Medikamenten-Nonadhärenz bei Adoleszenten nach Herztransplantation, Yvonne Liebert-Keller, BScN, MScN cand.
1. Medikamenten-Nonadhärenz bei
Adoleszenten
nach Herztransplantation
Vortrag zur Fachtagung für Kinderkrankenpflege
Tübingen, 19.09.2014
Yvonne Liebert-Keller, BScN, MScN cand.
2. Medikamenten-Nonadhärenz, Y. Liebert-Keller, 19.09.2014 2
Inhalt des Vortrags
1. Einleitung ins Thema
2. Fragestellung
3. Adhärenz
4. Adoleszenz
5. Studien
6. Resultate
7. Diskussion
8. Schlussfolgerungen
9. Literatur
10.Wie weiter?
11.Fragen aus dem Publikum
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1. Einleitung ins Thema
Ergebnisse der Bachelorarbeit, die 2012 an der Kalaidos
Fachhochschule Gesundheit in Zürich verfasst wurde.
Grosse Entwicklung im Bereich der Kinderkardiologie:
– Möglichkeit der Herz-Transplantation ist vorhanden
Auswirkungen:
–Chronischer Zustand mit lebenslanger Betreuung
– Strikte Adhärenz im Nachbetreuungsprogramm:
– Ernährung, Hygiene, Medikamente, Klinik-Termine
Jugendliche sind besonders gefährdet für Nonadhärenz
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2. Fragestellung
Was sind Risikofaktoren für Medikamenten-Nonadhärenz bei
Adoleszenten nach Herztransplantation?
Welche Interventionen zur Verbesserung der Medikamenten-
Adhärenz gibt es?
Ziel der Literaturrecherche:
– Besseres Verständnis für das Thema Medikamenteneinnahme
– Angepasste Medikamentenschulung
–Steigerung der Medikamenten-Adhärenz von Jugendlichen
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3. Adhärenz
Compliance versus Adhärenz
Adhärenz-Definition: partnerschaftliches Aushandeln zwischen
Patient und Gesundheitspersonal
3 Arten von Nonadhärenz:
– Rezept nicht einlösen, keine Medikamente nehmen
– Kein Nachfolgerezept einfordern, Medikamente unregelmässig
nehmen
– Medikamente vorhanden, werden falsch
oder unregelmässig genommen
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Adhärenz:
– Patient ist nicht allein verantwortlich
6. 3. Adhärenz
Kontrolle der Adhärenz:
– Direkte Messungen (Medikamenten-Blutspiegel)
– Indirekte Messungen (Tablettenzählsystem, PatientInnen fragen,
elektronisches Monitoring)
Wann ist die Adhärenz gut?
–Wenn es keine gesundheitlichen Schäden gibt
Adhärenz ist ein dynamischer Prozess!
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7. 4. Adoleszenz
Dauer der Adoleszenz: 11. – 21. Lebensjahr
Wichtige Merkmale:
– Identitätssuche
– Treffen mit Freunden (Peers)
– Ablösung vom Elternhaus
– Ausgeprägter Freiheitsdrang
– Verschiedene Rollen ausleben
– Risikoreiches Verhalten zeigen
– Forderungen von Eltern und Autoritätspersonen in Frage stellen
Fazit: Strikte Medikamenten-Adhärenz verträgt sich schlecht mit der
Adoleszenz!
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8. 5. Studien
10 Studien aus den Jahren 2005 – 2011 wurden gefunden.
Einschlusskriterien:
– Adoleszente, bei denen eine Herztransplantation durchgeführt
wurde
– Studien, die Gründe für Medikamenten-Nonadhärenz und/oder
Interventionen zur Verbesserung der Adhärenz beschreiben
Wenig Literatur vorhanden im Bereich Herztransplantation von
Jugendlichen
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9. 6. Resultate
Die Nonadhärenzraten sind in den Studien je nach Messmethode sehr
unterschiedlich. Sie reichen von 5 – 69 Prozent.
Zusammenhänge wurden gefunden zwischen:
–Nonadhärenz und Abstossung des Transplantats
–Adhärenzrate und persönlicher Reife
– Adhärenzrate und Informationsstand bezüglich Medikamente
– Adhärenzrate und der Dauer seit Transplantation
Keine Zusammenhänge wurden gefunden zwischen:
– Adhärenzrate und Geschlecht
– Adhärenzrate und Gefühlszustand
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10. 7. Diskussion
Forschung in vier Bereichen:
1. Beurteilung und Bewertung von Nonadhärenz
2. Nonadhärenzraten
3. Risikofaktoren für eine Nonadhärenz
4. Interventionen zur Verbesserung der Adhärenz
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11. 7. Diskussion
1. Beurteilung und Bewertung von Nonadhärenz:
– Es gibt keine einheitlichen Richtlinien, ab wann von Nonadhärenz gesprochen wird.
– Unklar ist, wie die Adhärenz gemessen werden soll.
– Es zeigt sich, dass keine Methode der anderen überlegen ist.
– Sinnvoll ist, mehrere Methoden zu kombinieren.
Ein Vergleich von Adhärenzraten der verschiedenen Studien ist nicht möglich.
2. Nonadhärenzraten:
– Es wurden verschiedene Methoden angewandt, um eine Nonadhärenz zu messen.
– Die Messungen erfolgten einmalig oder über einen längeren Zeitraum.
– Wenn mehrmals gemessen wurde, waren die Nonadhärenzraten höher.
– Blutspiegel-Messungen zeigten tiefere Nonadhärenzwerte als Daten aus Interviews
oder Fragebogen.
Man hat keine gesicherten Werte, wie hoch die durchschnittliche Nonadhärenz
bei Jugendlichen wirklich ist.
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12. 7. Diskussion
3. Risikofaktoren für Nonadhärenz:
– Medikamenten-Nebenwirkungen
– Probleme beim Medikamente schlucken
– Vergesslichkeit
– Drogen- und Alkoholkonsum
– Wenig Unterstützung durch die Familie
– Psychische Probleme
4. Interventionen zur Verbesserung der Adhärenz:
– Es gibt kaum Forschung zu Interventionen zur Verbesserung der Adhärenz
– Wenn Interventionen angeboten wurden, dann v.a. im edukativen Bereich
– Erfolgte Interventionen wurden nicht auf Effekte untersucht
Forscher denken, dass Interventionen nützlich sein können, wenn sie in mehreren
Bereichen und über einen langen Zeitraum angeboten würden. Hilfreich können
auch moderne Kommunikationsmittel wie Handy oder Computer sein.
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13. 8. Schlussfolgerungen
1. Schlussfolgerungen für die Forschung:
– Die Pflegeforschung steckt noch in den Kinderschuhen.
– Es braucht weitere Studien im Bereich Herztransplantation bei
Jugendlichen.
–Nötig ist ein weltweiter Konsens, was Nonadhärenz ist und wie
sie gemessen wird.
– Es müssen verschiedene Interventionen angeboten werden,
die anschliessend auf Effekte überprüft werden.
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14. 8. Schlussfolgerungen
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2. Schlussfolgerungen für die Praxis:
– In der Pädiatrie soll der Fokus der Betreuung bei der Medikamenteneinnahme auf
die Jugendlichen gelegt werden, weil sie die höchste Nonadhärenz aufweisen.
– Jugendliche und ihre Eltern müssen gut über die Wirkungen und Nebenwirkungen
der Medikamente informiert werden.
– Die Verantwortlichkeit beim Medikamentenmanagement ist zu klären.
– Es soll gefragt werden, ob das Medikamente schlucken Probleme bereitet.
– Die Medikamente sollen auf möglichst wenig Zeiten pro Tag verteilt werden.
– Die Jugendlichen sollen sich Erinnerungshilfen schaffen (Handy, Wecker stellen).
– Jugendliche brauchen auch zu Hause Unterstützung durch die Klinik.
– Jugendliche sollen gefragt werden, ob Medikamenten-Adhärenz ein Problem ist.
15. 8. Schlussfolgerungen
Eine Herztransplantation ist mehr als ein akutes Ereignis.
Sie muss als eine chronische Erkrankung angesehen und
behandelt werden.
Transplantierte Jugendliche benötigen eine lebenslange
Betreuung und sollen mit ihren Erfahrungen, Problemen
und Ängsten im Mittelpunkt der Behandlung stehen!
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16. 9. Literatur
– De Bleser L., Matteson M., Dobbels F., Russell C. & De Geest S. (2009). Interventions to improve medication-adherence
after transplantation: a systematic review. European Society for Organ Transplantion , 22, 780-797
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children and adolescents with chronic illness. Arch Dis Child, Sep, 95(9), 717-723
– Dew M. et al. (2009). Meta-Analysis of medical regimen adherence outcomes in pediatric solid organ transplantation.
Transplantation 15; 88(5), 736-746
– Dobbels F., Van Damme-Lombaert, R., Vanhaecke, J. & De Geest, S. (2005) Growing pains: Non-adherence with
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– Fine et al. (2009). Nonadherence Consensus Conference Summary Report. American Journal of Transplantation, 9,
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– Flammer A. & Alsaker F. (2002). Entwicklungspsychologie der Adoleszenz: Die Erschliessung innerer und äusserer
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– Kaufman M., Shemesh, E. & Benton, T. (2010). The adolescent transplant recipient. Pediatr Clin N Am 57, 575-592
– La Rosa C., Baluarte H. & Meyers K. (2011). Outcomes in pediatric solid-organ transplantation, Pediatric
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Hochschule Mittweida: GRIN-Verlag
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17. 9. Literatur
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adolescents and their issues, Progress in Transplantation. Vol.16, No.4, 317-323
– Muuss R. (1996). Theories of Adolescence, Sixth Edition, New York: Mc Graw-Hill Publishers
– Peissker M. (2006). Der Einfluss der Peer Group auf die Ich-Identität des Jugendlichen in der Phase der Adoleszenz,
Studienarbeit, Berufsakademie Gera: GRIN-Verlag
– Polit D., Beck C. & Hungler B. (2010). Lehrbuch Pflegeforschung: Methodik, Beurteilung und Anwendung. Bern:
Hans Huber Verlag
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– Shellmer D., Dabbs A. & Dew M. (2011). Medical adherence in pediatric organ transplantation: what are the next
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– Shemesh E. & Fine R. (2010). Is calculating the standard deviation of tacrolimus blood levels the new gold standard
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– Simons L., Mc Cormick M., Mee L. & Blount R. (2009). Parent and patient perspectives on barriers to medication
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– Simons L. et al. (2009). Multidimensional Adherence Classification System: Initial development with adolescent
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– Stilley C. et al. (2006). Maturity and adherence in adolescent and young adult heart recipients. Pediatric
Transplantation, 10, 323-330
– Wray J., Waters S., Radley-Smith R. & Sensky T. (2006). Adherence in adolescents and young adults following heart
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18. 10. Wie weiter?
Masterstudium:
– Interviews mit herzkranken Jugendlichen von 11-17 Jahren, die
täglich Medikamente einnehmen müssen
Thema der Befragungen:
– Wie erleben Jugendliche mit einer chronischen Herzerkrankung
die Medikamenteneinnahme und welche Anforderungen erfahren
sie diesbezüglich?
– Wie gehen sie mit den aus der Medikamenteneinnahme
entstehenden Anforderungen um?
Auswertung der Interviews:
– Qualitative Datenauswertung
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