2. „Marketing is no longer about the stuff that you make,
but about the stories you tell.“
(Seth Godin; entrepreneur, marketer)
3. In gesättigten Märken lassen sich Produkte und Dienstleistungen kaum
über den funktionalen Nutzen differenzieren. Aus einer
Marketingperspektive heraus geht es daher darum, mit dem Produkt
einen Zusatznutzen zu verbinden.
(Meffert et al., 2008, S. 349)
4. Jenseits des jeweils originären
Nutzungszwecks soll der
Zusatznutzen auf das Produkt
einzahlen, indem Auswahl- und
Kaufentscheidungsprozess positiv
beeinflusst werden.
(Bauer et al., 2006)
5. Auf einer kognitiven Ebene leisten Marken ein
Nutzenversprechen, dem auf Konsumentenseiten
eine entsprechende Erwartung gegenübersteht.
Auf einer emotional-affektiven Ebene „verhalten“
sich Marken derart, dass daraus auf Nutzerseite
„Erlebnisse“ erwachsen.
6. Starke Marken stellen für Unternehmen einen „immateriellen
Wertschöpfungstreiber“ dar, welcher in unmittelbarer Beziehung zum
Unternehmenserfolg steht.
(Stenger, 2012, S. 20)
7. „Markenstärke bezeichnet die Kraft einer Marke, in den Köpfen der
Verbraucher positive Assoziationen auszulösen und diese in Verhalten
umzuwandeln.“
(Fischer et al., 2002, S. 9)
8. Marken differenzieren sich auf einer höheren Stufe des
Markenbildungsprozesses außerhalb rationaler und funktionaler
Argumente durch assoziierte Emotionen.
Diese werden durch bewusst inszenierte Kommunikationsmaßnahmen
des Marketing-Mix im Kontext der Marke aufgebaut.
(Bauer et al., 2006, S. 117)
9. Unterschiedlichen Kommunikationskanälen kommen je eigene
besondere Dispositionen zu: „Der TV Spot soll emotionalisieren, das
Kundenmagazin informieren, das Event involvieren, das Sampling
aktivieren, das Viral potenzieren und die Kundenkarte kapitalisieren.“
(Baetzgen, 2015, S. 4)
10. „Marken entstehen im Zusammenspiel von
kognitiven und emotionalen Reaktionen im
Gehirn von Konsumenten.“
(Stenger, 2012, S. 20)
Dafür brauchen Sie einen
Kristallisationspunkt, eine Plattform,
welche die Begegnung von Menschen und
Marken prägt.
11. Markenwelten haben das Potential eines hoch emotionalen
Erlebnisses, das entweder direkt auf eine in diesem Kontext
präsentierte Marke übertragen wird oder aber eine Situation schafft, in
welcher die Konsumenten besonders empfänglich für eine werbliche
Kommunikation sind,
da sie den Touchpoint mit der Marke willentlich aufgesucht haben und
über den Fokus auf das Geschehen für eine implizite
Markenwahrnehmung offen sind.
12. Indem Marke und (Begegnungs-)Raum
zu einer Einheit verschmelzen, lassen
sich Erlebnisse in diesem Raum
unmittelbar auf die Marke übertragen;
werden Erlebnisse mit Marken assoziiert.
(Esch, 2014, S. 15)
13. Je stärker die Technologie in der medienvermittelten Kommunikation
ein „Eintauchen“ der Nutzer in eine Markenwelt unterstützt,
um so näher sich die Nutzer dem
visualisierten Geschehen
wähnen,
umso „echter“ und intensiver
wird das daraus resultierende
(Marken-) Erlebnis.
14. 360°-Kameras bilden die Komplexität eines Raums
in der Gesamtsicht in alle Richtungen
und Ebenen ab.
15. Bei einer sphärischen Projektion dieser Inhalte befindet sich der
Zuschauer im Zentrum einer Kugelprojektion.
Im Verlauf des Abspielprozesses kann der Zuschauer dabei den
Projektionsausschnitt frei wählen.
Dabei kann jedoch weder der
Handlungsverlauf beeinflusst noch die
Kameraposition verändert oder mit
Objekten im Darstellungsraum
interagiert werden.
16. In werblichen Kontexten eröffnen sich damit neue
Kommunikationsqualitäten, wenn die Rezipienten von derart
gestalteten Marken- und Produktwelten eines Unternehmens
umschlossen werden.
(Gocht, 2016)
17. Grundlage dafür ist eine (Selbst-)
Wahrnehmung, welche die Personen
vollständig in die Situation eintauchen lässt
und in dem Zeit- und Raumgefühl in einem
„Flow-Erleben“ verschwimmen.
(Csikszentmihalyi, 1985)
18. Im Zentrum steht dabei zum einen das
Präsenzerleben, also das Gefühl „wirklich“
an einem anderen Ort als dem tatsächlichen
zu sein,
sowie zum anderen die
Transportation, die Wahrnehmung in
der virtualisierten Handlung
vollständig aufzugehen.
(Hofer, 2013)
19. Präsenzerleben und Transportation „beschreiben das Phänomen, dass
Mediennutzer während der Rezeption so sehr absorbiert werden bzw.
in das medial Präsentierte eintauchen, dass die Medienvermitteltheit
ihrer Erfahrung in Vergessenheit gerät.“
(Hofer, 2013, S. 279)
20. Präsenzerleben und Transportation setzen auf „attention to
continuities, connectedness and coherence oft the stimulus flow“…
(Singer & Witmer, 1998, S. 226)
…und werden durch individuelle Vorerfahrungen und Interessen
beeinflusst.
21. 360°-Videos werden mit sog. Sphären-, 360°- oder
omnidirektionalen Kameras aufgenommen,
die mit mind. zwei oder mehr (Weitwinkel-)
Objektiven einen Raum in allen Richtungen abbilden.
22. Die Darstellung von 360°-Videos ist grundsätzlich auf annähernd allen
Endgeräten und Geräteklassen möglich; auf Desktop-Computern oder
Notebooks ebenso wie auf Tablet-Rechnern, Smartphones oder Head-
Mounted-Displays.
23. Während bei klassischen Filmformaten die Lenkung der
Aufmerksamkeit des Zuschauers auf einer technischer Ebene durch
Einstellung, Brennweite (absolute Größe und Zoom), Perspektivwahl,
Kamerabewegungen (Schwenk und Fahrt) und Montage getragen wird,
fallen diese Elemente für 360°-Videos weitgehend weg.
24. Zwar lässt sich über die Platzierung der Kamera die Perspektive auf ein
Geschehen zwischen Unter- Normal- und Obersicht vorgeben, aufgrund
der fixen Brennweite der Kamera und freien Wahl des Bildausschnitts in
der späteren Betrachtung ist eine unmittelbare
Aufmerksamkeitslenkung durch die Definition, Größe und Veränderung
eines Bildausschnitts jedoch nicht möglich.
25. Grundsätzlich kann daher zunächst nur entschieden werden, ob sich
ein Geschehen um eine definierte Kameraposition herum entfalten soll
oder ob die Kamera selbst am „Point-of-Action“ montiert ist und sich
die Dynamik einer Handlung im direkten Bezug mit der Kamerafahrt
erschließt.
26. Soll ein Geschehen vor allem um die (360°-)Kamera herum ins Bild
gesetzt werden, spielen die Distanzen zum Aufnahmeort eine zentrale
Rolle.
Mit Ausnahme von Projektionen auf Head-Mounted-Displays (VR-
Brillen), bieten viele 360°-Player zwar eine Zoom-Funktion an.
Allerdings setzt hier die jeweilige Auflösung der Aufnahme
vergleichsweise enge Grenzen, innerhalb derer die Visualisierung sich
noch nicht in erkennbare Pixel ausdifferenziert.
27. Mit 360°-Video lassen sich (Marken-)Welten
kreieren, in denen die Zielgruppe nicht „nur“
mit einem Storytelling konfrontiert wird,
sondern in denen die Nutzerinnen und
Nutzer selbst zu einem Teil der Story werden.
28. Unter „Storytelling“ wird im Kontext von Unternehmenskommunikation
und Marketing im weitesten Sinn das „Verpacken“ einer Botschaft in
einen Handlungsverlauf verstanden.
Setting und Handlung vermitteln zwischen Zielgruppe und Botschaft
während der narrative Kontext gleichermaßen auf das Verständnis wie
die Nachhaltigkeit einzahlen und Viralität befördern soll.
29. „Storytelling hilft uns, den Informationsüberfluss geschickt zu
durchbrechen und attraktive Inhalte („Content“) mit magnetischer und
viraler Wirkung zu entwickeln. Durch Geschichten werden relevante
Botschaften von Rezipienten freiwillig aufgegriffen und weitergereicht.“
(Sammer, 2014, S. 15)
30. In werblichen Kontexten wird unter dem Begriff des
„Storytellings“ die Vermittlung einer Werbebotschaft
in einem narrativen Rahmen verstanden.
Diese Einbettung folgt dabei Mechanismen des
Erzählens, die unabhängig davon, ob eine
Geschichte am Lagerfeuer oder im
digitalen Raum erzählt wird,
funktionieren.
31. Zwar lassen sich beim „(digital) Storytelling“ lineare und non-lineare
Ansätze differenzieren,
(Herbst & Musiolik, 2016, S. 80ff.)
…doch im 360°-Raum ist eine
Aufmerksamkeitslenkung
nur mittelbar möglich.
32. Da eine explizite Benutzerführung in 360°-Videos auf Grund der freien
Wahl des Bildausschnittes nicht möglich ist, stellt sich die Frage nach
einem „Storytelling“, das über eine spezifische Raumgestaltung und
Hinweisreize die Rezipienten implizit „an die Hand nimmt“.
33. Wir haben zwei ausgewählte 360°-Commercials aus dem automotive
Bereich mit je einem linearen und einem non-linearen Ansatz bezüglich
des Rezeptionsverhaltens und der Rezeptionserlebnisses miteinander
verglichen.
(Hebbel-Seeger & Disch, 2019)
37. Würde ich
wiederholen
Würde ich eher
wiederholen
Unentschieden Würde ich eher nicht
wiederholen
Würde ich nicht
wiederholen
15 3 16 15 3 6 6 12 - 4
Ich hatte viel Spaß Ich hatte eher Spaß Unentschieden Ich hatte eher keinen
Spaß
Ich hatte keinen
Spaß
14 7 20 17 3 9 2 6 1 1
BMW VW
Ergebnis der Befragung nach der Rezeption des jeweiligen automotive Commercials; n=40
38. Freiheit in der Wahl des Bildausschnitts befördert Immersion und
Kompetenzerleben…
Es braucht aber ein Framing, damit das Geschehen nicht einer
Beliebigkeit anheim fällt: Warum bin ich hier? Was mache ich hier? Was
ist meine Aufgabe/das Ziel?
Dieses Framing leistet die gut inszenierte Geschichte, in welcher die
Nutzer in immersiven Videos eine aktive Rolle einnehmen.
39. „Storytelling offers the opportunity to talk with your audience,
not at them“
(Laura Holloway; Founder & Chief of „The Storyteller Agency“)
40. Wenn Sie über eine Markenkommunikation mit immersivem Video
nachdenken, orientieren Sie sich zunächst an folgenden Leitfragen:
- Warum sollte meine Story immersiv erlebt werden?
- Wie passen Markenbotschaft und vermitteltes Erlebnis zusammen?
- Wo kann/sollte sich das (Marken-)Erlebnis manifestieren?
- Welche Rolle kommt den Rezipienten im immersiven Video zu?
- Wie muss der Raum beschaffen sein und die Kamera positioniert
werden, damit diese Rolle ausgefüllt werden kann?
44. 1. Bild auf Vorlage zeichnen; Linien als Orientierung nehmen!
2. Bild mit dem Smartphone fotografieren
3. (360°-Player-)App* laden/starten
4. Bild in der App öffnen
5. (Um-)Schauen
6. Ggf. speichern und teilen
* RICOH THETA (iOS/Android)
45. 1. 360°-Kamera auswählen und betreffende App* auf dem eigenen
Smartphone installieren.
2. 360°-Kamera mit dem eigenen Smartphone koppeln.
3. Kurze Sequenzen aufnehmen.
4. Auf dem eigenen Endgerät und ggf. in Kombination mit einem
Cardboard anschauen.
* RICOH THETA Insta 360 ONE (iOS/Android)
47. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ihre Fragen?
Feedback, Folien & Kontakt:
https://speakerscore.com/Video2020
48. Referenzen
Baetzgen, A. (2015). Brand Experience. An jedem Touchpoint auf den Punkt begeistern. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Bauer, H.H., Stokburger, G. & Hammerschmidt, M. (2006). Marketing Performance. Messen – Analysieren – Optimieren. Wiesbaden: GWV
Csikszentmihalyi, M. (1985). Das Flow-Erlebnis. Stuttgart: Klett-Cotta.
Esch, F.R. (2014). Strategie der Markenführung (8. Aufl.). München: Vahlen.
Fischer, M., Hieronimus, F. & Kranz, M. (2002). Markenrelevanz in der Unternehmensführung – Messung, Erklärung und empirische Befunde für B2C Märkte.
Arbeitspapier, Bd. 1. Marketing Centrum Münster und McKinsey.
Florack, A., Scarabis, M. & Primosch, E. (2007). Psychologie der Markenführung. München: Vahlen.
Gocht, P. (2016). 6 Tipps für das Storytelling bei 360°-Filmen. https://www.wuv.de/digital/6_tipps_fuers_storytelling_bei_360_filmen [08.02.2020]
Hebbel-Seeger, A. & Diesch, A. (2019). Pattern while watching 360° videos. On the reception of immersive commercials. Athens Journal of Mass Media and
Communications 5, 1, 35-49.
Hofer, M. (2013). Präsenzerleben und Transportation. In W. Schweiger, & A. Fahr (Hrsg.), Handbuch Medienwirkungsforschung (S. 279-293). Wiesbaden: Springer VS.
Herbst, D.G. & Musiolik, T.H. (2016). Digital Storytelling. Spannende Geschichten für interne Kommunikation, Werbung und PR. Konstanz & München: UVK.
Meffert, H., Burmann, C. & Kirchgeorg, M. (2008). Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung (10. Auflage). Wiesbaden: Gabler.
Sammer, P. (2014). Storytelling. Die Zukunft von PR und Marketing. Beijing, Cambridge, Farnham, Köln, Sebastopol, Tokio: O’reilly.
Schunk, H., Könecke, T. & Rieger, S. (2016), Grundlagen zur Marke und einigen relevanten Trends der Markenführung. In S. Rieger, H. Schunk und T. Könecke (Hrsg.),
Marken und Medien. Führung von Medienmarken und Markeneinführung mit neuen und klassischen Medien (S. 20-34). Wiesbaden: Springer Gabler.
Singer, M.J. & Witmer, B.G. (1998). Measuring Presence in Virtual Environments: A Presence Questionnaire. Presence 7, 3, 225-240.
Slater, M., & Wilbur, S. (1997). A framework for immersive virtual environments (FIVE): Speculations on the role of presence in virtual environments. Presence:
Teleoperators and Virtual Environments 6, 6, 603–616.
Stenger, D. (2012). Virale Markenkommunikation. Einstellungs- und Verhaltenswirkungen viraler Videos. Wiesbaden: Springer Gabler.