1. Grußwort
des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Mecklenburg-Vorpommern, Henry Tesch,
anlässlich der Vorstellung und der Übergabe des
Sonderpostwertzeichens „200. Geburtstag Fritz Reuter“
am 05.11.2010 im Schleswig-Holstein-Haus Schwerin
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Gramkow,
sehr geehrter Herr Gatzer (St im BM der Finanzen),
sehr geehrter Herr Prof. Grote (Präsident der F.-Reuter-Gesellschaft),
sehr geehrte Gäste,
Wat den Eenen sin Uhl, ist den Annern sin Nachtigall.
Diese Redewendung ist im Norden bekannt wie kaum eine zweite. Sie
stammt von Fritz Reuter – aus der „Stromtid“.
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2. Wir, verehrte Anwesende, haben die Nachtigall: ein
Sonderpostwertzeichen zum 200. Geburtstag von Fritz Reuter. Fritz
Reuters Verdienste um die Niederdeutsche Sprache, das Plattdeutsche,
seine Bedeutung als Schriftsteller und sein gesamtes Leben geben
Anlass genug, ihn im Jahr seines 200. Geburtstages in besonderer
Weise zu ehren.
Doch das I-Tüpfelchen, ihn für eine Sonderbriefmarke auszuwählen, sind
ganz einfach auch seine Briefe: In den Jahren 1827 bis 1874 hat Reuter
1027 Briefe verfasst. Die meisten sind in hochdeutscher Sprache
geschrieben. Reuter gibt damit ein Spiegelbild seiner Zeit.
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3. Der Zeitzeuge Reuter klagte zwar manchmal über die Last seiner
umfangreichen Korrespondenz, doch im Grunde war er ein äußerst
kontaktfreudiger Mensch; ein Autor, der den Kontakt nicht nur mit
anderen Autoren suchte, sondern auch den Gedankenaustausch mit
seiner Leserschaft liebte.
Es erfüllte ihn durchaus mit Stolz, dass er Briefe aus London, Zürich
oder Rio de Janeiro zu beantworten hatte. Dass all dieses heute
nachlesbar und für den Leser erlebbar ist, verdanken wir jedoch einem
jungen Mann aus Brüel - hier in der Nähe von Schwerin - mit dem
Namen Dethloff Carl Hinstorff, dem späteren Begründer des Hinstorff
Verlages.
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4. Gemeinsam mit seinem Verleger Hinstorff entwickelte Fritz Reuter eine
Kunstform des Niederdeutschen, die entscheidend zur Verbreitung
seiner Werke über den niederdeutschen Sprachraum hinaus beitrug.
Reuters feinsinniger Humor und seine vielen satirischen Anspielungen
waren dem nicht abträglich. Allein zwischen 1859 und 1904 erschienen
im Hinstorff Verlag über zweieinhalb Millionen Bände plus einiger
tausend Sonderausgaben des Verlegers.
Gerade erschien der 3. Band der Reuter Briefe – im Hinstorff Verlag. Die
Landesbibliographie Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet über 1.700
Publikationen über Fritz Reuter und sein Werk.
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5. Über keine andere Persönlichkeit aus Mecklenburg-Vorpommern
existiert auch nur annähernd so viel Literatur. – Wahrlich Grund genug,
den 200. Geburtstag Fritz Reuters mit zahlreichen Gedenk- und
Festveranstaltungen zu begehen.
Doch angefangen mit dem Dichten hat es damit:
"Da treckte ick den Schaulmeister sinen Rock an, un war hei ok
eng, so holl de mi doch Wind un Weder von'n Liw, un wenn ick ok
Jahrelang de Stunn to twe Gröschen gewen müßt, heww ik mi in em
doch gaud naug gefollen; un hadd ik för den Herrn Paster ok kein
Schriwert tau besorgen, denn schrew ik des Abends "Läuschen un
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6. Rimels", un dat würd min Tüftenland, un uns Herrgott hett daräwer
ja sine Sünn schinen laten, un Dau un Regen nich wehrt - und de
dummsten Lüd bugen de meisten Tüften."
So erzählt es Reuter am Schluss seiner „Festungstid“, die als eine Art
Selbstbiographie verstanden werden darf.
Liebe Gäste,
Fritz Reuter ist bekannt und dank des Sonderpostwertzeichens zu
seinem 200. Geburtstag wird der Name Fritz Reuter wieder einmal in die
Welt getragen – diesmal nicht durch seine Briefe, sondern auf Briefen
von Menschen, die, wenn sie es nicht schon wissen, sich fragen sollten –
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7. wer war, wer ist eigentlich dieser Fritz Reuter? Antworten gibt es überall.
Nicht zuletzt in seinem Geburtshaus in Stavenhagen, in das jährlich ca.
10.000 Besucher den Weg finden.
Vielleicht ist die Briefmarke Anregung, die Stätten seiner Wirkung
aufzusuchen, sich mit dem Plattdeutschen zu beschäftigen und so das
Erbe Fritz Reuters weiter zu geben. Das sollte unser aller Wunsch sein.
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