1. Kommunikation unter Unsicherheit
Beratung in Transformationsprozessen
Almut Stielau | 4. April 2016
Gastvortrag und Diskussion an der Ostfalia Hochschule
für angewandte Wissenschaften
Seminar "Management der Organisationskommunikation" im Masterstudiengang
Kommunikationsmanagement bei Prof. Dr. Olaf Hoffjann
2. Einstiegsfragen
Theorie: Plan- und Gestaltbarkeit der Kommunikation
Beraterpraxis: Oftmals Aufgaben, für Probleme Lösungsvorschläge
zu entwickeln - und gleichzeitig zu wissen, dass das Ziel nicht immer
erreicht werden kann
Dilemma: Umgang mit diesem Spannungsfeld von Planung und nicht
auszuräumenden Planungsrisiken
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Wie wird in der Praxis mit Risiken in Transformationsprozessen umgegangen? Was
sind Einflussgrößen in der Kommunikation in unsicheren Entscheidungssituationen?
3. Kurzprofil │ Almut Stielau
Ausbildungen
• M.A. Sinologie, Volkswirtschaftslehre, Politologie
Freie Universität Berlin
• MBA │ Fachhochschule für Wirtschaft, Berlin
• CAS Social Management / Social Responsibility
ZHAW Zürich
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Erfahrungen
• Frühere Tätigkeiten in der Telekommunikation:
Vertrieb und Vorstandsstab Public Policy / Regulierung
• Seit 2001 Unternehmensberaterin:
• Zunächst als Managing Consultant bei PwC und IBM
Begleitung von Transformationsprojekten an der Schnittstelle Business – IT
• Seit 2009 selbstständig, insbesondere in den Bereichen Strategie, Nachhaltigkeit,
Kommunikation, Programm- und Projektsteuerung
4. Ausgewählte relevante Aspekte
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Unsicherheit Erfolg
IST SOLL
Projektmanagement
Risikomanagement | Kommunikation
Gestaltung von Transformations-
Prozessen durch Mitarbeiter der
Organisation und Berater
Ethik Macht
5. Vorab: Zur Rolle des Beraters
Es werden die unterschiedlichsten Rollen unterschieden: Expertenberater, Prozessberater,
Implementierer, Trainer, Coach, … Aber es gibt auch „versteckte“ Rollen, z.B.:
• Berater als Souffleur
Der auftraggebende Manager hat einen Ruf zu verlieren - oder er will sich profilieren. Der Berater
liefert ihm Informationen, Wissen und Erfahrung, die der Manager als seine eigenen verkauft.
• Berater als Strohmann
In besonders schwierigen Situationen verkaufen Berater die Ideen des auftraggebenden Managers
als die ihren. So schützen sie sein Image und ersparen ihm unangenehme Situationen.
• Berater als Sündenbock
Bringt ein Projekt nicht die erhofften Ergebnisse, hat natürlich der externe Consultant Schuld – auch
wenn Berater und interner Manager alle Entscheidungen im Team getroffen haben.*
Berater sind nicht Entscheider in Veränderungsprozessen
*Versteckte Rollen der Berater, nach Robert Paust: https://www.staufenbiel.de/consulting/karriere/berater-bashing.html. Abruf: 1.4.2016
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6. Ethik
• Moralische Handeln: was ist richtig, was ist falsch? Wesentlich für die ethische
Bewertung von Handlungen sind die mit ihnen verbundenen Folgen.
• Auf institutioneller Ebene nehmen Leitbilder, Werte-/ Verhaltenskodex eine zentrale
Rolle ein. Wichtig: Einbettung in Unternehmenskultur!
Auch Nachhaltigkeit und faires Wirtschaften gewinnt weiter an Bedeutung. Viele
Unternehmen wollen Teil der Lösung sein, nicht des Problems. Grundpfeiler sind
auch hier: Transparenz, Verantwortung, Authentizität und Offenheit.
• Persönlich heißt das in der Kommunikation mit Kunden z.B.: nichts „aufschwatzen“
was nicht benötigt wird oder Kleingedrucktes verheimlichen. Goldene Regel der
praktischen Ethik: „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“
Auf nicht-ethisches Verhalten folgt Reputationsverlust. Beratung baut auf
längerfristige Beziehungen und Vertrauen auf. Der Kundennutzen steht im Zentrum
der eigenen Vertriebsüberlegungen!
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7. Macht
Aufgrund von Machtstrukturen und Rollen können Handlungs- und
Kommunikationsspielräume eines Beraters eingeschränkt sein.
Sehr wichtig sind auch Machtstrukturen innerhalb der Kundenorganisation.
Wer ist mein Ansprechpartner (Projektleiter, Projektsponsor)? Wer hat welche
Interessen, wer hat Einfluss? Wie kann ich die Ziele am besten erreichen?
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Idealtypische Beraterpositionen im Projekt
Strategieberatung als selbstständiger Senior:
Kritisches Analysieren und Hinterfragen des Ist-
Zustandes; strategische Empfehlung / Ziele
sollten immer realistisch sein – eher unkritisch.
Junior als Teammitglied in größeren Implementierungs-
projekten: Persönliche Auffassung wird ggf. dem
Unternehmensziel untergeordnet. Hier kann es zu einem
Dilemma ‚Loyalität vs. Ethik‘ kommen.
Individuelle Verantwortung für Kommunikation und Transparenz ja - eher auf gleicher Ebene.
Kritisches Projektfeedback oftmals nicht unmittelbar zum Kunden („One voice to the customer“).
Dilemma-Situationen sollten kreativ gelöst und/oder an die nächste Hierarchiestufe abgegeben
werden. Bei kritischen Situationen interne Eskalation.
8. Unsicherheit
Im Rahmen von Veränderungsprozessen ist man immer gezwungen, mit
Unsicherheiten umzugehen:
• Veränderungen führen oft zu Angst und Widerständen innerhalb der
Organisation. In Gruppen kann sich schnell eine negative Dynamik entwickeln.
• Unerwartete Ereignisse wie Lieferengpässe, Krankheitsausfälle, Ansprüche
unberücksichtigter Stakeholder etc. können Planungen zunichte machen.
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Im klassischen
Projektmanagement
werden Unsicherheiten
insbesondere in den
Themenbereichen
Kommunikation und
Risiko gesteuert.
9. Risikomanagement
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In Projekten werden Risiken
analysiert, bewertet und überwacht.
Regelmäßige Abstimmung erfolgen
zwischen Kunde und Berater.
Wenn möglich wird mit Puffern (Zeit,
Ressourcen, Budget) gearbeitet.
Umgang mit Risiken:
• Vermeidung
• Begrenzung
• Akzeptanz
10. Kommunikation
Projekte bedeuten immer Veränderung, Veränderung bedeutet immer auch Widerstand.
Kommunikation spielt im Projektmanagement eine wichtige Rolle, um alle Stakeholder zu
informieren, einzubinden oder auch zu trainieren.
• Projektmeetings
Abstimmungen mit allen Projektbeteiligten: (meist) wöchentliche Statusmeetings
Institutionalisiertes Entscheider-Gremium mit Auftraggeber: Lenkungsausschuss (Steering
Committee): Meilensteine, Fortschritt, Abhängigkeiten, Eskalationen usw.
• Kommunikationsplanung in der Organisation und ggf. auch extern:
Zielgruppenspezifische Antworten auf die Fragen: warum - wer - was - wann – wo - wie?
Ziele: Akzeptanz schaffen, Effizienz in der Umsetzung erhöhen, Projekt vermarkten
• Stakeholder Management
Identifizierung relevanter Akteure sowie potenzieller Barrieren und Behinderungen durch
Personen, Personengruppen bzw. Institutionen. So können frühzeitig korrespondierende
Gegenmaßnahmen (insbes. in der Kommunikations- und Informationspolitik) geplant werden.
Stakeholder Analyse ist auch wichtig zur Bewertung von Machtstrukturen und Einflussgrößen!
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11. Kommunikation
Stakeholder Management
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Foto: dapd, aus SZ
Stakeholder Management wird immer mehr auch als Tool verstanden, um
Projektziele und Wege dorthin zu definieren.
Im Nachhaltigkeitskontext wird der Stakeholder-Dialog als wichtiges Instrument
gesehen, um Prioritäten von Organisationen zu beeinflussen.
12. Erfolg
Kommunikation von Ergebnissen
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Foto: dpa
Typisches Beispiel Landtagswahlen Rheinland-Pfalz 2016
• Klöckners Wahlkampfziel: Regierungsübernahme
• Twitter nach erster Prognose: „Ein Ziel nicht erreicht: stärkste Partei zu werden.
Ein Ziel erreicht: Rot-Grün abzulösen„
13. Erfolg
Während eines Projektes wird alles daran gesetzt, die gesetzten Ziele innerhalb eines
Dreiecks zu erreichen: on time, in budget and quality.
Und wenn die Projektziele trotz aller Anstrengungen nicht erreicht werden können?
In der Praxis gilt oftmals das Primat des Erfolges! Häufige Strategien:
• Kriterium Qualität wird nach Plan, aber nicht zur Zufriedenheit aller erfüllt – trotzdem
formal „erfolgreicher“ Projektabschluss
• Ziele werden nachjustiert (z.B. Zeitpunkte zur Einführung eines Prozesses
verschoben, ohne große Kommunikation)
• Teilerfolge werden gefeiert (s. Bsp. Wahlergebnisse - 50% erreicht)
Kunde und Berater müssen die Ziele gemeinsam erreichen, es gibt häufig keinen
alleinigen „Schuldigen“. Wichtig: realistische Neu-Priorisierung, gute Kommunikation,
Einbindung aller Beteiligten, einheitliche Botschaften, Lessons Learnt.
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14. Zusammenfassung
• Grundlage des individuellen Handelns: ethische Prinzipien – goldene Regel.
Organisationale Machtfaktoren können die Kommunikationsmöglichkeiten
einschränken - dies sollte aber nicht mit ethischen Prinzipien kollidieren.
• Unsicherheit ist wesentlicher Bestandteil von Transformationsprozessen.
Mit Projektmanagementmethoden kann man die Auswirkungen bestmöglich
steuern. Dies gilt nicht nur in formalen Projektmanager-Rollen, sondern auch
individuell als Berater.
• Risiken und Widerstände werden möglichst antizipiert und im Risikomanagement
und in der Kommunikationsplanung adressiert. Einer frühzeitigen Einbindung der
Stakeholder wird immer mehr Bedeutung beigemessen.
Die Kommunikation zwischen Berater und Kunde wird von vielen Faktoren beeinflusst
und ist ein Balanceakt, in dem innerhalb organisationaler Rahmenbedingungen
Ansprüche verschiedenster Stakeholder ausbalanciert werden müssen.
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