Auch im Jahr 2020 steht die Bankenbranche vor großen Herausforderungen. Nicht nur die weiter an Fahrt aufnehmende Digitalisierung und ausufernde Regularien wie das Basel III-Regelwerk oder die Aktiensteuer zwingen Finanzhäuser zu einer ständigen Anpassung an die Marktgegebenheiten. Technologische Neuentwicklungen des Bankensektors bestimmen das Geschehen an den Märkten – von Cashless Pay Systemen bis hin zu Auswirkungen der Industrie 4.0. Während die Nachfrage nach Mobility-on-Demand steigt, sinkt das Interesse an Autokrediten. Zugleich nutzen FinTechs die Digitalisierung geschickt und machen traditionellen Bankhäusern in etlichen Geschäftsfeldern Konkurrenz.
In diesem Whitepaper beleuchtet Hays, wie sich die Banking-Branche entwickelt und wie mit den aktuellen Herausforderungen umgegangen werden kann.
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INHALT
1. Einleitung 3
2. Branchenentwicklung – die Anzahl der Kreditinstitute sinkt 4
2.1 Beschäftigte 4
2.2 Umsatzzahlen 5
3. Herausforderungen 5
3.1 Konkurrenz durch Online-Start-ups 5
3.2 Kurseinbrüche und Sparmaßnahmen 6
3.3 Regularien 6
3.4 Margendruck 7
3.5 Steigende Kosten 7
4. Ausblick auf den Arbeitsmarkt 8
4.1 Kompetenzen für die Zukunft 8
4.2 Lebenslanges Lernen 9
4.3 Recruiting – entscheidend für den unternehmerischen Erfolg 9
5. Quellen 10
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1. EINLEITUNG
Auch im Jahr 2020 steht die Bankenbranche vor großen
Herausforderungen. Nicht nur die weiter Fahrt aufnehmen-
de Digitalisierung und ausufernde Regularien wie das
Basel-III-Regelwerk oder die Aktiensteuer zwingen Finanz-
häuser zu einer ständigen Anpassung an die Markt-
gegebenheiten. Technologische Neuentwicklungen des
Bankensektors bestimmen das Geschehen an den
Märkten – von Cashless-Pay-Systemen bis hin zu Auswir-
kungen der Industrie 4.0.
Während die Nachfrage nach Mobility-on-Demand steigt,
sinkt das Interesse an Autokrediten. Zugleich nutzen Fin-
Techs die Digitalisierung geschickt und machen traditionel-
len Bankhäusern in etlichen Geschäftsfeldern Konkurrenz.
Die Nutzung von Online-Instrumenten
wird künftig weiter zunehmen, wie der
Hays-HR-Report 2020
„Lebenslanges Lernen“ zeigt.
Gerade die Digitalisierung erweist sich dabei für viele
Banken als große Chance in verschiedenen Bereichen:
Verschlankung: Der weltweite Kostendruck treibt die Nut-
zung digitaler Möglichkeiten zur Prozessoptimierung und
Prozessinnovation bei. Zudem lässt sich die eigene Bank
auf diese Weise deutlich moderner und zielgruppenge-
rechter ausrichten.
Digitale Kooperationen: Die Konkurrenz durch innovative
Technologien im Finanzdienstleistungsbereich von Fin-
Techs und in der digitalen Vermögensberatung von Ro-
bo-Advisoren wächst weiter. Die Anbieter von smarten On-
line-Services sind mittlerweile in sämtliche Geschäftsfelder
klassischer Kreditinstitute vorgedrungen.
Doch die Digitalexperten im Finanzsektor sind nicht nur als
Wettbewerber, sondern auch als wertvolle Partner zu be-
greifen. Hier bietet sich die Möglichkeit, durch Know-how-
Transfer neue Geschäftsfelder im Online-Segment zu er-
schließen und verlorene Kunden wiederzugewinnen.
Recruiting: Während sich das Recruiting schon seit Länge-
rem zu einem bedeutenden Teil in den sozialen Netzwer-
ken abspielt, bietet die Digitalisierung auch neue Chancen,
mit Bewerbern in der Bankenbranche in Kontakt zu treten.
Erfahrene Recruiter schöpfen die Möglichkeiten der digita-
len Bewerbersuche voll aus, um junge Digital Natives anzu-
sprechen und für den Banking-Sektor zu gewinnen.
Auch auf das Bankenpersonal haben die
aktuellen Herausforderungen der
Kreditinstitute erhebliche Auswirkungen.
Damit ändern sich die Kompetenzprofile:
Hard Skills: Die geforderten Fachqualifikationen verschie-
ben sich insbesondere in Richtung Digital- und Technik-
Know-how. Besonders stark nachgefragt sind Fachkräfte
mit analytischen Kenntnissen, beispielsweise im Risikoma-
nagement und in der Gesamtbanksteuerung sowie Pro-
duktmanager.
Agilität: Flexibilität und Veränderungsbereitschaft sind
neben einer hohen Lernbereitschaft unabdingbare Eigen-
schaften für geeignete Bewerber. Immerhin stellt der digi-
tale Wandel ständig neue Anforderungen an die Beleg-
schaft. Hier ist der Blick über den Tellerrand hinaus gefragt,
um für den Arbeitsmarkt der Bankenbranche wettbe-
werbsfähig zu bleiben.
Sozialkompetenzen: Die persönliche Kundenberatung in
der Filiale ist nach wie vor eines der wichtigsten Alleinstel-
lungsmerkmale traditioneller Bankhäuser. Fachkräfte im
Bankenbereich müssen jetzt das Zusammenspiel von per-
sönlichem Kundenkontakt in der Filiale und digitalen Hilfs-
mitteln beherrschen.
4. Whitepaper Banking 2020
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Lebenslanges Lernen: Weiterbildung ist wichtiger denn je.
Entsprechend reagieren viele Banken mit eigenen Weiter-
bildungsprogrammen, um das Re- und Upskilling der Be-
legschaft sicherzustellen. Denn mit Voranschreiten der Di-
gitalisierung ändern sich auch Lernarten, -formen und
-angebote. Die Nutzung von Online-Instrumenten wird
künftig weiter zunehmen, wie der Hays-HR-Report 2020
„Lebenslanges Lernen“ zeigt.
2. BRANCHENENTWICKLUNG
Die Anzahl der Kreditinstitute sinkt
Niedrigzinsen, digitale Herausforderungen und weitrei-
chende regulatorische Anforderungen: Der Druck, den die-
se Entwicklungen auf den Finanzsektor bereits in 2016 aus-
übten, hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Das
bekamen Kreditinstitute unterschiedlichster Größe und
Ausrichtung zu spüren: Allein zwischen 2016 und 2018 hat
sich die Gesamtzahl der in Deutschland tätigen Banken um
über 100 reduziert.
Nach dem kontinuierlichen Rückgang der letzten Jahre
zählte Deutschland laut einer Statistik der Deutschen Bun-
desbank in 2018 noch 1.783 Kreditinstitute. Zum Vergleich:
2010 umfasste die Branche noch 2.093 Banken und Spar-
kassen. Ein Ende dieses Trends ist nicht absehbar.
In Zukunft sind insbesondere unter Sparkassen, Volks- und
Raiffeisenbanken weitere Zusammenschlüsse zu erwarten,
auch wenn die Fusion zwischen den Branchenriesen vor-
erst geplatzt ist. Das hat auch Auswirkungen auf die Beleg-
schaft.
2.1 BESCHÄFTIGTE
Die schwindende Zahl der Kreditinstitute in Deutschland
wirkt sich massiv auf die Beschäftigten der Branche aus.
Deren Anzahl schwindet mit dem zahlenmäßigen Rück-
gang der Kreditinstitute und dem Voranschreiten der Digi-
talisierung ebenfalls: Während deutsche Banken in 2016
nach Angaben des Arbeitgeberverbandes des privaten
Bankgewerbes noch 609.100 Mitarbeiter zählten, reduzier-
te sich deren Anzahl binnen zwei Jahren auf 571.700; ein
Rückgang von 37.400 Beschäftigten.
2010 arbeiteten dagegen noch 657.700 Menschen im Kre-
ditgewerbe. Ein Rückgang der Beschäftigtenzahl ist bei
allen Bankengruppen zu verzeichnen. Besonders stark
wirkte sich zwischen 2016 und 2018 der fusionsbedingte
Stellenabbau bei den Sparkassen auf die Branche aus. Im
entsprechenden Zeitraum sank allein die Zahl der Sparkas-
senmitarbeiter um 15.100.
Insbesondere bei Geschäftsbanken ist zukünftig neben ei-
ner natürlichen Fluktuation auch mit einem aktiven Perso-
nalabbau zu rechnen. Finanzkreisen zufolge plant die
Deutsche Bank über die nächsten Jahre bis zu 6.000 Ar-
beitsplätze abzubauen. Besonders betroffen ist dabei das
Privatkundengeschäft. Weltweit sollen bis 2022 sogar rund
18.000 Stellen abgebaut werden. Dabei sollen moderne
IT-Systeme Arbeitsplätze in der Informationstechnik und
Prozesse im Abwicklungsbereich verschlanken – wie etwa
in der Kreditbearbeitung. Vorstandschef Christian Sewing
strebt mit diesen Maßnahmen Kosteneinsparungen in Mil-
liardenhöhe an.
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2.2 UMSATZZAHLEN
Doch wie verhält es sich mit den Umsätzen in Zukunft?
Laut der Deutschen Bundesbank konnten die 1.783 Kredit-
institute in Deutschland im Jahr 2018 bei einer Bilanzsum-
me von 8.360 Milliarden Euro einen Umsatz von 27,2 Milli-
arden Euro und einen Gewinn von 12,2 Milliarden Euro
verzeichnen. In 2019 sank die Bilanzsumme um 91 Milliar-
den Euro. Branchenexperten gehen derzeit davon aus,
dass die Umsätze der Zentralbanken und Kreditinstitute in
Deutschland bis 2023 weitestgehend stabil bei 27,2 bis 27,3
Milliarden Euro bleiben.
3. HERAUSFORDERUNGEN
Die Kreditwirtschaft sieht sich auch im Jahr 2020 mit ge-
waltigen Herausforderungen konfrontiert. So muss die
Bankenbranche zum Beispiel ständig neue Regularien zur
Datensicherheit umsetzen und dem Verbraucher möglichst
effizient dabei helfen, bürokratische Hürden zu umschiffen.
Margen- und Kostendruck steigen, die Konkurrenz durch
digitale Start-ups wächst. Diese Umstände fordern Kredit-
institute zum Handeln und Finden innovativer Lösungswe-
ge auf.
3.1 KONKURRENZ DURCH
ONLINE-START-UPS
Die Digitalisierung wirkt sich nicht nur massiv auf die inter-
nen Prozesse der Kreditinstitute aus. Sie erleichtert auch
FinTechs den Marktzugang, die mit ihren Leistungen zu-
nehmend in Konkurrenz zu klassischen Banken treten. Das
Besondere: Das Gros der Start-ups im Finanzbereich setzt
auf schlanke Strukturen und bietet entsprechende Leistun-
gen ausschließlich online an. Von der Kontoführung über
die Kreditvermittlung bis hin zur computergestützten Ver-
mögensberatung können Bankkunden heute nahezu jede
Leistung aus dem Banking-Bereich von einem FinTech in
Anspruch nehmen.
Doch der Vormarsch der FinTechs bietet Banken zugleich
die Möglichkeit, von den Start-ups zu lernen und sich wich-
tige Innovationen zu eigen zu machen. So ist es kein Zufall,
dass hinter bevestor, einem Robo-Advisor zur digitalen
Vermögensanlage und -verwaltung, die DekaBank steht.
Das Tool zur digitalen Vermögensverwaltung vereint alle
Punkte, die für innovative Online-Lösungen von FinTechs
charakteristisch sind: Benutzerfreundlichkeit, vielfältige
Funktionen, digitales Konzept und schlankes Design. Nicht
ohne Grund nimmt die digitale Vermögensverwaltung der
DekaBank auf dem Markt der Robo-Advisoren heute eine
führende Rolle ein.
Doch es ist längst nicht immer
notwendig, gleich ein eigenes Finanz-
Start-up auf die Beine zu stellen.
Die Innovationskraft von Online-Start-ups lässt sich von
Banken auch über frühe Beteiligungen nutzen. So könnte
die Konkurrenz durch FinTechs den etablierten Banken
langfristig sogar nützen. Kreditinstituten, die durch Über-
nahmen Know-how anhäufen oder – angeregt durch die
FinTech-Konkurrenz – eigene digitale Geschäftsmodelle
entwickeln, kann eine zeitgemäße Ausrichtung gelingen.
Mit einer Stammkundenbasis im Rücken wird die vermeint-
lich alte Garde auf diese Weise umgekehrt schnell zur Ge-
fahr für FinTechs mit überschaubarem Kapital und ver-
gleichsweise kleinem Kundenstamm.
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Dass eine Vielzahl der Banken die Zeichen der Zeit erkannt
hat, wird auch deutlich durch einen neuen Rekord bei der
Investitionsbereitschaft deutscher Banken und FinTechs
(PwC Fintech-Kooperationsradar).
3.2 KURSEINBRÜCHE UND
SPARMASSNAHMEN
Die Bankenbranche steht wie kaum eine zweite für den
Globalisierungsgrad der westlichen Welt. So können glo-
bale Krisen massive Auswirkungen auf große Bankhäuser
haben. Unvergessen ist die Finanzkrise 2007/2008, die
gleich mehrere Länder dazu veranlasste, die Existenz gro-
ßer Kreditinstitute durch staatliches Kapital zu sichern. Der
Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im
Zuge der Krise steht heute geradezu sinnbildlich für die
Anfälligkeit von Großbanken gegenüber globalen wirt-
schaftlichen Verwerfungen.
Dabei ist es ganz gleich, ob diese durch Spekulationsbla-
sen, politische Entscheidungen oder sonstige Faktoren
ausgelöst werden. Die Coronakrise 2020 etwa hat nicht
nur massive Auswirkungen auf die weltweiten Börsen. Sie
treibt auch den Risikoaufschlag in die Höhe, den Banken
zahlen müssen, wenn sie sich bei anderen Kreditinstituten
Geld leihen möchten.
Ganz gleich, wie hoch der anfängliche Eigenkapitalanteil
von Banken auch sein mag: Um für globale Krisensituatio-
nen gerüstet zu sein bzw. nach überstandener Rezession
weiter zukunftsfähig zu bleiben, sind weitreichende Spar-
maßnahmen in der Regel das effektivste Mittel. Zumal die
Eigenkapitalrendite der Kreditinstitute oft verhältnismäßig
gering ausfällt. Eine entsprechende Verschlankung bietet
Finanzunternehmen zudem die Chance, sich modern und
zielgruppengerecht zu präsentieren.
Kreditinstitute, die hier gezielt ansetzen, haben die Mög-
lichkeit, die Kundenperspektive in den Fokus zu rücken.
Immerhin liegt der erste Berührungspunkt vieler Kunden
mit Banking-Dienstleistungen längst nicht mehr in der
Bankfiliale. Eine datengestützte Prozessoptimierung er-
möglicht es auch großen Banken, künftig näher beim Kun-
den zu sein. Stärkere Kooperationen mit Partnern wie
FinTechs oder Plattformintegrationen – etwa von Social
Media – sind hierfür wirksame Instrumente. Allerdings
müssen für eine solche Verschlankung und Erneuerung un-
bedingt die eigenen Mitarbeiter mit an Bord geholt wer-
den. So ist es in diesem Zusammenhang eine der größten
Aufgaben von Banken, das Prozessverständnis ihrer Mitar-
beiter zu stärken.
3.3 REGULARIEN
Seit der Finanzkrise werden Banken mit einer Vielzahl an
Regularien konfrontiert. Zur Umsetzung des Basel-III-Re-
gelwerks haben die Kreditinstitute laut eines Beschlusses
der Bankenaufsicht vom März 2020 wegen der Coronakri-
se nun ein Jahr länger Zeit – und damit bis zum 1. Januar
2023. Die Finanztransaktionssteuer, also Aktiensteuer, soll
jedoch in 2021 kommen. Gerade beim Thema Datensicher-
heit müssen viele staatliche Vorgaben beachtet werden.
Laut der Cofinpro-Studie „Innovationen und Trends 2020“
sehen 65 Prozent der befragten Finanzexperten und Füh-
rungskräfte die Umsetzung der regulatorischen Auflagen
als größte Herausforderung.
Angesichts der langen Liste an Regularien ist es für Banken
umso wichtiger, effiziente Prozesse für deren Umsetzung
zu entwickeln. Auch hier kommt Bankmitarbeitern eine es-
senzielle Rolle zu. Sie sind es, die sich technisches Know-
how und Methodenkompetenz aneignen müssen, um neue
Regularien möglichst schnell und effizient umsetzen zu
können. Insbesondere Weiterbildungen in den Bereichen
IT und Prozessmanagement stehen daher hoch im Kurs.
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3.4 MARGENDRUCK
Während die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase für
Verbraucher ein Ärgernis ist, stellt die Zinspolitik der Euro-
päischen Zentralbank (EZB) Banken vor eine gewaltige
Herausforderung. Kreditinstitute, die Geld bei der EZB par-
ken möchten, müssen nach wie vor hohe Strafzinsen zah-
len. Das schlägt sich unmittelbar auf das Geschäft des Kre-
ditgewerbes nieder – und führt auch aktuell zu einem
starken Margendruck. Insbesondere Sparkassen werden
durch diese Entwicklung massiv in ihrem Geschäftsmodell
bedroht.
Da ein Ende der Niedrigzinspolitik noch immer nicht abzu-
sehen ist, wächst der Druck, nachhaltige Lösungen zu fin-
den. Vielversprechend scheint auch hier die Investition in
Digitalkonzepte und moderne Technologie. Abstriche beim
Serviceangebot sind dagegen nur bedingt empfehlens-
wert. Bankhäuser, die beim eigenen Personal allzu groß-
zügig den Rotstift ansetzen, laufen Gefahr, die Servicequa-
lität maßgeblich zu verschlechtern. Banken, die Kunden
keinen persönlichen Ansprechpartner mehr zur Verfügung
stellen können, opfern zudem eines ihrer wichtigsten Al-
leinstellungsmerkmale, das sie noch positiv von der Kon-
kurrenz der FinTechs abhebt. Das gilt im Privatkunden-
ebenso wie im Firmenkundengeschäft.
3.5 STEIGENDE KOSTEN
Deutsche Banken kämpfen seit Jahren mit einer zu gerin-
gen Eigenkapitalrendite. Nur jede siebte Bank verdiente
zuletzt ihre Eigenkapitalkosten, wie eine Analyse zur Ent-
wicklung der deutschen Kreditinstitute von Bain Compa-
ny herausfand.
Die Zinsüberschüsse können sich aktuell dem Einfluss der
Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank nicht entzie-
hen. Zudem spitzt sich die Ertragssituation seit 2018 auf-
grund eines deutlich rückläufigen Handelsergebnisses wei-
ter zu. Dies führte dazu, dass deutsche Banken mit ihren
ohnehin kostenintensiven Geschäftsmodellen zusätzlich
unter Druck gerieten.
Ursache dafür waren steigende Aufwendungen – vor allem
für Digitalisierung – und verschärfte Regulierungen, wo-
durch sämtliche Sparanstrengungen konterkariert wurden
(Walter Sinn und Sebastian Thoben).
Neben der geringen Eigenkapitalrendite und den Kosten
der Regulierung sorgt auch der starke Wettbewerb dafür,
dass Banken immer häufiger kreative Wege suchen, um
dem Kostendruck zu begegnen.
Bestes Beispiel: die Kooperation zwischen Instituten von
Volksbanken und Sparkassen. Vorreiter sind hier die Frank-
furter Volksbank und die Taunus Sparkasse, die an insge-
samt 50 Standorten ihre Geschäftsstellen zusammenlegen
wollen.
Dabei sollen Volksbank- und Sparkassenkunden an unter-
schiedlichen Tagen betreut werden. Auf diese Weise spa-
ren beide Institute beim Betreiben der teuren Filialen und
bedienen zugleich das Bedürfnis der Kunden nach einem
persönlichen Berater vor Ort.
Einen Personalabbau soll die Zusammenlegung der Filia-
len nicht zur Folge haben. Vielmehr könnten nun offene
Stellen mit Mitarbeitern besetzt werden, die bislang in Fi-
lialen gearbeitet haben, die nun abgebaut werden.
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4. AUSBLICK AUF DEN
ARBEITSMARKT
Während die Zahl der Angestellten im Banking sinkt, sind
qualifizierte Fachkräfte nach wie vor begehrt. Zwar zeigt
ein Blick auf den Hays-Fachkräfteindex, dass die Nachfrage
immer von konjunkturellen Schwankungen geprägt ist,
dennoch sind Finanzspezialisten in den letzten Jahren zu-
nehmend gefragter als noch vor ein paar Jahren.
Banken brauchen weniger Mitarbeiter,
aber mehr Spezialisten.
Während die Zahl der neu ausgeschriebenen Stellen im
Bankgewerbe auf vergleichbarem Niveau bleibt, haben
sich die Kompetenzprofile in den letzten Jahren drama-
tisch geändert.
4.1 KOMPETENZEN FÜR DIE ZUKUNFT
Im Zuge der Digitalisierung sind Mitarbeiter heiß begehrt,
die Kompetenzen rund um den Berührungspunkt von
Bankgeschäft und IT mitbringen – und damit in der Lage
sind, neue digitale Prozesse mitzugestalten. Gefragt sind
aktuell vor allem Fachkräfte im Risikomanagement und in
der Gesamtbanksteuerung sowie Produktmanager mit
analytischen Fähigkeiten.
Doch der digitale Wandel rückt zunehmend auch Soft
Skills in den Fokus der Recruiter. Immerhin geht die Filiale
der Zukunft Hand in Hand mit Angeboten auf Online- und
Mobile-Kanälen – und nimmt in diesem Zusammenhang
eine bedeutende Rolle ein. Durch die Verbreitung digitaler
Kanäle und die Konkurrenz von Online-Start-ups gibt es
jetzt informationstechnisch Alternativen zum persönlichen
Kundenservice.
Wer jetzt in die Filiale kommt, möchte über finanzkritische
Themen wie Hypotheken und Vermögensverwaltung fun-
diert und individuell beraten werden – immerhin hätte er
sein Anliegen sonst online via Bots klären können. Mit Blick
auf die Konkurrenz durch Start-ups ist der persönliche
Kundenservice damit ein wichtiges Alleinstellungsmerk-
mal von Banken. Weitreichende Sozialkompetenzen der
Filialmitarbeiter werden damit unabdingbar.
Banken benötigen mit der zunehmenden Digitalisierung
des Bankgeschäfts Mitarbeiter mit stärker ausgeprägten,
umfangreicheren Sozialkompetenzen in den Bereichen
Kommunikation, Empathie und Problemlösung. Diese Fä-
higkeiten und Kenntnisse müssen die Banken weiterentwi-
ckeln und ganzheitlich verankern. Denn der eigentliche
Mehrwert für Kunden ergibt sich durch die Fähigkeit der
Mitarbeiter, komplexe Beratung mit einem echten Gespür
für die persönlichen Bedürfnisse der Kunden zu vereinen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Einsatz
von künstlicher Intelligenz. Entsprechende Technologien
sind durchaus in der Lage, Bankmitarbeitern auch im zwi-
schenmenschlichen Bereich in die Hände zu spielen. Je
mehr Daten über das Kundenverhalten – von der Nutzung
des filialeigenen Geldautomaten über das finanzielle Kun-
denprofil bis hin zum Zeitpunkt der Terminanfrage – vor-
liegen, desto detailliertere Handlungsempfehlungen kön-
nen Echtzeit-Datenanalysen den Bankmitarbeitern mit auf
den Weg geben.
Ein technisches Grundverständnis und die Bereitschaft,
sich in digitale Prozesse einzuarbeiten, sind in diesem Zu-
sammenhang essenzielle Anforderungen an Mitarbeiter.
Immerhin liegt es auch in ihrem Aufgabenbereich, Kunden
die digitalen Leistungen ihre Bank näherzubringen.
9. Whitepaper Banking 2020
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4.2 LEBENSLANGES LERNEN
Die digitale Transformation wird die Bankenbranche weiter
prägen. Der (digitale) Wandel wird damit unweigerlich zur
Konstante im Bankgeschäft und fordert auch von den Mit-
arbeitern ein hohes Maß an Flexibilität. „Werden die Füh-
rungskräfte nach den drei wichtigsten Aspekten bei ihrer
Auswahl der Mitarbeiter gefragt, zeigt sich dagegen ein
deutlich differenzierteres Bild. So ist insbesondere die Ver-
änderungs- und Verantwortungsbereitschaft von zentraler
Bedeutung für sie.
Mit anderen Worten: Die Führungskräfte wollen nicht zwin-
gend Mitarbeiter ganz neuen Typs, aber eine stärkere Be-
reitschaft, Veränderungen zuzulassen und sich mit ihren
Fähigkeiten einzubringen“, heißt es bereits in der 2016 von
Pierre Audoin Consultants (PAC) und Hays veröffentlichten
Studie „Banken im digitalen Wandel“.
Eng mit dieser Anforderung verknüpft ist das Thema le-
benslanges Lernen. Über Fort- und Weiterbildungen ver-
sorgen Banken und Sparkassen ihre Mitarbeiter mit dem
notwendigen Wissen. Die Art der Weiterbildung befindet
sich dabei derzeit im Umbruch. Überwiegen derzeit noch
traditionelle Lernmethoden wie Learning on the Job und
Präsenzseminare, sind digitale Lernformate immer leichter
verfügbar – und damit auch attraktiver.
Der Hays-HR-Report 2020
„Lebenslanges Lernen“ sieht Webinare
in fünf Jahren als das am häufigsten
eingesetzte Lerninstrument.
Aber auch virtuelle Austauschformate, Virtual und Aug-
mented Reality dürften eine wesentlich größere Rolle im
künftigen Methodenmix der Lerninstrumente spielen. Der
Anteil externer und interner Präsenzseminare dagegen
wird weiter schwinden. Zusammengefasst heißt es in der
Studie: „Welche Lerninstrumente und Methoden künftig
genutzt werden, wird sich nach Einschätzung der Teilneh-
mer deutlich ändern. Webinare und Lernvideos werden
Präsenzseminare ablösen. Zudem werden virtuelle Forma-
te sprunghaft zunehmen.“ Das Re- und Upskilling der eige-
nen Belegschaft dürfte künftig also primär über digitale
Kanäle erfolgen.
4.3 RECRUITING – ENTSCHEIDEND FÜR
DEN UNTERNEHMERISCHEN ERFOLG
Die Ausbildung eigener Mitarbeiter ist für Kreditinstitute
die zentrale Stellschraube, um Experten mit den notwendi-
gen Kompetenzprofilen aus Hard Skills und Soft Skills
herauszubilden. Aber auch das gezielte Anwerben hoch
qualifizierter Fachkräfte ist – je nach aktuellem Bedarf –
zentraler Bestandteil des Recruiting-Prozesses. Trotz Filial-
abbaus und insgesamt weniger Stellen ist festzuhalten:
Viele Bereiche des Bankgewerbes sind nach wie vor ein
Bewerbermarkt. Das gilt insbesondere im wachsenden
Markt des Private Bankings.
Recruiter können sich daher nicht allein auf klassische In-
serate verlassen, um Bewerber mit den richtigen Kompe-
tenzprofilen zu finden – auch, wenn diesen nach wie vor
eine bedeutende Rolle zukommt. Bevor in den sozialen
Netzwerken um Mitarbeiter geworben wird, gilt es, zu-
nächst den eigenen Webauftritt und die zugehörige Soci-
al-Media-Präsenz auf den neuesten Stand zu bringen. Ins-
besondere junge Digital Natives, deren Kompetenzen für
Recruiter besonders attraktiv sind, werden durch einen
veralteten Webauftritt möglicherweise abgeschreckt.
10. Whitepaper Banking 2020
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Das Einbinden digitaler Instrumente in den Arbeitspro-
zess – von der Online-Bewerbung bis hin zum Bewer-
bungsgespräch via Video-Chat – lässt die eigene Bank da-
gegen auch gegenüber der jungen Generation frisch und
modern aussehen. Praktischer Nebeneffekt: Die Terminab-
stimmung für Video-Gespräche und Co. ist infolge des ge-
ringeren Zeitaufwands in der Regel deutlich unkomplizier-
ter, sodass diese ad hoc durchgeführt werden können.
Das klassische Jobinserat wird im Banking-Bereich aller-
dings zunehmend von vielversprechenderen Recrui-
ting-Maßnahmen verdrängt.
Hoch im Kurs steht die Kandidatenempfehlung von eige-
nen Mitarbeitern. Immerhin wissen die eigenen Angestell-
ten oft am besten, welche potenziellen Mitarbeiter sich
sowohl durch fachliches Know-how auszeichnen als auch
gut ins eigene Team passen würden. Nicht selten findet
sich auf diese Weise bei einer neuen Bank ein seit Jahren
eingespieltes Team zusammen, das in ähnlicher Konstella-
tion bereits bei einem anderen Arbeitgeber tätig war.
Bedenkt man, dass sich laut dem Gallup Engagement In-
dex 2019 deutschlandweit nur 15 Prozent der Angestellten
emotional an ihren Arbeitgeber gebunden fühlen und so-
gar jeder sechste Mitarbeiter bereits innerlich gekündigt
hat, sind Szenarien, in denen sich alte Teams bei einer neu-
en Bank wieder zusammenfinden, nicht unwahrscheinlich.
Vorausgesetzt, das entsprechende Kreditinstitut präsen-
tiert sich als moderner Arbeitgeber, der die Bedürfnisse
der Belegschaft respektiert.
Sie benötigen personelle Unterstützung? Nehmen Sie Kon-
takt mit uns auf – wir beraten Sie gerne persönlich und
zeigen Ihnen individuelle Möglichkeiten auf
5. QUELLEN
Hays-HR-Report 2020 „Lebenslanges Lernen“
Hays-Fachkräfteindex Banking Q4/2019
„Banken im digitalen Wandel“, Hays PAC (2016)
Gallup Engagement Index 2019
„Innovationen und Trends 2020: Sind die Banken fit für die Zu-
kunft?“, eine gemeinsame Studie von Cofinpro, die bank und IT
Finanzmagazin (2020)
„Deutschlands Banken 2019: Erst sanieren, dann konsolidieren“,
Bain Company (2019)
https://bankenverband.de/statistik/banken-deutschland/kredit-
institute-und-bankstellen/
https://bankenverband.de/statistik/banken-deutschland/bilanz-
summe-in-der-deutschen-kreditwirtschaft/
https://bankenverband.de/statistik/banken-deutschland/be-
schaeftigte/
https://www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/digital/fin-
tech-kooperationsradar.html
https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2018/regulie-
rung-umtreibt-bank-ceos-noch-staerker-als-digitalisierung.html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/248114/umfrage/
prognose-zum-umsatz-in-der-finanzdienstleistungsbran-
che-in-deutschland/
https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherun-
gen/sparkurs-deutsche-bank-will-im-privatkundengescha-
e f t - 6 0 0 0 - j o b s - s t re i c h e n /2 5 3 4 8 5 6 0. h t m l ? t i c ke t =
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