Die Gemeine Rispe ist in Futterwiesen unerwünscht. Sie gilt als
„invasives Ungras“, das den Ertrag mindert und das Futter verschmutzt. Hier lesen Sie über Bedeutung und Ausbreitung dieses Ungrases sowie über Maßnahmen zur Eindämmung
vom futterwiesenexperten HUMER..
2018 HUMER Hintergrundbericht zum Artikel Futterwiesen - Blumenwiesen, 2017feb16
HUMER Gemeine Rispe Bremsklotz im Futterertrag BZ201617p07
1. Seite 7 ProduktionNR. 17 | 28. April 2016 | BauernZeitung
Grünland
H
aben Ihre Wiesen im
Frühjahr hellgrün-
gelbliche Grasfle-
cken? Wenn ja, dann sollten
Sie keine Zeit verlieren, um
gegen den derzeit gefähr-
lichsten Ertragsschädling in
Futterwiesen, die Gemeine
Rispe, Maßnahmen zu er-
greifen. Denn eine Massen-
ausbreitung dieses Ungrases
mindert die Erträge und
führt zu Erdverschmutzung
des Futters. Die Futterquali-
tät kann so stark leiden,
dass die Tiere die Aufnahme
verweigern.
Früher wertvoll,
heute unerwünscht
Die Gemeine Rispe, auch
Gewöhnliches Rispengras
(Poa trivialis) genannt, galt
in Österreichs Grünland bis-
lang als unauffälliges, all-
gemein verbreitetes Gras.
Aufgrund seiner Klappschen
Wertzahl (7 von 8 mögli-
chen Punkten) galt es früher
sogar als wertvolles Futter-
gras. Jüngere Quellen spre-
chen dem Gras jedoch nur
einen „sehr mäßigen“ Fut-
terwert zu (Sobotik, 2016).
Seit etwa zehn Jahren
breitet sich die Gemeine Ris-
pe vor allem in produktiven
Vielschnittwiesen jedoch
wie ein Lauffeuer immer
mehr aus. In jüngerer Ver-
gangenheit konnte der Autor
auf feuchteren Äckern in der
Buckligen Welt (NÖ) anläss-
lich der Feldanerkennung
von Knaulgrasbeständen
auch Vorkommen der Ge-
meinen Rispe in den Ver-
mehrungen feststellen.
Startvorteil
im Frühjahr
Um die Gemeine Rispe
wirksam Bekämpfen zu
können, muss man um die
ökologischen Besonderhei-
ten dieses Grases wissen.
Die Gemeine Rispe ist ein
ausdauerndes Gras, das mit
flach wachsenden Stolonen
(1) und an den unteren Stän-
gelknoten (2) entspringen-
den Wurzeln in lückige
Grasbestände hineinkriecht.
Leicht erkennbar ist die Ge-
meine Rispe weiters im
Schoßstadium, in dem sie
ein extrem langes Blatthäut-
chen zeigt. Ihre relativ dün-
nen Halme sind glatt. Die
Blätter sind unbehaart,
während der Halm unter-
halb der Rispe meist rau ist.
Als Flachwurzler nutzt
das Gras die oberste Boden-
krume als ökologische Ni-
sche. Bereits Ausgang des
Winters bei noch starker
Bodenfeuchte kann die Ge-
meine Rispe ihr Wachstum
starten. Sie kommt mit den
Wuchsbedingungen im
Frühjahr viel besser zurecht
als die guten Futtergräser,
die auf Wasser und Nähr-
stoffe in tieferen Boden-
schichten angewiesen sind.
Ihr früh einsetzendes
Wachstum im Frühjahr ver-
schafft der Gemeinen Rispe
einen Konkurrenzvorteil.
Zudem kann sie dank
ihrer oberirdischen Kriech-
triebe (Stolonen) lückige
Wiesenstellen rascher als
andere Gräser besiedeln. Die
vielen, oberflächennahen
und daher gut mit Sauerstoff
versorgten Feinwurzeln be-
fähigen die Gemeine Rispe
auch, auf zeitweilig stark
durchnässten Böden, Quell-
austritten und auf völlig
zertretenen oder zerfahre-
nen, morastigen Gatschbö-
den und verdichteten Böden
zu wachsen.
Ausläuferbildung und
frühe Samenreife garantie-
ren der Gemeinen Rispe
auch bei frühem Futter-
schnitt eine hohe Konkur-
renzkraft.
Im Frühjahr ist die Ge-
meine Rispe ein sehr zart
und dicht sprossendes Gras,
das bei oberflächlicher Be-
trachtung eine saftige Gras-
narbe vortäuscht. Noch
üppiger wächst sie an Feld-
rainen und am Rand von
Getreidefeldern. Beispiels-
weise erreicht sie in der Re-
gion zwischen Steyr und
Amstetten beachtliche
Wuchshöhen von bis zu
über einen Meter.
Sitzenbleiber nach
dem ersten Schnitt
Bis zur ersten Mahd zeigt
sich die Gemeine Rispe als
ein kräftiges, früh schoßen-
des, sehr hochwüchsiges
und ertragreiches Mittel-
gras. Nach dem ersten
Schnitt und auch nach den
Folgeschnitten bleibt dieses
Ungras jedoch ohne weite-
ren Nachtrieb als unschein-
bares Untergras rasenartig
sitzen. Mangels Nachtrieb
ist der erste Aufwuchs somit
der einzig nutzbare Jahres-
aufwuchs. Wo immer Ge-
meine Rispe in Futterwiesen
wächst, liegt der Ertragsaus-
fall somit weit über 50 Pro-
zent. Der Nachtrieb im Som-
mer und Herbst besteht nur
mehr aus glänzenden,
zwirndünnen, flaumartigen,
meist unter zehn Zentimeter
hohen Grastrieben mit ganz
lockerem Wurzelsitz.
Allerdings vermögen die
oft üppig verzweigten,
knapp an der Oberfläche
kriechenden Ausläufer (Sto-
lonen) der Gemeinen Rispe
in dieser Zeit beachtliche
Flächen zu erobern. Mit zu-
nehmender Bodenverdich-
tung wird die Durchwurze-
lungstiefe immer geringer.
Aufgrund des lockeren Wur-
zelsitzes können beim Strie-
geln ganze Platten der Gras-
narbe abgezogen werden.
Dies ist ein typisches Zei-
chen des Befalls mit Gemei-
ner Rispe.
Bei Trockenheit stellt die-
ses auf viel Bodenfeuchte
angewiesene, sonst saftig
grüne Gras das Wachstum
ein und die oberirdische
Masse verkümmert. In Wie-
sen mit hohen Anteilen an
Gemeiner Rispe verschärfen
Trocken- oder Dürreperio-
den den Futterausfall.
Wurzeln machen
Futter muffig
Vor allem bei tiefem Mä-
hen und Schwaden kann die
Gemeine Rispe aufgrund
ihres lockeren Sitzes im Bo-
den leicht mitsamt Wurzel-
stöcken und Erdanhang in
das Futter gelangen. Dies
beeinträchtigt Futterwert
und Schmackhaftigkeit und
kann bis zu vollständigem
Verderb mit allen schädli-
chen Folgewirkungen bis
hin zum Tierverlust führen.
„Rasierschnitt“
vermeiden
Die Erstmaßnahme, um
die Gemeine Rispe zurück-
zudrängen und Futterver-
schmutzung zu vermeiden,
ist eine ausreichende
Schnitthöhe. Mehrere Unter-
suchungen (Beckhoff &
Thielmann, 1982; Elsässer,
2004) haben bestätigt, dass
das Anheben der Schnitt-
höhe von drei auf sieben bis
neun Zentimeter hochwer-
tige Gräserarten fördert. In
den Versuchen stieg der An-
teil der guten Futtergräser
allein durch das Vermeiden
des „Rasierschnitts“ von 32
auf 69 Prozent.
Über weitere Maßnahmen
zum Zurückdrängen der Ge-
meinen Rispe lesen Sie in der
nächsten Ausgabe der Bau-
ernZeitung.
Fotos(4):ZVG
Die Gemeine Rispe ist ein
Bremsklotz für den Futterertrag
Johann Humer,
Futterwiesenexperte
Die Nester der Gemeinen Rispe sind im Frühjahr als typisch
hellgrün-gelbliche Grasflecken von weitem erkennbar. Oberflächlich
betrachtet täuscht die Gemeine Rispe eine saftige Grasnarbe vor.
In Wiesen mit hohen Anteilen an Gemeiner Rispe kann ein scharf
eingestellter Striegel ganze Platten der Narbe abziehen.
Die Gemeine Rispe zeigt im Schoßstadium ein extrem langes
Blatthäutchen (links). Erkennbar ist das Gras auch durch Wurzelaus-
breitung mittels Stolonen (1) und Stängelknoten (2).
Die Gemeine Rispe ist
in Futterwiesen un-
erwünscht. Sie gilt als
„invasives Ungras“, das
den Ertrag mindert
und das Futter ver-
schmutzt. Lesen Sie in
dieser und in der
nächsten Ausgabe
über Bedeutung und
Ausbreitung dieses
Ungrases sowie über
Maßnahmen zur
Regulierung.
Frühe Mahd
fördert die Ausbreitung
Das sind die Ursachen für die massive, landesweite Ausbreitung
der Gemeinen Rispe:
■■ Zunahme der Bodenvernässung durch Bodenverdichtung.
■■ Zunahme der Vielschnittwiesen mit Zunahme der Befahrungs-
häufigkeit mit schwerem Gerät.
■■ Häufigeres Befahren bei zu feuchtem Boden bei Vielschnitt-
wiesen.
■■ Zunahme der Lückigkeit von Wiesen durch Rückgang wertvoller
Futterarten mit tieferer Bodendurchwurzelung bei intensiverer
Nutzung ohne Ausgleich durch Nachsaat.
■■ Zunahme der Gülleausbringung mit Samenverschleppung.
■■ Verfrühung des Frühjahres mit Begünstigung frühreifer Arten,
die die Winterbodenfeuchte besser nutzen.
■■ Rückgang der Heuwiesen mit wenigen Nutzungen.
■■ Immer seltenerer Wiesenumbruch und Wiesenneuanlage.
■■ Zu frühe Mahd über mehrere Jahre hinweg.
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