1. praxis SEPA
Viele Händler vertrauen daher
darauf, dass man so weiterverfah-
ren kann wie bisher und eine Man-
datserteilung auf elektronischem
Wege genügt. Schließlich ist auch
heute im Grunde eine handschrift-
liche Einzugs- oder Abbuchungs-
ermächtigung nötig, es fragt in der
Praxis aber keine Bank danach. Im
Zweifelsfall kann der Kunde der
Abbuchung im Nachhinein wider-
sprechen – acht Wochen hat er da-
für Zeit.
Mandat mit oder
ohne Unterschrift
„Wir werden in unserem Online-
shop in Deutschland weiterhin
Lastschriften als Bezahloption
über unsere Dienstleister anbie-
ten“, sagt etwa Paolo Oliva, E-Pro-
cess-Manager des Designermode-
Anbieters Jades24. Und auch der
Discounter Lidl erklärt auf Nach-
frage von Der Handel: „Die Last-
schrift und den Ratenkauf auf
Lastschrift werden wir auch nach
dem 1. Februar 2014 als Zahlungs-
arten im Onlineshop anbieten. Wir
befinden uns in der Umsetzungs-
phase, um den SEPA-Anforderun-
gen nahtlos gerecht werden zu
können“, erklärt die Pressestelle in
Neckarsulm. Die Deutsche Bahn
will beim Ticketverkauf im Inter-
net ebenfalls an Mandatserteilung
im bisherigen Stil festhalten, wie
aus dem Unternehmensumfeld zu
erfahren ist.
im Vorfeld der SEPA-Umstellung.
„Nach der derzeitigen Rechts-
lage sind für SEPA-Lastschriften
unterschriebene Mandate erfor-
derlich und ich weiß aus Gesprä-
chen mit Banken auch, dass dies
stichprobenartig geprüft werden
soll“, erläuterte Monika Holden-
rieder, Leiter Treasury der Verlags-
gruppe Weltbild, auf dem Pay-
ment Kongress Mitte Mai in Frank-
furt am Main. „Wir werden daher
schriftliche Mandate von unseren
Kunden einholen“, so Holdenrie-
der. In den Onlineshops der Ver-
lagsgruppe Weltbild.de, Jokers.de,
Kidoh.de und Buecher.de werden
derzeit rund 16 Prozent aller Zah-
lungen per Lastschrift abgewi-
ckelt. Über das genaue Prozedere,
welche Kundengruppen man auf
welche Weise zur Erteilung eines
SEPA-Mandats bewegen will, wird
intern noch beraten.
Ein kostengünstiges
Bezahlverfahren
Im deutschen Onlinehandel ist die
Lastschrift bisher ein beliebtes
Zahlungsmittel. In diversen Stu-
dien zu E-Payment-Verfahren ran-
giert sie regelmäßig auf den obe-
ren Plätzen. Das Erfordernis einer
handschriftlich erteilten Einzugs-
ermächtigung wäre für Online-
händler freilich ein kostspieliger
Medienbruch, der allenfalls ganz
treuen Stammkunden abverlangt
werden könnte.
UZu Risiken und Nebenwir-
kungen fragt man den Arzt
oder Apotheker. „Bei Fragen zur
SEPA-Lastschrift empfehlen wir
Ihnen sich an Ihre Hausbank oder
die Deutsche Kreditwirtschaft zu
wenden“, schreibt die Deutsche
Bundesbank auf ihrer Homepage.
Es sind nur noch wenige Monate
bis zum SEPA-Stichtag, 1. Februar
2014, und dennoch gibt es vonsei-
ten der Deutschen Kreditwirt-
schaft keine klaren Antworten:
„Wir können den Onlinehändlern
unter unseren Kunden derzeit
keine Empfehlungen geben“, sagt
auch Manfred Krüger, Geschäfts-
führer von Concardis, einem der
führenden Dienstleister für bar-
geldlosen Zahlungsverkehr in
Deutschland. Ob für den Einzug
von Lastschriften künftig ein
handschriftlich unterzeichnetes
Mandat erforderlich ist oder bei-
spielsweise auch eine E-Mail als
Einzugsermächtigung genügt, ge-
hört zur Liste der offenen Fragen
ONLINELASTSCHRIFT
Warten auf das
E-Mandat
Welche Anforderungen im kommenden Jahr an ein Lastschrift-Mandat gestellt
werden, ist noch immer unklar – für Onlinehändler eine schwierige Herausforderung.
„Wir können
unseren Kunden
derzeit keine
Empfehlungen
geben.“
Manfred Krüger
Vorsitzender der
Geschäftsführung Concardis
54 Der Handel 06|2013
2. Wer nach dem SEPA-Stichtag im
kommenden Jahr Lastschriften
einreicht, ohne ein handschriftlich
unterzeichnetes Mandat des Kun-
den im Archiv abgeheftet zu ha-
ben, geht allerdings ein Risiko ein,
selbst wenn die Hausbank mit-
spielt: „Falls kein wirksames Man-
dat erteilt wurde, kann der Last-
schriftbuchung nach den SEPA-
Regularien noch bis zu 13 Monate
nach der Abbuchung widerspro-
chen werden“, erläutert Dr. Daniel
Walter, Rechtsanwalt in der Kanz-
lei Osborne Clarke. „Es wird sehr
wahrscheinlich Kunden, aber auch
Insolvenzverwalter geben, die
Lastschriftbuchungen in diesem
Zeitraum widersprechen werden.“
Europäisches überlagert
deutsches Recht
Der SEPA-Experte hält die Rechts-
frage, ob nur ein unterschriebenes
Mandat wirksam ist, für interpre-
tationsfähig: „Die bislang vorlie-
genden Inkasso-Bedingungen der
Banken deuten mal in die eine und
mal in die andere Richtung“, ur-
teilt Walter. „Auch die Gesetzge-
bungsmaterialien zum deutschen
SEPA-Begleitgesetz oder die FAQ
der Deutschen Kreditwirtschaft
geben Banken und Händlern keine
Rechtssicherheit, denn letztlich
überlagert das europäische Recht
die deutschen Regelungen und
man kann die europäische SEPA-
Verordnung auch dahingehend
deuten, dass nur eine handschrift-
liche Mandatserteilung wirksam
ist.“
Mehr Klarheit zumindest für die
Banken erhofft sich der Jurist von
einem SEPA-Merkblatt der Bun-
desanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht (BaFin). Wirkliche
Rechtssicherheit wird es vermut-
lich jedoch erst geben, wenn die
Frage von den Gerichten entschie-
den wurde.
Inzwischen bleibt Webshop-Be-
treibern, die auf Lastschriften set-
zen, nur zu raten, sich mit ihrer
Hausbank oder ihrem Zahlungs-
dienstleister ins Benehmen zu set-
zen. Denn unabhängig von der
Frage, welche Anforderungen die
eigene Bank künftig an die Man-
„SEPA bringt uns
im Auslandsgeschäft
auch Vorteile.“
Paolo Oliva
E-Process-Manager, Jades24
FOTO:MICHAELBRINKMEYER
Der Handel 06|2013 55
3. praxis SEPA
Auslandsgeschäft nutzen. Und es
gibt nicht wenige Händler, die nur
darauf warten: „Mit der Rechtssi-
cherheit eines E-Mandats würden
wir die Lastschrift auch in ande-
ren Ländern als Bezahloption an-
bieten“, sagt Paolo Oliva von
Jades24. Der Webshop-Verant-
wortliche kann der Single Euro
Payments Area (SEPA) nicht nur
aus diesem Grunde auch positive
Seiten abgewinnen: „Für unsere
internationalen Aktivitäten hat
SEPA klare Vorteile. Überweisun-
gen aus dem Ausland werden zum
Beispiel innerhalb von 24 Stunden
gutgeschrieben. Das ist eindeutig
ein Fortschritt“, lobt Oliva.
HANNO BENDER P
die technische Infrastruktur. Diese
Situation ist für alle Marktteilneh-
mer unbefriedigend – auch für die
Banken“, betont Braun. In den Ab-
stimmungsgremien der deutschen
Kreditwirtschaft würden dazu „in-
tensive und selbstkritische Diskus-
sionen“ geführt. „Wir sind zuver-
sichtlich, dass es in absehbarer
Zeit gelingen kann, gemeinsame
Lösungen für E-Mandate sowie
E- und M-Payments zu präsentie-
ren“, hofft der SEPA-Experte der
Commerzbank.
SEPA bringt Online-
händlern auch Vorteile
Wenn das elektronische Mandat
kommen sollte, könnten Online-
händler die Lastschrift auch im
datserteilung stellt, sind weitere
Punkte zu klären, etwa die Ein-
richtung einer Mandatsverwal-
tung. Jedes Unternehmen muss
für sein Geschäftsmodell individu-
ell klären, ob sich Lastschriften
künftig überhaupt noch rechnen:
„Für Onlinehändler dürfte ent-
scheidend sein, mit wie
viel Aufwand die schrift-
lichen Mandate eingeholt
und verwaltet werden
können“, sagt Reiner
Ramacher, Vorstand der
Postbank PB Firmenkun-
den AG. „Bei Webshops
mit festem Kundenstamm
wird es sich eher rechnen
als bei solchen mit spon-
tanen Einkäufern.“
Der Wechsel von Last-
schriften auf andere E-
Payment-Verfahren kann
freilich zu erheblichen
Mehrkosten auf der Ge-
bührenseite führen, wie
die Musterrechnung eines
realen, anonymisierten
Onlineshops veranschau-
licht (siehe Grafik).
Auch bei der deutschen Kredit-
wirtschaft hält sich die Freude
über die europäischen Vorgaben in
Grenzen, wie Dirk Braun, Direktor
Cash Management & International
Business der Commerzbank AG,
einräumt: „Die SEPA-Rulebooks
schreiben physisch unterschrie-
bene Mandate oder E-Mandate
vor, für letztere fehlt bisher leider
„Bei Webshops
mit festem
Kundenstamm
wird es sich
eher rechnen.“
Reiner Ramacher
Vorstand der
PB Firmenkunden AG
u Nachgehakt
SEPA-Fragen an die Kreditwirtschaft
Die Redaktion von Der Handel wollte es wissen und
fragte bei Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken,
Postbank, Commerzbank und Deutscher Bank nach:
1 Was sollten Onlinehändler aktuell unternehmen, die Last-
schrift als Bezahlverfahren im Internet anbieten?
2 Benötigen Onlineshops eine Mandatsverwaltung, wenn
sie weiterhin Lastschriften im B2C-Geschäft einreichen
wollen?
3 Lohnt es sich eher auf andere Zahlverfahren umzusteigen
und höhere Transaktionskosten in Kauf zu nehmen, als auf
SEPA-Lastschriften umzustellen?
Die jeweiligen Stellungnahmen der Institute finden
Sie auf % derhandel.de/SEPA
u Höhere Kosten bei Wechsel der Zahlverfahren
Beispielrechnung
für einen
Onlinehändler
mit 160 Millionen
Euro Umsatz
QUELLE: PPI AG.
● Giropay
● PayPal,
Kreditkarte
● Lastschrift
● Paymentgebühren
inkl. Risikokosten
10
40
50 Prozent Prozent
10
90
784
T€
1.600
T€
Ist-Situation
Nach Wegfall von
Lastschriften
FOTO:FOTOLIA/PICTURE-FACTORY
56 Der Handel 06|2013