Antidepressiva und Antipsychotika führen in vielen Fällen zu einer nicht unerheblichen Gewichtszunahme. Die Fortbildung behandelt Pharmakologische Ansätze der Adipositasbehandlung, mit Fokus auf Patienten, welche aufgrund einer (notwendigen) langjährigen Behandlung mit Psychopharmaka massiv an Gewicht zugenommen haben. Die Fortbildung soll für das viele Patienten betreffende, problematische Thema sensibilisieren.
6. WARUM MACHEN ANTIPSYCHOTIKA DICK?
UAW: Gewichtszunahme, Bluthochdruck, Störungen im Lipid- und
Kohlenhydratstoffwechsel
! Genaue Ursache noch unklar
! Einfluss auf zahlreiche Systeme, u.a.:
- Erhöhung des Leptinspiegels (unklar ob direkt durch AAP oder als
Folge der Gewichtszunahme)
- Vermutlich Erhöhung des Ghrelinspiegels (unklare Studienlage)
! Besonders dickmachend: Clozapin & Olanzapin
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7.
8. VIELFÄLTIGE URSACHEN
Weight Gain and Metabolic Changes During Treatment with
Antipsychotics and Antidepressants
(aus „Endocrine, Metabolic & Immune Disorders - Drug Targets“ Volume 15, Issue 4, 2015)
„Recently discovered pathophysiological mechanisms include antihistaminergic effects,
activation of hypothalamic adenosine monophosphate-activated protein kinase (AMPK),
modulation of hormonal signaling of ghrelin and leptin, changes in the production of cytokines
such as tumor necrosis factor-alpha (TNF)-alpha and adipokines such as adiponektin, and the
impact of genes, in particular the melanocortin 4 receptor (MC4R), serotonin 2C receptor
(HTR2C), leptin, neuropeptide Y (NPY) and cannabinoid receptor 1 (CNR1) genes.
Metabolic changes associated with weight gain include disturbances of glucose and lipid
metabolism. Clozapine and olanzapine may, in addition to mechanisms resulting from weight
gain, impair glucose metabolism by blockade of the muscarinic M3 receptor (M3R).
Antidepressants associated with weight gain appear to have fewer unfavourable effects on
glucose and lipid metabolism than the second-generation antipsychotics clozapine and
olanzapine.“
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9. METAANALYSE
Association of Pharmacological Treatments
for Obesity With Weight Loss and Adverse Events
A Systematic Review and Meta-analysis
(aus „Journal of the American Medical Association“ 2016 Vol. 315,
No. 22, p. 2424-2434)
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10. ZIEL DER METAANALYSE
Vergleich von Gewichtsverlust vs. Nebenwirkungen von fünf in den
USA zur Behandlung der Adipositas zugelassenen Medikamenten bei
adipösen Patienten sowie übergewichtigen Patienten (BMI ≥ 27) mit
Komorbidität
Bedingung:
Gewichtsverlust min. 5% des Körpergewichts in ~52 Wochen
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16. LIRAGLUTID (SAXENDA)
Antidiabetikum zur Behandlung des Typ-2-Diabetes
Fördert u.a. die Insulinsynthese und –freisetzung und verzögert die
Magenentleerung
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17. EIN PAAR FAKTEN
• 28 Studien mit insg. 29.018 Patienten wurden in die Metaanalyse
eingeschlossen
• Vergleich Medikament vs. Placebo, in einer Studie Liraglutid vs.
Orlistat vs. Placebo
• 16 (von 28) Studien beinhalteten keine Diabetiker
• 8 Studien beinhalteten medikamentös behandelte Diabetiker
• Durchschnittsalter der Probanden: 45,9 Jahre
• Zu Beginn mittlerer BMI: 36,1 kg/m²; mittleres Gewicht: 100,5 kg
• 74% waren Frauen
• Diätplan + Lifestyleberatung war Standard in allen Studien!
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18.
19. ERGEBNISSE
• Orlistat: 2,6 kg (95% CI, 2,3-2,9 kg)
• Lorcaserin: 3,2 kg (95% CI, 3,0-3,6 kg)
• Naltrexon-Bupropion: 5,0 kg (95% CI, 4,4-5,5 kg)
• Phentermin-Topiramat: 8,8 kg (95% CI, 8,0-9,6 kg)
• Liraglutid: 5,2 kg (95% CI, 4,9-5,6 kg)
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20. ERGEBNISSE
Min. 5% Gewichtsverlust der Probanden bei:
! 23% unter Placebo
! 75% unter Phentermine-Topiramat
! 63% unter Liraglutid
! 55% unter Naltrexon-Bupropion
! 49% unter Lorcaserin
! 44% unter Orlistat
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21. ERGEBNISSE
Phentermin-Topiramat zeigte in einer Netzwerkanalyse einen
signifikant höheren Gewichtsverlust:
! 6,2 kg vs. Orlistat
! 5,6 kg vs. Lorcaserin
! 3,9 kg vs. Naltrexon-Bupropion
! 3,5 kg vs. Liraglutid
Lorcaserin: Niedrigste Abbruchrate wegen UAW
Liraglutid und Naltrexon-Bupropion: Höchste Abbruchrate wegen UAW
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22. LIRAGLUTID (SAXENDA)
5 x 3 ml (6 mg/ml) = 290,81 €
1. Woche: 0,6 mg/d
2. Woche: 1,2 mg/d
3. Woche: 1,8 mg/d
4. Woche: 2,4 mg/d
Erhaltungsdosis ab 5. Woche: 3,0 mg/d (1,62 €/d)
Absetzen, wenn nach 12 Wochen nicht min. 5% Körpergewicht verloren
(bei 3,0 mg/d Erhaltungsdosis).
Off-Label: Dulaglutid/Trulicity – nur 1x/Woche s.c.!
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23. ORLISTAT (XENICAL)
84 x 120 mg = 91,42 € (54,82 € Generikum)
3 Kapseln (je 120 mg) täglich
zu den Hauptmahlzeiten (3,27 €/d (1,96 €/d))
Absetzen, wenn nach 12 Wochen nicht min. 5% Körpergewicht verloren
Cave: Verringert Wirksamkeit von Valproat & Lamotrigin, vermutlich
durch reduzierte Resorption im Darm
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24. NALTREXON-BUPROPION (MYSIMBA)
112 x 8 mg/90 mg = 115,92 €
1. Woche: 1-0-0 Tbl.
2. Woche: 1-0-1 Tbl.
3. Woche: 2-0-1 Tbl.
ab 4. Woche: 2-0-2 Tbl. (4,14 €/d)
Absetzen, wenn nach 16 Wochen nicht min. 5% Körpergewicht verloren
Cave: UAW sehr häufig – Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen
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25.
26. NALTREXON-BUPROPION
Der Dopamin- und Noradrenalin-Reuptake-Inhibitor Bupropion
stimuliert die Produktion des Peptids Pro-Opiomelanocortin (POMC) im
Hypothalamus, das dann in weitere Peptide aufgespalten wird.
Darunter sind die Melanozyten-stimulierenden Hormone (α, β- und γ-
MSH) sowie β-Endorphin. Das α-MSH aktiviert den Melanocortin-4-
Rezeptor (MC4R); dessen Stimulation vermindert den Appetit mit
nachfolgender Gewichtsreduktion.
Kontraproduktiv ist jedoch die Hemmung der POMC-Aktivität durch
β-Endorphin, das an den inhibitorischen µ-Opioid-Rezeptor bindet.
Der Opioid-Antagonist Naltrexon soll diese unerwünschte
Abschwächung der Wirkung verhindern.
Eine gefürchtete Nebenwirkung der Kombination ist die deutlich
erhöhte Krampfneigung.
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27. DIE ANDEREN..
.. sind in Deutschland nicht zugelassen
.. als Kombinationspräparat nicht erhältlich
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28. DISKUSSION
• Medikamente alleine reichen nicht!
• Alle Substanzen sind erst seit wenigen Jahren in den USA zugelassen,
ein Teil davon nicht in Deutschland/EU
• Auswahl des passenden Medikaments muss individuell erfolgen
• Umsetzung der Diätpläne/Lifestyleänderungen wurden nicht
routinemäßig kontrolliert, daher Einfluss dieser Änderungen vs.
Medikamenteneinfluss nicht klar
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29. DISKUSSION
• Medikamente alleine reichen nicht!
• Alle Substanzen erst seit wenigen Jahren in den USA zugelassen, ein
Teil davon nicht in Deutschland/EU
• Auswahl des passenden Medikaments muss individuell erfolgen
• Umsetzung der Diätpläne/Lifestyleänderungen wurden nicht
routinemäßig kontrolliert, daher Einfluss dieser Änderungen vs.
Medikamenteneinfluss nicht klar
• Die Medikamente werden als „Lifestylepräparate“ bewertet, die
Kosten somit nicht von den Krankenkassen übernommen!
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