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Psychosoziale Beratung und Begleitung
von schwangeren Frauen und Paaren
im Kontext von Pränataldiagnostik
-Pilotprojekt im Landkreis Emsland-
Jahresbericht 2012
3. Projektjahr
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
1. GESETZLICHE REGELUNGEN ZUR PSYCHOSOZIALEN BERATUNG BEI
PRÄNATALDIAGNOSTIK 4
2. METHODEN DER PRÄNATALDIAGNOSTIK 5
3. PSYCHOSOZIALE BERATUNG IN DER PRÄNATALDIAGNOSTIK 9
3.1 Psychosoziale Beratung - Grundverständnis 9
3.2 Psychosoziale Beratung im Kontext von PND - Was kann sie leisten? 10
4. ARBEITSSCHWERPUNKTE IM DRITTEN PROJEKTJAHR 12
4.1 Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und niedergelassenen
Gynäkologinnen/Gynäkologen 12
4.2 Kooperation und Vernetzung 18
4.3 Inanspruchnahme der psychosozialen Beratung 20
4.4 Öffentlichkeitsarbeit 22
4.4.1 Pressearbeit 22
4.4.2 Veranstaltungen/Aktionen 26
5. ZUSAMMENFASSENDE ERGEBNISSE UND WEITERFÜHRENDE
SCHLUSSFOLGERUNGEN 32
6. FRAGESTELLUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN FÜR EINE
WEITERFÜHRUNG DES PROJEKTES 36
Anhang 40
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Vorbemerkung
2010 wurde beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) e.V. Meppen-Emsland Mitte,
nachfolgend SkF Meppen, zunächst befristet für die Dauer von drei Jahren, im Emsland
ein Pilotprojekt „Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und
Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik“ eingerichtet.
Die gesetzlichen Änderungen sowohl im Schwangerschaftskonfliktgesetz als auch im
Gendiagnostikgesetz und die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der vorgeburtlichen
Untersuchungen haben den SkF Meppen und den Caritasverband für die Diözese
Osnabrück e.V. dazu veranlasst, dieses Projekt durchzuführen.
Ein wichtiges Ziel des Projektes ist es, die Zusammenarbeit der Schwangerschafts-
beratungsstellen mit den Krankenhäusern und niedergelassenen Gynäkologinnen und
Gynäkologen im Emsland zu intensivieren und weiter zu entwickeln. Hierdurch soll eine
engere Verbindung von ärztlicher und psychosozialer Beratung erreicht werden, um
Frauen und Paaren bei pränatalen (vorgeburtlichen) Untersuchungen, insbesondere bei
einem auffälligen Befund, eine umfassende Beratung und Betreuung anzubieten, damit sie
in ihren Entscheidungsnöten nicht alleingelassen werden.
Vom Verfahren ist vorgesehen, dass Ärztinnen und Ärzte sich an Heike Veen, die
Projektleiterin und zentrale Ansprechperson, wenden, wenn sie eine Frau/ein Paar in die
vertiefende psychosoziale Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik (PND) vermitteln
möchten. Da die Beratungen in der Regel weiterhin vor Ort angeboten werden sollen,
koordiniert Heike Veen ein Beratungsgespräch mit den anderen
Schwangerschaftsberatungsstellen des Sozialdienstes katholischer Frauen und des
Caritasverbandes.
Im ersten Jahr lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Bekanntmachung des Pilotprojektes
und der persönlichen Kontaktaufnahme zu den Geschäftsführern und Chefärzten der
Gynäkologie und Geburtshilfe in den Krankenhäusern und zu den niedergelassenen
Gynäkologinnen und Gynäkologen. Es wurden Informationsmaterialien erarbeitet, die von
den Ärztinnen und Ärzten an betroffene Frauen und Paare weitergegeben werden können.
Während des zweiten Projektjahres wurden die Kontakte zu den Krankenhäusern weiter
ausgebaut. Auch der Kontakt zu möglichen Netzwerkpartnern, wie z.B. Hebammen,
Frühförderung, Einrichtungen der Behindertenhilfe und Eltern- und Selbsthilfegruppen
konnte verstärkt werden. Weitergehende Informationen sind in den Berichten aus dem
ersten und zweiten Projektjahr enthalten.
In dem vorliegenden Bericht werden einführend kurz gesetzliche Grundlagen der Beratung
bei pränatalen Untersuchungen aufgeführt und Untersuchungsmethoden der
Pränataldiagnostik benannt. Ferner wird der Stellenwert der psychosozialen Beratung
bei Pränataldiagnostik beschrieben. Es folgen die Arbeitsschwerpunkte im dritten
Projektjahr sowie Ergebnisse, Schlussfolgerungen und Fragestellungen, die sich aus der
Arbeit für eine Weiterführung des Projektes ergeben.
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1. Gesetzliche Regelungen zur psychosozialen Beratung bei
Pränataldiagnostik
Schwangere Frauen und Paare reagieren auf den Verdacht, dass das Kind krank oder
behindert zur Welt kommen könnte, oft mit großer Sorge und Verunsicherung.
Frauen und Paare haben einen Rechtsanspruch darauf, sich in allen eine
Schwangerschaft berührenden Fragen informieren und beraten zu lassen.
Die rechtlichen Grundlagen für die Beratung von schwangeren Frauen im Kontext von
Pränataldiagnostik finden sich u.a. in der seit 2010 neu geregelten Fassung des §2a
Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) und den §§15, 3, 9, 10 Gendiagnostikgesetz
(GenDG). Auszüge aus den Gesetzestexten sind im Anhang abgedruckt.
Die Regelungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz und im Gendiagnostikgesetz haben
zum Ziel, die Beratung der schwangeren Frau im Kontext von genetischen
Untersuchungen und pränatalen Befunden zu verbessern.
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist es Aufgabe der Ärztin/des Arztes, bei einem
auffälligen vorgeburtlichen Befund die medizinischen, psychischen und sozialen Fragen
mit der Frau zu besprechen. Sie/er wird sie auf die vertiefende psychosoziale Beratung in
einer Schwangerschaftsberatungsstelle hinweisen und die Frau mit ihrem Einverständnis
nach dorthin vermitteln.
Zu beachten gilt, dass Frauen möglicherweise gar nicht wissen möchten, ob ihr Kind krank
oder mit einer Behinderung zur Welt kommen könnte. Es obliegt der Entscheidung der
Frau, ob sie weitergehende pränatale Untersuchungen durchführen lässt. Sowohl für eine
genetische Beratung vor einer Untersuchung, für die Untersuchung selbst und auch für
das Ergebnis der Untersuchung gibt es ein Recht auf Nichtwissen für die Frau.
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2. Methoden der Pränataldiagnostik
Mutterschaftsrichtlinien
Im Verlauf einer Schwangerschaft werden in der Regel im Rahmen der
Schwangerenvorsorge Untersuchungen nach den sogenannten „Mutterschaftsrichtlinien“1
durchgeführt. Diese bietet jede gynäkologische Praxis an. Hierzu gehören:
• Das Anamnesegespräch
• eine allgemeinmedizinische Untersuchung
• verschiedene serologische Untersuchungen, wie Tests auf Infektionskrankheiten
• ein Test auf immunologische Abwehrreaktion zwischen Mutter und Kind
• drei Ultraschalluntersuchungen, 09.-12., 19.-22., 29.-32. Woche; die zweite dient
zur Aufspürung von körperlichen Fehlbildungen.
Sollten sich durch die Vorsorgeuntersuchungen Hinweise auf eine Risikoschwangerschaft
ergeben, z.B. bei Fehlbildungen des Kindes, wird die Ärztin/der Arzt die Schwangere über
die Möglichkeiten einer humangenetischen Beratung und Untersuchung aufklären, wie
Amniozentese, Chorionzottenbiopsie o.ä. .
Die schwangeren Frauen werden dann häufig an spezialisierte Praxen überwiesen, wo
Ärztinnen/Ärzte arbeiten, die eine spezielle Ausbildung (Degum II, Degum III), haben, um
spezielle Ultraschalluntersuchungen oder invasive Verfahren durchführen zu können.
Diese PND-Schwerpunktpraxen bzw. PND-Zentren verfügen über spezielle diagnostische
Untersuchungsgeräte.
Weitergehende pränataldiagnostische Untersuchungen
Immer mehr werdende Eltern nehmen weitergehende pränataldiagnostische
Untersuchungen in Anspruch. Sie erhoffen sich durch diese Untersuchungen eine
Bestätigung, dass ihr ungeborenes Kind gesund ist.
1
Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen,1999
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Das nachfolgende Schaubild2
gibt einen Überblick über pränataldiagnostische
Untersuchungsmethoden, die in nichtinvasiv und invasiv unterschieden werden.
Nichtinvasive Untersuchungen
Bei nichtinvasiven Untersuchungen wird nicht in den Körper der Schwangeren
eingedrungen. Bei den Untersuchungen gibt es keine Risiken für das Ungeborene und die
Mutter.
Zu diesen Methoden gehören:
• Ultraschalluntersuchungen, wie die Nackentransparenzmessung, die
Nasenbeinmessung, die Fetometrie, der Feinultraschall, die Doppler-Sonographie,
der 3D-/4D-Ultraschall.
• Serologische (Blut-) Untersuchungen, wie beispielsweise der Triple-Test, Erst-
Trimester-Screening, das integrierte Screening, der neue Bluttest (Praena-Test).
Invasive Untersuchungen
Invasive, das heißt innerhalb des Körpers der Schwangeren vorgenommene
Untersuchungen sind u.a.:
• Die Amniozenthese (Fruchtwasserpunktion)
• Die Chorionzottenbiopsie
• Die Nabelschnurpunktion.
2
Wassermann, K., Rohde, A. Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart 2009, S. 35
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Invasive Untersuchungsmethoden sind mit von verschiedenen Faktoren abhängigen
Risiken, wie z. B. einer Fehlgeburt belastet. Bei Fruchtwasseruntersuchungen gibt es ein
Fehlgeburtsrisiko von 0,5-1%: eine von 100-200 Frauen hat eine Fehlgeburt.
Für werdende Eltern spielt die Abwägung zwischen den Risiken der Untersuchung und der
Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Behinderung eine wichtige Rolle bei der
Entscheidung über die Inanspruchnahme von invasiven Untersuchungen.
Ärzte sehen sich bei pränataldiagnostischen Untersuchungen zunehmend
Schadensersatzansprüchen ausgesetzt.
Bluttest auf Bestimmung von Trisomie 21
Es ist ein neuer Bluttest auf Bestimmung von Trisomie 21 (Praena-Test) entwickelt
worden, der seit Sommer 2012 in Deutschland angewendet werden kann. Bei dieser
nicht-invasiven Methode werden aus dem mütterlichen Blut Erbinformationen des
ungeborenen Kindes gefiltert und dann auf Chromosomenauffälligkeiten untersucht.
Der Bluttest zeigt deutlich die Möglichkeiten und Grenzen in der Weiterentwicklung der
Pränatalmedizin. Er kann invasive Verfahren mit unnötigen Abgängen von Embryonen mit
normaler genetischer Ausstattung vermeiden; obgleich bei einem entsprechenden
Verdacht weiterhin eine Fruchtwasseruntersuchung erforderlich ist.
Es wächst die Gefahr, dass der Umgang mit dem Bluttest, der bereits sehr früh in der
Schwangerschaft (ab 12. SSW.) eingesetzt werden kann, zur Selektion von Menschen mit
Down-Syndrom führt.
Der Fortschritt in der Pränatalmedizin schreitet rasant voran, weitere Bluttests auf
Feststellung von anderen erblich bedingten Erkrankungen sind in Vorbereitung.
Kosten für pränataldiagnostische Untersuchungen
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen für drei Basis-Ultraschalluntersuchungen.
Darüber hinaus werden Kosten für weitergehende Untersuchungen nur dann von den
Krankenkassen übernommen, wenn eine medizinische Notwendigkeit hierfür besteht.
Wünscht die Frau von sich aus pränataldiagnostische Untersuchungen, die nicht
medizinisch indiziert sind, muss die Frau die Leistungen als IGeL-Leistungen (Individuelle
Gesundheitsleistung) selber tragen.
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Ärztliche Untersuchungen und psychosoziale Beratung
Die folgende Übersicht führt anschaulich ärztliche Untersuchungen und ärztliche Beratung
auf. Analog zu den jeweiligen Untersuchungen wird beschrieben, welche Beratungsinhalte
in der psychosozialen Beratung mit der schwangeren Frau/dem Paar angesprochen
werden.3
3
Wallner-Moosreiner, Silvia, SkF Landesverband Bayern, Ärztliche Untersuchungen und psychosoziale Beratungsanlässe vor, während
und nach Pränataldiagnostik (PND)
Seite 9 von 44
3. Psychosoziale Beratung in der Pränataldiagnostik
3.1 Psychosoziale Beratung - Grundverständnis
„Beratungsarbeit geht - im Unterschied zu einer am Krankheitsbergriff orientierten
heilkundlichen Psychotherapie - davon aus, dass das Leben von Individuen, Paaren,
Familien und Lebensgemeinschaften einem Entwicklungsprozess unterworfen ist, bei dem
die Grenzen zwischen gleichsam notwendigen Krisen und seelischen Fehlentscheidungen
fließend sind. Krisenhafte Erscheinungen sind Belastungen, bieten aber auch die Chance
zur Neuorientierung. Das Erleben solcher Krisen und Beeinträchtigungen und die Art und
Weise ihrer Verarbeitung sind der primäre Ansatz für Beratung.“ (Deutsche Arbeitskreis für
Jugend-, Ehe und Familienberatung, DAK, 1993)4
„Die psychosoziale Beratung in der Schwangerschaftsberatung ist ein Angebot an
Menschen, die sich mit Problemen und Konflikten auseinandersetzen müssen, die sie
momentan allein bzw. in ihrer Familie oder in ihrem sozialen Umfeld nicht in befriedigender
Weise bewältigen können.“5
Die katholische Schwangerschaftsberatung versteht sich als Teil des diakonischen
Dienstes der Kirche und als Anwältin des Lebens, sowohl des ungeborenen Kindes als
auch des Lebens der schwangeren Frau. „Zum Beratungsverständnis gehört neben der
fachlichen Ausgestaltung auf der Basis rechtlicher Vorgaben wesentlich die Orientierung
am christlichen Menschenbild. Für Christen hat das ungeborene Leben die gleiche Würde
und das gleiche Recht auf Leben wie ein geborener Mensch. Als Ebenbild Gottes ist jeder
Mensch in seiner ihm eigenen Art gewollt und angenommen - unabhängig davon, welchen
Grad an Gesundheit, Erkenntnis, Selbstbewusstsein oder körperlicher, geistiger oder
seelischer Lebensfähigkeit er besitzt.“6
Die psychosoziale Beratung in der Schwangerschaftsberatung hat sowohl die psychische
Verfassung der Frau als auch ihre soziale Lebenssituation im Blick.
Sie will Ratsuchende zur Selbsthilfe und zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung für das
ungeborene Kind befähigen.
In dem Beratungsprozess ist Raum für Begegnung und Dialog zwischen der Beraterin und
den Ratsuchenden. Am Beginn des Beratungsprozesses steht das Ergebnis noch nicht
fest.
„In der Beratung als zielorientierter und ergebnisoffener Prozess ermutigt die Beraterin
und schüchtert nicht ein, sie hat Verständnis und belehrt nicht, sie macht keine
Schuldgefühle, gibt aber Raum für die Frage nach Schuld.“7
4
Lammert,Cramer,Pingen-Rainer,Schulz,Neumann,Beckers,Siebert,Dewald,Cierpka, Psychosoziale Beratung in der Pränataldiagnostik-
Ein Praxishandbuch, Göttingen 2002, S.46
5
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen,
2012, S.11
6
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen,
2012, S.10
7
Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V., Handreichung für die psychosoziale Beratung bei Pränataldiagnostik und bei zu
erwartender Behinderung des Kindes, Oktober 2005, S.11
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Die Beratung deckt das Dilemma zwischen dem Wunsch der Frau, das Kind zu wollen,
aber die Sorge, den damit verbunden Aufgaben nicht gewachsen zu sein, auf.
In der Beratung sollen alle Ressourcen der Frau, des Partners, im persönlichen Umfeld
und in institutionellen Bereichen erschlossen werden.
3.2 Psychosoziale Beratung im Kontext von PND - Was kann sie leisten?
Was ist, wenn bei der Pränataldiagnostik eine Krankheit oder Behinderung des
ungeborenen Kindes festgestellt wird?
Dann ist Beratung wichtig. Denn vielen Frauen stellt sich in dieser Situation die Frage, ob
sie die Schwangerschaft fortsetzen oder nicht.
Die psychosoziale Beratung im Kontext von PND ist ein spezialisiertes Angebot der
Schwangerschaftsberatungsstellen, welches die medizinische Beratung und Betreuung
ergänzt.
Pränataldiagnostische Untersuchungen können zu existenziellen Fragen bei der Frau/dem
Partner führen.
Nach einem auffälligen Befund müssen Entscheidungen getroffen werden, die
„unmögliche“ Entscheidungen sind.
„Man denkt, dass die Untersuchung Routine ist, aber auf einmal bleibt die Welt stehen.“
(Studienteilnehmerin)8
Der Verdacht oder die Diagnose, dass das ungeborene Kind krank oder behindert sein
könnte, führt zu einer emotional sehr belasteten Situation, weil dieses Ereignis den
Hoffnungen, Wünschen und Erwartungen widerspricht.
Die Reaktion der Frau/des Paares auf die Diagnosemitteilung ist oft ein Schock. Die
Diagnose kann in eine große Hilflosigkeit führen.
„Unser Leben ist irgendwie grad zu Ende. Wir wollen kein schwerstbehindertes Kind. Aber
soll ich jetzt in die Klinik und die Geburt einleiten? Damit wir sicher sein können, dass er
bei der Geburt stirbt? Es gibt keine Alternative, die machbar scheint. Wir sind am Ende.
Aber diesmal richtig. Und nun?“9
Die Ärztin/der Arzt, die/der in dieser Situation auf die psychosoziale Beratung hinweist und
die Frau konkret in die Beratung vermittelt, nimmt die Krisen- und Konfliktsituation der
Frau ernst.
Im Mittelpunkt der psychosozialen Beratung steht die psychische und soziale Situation der
Betroffenen und ihres Partners. Die Beratung bietet der Schwangeren/dem Partner in
einer solchen Situation einen geschützten Raum, um die widersprüchlichen Gefühle, wie
Hoffnung und Angst, Zuversicht und Zweifel wahrnehmen und aussprechen zu können.
8
Wassermann, K., Rohde, A., Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart 2009, S.29
9
Bohg, Constanze, Viereinhalb Wochen, Pattloch Verlag GmbH & Co.KG, München, 2012, S. 73f
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Durch die Beraterinnen, die über eine Zusatzqualifikation in psychosozialer Beratung und
Begleitung im Kontext von pränataler Diagnostik und zu erwartender Behinderung des
Kindes verfügen, wird es den Ratsuchenden ermöglicht, ihre ganz persönlichen Fragen
zu klären. Was empfinden sie? Was haben sie sich gewünscht? Welche Konsequenzen
hätte ein auffälliger Befund? Was sagt die Familie? Die Hoffnungen und Wünsche, die mit
dem Kind verbunden waren, sollten in der Beratung ausreichend Raum erhalten.
In der Beratung können werdende Eltern offen ambivalente Gefühle und Gedanken
benennen, von denen sie vielleicht nur ungern sprechen. Häufig treten hierbei ethisch-
moralische Fragestellungen in den Vordergrund. Warum hat mein Kind diese
Behinderung? Wie kann Gott zulassen, dass so etwas passiert? Wie kann ich, wie können
wir die richtige Entscheidung treffen?
„In der Beratung geht es durch strukturiertes Vorgehen um die Klärung der individuellen
Lebenssituation, der Lebensplanung, des Werteverständnisses und um die Abwägung der
Handlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Gefühle und der sozialen Situation
der Frau/des Paares.“10
Die psychosoziale Beratung kann wesentlich dazu beitragen, unter Berücksichtigung der
persönlichen Ressourcen der Ratsuchenden, die gegenwärtigen und zukünftigen
Lebensverhältnisse besser einschätzen zu können und Lösungsansätze zu entwickeln.
In der Beratung wird auf Unterstützungsmöglichkeiten und Hilfen durch staatliche Stellen,
Krankenkassen, Selbsthilfegruppen u.a. hingewiesen.
Die Übersicht stellt verkürzt die Beratungsanlässe dar, in denen eine psychosoziale
Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik hilfreich sein kann.11
10
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen,
2012, S.12
11
Deutscher Caritasverband e.V., Katholischer Krankenhausverband Deutschlands e.V., Sozialdienst katholischer Frauen
Gesamtverein e.V., Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik,
Handlungsempfehlung zur Kooperation von katholischen Krankenhäusern und katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2010,
S.11
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4. Arbeitsschwerpunkte im dritten Projektjahr
Im dritten Jahr des Projektes war die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den
Ärztinnen/Ärzten eine wesentliche Aufgabe. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit lag in
der Vernetzung mit anderen sozialen und familienbezogenen Diensten und Institutionen.
4.1 Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und niedergelassenen
Gynäkologinnen/Gynäkologen
Der Deutsche Caritasverband und die Fachverbände Katholischer Krankenhausverband
Deutschlands (KKVD) und Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) haben 2010 eine
Handlungsempfehlung “Beratung und Begleitung von Frauen und Paaren im Kontext von
Pränataldiagnostik“ veröffentlicht. Die Handlungsempfehlung hat das Ziel, die Diskussion
über ethische und beraterische Fragen im Kontext von Pränataldiagnostik zu fördern und
konkrete Kooperationen zwischen den katholischen Krankenhäusern und
Schwangerschaftsberatungsstellen zu erreichen. Durch diese Kooperationen soll die
psychosoziale Beratung bei PND strukturell besser verankert werden, um schwangeren
Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt des Kindes sowie nach dem
Verlust des Kindes bzw. nach einem Schwangerschaftsabbruch den Zugang zur Beratung
zu ermöglichen. Hierdurch wollen sich die Verbände in ihren Strukturen ihren Beitrag zum
Schutz des ungeborenen Lebens leisten. 12
Gespräch mit Dr. Markus Jüngerhans, Geschäftsführer des Katholischen
Krankenhausverbandes (KKV) für die Diözese Osnabrück
Um die Ziele der Handlungsempfehlung weiter in die Praxis umzusetzen, wurde das
Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer des KKV für die Diözese Osnabrück, Herrn
Dr. Jüngerhans, gesucht. Nach einem persönlichen Kennenlernen und einem Bericht
über den bisherigen Verlauf des Pilotprojektes im Landkreis Emsland wurde gemeinsam
erörtert, wie die Vermittlung von betroffenen Frauen/Paaren in die psychosoziale Beratung
einer Schwangerschaftsberatungsstelle durch die Ärztinnen und Ärzte gelingen könne.
Konsens des Gespräches war, dass Informationsmaterialien, wie Visitenkarten und Flyer
gut seien, um auf die Beratung hinzuweisen. Notwendig sei aber die unmittelbare
Vermittlung der schwangeren Frau in die Beratung. Dieses könne am besten umgesetzt
werden durch eine direkte Kontaktaufnahme zum Zeitpunkt der Diagnosemitteilung. Sollte
dieses nicht möglich sein, könnte durch einen Anruf der Ärztin/des Arztes (oder seiner
Angestellten) in der Beratungsstelle ein Gespräch für die Frau vereinbart werden.
Als wichtig erachtete Herr Jüngerhans den regelmäßigen Kontakt und Austausch der
Projektleiterin mit den Ärzten. Dieser wäre erreichbar über Austausch per E-Mail-Kontakt,
regelmäßige Arbeitstreffen oder auch gemeinsame Fortbildungen.
12
Vgl.: : Deutscher Caritasverband e. V., Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Gesamtverein, Katholischer Krankenhausverband
Deutschlands e.V., Handlungsempfehlung zur Kooperation von katholischen Krankenhäusern und katholischen
Schwangerschaftsberatungsstellen, 2010, S. 2
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Herr Jüngerhans erklärte sich bereit, an Frau Veen einen E-Mail-Verteiler mit Ärztinnen
und Ärzten der Krankenhäuser aus der Diözese weiterzuleiten, sodass wichtige
Informationen im Rahmen des Projektes per E-Mail verschickt werden könnten. Ferner
wurde vereinbart, dass Herr Jüngerhans es in 2013 ermöglichen werde, dass Frau Veen
das Projekt bei einem Austauschtreffen von Ärztinnen/ Ärzten in der Diözese vorstellen
kann.
Kontakte zum Krankenhaus Ludmillenstift, Meppen
Zu Beginn des Jahres 2012 referierte Herr Dr. Jörn Siemer, Chefarzt der Gynäkologie
und Geburtshilfe im Ludmillenstift Meppen, in der Mitgliederversammlung des SkF
Meppen zu dem Thema „Ist mein Kind gesund? Chancen und Risiken vorgeburtlicher
Untersuchungen“. In seinem Vortrag informierte er über die häufigsten Untersuchungen in
der Pränatalmedizin. Hierbei erklärte er, dass pränatale Diagnostik und medizinischer
Fortschritt therapeutische Optionen für das ungeborene Kind eröffnen. Die
Pränatalmedizin werde aber auch begleitet von ethischem Konfliktpotential.
In einem späteren Gespräch mit Herrn Dr. Siemer fand ein Austausch über das
Verständnis von psychosozialer Beratung statt. Anhand von Beispielen wurde der
umfassende Beratungsbedarf von schwangeren Frauen und Paaren bei PND erläutert.
Herr Dr. Siemer schlug vor, eine gemeinsame Informationskarte zu entwickeln, welche die
Kooperation zwischen dem Ludmillenstift und dem SkF Meppen darstellt. Die Karte solle
auf das Angebot pränataler Untersuchungsmethoden im Ludmillenstift und auf das damit
verbundene Beratungsangebot in der Schwangerschaftsberatungsstelle vor, während und
nach vorgeburtlichen Beratungen hinweisen.
Eine Anwesenheit der Beraterin während oder nach Mitteilung einer Diagnose an eine
schwangere Frau hielt er für nicht ökonomisch. Er sagte zu, betroffene Frauen/Paare
durch einen Telefonanruf an den SkF Meppen zu vermitteln. Er würde dann in seiner
Behandlungsakte dokumentieren, ob Frauen, die er vermittelt habe, in Beratung gegangen
seien.
Auf Nachfrage wurde Herrn Dr. Siemer das Beratungsangebot bei Fehl- oder Totgeburt
aufgezeigt und auf die „Trauergruppe für verwaiste Eltern“ aufmerksam gemacht, die vom
SkF Meppen in Kooperation mit der Hospiz-Hilfe Meppen angeboten wird.
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Nachfolgend wurde in Zusammenarbeit mit der Pressestelle des Ludmillenstifts eine
gemeinsame Informationskarte zum medizinischen und psychosozialen Beratungsangebot
bei PND entwickelt.
Die Karte wurde mit einem gemeinsamen Brief im Sommer 2012 an zuweisende
Ärztinnen und Ärzte des Ludmillenstifts verschickt, verbunden mit der Bitte, die
Informationskarte an betroffene Frauen/Paare weiterzureichen, um ihnen einen Überblick
über das medizinische und psychosoziale Beratungsangebot vor Ort zu geben.
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Am Tag der offenen Tür des Perinatalzentrums Emsland und der Kinderklinik im
Ludmillenstift konnte den Besucherinnen und Besuchern das Beratungsangebot bei
vorgeburtlichen Untersuchungen an einem Infostand vorgestellt werden. Das Interesse an
dem Thema war eher zurückhaltend. Es bedurfte der persönlichen Ansprache, um
Aufmerksamkeit zu erzielen. So konnte in einzelnen Gesprächen mit Frauen über
Untersuchungsmethoden gesprochen werden, wobei auch mögliche ethische Fragen, die
sich aus den Untersuchungen heraus ergeben könnten, erörtert wurden.
Mit der Stationsleitung der Gynäkologie und Geburtshilfe, Sr. Anita Wolken, wurde ein
Austauschgespräch geführt, um zu reflektieren, wie die Vermittlung der Frauen in die
psychosoziale Beratung verbessert werden könne. Im Gespräch wurde deutlich, wie
wichtig eine gute Zusammenarbeit aller Professionen ist. Sr. Anita erklärte sich bereit, die
Informationen weiterzugeben.
Die Zusammenarbeit mit dem Ludmillenstift erfuhr durch den Weggang von Dr. Siemer
eine gewisse Stagnation. Das Ludmillenstift bat darum, weitere Gespräche
aufzuschieben, bis die Chefarztstelle Anfang 2013 wieder besetzt sein würde.
Kontakte zum St. Bonifatius-Hospital, Lingen
In einem Telefonat mit Frau Krummen, Koordinierungsstelle „Guter Start ins Leben“, kam
es in 2012 zu einem Austausch über das Beratungsangebot der Schwangerschafts-
beratungsstellen vor, während und nach pränatalen Untersuchungen.
In einem gemeinsamen Gespräch mit Herrn Martin Diek, dem neuen Geschäftsführer, und
Herrn Dr. Manfred Johnscher, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, wurde überlegt, wie
die Vermittlung von schwangeren Frauen/Paaren in die Beratung verbessert werden
könnte. Herr Dr. Johnscher erklärte, dass er nicht viele Untersuchungen im Kontext von
PND machen würde. Häufig würden die niedergelassenen Ärztinnen/Ärzte die
Frauen/Paare an Praxen mit Schwerpunkt Pränataldiagnostik oder an Prof. Dr. Matthias
Meyer-Wittkopf, Mathias-Spital Rheine überweisen. Mit Herrn Prof. Dr. Meyer-Wittkopf
würde er auch zusammenarbeiten, wenn es um die Überprüfung des Verdachtes eines
auffälligen Befundes gehe.
Mit Herrn Diek und Herrn Dr. Johnscher wurde noch einmal ausführlich die Bedeutung von
psychosozialer Beratung erörtert. Dabei wurde auch Bezug genommen auf einen Artikel,
der den Gesprächspartnern ausgehändigt wurde. Darin werden die Erlebnisse eines
Paares beschrieben, das durch die Inanspruchnahme von vorgeburtlichen
Untersuchungen die Diagnose bekommen hat, dass ihr ungeborenes Kind
schwerstbehindert oder tot zur Welt kommen wird. In diesem Artikel ist sehr realitätsnah
beschrieben, welche Bedeutung die psychosoziale Beratung neben der medizinischen
Betreuung hat.13
Das Paar hat sich mit Hilfe von Beratung viereinhalb Wochen damit
auseinandergesetzt, ob ihr Kind zur Welt kommen soll. Die Eltern haben sich trotz der
infausten Prognose gegen einen Schwangerschaftsabbruch entschieden. Sie haben ihre
13
Zeitschrift Stern, Nr. 40;29.09.2012, S. 90ff
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persönlichen Erlebnisse in einem Buch mit dem Titel „Viereinhalb Wochen“
veröffentlicht.14
Um betroffenen Frauen den Zugang zur Beratung zu erleichtern, erklärte sich Herr
Dr. Johnscher bereit, von den schwangeren Frauen das Einverständnis einzuholen, ihre
Daten an Heike Veen vom SkF Meppen übermitteln zu dürfen, damit diese dann pro-aktiv
Kontakt mit der Frau aufnehmen könne, um eine Beratung anzubieten. Die Vordrucke der
Einverständniserklärung (siehe Anhang) wurden Herrn Dr. Johnscher zur weiteren
Umsetzung in schriftlicher Form überreicht.
Kontakte zum Marienkrankenhaus, Papenburg-Aschendorf
Im Frühjahr wurde telefonisch Kontakt zum Geschäftsführer des Marienkrankenhauses,
Herrn Matthias Bitter, aufgenommen. Dieser bat darum, direkt mit dem leitenden Oberarzt
der Gynäkologie und Geburtshilfe, Herrn Dr. Kurt Köhler, Gespräche zu führen.
Aufgrund von hoher Arbeitsverdichtung in Folge der Vakanz der Chefarztstelle
Gynäkologie und Geburtshilfe konnte mit Herrn Dr. Köhler lediglich ein kurzes Gespräch
geführt werden.
Herr Dr. Köhler erklärte, er führe regelmäßig pränatale Untersuchungen durch. Er biete
den Frauen vor den Untersuchungen immer die psychosoziale Beratung an. Diese würden
die Frauen häufig nicht in Anspruch nehmen wollen. Bei einem auffälligen Befund würde
er die Frauen immer auf die Beratung hinweisen.
Um die Vermittlung der Frau in die Beratung zu vereinfachen, wurde mit Herrn Dr. Köhler
ebenfalls die Einholung des Einverständnisses der Frau (siehe Anlage) vereinbart, ihre
Daten an den SkF Meppen zu übermitteln, so dass Heike Veen pro-aktiv Kontakt zu der
betroffenen Frau aufnehmen kann. Es wurde vereinbart, den Vordruck per E-Mail zu
übersenden und das Verfahren zukünftig zu erproben.
Herr Köhler erklärte sich bereit, den SkF Meppen zu informieren, sofern bei einer
Veranstaltung des Krankenhauses die Möglichkeit bestehen würde, das Beratungs-
angebot bei PND vorzustellen.
Angesprochen auf den neuen Bluttest auf Feststellung von Trisomie 21 sagte Herr Köhler,
er finde an dem Bluttest positiv, dass etliche Fruchtwasseruntersuchungen verbunden mit
dem Risiko einer Fehlgeburt verhindert werden könnten. Bisher sei er von Frauen kaum
auf den Test angesprochen worden. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er den Test nicht
angewendet.
Kontakte zum Hümmling Krankenhaus, Sögel
Nach Kontaktaufnahme mit dem Hümmling Krankenhaus konnte die Projektleiterin in
Kooperation mit Frau Elisabeth Meentken, Schwangerschaftsberaterin des
14
Bohg, Constanze, Viereinhalb Wochen, Pattloch, München, 2012
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Caritasverbandes Sögel, am Tag der Geburtshilfe einen Informationsstand anbieten. Die
Besucherinnen und Besucher nutzten den Informationsstand, um mit den Beraterinnen
über das Beratungsangebot in der Schwangerschaftsberatung, hier auch über
Untersuchungen im Kontext von Pränataldiagnostik ins Gespräch zu kommen.
An diesem Tag kam es auch mit der Seelsorgerin, Frau Püschel, zum Austausch über das
Beratungsangebot bei Fehl- oder Totgeburten. Nachfolgend wurde ihr der Flyer zum
Gruppenangebot „Trauergruppe für verwaiste Eltern“ des SkF Meppen und der Hospiz-
Hilfe Meppen zur Weitergabe an betroffene Frauen/Paare zugeschickt.
Durch den Kontakt der Projektleiterin zu Mitarbeiterinnen der Elternschule konnte
nachfolgend verabredet werden, dass eine Kollegin der Schwangerschaftsberatungsstelle
in Sögel das Angebot der Schwangerschaftsberatung zukünftig in der
Geburtsvorbereitung vorstellen kann.
Kontakte zum Mathias-Spital, Rheine
In dem vorangegangenen Projektjahr wurde Herr Prof. Dr. Meyer-Wittkopf über das
psychosoziale Beratungsangebot im Landkreis Emsland informiert. Er sagte zu, Frauen,
die aus dem Raum Emsland zu ihm zu pränatalen Untersuchungen kommen würden, auf
die Beratung hinzuweisen und diese Frauen an den SkF Meppen zu vermitteln. In 2012
hat eine Frau die Beratung aufgrund der Vermittlung durch Herrn Prof. Meyer-Wittkopf in
Anspruch genommen.
Niedergelassene Gynäkologinnen und Gynäkologen
Neben der Schwangerschaftsvorsorge bieten auch viele niedergelassene Gynäkologinnen
und Gynäkologen erste pränatale Untersuchungen, wie z.B. Nackentransparenz-
messungen an. Sollten diese Untersuchungen einen Hinweis darauf enthalten, dass bei
dem Ungeborenen eine Auffälligkeit besteht, überweisen sie die Frauen für weitergehende
Untersuchungen an Praxen/Zentren mit Schwerpunkt pränataler Diagnostik oder an
Krankenhäuser, die pränataldiagnostische Untersuchungen anbieten.
In 2012 hatte die Projektleiterin zu einzelnen gynäkologischen Praxen persönlichen
Kontakt. Hierbei wurde ihr zugesichert, dass die schwangeren Frauen bei Bedarf durch
den überreichten Flyer auf das psychosoziale Beratungsangebot bei PND hingewiesen
werden.
Nach Aussage einiger Ärztinnen und Ärzte würden die Frauen bei einem auffälligen
Befund nicht immer die Beratung in Anspruch nehmen wollen.
Durch das gemeinsame Anschreiben und die Informationskarte des Ludmillenstifts
Meppen und SkF Meppen zur Vorstellung der Kooperation bei der Betreuung von
schwangeren Frauen/Paaren erhielten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte einen
Hinweis auf das Beratungsangebot im Kontext von PND.
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4.2 Kooperation und Vernetzung
Die Kooperation und Vernetzung mit anderen sozialen und familienbezogenen Diensten
und Institutionen hat in 2012 einen großen Raum eingenommen.
Hebammen
Im Rahmen der Qualifizierung der Familienhebammen im Landkreis Emsland durch den
SkF Lingen konnte die Projektleiterin, Heike Veen, den angehenden Familienhebammen
die Ziele und Aufgaben im Projekt erläutern und mit ihnen über die Beratung im Kontext
von vorgeburtlichen Untersuchungen ins Gespräch kommen. Außerdem wurden die
Aufgaben und Angebote in der allgemeinen Schwangerschaftsberatung beschrieben.
Heike Veen konnte die Arbeit im Projekt auch bei dem Hebammenstammtisch vorstellen.
Anhand eines eingehenden Fallbeispiels zu in Frage kommenden Beratungsinhalten
nach einem auffälligen Befund konnte die Sensibilität der Hebammen für die
Notwendigkeit der psychosozialen Beratung geweckt und Möglichkeiten der
Zusammenarbeit aufgezeigt werden.
Schwangerschaftsberatungsstellen
Im Landkreis Emsland wurden die Kolleginnen der katholischen Schwangerschafts-
beratungsstellen wie in den beiden vorangegangenen Projektjahren über den Verlauf des
Projektes informiert. Eine direkte Zusammenarbeit fand bei der Durchführung der
Informationsstände zum Welt-Down-Syndrom-Tag, den Tagen der offenen Tür in
Krankenhäusern und bei einem Vortrag in Esterwegen statt.
In regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen berichtete die Projektleiterin den Kolleginnen
der Schwangerschaftsberatungsstellen in der Diözese Osnabrück über aktuelle
Veränderungen im Kontext von Pränataldiagnostik, wie z.B. über den neuen Bluttest auf
Bestimmung von Trisomie 21.
Darüber hinaus wurde eine Schwangerschaftsberaterin, die in der Diözese Hildesheim in
einer Projektstelle für die Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik tätig ist, über die
Arbeit im Pilotprojekt im Emsland informiert.
Frühförderung und Entwicklungsberatung/ Elterntreffs Kinder mit Down Syndrom
Der Welt-Down-Syndrom-Tag (21.03.) wurde von der Projektleiterin zum Anlass
genommen, in den Städten Lingen, Meppen und Papenburg Öffentlichkeitsarbeit zu dem
Thema zu machen.
Hierfür wurden die Frühförderung und Entwicklungsberatung, die Elterntreffs Kinder mit
Down Syndrom und die Kolleginnen der Schwangerschaftsberatungsstellen
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angesprochen. Alle beteiligten sich an den regional angebotenen Informationsständen,
sodass diese eine sehr positive Resonanz erfuhren.
Dadurch konnte auch das Netzwerk ausgebaut werden, um ratsuchenden Frauen/Paaren
den Kontakt zu anderen Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom haben, zu ermöglichen.
Gleichstellungsbeauftragte
Die Arbeit im Projekt konnte den Gleichstellungsbeauftragten im Landkreises Emsland
vorgestellt werden. Sie wurden als Multiplikatorinnen gewonnen, die ratsuchende Frauen
auf das Beratungsangebot im Kontext von PND hinweisen.
Hospiz-Hilfe Meppen
In Kooperation mit der Hospiz-Hilfe Meppen bietet der SkF Meppen seit mehr als fünf
Jahren eine „Trauergruppe für verwaiste Eltern“ an.
In 2012 wurde damit begonnen, im Dekanat Emsland Mitte eine Informationsbroschüre
über Angebote für Trauerarbeit zu erstellen. Darin soll auch das von der Hospiz-Hilfe und
dem SkF angebotene Gesprächsangebot bei Verlust eines Kindes aufgenommen werden.
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4.3 Inanspruchnahme der psychosozialen Beratung
Im dritten Jahr des Projektes konnte die Projektleiterin in zwei Beratungsfällen die
Beratung und Begleitung im Kontext von Pränataldiagnostik durchführen.
Beratungsfälle im Kontext von PND in 2012
In 2012 kam ein Ehepaar mit großem Gesprächs- und Beratungsbedarf in die Beratung.
Die ersten Kontakte hatten in 2011 stattgefunden. Die vorgeburtlichen Untersuchungen
führten zu der Diagnose Trisomie 21, die werdenden Eltern hatten sich für ihr Kind
entschieden. Da bei der Feindiagnostik keine weiteren Auffälligkeiten gesehen wurden,
waren die Ängste der Eltern geringer geworden, dass das Kind erkrankt sein könnte. Im
Gespräch berichtete das Paar, dass sie nun die Geburt des Kindes auf sich zukommen
lassen wollten. Mit dem Krankenhaus musste noch die Entbindung besprochen werden,
eine Hebamme hatten sie sich gesucht. Gemeinsam wurden vor der Geburt des Kindes
mit den Eltern die Anträge auf Kindergeld und Elterngeld vorbereitend ausgefüllt. Nach der
Geburt des Kindes meldete sich der Vater bei der Beraterin. Sie besuchte die Familie im
Krankenhaus, um den Eltern zur Geburt zu gratulieren. Sie waren sehr glücklich, aber
auch betrübt, da bei dem Kind neben der Trisomie doch eine Erkrankung vorlag.
Nachfolgend wurden die Eltern sehr intensiv im Krankenhaus und anschließend zu Hause
von einer Hebamme betreut. In weiteren Gesprächen mit den Eltern berichteten sie, dass
die Erkrankung des Kindes behandelt werden konnte, weitere Behandlungen noch
ausstehen würden. Da für das Ehepaar viele zusätzliche Kosten aufgetreten waren,
konnte ihnen in einer Notlage, bedingt durch die berufliche Situation des Mannes,
finanzielle Hilfe durch den Bischofsfonds, Mütter in Not, gewährt werden. Die Eltern
äußerten, die Entscheidung für das Kind hätten sie nicht bereut.
Ein weiterer Fall stellt sich wie folgt dar. Aufgrund der Empfehlung eines Arztes im
Krankenhaus hat eine Frau in einem existenziellen Konflikt im Kontext von pränatalen
Untersuchungen die psychosoziale Beratung in Anspruch genommen. Die Frau war
verheiratet. Sie hatten bereits ein Kind. Sie war mit ihrem „Wunschkind“ in der 12. Woche
schwanger. Nach einer Ultraschalluntersuchung bei ihrem Gynäkologen wurde sie von
diesem in ein Krankenhaus überwiesen. Dort wurde am Tag vor der Beratung ein
spezieller Ultraschall durchgeführt. Die Diagnose war niederschmetternd. Bei dem
ungeborenen Kind wurde eine schwere Fehlbildung des Kopfes und Rückens
diagnostiziert mit einer sicheren infausten Prognose. Einen Tag nach der
Diagnosemitteilung kam die Frau allein in die psychosoziale Beratung, da ihr Mann
arbeiten musste. Die Frau war sehr betroffen, zumal sie und ihr Mann sich nach einer
Fehlgeburt sehr über die erneute Schwangerschaft gefreut hatten. Aufgrund ihres
Gesundheitszustandes und der schweren Diagnose bei dem Kind schien sich die Frau für
einen Schwangerschaftsabbruch entschieden zu haben. Im Mittelpunkt des Gespräches
stand die entscheidende Frage, ob die Schwangerschaft fortgesetzt werden kann oder ein
Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden soll. Im Verlauf des Gespräches erfolgte
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eine Auseinandersetzung über Fragen nach den Perspektiven für das Leben ihres Kindes.
Hierbei wurde im Gespräch auch die Frage der Schuld thematisiert. Danach wollte sie sich
noch wieder mit ihrem Mann besprechen. Dem Paar wurde ein Angebot für ein
gemeinsames Gespräch gemacht. Leider haben sie sich dann nicht wieder gemeldet.
Gemeinsames Beratungsangebot von SkF Esterwegen, Lingen, Meppen, Caritasverband
Papenburg, Sögel
Im Netzwerk der Projektstelle mit den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen im
Landkreis Emsland berichteten die Kolleginnen dass Fragestellungen im Vorfeld oder
nach pränataldiagnostischen Untersuchungen durchaus Thema in Beratungen waren.
So stellten sich Frauen z.B. aufgrund ihres Alters die Frage, ob sie, auch wenn sie bereits
Kinder zur Welt gebracht haben, vorgeburtliche Untersuchungen durchführen lassen
sollten.
Einige Frauen äußerten in der Beratung ihre Sorge, sie könnten ein krankes oder
behindertes Kind bekommen.
In der Beratung berichteten Frauen von vorgeburtlichen Untersuchungen, die sie hätten
durchführen lassen. Eine Frau ließ sehr bewusst vorgeburtliche Untersuchungen in ihrer
zweiten Schwangerschaft durchführen. Ihr erstes Kind war kurz nach der Geburt
verstorben, da es eine schwere Erkrankung hatte. Diese war im Vorfeld trotz pränataler
Untersuchungen nicht festgestellt worden. In dieser Schwangerschaft erhoffte sie, durch
Untersuchungen die Bestätigung zu bekommen, dass ihr Kind gesund sei.
Im Vorfeld der Untersuchungen fragte eine Frau an, ob sie eine finanzielle Hilfe für die
Fahrtkosten zur vorgesehenen Untersuchung erhalten könnte.
Bei einer drohenden Fehlgeburt wurde ein Paar zu den bevorstehenden
pränataldiagnostischen Untersuchungen zur Klärung des Gesundheitszustandes des
Kindes beraten. Es wurden Untersuchungen durchgeführt und es kam zu einer Frühgeburt
des Kindes. Das Paar wurde anschließend intensiv beraten und begleitet.
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4.4 Öffentlichkeitsarbeit
Im dritten Projektjahr fand eine intensive Öffentlichkeitsarbeit statt. Diese wurde sowohl
durch Pressearbeit als auch mit der Durchführung und Beteiligung an Veranstaltungen
geleistet.
4.4.1 Pressearbeit
In der Mitgliederversammlung des SkF Meppen, zu der auch Interessierte eingeladen
wurden, hielt Herr Dr. Jörn Siemer, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, Ludmillenstift
Meppen, einen Vortrag zu „Chancen und Risiken vorgeburtlicher Untersuchungen“.
Hierüber und über die sich anschließende rege Diskussion zu dem Thema pränataler
Untersuchungen und den daraus resultierenden Fragen oder auch Konflikten wurden
Presseartikel veröffentlicht.
Presseartikel Meppener Tagespost Der Meppener März 2012
vom 09.02.2012
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Auf Einladung des SkF Esterwegen referierte die Projektleiterin am 06.05.2012 vor
interessierten SkF- und kfd-Frauen zum Thema „Ist mein Kind gesund?“. Hierüber hat
„Der Wecker“ berichtet.
Presseartikel Der Wecker, So., 10.06.2012
Im Sommer 2012 hat die baldige Zulassung des neuen Bluttests für rege Diskussion
sowohl in der Presse als auch in der breiten Öffentlichkeit gesorgt. In der Ausgabe der
Meppener Tagespost vom 29.02.2012 wurde das Thema in dem Artikel mit der Überschrift
„Selektion oder Segen“ von Matthias Stoffregen aufgegriffen, der nachfolgend abgedruckt
ist.
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Presseartikel Meppener Tagespost Selektion oder Segen vom 29.05.2012
Als Reaktion auf den Artikel hat die Projektleiterin, Heike Veen, einen Leserbrief verfasst,
um auf den steigenden Beratungsbedarf hinzuweisen und um das bestehende
Beratungsangebot vor Ort den Leserinnen /Lesern bekannt zu machen.
Leserbrief veröffentlicht in der Meppener Tagespost am 12.06.2012
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Am 27.07.2012 fand beim SkF Meppen ein Pressegespräch statt, zu dem Frau Ortmann,
Vorsitzende des SkF, die Projektleiterin, Heike Veen, und die Diözesanreferentin der
Schwangerschaftsberatung, Christiane Sobeczko, eingeladen hatten. Es wurde ein Bericht
über die Erfahrungen in dem Projekt PND und eine Einschätzung über mögliche Folgen
des Bluttests gegeben.
Presseartikel Meppener Tagespost vom 31.07.2012
Presseartikel Kirchenbote vom 05.08.2012
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In der Zeitschrift Frauenimpulse des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V., Ausgabe
September 2012, konnte das Pilotprojekt vorgestellt werden, sodass das Beratungs-
angebot landesweit in 63 Frauenverbänden bekannter gemacht werden konnte.
4.4.2 Veranstaltungen/Aktionen
Vortrag SkF Esterwegen
Unter dem Thema „Ist mein Kind gesund?“ referierte Heike
Veen am 05.06.2012 über die Ziele und Aufgaben im Projekt
PND. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der
Schwangerschaftsberatungsstelle des Sozialdienstes
katholischer Frauen Esterwegen statt.
Projekttag Gymnasium Marianum Meppen
In Kooperation mit dem St. Vitus-Werk Meppen konnte die Projektleiterin am 14.03.2012
an einem Projekttag des Marianums einen Workshop zum Thema „Behinderung-das muss
doch heute nicht mehr sein!“ anbieten.
Zum Einstieg wurde den Jugendlichen der Film „Er sollte sterben, doch Tim lebt“ gezeigt.
Nachfolgend wurde mit den Jugendlichen über den Film gesprochen und pro und contra
für das Austragen eines Kindes mit Behinderung von den Jugendlichen benannt. Es
wurden Informationen zum Schwangerschaftsabbruch und zur Spätabtreibung gegeben.
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Den Jugendlichen wurden Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten durch die
Schwangerschaftsberatung aufgezeigt.
Anschließend berichteten Mitarbeiterinnen der Frühförderung und Entwicklungsberatung
über ihre Arbeit, und eine Mutter stand den Jugendlichen für Fragen zum Leben mit einem
Kind mit Behinderung zur Verfügung.
Dekanatstag Dekanat Emsland Mitte
Am Dekanatstag, der unter dem Motto „Brannte nicht unser Herz?“ stand, konnte der SkF
Meppen an einem Informationsstand den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in
die Beratungsangebote geben.
Der vorbereitete Workshop des SkF Meppen „Brennen für das Leben!?
Schwangerschaftsberatung, Pränataldiagnostik und Prävention in einer Welt der sich
wandelnden Werte“ musste wegen zu geringer Anmeldungen ausfallen.
Informationsstände zum Welt-Down-Syndrom-Tag
Am 20/23. und 24. März 2012 wurden auf den Wochenmärkten in Meppen, Papenburg
und Lingen Informationsstände zum Welt-Down-Syndrom-Tag angeboten, um über das
Down-Syndrom zu informieren und über den neuen Bluttest auf Feststellung von Trisomie
21 zu diskutieren.
Der Meppener April 2012 EL-Kurier Lingen vom 07.04.2012
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Neue Zeitung vom 24.03.2012
EL-Kurier vom 04.04.2012
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Der Wecker vom 01.03.2012
Tag der offenen Tür in Krankenhäusern
Tag der Geburtshilfe Hümmling Krankenhaus Sögel
Am Tag der Geburtshilfe am 06.05.2012 wurde in Zusammenarbeit mit der
Schwangerschaftsberatungsstelle des Caritasverbandes Sögel ein Informationsstand zum
Beratungsangebot in der Schwangerschaftsberatung angeboten.
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Tag der offenen Tür Ludmillenstift Meppen
Am Tag der offenen Tür des Perinatalzentrum und der Kinderklinik am 16.06.2012 konnte
den Besucherinnen und Besuchern das Beratungsangebot bei PND aufgezeigt werden.
Meppener Tagespost vom 01.07.2012
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Meppener Tagespost vom 26.06.2012
Seite 32 von 44
5. Zusammenfassende Ergebnisse und weiterführende
Schlussfolgerungen
Nach Vorstellung der Arbeitsschwerpunkte im dritten Projektjahr werden nachfolgend
Ergebnisse einer bundesweit durchgeführten Studie (2010-2012), an der auch unser
Pilotprojekt beteiligt war und Ergebnisse eines Modellprojektes in Bayern (2008-2011)
dargestellt.
Parallelen in der Übertragbarkeit einiger bundesweiter Ergebnisse auf die bisherigen
Ergebnisse des Projektes im Landkreis Emsland werden dabei deutlich.
Bundesstudie
Die Bundesregierung hat zur Umsetzung der gesetzlichen Regelungen (§2aSchKG) die
Begleitstudie “Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung bei Pränataldiagnostik
und Schwangerschaftsabbruch“ in Auftrag gegeben. Hiermit betraut wurde Frau Prof. Dr.
Christiane Woopen von der Forschungsstelle Ethik an der Universität Köln.
Im Rahmen der Studie wurden in 2010 und 2011 bundesweit anhand von Fragebögen
8072 Gynäkologen ohne Schwerpunkt PND, Rücklauf 11%, 647 Pränatalmediziner,
Rücklauf 29,8%, 1350 psychosoziale Beraterinnen, Rücklauf 58,2% und 189
Mitarbeiterinnen aus Selbsthilfegruppen, Rücklauf 24,1%, schriftlich befragt.
Nachfolgend wurden durch Interviews die Erfahrungen von einzelnen Ärzten und
psychosozialen Beraterinnen an ausgewählten Einzelstandorten in die Studie
miteinbezogen.
In 2012 wurden auch Herr Dr. Jörn Siemer, Krankenhaus Ludmillenstift Meppen und Heike
Veen, SkF Meppen, Pilotprojekt im Emsland, interviewt.
Ergebnisse der Studie:
• Weiterführende Pränataldiagnostik konzentriert sich zunehmend an PND-
Zentren/Schwerpunktpraxen, ca. 80% der niedergelassenen
Gynäkologinnen/Gynäkologen überweisen ihre Patientinnen mit auffälligem
pränataldiagnostischem Befund an Kollegen zur weiterführenden Diagnostik weiter.
• Pränataldiagnostiker arbeiten i.d.R. mit mehreren, aber dennoch mit einer
beschränkten Anzahl von Beratungsstellen zusammen.
• Bei bestehender Zusammenarbeit kommt es zu einer Konzentration von
Beratungsfällen an bestimmten Beratungsstellen.
• Die Zusammenarbeit gelingt gut auf Initiative des Arztes und an PND-Zentren, aber
nicht flächendeckend.
• Manche Pränataldiagnostiker vermitteln gar keine oder nur wenige ihrer
Patientinnen an psychosoziale Beratungsstellen.
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• Wichtig für die funktionierende Vermittlung von Frauen in die psychosoziale
Beratung ist die Wertschätzung psychosozialer Beratung durch die Ärztin/den Arzt,
die vertrauensvolle Zusammenarbeit, die kommunikative Überzeugungskraft des
Arztes gegenüber der Patientin und die niederschwellige Erreichbarkeit der
Beraterin.
• Für eine erfolgreiche Vermittlung ist die persönliche Empfehlung einer Beraterin
durch den Arzt wichtig.
• Viele Pränataldiagnostiker vermitteln nach Feststehen der Diagnose in die
psychosoziale Beratung.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es an verschiedenen Punkten noch immer die
Möglichkeiten einer Verbesserung gibt, hier insbesondere, was unter der „Vermittlung“ von
Kontakten zu Beratungsstellen nach §3 SchKG zu verstehen ist.15
Landesstudie Bayern
Dass neben der medizinischen Betreuung eine frühzeitige psychosoziale Beratung
hilfreich sein kann, haben auch Ergebnisse des Modellprojektes „Psychosoziale Beratung
im Vorfeld der Pränataldiagnostik an der Schnittstelle zur medizinischen Beratung“ kurz
„Verbundprojekt-Beratung in der frühen Schwangerschaft“ in Bayern gezeigt.
Das Projekt in Bayern hat zum Ziel, durch einen frühen, aktiven und integrierten
Beratungsansatz Frauen so früh wie möglich in der Schwangerschaft auf
pränataldiagnostische Untersuchungen anzusprechen und auf Beratungsangebote im
Kontext von Pränataldiagnostik hinzuweisen.
Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Ärztinnen/Ärzten und Beraterinnen im Landkreis
Emsland
Viele der vorgenannten Ergebnisse der Studien lassen sich auch auf die Situation im
Landkreis Emsland übertragen. Die meisten niedergelassenen Gynäkologinnen und
Gynäkologen überweisen ihre Patientinnen für weiterführend pränatale Diagnostik an
PND-Schwerpunktpraxen oder Kliniken mit spezialisiertem Angebot außerhalb des
Landkreises, wie z.B. das Mathias-Spital in Rheine. Im Projekt wurden dorthin Kontakte
aufgebaut, damit Patientinnen aus dem Emsland von Herr Prof. Dr. Meyer-Wittkopf an
den SkF Meppen vermittelt werden, um regional die psychosoziale Beratung in Anspruch
nehmen zu können.
In den Gesprächen mit Vertretern der Krankenhäuser und den niedergelassenen
Ärztinnen und Ärzten stand im Verlauf des Projektes immer das Bemühen im Vordergrund,
15
Vgl.: BZgA FORUM 2-2012, Das Schwangerschaftskonfliktgesetz und seine Umsetzung: Ausgewählte Ergebnisse des Projektes
„Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung bei Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch (§imb-pnd)“,
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die Gesprächspartner für die schwierige Situationen von Frauen und Paaren bei
auffälligem Befund zu sensibilisieren und das unterstützende Beratungsangebot der
psychosozialen Beratung zu erläutern. Denn die Beratung in den katholischen
Schwangerschaftsberatungsstellen umfasst nicht nur sozialrechtliche Fragen. Sie stellt
sich den Konflikt- und Grenzsituationen, in die schwangere Frauen und Paare bei
pränatalen Untersuchungen geraten können.
Eine Vermittlung der Frau/ des Paares in die Beratung kann nur gelingen, wenn die
Ärztin/der Arzt der Frau/dem Paar eine persönliche Empfehlung für die Beratung
ausspricht.
Nach eigenen Angaben weisen viele Ärztinnen/Ärzte die Frau, auch durch die Weitergabe
von Informationsmaterialien, auf das Beratungsangebot hin. Wie jedoch bundesweit
erkennbar ist, gibt es dabei ein unterschiedliches Verständnis von der „Vermittlung“ in
Beratung auf Seiten der Ärzte und Beraterinnen. Aus Sicht der Beraterin reicht der
Hinweis auf die Beratung nicht aus. Denn nur durch den Hinweis auf das
Beratungsangebot ist nicht sichergestellt, dass die Betroffenen in ihrer Krisensituation
selber in der Lage sind, in einer Beratungsstelle einen Termin zu vereinbaren. Hier ist die
direkte persönliche Kontaktaufnahme der Ärztin/des Arztes (oder Mitarbeiterinnen) zu der
Beraterin wünschenswert. Es gilt zukünftig noch Wege zu finden, um für Frauen und
Paare den Zugang in die Beratung zu verbessern.
Es stellt sich auch die Frage, wann der „richtige“ Zeitpunkt gegeben ist, in die
psychosoziale Beratung zu vermitteln. Häufig wird erst nach Feststellung der Diagnose auf
das Beratungsangebot hingewiesen. In einigen Fällen wäre es gut, wenn während der
Untersuchungen und beim Warten auf das Ergebnis schon unterstützend die Beratung in
Anspruch genommen würde, damit die Frau/das Paar in dieser krisenhaften Situation
aufgefangen und begleitet werden kann.
Durch eine noch intensivere Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen und ein
Wissen darum, könnte die psychosoziale Beratung von Ratsuchenden vor Ort noch besser
verankert sein.
Schwangere Frauen/Paare könnten durch eine ganzheitliche Betreuung besser mit der
belastenden Situation umgehen und eine fundierte Entscheidung treffen.
Schlussfolgerungen
Das Pilotprojekt im Landkreis Emsland war zunächst auf drei Jahre befristet. Während
dieser Zeit wurde deutlich, dass die Projektzeit nicht ausreicht, um die Umsetzung des
Projektes in erforderlicher Weise zu realisieren.
Die psychosoziale Beratung im Kontext von Pränataldianostik ist trotz gesetzlicher
Vorgaben weder bei den Ärztinnen/Ärzten, noch bei den betroffenen schwangeren
Frauen/Paaren, noch in der allgemeinen Öffentlichkeit hinreichend bekannt.
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Daher bedarf es des weiteren Ausbaus der Zusammenarbeit zwischen den
Ärztinnen/Ärzten und den Beraterinnen, um eine ganzheitliche Betreuung bei
Pränataldiagnostik nach den gesetzlichen Vorgaben zu erreichen.
Vor dem Hintergrund des neuen Bluttests und weiterer Tests, die in der Pränataldiagnostik
in Vorbereitung sind, ist eine stärkere Bewusstmachung und Auseinandersetzung mit
existenziellen, ethischen Fragen erforderlich. Wird die Diagnose Trisomie 21 gestellt, steht
oft das Leben des Kindes zur Disposition.
„In der Gesellschaft bildet sich mehr und mehr eine Mentalität heraus, die die
Lebensqualität vom Standpunkt der Gesundheit und Leistungsfähigkeit beurteilt. Das kann
den Konflikt auslösen, dem Kind ein Leben mit Behinderung „ersparen“ zu wollen. Hinzu
kann die Angst kommen, selbst den Aufgaben und Anforderungen mit einem behinderten
Kind nicht gewachsen zu sein sowie zu glauben, der Familie das Leben mit einem
behinderten Kind nicht zumuten zu dürfen und im weiteren sozialen Umfeld auf
Verständnis zu stoßen.“16
Medizinischer Fortschritt und gesellschaftliche Trends bedrängen heute immer stärker
Frauen und Paare in ihrer Entscheidungsfindung. Umso wichtiger sind die stetige
Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen und eine wertbezogene Orientierung.
16
Ja zum Leben - Rahmenkonzeption für die Arbeit katholischer Schwangerschaftsberatungsstellen, 2000, S.17
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6. Fragestellungen und Herausforderungen für eine Weiterführung des
Projektes
Fragestellungen
Die öffentliche Meinung spielt eine wichtige Rolle. Akzeptiert und toleriert unsere
Gesellschaft Menschen mit Behinderung oder Erkrankung? Können sie im Vergleich zu
nichtbehinderten Menschen gleichberechtigt teilhaben am Leben in unserer Gesellschaft?
Oder gibt es eine stillschweigende Übereinkunft zwischen dem Arzt - der Schwangeren –
der Gesellschaft, dass ein Leben mit Behinderung oder Erkrankung nicht lebenswert,
somit vermeidbar wäre?
„Insgesamt stehe ich der Pränataldiagnostik kritisch gegenüber, da ich es sehr
problematisch finde, Herr(in) über Leben und Tod zu sein. Welches Leben ist lebenswert?
Ich würde mir mehr gesellschaftliche Unterstützung für ein behindertes Leben wünschen.“
(Studienteilnehmerin)17
In der heutigen Zeit macht es die Umwelt den werdenden Eltern schwer, sich für ein Kind
mit einer Erkrankung oder Behinderung zu entscheiden. In der allgemeinen Auffassung
stellt die Behinderung eines Kindes einen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch dar.
Eltern, die z.B. ein Kind mit Down-Syndrom bekommen haben, müssen sich vorwurfsvolle
Äußerungen gefallen lassen, Kinder mit Down-Syndrom seien unzumutbar und würden der
Gesellschaft finanziell zur Last fallen.
Eltern, die ein Kind mit Behinderung erwarten, haben häufig Angst davor, allein gelassen
zu werden. Sie benötigen die Zusage der verlässlichen Unterstützung in der Bewältigung
ihres Alltags.
Es stellt sich auch die Frage, wem nach seiner Geburt ein Leben ohne Behinderung oder
Erkrankung garantiert werden kann?
Weiterführung des Projektes
In 2012 wurde eine Zusage vom Diözesan-Caritasverband gegeben, mit dem Projekt
fortzufahren.
Sehr erfreulich ist, dass für die weitere Umsetzung des Projektes auch finanzielle Mittel
von der Welker-Stiftung zugesagt wurden. Es wäre wünschenswert, wenn weitere
Stiftungen das Projekt finanziell mittragen würden.
17
Wassermann, K., Rohde, A., Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart 2009, S.2
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Arbeitsschwerpunkte der künftigen Projektarbeit:
Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern und niedergelassenen Gynäkologinnen und
Gynäkologen
• Ausbau der Kontakte zu den Ärztinnen/Ärzten in den katholischen Krankenhäusern
im Landkreis Emsland und weiteren Krankenhäusern, die schwangere Frauen aus
dem Emsland bei pränataldiagnostischen Untersuchungen behandeln
• Weiterentwicklung der Ergebnisse aus den vorangegangenen Projektjahren, z.B.
Herausgabe gemeinsamer Informationsmaterialien
• Intensivierung der Zusammenarbeit mit niedergelassenen
Gynäkologinnen/Gynäkologen
• Gespräche mit Ethikkommissionen der Krankenhäuser führen
• Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen
Professionen zu befördern u.a. mit Pränatalmedizinern, Gynäkologen,
Neonatologen, Schwangerschaftsberaterinnen, Hebammen
Beratungsinhalte
Hier gilt es weitere Zugänge verbindlicher herzustellen, die schwangeren Frauen/Paaren
das psychosoziale Beratungsangebot bekannt machen und sie darin bestärken, das
Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen.
• Beratung von Frauen und Paaren vor, während und nach pränatalen
Untersuchungen
• Hilfen für Familien mit Kindern mit Behinderung/Erkrankung aufzeigen, verlässliche
Unterstützung anbieten
• Stärkung des Beratungsangebotes in den katholischen
Schwangerschaftsberatungsstellen (Caritas/SkF) im Kontext von PND,
regelmäßiger Austausch, Einbindung der Kolleginnen z.B. in die
Öffentlichkeitsarbeit vor Ort
Öffentlichkeitsarbeit
Die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich bedarf besonderer Akzentuierung und
Unterstützung.
Ziele der Öffentlichkeitsarbeit sind u.a.:
• Sensibilisierung des gesellschaftlichen Bewusstseins hinsichtlich des Wertes des
menschlichen Lebens, Schutz des ungeboren Lebens
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• Information und Aufklärung zu neuen Untersuchungsmethoden
• Mitwirkung an einem gesellschaftlichen Klima der Verantwortung in der
Gesellschaft, konkrete Unterstützung für ein Leben mit gesunden, kranken und
behinderten Kindern
Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit sind u.a.:
• Thematisierung der Inhalte in Schulen, Jugendgruppen
• Bekanntmachung des Beratungsangebotes in Arztpraxen
• Erstellung von Informationsmaterialien
• Nutzung des Mediums Film für die Auseinandersetzung mit dem Thema PND
• Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und /oder
Bildungshäusern
Im Projekt „Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren
im Kontext von Pränataldiagnostik“ soll erreicht werden, mit Personen aus dem
öffentlichen Leben eine „Allianz für das Leben“ zu bilden.
Menschen mit Behinderung oder Erkrankungen steht die Anerkennung ihrer Würde, ihres
Lebensrechts und des Rechts auf Inklusion zu.
Die Wertschätzung von Menschen mit Behinderung gibt unserer Gesellschaft eine bunte
Vielfalt.
Dokumentation
Die Ergebnisse und Erfahrungen in diesem Projekt sollen auch in Zukunft dokumentiert
werden und stehen interessierten Stellen zur Verfügung.
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Literaturverzeichnis
Bohg, Constanze, Viereinhalb Wochen, Pattloch Verlag GmbH & Co.KG, München, 2012
BZgA FORUM 2-2012, Das Schwangerschaftskonfliktgesetz und seine Umsetzung:
Ausgewählte Ergebnisse des Projektes „Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung
bei Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch (§imb-pnd)“
Deutscher Caritasverband, Ja zum Leben - Rahmenkonzeption für die Arbeit katholischer
Schwangerschaftsberatungsstellen, 2000
Deutscher Caritasverband e.V., Katholischer Krankenhausverband Deutschlands e.V.,
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Beratung und Begleitung von
schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik,
Handlungsempfehlung zur Kooperation von katholischen Krankenhäusern und
katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2010
Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V., Handreichung für die psychosoziale
Beratung bei Pränataldiagnostik und bei zu erwartender Behinderung des Kindes, Oktober
2005
Lammert,Cramer,Pingen-Rainer,Schulz,Neumann,Beckers,Siebert,Dewald,Cierpka,
Psychosoziale Beratung in der Pränataldiagnostik, Göttingen 2002
Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in
katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2012
Wallner-Moosreiner, Silvia, SkF Landesverband Bayern, Ärztliche Untersuchungen und
psychosoziale Beratungsanlässe vor, während und nach Pränataldiagnostik (PND)
Wassermann, K., Rohde, A. Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart,
2009
Zeitschrift Stern, Nr. 40;29.09.2012
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Anhang
Gesetzliche Regelungen
§2a Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG)
(1) Sprechen nach den Ergebnissen von pränataldiagnostischen Maßnahmen dringende Gründe
für die Annahme, dass die körperliche oder geistige Gesundheit des Kindes geschädigt ist, so hat
die Ärztin oder der Arzt, die oder der der Schwangeren die Diagnose mitteilt, über die
medizinischen und psychosozialen Aspekte, die sich aus dem Befund ergeben, unter
Hinzuziehung von Ärztinnen oder Ärzten, die mit dieser Gesundheitsschädigung bei geborenen
Kindern Erfahrung haben, zu beraten. Die Beratung erfolgt in allgemein verständlicher Form und
ergebnisoffen. Sie umfasst die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen, psychischen
und sozialen Fragen sowie der Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen
Belastungen. Die Ärztin oder der Arzt hat über den Anspruch auf weitere und vertiefende
psychosoziale Beratung nach § 2 zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren
Kontakte zu Beratungsstellen nach § 3 und zu Selbsthilfegruppen oder Behindertenverbänden zu
vermitteln.
(2) Die Ärztin oder der Arzt, die oder der gemäß § 218b Absatz 1 des Strafgesetzbuchs die
schriftliche Feststellung über die Voraussetzungen des § 218a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs zu
treffen hat, hat vor der schriftlichen Feststellung gemäß § 218b Absatz 1 des Strafgesetzbuchs die
Schwangere über die medizinischen und psychischen Aspekte eines Schwangerschaftsabbruchs
zu beraten, über den Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung nach § 2 zu
informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen nach § 3 zu
vermitteln, soweit dies nicht auf Grund des Absatzes 1 bereits geschehen ist. Die schriftliche
Feststellung darf nicht vor Ablauf von drei Tagen nach der Mitteilung der Diagnose gemäß Absatz
1 Satz 1 oder nach der Beratung gemäß Satz 1 vorgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn die
Schwangerschaft abgebrochen werden muss, um eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für Leib
oder Leben der Schwangeren abzuwenden.
(3) Die Ärztin oder der Arzt, die oder der die schriftliche Feststellung der Indikation zu treffen hat,
hat bei der schriftlichen Feststellung eine schriftliche Bestätigung der Schwangeren über die
Beratung und Vermittlung nach den Absätzen 1 und 2 oder über den Verzicht darauf einzuholen,
nicht aber vor Ablauf der Bedenkzeit nach Absatz 2 Satz 2.
Auszug aus §15 Gendiagnostikgesetz (GenDG)
(1) Eine genetische Untersuchung darf vorgeburtlich nur zu medizinischen Zwecken und nur
vorgenommen werden, soweit die Untersuchung auf bestimmte genetische Eigenschaften des
Embryos oder Fötus abzielt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und
Technik seine Gesundheit während der Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen,
oder wenn eine Behandlung des Embryos oder Fötus mit einem Arzneimittel vorgesehen ist,
dessen Wirkung durch bestimmte genetische Eigenschaften beeinflusst wird und die Schwangere
nach § 9 aufgeklärt worden ist und diese nach § 8 Abs. 1 eingewilligt hat. Wird anlässlich einer
Untersuchung nach Satz 1 oder einer sonstigen vorgeburtlichen Untersuchung das Geschlecht
eines Embryos oder Fötus festgestellt, kann dies der Schwangeren mit ihrer Einwilligung nach
Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden.
(2) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung, die darauf abzielt, genetische Eigenschaften des
Embryos oder des Fötus für eine Erkrankung festzustellen, die nach dem allgemein anerkannten
Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres
ausbricht, darf nicht vorgenommen werden.
(3) Vor einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung und nach Vorliegen des
Untersuchungsergebnisses ist die Schwangere entsprechend § 10 Abs. 2 und 3 genetisch zu
beraten und ergänzend auf den Beratungsanspruch nach § 2 des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes hinzuweisen; der Inhalt der Beratung ist zu dokumentieren.
Seite 41 von 44
Auszug aus §9 GenDG
(1) Vor Einholung der Einwilligung hat die verantwortliche ärztliche Person die betroffene Person
über Wesen, Bedeutung und Tragweite der genetischen Untersuchung aufzuklären. Der
betroffenen Person ist nach der Aufklärung eine angemessene Bedenkzeit bis zur Entscheidung
über die Einwilligung einzuräumen.
Auszug aus §10GenDG
(3) Die genetische Beratung erfolgt in allgemein verständlicher Form und ergebnisoffen. Sie
umfasst insbesondere die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen, psychischen und
sozialen Fragen im Zusammenhang mit einer Vornahme oder Nichtvornahme der genetischen
Untersuchung und ihren vorliegenden oder möglichen Untersuchungsergebnissen sowie der
Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen Belastungen der betroffenen
Person durch die Untersuchung und ihr Ergebnis. Mit Zustimmung der betroffenen Person kann
eine weitere sachverständige Person mitberatend hinzugezogen werden. Ist anzunehmen, dass
genetisch Verwandte der betroffenen Person Träger der zu untersuchenden genetischen
Eigenschaften mit Bedeutung für eine vermeidbare oder behandelbare Erkrankung oder
gesundheitliche Störung sind, umfasst die genetische Beratung auch die Empfehlung, diesen
Verwandten eine genetische Beratung zu empfehlen. Soll die genetische Untersuchung bei einem
Embryo oder Fötus vorgenommen werden, gilt Satz 4 entsprechend.
Seite 42 von 44
Einverständniserklärung
Der nachfolgend aufgeführte Vordruck kann von den Ärztinnen/Ärzten zukünftig genutzt
werden, um den Frauen den Zugang in die psychosoziale Beratung zu erleichtern.
Mit Einverständnis der betroffenen Frau werden die Daten an Heike Veen per Fax
übersandt, damit die Beraterin pro-aktiv Kontakt zu der betroffenen Frau aufnehmen kann,
um ihr die psychosoziale Beratung anzubieten.
Seite 43 von 44
Impressum
Herausgeber
Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte
Nagelshof 21b
49716 Meppen
Tel.: 05931 98410
Fax: 05931 17345
E-Mail: info@skf-meppen.de
www.skf-meppen.de
Redaktion
Martha Ortmann,
bis 15.04.13 Vorsitzende, Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte
Walburga Nürenberg,
ab 15.04.13 Vorsitzende, zuvor stellv. Vorsitzende, Sozialdienst katholischer Frauen e.V.
Meppen-Emsland Mitte
Heike Veen,
Projektleiterin, Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte
Tel.: 05931 9841-13
heike.veen@skf-meppen.de
Christiane Sobeczko,
Fachberatung, Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V., Osnabrück
Tel.: 0541 34978-256
csobeczko@caritas-os.de
Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik - Pilotprojekt im Landkreis Emsland-

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Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik - Pilotprojekt im Landkreis Emsland-

  • 1. Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik -Pilotprojekt im Landkreis Emsland- Jahresbericht 2012 3. Projektjahr
  • 2. Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung 1. GESETZLICHE REGELUNGEN ZUR PSYCHOSOZIALEN BERATUNG BEI PRÄNATALDIAGNOSTIK 4 2. METHODEN DER PRÄNATALDIAGNOSTIK 5 3. PSYCHOSOZIALE BERATUNG IN DER PRÄNATALDIAGNOSTIK 9 3.1 Psychosoziale Beratung - Grundverständnis 9 3.2 Psychosoziale Beratung im Kontext von PND - Was kann sie leisten? 10 4. ARBEITSSCHWERPUNKTE IM DRITTEN PROJEKTJAHR 12 4.1 Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und niedergelassenen Gynäkologinnen/Gynäkologen 12 4.2 Kooperation und Vernetzung 18 4.3 Inanspruchnahme der psychosozialen Beratung 20 4.4 Öffentlichkeitsarbeit 22 4.4.1 Pressearbeit 22 4.4.2 Veranstaltungen/Aktionen 26 5. ZUSAMMENFASSENDE ERGEBNISSE UND WEITERFÜHRENDE SCHLUSSFOLGERUNGEN 32 6. FRAGESTELLUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN FÜR EINE WEITERFÜHRUNG DES PROJEKTES 36 Anhang 40
  • 3. Seite 3 von 44 Vorbemerkung 2010 wurde beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) e.V. Meppen-Emsland Mitte, nachfolgend SkF Meppen, zunächst befristet für die Dauer von drei Jahren, im Emsland ein Pilotprojekt „Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik“ eingerichtet. Die gesetzlichen Änderungen sowohl im Schwangerschaftskonfliktgesetz als auch im Gendiagnostikgesetz und die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der vorgeburtlichen Untersuchungen haben den SkF Meppen und den Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V. dazu veranlasst, dieses Projekt durchzuführen. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist es, die Zusammenarbeit der Schwangerschafts- beratungsstellen mit den Krankenhäusern und niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen im Emsland zu intensivieren und weiter zu entwickeln. Hierdurch soll eine engere Verbindung von ärztlicher und psychosozialer Beratung erreicht werden, um Frauen und Paaren bei pränatalen (vorgeburtlichen) Untersuchungen, insbesondere bei einem auffälligen Befund, eine umfassende Beratung und Betreuung anzubieten, damit sie in ihren Entscheidungsnöten nicht alleingelassen werden. Vom Verfahren ist vorgesehen, dass Ärztinnen und Ärzte sich an Heike Veen, die Projektleiterin und zentrale Ansprechperson, wenden, wenn sie eine Frau/ein Paar in die vertiefende psychosoziale Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik (PND) vermitteln möchten. Da die Beratungen in der Regel weiterhin vor Ort angeboten werden sollen, koordiniert Heike Veen ein Beratungsgespräch mit den anderen Schwangerschaftsberatungsstellen des Sozialdienstes katholischer Frauen und des Caritasverbandes. Im ersten Jahr lag der Schwerpunkt der Arbeit in der Bekanntmachung des Pilotprojektes und der persönlichen Kontaktaufnahme zu den Geschäftsführern und Chefärzten der Gynäkologie und Geburtshilfe in den Krankenhäusern und zu den niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen. Es wurden Informationsmaterialien erarbeitet, die von den Ärztinnen und Ärzten an betroffene Frauen und Paare weitergegeben werden können. Während des zweiten Projektjahres wurden die Kontakte zu den Krankenhäusern weiter ausgebaut. Auch der Kontakt zu möglichen Netzwerkpartnern, wie z.B. Hebammen, Frühförderung, Einrichtungen der Behindertenhilfe und Eltern- und Selbsthilfegruppen konnte verstärkt werden. Weitergehende Informationen sind in den Berichten aus dem ersten und zweiten Projektjahr enthalten. In dem vorliegenden Bericht werden einführend kurz gesetzliche Grundlagen der Beratung bei pränatalen Untersuchungen aufgeführt und Untersuchungsmethoden der Pränataldiagnostik benannt. Ferner wird der Stellenwert der psychosozialen Beratung bei Pränataldiagnostik beschrieben. Es folgen die Arbeitsschwerpunkte im dritten Projektjahr sowie Ergebnisse, Schlussfolgerungen und Fragestellungen, die sich aus der Arbeit für eine Weiterführung des Projektes ergeben.
  • 4. Seite 4 von 44 1. Gesetzliche Regelungen zur psychosozialen Beratung bei Pränataldiagnostik Schwangere Frauen und Paare reagieren auf den Verdacht, dass das Kind krank oder behindert zur Welt kommen könnte, oft mit großer Sorge und Verunsicherung. Frauen und Paare haben einen Rechtsanspruch darauf, sich in allen eine Schwangerschaft berührenden Fragen informieren und beraten zu lassen. Die rechtlichen Grundlagen für die Beratung von schwangeren Frauen im Kontext von Pränataldiagnostik finden sich u.a. in der seit 2010 neu geregelten Fassung des §2a Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) und den §§15, 3, 9, 10 Gendiagnostikgesetz (GenDG). Auszüge aus den Gesetzestexten sind im Anhang abgedruckt. Die Regelungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz und im Gendiagnostikgesetz haben zum Ziel, die Beratung der schwangeren Frau im Kontext von genetischen Untersuchungen und pränatalen Befunden zu verbessern. Nach den gesetzlichen Vorgaben ist es Aufgabe der Ärztin/des Arztes, bei einem auffälligen vorgeburtlichen Befund die medizinischen, psychischen und sozialen Fragen mit der Frau zu besprechen. Sie/er wird sie auf die vertiefende psychosoziale Beratung in einer Schwangerschaftsberatungsstelle hinweisen und die Frau mit ihrem Einverständnis nach dorthin vermitteln. Zu beachten gilt, dass Frauen möglicherweise gar nicht wissen möchten, ob ihr Kind krank oder mit einer Behinderung zur Welt kommen könnte. Es obliegt der Entscheidung der Frau, ob sie weitergehende pränatale Untersuchungen durchführen lässt. Sowohl für eine genetische Beratung vor einer Untersuchung, für die Untersuchung selbst und auch für das Ergebnis der Untersuchung gibt es ein Recht auf Nichtwissen für die Frau.
  • 5. Seite 5 von 44 2. Methoden der Pränataldiagnostik Mutterschaftsrichtlinien Im Verlauf einer Schwangerschaft werden in der Regel im Rahmen der Schwangerenvorsorge Untersuchungen nach den sogenannten „Mutterschaftsrichtlinien“1 durchgeführt. Diese bietet jede gynäkologische Praxis an. Hierzu gehören: • Das Anamnesegespräch • eine allgemeinmedizinische Untersuchung • verschiedene serologische Untersuchungen, wie Tests auf Infektionskrankheiten • ein Test auf immunologische Abwehrreaktion zwischen Mutter und Kind • drei Ultraschalluntersuchungen, 09.-12., 19.-22., 29.-32. Woche; die zweite dient zur Aufspürung von körperlichen Fehlbildungen. Sollten sich durch die Vorsorgeuntersuchungen Hinweise auf eine Risikoschwangerschaft ergeben, z.B. bei Fehlbildungen des Kindes, wird die Ärztin/der Arzt die Schwangere über die Möglichkeiten einer humangenetischen Beratung und Untersuchung aufklären, wie Amniozentese, Chorionzottenbiopsie o.ä. . Die schwangeren Frauen werden dann häufig an spezialisierte Praxen überwiesen, wo Ärztinnen/Ärzte arbeiten, die eine spezielle Ausbildung (Degum II, Degum III), haben, um spezielle Ultraschalluntersuchungen oder invasive Verfahren durchführen zu können. Diese PND-Schwerpunktpraxen bzw. PND-Zentren verfügen über spezielle diagnostische Untersuchungsgeräte. Weitergehende pränataldiagnostische Untersuchungen Immer mehr werdende Eltern nehmen weitergehende pränataldiagnostische Untersuchungen in Anspruch. Sie erhoffen sich durch diese Untersuchungen eine Bestätigung, dass ihr ungeborenes Kind gesund ist. 1 Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen,1999
  • 6. Seite 6 von 44 Das nachfolgende Schaubild2 gibt einen Überblick über pränataldiagnostische Untersuchungsmethoden, die in nichtinvasiv und invasiv unterschieden werden. Nichtinvasive Untersuchungen Bei nichtinvasiven Untersuchungen wird nicht in den Körper der Schwangeren eingedrungen. Bei den Untersuchungen gibt es keine Risiken für das Ungeborene und die Mutter. Zu diesen Methoden gehören: • Ultraschalluntersuchungen, wie die Nackentransparenzmessung, die Nasenbeinmessung, die Fetometrie, der Feinultraschall, die Doppler-Sonographie, der 3D-/4D-Ultraschall. • Serologische (Blut-) Untersuchungen, wie beispielsweise der Triple-Test, Erst- Trimester-Screening, das integrierte Screening, der neue Bluttest (Praena-Test). Invasive Untersuchungen Invasive, das heißt innerhalb des Körpers der Schwangeren vorgenommene Untersuchungen sind u.a.: • Die Amniozenthese (Fruchtwasserpunktion) • Die Chorionzottenbiopsie • Die Nabelschnurpunktion. 2 Wassermann, K., Rohde, A. Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart 2009, S. 35
  • 7. Seite 7 von 44 Invasive Untersuchungsmethoden sind mit von verschiedenen Faktoren abhängigen Risiken, wie z. B. einer Fehlgeburt belastet. Bei Fruchtwasseruntersuchungen gibt es ein Fehlgeburtsrisiko von 0,5-1%: eine von 100-200 Frauen hat eine Fehlgeburt. Für werdende Eltern spielt die Abwägung zwischen den Risiken der Untersuchung und der Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Behinderung eine wichtige Rolle bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme von invasiven Untersuchungen. Ärzte sehen sich bei pränataldiagnostischen Untersuchungen zunehmend Schadensersatzansprüchen ausgesetzt. Bluttest auf Bestimmung von Trisomie 21 Es ist ein neuer Bluttest auf Bestimmung von Trisomie 21 (Praena-Test) entwickelt worden, der seit Sommer 2012 in Deutschland angewendet werden kann. Bei dieser nicht-invasiven Methode werden aus dem mütterlichen Blut Erbinformationen des ungeborenen Kindes gefiltert und dann auf Chromosomenauffälligkeiten untersucht. Der Bluttest zeigt deutlich die Möglichkeiten und Grenzen in der Weiterentwicklung der Pränatalmedizin. Er kann invasive Verfahren mit unnötigen Abgängen von Embryonen mit normaler genetischer Ausstattung vermeiden; obgleich bei einem entsprechenden Verdacht weiterhin eine Fruchtwasseruntersuchung erforderlich ist. Es wächst die Gefahr, dass der Umgang mit dem Bluttest, der bereits sehr früh in der Schwangerschaft (ab 12. SSW.) eingesetzt werden kann, zur Selektion von Menschen mit Down-Syndrom führt. Der Fortschritt in der Pränatalmedizin schreitet rasant voran, weitere Bluttests auf Feststellung von anderen erblich bedingten Erkrankungen sind in Vorbereitung. Kosten für pränataldiagnostische Untersuchungen Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen für drei Basis-Ultraschalluntersuchungen. Darüber hinaus werden Kosten für weitergehende Untersuchungen nur dann von den Krankenkassen übernommen, wenn eine medizinische Notwendigkeit hierfür besteht. Wünscht die Frau von sich aus pränataldiagnostische Untersuchungen, die nicht medizinisch indiziert sind, muss die Frau die Leistungen als IGeL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistung) selber tragen.
  • 8. Seite 8 von 44 Ärztliche Untersuchungen und psychosoziale Beratung Die folgende Übersicht führt anschaulich ärztliche Untersuchungen und ärztliche Beratung auf. Analog zu den jeweiligen Untersuchungen wird beschrieben, welche Beratungsinhalte in der psychosozialen Beratung mit der schwangeren Frau/dem Paar angesprochen werden.3 3 Wallner-Moosreiner, Silvia, SkF Landesverband Bayern, Ärztliche Untersuchungen und psychosoziale Beratungsanlässe vor, während und nach Pränataldiagnostik (PND)
  • 9. Seite 9 von 44 3. Psychosoziale Beratung in der Pränataldiagnostik 3.1 Psychosoziale Beratung - Grundverständnis „Beratungsarbeit geht - im Unterschied zu einer am Krankheitsbergriff orientierten heilkundlichen Psychotherapie - davon aus, dass das Leben von Individuen, Paaren, Familien und Lebensgemeinschaften einem Entwicklungsprozess unterworfen ist, bei dem die Grenzen zwischen gleichsam notwendigen Krisen und seelischen Fehlentscheidungen fließend sind. Krisenhafte Erscheinungen sind Belastungen, bieten aber auch die Chance zur Neuorientierung. Das Erleben solcher Krisen und Beeinträchtigungen und die Art und Weise ihrer Verarbeitung sind der primäre Ansatz für Beratung.“ (Deutsche Arbeitskreis für Jugend-, Ehe und Familienberatung, DAK, 1993)4 „Die psychosoziale Beratung in der Schwangerschaftsberatung ist ein Angebot an Menschen, die sich mit Problemen und Konflikten auseinandersetzen müssen, die sie momentan allein bzw. in ihrer Familie oder in ihrem sozialen Umfeld nicht in befriedigender Weise bewältigen können.“5 Die katholische Schwangerschaftsberatung versteht sich als Teil des diakonischen Dienstes der Kirche und als Anwältin des Lebens, sowohl des ungeborenen Kindes als auch des Lebens der schwangeren Frau. „Zum Beratungsverständnis gehört neben der fachlichen Ausgestaltung auf der Basis rechtlicher Vorgaben wesentlich die Orientierung am christlichen Menschenbild. Für Christen hat das ungeborene Leben die gleiche Würde und das gleiche Recht auf Leben wie ein geborener Mensch. Als Ebenbild Gottes ist jeder Mensch in seiner ihm eigenen Art gewollt und angenommen - unabhängig davon, welchen Grad an Gesundheit, Erkenntnis, Selbstbewusstsein oder körperlicher, geistiger oder seelischer Lebensfähigkeit er besitzt.“6 Die psychosoziale Beratung in der Schwangerschaftsberatung hat sowohl die psychische Verfassung der Frau als auch ihre soziale Lebenssituation im Blick. Sie will Ratsuchende zur Selbsthilfe und zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung für das ungeborene Kind befähigen. In dem Beratungsprozess ist Raum für Begegnung und Dialog zwischen der Beraterin und den Ratsuchenden. Am Beginn des Beratungsprozesses steht das Ergebnis noch nicht fest. „In der Beratung als zielorientierter und ergebnisoffener Prozess ermutigt die Beraterin und schüchtert nicht ein, sie hat Verständnis und belehrt nicht, sie macht keine Schuldgefühle, gibt aber Raum für die Frage nach Schuld.“7 4 Lammert,Cramer,Pingen-Rainer,Schulz,Neumann,Beckers,Siebert,Dewald,Cierpka, Psychosoziale Beratung in der Pränataldiagnostik- Ein Praxishandbuch, Göttingen 2002, S.46 5 Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2012, S.11 6 Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2012, S.10 7 Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V., Handreichung für die psychosoziale Beratung bei Pränataldiagnostik und bei zu erwartender Behinderung des Kindes, Oktober 2005, S.11
  • 10. Seite 10 von 44 Die Beratung deckt das Dilemma zwischen dem Wunsch der Frau, das Kind zu wollen, aber die Sorge, den damit verbunden Aufgaben nicht gewachsen zu sein, auf. In der Beratung sollen alle Ressourcen der Frau, des Partners, im persönlichen Umfeld und in institutionellen Bereichen erschlossen werden. 3.2 Psychosoziale Beratung im Kontext von PND - Was kann sie leisten? Was ist, wenn bei der Pränataldiagnostik eine Krankheit oder Behinderung des ungeborenen Kindes festgestellt wird? Dann ist Beratung wichtig. Denn vielen Frauen stellt sich in dieser Situation die Frage, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen oder nicht. Die psychosoziale Beratung im Kontext von PND ist ein spezialisiertes Angebot der Schwangerschaftsberatungsstellen, welches die medizinische Beratung und Betreuung ergänzt. Pränataldiagnostische Untersuchungen können zu existenziellen Fragen bei der Frau/dem Partner führen. Nach einem auffälligen Befund müssen Entscheidungen getroffen werden, die „unmögliche“ Entscheidungen sind. „Man denkt, dass die Untersuchung Routine ist, aber auf einmal bleibt die Welt stehen.“ (Studienteilnehmerin)8 Der Verdacht oder die Diagnose, dass das ungeborene Kind krank oder behindert sein könnte, führt zu einer emotional sehr belasteten Situation, weil dieses Ereignis den Hoffnungen, Wünschen und Erwartungen widerspricht. Die Reaktion der Frau/des Paares auf die Diagnosemitteilung ist oft ein Schock. Die Diagnose kann in eine große Hilflosigkeit führen. „Unser Leben ist irgendwie grad zu Ende. Wir wollen kein schwerstbehindertes Kind. Aber soll ich jetzt in die Klinik und die Geburt einleiten? Damit wir sicher sein können, dass er bei der Geburt stirbt? Es gibt keine Alternative, die machbar scheint. Wir sind am Ende. Aber diesmal richtig. Und nun?“9 Die Ärztin/der Arzt, die/der in dieser Situation auf die psychosoziale Beratung hinweist und die Frau konkret in die Beratung vermittelt, nimmt die Krisen- und Konfliktsituation der Frau ernst. Im Mittelpunkt der psychosozialen Beratung steht die psychische und soziale Situation der Betroffenen und ihres Partners. Die Beratung bietet der Schwangeren/dem Partner in einer solchen Situation einen geschützten Raum, um die widersprüchlichen Gefühle, wie Hoffnung und Angst, Zuversicht und Zweifel wahrnehmen und aussprechen zu können. 8 Wassermann, K., Rohde, A., Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart 2009, S.29 9 Bohg, Constanze, Viereinhalb Wochen, Pattloch Verlag GmbH & Co.KG, München, 2012, S. 73f
  • 11. Seite 11 von 44 Durch die Beraterinnen, die über eine Zusatzqualifikation in psychosozialer Beratung und Begleitung im Kontext von pränataler Diagnostik und zu erwartender Behinderung des Kindes verfügen, wird es den Ratsuchenden ermöglicht, ihre ganz persönlichen Fragen zu klären. Was empfinden sie? Was haben sie sich gewünscht? Welche Konsequenzen hätte ein auffälliger Befund? Was sagt die Familie? Die Hoffnungen und Wünsche, die mit dem Kind verbunden waren, sollten in der Beratung ausreichend Raum erhalten. In der Beratung können werdende Eltern offen ambivalente Gefühle und Gedanken benennen, von denen sie vielleicht nur ungern sprechen. Häufig treten hierbei ethisch- moralische Fragestellungen in den Vordergrund. Warum hat mein Kind diese Behinderung? Wie kann Gott zulassen, dass so etwas passiert? Wie kann ich, wie können wir die richtige Entscheidung treffen? „In der Beratung geht es durch strukturiertes Vorgehen um die Klärung der individuellen Lebenssituation, der Lebensplanung, des Werteverständnisses und um die Abwägung der Handlungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Gefühle und der sozialen Situation der Frau/des Paares.“10 Die psychosoziale Beratung kann wesentlich dazu beitragen, unter Berücksichtigung der persönlichen Ressourcen der Ratsuchenden, die gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse besser einschätzen zu können und Lösungsansätze zu entwickeln. In der Beratung wird auf Unterstützungsmöglichkeiten und Hilfen durch staatliche Stellen, Krankenkassen, Selbsthilfegruppen u.a. hingewiesen. Die Übersicht stellt verkürzt die Beratungsanlässe dar, in denen eine psychosoziale Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik hilfreich sein kann.11 10 Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2012, S.12 11 Deutscher Caritasverband e.V., Katholischer Krankenhausverband Deutschlands e.V., Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik, Handlungsempfehlung zur Kooperation von katholischen Krankenhäusern und katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2010, S.11
  • 12. Seite 12 von 44 4. Arbeitsschwerpunkte im dritten Projektjahr Im dritten Jahr des Projektes war die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Ärztinnen/Ärzten eine wesentliche Aufgabe. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit lag in der Vernetzung mit anderen sozialen und familienbezogenen Diensten und Institutionen. 4.1 Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und niedergelassenen Gynäkologinnen/Gynäkologen Der Deutsche Caritasverband und die Fachverbände Katholischer Krankenhausverband Deutschlands (KKVD) und Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) haben 2010 eine Handlungsempfehlung “Beratung und Begleitung von Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik“ veröffentlicht. Die Handlungsempfehlung hat das Ziel, die Diskussion über ethische und beraterische Fragen im Kontext von Pränataldiagnostik zu fördern und konkrete Kooperationen zwischen den katholischen Krankenhäusern und Schwangerschaftsberatungsstellen zu erreichen. Durch diese Kooperationen soll die psychosoziale Beratung bei PND strukturell besser verankert werden, um schwangeren Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt des Kindes sowie nach dem Verlust des Kindes bzw. nach einem Schwangerschaftsabbruch den Zugang zur Beratung zu ermöglichen. Hierdurch wollen sich die Verbände in ihren Strukturen ihren Beitrag zum Schutz des ungeborenen Lebens leisten. 12 Gespräch mit Dr. Markus Jüngerhans, Geschäftsführer des Katholischen Krankenhausverbandes (KKV) für die Diözese Osnabrück Um die Ziele der Handlungsempfehlung weiter in die Praxis umzusetzen, wurde das Gespräch mit dem neuen Geschäftsführer des KKV für die Diözese Osnabrück, Herrn Dr. Jüngerhans, gesucht. Nach einem persönlichen Kennenlernen und einem Bericht über den bisherigen Verlauf des Pilotprojektes im Landkreis Emsland wurde gemeinsam erörtert, wie die Vermittlung von betroffenen Frauen/Paaren in die psychosoziale Beratung einer Schwangerschaftsberatungsstelle durch die Ärztinnen und Ärzte gelingen könne. Konsens des Gespräches war, dass Informationsmaterialien, wie Visitenkarten und Flyer gut seien, um auf die Beratung hinzuweisen. Notwendig sei aber die unmittelbare Vermittlung der schwangeren Frau in die Beratung. Dieses könne am besten umgesetzt werden durch eine direkte Kontaktaufnahme zum Zeitpunkt der Diagnosemitteilung. Sollte dieses nicht möglich sein, könnte durch einen Anruf der Ärztin/des Arztes (oder seiner Angestellten) in der Beratungsstelle ein Gespräch für die Frau vereinbart werden. Als wichtig erachtete Herr Jüngerhans den regelmäßigen Kontakt und Austausch der Projektleiterin mit den Ärzten. Dieser wäre erreichbar über Austausch per E-Mail-Kontakt, regelmäßige Arbeitstreffen oder auch gemeinsame Fortbildungen. 12 Vgl.: : Deutscher Caritasverband e. V., Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Gesamtverein, Katholischer Krankenhausverband Deutschlands e.V., Handlungsempfehlung zur Kooperation von katholischen Krankenhäusern und katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2010, S. 2
  • 13. Seite 13 von 44 Herr Jüngerhans erklärte sich bereit, an Frau Veen einen E-Mail-Verteiler mit Ärztinnen und Ärzten der Krankenhäuser aus der Diözese weiterzuleiten, sodass wichtige Informationen im Rahmen des Projektes per E-Mail verschickt werden könnten. Ferner wurde vereinbart, dass Herr Jüngerhans es in 2013 ermöglichen werde, dass Frau Veen das Projekt bei einem Austauschtreffen von Ärztinnen/ Ärzten in der Diözese vorstellen kann. Kontakte zum Krankenhaus Ludmillenstift, Meppen Zu Beginn des Jahres 2012 referierte Herr Dr. Jörn Siemer, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe im Ludmillenstift Meppen, in der Mitgliederversammlung des SkF Meppen zu dem Thema „Ist mein Kind gesund? Chancen und Risiken vorgeburtlicher Untersuchungen“. In seinem Vortrag informierte er über die häufigsten Untersuchungen in der Pränatalmedizin. Hierbei erklärte er, dass pränatale Diagnostik und medizinischer Fortschritt therapeutische Optionen für das ungeborene Kind eröffnen. Die Pränatalmedizin werde aber auch begleitet von ethischem Konfliktpotential. In einem späteren Gespräch mit Herrn Dr. Siemer fand ein Austausch über das Verständnis von psychosozialer Beratung statt. Anhand von Beispielen wurde der umfassende Beratungsbedarf von schwangeren Frauen und Paaren bei PND erläutert. Herr Dr. Siemer schlug vor, eine gemeinsame Informationskarte zu entwickeln, welche die Kooperation zwischen dem Ludmillenstift und dem SkF Meppen darstellt. Die Karte solle auf das Angebot pränataler Untersuchungsmethoden im Ludmillenstift und auf das damit verbundene Beratungsangebot in der Schwangerschaftsberatungsstelle vor, während und nach vorgeburtlichen Beratungen hinweisen. Eine Anwesenheit der Beraterin während oder nach Mitteilung einer Diagnose an eine schwangere Frau hielt er für nicht ökonomisch. Er sagte zu, betroffene Frauen/Paare durch einen Telefonanruf an den SkF Meppen zu vermitteln. Er würde dann in seiner Behandlungsakte dokumentieren, ob Frauen, die er vermittelt habe, in Beratung gegangen seien. Auf Nachfrage wurde Herrn Dr. Siemer das Beratungsangebot bei Fehl- oder Totgeburt aufgezeigt und auf die „Trauergruppe für verwaiste Eltern“ aufmerksam gemacht, die vom SkF Meppen in Kooperation mit der Hospiz-Hilfe Meppen angeboten wird.
  • 14. Seite 14 von 44 Nachfolgend wurde in Zusammenarbeit mit der Pressestelle des Ludmillenstifts eine gemeinsame Informationskarte zum medizinischen und psychosozialen Beratungsangebot bei PND entwickelt. Die Karte wurde mit einem gemeinsamen Brief im Sommer 2012 an zuweisende Ärztinnen und Ärzte des Ludmillenstifts verschickt, verbunden mit der Bitte, die Informationskarte an betroffene Frauen/Paare weiterzureichen, um ihnen einen Überblick über das medizinische und psychosoziale Beratungsangebot vor Ort zu geben.
  • 15. Seite 15 von 44 Am Tag der offenen Tür des Perinatalzentrums Emsland und der Kinderklinik im Ludmillenstift konnte den Besucherinnen und Besuchern das Beratungsangebot bei vorgeburtlichen Untersuchungen an einem Infostand vorgestellt werden. Das Interesse an dem Thema war eher zurückhaltend. Es bedurfte der persönlichen Ansprache, um Aufmerksamkeit zu erzielen. So konnte in einzelnen Gesprächen mit Frauen über Untersuchungsmethoden gesprochen werden, wobei auch mögliche ethische Fragen, die sich aus den Untersuchungen heraus ergeben könnten, erörtert wurden. Mit der Stationsleitung der Gynäkologie und Geburtshilfe, Sr. Anita Wolken, wurde ein Austauschgespräch geführt, um zu reflektieren, wie die Vermittlung der Frauen in die psychosoziale Beratung verbessert werden könne. Im Gespräch wurde deutlich, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit aller Professionen ist. Sr. Anita erklärte sich bereit, die Informationen weiterzugeben. Die Zusammenarbeit mit dem Ludmillenstift erfuhr durch den Weggang von Dr. Siemer eine gewisse Stagnation. Das Ludmillenstift bat darum, weitere Gespräche aufzuschieben, bis die Chefarztstelle Anfang 2013 wieder besetzt sein würde. Kontakte zum St. Bonifatius-Hospital, Lingen In einem Telefonat mit Frau Krummen, Koordinierungsstelle „Guter Start ins Leben“, kam es in 2012 zu einem Austausch über das Beratungsangebot der Schwangerschafts- beratungsstellen vor, während und nach pränatalen Untersuchungen. In einem gemeinsamen Gespräch mit Herrn Martin Diek, dem neuen Geschäftsführer, und Herrn Dr. Manfred Johnscher, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, wurde überlegt, wie die Vermittlung von schwangeren Frauen/Paaren in die Beratung verbessert werden könnte. Herr Dr. Johnscher erklärte, dass er nicht viele Untersuchungen im Kontext von PND machen würde. Häufig würden die niedergelassenen Ärztinnen/Ärzte die Frauen/Paare an Praxen mit Schwerpunkt Pränataldiagnostik oder an Prof. Dr. Matthias Meyer-Wittkopf, Mathias-Spital Rheine überweisen. Mit Herrn Prof. Dr. Meyer-Wittkopf würde er auch zusammenarbeiten, wenn es um die Überprüfung des Verdachtes eines auffälligen Befundes gehe. Mit Herrn Diek und Herrn Dr. Johnscher wurde noch einmal ausführlich die Bedeutung von psychosozialer Beratung erörtert. Dabei wurde auch Bezug genommen auf einen Artikel, der den Gesprächspartnern ausgehändigt wurde. Darin werden die Erlebnisse eines Paares beschrieben, das durch die Inanspruchnahme von vorgeburtlichen Untersuchungen die Diagnose bekommen hat, dass ihr ungeborenes Kind schwerstbehindert oder tot zur Welt kommen wird. In diesem Artikel ist sehr realitätsnah beschrieben, welche Bedeutung die psychosoziale Beratung neben der medizinischen Betreuung hat.13 Das Paar hat sich mit Hilfe von Beratung viereinhalb Wochen damit auseinandergesetzt, ob ihr Kind zur Welt kommen soll. Die Eltern haben sich trotz der infausten Prognose gegen einen Schwangerschaftsabbruch entschieden. Sie haben ihre 13 Zeitschrift Stern, Nr. 40;29.09.2012, S. 90ff
  • 16. Seite 16 von 44 persönlichen Erlebnisse in einem Buch mit dem Titel „Viereinhalb Wochen“ veröffentlicht.14 Um betroffenen Frauen den Zugang zur Beratung zu erleichtern, erklärte sich Herr Dr. Johnscher bereit, von den schwangeren Frauen das Einverständnis einzuholen, ihre Daten an Heike Veen vom SkF Meppen übermitteln zu dürfen, damit diese dann pro-aktiv Kontakt mit der Frau aufnehmen könne, um eine Beratung anzubieten. Die Vordrucke der Einverständniserklärung (siehe Anhang) wurden Herrn Dr. Johnscher zur weiteren Umsetzung in schriftlicher Form überreicht. Kontakte zum Marienkrankenhaus, Papenburg-Aschendorf Im Frühjahr wurde telefonisch Kontakt zum Geschäftsführer des Marienkrankenhauses, Herrn Matthias Bitter, aufgenommen. Dieser bat darum, direkt mit dem leitenden Oberarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe, Herrn Dr. Kurt Köhler, Gespräche zu führen. Aufgrund von hoher Arbeitsverdichtung in Folge der Vakanz der Chefarztstelle Gynäkologie und Geburtshilfe konnte mit Herrn Dr. Köhler lediglich ein kurzes Gespräch geführt werden. Herr Dr. Köhler erklärte, er führe regelmäßig pränatale Untersuchungen durch. Er biete den Frauen vor den Untersuchungen immer die psychosoziale Beratung an. Diese würden die Frauen häufig nicht in Anspruch nehmen wollen. Bei einem auffälligen Befund würde er die Frauen immer auf die Beratung hinweisen. Um die Vermittlung der Frau in die Beratung zu vereinfachen, wurde mit Herrn Dr. Köhler ebenfalls die Einholung des Einverständnisses der Frau (siehe Anlage) vereinbart, ihre Daten an den SkF Meppen zu übermitteln, so dass Heike Veen pro-aktiv Kontakt zu der betroffenen Frau aufnehmen kann. Es wurde vereinbart, den Vordruck per E-Mail zu übersenden und das Verfahren zukünftig zu erproben. Herr Köhler erklärte sich bereit, den SkF Meppen zu informieren, sofern bei einer Veranstaltung des Krankenhauses die Möglichkeit bestehen würde, das Beratungs- angebot bei PND vorzustellen. Angesprochen auf den neuen Bluttest auf Feststellung von Trisomie 21 sagte Herr Köhler, er finde an dem Bluttest positiv, dass etliche Fruchtwasseruntersuchungen verbunden mit dem Risiko einer Fehlgeburt verhindert werden könnten. Bisher sei er von Frauen kaum auf den Test angesprochen worden. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er den Test nicht angewendet. Kontakte zum Hümmling Krankenhaus, Sögel Nach Kontaktaufnahme mit dem Hümmling Krankenhaus konnte die Projektleiterin in Kooperation mit Frau Elisabeth Meentken, Schwangerschaftsberaterin des 14 Bohg, Constanze, Viereinhalb Wochen, Pattloch, München, 2012
  • 17. Seite 17 von 44 Caritasverbandes Sögel, am Tag der Geburtshilfe einen Informationsstand anbieten. Die Besucherinnen und Besucher nutzten den Informationsstand, um mit den Beraterinnen über das Beratungsangebot in der Schwangerschaftsberatung, hier auch über Untersuchungen im Kontext von Pränataldiagnostik ins Gespräch zu kommen. An diesem Tag kam es auch mit der Seelsorgerin, Frau Püschel, zum Austausch über das Beratungsangebot bei Fehl- oder Totgeburten. Nachfolgend wurde ihr der Flyer zum Gruppenangebot „Trauergruppe für verwaiste Eltern“ des SkF Meppen und der Hospiz- Hilfe Meppen zur Weitergabe an betroffene Frauen/Paare zugeschickt. Durch den Kontakt der Projektleiterin zu Mitarbeiterinnen der Elternschule konnte nachfolgend verabredet werden, dass eine Kollegin der Schwangerschaftsberatungsstelle in Sögel das Angebot der Schwangerschaftsberatung zukünftig in der Geburtsvorbereitung vorstellen kann. Kontakte zum Mathias-Spital, Rheine In dem vorangegangenen Projektjahr wurde Herr Prof. Dr. Meyer-Wittkopf über das psychosoziale Beratungsangebot im Landkreis Emsland informiert. Er sagte zu, Frauen, die aus dem Raum Emsland zu ihm zu pränatalen Untersuchungen kommen würden, auf die Beratung hinzuweisen und diese Frauen an den SkF Meppen zu vermitteln. In 2012 hat eine Frau die Beratung aufgrund der Vermittlung durch Herrn Prof. Meyer-Wittkopf in Anspruch genommen. Niedergelassene Gynäkologinnen und Gynäkologen Neben der Schwangerschaftsvorsorge bieten auch viele niedergelassene Gynäkologinnen und Gynäkologen erste pränatale Untersuchungen, wie z.B. Nackentransparenz- messungen an. Sollten diese Untersuchungen einen Hinweis darauf enthalten, dass bei dem Ungeborenen eine Auffälligkeit besteht, überweisen sie die Frauen für weitergehende Untersuchungen an Praxen/Zentren mit Schwerpunkt pränataler Diagnostik oder an Krankenhäuser, die pränataldiagnostische Untersuchungen anbieten. In 2012 hatte die Projektleiterin zu einzelnen gynäkologischen Praxen persönlichen Kontakt. Hierbei wurde ihr zugesichert, dass die schwangeren Frauen bei Bedarf durch den überreichten Flyer auf das psychosoziale Beratungsangebot bei PND hingewiesen werden. Nach Aussage einiger Ärztinnen und Ärzte würden die Frauen bei einem auffälligen Befund nicht immer die Beratung in Anspruch nehmen wollen. Durch das gemeinsame Anschreiben und die Informationskarte des Ludmillenstifts Meppen und SkF Meppen zur Vorstellung der Kooperation bei der Betreuung von schwangeren Frauen/Paaren erhielten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte einen Hinweis auf das Beratungsangebot im Kontext von PND.
  • 18. Seite 18 von 44 4.2 Kooperation und Vernetzung Die Kooperation und Vernetzung mit anderen sozialen und familienbezogenen Diensten und Institutionen hat in 2012 einen großen Raum eingenommen. Hebammen Im Rahmen der Qualifizierung der Familienhebammen im Landkreis Emsland durch den SkF Lingen konnte die Projektleiterin, Heike Veen, den angehenden Familienhebammen die Ziele und Aufgaben im Projekt erläutern und mit ihnen über die Beratung im Kontext von vorgeburtlichen Untersuchungen ins Gespräch kommen. Außerdem wurden die Aufgaben und Angebote in der allgemeinen Schwangerschaftsberatung beschrieben. Heike Veen konnte die Arbeit im Projekt auch bei dem Hebammenstammtisch vorstellen. Anhand eines eingehenden Fallbeispiels zu in Frage kommenden Beratungsinhalten nach einem auffälligen Befund konnte die Sensibilität der Hebammen für die Notwendigkeit der psychosozialen Beratung geweckt und Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufgezeigt werden. Schwangerschaftsberatungsstellen Im Landkreis Emsland wurden die Kolleginnen der katholischen Schwangerschafts- beratungsstellen wie in den beiden vorangegangenen Projektjahren über den Verlauf des Projektes informiert. Eine direkte Zusammenarbeit fand bei der Durchführung der Informationsstände zum Welt-Down-Syndrom-Tag, den Tagen der offenen Tür in Krankenhäusern und bei einem Vortrag in Esterwegen statt. In regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen berichtete die Projektleiterin den Kolleginnen der Schwangerschaftsberatungsstellen in der Diözese Osnabrück über aktuelle Veränderungen im Kontext von Pränataldiagnostik, wie z.B. über den neuen Bluttest auf Bestimmung von Trisomie 21. Darüber hinaus wurde eine Schwangerschaftsberaterin, die in der Diözese Hildesheim in einer Projektstelle für die Beratung im Kontext von Pränataldiagnostik tätig ist, über die Arbeit im Pilotprojekt im Emsland informiert. Frühförderung und Entwicklungsberatung/ Elterntreffs Kinder mit Down Syndrom Der Welt-Down-Syndrom-Tag (21.03.) wurde von der Projektleiterin zum Anlass genommen, in den Städten Lingen, Meppen und Papenburg Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema zu machen. Hierfür wurden die Frühförderung und Entwicklungsberatung, die Elterntreffs Kinder mit Down Syndrom und die Kolleginnen der Schwangerschaftsberatungsstellen
  • 19. Seite 19 von 44 angesprochen. Alle beteiligten sich an den regional angebotenen Informationsständen, sodass diese eine sehr positive Resonanz erfuhren. Dadurch konnte auch das Netzwerk ausgebaut werden, um ratsuchenden Frauen/Paaren den Kontakt zu anderen Eltern, die ein Kind mit Down-Syndrom haben, zu ermöglichen. Gleichstellungsbeauftragte Die Arbeit im Projekt konnte den Gleichstellungsbeauftragten im Landkreises Emsland vorgestellt werden. Sie wurden als Multiplikatorinnen gewonnen, die ratsuchende Frauen auf das Beratungsangebot im Kontext von PND hinweisen. Hospiz-Hilfe Meppen In Kooperation mit der Hospiz-Hilfe Meppen bietet der SkF Meppen seit mehr als fünf Jahren eine „Trauergruppe für verwaiste Eltern“ an. In 2012 wurde damit begonnen, im Dekanat Emsland Mitte eine Informationsbroschüre über Angebote für Trauerarbeit zu erstellen. Darin soll auch das von der Hospiz-Hilfe und dem SkF angebotene Gesprächsangebot bei Verlust eines Kindes aufgenommen werden.
  • 20. Seite 20 von 44 4.3 Inanspruchnahme der psychosozialen Beratung Im dritten Jahr des Projektes konnte die Projektleiterin in zwei Beratungsfällen die Beratung und Begleitung im Kontext von Pränataldiagnostik durchführen. Beratungsfälle im Kontext von PND in 2012 In 2012 kam ein Ehepaar mit großem Gesprächs- und Beratungsbedarf in die Beratung. Die ersten Kontakte hatten in 2011 stattgefunden. Die vorgeburtlichen Untersuchungen führten zu der Diagnose Trisomie 21, die werdenden Eltern hatten sich für ihr Kind entschieden. Da bei der Feindiagnostik keine weiteren Auffälligkeiten gesehen wurden, waren die Ängste der Eltern geringer geworden, dass das Kind erkrankt sein könnte. Im Gespräch berichtete das Paar, dass sie nun die Geburt des Kindes auf sich zukommen lassen wollten. Mit dem Krankenhaus musste noch die Entbindung besprochen werden, eine Hebamme hatten sie sich gesucht. Gemeinsam wurden vor der Geburt des Kindes mit den Eltern die Anträge auf Kindergeld und Elterngeld vorbereitend ausgefüllt. Nach der Geburt des Kindes meldete sich der Vater bei der Beraterin. Sie besuchte die Familie im Krankenhaus, um den Eltern zur Geburt zu gratulieren. Sie waren sehr glücklich, aber auch betrübt, da bei dem Kind neben der Trisomie doch eine Erkrankung vorlag. Nachfolgend wurden die Eltern sehr intensiv im Krankenhaus und anschließend zu Hause von einer Hebamme betreut. In weiteren Gesprächen mit den Eltern berichteten sie, dass die Erkrankung des Kindes behandelt werden konnte, weitere Behandlungen noch ausstehen würden. Da für das Ehepaar viele zusätzliche Kosten aufgetreten waren, konnte ihnen in einer Notlage, bedingt durch die berufliche Situation des Mannes, finanzielle Hilfe durch den Bischofsfonds, Mütter in Not, gewährt werden. Die Eltern äußerten, die Entscheidung für das Kind hätten sie nicht bereut. Ein weiterer Fall stellt sich wie folgt dar. Aufgrund der Empfehlung eines Arztes im Krankenhaus hat eine Frau in einem existenziellen Konflikt im Kontext von pränatalen Untersuchungen die psychosoziale Beratung in Anspruch genommen. Die Frau war verheiratet. Sie hatten bereits ein Kind. Sie war mit ihrem „Wunschkind“ in der 12. Woche schwanger. Nach einer Ultraschalluntersuchung bei ihrem Gynäkologen wurde sie von diesem in ein Krankenhaus überwiesen. Dort wurde am Tag vor der Beratung ein spezieller Ultraschall durchgeführt. Die Diagnose war niederschmetternd. Bei dem ungeborenen Kind wurde eine schwere Fehlbildung des Kopfes und Rückens diagnostiziert mit einer sicheren infausten Prognose. Einen Tag nach der Diagnosemitteilung kam die Frau allein in die psychosoziale Beratung, da ihr Mann arbeiten musste. Die Frau war sehr betroffen, zumal sie und ihr Mann sich nach einer Fehlgeburt sehr über die erneute Schwangerschaft gefreut hatten. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes und der schweren Diagnose bei dem Kind schien sich die Frau für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden zu haben. Im Mittelpunkt des Gespräches stand die entscheidende Frage, ob die Schwangerschaft fortgesetzt werden kann oder ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden soll. Im Verlauf des Gespräches erfolgte
  • 21. Seite 21 von 44 eine Auseinandersetzung über Fragen nach den Perspektiven für das Leben ihres Kindes. Hierbei wurde im Gespräch auch die Frage der Schuld thematisiert. Danach wollte sie sich noch wieder mit ihrem Mann besprechen. Dem Paar wurde ein Angebot für ein gemeinsames Gespräch gemacht. Leider haben sie sich dann nicht wieder gemeldet. Gemeinsames Beratungsangebot von SkF Esterwegen, Lingen, Meppen, Caritasverband Papenburg, Sögel Im Netzwerk der Projektstelle mit den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen im Landkreis Emsland berichteten die Kolleginnen dass Fragestellungen im Vorfeld oder nach pränataldiagnostischen Untersuchungen durchaus Thema in Beratungen waren. So stellten sich Frauen z.B. aufgrund ihres Alters die Frage, ob sie, auch wenn sie bereits Kinder zur Welt gebracht haben, vorgeburtliche Untersuchungen durchführen lassen sollten. Einige Frauen äußerten in der Beratung ihre Sorge, sie könnten ein krankes oder behindertes Kind bekommen. In der Beratung berichteten Frauen von vorgeburtlichen Untersuchungen, die sie hätten durchführen lassen. Eine Frau ließ sehr bewusst vorgeburtliche Untersuchungen in ihrer zweiten Schwangerschaft durchführen. Ihr erstes Kind war kurz nach der Geburt verstorben, da es eine schwere Erkrankung hatte. Diese war im Vorfeld trotz pränataler Untersuchungen nicht festgestellt worden. In dieser Schwangerschaft erhoffte sie, durch Untersuchungen die Bestätigung zu bekommen, dass ihr Kind gesund sei. Im Vorfeld der Untersuchungen fragte eine Frau an, ob sie eine finanzielle Hilfe für die Fahrtkosten zur vorgesehenen Untersuchung erhalten könnte. Bei einer drohenden Fehlgeburt wurde ein Paar zu den bevorstehenden pränataldiagnostischen Untersuchungen zur Klärung des Gesundheitszustandes des Kindes beraten. Es wurden Untersuchungen durchgeführt und es kam zu einer Frühgeburt des Kindes. Das Paar wurde anschließend intensiv beraten und begleitet.
  • 22. Seite 22 von 44 4.4 Öffentlichkeitsarbeit Im dritten Projektjahr fand eine intensive Öffentlichkeitsarbeit statt. Diese wurde sowohl durch Pressearbeit als auch mit der Durchführung und Beteiligung an Veranstaltungen geleistet. 4.4.1 Pressearbeit In der Mitgliederversammlung des SkF Meppen, zu der auch Interessierte eingeladen wurden, hielt Herr Dr. Jörn Siemer, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, Ludmillenstift Meppen, einen Vortrag zu „Chancen und Risiken vorgeburtlicher Untersuchungen“. Hierüber und über die sich anschließende rege Diskussion zu dem Thema pränataler Untersuchungen und den daraus resultierenden Fragen oder auch Konflikten wurden Presseartikel veröffentlicht. Presseartikel Meppener Tagespost Der Meppener März 2012 vom 09.02.2012
  • 23. Seite 23 von 44 Auf Einladung des SkF Esterwegen referierte die Projektleiterin am 06.05.2012 vor interessierten SkF- und kfd-Frauen zum Thema „Ist mein Kind gesund?“. Hierüber hat „Der Wecker“ berichtet. Presseartikel Der Wecker, So., 10.06.2012 Im Sommer 2012 hat die baldige Zulassung des neuen Bluttests für rege Diskussion sowohl in der Presse als auch in der breiten Öffentlichkeit gesorgt. In der Ausgabe der Meppener Tagespost vom 29.02.2012 wurde das Thema in dem Artikel mit der Überschrift „Selektion oder Segen“ von Matthias Stoffregen aufgegriffen, der nachfolgend abgedruckt ist.
  • 24. Seite 24 von 44 Presseartikel Meppener Tagespost Selektion oder Segen vom 29.05.2012 Als Reaktion auf den Artikel hat die Projektleiterin, Heike Veen, einen Leserbrief verfasst, um auf den steigenden Beratungsbedarf hinzuweisen und um das bestehende Beratungsangebot vor Ort den Leserinnen /Lesern bekannt zu machen. Leserbrief veröffentlicht in der Meppener Tagespost am 12.06.2012
  • 25. Seite 25 von 44 Am 27.07.2012 fand beim SkF Meppen ein Pressegespräch statt, zu dem Frau Ortmann, Vorsitzende des SkF, die Projektleiterin, Heike Veen, und die Diözesanreferentin der Schwangerschaftsberatung, Christiane Sobeczko, eingeladen hatten. Es wurde ein Bericht über die Erfahrungen in dem Projekt PND und eine Einschätzung über mögliche Folgen des Bluttests gegeben. Presseartikel Meppener Tagespost vom 31.07.2012 Presseartikel Kirchenbote vom 05.08.2012
  • 26. Seite 26 von 44 In der Zeitschrift Frauenimpulse des Landesfrauenrates Niedersachsen e.V., Ausgabe September 2012, konnte das Pilotprojekt vorgestellt werden, sodass das Beratungs- angebot landesweit in 63 Frauenverbänden bekannter gemacht werden konnte. 4.4.2 Veranstaltungen/Aktionen Vortrag SkF Esterwegen Unter dem Thema „Ist mein Kind gesund?“ referierte Heike Veen am 05.06.2012 über die Ziele und Aufgaben im Projekt PND. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Schwangerschaftsberatungsstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen Esterwegen statt. Projekttag Gymnasium Marianum Meppen In Kooperation mit dem St. Vitus-Werk Meppen konnte die Projektleiterin am 14.03.2012 an einem Projekttag des Marianums einen Workshop zum Thema „Behinderung-das muss doch heute nicht mehr sein!“ anbieten. Zum Einstieg wurde den Jugendlichen der Film „Er sollte sterben, doch Tim lebt“ gezeigt. Nachfolgend wurde mit den Jugendlichen über den Film gesprochen und pro und contra für das Austragen eines Kindes mit Behinderung von den Jugendlichen benannt. Es wurden Informationen zum Schwangerschaftsabbruch und zur Spätabtreibung gegeben.
  • 27. Seite 27 von 44 Den Jugendlichen wurden Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten durch die Schwangerschaftsberatung aufgezeigt. Anschließend berichteten Mitarbeiterinnen der Frühförderung und Entwicklungsberatung über ihre Arbeit, und eine Mutter stand den Jugendlichen für Fragen zum Leben mit einem Kind mit Behinderung zur Verfügung. Dekanatstag Dekanat Emsland Mitte Am Dekanatstag, der unter dem Motto „Brannte nicht unser Herz?“ stand, konnte der SkF Meppen an einem Informationsstand den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in die Beratungsangebote geben. Der vorbereitete Workshop des SkF Meppen „Brennen für das Leben!? Schwangerschaftsberatung, Pränataldiagnostik und Prävention in einer Welt der sich wandelnden Werte“ musste wegen zu geringer Anmeldungen ausfallen. Informationsstände zum Welt-Down-Syndrom-Tag Am 20/23. und 24. März 2012 wurden auf den Wochenmärkten in Meppen, Papenburg und Lingen Informationsstände zum Welt-Down-Syndrom-Tag angeboten, um über das Down-Syndrom zu informieren und über den neuen Bluttest auf Feststellung von Trisomie 21 zu diskutieren. Der Meppener April 2012 EL-Kurier Lingen vom 07.04.2012
  • 28. Seite 28 von 44 Neue Zeitung vom 24.03.2012 EL-Kurier vom 04.04.2012
  • 29. Seite 29 von 44 Der Wecker vom 01.03.2012 Tag der offenen Tür in Krankenhäusern Tag der Geburtshilfe Hümmling Krankenhaus Sögel Am Tag der Geburtshilfe am 06.05.2012 wurde in Zusammenarbeit mit der Schwangerschaftsberatungsstelle des Caritasverbandes Sögel ein Informationsstand zum Beratungsangebot in der Schwangerschaftsberatung angeboten.
  • 30. Seite 30 von 44 Tag der offenen Tür Ludmillenstift Meppen Am Tag der offenen Tür des Perinatalzentrum und der Kinderklinik am 16.06.2012 konnte den Besucherinnen und Besuchern das Beratungsangebot bei PND aufgezeigt werden. Meppener Tagespost vom 01.07.2012
  • 31. Seite 31 von 44 Meppener Tagespost vom 26.06.2012
  • 32. Seite 32 von 44 5. Zusammenfassende Ergebnisse und weiterführende Schlussfolgerungen Nach Vorstellung der Arbeitsschwerpunkte im dritten Projektjahr werden nachfolgend Ergebnisse einer bundesweit durchgeführten Studie (2010-2012), an der auch unser Pilotprojekt beteiligt war und Ergebnisse eines Modellprojektes in Bayern (2008-2011) dargestellt. Parallelen in der Übertragbarkeit einiger bundesweiter Ergebnisse auf die bisherigen Ergebnisse des Projektes im Landkreis Emsland werden dabei deutlich. Bundesstudie Die Bundesregierung hat zur Umsetzung der gesetzlichen Regelungen (§2aSchKG) die Begleitstudie “Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung bei Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch“ in Auftrag gegeben. Hiermit betraut wurde Frau Prof. Dr. Christiane Woopen von der Forschungsstelle Ethik an der Universität Köln. Im Rahmen der Studie wurden in 2010 und 2011 bundesweit anhand von Fragebögen 8072 Gynäkologen ohne Schwerpunkt PND, Rücklauf 11%, 647 Pränatalmediziner, Rücklauf 29,8%, 1350 psychosoziale Beraterinnen, Rücklauf 58,2% und 189 Mitarbeiterinnen aus Selbsthilfegruppen, Rücklauf 24,1%, schriftlich befragt. Nachfolgend wurden durch Interviews die Erfahrungen von einzelnen Ärzten und psychosozialen Beraterinnen an ausgewählten Einzelstandorten in die Studie miteinbezogen. In 2012 wurden auch Herr Dr. Jörn Siemer, Krankenhaus Ludmillenstift Meppen und Heike Veen, SkF Meppen, Pilotprojekt im Emsland, interviewt. Ergebnisse der Studie: • Weiterführende Pränataldiagnostik konzentriert sich zunehmend an PND- Zentren/Schwerpunktpraxen, ca. 80% der niedergelassenen Gynäkologinnen/Gynäkologen überweisen ihre Patientinnen mit auffälligem pränataldiagnostischem Befund an Kollegen zur weiterführenden Diagnostik weiter. • Pränataldiagnostiker arbeiten i.d.R. mit mehreren, aber dennoch mit einer beschränkten Anzahl von Beratungsstellen zusammen. • Bei bestehender Zusammenarbeit kommt es zu einer Konzentration von Beratungsfällen an bestimmten Beratungsstellen. • Die Zusammenarbeit gelingt gut auf Initiative des Arztes und an PND-Zentren, aber nicht flächendeckend. • Manche Pränataldiagnostiker vermitteln gar keine oder nur wenige ihrer Patientinnen an psychosoziale Beratungsstellen.
  • 33. Seite 33 von 44 • Wichtig für die funktionierende Vermittlung von Frauen in die psychosoziale Beratung ist die Wertschätzung psychosozialer Beratung durch die Ärztin/den Arzt, die vertrauensvolle Zusammenarbeit, die kommunikative Überzeugungskraft des Arztes gegenüber der Patientin und die niederschwellige Erreichbarkeit der Beraterin. • Für eine erfolgreiche Vermittlung ist die persönliche Empfehlung einer Beraterin durch den Arzt wichtig. • Viele Pränataldiagnostiker vermitteln nach Feststehen der Diagnose in die psychosoziale Beratung. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass es an verschiedenen Punkten noch immer die Möglichkeiten einer Verbesserung gibt, hier insbesondere, was unter der „Vermittlung“ von Kontakten zu Beratungsstellen nach §3 SchKG zu verstehen ist.15 Landesstudie Bayern Dass neben der medizinischen Betreuung eine frühzeitige psychosoziale Beratung hilfreich sein kann, haben auch Ergebnisse des Modellprojektes „Psychosoziale Beratung im Vorfeld der Pränataldiagnostik an der Schnittstelle zur medizinischen Beratung“ kurz „Verbundprojekt-Beratung in der frühen Schwangerschaft“ in Bayern gezeigt. Das Projekt in Bayern hat zum Ziel, durch einen frühen, aktiven und integrierten Beratungsansatz Frauen so früh wie möglich in der Schwangerschaft auf pränataldiagnostische Untersuchungen anzusprechen und auf Beratungsangebote im Kontext von Pränataldiagnostik hinzuweisen. Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Ärztinnen/Ärzten und Beraterinnen im Landkreis Emsland Viele der vorgenannten Ergebnisse der Studien lassen sich auch auf die Situation im Landkreis Emsland übertragen. Die meisten niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen überweisen ihre Patientinnen für weiterführend pränatale Diagnostik an PND-Schwerpunktpraxen oder Kliniken mit spezialisiertem Angebot außerhalb des Landkreises, wie z.B. das Mathias-Spital in Rheine. Im Projekt wurden dorthin Kontakte aufgebaut, damit Patientinnen aus dem Emsland von Herr Prof. Dr. Meyer-Wittkopf an den SkF Meppen vermittelt werden, um regional die psychosoziale Beratung in Anspruch nehmen zu können. In den Gesprächen mit Vertretern der Krankenhäuser und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten stand im Verlauf des Projektes immer das Bemühen im Vordergrund, 15 Vgl.: BZgA FORUM 2-2012, Das Schwangerschaftskonfliktgesetz und seine Umsetzung: Ausgewählte Ergebnisse des Projektes „Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung bei Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch (§imb-pnd)“,
  • 34. Seite 34 von 44 die Gesprächspartner für die schwierige Situationen von Frauen und Paaren bei auffälligem Befund zu sensibilisieren und das unterstützende Beratungsangebot der psychosozialen Beratung zu erläutern. Denn die Beratung in den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen umfasst nicht nur sozialrechtliche Fragen. Sie stellt sich den Konflikt- und Grenzsituationen, in die schwangere Frauen und Paare bei pränatalen Untersuchungen geraten können. Eine Vermittlung der Frau/ des Paares in die Beratung kann nur gelingen, wenn die Ärztin/der Arzt der Frau/dem Paar eine persönliche Empfehlung für die Beratung ausspricht. Nach eigenen Angaben weisen viele Ärztinnen/Ärzte die Frau, auch durch die Weitergabe von Informationsmaterialien, auf das Beratungsangebot hin. Wie jedoch bundesweit erkennbar ist, gibt es dabei ein unterschiedliches Verständnis von der „Vermittlung“ in Beratung auf Seiten der Ärzte und Beraterinnen. Aus Sicht der Beraterin reicht der Hinweis auf die Beratung nicht aus. Denn nur durch den Hinweis auf das Beratungsangebot ist nicht sichergestellt, dass die Betroffenen in ihrer Krisensituation selber in der Lage sind, in einer Beratungsstelle einen Termin zu vereinbaren. Hier ist die direkte persönliche Kontaktaufnahme der Ärztin/des Arztes (oder Mitarbeiterinnen) zu der Beraterin wünschenswert. Es gilt zukünftig noch Wege zu finden, um für Frauen und Paare den Zugang in die Beratung zu verbessern. Es stellt sich auch die Frage, wann der „richtige“ Zeitpunkt gegeben ist, in die psychosoziale Beratung zu vermitteln. Häufig wird erst nach Feststellung der Diagnose auf das Beratungsangebot hingewiesen. In einigen Fällen wäre es gut, wenn während der Untersuchungen und beim Warten auf das Ergebnis schon unterstützend die Beratung in Anspruch genommen würde, damit die Frau/das Paar in dieser krisenhaften Situation aufgefangen und begleitet werden kann. Durch eine noch intensivere Zusammenarbeit der verschiedenen Professionen und ein Wissen darum, könnte die psychosoziale Beratung von Ratsuchenden vor Ort noch besser verankert sein. Schwangere Frauen/Paare könnten durch eine ganzheitliche Betreuung besser mit der belastenden Situation umgehen und eine fundierte Entscheidung treffen. Schlussfolgerungen Das Pilotprojekt im Landkreis Emsland war zunächst auf drei Jahre befristet. Während dieser Zeit wurde deutlich, dass die Projektzeit nicht ausreicht, um die Umsetzung des Projektes in erforderlicher Weise zu realisieren. Die psychosoziale Beratung im Kontext von Pränataldianostik ist trotz gesetzlicher Vorgaben weder bei den Ärztinnen/Ärzten, noch bei den betroffenen schwangeren Frauen/Paaren, noch in der allgemeinen Öffentlichkeit hinreichend bekannt.
  • 35. Seite 35 von 44 Daher bedarf es des weiteren Ausbaus der Zusammenarbeit zwischen den Ärztinnen/Ärzten und den Beraterinnen, um eine ganzheitliche Betreuung bei Pränataldiagnostik nach den gesetzlichen Vorgaben zu erreichen. Vor dem Hintergrund des neuen Bluttests und weiterer Tests, die in der Pränataldiagnostik in Vorbereitung sind, ist eine stärkere Bewusstmachung und Auseinandersetzung mit existenziellen, ethischen Fragen erforderlich. Wird die Diagnose Trisomie 21 gestellt, steht oft das Leben des Kindes zur Disposition. „In der Gesellschaft bildet sich mehr und mehr eine Mentalität heraus, die die Lebensqualität vom Standpunkt der Gesundheit und Leistungsfähigkeit beurteilt. Das kann den Konflikt auslösen, dem Kind ein Leben mit Behinderung „ersparen“ zu wollen. Hinzu kann die Angst kommen, selbst den Aufgaben und Anforderungen mit einem behinderten Kind nicht gewachsen zu sein sowie zu glauben, der Familie das Leben mit einem behinderten Kind nicht zumuten zu dürfen und im weiteren sozialen Umfeld auf Verständnis zu stoßen.“16 Medizinischer Fortschritt und gesellschaftliche Trends bedrängen heute immer stärker Frauen und Paare in ihrer Entscheidungsfindung. Umso wichtiger sind die stetige Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen und eine wertbezogene Orientierung. 16 Ja zum Leben - Rahmenkonzeption für die Arbeit katholischer Schwangerschaftsberatungsstellen, 2000, S.17
  • 36. Seite 36 von 44 6. Fragestellungen und Herausforderungen für eine Weiterführung des Projektes Fragestellungen Die öffentliche Meinung spielt eine wichtige Rolle. Akzeptiert und toleriert unsere Gesellschaft Menschen mit Behinderung oder Erkrankung? Können sie im Vergleich zu nichtbehinderten Menschen gleichberechtigt teilhaben am Leben in unserer Gesellschaft? Oder gibt es eine stillschweigende Übereinkunft zwischen dem Arzt - der Schwangeren – der Gesellschaft, dass ein Leben mit Behinderung oder Erkrankung nicht lebenswert, somit vermeidbar wäre? „Insgesamt stehe ich der Pränataldiagnostik kritisch gegenüber, da ich es sehr problematisch finde, Herr(in) über Leben und Tod zu sein. Welches Leben ist lebenswert? Ich würde mir mehr gesellschaftliche Unterstützung für ein behindertes Leben wünschen.“ (Studienteilnehmerin)17 In der heutigen Zeit macht es die Umwelt den werdenden Eltern schwer, sich für ein Kind mit einer Erkrankung oder Behinderung zu entscheiden. In der allgemeinen Auffassung stellt die Behinderung eines Kindes einen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch dar. Eltern, die z.B. ein Kind mit Down-Syndrom bekommen haben, müssen sich vorwurfsvolle Äußerungen gefallen lassen, Kinder mit Down-Syndrom seien unzumutbar und würden der Gesellschaft finanziell zur Last fallen. Eltern, die ein Kind mit Behinderung erwarten, haben häufig Angst davor, allein gelassen zu werden. Sie benötigen die Zusage der verlässlichen Unterstützung in der Bewältigung ihres Alltags. Es stellt sich auch die Frage, wem nach seiner Geburt ein Leben ohne Behinderung oder Erkrankung garantiert werden kann? Weiterführung des Projektes In 2012 wurde eine Zusage vom Diözesan-Caritasverband gegeben, mit dem Projekt fortzufahren. Sehr erfreulich ist, dass für die weitere Umsetzung des Projektes auch finanzielle Mittel von der Welker-Stiftung zugesagt wurden. Es wäre wünschenswert, wenn weitere Stiftungen das Projekt finanziell mittragen würden. 17 Wassermann, K., Rohde, A., Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart 2009, S.2
  • 37. Seite 37 von 44 Arbeitsschwerpunkte der künftigen Projektarbeit: Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern und niedergelassenen Gynäkologinnen und Gynäkologen • Ausbau der Kontakte zu den Ärztinnen/Ärzten in den katholischen Krankenhäusern im Landkreis Emsland und weiteren Krankenhäusern, die schwangere Frauen aus dem Emsland bei pränataldiagnostischen Untersuchungen behandeln • Weiterentwicklung der Ergebnisse aus den vorangegangenen Projektjahren, z.B. Herausgabe gemeinsamer Informationsmaterialien • Intensivierung der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Gynäkologinnen/Gynäkologen • Gespräche mit Ethikkommissionen der Krankenhäuser führen • Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Professionen zu befördern u.a. mit Pränatalmedizinern, Gynäkologen, Neonatologen, Schwangerschaftsberaterinnen, Hebammen Beratungsinhalte Hier gilt es weitere Zugänge verbindlicher herzustellen, die schwangeren Frauen/Paaren das psychosoziale Beratungsangebot bekannt machen und sie darin bestärken, das Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen. • Beratung von Frauen und Paaren vor, während und nach pränatalen Untersuchungen • Hilfen für Familien mit Kindern mit Behinderung/Erkrankung aufzeigen, verlässliche Unterstützung anbieten • Stärkung des Beratungsangebotes in den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen (Caritas/SkF) im Kontext von PND, regelmäßiger Austausch, Einbindung der Kolleginnen z.B. in die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort Öffentlichkeitsarbeit Die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich bedarf besonderer Akzentuierung und Unterstützung. Ziele der Öffentlichkeitsarbeit sind u.a.: • Sensibilisierung des gesellschaftlichen Bewusstseins hinsichtlich des Wertes des menschlichen Lebens, Schutz des ungeboren Lebens
  • 38. Seite 38 von 44 • Information und Aufklärung zu neuen Untersuchungsmethoden • Mitwirkung an einem gesellschaftlichen Klima der Verantwortung in der Gesellschaft, konkrete Unterstützung für ein Leben mit gesunden, kranken und behinderten Kindern Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit sind u.a.: • Thematisierung der Inhalte in Schulen, Jugendgruppen • Bekanntmachung des Beratungsangebotes in Arztpraxen • Erstellung von Informationsmaterialien • Nutzung des Mediums Film für die Auseinandersetzung mit dem Thema PND • Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und /oder Bildungshäusern Im Projekt „Psychosoziale Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik“ soll erreicht werden, mit Personen aus dem öffentlichen Leben eine „Allianz für das Leben“ zu bilden. Menschen mit Behinderung oder Erkrankungen steht die Anerkennung ihrer Würde, ihres Lebensrechts und des Rechts auf Inklusion zu. Die Wertschätzung von Menschen mit Behinderung gibt unserer Gesellschaft eine bunte Vielfalt. Dokumentation Die Ergebnisse und Erfahrungen in diesem Projekt sollen auch in Zukunft dokumentiert werden und stehen interessierten Stellen zur Verfügung.
  • 39. Seite 39 von 44 Literaturverzeichnis Bohg, Constanze, Viereinhalb Wochen, Pattloch Verlag GmbH & Co.KG, München, 2012 BZgA FORUM 2-2012, Das Schwangerschaftskonfliktgesetz und seine Umsetzung: Ausgewählte Ergebnisse des Projektes „Interdisziplinäre und multiprofessionelle Beratung bei Pränataldiagnostik und Schwangerschaftsabbruch (§imb-pnd)“ Deutscher Caritasverband, Ja zum Leben - Rahmenkonzeption für die Arbeit katholischer Schwangerschaftsberatungsstellen, 2000 Deutscher Caritasverband e.V., Katholischer Krankenhausverband Deutschlands e.V., Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Beratung und Begleitung von schwangeren Frauen und Paaren im Kontext von Pränataldiagnostik, Handlungsempfehlung zur Kooperation von katholischen Krankenhäusern und katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2010 Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.V., Handreichung für die psychosoziale Beratung bei Pränataldiagnostik und bei zu erwartender Behinderung des Kindes, Oktober 2005 Lammert,Cramer,Pingen-Rainer,Schulz,Neumann,Beckers,Siebert,Dewald,Cierpka, Psychosoziale Beratung in der Pränataldiagnostik, Göttingen 2002 Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V., Konzeption für die Beratung in katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen, 2012 Wallner-Moosreiner, Silvia, SkF Landesverband Bayern, Ärztliche Untersuchungen und psychosoziale Beratungsanlässe vor, während und nach Pränataldiagnostik (PND) Wassermann, K., Rohde, A. Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung, Stuttgart, 2009 Zeitschrift Stern, Nr. 40;29.09.2012
  • 40. Seite 40 von 44 Anhang Gesetzliche Regelungen §2a Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) (1) Sprechen nach den Ergebnissen von pränataldiagnostischen Maßnahmen dringende Gründe für die Annahme, dass die körperliche oder geistige Gesundheit des Kindes geschädigt ist, so hat die Ärztin oder der Arzt, die oder der der Schwangeren die Diagnose mitteilt, über die medizinischen und psychosozialen Aspekte, die sich aus dem Befund ergeben, unter Hinzuziehung von Ärztinnen oder Ärzten, die mit dieser Gesundheitsschädigung bei geborenen Kindern Erfahrung haben, zu beraten. Die Beratung erfolgt in allgemein verständlicher Form und ergebnisoffen. Sie umfasst die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen, psychischen und sozialen Fragen sowie der Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen Belastungen. Die Ärztin oder der Arzt hat über den Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung nach § 2 zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen nach § 3 und zu Selbsthilfegruppen oder Behindertenverbänden zu vermitteln. (2) Die Ärztin oder der Arzt, die oder der gemäß § 218b Absatz 1 des Strafgesetzbuchs die schriftliche Feststellung über die Voraussetzungen des § 218a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs zu treffen hat, hat vor der schriftlichen Feststellung gemäß § 218b Absatz 1 des Strafgesetzbuchs die Schwangere über die medizinischen und psychischen Aspekte eines Schwangerschaftsabbruchs zu beraten, über den Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung nach § 2 zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen nach § 3 zu vermitteln, soweit dies nicht auf Grund des Absatzes 1 bereits geschehen ist. Die schriftliche Feststellung darf nicht vor Ablauf von drei Tagen nach der Mitteilung der Diagnose gemäß Absatz 1 Satz 1 oder nach der Beratung gemäß Satz 1 vorgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn die Schwangerschaft abgebrochen werden muss, um eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für Leib oder Leben der Schwangeren abzuwenden. (3) Die Ärztin oder der Arzt, die oder der die schriftliche Feststellung der Indikation zu treffen hat, hat bei der schriftlichen Feststellung eine schriftliche Bestätigung der Schwangeren über die Beratung und Vermittlung nach den Absätzen 1 und 2 oder über den Verzicht darauf einzuholen, nicht aber vor Ablauf der Bedenkzeit nach Absatz 2 Satz 2. Auszug aus §15 Gendiagnostikgesetz (GenDG) (1) Eine genetische Untersuchung darf vorgeburtlich nur zu medizinischen Zwecken und nur vorgenommen werden, soweit die Untersuchung auf bestimmte genetische Eigenschaften des Embryos oder Fötus abzielt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik seine Gesundheit während der Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen, oder wenn eine Behandlung des Embryos oder Fötus mit einem Arzneimittel vorgesehen ist, dessen Wirkung durch bestimmte genetische Eigenschaften beeinflusst wird und die Schwangere nach § 9 aufgeklärt worden ist und diese nach § 8 Abs. 1 eingewilligt hat. Wird anlässlich einer Untersuchung nach Satz 1 oder einer sonstigen vorgeburtlichen Untersuchung das Geschlecht eines Embryos oder Fötus festgestellt, kann dies der Schwangeren mit ihrer Einwilligung nach Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden. (2) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung, die darauf abzielt, genetische Eigenschaften des Embryos oder des Fötus für eine Erkrankung festzustellen, die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres ausbricht, darf nicht vorgenommen werden. (3) Vor einer vorgeburtlichen genetischen Untersuchung und nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses ist die Schwangere entsprechend § 10 Abs. 2 und 3 genetisch zu beraten und ergänzend auf den Beratungsanspruch nach § 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes hinzuweisen; der Inhalt der Beratung ist zu dokumentieren.
  • 41. Seite 41 von 44 Auszug aus §9 GenDG (1) Vor Einholung der Einwilligung hat die verantwortliche ärztliche Person die betroffene Person über Wesen, Bedeutung und Tragweite der genetischen Untersuchung aufzuklären. Der betroffenen Person ist nach der Aufklärung eine angemessene Bedenkzeit bis zur Entscheidung über die Einwilligung einzuräumen. Auszug aus §10GenDG (3) Die genetische Beratung erfolgt in allgemein verständlicher Form und ergebnisoffen. Sie umfasst insbesondere die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen, psychischen und sozialen Fragen im Zusammenhang mit einer Vornahme oder Nichtvornahme der genetischen Untersuchung und ihren vorliegenden oder möglichen Untersuchungsergebnissen sowie der Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und psychischen Belastungen der betroffenen Person durch die Untersuchung und ihr Ergebnis. Mit Zustimmung der betroffenen Person kann eine weitere sachverständige Person mitberatend hinzugezogen werden. Ist anzunehmen, dass genetisch Verwandte der betroffenen Person Träger der zu untersuchenden genetischen Eigenschaften mit Bedeutung für eine vermeidbare oder behandelbare Erkrankung oder gesundheitliche Störung sind, umfasst die genetische Beratung auch die Empfehlung, diesen Verwandten eine genetische Beratung zu empfehlen. Soll die genetische Untersuchung bei einem Embryo oder Fötus vorgenommen werden, gilt Satz 4 entsprechend.
  • 42. Seite 42 von 44 Einverständniserklärung Der nachfolgend aufgeführte Vordruck kann von den Ärztinnen/Ärzten zukünftig genutzt werden, um den Frauen den Zugang in die psychosoziale Beratung zu erleichtern. Mit Einverständnis der betroffenen Frau werden die Daten an Heike Veen per Fax übersandt, damit die Beraterin pro-aktiv Kontakt zu der betroffenen Frau aufnehmen kann, um ihr die psychosoziale Beratung anzubieten.
  • 43. Seite 43 von 44 Impressum Herausgeber Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte Nagelshof 21b 49716 Meppen Tel.: 05931 98410 Fax: 05931 17345 E-Mail: info@skf-meppen.de www.skf-meppen.de Redaktion Martha Ortmann, bis 15.04.13 Vorsitzende, Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte Walburga Nürenberg, ab 15.04.13 Vorsitzende, zuvor stellv. Vorsitzende, Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte Heike Veen, Projektleiterin, Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Meppen-Emsland Mitte Tel.: 05931 9841-13 heike.veen@skf-meppen.de Christiane Sobeczko, Fachberatung, Caritasverband für die Diözese Osnabrück e.V., Osnabrück Tel.: 0541 34978-256 csobeczko@caritas-os.de