Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Tom Zimmermann: Berater in Kultureinrichtungen
1. D 1.9
Berater in Kultureinrichtungen
Was darf man erwarten? Was sollte man wissen?
Tom Zimmermann
Die Inanspruchnahme externer Unterstützung ist im Kulturbetrieb keine Besonderheit mehr. Neben
den seit langer Zeit genutzten Diensten von Anwaltskanzleien, (Werbe-)Agenturen und Steuerbera-
tern gehen seit einigen Jahren auch Unternehmens- und Kulturberater in den Einrichtungen ein und
aus. Dennoch sind die Erwartungen, die an Berater gestellt werden (dürfen), sowie der Umgang mit
ihnen nicht selten behaftet mit gegenseitigen Berührungsängsten und Unwissenheit, was das Ge-
genüber betrifft. Dies wirkt einem effektiven und nutzenbringenden Beratungsprozess entgegen
und führt dazu, dass Beratungsprozesse mitunter Kapazitäten in den Einrichtungen binden, statt
sie – wie eigentlich gewünscht – zu schaffen. Um Missverständnissen und enttäuschten Erwartun-
gen vorbeugen zu helfen, liefert dieser Beitrag einen Überblick über den Markt und das Wirken von
Kulturberatern und einen praxisorientierten Leitfaden für die Herangehensweise und den pragmati-
schen Umgang mit diesen. Folglich stellt er die Potenziale den Schwierigkeiten und Problemen
einer Beratungstätigkeit im Kulturbetrieb gegenüber. Unterstützend dazu werden wichtige Grund-
sätze und Tipps für die Zusammenarbeit mit Beratern herausgearbeitet, die Kultureinrichtungen als
Hilfe und Begleiter für effektivere Beratungsprozesse dienen und so für mehr Mut zur stärkeren
Miteinbeziehung von externen Unterstützern der eigenen Arbeit sorgen sollen.
Gliederung Seite
1. Beratung im Kulturbetrieb 2
1.1 Was ist ein „Kulturberater“? 2
1.2 Akteure der Kulturberatung 3
1.3 Beratungsfelder 4
2. Hürden auf dem Weg zu erfolgreicher Beratung 5
3. Erfolgsfaktoren für gelungene Beratung 9
3.1 „Welche Art Beratung wird benötigt?“ – Die Beraterauswahl 9
3.2 „Was darf ich von einer Beratung erwarten?“ – Ziel- und Leistungsvereinbarungen 11
3.3 „Wie verbessere ich die Zusammenarbeit?“ – Erwartungen und Ansprüche an
Beraterpersönlichkeiten 12
3.4 „Wie senke ich die innerbetriebliche Skepsis gegenüber Hilfe von außen?“ –
Der Umgang mit Beratungsvorbehalten 13
1
2. D 1.9 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
1. Beratung im Kulturbetrieb
Beratung im Während es in kommerziell ausgerichteten Unternehmen heute kaum
Non-Profit-Bereich? noch etwas Besonderes ist, Unternehmensberatungen bei betrieblichen
Problemen als Hilfestellung einzubinden, ist die Konsultation von
Beratern in nicht-gewinnorientierten Kulturbetrieben ein durchaus
polarisierendes Thema. Denn es ist sowohl auf Beraterseite als auch
auf Seiten der zu beratenden Einrichtungen noch immer mit vielen
Unsicherheiten verbunden.
Zahlreiche Beiträge in diesem Handbuch zeigen auf, dass das unter-
nehmerische Instrumentarium – etwa aus den Bereichen Unterneh-
mensführung, strategisches Management,
Marketing und Controlling – auch auf Kultur-
betriebe angewendet werden kann (bzw. soll-
te). Dennoch darf nicht in gleichem Maße da-
Kulturberatung von ausgegangen werden, dass die Zusam-
menarbeit zwischen Kultureinrichtungen und
„Bei Kulturberatung handelt es sich nicht um Beratern folglich reibungs- und problemlos
Managementberatung im engen Sinne, son- abläuft.
dern es geht vor allem um die Voraussetzung
und Bedingungen von Kulturarbeit. Es geht
auch darum, den Blick zu öffnen … im Einzel- Da aber die Relevanz externer Hilfestellungen
fall um Strukturanalysen, Finanzierungsanaly- steigt, lohnt es sich, das Aktionsfeld und das
sen und konkrete Vorschläge ...“ Beratung von Wesen von Kulturberatung (im Sinne einer
Kulturunternehmen, die sich auf Analyse, Ge- den Besonderheiten, Zielen und Zwängen des
staltung und visionäre Entwicklung kultureller Kulturbetriebs angepassten Unternehmensbe-
Prozesse erstreckt; Effektivierung der Arbeit ratung) eingehender zu betrachten.
stellt einen Bestandteil des Beratungsziels dar.
… Kulturberatung kann man … nicht machen
wie die Beratung von Industrieunternehmen. 1.1 Was ist ein „Kulturberater“?
Das hängt schon damit zusammen, dass man
mit Kulturarbeitern und Künstlern anders um-
gehen muss. Dazu bedarf es einer besonderen Der Begriff „Unternehmensberatung“ kennt
Einstellung und Sprache.“1 keine einheitliche Definition. Das liegt sicher-
lich auch daran, dass es sich beim Begriff des
Unternehmensberaters um keine geschützte
Berufsbezeichnung handelt.2 Einige Aussagen über das Wesen von
Kulturberatung verdeutlichen, dass der Begriff „Kulturberatung“ mehr
beinhaltet als „Unternehmensberatung im Kulturbetrieb“3:
Kenntnisse der Inhalte Die Berücksichtigung und Kenntnis der kulturellen Prozesse spielt
kultureller Arbeit als demnach in der Beratung neben den finanziellen und strukturellen
erste Voraussetzung Fragen eine besonders gewichtige Rolle und zeichnet die Kulturbera-
tung im Vergleich zu „herkömmlicher“ Beratung aus. Dies sollte im
Hinblick auf die spätere Erörterung notwendiger Bedingungen für
erfolgreiche Kulturberatung als erste Grundvoraussetzung festgehalten
werden. Eine definitorische Eingrenzung besagt demnach, dass der
Begriff eine „Kultur-Unternehmensberatung“ bezeichnet, die sich
2
3. Planung und Steuerung D 1.9
Strategie und Entwicklung
nicht nur durch ihr Klientel (nämlich Kultureinrichtungen) von ande-
ren Beratungen unterscheidet, sondern auch besondere Voraussetzun-
gen und Eigenschaften vorweisen zu müssen scheint.
1.2 Akteure der Kulturberatung
Im Vergleich zum Gesamtmarkt für Unternehmensberatung in
Deutschland, der durch statistische Erhebungen durch den Bund Deut-
scher Unternehmensberater e.V. (BDU) problemlos und detailliert
abzubilden ist, gibt es zum Thema „Kulturberatung in Deutschland“
nur wenige Studien und Erhebungen, die verlässliches Zahlenmaterial
liefern können.
Im Rahmen einer Studie wurden 2003 44 Beratungsgesellschaften, 8 Studie aus dem
gemeinnützige Einrichtungen und 15 Studiengänge sowie Institute und Jahr 2003
Bildungsorganisationen, die sich allesamt auf die Beratung verschie-
dener Bereiche und Sparten im Kulturbereich spezialisiert haben, zu
ihrer Arbeit und der Marktsituation für Kulturberatung befragt.
Dieser Studie zufolge lässt sich der Markt für Anbieter von Kulturbe- Große Firmen vs.
ratung vor allem in die Bereiche „große Unternehmensberatungen“ selbstständige Berater
und „freie Kulturberater“ aufteilen. Die großen Unternehmensbera-
tungsgesellschaften übernehmen zumeist die großen strategischen
Projekte und Auftraggeber, während freie Kulturberater und kleine
Kulturberatungsgesellschaften meist auch nur von kleineren und mitt-
leren Institutionen beauftragt werden. Diese Gruppe der freien Kultur-
berater setzt sich neben ehemaligen Wirtschaftsberatern, die sich in
der Nische Kulturberatung selbstständig machen, aus Absolventen der
geisteswissenschaftlichen Studiengänge sowie denen des Kulturmana-
gements zusammen und wird ergänzt durch ehemalige Dezernenten
und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die in der Kulturberatung
ein neues Aufgabenfeld suchen.
„Generell schätzen die befragten Unternehmen den Markt als schlecht
definiert, stark fragmentiert sowie sehr eng und begrenzt ein. Trotz der
derzeitigen ‚Beraterschwemme‘ ist er allerdings noch relativ über-
sichtlich. Als enger Kern der Kulturberaterszene werden ca. 20–25
Berater und Unternehmen genannt, wobei 1–2 als ‚Marktführer‘ (Grö-
ße, Aufträge) angesehen werden können.“4
Verlässliche Zahlen über die Verteilung der verschiedenen Aufträge Große Strategien –
zwischen den beiden genannten Gruppen existieren nicht. Die befrag- große Unternehmen
ten Experten und Literaturquellen weisen in diesem Zusammenhang
darauf hin, dass in vielen Fällen der Ursprung und die angestrebte
Zielrichtung des Beratungsauftrages entscheidend für die Wahl der
Beratung seien. So würden Aufträge aus der Politik, deren Ziele im
Vorfeld vorgegeben würden und die tiefgreifende (und kostenrelevan-
te) Entscheidungen und Maßnahmen nach sich ziehen (wie z.B. Wirt-
3
4. D 1.9 Planung und Steuerung
Strategie und Entwicklung
schaftlichkeit öffentlicher Kulturinstitutionen), vermehrt an große
Strategieberatungen vergeben,5 während operative Aufträge kleineren
Umfangs zumeist von kleineren Beratungsgesellschaften übernommen
würden.
Als Gründe für die Auswahl großer Beratungsgesellschaften von Sei-
ten der Politik wird unter anderem die mit großen Beratungen assozi-
ierte Neutralität und Objektivität genannt, die es der Politikebene er-
leichtere, bereits feststehende Entscheidungen durchzusetzen, wenn
dabei auf Gutachten renommierter Beratungsunternehmen verwiesen
werden könne.6
1.3 Beratungsfelder
Breite Leistungspalette So unklar, wie der Begriff der Kulturberatung definiert ist, ist auch die
Leistungspalette von Kulturberatung. Sie ist einem steten Wandel
ausgesetzt und von Anbieter zu Anbieter höchst unterschiedlich. Um
sich ein Bild davon zu machen, welche Dienstleistungen Kulturein-
richtungen bei Beratungsunternehmen in Auftrag geben können, ist es
hilfreich, sich durch eine erste Internetrecherche auf den Websites der
Berater über deren Leistungsangebote zu informieren. In vielen Fällen
findet man im Netz auch von der Beratung zusammengefasste Ergeb-
nisse und Beratungsansätze aus – natürlich streng anonymisierten –
Referenzprojekten und Fallstudien. Diese können als erste Orientie-
rung bereits so manche Frage über mögliche Beratungsinhalte beant-
worten.
Stefan Shaw nimmt eine Kategorisierung der gängigsten von Kultur-
beratern angebotenen Beratungsleistungen vor. Er unterscheidet zwi-
schen zehn Hauptfeldern, die wie folgt nach Umfang der Aufträge
sortiert aufgeführt sind:7
1. Wirtschafts- und Organisationsberatung: Auswahl und Veränderung
von Trägerschaftsformen (20 %)
2. Politikberatung: Auftragsforschung (17 %)
3. Kulturentwicklungsplanung; regionale Kulturkonzeption (16 %)
4. Konzipierung und Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen
im Kulturbereich (14 %)
5. Beratung bei Konzeption, Zielbestimmung und Organisationsent-
wicklung in Vereinen und Verbänden (11 %)
6. Beratung bei der Umstrukturierung von Kulturverwaltungen im
Rahmen neuer Steuerungsmodelle8 (10 %)
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