1. JOURNAL ONKOLOGIE 7/8 2020
CUPISCO
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STUDIEN
In der Behandlung von Patienten mit
CUP wurde seit Jahrzehnten nahezu kein
Fortschritt erzielt. Standard ist nach wie
vor die Chemotherapie. Entsprechend
schlecht sieht die Prognose der Pati-
enten aus: Das mediane Gesamtüberle-
ben (mOS) unter einer Platin-basierten
Chemotherapie liegt bei lediglich rund
9 Monaten [2]. Erste Versuche, die Be-
handlung zu individualisieren, sind ge-
scheitert: So wurde in der Phase-III-Studie
GEFCAPI O4 versucht, mittels Genex-
pressionstests die primäre Tumorlokalisa-
tion zu identifizieren. Das ernüchternde
Ergebnis der Studie: Eine individuelle,
entitätsbezogene Behandlung auf Ba-
sis des vermuteten Primärtumors führte
gegenüber der Standardchemotherapie
zu keinem signifikanten Vorteil – weder
beim progressionsfreien Überleben (PFS,
HR=0,95), noch beim OS (HR=0,92) [3].
Einen Vorteil – zumindest für einige
Patienten – stellen möglicherweise
Checkpoint-Inhibitoren in Aussicht.
Darauf verweisen zumindest aktuelle
Daten einer Phase-II-Studie, die kürzlich
im Rahmen des ASCO20 virtual mee-
tings vorgestellt wurden. So erreichten
bereits vorbehandelte CUP-Patienten
(n=45) mit Nivolumab ein mOS von 15,9
Monaten. Gleichwohl profitiert jedoch
nur eine Minderheit von dieser Behand-
lungsstrategie: Die objektive Ansprech-
rate (ORR) lag bei etwa 20% [4].
Individuelles Tumorprofil
als Grundlage für
Therapieentscheidung
Ein ganz neuer Weg in der Behandlung
von CUP-Patienten wird im Rahmen
der CUPISCO-Studie untersucht: Die
internationale Phase-II-Studie prüft die
Wirksamkeit und Verträglichkeit einer
nach dem individuellen Tumorprofil aus-
gewählten zielgerichteten Therapie im
Vergleich zu einer Platin-basierten Stan-
dardchemotherapie. Daten, die im ver-
gangenen Jahr auf der ESMO-Jahresta-
gung vorgestellt wurden, bestätigen die
Rationale der Studie: So konnte in einer
retrospektiven Analyse gezeigt werden,
dass etwa ein Drittel der CUP-Patienten
für eine vorhandene zielgerichtete Be-
handlung in Frage kommen [5].
Design der CUPISCO-Studie
Im Rahmen der Studie [1], in die rund
800 Patienten mit neu diagnostiziertem
CUP-Syndrom eingeschlossen werden
sollen, erfolgt bei allen Patienten initial
ein umfassendes molekulargenetisches
Tumorprofiling mittels FoundationOne®
CDx oder FoundationOne®
Liquid.
Der Test analysiert mithilfe moderner
Hybrid-Capture Next Generation Se-
quencing-Technologie mit hoher Sen-
sitivität alle 4 Klassen genetischer Ver-
änderungen in mehr als 300 krebsspe-
zifischen Genen – zusätzlich misst der
Test die Mikrosatellitenstabilität und die
Mutationslast (TMB) (Abb. 1).
Zu Studienbeginn erhalten alle Pa-
tienten eine Platin-basierte Induktions-
therapie über 3 Zyklen. Patienten, die
auf diese Behandlung ansprechen, er-
halten anschließend randomisiert (Ver-
hältnis 3:1) entweder eine experimen-
telle zielgerichtete Behandlung auf Basis
ihres individuellen Tumorprofils oder
über weitere 3 Zyklen Chemotherapie.
Patienten, die nicht auf die Induktions-
therapie ansprechen, werden ebenfalls
in einen der experimentellen Arme ein-
geteilt. In den verschiedenen experimen-
tellen Armen kommen neben persona-
lisierten Arzneimitteln – u.a. Alectinib,
Pertuzumab/Trastuzumab oder Olapa-
rib – auch Atezolizumab zum Einsatz.
Primärer Endpunkt der Studie ist das PFS
bei Patienten, die auf die Induktionsthe-
rapie angesprochen haben. Erste Ergeb-
nisse werden in etwa 2 Jahren erwartet.
„Die bisherigen Behandlungsergeb-
nisse und die Erkenntnisse aus der kli-
nischen Forschung zeigen uns deutlich,
dass ein tiefes Verständnis der Tumor-
biologie die zentrale Voraussetzung für
Fortschritte in der Behandlung von CUP-
Patienten ist“, betont Dr. Martin Hager,
Medizinischer Leiter im Bereich Perso-
nalisierte Medizin bei der Roche Pharma
AG. „Mit der CUPISCO-Studie haben
wir zusammen mit der klinischen For-
schung ein individuelles Konzept aufge-
setzt, dass modernste Tumordiagnostik
mit einer hochpräzisen und individuellen
Behandlung verknüpft.“
red.
1. www.clinicaltrials.gov
2. Massard C et al. Nat Rev Clin Oncol 2011;
8:701-710.
3. Fizazi K et al. ESMO 2019; Abstract #LBA15_PR.
4. Tanizaki J et al. ASCO 2020 (oral presentation).
5. Ross JS et al. ESMO 2019; Abstract #1983PR_PR.
CUP-Syndrom: Genomisches Profiling und personalisierte
Therapien in der CUPISCO-Studie auf dem Prüfstand
Ist die Entscheidung für eine zielgerichtete Therapie auf Basis des molekular-
genetischen Tumorprofils der Schlüssel für die Behandlung von Patienten mit
CUP (Cancer of Unknown Primary)-Syndrom? Diese Frage wird aktuell in der
multizentrischen Phase-II-Studie CUPISCO untersucht [1]. Ein Überblick zur
Studie und der Rationale dahinter.
Abb. 1: Zielstrukturen des Tumorprofilings mit FoundationOne®
CDx.
Analysiert
324
bekannte
krebsrelevante
Gene
TMB MSI
Basensubstitution Kopienzahlvariation RekombinationInsert
Deletion
Tumormutationslast Mikrosatelliteninstabilität
2. www.journalonko.de
CUPISCO
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STUDIEN
Sekundäre Endpunkte:
OS, ORR, Dauer des
klinischen Benefits
Cisplatin/Carboplatin
Gemcitabin
Paclitaxel
• CR
• PR
• SD
Primärer Endpunkt:
PFS (Behandlung bis kein
klinischer Benefit mehr
gemäß Protokoll)
• PD
Abb. 2: Design der CUPISCO-Studie.* Gewebe-Probe muss für initiale CUP-Diagnose, Bestätigung der CUP-Diagnose und die Generierung
eines Foundation Medicine Gewebe-Assays für ein weitreichendes genomisches Profiling in einem zentralen Labor geeignet sein,†
Blut-Probe
muss für die Analyse zirkulierender Tumor-DNA mittels Foundation Medicine Flüssig-Biopsie-Assay geeignet sein. CR=komplettes Anspre-
chen, PR=partielles Ansprechen, SD=stabile Erkrankung, PD=Progression der Erkrankung, MSI=microsatellite instability, MTB=molekulares
Tumorboard, PFS=progressionsfreies Überleben, OS=Gesamtüberleben, ORR=objektive Ansprechrate, TMB=Tumormutationslast
Screening
Genomisches Profiling
von Gewebe* und Blut†
3 Zyklen Induktions
chemotherapie
Kategorie 1
Follow-up
Kategorie 2
Rando-
misierung
3:1
Behandlung
nach Wahl des
Untersuchers
(investigator‘s
choice (mit
Rat des MTB)
Behandlung
nach Wahl des
Untersuchers
(investigator‘s
choice (mit
Rat des MTB)
Zusätzliche Zyklen
Induktionschemotherapie
Gleiche Behandlungsoptionen
wie im Kategorie-1-Arm
ALK oder RET
EGFR-Mutation
ERBB2/3
PTCH1, (SMO)
BRAF V600
AKT1/2/3, PI3KCA oder PTEN loss
BRCA1/2
TMB- oder MSI-high
TMB interm./low
NTRK- oder ROS1-Fusionen
Andere Behandlungsoptionen
Gezielte Therapien oder
immuntherapeutische Opti-
onen nach Studienprotokoll,
basierend auf Mutationsprofil
S T U D I E S O F S P E C I A L I N T E R E S T
Institut für Klinisch-Onkologische Forschung (IKF) • Prof. Dr. Salah-Eddin Al-Batran • UCT – Universitäres Centrum
für Tumorerkrankungen Frankfurt • Krankenhaus Nordwest gGmbH • Steinbacher Hohl 2-26 • 60488 Frankfurt/Main
Tel.: 069/7601-4420 • E-Mail: info.ikf@khnw.de • http://www.ikf-nordwest.de/home.html
Perioperative Lungenstudie: CA209-77T
Die Studie CA209-77T ist eine randomisierte Phase-III-Studie mit neoadjuvanter Platin-basierter
Doubletten-Chemotherapie +/- Nivolumab gefolgt von der standardmäßig durchgeführten chirurgischen
radikalen Tumorresektion und anschließender adjuvanter Therapie mit Nivolumab oder Placebo bei Pa-
tienten mit resektablem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom im Stadium II-IIIB. Primärer Endpunkt der
Studie ist das ereignisfreie Überleben, sekundäre Endpunkte sind u.a das Gesamtüberleben und die Rate an
kompletten pathologischen Remissionen. Stratifikationskriterien sind PD-L1-Status, Stadium (II vs. III) und
Tumorhistologie (Plattenepithel vs. Nicht-Plattenepithel). Der ECOG-Performance-Status bei Einschluss darf
maximal 1 betragen. Es werden insgesamt 452 Patienten, die 1:1 randomisiert werden, benötigt.
Details zur Studie auf www.med4u.org/16486 (NCT04025879)
Fortgeschrittenes Gallengangs-/Gallenblasenkarzinom: MK-3475-966 (KEYNOTE-966)
Die Studie MK-3475-966 (KEYNOTE-966) ist eine randomisierte doppelblinde Phase-III-Studie mit Pembro-
lizumab + Gemcitabin/Cisplatin im Vergleich zu Placebo + Gemcitabin/Cisplatin als Erstlinientherapie des
fortgeschrittenen und nicht resektablen Gallengangs- oder Gallenblasenkarzinoms. Im Rahmen der Studie
erfolgt die Gabe von Pembrolizumab + Gemcitabin/Cisplatin (Arm A) oder Placebo + Gemcitabin/Cisplatin
(Arm B). Der primäre Endpunkt der Studie ist die progressionsfreie Überlebensrate nach RECIST 1.1 sowie
das Gesamtüberleben. Sekundäre Endpunkte sind u.a. die objektive Ansprechrate. Die Randomisierung in
dieser Firstline-Therapiestudie erfolgt hierbei 1:1 mit 394 Patienten pro Arm. Eingeschlossen werden kön-
nen Patienten mit einem ECOG-Performance-Status 0-1 mit histologisch gesichertem fortgeschrittenen
und/oder nicht resezierbaren Gallenblasen- und Gallengangskarzinom.
Details zur Studie auf www.med4u.org/16340 (NCT04003636)