско-немецкого и немецко-русского
перевода
14. Hilfsmittel und Quellen für Recherche (Produktionsphase)
▪ Referenzmaterial des Auftraggebers
− Mehrsprachige Website und Publikationen
− Terminologievorgaben
▪ Zweisprachige Wörterbücher der AS-ZS
− allgemeinsprachliche
− fachsprachliche
− spezielle Wörterbücher
▪ Terminologiedatenbanken
▪ Paralleltexte
▪ Fachliteratur in AS und ZS
▪ Fachleute/Internetforen
▪ Translation-Memory-Systeme/vorhandene Übersetzungen
▪ Grammatiken und grammatische Nachschlagewerke
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15. Ziele der Recherche (rezeptive und produktive Phase)
▪ Schließen lexikalischer Lücken
▪ Beheben der Lücken im Sachgebiet
(zB Rechtssystem im Land der Zielsprache)
▪ Kulturspezifisch adäquate Darstellung
(Vertextungskonventionen; zB Wie werden üblicherweise deutschsprachige
Geschäftsbriefe oder Webshop-Texte geschrieben)
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16. Arbeiten mit Wörterbüchern
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▪ Es gibt zahlreiche Situationen, in denen ein Wörterbuch konsultiert werden sollte.
▪ Es gibt kein perfektes Wörterbuch für alle Situationen.
▪ Kein Wörterbuch ersetzt das Urteilsvermögen, die Intuition und das Fachwissen des
Übersetzers.
▪ Der Kontext spielt die ausschlaggebende Rolle.
▪ Allgemeinsprachliche Wörterbücher reichen für die Übersetzerausbildung, IHK-
Prüfung oder die praktische Übersetzungstätigkeit nicht aus!
17. Fachwörterbücher für Russischübersetzer
▪ Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, Словарь юридических и экономических
терминов, von Stefan Hans Kettler, unter Mitarbeit von Yulia Kiseleva, Verlag: C. H. BECK,
2006 (Band 1: Russisch - Deutsch und Band 2: Deutsch - Russisch)
> Teuer und nicht das beste
▪ Rechtsrussisch: Deutsch-russisches und russisch-deutsches Rechtswörterbuch für
jedermann von Gerhard Köbler, Verlag: Vahlen, 2008
> Sehr günstig und gut, reicht leider nicht aus
▪ Fachwörterbuch Marktwirtschaft, Deutsch-Russisch: Mit Glossar Russisch-Deutsch von
Renate Rathmayr, Verlag: PONS, 1993
> Sehr gut, uneingeschränkt zu empfehlen. Evtl. bereits vergriffen
▪ Wirtschaftswörterbuch in 2 Bänden, Russisch-Deutsch / Deutsch-Russisch von Rainer
Zielke, Alexandra Zielke, Verlag: Vahlen, 2009
> relativ günstig und umfangreich, mittlere Qualität
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18. Onlinewörterbücher für die Übersetzerausbildung
▪ Online-Wörterbücher, z. B.
o http://www.multitran.ru
o http://translate.academic.ru
o http://deru.dict.cc/
o http://de.pons.com/
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19. Parallel-/Hintergrundtexte/Textkorpora
▪ Wikipedia (Parallelseiten in beiden
Sprachen), Bsp.: Европейский союз
▪ Fachliteratur (Paralleltexte in beiden
Sprachen)
▪ WWW (Internetseiten zum selben Thema
...)
▪ Deutsche Welle
▪ http://inosmi.ru/
Google Übersetzer oder DEEPL sind KEINE
Option für PROFESSIONELLE Übersetzer!!!
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20. Wissensmanagement
Warum Wissensmanagement?
− Recherche nimmt bis zu 2/3 der
täglichen Arbeitszeit eines Übersetzers
ein.
− Viele miteinander verbundene
Informationen werden recherchiert und
einmal oder mehrfach zu
unterschiedlichen Zeitpunkten
verwendet.
− Speicherkapazität des menschlichen
Gehirns ist begrenzt.
3 zu verwaltende Wissenskategorien beim
Übersetzen:
1. Informationen und Wissen aus
bestimmten Fachgebieten
2. Eigene und fremde Übersetzungen
(vgl. Lektion 3.3: Technik für
Übersetzer)
3. Terminologie
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21. Übersetzungsrelevante Recherche
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Recherchierkompetenz – ein wesentliches Element der Kompetenz eines Übersetzers
2/3 der Arbeitszeit
Bsp.: Eine kleine Übersicht der Aufträge der Dozentin innerhalb eines Jahres als Beispiel für den
Übersetzeralltag:
▪ Historische Abhandlung über Liechtenstein und Russland während des ersten Weltkrieges (15
Seiten; Literatur)
▪ Kulturhistorische/modernistische Darstellung einer Gemäldesammlung (50 Seiten; Literatur)
▪ Lehrplan Medizin (200 Seiten; Kultur/Mathematik/Medizin/Hochschulwesen usw.)
▪ Zahlreiche Hochschuldiplome (darunter Ingenieurwesen, Medizin, Wirtschaft, Architektur)
▪ 2 Kurzgeschichten aus dem Bereich moderne Literatur/Lebensphilosophie/Kultur (5 Seiten)
▪ Detektivgeschichte (165 Seiten; Literatur)
▪ Zahlreiche Zeitungsartikel (Wirtschaft, Politik, Recht)
▪ Vollmachten, Strafbefehle (2-5 Seiten; Recht)
▪ Vertrag über den Kauf von Unternehmensanteilen, Darlehensvertrag (5-15 Seiten;
Wirtschaft/Recht)
22. Wissensmanagement in Fachgebieten: Tools
− Notizverwaltungssoftware, zB Evernote, Onenote
− Persönliche Wikis als html- oder windows-basierte Lösungen, zB Wikipedia oder
lexiCan
− Sonstige Software, die die oben genannten Funktionen, insbesondere aber die Suche
nach gespeicherten Informationen ermöglicht
Guter Überblick unter:
Günther Eufinger, Clevere Tools für das persönliche Wissensmanagement URL:
http://www.community-of-knowledge.de/beitrag/clevere-tools-fuer-das-persoenliche-
wissensmanagement/
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26. Grundbegriffe der Terminologiearbeit
Begriffe sind „gedankliche Vertreter“ […]
von Gegenständen, die dadurch entstehen,
dass das Gemeinsame, das Menschen an
einer Mehrzahl von individuellen
Gegenständen erkennen, festgehalten und
für das gedankliche Ordnen und das
Verstehen benutzt wird.“
(Drewer/Schmitz, 8)
Unter Gegenständen versteht man hier Ausschnitte unserer Welt – sowohl materielle
(Tisch, Stuhl usw.) als auch immaterielle (Sachverhalte und Vorgänge).
Bei Begriffen handelt es sich folglich darum, wie wir uns die realen Gegenstände
vorstellen.
„Benennung ist die Ausdrucksseite des Begriffs, die geschrieben und gesprochen
werden kann und die wir für die Kommunikation nutzen.“ (Drewer/Schmitz, 14)
Benennung ist also die sprachliche Bezeichnung des Gegenstandes bzw. des Begriffs.
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Bildquelle: Mayer/Seewald-Heeg, 2009, Terminologiemanagement
27. Speichern und Verwalten der Terminologie
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Quelle: Ilona Riesen, Lehrbuch der Wirtschafts- und Rechtsübersetzung Russisch – Deutsch, BDÜ Fachverlag, Veröffentlichung voraussichtlich 2020
28. Beispiel tabellarisches Glossar
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Benennung
DE
Synonym,
Variante,
Kurzform DE
Benennung
RU
Synonym,
Variante,
Kurzform RU
Fachgebiet Definition Kommentar
Gewinn
Ertrag,
Ergebnis
прибыль результат
Wirtschaft,
Rechnungswesen
der Überschuss der Erträge
über die Aufwendungen
eines Unternehmens
(Wikipedia: Gewinn)
29. Beispiel SDL MultiTerm
Einarbeitung in SDL MultiTerm
findet im Skype-/Präsenz-
unterricht zu Lektion 3.3
Technik für Übersetzer statt.
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30. Vorteile von Terminologiedatenbanken
▪ Automatisches Abrufen und Durchsuchen während der Übersetzung
▪ Schnelles und komfortables Befüllen
▪ Automatisierte Kontrolle der Terminologieverwendung bei der Qualitätsprüfung
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32. Werkzeuge und Verfahren der Qualitätsprüfung
▪ Wiederholtes Lesen der Übersetzung durch den Übersetzer
▪ 4-Augen-Prinzip: Prüfen der Übersetzung durch einen anderen Übersetzer/
Proofreader/Korrektor/Lektor (je nach Art der Übersetzung/Publikation)
▪ Automatisierte Rechtschreibprüfung der Textverarbeitungssoftware (MS Word,
Writer)
▪ Automatisierte Rechtschreibprüfung des CAT-Tools
▪ Automatisierte umfangreiche Qualitätsprüfung des CAT-Tools, zB Zahlen, Länge,
Interpunktion, konsistente Verwendung der Terminologie usw.
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33. Sämtliche Texte, Bilder und andere in dieser Präsentation verwendeten Informationen unterliegen
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