Panel1 - Christopher Rühl & Diana Ingenhoff (Universität Fribourg): Public Relations (PR) im Social Web: Rezipientenerwartungen an das Kommunikationsmanagement auf Web 2.0 Anwendungen
Viele Unternehmen haben damit begonnen, Web 2.0 Anwendungen in die Organisationskommunikation zu implementieren. Auch im Bereich der PR Forschung sind in letzter Zeit vermehrt Bemühungen zu beobachten, die Verbreitung und zugesprochene Relevanz von sozialen Netzwerkanwendungen aus Sicht von Unternehmen und PR-Experten zu untersuchen. Erste Studien ergaben, dass organisationale Web 2.0 Kommunikation als Kombination von Marketing- und PR-Themen beschrieben werden kann.
Der überwiegende Teil der Forschungsbemühungen im Feld der Social Web PR geht bislang jedoch nicht über kartographischen Beschreibungen hinaus. Ebenso bleibt die Nutzenperspektive der Rezipienten kaum erforscht. Unsere Forschungsfrage lautet daher: Welche Erwartungen und Nutzungsmotive haben die Anspruchsgruppen von Unternehmen an deren soziale Netzwerkprofilseiten?
Im Rahmen unserer Pilotstudie führen wir semi-strukturierte Interviews mit 65 potentiellen Nutzern (29 Politiker, 36 Personen aus der breiten Öffentlichkeit) von Unternehmensprofilen in der Schweiz durch, die über ihre Informationssuche, Vernetzungs- und Interaktionsmotive mit Unternehmen auf Facebook, Twitter und YouTube Auskunft geben. Den forschungsperspektivischen Zugang bildet der Uses & Gratifications Ansatz, der es erlaubt spezifische Nutzenmotive auf Web 2.0 Anwendungen zu analysieren. Die Interviews wurden computergestützt nach den Motiv-Anreizdimensionen der sozial-kognitiven Theorie (Bandura, 1986) und drei Teilhabeformen der Web 2.0 Kommunikation ausgewertet.
Unser Beitrag nimmt eine Vorreiterrolle auf dem Weg zu einem präzisen, dem Untersuchungsgegenstand entsprechenden, Verständnis der Rezipientenmotive der Social Web PR Nutzung ein, die im Rahmen zukünftiger Untersuchungen weiterentwickelt werden können.
3. (01/11/13)
Folie 3
Rezipientenmotive der Web 2.0 Nutzung
Allgemein
Facebook
Dunne & Rowley, 2012
Jers, 2012
Quan-Haase & Young, 2010
Subrahmanyam et al., 2008
Wang et al., 2012
Nicht-westliche Welt
Nicht-westliche Welt
Cheung et al., 2011
Cheung et al., 2011
Lee & Ma, 2012
Lee & Ma, 2012
Shin & Shin, 2011
Shin & Shin, 2011
Tosun, 2012
Tosun, 2012
Cicen & Cavus, 2011
McAndreq & Jeong, 2012
Nadkarni & Hofmann, 2012
Smock et al., 2011
kulturspezifisch
kulturspezifisch
Al Omoush et al., 2012
Al Omoush et al., 2012
Din & Haron, 2012
Din & Haron, 2012
Twitter
Twitter
Chen,2011
Chen, 2011
• Ancu & Cozma,
Ancu & Cozma,
2009
2009
•
kulturvergleichend
kulturvergleichend
Kim et al., 2011
Kim et al., 2011
Rezipientenmotive der Web 2.0 PR
Facebook & Renren
Facebook & Renren
Men & Tsai, 2012
Men & Tsai, 2012
Renren & Sina Weibo
Renren & Sina Weibo
Men & Tsai, 2013
Men & Tsai, 2013
Facebook
Vorvoreanu, 2009
4. (01/11/13)
Folie 4
Forschungslücke
Die Erwartungen und Nutzenmotive der Anspruchsgruppen von
Social Web PR bleibt weitgehend unerforscht (Zerfass & Pleil, 2012: 77).
Forschungsfragen
1.
Welche Gründe haben Anspruchsgruppen eines Unternehmens,
dessen Profilseite auf Facebook, Twitter und YouTube zu
besuchen und dort…
• Informationen zu konsumieren?
• Informationen zu teilen (share/ retweet), zu “liken”, bzw. sich mit
einer Organisation zu vernetzten?
• eigene Beiträge, bzw. Kommentare zu bestehenden Posts zu
produzieren?
2.
Welche Unterschiede können zwischen verschiedenen
Anspruchsgruppen festgestellt werden?
5. (01/11/13)
Folie 5
Theoretischer Zugang I
Integration des Uses & gratifications Ansatz in die sozial-kognitive
Theorie
Sozial-kognitive Theorie
(SCT, Bandura, 1986)
Uses & gratifications
(U&G, Blumler & Katz, 1974)
Wahl und der Konsum von
Medieninhalten durch
Rezipienten geschieht aktiv,
zielgerichtet und dient der
Befriedigung bestimmter
Bedürfnisse (Gratifikationen)
Erwartete Gratifikationen der
Mediennutzung können als
Rezipientenmotive der
Medienzuwendung, bzw. als
Anreize der Mediennutzung
verstanden werden.
Anreizdimensionen
Sozial-kognitiver U&G Zugang
(LaRose & Eastin, 2004)
Anreizdimensionen
Aktivität
praktisch
monetär
idealistisch
Neuigkeit
sozial
selbstbezogen
Status
Gesuchte Gratifikationen ≙
Ergebniserwartungen
(Motive) der Mediennutzung
(LaRose et al., 2001)
Bessere Erklärungsraten von
Internetnutzungsverhalten als
traditionelle U&G Studien
(Eastin & LaRose, 2000; LaRose &
Eastin, 2004)
6. (01/11/13)
Folie 6
Theoretischer Zugang II
Verknüpfung von Anreizdimensionen im Hinblick resultierendes
Medienverhalten
Sozial-kognitiver U&G Zugang
(LaRose & Eastin, 2004)
Anreizdimensionen
Aktivität
monetär
Neuigkeit
sozial
selbstbezogen
Status
praktisch
Idealistisch
Web 2.0 Nutzungstypen
(Jers, 2012)
Konsum
Einholen, Lesen von Informationen
auf dem Unternehmensprofil
Partizipation
Vernetzung mit Unternehmen,
Teilen/”like” von Beiträgen auf
Unternehmensprofilseite
Produktion
Publizieren eigener Beiträge auf dem
Unternehmensprofil
7. (01/11/13)
Folie 7
Methode & Design
Leitfadeninterviews mit Vertretern aus zwei potentiellen
Anspruchsgruppen (N=65)
Social Web Anwendungen: Facebook, Twitter, YouTube
Politiker
•
Repräsentative Stichprobe
• 123 (von 246) Schweizer
Parlamentariern haben ein
Profil auf einer sozialen
Netzwerkseite
• 63 Parlamentarier sind mit
Unternehmen vernetzt
• 29 InterviewpartnerInnen
(20 Männer, 9 Frauen)
Breite Öffentlichkeit
•
Zufallsstichprobe aus dem
Umfeld von FR-Studierenden
• Keine Studenten der
Medien- &
Kommunikationswissenschaft
• Profil auf mind. einer Social
Web Anwendung
• 36 InterviewpartnerInnen
(11 Männer, 25 Frauen)
Interviewdauer ca. 10 Minuten; im Juni 2013
8. (01/11/13)
Folie 8
Anreize der konsumierenden Nutzung
Nur ca. 1/3 der Politiker nutzt unternehmerische Facebook-Seiten
Twitter & YouTube von beiden Gruppen kaum genutzt
Neuigkeitsanreize dominieren Facebook-Nutzung der breiten
Öffentlichkeit
10
Aktivität
15
monetär
4
Aktivität
Aktivität
monetär
monetär
48
Neuigkeit
3
Neuigkeit
sozial
sozial
sozial
selbstbezogen
23
2
3
selbstbezogen
Status
selbstbezogen
Status
Status
praktisch
2
Neuigkeit
9
praktisch
1
praktisch
idealistisch
idealistisch
Fremdsteuerung
Fremdsteuerung
Fremdsteuerung
weiss nicht
weiss nicht
weiss nicht
6
idealistisch
keine Nutzung
keine Nutzung
12
0
Öffentlichkeit
20
40
Politiker
60
0
Öffentlichkeit
10
20
keine Nutzung
31
20
30
Politiker
40
29
0
Öffentlichkeit
10
20
30
34
40
Politiker
npol = 29
npub= 36
9. (01/11/13)
Folie 9
Anreize der partizipierenden Nutzung
Facebook:
Monetäre Gründe in der breiten Öffentlichkeit
Statusgründe unter Politikern
Idealistische und Neuigkeitsanreize in beiden Gruppen
Twitter: Sehr wenige Anreize in beiden Gruppen, eher Politiker
YouTube: Keine Nutzungsgründe in beiden Gruppen
4
Aktivität
monetär
26
5
Neuigkeit
19
6
sozial
selbstbezogen
1
selbstbezogen
Status
4
idealistisch
25
0
1
1
idealistisch
4
Fremdsteuerung
3
2
1
praktisch
10
weiss nicht
5
1
Status
12
8
Fremdsteuerung
1
sozial
3
praktisch
monetär
Neuigkeit
5
1
1
Aktivität
4
5
Öffentlichkeit
weiss nicht
10
15
20
Politiker
25
30
1
0
1
Öffentlichkeit
2
3
Politiker
4
5
6
npol = 29
npub= 36
10. (01/11/13)
Folie 10
Anreize der produzierenden Nutzung
Facebook & Twitter:
Kaum Motive zum Verfassen eigener Beiträge in beiden Gruppen
Soziale Interaktion als Hauptgrund, eher in breiter Öffentlichkeit
YouTube: Keine Nutzungsgründe in beiden Gruppen
Aktivität
Aktivität
1
monetär
monetär
Neuigkeit
Neuigkeit
sozial
2
2
sozial
6
1
1
selbstbezogen
selbstbezogen
Status
Status
praktisch
praktisch
idealistisch
idealistisch
Fremdsteuerun
g
weiss nicht
Fremdsteuerung
weiss nicht
0
2
Öffentlichkeit
4
Politiker
6
8
0
0,5
Öffentlichkeit
1
1,5
Politiker
2
2,5
npol = 29
npub= 36
11. Rückschlüsse auf Motive bestehender
Forschung (unabhängig der Anwendung)
(01/11/13)
Folie 11
Ähnliche Motive wie Men & Tsai (2012, 2013)
• Hauptsächlich konsumierende Nutzung aufgrund von
Neuigkeitsanreizen
• Partizipation aus Status- und monetären Gründen
• Wenig produzierende Nutzung
Veränderungen gegenüber Vorvoreanu (2009)
• Scheinbar erhöhte Akzeptanz ggü. Unternehmensengagement auf Social Web Anwendungen
12. Zusammenfassung & Schlussfolgerungen
für das Kommunikationsmanagement
(01/11/13)
Folie 12
YouTube scheint aus Rezipientensicht kein bedeutenswerter Kanal
für Social Web PR zu sein
Twitter scheint eher zur Information von Politikern zu dienen,
generell jedoch wenig Nutzen
Facebook scheint als geeigneter Kanal für Information und
Interaktion mit verschiedenen Anspruchsgruppen
Aktionen, Gewinnspiele und Unternehmensnachrichten werden
vor allem von der breiten Öffentlichkeit nachgefragt
Positive Unternehmensreputation hat potentiell positiven Einfluss
auf die Vernetzungsaktivität der Öffentlichkeit (Status)
Etablierte Vernetzungen scheinen fortwährend zu sein
potentielle Erreichbarkeit der Anspruchsgruppen
Generell ist eher wenig aktive Teilhabe, d.h. soziale Interaktion
seitens beider Nutzergruppen zu erwarten
13. (01/11/13)
Folie 13
Forschungsausblick
Qualitativer Zugang
• Motive und Art der Nutzung in verschiedenen
Kulturräumen
• Ausdifferenzierung der untersuchten Anspruchsgruppen
Quantitativer Zugang
• Validierung der Anreizdimensionen der Social Web PR
Nutzung in quantitativen Studien mit grosser Fallzahl
o Auf kulturspezifischer Ebene
o Kulturvergleichend im Kontext internationaler PR
14. (01/11/13)
Folie 14
Vielen Dank!
Christopher H. Rühl & Diana Ingenhoff
Universität Fribourg / Université de Fribourg
Departement für Medien- und Kommunikationswissenschaft
Boulevard de Pérolles 90
CH – 1700 Fribourg
christopher.ruehl@unifr.ch
diana.ingenhoff@unifr.ch