2. Die Perspektive der CML-Patienten 2019
• CML-Diagnose bedeutet heute für die meisten
Patienten ein fast normales Leben – aber eben nur fast:
• Es ist immer noch Krebs, wenn auch chronisch
• Nebenwirkungen und Medikamenteneinnahme
beeinträchtigen QoL
• Lebenslange Therapie mit TKIs,
Langzeitfolgen nicht absehbar
• Immer noch sterben Patienten an CML, weil:
• bei manchen die CML aggressiv ist/progredient verläuft,
• Resistenzen auftreten,
• weil in vielen Ländern der Welt kein Zugang zu Medikamenten
und PCR-Monitoring besteht.
• Für ca. 45% der Patienten ist TFR möglich, für 55% nicht!
• CML-Patienten wollen eine heilende Therapie!
30%
No stable MR4
or better
35%
1st stop
successful (50% of
all patients
stopping in MR4)*
10.5%
(~35% successful
TFR rate in 2nd
stop**
24.5%
TFR failure
after 1st
and 2nd stop*/**
* TFR failure rates vary from 45% to 65% in various STOP studies, e.g. STIM, EUROSKI, DASFREE, ENESTop, ENESTFreedom.
** RE-STIM.1
TFR failure and success
1. Legros L, et al. Cancer. 2017;123:4403-10.
3. Welche Probleme sind zu lösen und rechtfertigen
die weitere (weltweite) Forschung?
Länder mit Zugang zu TKIs der 2. und 3. Generation Länder mit Problemen beim Zugang zu TKIs
der 2. und 3. Generation
TFR so schnell
wie möglich
TFR so schnell
wie möglich
4. Welche Probleme sind zu lösen und rechtfertigen
die weitere (weltweite) Forschung?
• Heilung sollte oberste Forschungspriorität haben!
• Minimierung der Langzeittoxizitäten, insbesondere kardiovaskulärer Probleme
• Gute Lebensqualität für Patienten mit Intoleranzen und Adhärenzproblemen,
auch durch Fasten und zweimal tägliche Medikamenteneinnahme
• Zugang zu Medikamenten der 2., 3. und 4. Generation zur Behandlung von
suboptimalem Ansprechen, insbesondere zur Behandlung von T315I-Mutationen
• Management von Multidrug-Resistenzen, Progression und Tod
Wird ein neues Medikament diese Probleme lösen?
Wieviele zusätzliche Toxizitäten werden Patienten in Kauf nehmen müssen?
Sind geplante Studien so konzipiert, dass sie Antworten auf offene Fragen geben
werden?
Oder geht es nur darum, ein neues Medikament auf den Markt zu bringen?
5. Vermeidbare Verschwendung in der Produktion
und Nutzung von Forschungsergebnissen
>30% der Studien-
interventionen nicht
hinreichend beschrieben
>50% der geplanten Studien-
Outcomes nicht
veröffentlicht
Die meisten neue
Forschungsprojekte nicht
interpretiert im Kontext von
systematischer Prüfung von
anderer relevanter Evidenz
Unverzerrte
und nutzbare
Publikation?
85% Verschwendung in der Forschung = >$85 Mrd./Jahr
Niedrigprioritäre
Fragestellungen
adressiert
Wichtige Outcomes nicht
adressiert
Kliniker und Patienten
nicht involviert in
Definition der
Forschungstätigkeit
Fragen relevant
für Kliniker &
Patienten?
>50% der Studien designed
ohne Referenz zu
systematischer Bewertung
existierender Evidenz
>50% der Studien ohne
adequate Schritte zur
Vermeidung von
Verzerrungen, z.B. offene
Therapiewahl
Angemessenes
Design und
Methoden?
>50% der Studien niemals
vollständig veröffentlicht
Verringerte Publikations-
häufigkeit von Studien
mit enttäuschenden
Ergebnissen
Zugängliche
vollständige
Publikation?
1 2 3 4
Quelle: Iain Chalmers, Paul Glasziou, The Lancet (2009), doi:10.1016/S0140-6736(09)60329-9
6. Warum macht Patientenbeteiligung im Design
von klinischen Studien Sinn?
• Patienten und Patientenorganisationen haben...
• spezifisches Erfahrungswissen in/nach einer schwerwiegenden Erkrankung
• Probleme, die sie ihrem Arzt nicht sagen, oder die dieser nicht wahrnimmt
• eigene Sicht auf Verständlichkeit und Angemessenheit der
Patienteninformation
• andere Risiko/Nutzenabwägung v.a. bei Diagnostik, Risiken, Nebenwirkungen
und der Beurteilung von Lebensqualität
• den besten Einblick in Alltag und das (Über)Leben mit der Erkrankung
• Die Patientenperspektive deckt sich nicht zwangsläufig mit der von Ärzten und
Forschern
7. Präferenzen/Prioritäten von Patienten ≠ Ärzten
Efficace F, Rosti G, Aaronson , et al, Haematologica, 2013
Nausea
Headache
Fatigue
Diarrhea
Muscle cramps
Edema
Skin problems
Musculoskeletal Pain
Abdominal discomfort
Health Status
Physician graded
higher
Patient graded
higher
Efficace F, Rosti G, Aaronson , et al, Haematologica, 2013
Stark unterschiedliche
Auffassung der Schwere von
Symptomen zwischen
Patienten und deren
Ärzten
9. Beteiligung in frühen Phasen hat größten Einfluß auf Ergebnisse,
Beteiligung findet aber bisher oft in späten Entwicklungsphasen statt
Informed
Consent
Forschungs-design
und Planung
Forschungs-
prioritäten
Studiendurchführung
Bewertung,
Marktzugang &
Kommunikation
Prüfplan-
synopse
Forschungs-
finanziering
Praktische
Erwägungen
Patienten-
broschüren
Patienteninfo
& Einwilligungs-
erklärung
Ethik-
kommission
Studien-berichte /
Ergebnisse
Arzneimittel-
Zulassung
Ergebnis-
kommunikation
Studien-
steuerungs-
beirat
Information an
Probanden
Forschungs-
prioritäten
setzen
Prüfplan-
erstellung
Investigator
meeting
Data &
Safety
Monitoring
Committee
Nutzen-
bewertung
Auswirkung
auf Patienten
Heutige
Patientenbeteiligung
10. Patientenbeteiligung bei der Prüfplanerstellung
Forschungs-
design und
Planung
Forschungs-
prioritäten
Studiendurchführung
Bewertung,
Marktzugang &
Kommunikation
Prüfplan-
synopse
Forschungs-
finanziering
Praktische
Erwägungen
Patienten-
broschüren
Patienteninfo
& Einwilligungs-
erklärung
Ethik-
kommission
Studien-
berichte /
Ergebnisse
Arzneimittel-
Zulassung
Ergebnis-
kommunikation
Studien-
steuerungs-
beirat
Information
an Probanden
Forschungs-
prioritäten
setzen
Prüfplan-
erstellung
Investigator
meeting
Data &
Safety
Monitoring
Committee
Nutzen-
bewertung
• Patientenprioritäten im Bezug auf Risiko und Nutzen
• Patientenrelevante Endpunkte
• Wahl der Instrumente zur Messung QoL/PRO
• Ein-/Ausschlusskriterien (mehr “Real-World”)
• Mobilitätsaspekte für Probanden
• Einnahmemodalitäten (z.B. Anzahl der Tabletten)
• Diagnostik (Häufigkeit, Invasivität)
• Ethische Aspekte (z.B. Cross-over zw. Therapiearmen)
Erhöht Patientenrelevanz, Patientenmehrwert und patientenrelevante
11. Clevere klinische Studien…
• ...stellen sich ganz in der Planungsphase bereits die Frage,
• welches Problem mit der Studie gelöst werden soll
• warum Patienten Interesse an der Studie haben und an ihr teilnehmen sollten,
im Vergleich zu verfügbaren altnativen
• welcher Patientennutzen sich gegenüber etablierten Therapien bietet
• welche Hürden in der Regelversorgung nach Marktzulassung bestehen
könnten
• ...fokussieren auf Patientenpräferenzen und „patientenrelevante Outcomes und
Endpunkte“, nicht nur auf Wirksamkeit und was Behörden erwarten
• ...involvieren Patienten(-organisationen) von der Planung über das Design bis zur
Umsetzung und der Risiko-/Nutzenbewertung
12. Beispiele für bisherige Patientenbeteiligung in der
CML-Forschung und regulatorischen Prozessen
CML-Studiendesign
• Informed Consent: TIGER Studie, NILO-Deep-R, SIMPLICITY
• Bosutinib Pediatric Study
• Asciminib Studiendesign + Investigator Meeting + Steering Committee
Regulatory
• EUROSKI-Intervention bei BfArM
• EMA‘s Scientific Advisory Committee Meetings zu CML-Produkten
• Vorschlag von Patienten-Sachverständigen im BfArM-Pilot zur Patientenbeteiligung bei zentralen
Zulassungsverfahren
Industrieforschung
• CML Community Advisory Boards mit allen CML-Industrieunternehmen seit 2016
• Organisation des EU Hematology-CAB mit 12 Patienten-Dachverbänden und 8 Unternehmen
13. Fazit
• Trotz vieler Therapieoptionen sind noch lange nicht alle Probleme mit CML
gelöst
• Patienten fordern ...
• zielgerichtete Forschung zur Erreichung einer Heilung
• Forschung, die die Lebensqualität und Outcome von Patienten mit suboptimalem
Ansprechen und progredienten Verläufen optimiert
• weltweiten Zugang zu sicheren Medikamenten und Diagnostik
• Patientenmitwirkung passiert bisher im CML-Studiendesign nur in
geringem Maß
• Studien könnten durch die gezielte Einbindung von Patienten/-vertretern
im DESIGN effektiver und bedarfsorientierter werden und besser
rekrutieren