2. Was ist Lesen ? - 1
In unserer Gesellschaft scheint das Lesen so
selbstverständlich zu sein, dass kaum einer diese
Frage stellt.
a) Lesen als Kulturtechnik, die tiefes Lesen
voraussetzt, um zu Wissen und Erkenntnis zu
gelangen
b) Lesen zur Informationsverarbeitung und zur
schnellen Aufnahme von Informationen
3. Was ist Lesen ? - 2
Lesen um zu lernen, um Wissen und Erkenntnis
zu erlangen, muss ein tiefes Lesen sein, da
ansonsten wichtige Informationen und Inhalte
nicht vermittelt werden können.
Beim Lesen zur reinen Informationsaufnahme
reicht u.U. ein flüchtiges Überfliegen des Textes,
um wesentliche Informationen zu erhalten.
4. Was ist Lesen ? - 3
Zum tiefen Lesen gehören häufig Denkpausen,
Annotationen, Unterstreichungen und
Hervorhebungen im Text. Durch diese Tätigkeiten
wird das aufgenommene Wissen vertieft und ggf.
in neue Zusammenhänge gestellt.
Das oberflächliche Lesen kommt ohne diese
Tätigkeiten aus, da meist die aufgenommenen
Informationen nicht dazu gedacht sind, langfristig
behalten oder tiefer verarbeitet zu werden.
5. Was ist Lesen ? - 4
Lesen ist von der Natur nicht vorgesehen,
sondern von Menschen als Kulturtechnik erfunden
worden.
Damit das Lesen gut erlernt und nicht wieder
verlernt wird, muss es ein Leben lang trainiert
werden.
6. Was ist Lesen ? - 5
„Wer liest, missbraucht (…) seinen Wahrnehmungsapparat
für eine nicht artgerechte Tätigkeit.“ (Manfred Spitzer, 2006)
Wenn wir Lesenlernen und damit Hirnschaltkreise
besetzen, könnten wir bestimmte aus der
Evolution ererbte Fähigkeiten dafür verlieren. Es
können andere kognitive Funktionen dadurch
negativ beeinflusst werden.
7. Was ist Lesen ? - 6
Es steht nicht eine unendliche Anzahl an
Neuronen zur Verfügung, Die vorhandenen
müssen sich durch Lesenlernen und durch Übung
zu Netzwerken organisieren.
Diese Netzwerke sind angreifbar, da sie von Natur
aus darauf ausgerichtet sind, sich für eine Vielzahl
von Anforderungen umorganisieren zu können.
Und das tun sie auch!
8. Was ist Lesen ? - 7
The Medium is the Message!
Einiges spricht dafür, dass sich beim 'Bespielen'
der Neuronen durch die intensive Nutzung
anderer Medien, diese umorganisieren.
Das Gehirn entwickelt sich von einem “lesenden
Gehirn” zu einem “digitalen Gehirn”.
9. Ein wenig Statistik - 1
Die Zahl der Vielleser (> 50 Bücher im Jahr) liegt 2008
bei 9%.
Die Zahl der Nichtleser nimmt im Zeitraum 2000 – 2008
um 5% auf 25% zu.
Je jünger die Befragten, desto häufiger wird
'häppchenweise' und insgesamt selektiver gelesen.
Mehr als die Hälfte der Deutschen liest wenig (16%),
selten (16%) oder nie (25%) Bücher.
Lesestudie der Stiftung Lesen (1992 – 2008)
10. Ein wenig Statistik - 2
7,5 Mio, bzw. kumuliert 14% der erwerbsfähigen
Menschen in Deutschland gelten als Funktionale
Analphabeten (=Lesen auf den unteren
Kompetenzniveaus).
Rund 31% der untersuchten Personen verfügen
über eine mittlere (18,9%) oder eine höhere
(12,3%) Bildung.
leo-Studie, Uni-Hamburg, 2010
11. Zusammenfassung - 1
„Was könnten wir nicht alles, wenn wir nur nicht lesen
müssten.“ (Ernst Pöppel, 2009)
Das menschliche Gehirn ist nicht für das Lesen
vorgesehen.
Es bedarf einiger Mühe, das Lesen zu erlernen
und eines ausdauernden Trainings, damit eine
höhere Lesekompetenzstufe erreicht werden
kann.
12. Zusammenfassung - 2
Es wird, insbesondere von Jüngeren, zunehmend
selektiv und fragmentiert gelesen.
Von einem großen Teil der Bevölkerung wird das
Lesen regelrecht vermieden.
Mittlere oder höhere Bildung ist keine Garantie für
eine ausreichende Lesekompetenz.
13. Ausblick
Es ist zu erwarten, dass für die
Informationsbeschaffung zunehmend Medien
genutzt werden, deren Nutzung einen geringeren
kognitiven Aufwand bedeuten.
Haben wir das verstanden?
Es sind andere und neue Kompetenzen
erforderlich, damit durch Informationsaufnahme
über neue Medien Wissen generiert werden kann.
Sind wir darauf eingestellt?
14. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Gabriele Fahrenkrog
gabriele.fahrenkrog@gmail.com
15. Literatur
Dehaene, Stanislas: Lesen – Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren
Köpfen passiert, 2010
Uhl, Matthias: Medien-Gehirn-Evolution; Eine transdisziplinäre Medienanthropologie, 2009
Pöppel, Ernst: Was geschieht beim Lesen? In: ApuZ, 43-43, 2009
Lesen in Deutschland 2008 – Eine Studie der Stiftung Lesen, 2009
leo-Studie: http://blogs.epb.uni-hamburg.de/leo/
Spitzer, Manfred: Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens, 2006
Wolf, Maryanne: Das lesende Gehirn: Wie der Mensch zum Lesen kam und was es in unseren
Köpfen bewirkt, 2009