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Der Partizipationsmythos?
Eine Untersuchung am Beispiel deutscher Verbände und Folgerungen
für öffentliche Institutionen
Olaf Hoffjann
– Leipzig, 20. Juni 2013 –
gefördert von der
Mitarbeit: Jeannette Gusko
und Ariana Sliwa
Partizipationseuphorie?
Forschungsfrage:
Wie passen Anspruch und Wirklichkeit von
Partizipation in den Social Media-Aktivitäten
deutscher Verbände zusammen?
von der „Zuschauer- zur
Beteiligungsdemokratie“
(Leggewie/Maar 1998)
Politik 2.0,
Demokratie 2.0,
Medien 2.0
(Witte/Rautenberg/Auer 2010: 241)
„Mitmachnetz“
(Fisch/Gscheidle 2008)
Gliederung
1. Verbände und Partizipation
2. Design der empirischen Untersuchung
3. Veränderungen der Verbandskommunikation
4. Das Partizipationsversprechen
5. Der Partizipationsalltag
6. Fehlende Partizipationskultur?
7. Fazit
1. Verbände und Partizipation
Verbände als intermediäre Organisation
Intermediäre Organisation
fördern politische Interessenbildung an der Basis, mobilisieren
Unterstützung für politische Interessen, nehmen politische Interessen
auf, artikulieren und aggregieren sie in Richtung Staat, wirken an
staatlicher Entscheidungspolitik mit und vermitteln staatliche
Entscheidungen an die Basis zurück (vgl. Steiner/Jarren 2009: 251)
Verbände
streben keine politische
Verantwortung an
Parteien
Neue Soziale
Bewegungen
Konflikt von Mitglieder- und Einflusslogik
EinflusslogikMitgliederlogik
Ziel: Repräsentation
möglichst vieler
Interessen
Ziel: Thematisierung
möglichst weniger und
aussichtsreicher
Interessen
Streeck 1987
1. Verbände und Partizipation
Relevante Veränderungen
•  zurückgehende Bindung
•  heterogener gewordene
Mitgliedschaft
•  Pluralisierung organisierter
Interessen
•  Europäisierung bzw. Globalisierung
1. Verbände und Partizipation
EinflusslogikMitgliederlogik
Partizipation
Ziel, politische Entscheidungen auf den unterschiedlichen Ebenen des politischen
Systems direkt oder indirekt zu beeinflussen (vgl. Kaase/Marsh 1979: 42)
Relevante Veränderungen – und Lösungsmöglichkeiten durch Soziale
Medien
•  zurückgehende Bindung
•  heterogener gewordene
Mitgliedschaft
•  Pluralisierung organisierter
Interessen
•  Europäisierung bzw. Globalisierung
1. Verbände und Partizipation
EinflusslogikMitgliederlogik
Chancen:
•  Wiederbelebung der
Diskussionskultur
Chancen:
•  „Einsammeln“ von Unterstützern –
glaubwürdiger als
Medieninszenierungen
2. Design empirische Untersuchung
Verbände
23 Leitfaden-Interviews
mit Leitern Kommunikation und Spezialisten
Industrie-
verbände
(I)
Berufs-
verbände
(B)
Gewerk-
schaften
(G)
Public
Interest
Groups
(PIG)
repräsentative Onlinebefragung (N=160)
Parteien
Inhaltsanalyse Facebook-Profil
von 35 Verbänden
7 Leitfaden-
Interviews
3. Verbandskommunikation:
Nutzung Sozialer Medien
Industrie-
verband
Berufs-
verband
Gewerk-
schaften
Public
Interest
Groups
Sonstige Gesamt
Facebook 25,5 33,3 62,5 65,5 37,9 40,7
Google+ 11,4 4,8 37,5 27,6 6,9 14,4
VZ 0 0 43,8 3,4 0 5,0
Twitter 43,2 21,4 68,8 44,8 31,0 38,1
Youtube-Channel 36,4 14,3 50,0 37,9 20,7 29,4
Flickr-Account 6,8 2,4 25,0 6,9 0,0 6,3
Eigener Weblog 6,8 4,8 18,8 27,6 17,2 13,1
SocialMedia-Guidelines 18,2 7,1 31,3 17,2 13,8 15,6
SocialMedia-
Strategiepapier
22,7 11,9 37,5 24,1 13,8 20,0
Anteil der Verbände, die 2012 die genannte Anwendungen nutzen (N=160)
3. Verbandskommunikation:
Personalressourcen im Vergleich
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3
Mitarbeiterstellen für klassische
Pressearbeit
Mitarbeiterstellen für klassische
Soziale Medien
Gesamt
Sonstige
Public Interest Groups
Gewerkschaften
Berufsverband
Industrieverband
Mitarbeiterstellen
(Mittelwerte; N=160)
Mitarbeiterstellen für
Soziale Medien
3. Verbandskommunikation:
Veränderungen Interessenartikulation
1 2 3 4 5
Persönliche Gespräche und
Treffen mit Entscheidern
Soziale Medien
Berichterstattung in klassischen
Massenmedien
Media-Werbung
Gesamt
Sonstige
Public Interest Groups
Gewerkschaften
Berufsverband
Industrieverband
Veränderungen in den vergangenen fünf Jahren
(Mittelwerte; 1=stark abgenommen; 5=stark zugenommen; N=146)
3. Verbandskommunikation:
Veränderungen Mitgliederkommunikation
1 2 3 4 5
Soziale Medien
Berichterstattung in
klassischen Massenmedien
Online-Anwendungen wie
Website, Intranet, E-Mails
Mitgliederzeitschrift
Gesamt
Sonstige
Public Interest Groups
Gewerkschaften
Berufsverband
Industrieverband
Veränderungen in den vergangenen fünf Jahren
(Mittelwerte; 1=stark abgenommen; 5=stark zugenommen; N=135)
3. Verbandskommunikation:
Veränderungen
Einerseits: Soziale Medialisierung von Verbänden
●  Wenn Soziale Medien für die Wahrnehmung eines Verbandes
wichtiger werden, wenn sich verbandliche Strukturen zunehmend
an der Bearbeitung der Soziale Medien orientieren und wichtiger
werden und wenn die Kommunikationsleistung gegenüber den
Sozialen Medien zunimmt bzw. sich ausdifferenziert, kann von
einer Sozialen Medialisierung gesprochen werden (in Anlehnung an
Donges 2008).
Andererseits: Massenmedialisierung geht ungebremst weiter
=> „Aufrüsten“ hat selbst schon einen institutionellen Charakter
gewonnen
4. Das Partizipationsversprechen
Nutzungspotenziale
(a) politische Information
●  Kommunikationstheoretisch: Mitteilungshandeln, da Verbände in diesem
Kontext nur mitteilen, nicht aber zuhören wollen
=> Informationsbegriff ist daher unscharf, wird aber verwendet, um
Anschlussfähigkeit an den Diskurs zu erleichtern.
(b) politische Interaktion bzw. Kommunikation
●  Kommunikationstheoretisch: Verbände sind zum Rollenwechsel bzw. auch
zum Zuhören bereit.
(c) politische Partizipation
●  Kommunikationstheoretisch: Kommunikation im Kontext von
Entscheidungen (vgl. Hoecker 2002; Emmer/Wolling 2010: 38; Arlt 2013)
4. Das Partizipationsversprechen
(a) Information
●  Aktivitäten, mit denen Verbände die Nutzer über politische Themen informieren
wollen
●  Beispiele: Posten von Pressemitteilungen, Verlinken auf Blogs, Verlinken auf
Medienberichte zu verbandsrelevanten Themen
(b) Interaktion bzw. Kommunikation
●  alle Aktivitäten, in denen eine Interaktion mit den Nutzern bzw. zwischen den
Nutzern ermöglicht wird
●  Beispiele: Diskussionen
(c) Partizipation
●  alle Formen, die auf eine Mobilisierung von Mitgliedern bzw. Unterstützern zielen
●  Beispiele: Aufruf zur Teilnahme an Demonstrationen oder Online-Abstimmungen
und zum ‚Liken’ eines Postings
4. Das Partizipationsversprechen
Ziele beim Einsatz von Facebook
(Mittelwerte; 1= sehr unwichtig bis 5 = sehr wichtig; N=99)
1 2 3 4 5
Industrieverband
Berufsverband
Gewerkschaften
Public Interest Groups
Sonstige
Gesamt
Information
Diskussion/ Dialog
Mobilisierung
Zuhören/ Monitoring
Verknüpfung
verschiedener
Darstellungsformen
4. Das Partizipationsversprechen
Ziele beim Einsatz von Twitter
(Mittelwerte; 1= sehr unwichtig bis 5 = sehr wichtig; N=99)
1 2 3 4 5
Industrieverband
Berufsverband
Gewerkschaften
Public Interest Groups
Sonstige
Gesamt
Information
Diskussion/ Dialog
Mobilisierung
Zuhören / Monitoring
Verknüpfung
verschiedener
Darstellungsformen
5. Der Partizipationsalltag
Aktivierende vs. nicht-aktivierende Beitragsart nach Verbandstypen
(N=1.161)
0 100 200 300 400 500
Industrieverband
Gewerkschaft
Berufsverband
Public Interest Group
aktivierend
nicht-aktivierend
5. Der Partizipationsalltag
Anzahl der Verbände, bei denen Beiträge von Externen erlaubt,
nicht vorhanden oder nicht zugelassen sind (N=35)
0 2 4 6 8
Industrieverband
Gewerkschaften
Berufsverband
Public Interest Groups
Beiträge erlaubt
Beiträge nicht zugelassen
Beiträge erlaubt, aber
keine Beiträge vorhanden
6. Fehlende Partizipationskultur?
instrumentelles Organisationsverständnis
●  Organisation als ein Mittel, auf möglichst effektive Weise einen
bestimmten Zweck zu erreichen
●  Unsicherheit und Ungewissheit von Entscheidungen werden als
Bedrohung angesehen: ‚alternativlose Entscheidungen‘
●  geprägt von klaren Zuständigkeiten und Abgrenzungen
systemisches Organisationsverständnis
●  Alternativen werden nicht nur offen diskutiert, es werden sogar
Außenseiter und Kritiker eingeladen, um weitere Alternativen zu
finden und damit die Komplexität weiter zu steigern
Arlt 2010
6. Fehlende Partizipationskultur?
Instrumentelles oder systemisches Organisationsverständnis?
„[Name des Verbandes] zeichnet sich ja sehr durch eine sehr gute
Organisation, durch eine sehr strikte Organisation und auch eine
starke Hierarchie aus. Und das sind alles Prinzipien, die werden
damit durchbrochen. Was stellt man da überhaupt rein? Wie offen
teilt man da Informationen überhaupt mit? Und das kollidiert dann
einfach mit dem Anspruch der Leute. Die wollen sehr exklusive
Sachen, und wenn wir sie ihnen nicht geben, dann wollen sie auch den
Rest nicht wissen. Gleichzeitig ist die Organisation aber noch nicht
in der Lage, offen zu kommunizieren. Da sind wir einfach noch nicht
so weit. Deswegen ist es im Moment so ein bisschen eine
Gratwanderung. Weil einfach die Kommunikationskultur innerhalb
des [Name des Verbandes] noch nicht so weit ist.“ (V13)
6. Fehlende Partizipationskultur?
Angst vor Shitstorms?
Tonalität der Facebook-Kommentare in Prozent
(N=738)
0 20 40 60 80
positiv
negativ
neutral
Nachteile bzw. Risiken von Partizipationsangeboten
7. Fazit
EinflusslogikMitgliederlogik
Erhöht den Selektionsdruck
•  bindet Ressourcen
•  kann zur Frustration bei engagierten
Mitgliedern führen
•  kann zur „Lähmung“ führen (z.B. Piraten)
Vielen Dank!
Prof. Dr. Olaf Hoffjann
o.hoffjann@ostfalia.de
Ostfalia - Hochschule für angewandte Wissenschaften
Karl-Scharfenberg-Str. 55/57
38229 Salzgitter
www.ostfalia.de

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  • 1. Der Partizipationsmythos? Eine Untersuchung am Beispiel deutscher Verbände und Folgerungen für öffentliche Institutionen Olaf Hoffjann – Leipzig, 20. Juni 2013 – gefördert von der Mitarbeit: Jeannette Gusko und Ariana Sliwa
  • 2.
  • 3. Partizipationseuphorie? Forschungsfrage: Wie passen Anspruch und Wirklichkeit von Partizipation in den Social Media-Aktivitäten deutscher Verbände zusammen? von der „Zuschauer- zur Beteiligungsdemokratie“ (Leggewie/Maar 1998) Politik 2.0, Demokratie 2.0, Medien 2.0 (Witte/Rautenberg/Auer 2010: 241) „Mitmachnetz“ (Fisch/Gscheidle 2008)
  • 4. Gliederung 1. Verbände und Partizipation 2. Design der empirischen Untersuchung 3. Veränderungen der Verbandskommunikation 4. Das Partizipationsversprechen 5. Der Partizipationsalltag 6. Fehlende Partizipationskultur? 7. Fazit
  • 5. 1. Verbände und Partizipation Verbände als intermediäre Organisation Intermediäre Organisation fördern politische Interessenbildung an der Basis, mobilisieren Unterstützung für politische Interessen, nehmen politische Interessen auf, artikulieren und aggregieren sie in Richtung Staat, wirken an staatlicher Entscheidungspolitik mit und vermitteln staatliche Entscheidungen an die Basis zurück (vgl. Steiner/Jarren 2009: 251) Verbände streben keine politische Verantwortung an Parteien Neue Soziale Bewegungen
  • 6. Konflikt von Mitglieder- und Einflusslogik EinflusslogikMitgliederlogik Ziel: Repräsentation möglichst vieler Interessen Ziel: Thematisierung möglichst weniger und aussichtsreicher Interessen Streeck 1987 1. Verbände und Partizipation
  • 7. Relevante Veränderungen •  zurückgehende Bindung •  heterogener gewordene Mitgliedschaft •  Pluralisierung organisierter Interessen •  Europäisierung bzw. Globalisierung 1. Verbände und Partizipation EinflusslogikMitgliederlogik Partizipation Ziel, politische Entscheidungen auf den unterschiedlichen Ebenen des politischen Systems direkt oder indirekt zu beeinflussen (vgl. Kaase/Marsh 1979: 42)
  • 8. Relevante Veränderungen – und Lösungsmöglichkeiten durch Soziale Medien •  zurückgehende Bindung •  heterogener gewordene Mitgliedschaft •  Pluralisierung organisierter Interessen •  Europäisierung bzw. Globalisierung 1. Verbände und Partizipation EinflusslogikMitgliederlogik Chancen: •  Wiederbelebung der Diskussionskultur Chancen: •  „Einsammeln“ von Unterstützern – glaubwürdiger als Medieninszenierungen
  • 9. 2. Design empirische Untersuchung Verbände 23 Leitfaden-Interviews mit Leitern Kommunikation und Spezialisten Industrie- verbände (I) Berufs- verbände (B) Gewerk- schaften (G) Public Interest Groups (PIG) repräsentative Onlinebefragung (N=160) Parteien Inhaltsanalyse Facebook-Profil von 35 Verbänden 7 Leitfaden- Interviews
  • 10. 3. Verbandskommunikation: Nutzung Sozialer Medien Industrie- verband Berufs- verband Gewerk- schaften Public Interest Groups Sonstige Gesamt Facebook 25,5 33,3 62,5 65,5 37,9 40,7 Google+ 11,4 4,8 37,5 27,6 6,9 14,4 VZ 0 0 43,8 3,4 0 5,0 Twitter 43,2 21,4 68,8 44,8 31,0 38,1 Youtube-Channel 36,4 14,3 50,0 37,9 20,7 29,4 Flickr-Account 6,8 2,4 25,0 6,9 0,0 6,3 Eigener Weblog 6,8 4,8 18,8 27,6 17,2 13,1 SocialMedia-Guidelines 18,2 7,1 31,3 17,2 13,8 15,6 SocialMedia- Strategiepapier 22,7 11,9 37,5 24,1 13,8 20,0 Anteil der Verbände, die 2012 die genannte Anwendungen nutzen (N=160)
  • 11. 3. Verbandskommunikation: Personalressourcen im Vergleich 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 Mitarbeiterstellen für klassische Pressearbeit Mitarbeiterstellen für klassische Soziale Medien Gesamt Sonstige Public Interest Groups Gewerkschaften Berufsverband Industrieverband Mitarbeiterstellen (Mittelwerte; N=160) Mitarbeiterstellen für Soziale Medien
  • 12. 3. Verbandskommunikation: Veränderungen Interessenartikulation 1 2 3 4 5 Persönliche Gespräche und Treffen mit Entscheidern Soziale Medien Berichterstattung in klassischen Massenmedien Media-Werbung Gesamt Sonstige Public Interest Groups Gewerkschaften Berufsverband Industrieverband Veränderungen in den vergangenen fünf Jahren (Mittelwerte; 1=stark abgenommen; 5=stark zugenommen; N=146)
  • 13. 3. Verbandskommunikation: Veränderungen Mitgliederkommunikation 1 2 3 4 5 Soziale Medien Berichterstattung in klassischen Massenmedien Online-Anwendungen wie Website, Intranet, E-Mails Mitgliederzeitschrift Gesamt Sonstige Public Interest Groups Gewerkschaften Berufsverband Industrieverband Veränderungen in den vergangenen fünf Jahren (Mittelwerte; 1=stark abgenommen; 5=stark zugenommen; N=135)
  • 14. 3. Verbandskommunikation: Veränderungen Einerseits: Soziale Medialisierung von Verbänden ●  Wenn Soziale Medien für die Wahrnehmung eines Verbandes wichtiger werden, wenn sich verbandliche Strukturen zunehmend an der Bearbeitung der Soziale Medien orientieren und wichtiger werden und wenn die Kommunikationsleistung gegenüber den Sozialen Medien zunimmt bzw. sich ausdifferenziert, kann von einer Sozialen Medialisierung gesprochen werden (in Anlehnung an Donges 2008). Andererseits: Massenmedialisierung geht ungebremst weiter => „Aufrüsten“ hat selbst schon einen institutionellen Charakter gewonnen
  • 15. 4. Das Partizipationsversprechen Nutzungspotenziale (a) politische Information ●  Kommunikationstheoretisch: Mitteilungshandeln, da Verbände in diesem Kontext nur mitteilen, nicht aber zuhören wollen => Informationsbegriff ist daher unscharf, wird aber verwendet, um Anschlussfähigkeit an den Diskurs zu erleichtern. (b) politische Interaktion bzw. Kommunikation ●  Kommunikationstheoretisch: Verbände sind zum Rollenwechsel bzw. auch zum Zuhören bereit. (c) politische Partizipation ●  Kommunikationstheoretisch: Kommunikation im Kontext von Entscheidungen (vgl. Hoecker 2002; Emmer/Wolling 2010: 38; Arlt 2013)
  • 16. 4. Das Partizipationsversprechen (a) Information ●  Aktivitäten, mit denen Verbände die Nutzer über politische Themen informieren wollen ●  Beispiele: Posten von Pressemitteilungen, Verlinken auf Blogs, Verlinken auf Medienberichte zu verbandsrelevanten Themen (b) Interaktion bzw. Kommunikation ●  alle Aktivitäten, in denen eine Interaktion mit den Nutzern bzw. zwischen den Nutzern ermöglicht wird ●  Beispiele: Diskussionen (c) Partizipation ●  alle Formen, die auf eine Mobilisierung von Mitgliedern bzw. Unterstützern zielen ●  Beispiele: Aufruf zur Teilnahme an Demonstrationen oder Online-Abstimmungen und zum ‚Liken’ eines Postings
  • 17. 4. Das Partizipationsversprechen Ziele beim Einsatz von Facebook (Mittelwerte; 1= sehr unwichtig bis 5 = sehr wichtig; N=99) 1 2 3 4 5 Industrieverband Berufsverband Gewerkschaften Public Interest Groups Sonstige Gesamt Information Diskussion/ Dialog Mobilisierung Zuhören/ Monitoring Verknüpfung verschiedener Darstellungsformen
  • 18. 4. Das Partizipationsversprechen Ziele beim Einsatz von Twitter (Mittelwerte; 1= sehr unwichtig bis 5 = sehr wichtig; N=99) 1 2 3 4 5 Industrieverband Berufsverband Gewerkschaften Public Interest Groups Sonstige Gesamt Information Diskussion/ Dialog Mobilisierung Zuhören / Monitoring Verknüpfung verschiedener Darstellungsformen
  • 19. 5. Der Partizipationsalltag Aktivierende vs. nicht-aktivierende Beitragsart nach Verbandstypen (N=1.161) 0 100 200 300 400 500 Industrieverband Gewerkschaft Berufsverband Public Interest Group aktivierend nicht-aktivierend
  • 20. 5. Der Partizipationsalltag Anzahl der Verbände, bei denen Beiträge von Externen erlaubt, nicht vorhanden oder nicht zugelassen sind (N=35) 0 2 4 6 8 Industrieverband Gewerkschaften Berufsverband Public Interest Groups Beiträge erlaubt Beiträge nicht zugelassen Beiträge erlaubt, aber keine Beiträge vorhanden
  • 21. 6. Fehlende Partizipationskultur? instrumentelles Organisationsverständnis ●  Organisation als ein Mittel, auf möglichst effektive Weise einen bestimmten Zweck zu erreichen ●  Unsicherheit und Ungewissheit von Entscheidungen werden als Bedrohung angesehen: ‚alternativlose Entscheidungen‘ ●  geprägt von klaren Zuständigkeiten und Abgrenzungen systemisches Organisationsverständnis ●  Alternativen werden nicht nur offen diskutiert, es werden sogar Außenseiter und Kritiker eingeladen, um weitere Alternativen zu finden und damit die Komplexität weiter zu steigern Arlt 2010
  • 22. 6. Fehlende Partizipationskultur? Instrumentelles oder systemisches Organisationsverständnis? „[Name des Verbandes] zeichnet sich ja sehr durch eine sehr gute Organisation, durch eine sehr strikte Organisation und auch eine starke Hierarchie aus. Und das sind alles Prinzipien, die werden damit durchbrochen. Was stellt man da überhaupt rein? Wie offen teilt man da Informationen überhaupt mit? Und das kollidiert dann einfach mit dem Anspruch der Leute. Die wollen sehr exklusive Sachen, und wenn wir sie ihnen nicht geben, dann wollen sie auch den Rest nicht wissen. Gleichzeitig ist die Organisation aber noch nicht in der Lage, offen zu kommunizieren. Da sind wir einfach noch nicht so weit. Deswegen ist es im Moment so ein bisschen eine Gratwanderung. Weil einfach die Kommunikationskultur innerhalb des [Name des Verbandes] noch nicht so weit ist.“ (V13)
  • 23. 6. Fehlende Partizipationskultur? Angst vor Shitstorms? Tonalität der Facebook-Kommentare in Prozent (N=738) 0 20 40 60 80 positiv negativ neutral
  • 24. Nachteile bzw. Risiken von Partizipationsangeboten 7. Fazit EinflusslogikMitgliederlogik Erhöht den Selektionsdruck •  bindet Ressourcen •  kann zur Frustration bei engagierten Mitgliedern führen •  kann zur „Lähmung“ führen (z.B. Piraten)
  • 25. Vielen Dank! Prof. Dr. Olaf Hoffjann o.hoffjann@ostfalia.de Ostfalia - Hochschule für angewandte Wissenschaften Karl-Scharfenberg-Str. 55/57 38229 Salzgitter www.ostfalia.de