D as großflächige Verschwinden wichtiger Wiesenfuttergräser lässt sich derzeit etwa im Tiroler Inntal beobachten. Ursache für die enorme Verdrängung ertragswichtiger Gräser ist die flächenhafte Ausbreitung giftiger Hahnenfußarten, Ampfer, Löwenzahn und Gemeiner Rispe. Die mit dem Umweltprogramm ÖPUL seit Jahren gezielt geförderte Verringerung der Unkrautbekämpfung und sachgerechten Düngung führte indes zur Unkrautausbreitung verbunden mit Qualitäts- und Ertragsverlusten samt Verteuerung der Futterkosten. Ruinöse Ertragsrückgänge sind aber betriebsgefährdend. Eine vernachlässigte Grünlandbewirtschaftung führt zu Ertragsverlusten bis zu geschätzten 5 Tonnen Trockenmasse je Hektar. Ohne Hahnenfuß, Ampfer, Löwenzahn und Gemeine Rispe würden die Erträge mit dichten Gräserbeständen doppelt so hoch sein. Das entspricht einem Heuwert von etwa 1.000 Euro je Hektar.
2. 218 / 2018 BLICK INS LAND
GRÜNLAND
scheinlichkeit für noch höhere
Erträge. Auch Ampfer ist im Kom-
binationsmix spezieller Sätechnik
und schnell wüchsigen Arten bio-
logisch eindämmbar.
Umbruchlose Erneuerung Seit
1980 wird mit direkten Einsaaten
versucht, die Grasnarbe durch
umbruchlose Grünlanderneue-
rung zu verbessern oder zu re-
generieren. Die Erfolge sind bis
heute schwankend und weit we-
niger zuverlässig als bei Wiesen-
neuanlagen. Nicht alle eingesäten
Arten von Nachsaatmischungen
wachsen an und führen zu besse-
rem Futter. Erfolgreiche Einsaa-
ten sind mit freiem Auge gut er-
kennbar. Sichere Erfolgsbeweise
liefern die stark wuchsfreudigen,
neu gesäten Gräser und Kleearten
im Vergleich zum meist grasar-
men Altbestand.
Ursache von Misserfolgen bei
Einsaaten sind Lichtmangel, Was-
serstress, bereits besetzter Wur-
zelraum und Fruchtfolgekrank-
heiten, sowie tierische Schädlinge
im Boden. Diese Gründe und die
Konkurrenz der Altnarbe können
den Einsaaterfolg beeinträchtigen.
Nach eigenen Beobachtungen
können mehrmalige Einsaaten
bereits in drei Jahren, Ertrag und
Pflanzenbestand visuell stark ver-
bessern. Das Risiko einer misslun-
genen Einsaat durch nachfolgende
Trockenheit wird durch Splitting
der Saatzeiten vermindert. Die
vielen neuen, vorher nicht anwe-
senden Arten wie Knaulgras, Ray-
gras oder Rotklee beweisen den
Regenerationserfolg. Nur ständige
Folgesaaten sichern dauerhaft das
höchste Ertragsniveau. Direktein-
saat- wie Striegeleinsaatggeräte
sind nur über Maschinengemein-
schaften oder Lohnunternehmer
rentabel. Spitzenbetriebe nutzen
die ständige Einsaat als betrieb-
liches Erfolgsrezept. Da rechnen
sich eigene Einsaatmaschinen
oder Kleinsamerstreuer, die Gül-
lesaat oder Sämaschinen.
Einsaat mit bester Genetik
Durch die richtige Auswahl der
örtlich bestwüchsigen Gräser und
Kleearten, hat jeder Grünlandwirt
den Schlüssel zum Erfolg selbst in
der Hand. Ertragsentscheidend
ist – wie beim Vieh - die beste
Genetik seiner Futterpflanzen
auszuwählen. Lernen Sie mit Fut-
terwiesenexperten Ihre vor Ort
am besten gedeihenden, natürlich
vorkommenden Futterpflanzen
auch für Dürrezeiten kennen! Da-
mit lässt sich eine ökologisch, bes-
tens adaptierte Artenauswahl für
höchste Erträge und Futterqualitä-
ten erreichen. Der Einbezug wär-
meliebender, trockenheitsverträg-
licher Futterpflanzen puffert und
mindert auch die Risiken zuneh-
mender Dürreperioden.
Die ÖAG Standard-Einsaatmi-
schungen (NA, NATRO, NAWEI,
NI, NIK, KWEI, mit und ohne
Klee) geben eine Orientierung zur
Arten- und Sortenauswahl. Arten,
die bei diesen Fertigmischungen
nicht aufkommen, sind bei Fol-
gesaaten einsparbar. Die Königs-
disziplin bei Einsaaten ist die
Kenntnis und Auswahl zur Bei-
mischung der örtlich frohwüch-
sigsten Grasarten. Auf jedem
Standort kann sich mit diesem
Prinzip die beste Genetik ertrag-
lich entfalten. Neben der Saat-
gutauswahl sind Einsaatzeiten
und Einsaat-Rhythmus ertragsent-
scheidend.
Artenmix für Top-Erträge Um
die höchste Ertragsleistung aus-
zuschöpfen, bedarf es die örtlich
bestwüchsigen Futterpflanzen zu
kennen. Mit meiner Fachbera-
tung lernen Sie sie aufzuspüren
und kennen. Jede Futterpflanze
hat ihre eigenen ökologischen
Ansprüche, um ihre beste Leis-
tung zu erbringen. Für Spitze-
nerträge bedarf jede Wiese eine
eigene Biodiversität an Futter-
pflanzen. Das Auswahlprinzip für
den produktivsten Artenmix an
Futterpflanzen richtet sich nach
Lage, Nutzung und der lokalen
Frohwüchsigkeit der Arten. Das
kann nur mit örtlich kalibrierten
Individualmischungen erfolgen.
Erst diese ökologische Auswahl
bester Futtergräser liefert natür-
liche Spitzenerträge. Bei späteren
Folgesaaten erfolgt eine weitere
Feinjustierung der Arten zur Len-
kung eines optimalen Pflanzenbe-
standes. So ist es sogar kontrapro-
duktiv, Rotklee bei Anteilen von
über 15 Prozent im Bestand wei-
ter einzusäen. Bei sonnigen Lagen
mit Exponierung zur Trockenheit
ist der Einbezug wärmeliebender,
trockenheitsverträglicher Futter-
pflanzen sogar unumgänglich.
Die geeignetsten Gräser und
Kleearten je Standort zu erken-
nen ist der Schlüssel für hohe
Erträge und Rentabilität. Die
Auswahl der ökologisch produk-
tivsten Pflanzenarten setzt auch
die gedüngten Nährstoffe best-
möglich in Ertrag um. Damit wird
auch den aktuellen Vorstellungen
nach effizientem Nährstoff-Ein-
satz entsprochen.
Hochproduktive Gräser und
Kleearten für produktive Böden
und Lagen sind oft Knaulgras,
Englisches Raygras, Glatthafer,
Goldhafer, Timothe, Rotklee und
Weißklee. In extensiveren, feuch-
ten oder trockenen Lagen oder
bei Weidenutzung haben andere
Arten eine eminent lokale Bedeu-
tung, wie Hornklee, Wiesenrispe,
Schwingelarten, Wiesenfuchs-
schwanz und Straussgräser. Für
besondere Lagen wie Hochlagen,
Exponierung zur Trockenheit
oder spezielle Futteransprüche je
nach Tierart sind auch weitere Ar-
ten zukunftsweisend.
Jeder Rinderzüchter weiß, dass
die Leistung im Stall nur mit bes-
ter Genetik möglich ist. Gleiches
gilt auch für das Wiesenfutter.
Auch kleinere Betriebe haben
die Chance, die beste Genetik
durch Einsatz von Zuchtsorten
und Saatgutwahl zu nutzen. Wild-
pflanzen wachsen dagegen im
vernachlässigten Grünland mit
geringer Produktivität und haben
geringe wirtschaftliche Zukunfts-
aussichten. In Österreich gibt es
durch den Niederschlagsreichtum
enorme ungenutzte Chancen, er-
Hahnenfußteppich im Tiroler Inntal: als Wiesenfutter eine Katastro-
phe. Grünlandbetriebe verlieren dadurch 1.000 Euro/Hektar.
Statt guter Futtergräser wachsen, begünstigt vom ÖPUL Betriebsmit-
telverzicht, unerwünschter Hahnenfuß, Löwenzahn, Gemeine Rispe.