Seit sich Deutschland als "modernes" Einwanderungsland sieht, wandelt sich die Repräsentation von Menschen mit Migrationshintergrund auch in den Nachrichten- und Unterhaltungsmedien allmählich zum Besseren. In den meisten Medien kommen MigrantInnen und "andere Deutsche" mittlerweile nicht nur in negativen stereotypen Rollen, sondern auch als "ganz normale" Menschen vor. Auch in den Redaktionen der Print-, Audiovisuellen und Online Medien arbeiten häufiger als vor wenigen Jahren JournalistInnen mit einem "undeutsch" klingenden Namen. Allerdings entspricht ihr Anteil noch längst nicht dem migrantischen Bevölkerungsanteil. Wer nicht zu den sozialen Eliten der Gesellschaft gehört, hat immer noch geringe Chancen, in diese weiße und männliche Domäne Zugang zu finden.
Doch zweifellos haben die Medien die gesellschaftliche Vielfalt entdeckt. Dabei spielen nicht nur eine gewachsene Sensibilität für Integration, Multikulturalität und Transnationalisierung/Globalisierung eine Rolle, sondern auch ökonomische Motive. Die Konkurrenz um die "Quote" wird auf dem Medienmarkt immer härter. So stellten die Öffentlich-Rechtlichen fest, dass sie in der Gunst der "Menschen mit Migrationshintergrund" weit hinter den Kommerziellen liegen und die Konkurrenz durch sog. "Ethnomedien" immer größer wird. Deswegen wollen sie ihr Programm besser auf die Interessen der zugewanderten Bevölkerung ausrichten. Wichtiger als der Kampf um die Konsumenten-Quote dürfte jedoch sein, ob der Abbau diskriminierender Inhalte und die ernsthafte Auseinandersetzung mit Interkulturalität und Vielfalt zur selbstverständlichen Normalität in den Massenprogrammen der Medien werden oder ob die MigrantInnen bunte Farbtupfer in Nischen bleiben.
Es ist höchste Zeit, dass Diversity Mainstreaming auch in den Medienbereich Einzug findet. Hierzu enthält der Nationalen Integrationsplan (NIP) der Regierung einige Empfehlungen und Vorschläge der Arbeitsgruppe "Medien - Vielfalt nutzen", die in die richtige Richtung gehen: Es wird festgestellt, dass Massenmedien bislang "ein nur unvollständiges Bild der Migrantinnen und Migranten und ihrer Bedeutung im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben unseres Landes" zeichnen und über MigrantInnen zu viel in Problemzusammenhängen berichtet wird. Die Gruppe schlägt vor, dass die Medien mehr JournalistInnen mit Migrationshintergrund einstellen und dafür die geeignete Nachwuchsförderung betreiben sollen.
Doch die Vorschläge des NIP lassen auch wichtige Aspekte aus. So ist nicht nachvollziehbar, warum sich etwa die Medienforschung besonders dem Konsumverhalten von MigrantInnen widmen soll, aber von einer intensiveren Beforschung (und Überwindung) diskriminierender oder unausgewogener Medieninhalte oder der Formulierung einer an Diversity-Programmen orientierten Selbstverpflichtungen der Medien keine Rede ist. Ebenso ignoriert der NIP durch den Fokus auf die nationale Integration die Transnationalisierung des lebensweltlichen Alltags und entsprechende Konsequenzen für Medienproduktion und die Konsumbedürfnisse aller RezipientInnen. Aus den bisher unverbindlichen Vorschlägen müssen überprüfbare Zielvorgaben werden, an die sich auch die Medien halten sollen, die sich vor aktiver Anti-Diskriminierung und Gleichstellungspolitik gerne drücken. Eine solche andernorts längst übliche Praxis ist in Deutschland noch Zukunftsmusik.
Die Beiträge in der Rubrik Medien & Diskriminierung werfen aus Sicht der Medieninhaltsforschung einen kritischen Blick auf diskriminierende Strukturen und stereotypisierende Inhalte in den Medien, stellen aber auch positive Entwicklungen und Ansätze vor.
In der Rubrik Diversity in Programm & Personal werden wissenschaftliche Studien sowie Praxiskonzepte und Erfahrungen vorgestellt, die zeigen, wie es um die Diversity beim Personal und bei den Inhalten der Medien steht und mit welchen Konzepten diese Aufgabe in der Zukunft angegangen werden kann.
MigrantInnen
Die religiöse Landschaft in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten bunter geworden - eine Vielzahl von religiösen Praktiken und Überzeugungen existiert heute nebeneinander. Allein für Berlin haben Religionswissenschaftler über 300 unterschiedliche Religionsgemeinschaften ausgemacht. Ähnlich hohe Zahlen ergaben Studien für das Ruhrgebiet und andere deutsche Metropolregionen - aber selbst abseits der großen Städte bleibt das Bild nicht auf die beiden großen Kirchen beschränkt. Neben den evangelischen Landeskirchen und der römisch-katholischen Kirche gesellen sich jüdische und muslimische Gemeinden und eine Vielzahl von oft neugegründeten Freikirchen. Hinzu kommen Buddhisten, Hindus und Jesiden und weitere religiöse Gruppierungen, die öffentlich immer sichtbarer werden.
Die Ursache für die wachsende religiöse Vielfalt liegt in erster Linie in der Einwanderung von ArbeitsmigrantInnen und Flüchtlingen, die ihre religiösen Überzeugungen und Praktiken als "kulturelles Gepäck" nach Deutschland mitgebracht haben. Ein weiterer Faktor ist die Möglichkeit zur Konversion zu neuen und anderen Religionen.
Eine Flut von Beiträgen hat sich in den letzten Jahren vor allem dem Themenkomplex Migration und Religion gewidmet - allerdings mit einem Blickwinkel, der stark auf muslimische MigrantInnen und deren Integration in die deutsche Gesellschaft verengt ist. Diese perspektivische Verengung mag zum einen der Tatsache geschuldet sein, dass der Großteil der nach Deutschland Zugewanderten aus muslimisch geprägten Ländern stammt. Sie ist aber auch Ausdruck für die verbreitete öffentliche Wahrnehmung des Islam, dem Bedrohungspotenzial zugeschrieben wird.
Dieses Dossier möchte diese perspektivische Verengung in zweifacher Hinsicht auflösen: Zum einen richtet sich der Blick auf die wenig beachteten kleinen Religionsgemeinschaften, deren Mitglieder - ebenso wie muslimische MigrantInnen - in den letzten 50 Jahren nach Deutschland gekommen sind, sich etabliert haben und ebenso Anerkennung und Gleichstellung anstreben. Zum anderen betrachtet das Dossier bereits lange in Mitteleuropa etablierte Religionen wie das Christentum und Judentum, die durch zugewanderte Gläubige pluralisiert und verändert werden.
Es geht um Einblicke in das Selbstverständnis und die Erwartungen von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften, deren Bedeutung für das Leben von MigrantInnen und ihre Integration zunehmend anerkannt wird. Mit der Deutschen Islamkonferenz wird dieser Perspektivenwechsel staatlicherseits eingeleitet. Wird dieser Prozess auch Auswirkungen auf andere Religionsgemeinschaften haben und sogar zur Veränderung des hierzulande etablierten Staats-Kirchen-Verhältnisses führen?
Doch dieses Dossier bleibt nicht bei Gegenwartsanalysen stehen: Es werden Prognosen gewagt, wie die religiöse Vielfalt und das gleichberechtigte Miteinander in einem weltanschaulich pluralistischen Deutschland im Jahr 2020 aussehen könnte.
Das Dossier wurde von dem Religionswissenschaftler Ulf Plessentin konzipiert und bearbeitet. Verantwortlich ist Olga Drossou von der MID-Redaktion. Es stellt einen Beitrag zum Europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs 2008 dar.
Viel Wut und Unverständnis haben sich angesammelt: Wenn es um „Ausländer“ geht, kochen die Emotionen hoch, wie neulich anlässlich des Schweizer Minarettverbots oder Thilo Sarrazins Auslassungen. In den immerwährenden Diskussionen um Inklusion und Integration der MigrantInnen in Deutschland haben sich über die Jahre Gräben aufgetan, die es zu schließen gilt, bevor sie unüberwindbar werden.
MigrantInnen gelten weithin als Menschen, die ungebildet und kriminell sind, den Staat schröpfen, nur Probleme machen, viele Kinder in die Welt setzen und natürlich in Berlin-Neukölln wohnen. Sie sind es, die der „Bild“ und dem Privatfernsehen genügend Storys für die Unterhaltung, Belehrung und Abgrenzung breiter Bevölkerungsschichten liefern.
Besonders junge MigrantInnen in der zweiten und dritten Generation werden als Problem wahrgenommen: entweder sind sie vorbildlich assimiliert und unsichtbar oder sie gelten als Störfälle. Doch wie realitätsnah sind Befunde, die einem Großteil von ihnen Integrationsunwilligkeit, ja Verweigerung unterstellen? Wie weit werden ihre Lebenswirklichkeit zur Kenntnis genommen und ihre Hoffnungen und Anstrengungen gewürdigt? Warum bedeutet die Herkunft, der "Migrationshintergrund", in Deutschland eine so schwer zu überwindende Barriere, die nur zu oft den Traum der jungen MigrantInnen nach sozialem Aufstieg zur Illusion werden lässt?
In diesem Dossier setzen sich junge Menschen – mit und ohne Migrationshintergrund – mit den Konstruktionen, verallgemeinernden und existierenden Vorurteilen gegen MigrantInnen auseinander, die den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen. Die AutorInnen, alle derzeit StipendiatInnen der Heinrich-Böll-Stiftung, bringen – mal empört und provokativ, mal beschreibend und empathisch – ihre Haltung zum polarisierenden Diskurs über „In- und Ausländer“ zum Ausdruck und zeigen, dass und wie es auch anders geht. Ihre Geschichten sind geprägt von ihren eigenen Erfahrungen aus ihrem Leben in Deutschland oder ihren Einblicken in das Leben der „Anderen“.
Ihre Analysen, Interviews, Portraits oder Erzählungen in den drei Rubriken legen den Finger in manche Wunde unserer Gesellschaft - so die Hürden und Blockaden, die MigrantInnen von der gleichberechtigten Teilhabe abhalten und ihren sozialen Aufstieg behindern.
Die Aussagen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin zu MigrantInnen in Berlin dienten für die AutorInnen in der Rubrik „Migrationshintergrund als Barriere“ als Steilvorlage für eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit Begriffen und Zuständen: Ist schon allein die Terminologie „Migrant“ diskriminierend? Und wie wirkt sich die ganze Debatte auf die Lebenswirklichkeiten der Betroffenen aus?
Die Beiträge im zweiten Teil „Bildung als Hürdenlauf“ beschäftigen sich mit der Schlüsselrolle von Bildung für den sozialen Aufstieg von jungen Menschen: Inwieweit finden junge MigrantInnen Unterstützung in den Bildungsinstitutionen auf ihrem Lebensweg und wo werden sie eher behindert? Haben alle die gleichen Bildungschancen?
Der Abschnitt „Hürden über Hürden“ enthält Lebensläufe und Geschichten von Hürdenläufern, die es nicht leicht hatten, ihre Ziele zu erreichen. Diese Beispiele verdeutlichen, dass es nicht selbstverständlich ist als Mensch mit Migrationshintergrund in Deutschland erfolgreich zu sein.
Dieses Dossier will als Aufruf zum Umdenken in der Sache dienen: Sehen wir die Menschen wie sie sind: Menschen, die ihre Chancen ergreifen wollen und die Chancen verdienen.
Die Lügenpresse als VerschwörungstheorieUwe Krüger
Ein beachtlicher Teil der Deutschen glaubt, die Bevölkerung werde von den Medien systematisch belogen und die Journalisten arbeiteten mit der Politik Hand in Hand, um die Bevölkerungsmeinung zu manipulieren. In diesem Vortrag wird der "Lügenpresse"-Vorwurf als Verschwörungstheorie begriffen, allerdings wertfrei und nicht abwertend. Es wird gefragt, was eine Verschwörungstheorie ist und wie man "Lügenpresse" als Verschwörungstheorie definieren kann. Mit Hilfe der Systemtheorie von Niklas Luhmann wird argumentiert, dass verschiedene Vorwürfe an die etablierten Medien (aus dem rechten ebenso wie aus dem linken Lager) darauf zurückzuführen sind, dass Journalismus Komplexität reduziert und selbst ein komplexes soziales Funktions- bzw. Leistungssystem darstellt. Mehr Transparenz über die Arbeitsweise von Journalisten herzustellen wird allerdings nicht als Lösung für das Problem angesehen, da das Komplexitätsthema nur eine nachrangige Ursache für die Emergenz von Verschwörungstheorien ist; vorgeschaltete Bedingung sind Gefühle von Entfremdung, Ohnmacht und Benachteiligung. Die Aufgabe ist also eher politisch als technokratisch zu lösen.
Das Subjekt als Bürger. Die implizite Politik der Medienkompetenzwruge
Folien zum Vortrag beim 3. Fachtag: „Doing politics - Politisch agieren in der digitalen Gesellschaft“ der GMK Landesgruppe Sachsen-Anhalt. - http://web.hs-merseburg.de/~schulkul/index.php/aktuell/19-veranstaltungen/26-ft3-programm
Deutschland ist eine vielfältige Republik. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, dem Zuwanderungsgesetz und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurden dafür in den letzten Jahren endlich auch die entsprechenden politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Gleichzeitig wurde auch ein Einstellungswechsel in der politischen Diskussion eingeleitet: von der Problemorientierung, die überwiegend die Defizite von Minderheiten thematisierte, zur Suche nach den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Chancen einer vielfältigen Gesellschaft.
Ein wichtiger Bestandteil dieses zu beobachtenden Perspektivenwechsels ist die allmähliche Verbreitung von Diversity-Ansätzen in Unternehmen, gesellschaftspolitischen Organisationen und öffentlichen Institutionen - bisher vor allem im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung bzw. Diversity-Management. Noch aber wird Diversity in Organisationen nicht gelebt. Laut einer Befragung der Bertelsmann-Stiftung wenden bisher nur 44 Prozent der befragten deutschen gegenüber 92 Prozent der US-amerikanischen und britischen Unternehmen Diversity Management an. Auf gesamteuropäischer Ebene liegt der Anteil bei 75 Prozent. Die Verbreitung von Diversity-Ansätzen hat in Deutschland in den letzten Jahren jedoch deutlich zugenommen, auch immer stärker in den kommunalen Institutionen und im Non-Profit-Bereich. Damit einher geht der Versuch einer Übertragung des Diversity-Ansatzes als politische Strategie in den gesellschaftspolitischen Bereich.
Grundlegend bei solchen "Politiken der Vielfalt - Politics of Diversity (PoD)" ist der Perspektivwechsel von einem defizit-orientieren Minderheitenansatz zu einem ressourcenorientierten, zielgruppen-übergreifenden Diversity-Ansatz, der die Kompetenzen und Potenziale aller BürgerInnen, KundInnen, Klientel etc. zum Fundament gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischer Maßnahmen macht.
Dieses Dossier möchte einen Beitrag dazu leisten, die Chancen von Politiken der Vielfalt zu erkennen und die Übertragung des Diversity-Ansatzes in den gesellschaftspolitischen Bereich vorzustellen.
Die religiöse Landschaft in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten bunter geworden - eine Vielzahl von religiösen Praktiken und Überzeugungen existiert heute nebeneinander. Allein für Berlin haben Religionswissenschaftler über 300 unterschiedliche Religionsgemeinschaften ausgemacht. Ähnlich hohe Zahlen ergaben Studien für das Ruhrgebiet und andere deutsche Metropolregionen - aber selbst abseits der großen Städte bleibt das Bild nicht auf die beiden großen Kirchen beschränkt. Neben den evangelischen Landeskirchen und der römisch-katholischen Kirche gesellen sich jüdische und muslimische Gemeinden und eine Vielzahl von oft neugegründeten Freikirchen. Hinzu kommen Buddhisten, Hindus und Jesiden und weitere religiöse Gruppierungen, die öffentlich immer sichtbarer werden.
Die Ursache für die wachsende religiöse Vielfalt liegt in erster Linie in der Einwanderung von ArbeitsmigrantInnen und Flüchtlingen, die ihre religiösen Überzeugungen und Praktiken als "kulturelles Gepäck" nach Deutschland mitgebracht haben. Ein weiterer Faktor ist die Möglichkeit zur Konversion zu neuen und anderen Religionen.
Eine Flut von Beiträgen hat sich in den letzten Jahren vor allem dem Themenkomplex Migration und Religion gewidmet - allerdings mit einem Blickwinkel, der stark auf muslimische MigrantInnen und deren Integration in die deutsche Gesellschaft verengt ist. Diese perspektivische Verengung mag zum einen der Tatsache geschuldet sein, dass der Großteil der nach Deutschland Zugewanderten aus muslimisch geprägten Ländern stammt. Sie ist aber auch Ausdruck für die verbreitete öffentliche Wahrnehmung des Islam, dem Bedrohungspotenzial zugeschrieben wird.
Dieses Dossier möchte diese perspektivische Verengung in zweifacher Hinsicht auflösen: Zum einen richtet sich der Blick auf die wenig beachteten kleinen Religionsgemeinschaften, deren Mitglieder - ebenso wie muslimische MigrantInnen - in den letzten 50 Jahren nach Deutschland gekommen sind, sich etabliert haben und ebenso Anerkennung und Gleichstellung anstreben. Zum anderen betrachtet das Dossier bereits lange in Mitteleuropa etablierte Religionen wie das Christentum und Judentum, die durch zugewanderte Gläubige pluralisiert und verändert werden.
Es geht um Einblicke in das Selbstverständnis und die Erwartungen von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften, deren Bedeutung für das Leben von MigrantInnen und ihre Integration zunehmend anerkannt wird. Mit der Deutschen Islamkonferenz wird dieser Perspektivenwechsel staatlicherseits eingeleitet. Wird dieser Prozess auch Auswirkungen auf andere Religionsgemeinschaften haben und sogar zur Veränderung des hierzulande etablierten Staats-Kirchen-Verhältnisses führen?
Doch dieses Dossier bleibt nicht bei Gegenwartsanalysen stehen: Es werden Prognosen gewagt, wie die religiöse Vielfalt und das gleichberechtigte Miteinander in einem weltanschaulich pluralistischen Deutschland im Jahr 2020 aussehen könnte.
Das Dossier wurde von dem Religionswissenschaftler Ulf Plessentin konzipiert und bearbeitet. Verantwortlich ist Olga Drossou von der MID-Redaktion. Es stellt einen Beitrag zum Europäischen Jahr des Interkulturellen Dialogs 2008 dar.
Viel Wut und Unverständnis haben sich angesammelt: Wenn es um „Ausländer“ geht, kochen die Emotionen hoch, wie neulich anlässlich des Schweizer Minarettverbots oder Thilo Sarrazins Auslassungen. In den immerwährenden Diskussionen um Inklusion und Integration der MigrantInnen in Deutschland haben sich über die Jahre Gräben aufgetan, die es zu schließen gilt, bevor sie unüberwindbar werden.
MigrantInnen gelten weithin als Menschen, die ungebildet und kriminell sind, den Staat schröpfen, nur Probleme machen, viele Kinder in die Welt setzen und natürlich in Berlin-Neukölln wohnen. Sie sind es, die der „Bild“ und dem Privatfernsehen genügend Storys für die Unterhaltung, Belehrung und Abgrenzung breiter Bevölkerungsschichten liefern.
Besonders junge MigrantInnen in der zweiten und dritten Generation werden als Problem wahrgenommen: entweder sind sie vorbildlich assimiliert und unsichtbar oder sie gelten als Störfälle. Doch wie realitätsnah sind Befunde, die einem Großteil von ihnen Integrationsunwilligkeit, ja Verweigerung unterstellen? Wie weit werden ihre Lebenswirklichkeit zur Kenntnis genommen und ihre Hoffnungen und Anstrengungen gewürdigt? Warum bedeutet die Herkunft, der "Migrationshintergrund", in Deutschland eine so schwer zu überwindende Barriere, die nur zu oft den Traum der jungen MigrantInnen nach sozialem Aufstieg zur Illusion werden lässt?
In diesem Dossier setzen sich junge Menschen – mit und ohne Migrationshintergrund – mit den Konstruktionen, verallgemeinernden und existierenden Vorurteilen gegen MigrantInnen auseinander, die den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen. Die AutorInnen, alle derzeit StipendiatInnen der Heinrich-Böll-Stiftung, bringen – mal empört und provokativ, mal beschreibend und empathisch – ihre Haltung zum polarisierenden Diskurs über „In- und Ausländer“ zum Ausdruck und zeigen, dass und wie es auch anders geht. Ihre Geschichten sind geprägt von ihren eigenen Erfahrungen aus ihrem Leben in Deutschland oder ihren Einblicken in das Leben der „Anderen“.
Ihre Analysen, Interviews, Portraits oder Erzählungen in den drei Rubriken legen den Finger in manche Wunde unserer Gesellschaft - so die Hürden und Blockaden, die MigrantInnen von der gleichberechtigten Teilhabe abhalten und ihren sozialen Aufstieg behindern.
Die Aussagen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin zu MigrantInnen in Berlin dienten für die AutorInnen in der Rubrik „Migrationshintergrund als Barriere“ als Steilvorlage für eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit Begriffen und Zuständen: Ist schon allein die Terminologie „Migrant“ diskriminierend? Und wie wirkt sich die ganze Debatte auf die Lebenswirklichkeiten der Betroffenen aus?
Die Beiträge im zweiten Teil „Bildung als Hürdenlauf“ beschäftigen sich mit der Schlüsselrolle von Bildung für den sozialen Aufstieg von jungen Menschen: Inwieweit finden junge MigrantInnen Unterstützung in den Bildungsinstitutionen auf ihrem Lebensweg und wo werden sie eher behindert? Haben alle die gleichen Bildungschancen?
Der Abschnitt „Hürden über Hürden“ enthält Lebensläufe und Geschichten von Hürdenläufern, die es nicht leicht hatten, ihre Ziele zu erreichen. Diese Beispiele verdeutlichen, dass es nicht selbstverständlich ist als Mensch mit Migrationshintergrund in Deutschland erfolgreich zu sein.
Dieses Dossier will als Aufruf zum Umdenken in der Sache dienen: Sehen wir die Menschen wie sie sind: Menschen, die ihre Chancen ergreifen wollen und die Chancen verdienen.
Die Lügenpresse als VerschwörungstheorieUwe Krüger
Ein beachtlicher Teil der Deutschen glaubt, die Bevölkerung werde von den Medien systematisch belogen und die Journalisten arbeiteten mit der Politik Hand in Hand, um die Bevölkerungsmeinung zu manipulieren. In diesem Vortrag wird der "Lügenpresse"-Vorwurf als Verschwörungstheorie begriffen, allerdings wertfrei und nicht abwertend. Es wird gefragt, was eine Verschwörungstheorie ist und wie man "Lügenpresse" als Verschwörungstheorie definieren kann. Mit Hilfe der Systemtheorie von Niklas Luhmann wird argumentiert, dass verschiedene Vorwürfe an die etablierten Medien (aus dem rechten ebenso wie aus dem linken Lager) darauf zurückzuführen sind, dass Journalismus Komplexität reduziert und selbst ein komplexes soziales Funktions- bzw. Leistungssystem darstellt. Mehr Transparenz über die Arbeitsweise von Journalisten herzustellen wird allerdings nicht als Lösung für das Problem angesehen, da das Komplexitätsthema nur eine nachrangige Ursache für die Emergenz von Verschwörungstheorien ist; vorgeschaltete Bedingung sind Gefühle von Entfremdung, Ohnmacht und Benachteiligung. Die Aufgabe ist also eher politisch als technokratisch zu lösen.
Das Subjekt als Bürger. Die implizite Politik der Medienkompetenzwruge
Folien zum Vortrag beim 3. Fachtag: „Doing politics - Politisch agieren in der digitalen Gesellschaft“ der GMK Landesgruppe Sachsen-Anhalt. - http://web.hs-merseburg.de/~schulkul/index.php/aktuell/19-veranstaltungen/26-ft3-programm
Deutschland ist eine vielfältige Republik. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, dem Zuwanderungsgesetz und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurden dafür in den letzten Jahren endlich auch die entsprechenden politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Gleichzeitig wurde auch ein Einstellungswechsel in der politischen Diskussion eingeleitet: von der Problemorientierung, die überwiegend die Defizite von Minderheiten thematisierte, zur Suche nach den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Chancen einer vielfältigen Gesellschaft.
Ein wichtiger Bestandteil dieses zu beobachtenden Perspektivenwechsels ist die allmähliche Verbreitung von Diversity-Ansätzen in Unternehmen, gesellschaftspolitischen Organisationen und öffentlichen Institutionen - bisher vor allem im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung bzw. Diversity-Management. Noch aber wird Diversity in Organisationen nicht gelebt. Laut einer Befragung der Bertelsmann-Stiftung wenden bisher nur 44 Prozent der befragten deutschen gegenüber 92 Prozent der US-amerikanischen und britischen Unternehmen Diversity Management an. Auf gesamteuropäischer Ebene liegt der Anteil bei 75 Prozent. Die Verbreitung von Diversity-Ansätzen hat in Deutschland in den letzten Jahren jedoch deutlich zugenommen, auch immer stärker in den kommunalen Institutionen und im Non-Profit-Bereich. Damit einher geht der Versuch einer Übertragung des Diversity-Ansatzes als politische Strategie in den gesellschaftspolitischen Bereich.
Grundlegend bei solchen "Politiken der Vielfalt - Politics of Diversity (PoD)" ist der Perspektivwechsel von einem defizit-orientieren Minderheitenansatz zu einem ressourcenorientierten, zielgruppen-übergreifenden Diversity-Ansatz, der die Kompetenzen und Potenziale aller BürgerInnen, KundInnen, Klientel etc. zum Fundament gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischer Maßnahmen macht.
Dieses Dossier möchte einen Beitrag dazu leisten, die Chancen von Politiken der Vielfalt zu erkennen und die Übertragung des Diversity-Ansatzes in den gesellschaftspolitischen Bereich vorzustellen.
Gemeinsam Miteinander - Integration von geflüchteten Menschen #RefugeesWelcome World Café Europe
Ergebnispräsentation von unserem World Café "Gemeinsam Miteinander": Am 11. März 2017 fand im Alten Rathaus München ein sogenanntes World Café statt. Unter den 200 Teilnehmern waren neben engagierten Münchner Bürgern und Mitarbeitern sozialer und kultureller Einrichtungen auch mehr als 50 Flüchtlinge dabei. Ziel eines jeden Café-Dialogs ist es, das gemeinsame Wissen einer Gruppe in strukturierten Gesprächen und mit ausgearbeiteten Leitfragen ans Licht zu bringen und auf diese Weise neue und zukunftsweisende Ideen zu erarbeiten.
Somit hatte jeder der 200 Teilnehmer die Möglichkeit, sich zu dem Thema „Gemeinsam Miteinander - Integration für geflüchtete Menschen in München gestalten“ zu äußern und gehört zu werden.
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Die Zuwanderung kann den demografischen Wandel abmildern - doch bisher gelingt dies nur städtischen Ballungsgebieten... Eine Studie der GEBIT im Auftrag der Bertelsmann Stiftung
Die Literatur von MigrantInnen und AutorInnen mit Migrationshintergrund ist heute fester Bestandteil deutscher Kultur. Seit der ersten Einwanderergeneration der 1950er Jahre finden die sprachlichen Neuerkundungen der in der Bundesrepublik angekommenen MigrantInnen sowie ihr interkulturelles Leben gleichermaßen ihren ästhetischen und literarischen Ausdruck in deutscher Sprache.
Anfangs als Nischenphänomen in der Literaturlandschaft Deutschlands betrachtet und zunächst als „Gastarbeiterliteratur“ kategorisiert, haben sich die AutorInnen mittlerweile durch drei Generationen literarischen Schaffens ihren Weg in die deutsche Kulturproduktion gebahnt und in die deutsche Literatur eingeschrieben. Seither scheint sich die Öffentlichkeit vor die schwierige Aufgabe gestellt zu sehen, diese Literatur - der „Anderen“, der sogenannten „nicht-deutschen“ AutorInnen - in das bestehende weitestgehend monokulturelle Selbstverständnis einzugliedern und ist bei der Auseinandersetzung mit diesem Phänomen auf der Suche nach der passenden Kategorie und bei ihren Benennungsversuchen nicht minder einfallsreich.
So hat sich im Laufe der Zeit eine Vielzahl äußerst unterschiedlicher und widersprüchlicher Bezeichnungen entwickelt, die von den AutorInnen nicht ganz ohne Kritik aufgenommen wurden. Die versuchten Typologisierungen bieten eine große Bandbreite von Formulierungen wie „Ausländerliteratur“, „Gast-“, „Immigranten-“, „Emigrations-“, „Migranten-“ oder „Migrationsliteratur“, „Minderheitenliteratur“, „interkulturelle“, „multikulturelle“, „deutsche Gastliteratur“, „Literatur ohne festen Wohnsitz“, „Literatur der Fremde“, „deutsche Literatur von außen“, „Literatur mit dem Motiv der Migration“ oder „nicht nur deutsche“, um nur einige Beispiele zu nennen. Was hier offenkundig fehlt, ist der Begriff „Deutsche Literatur“.
Dieses Dossier will dem Versuch nachgehen, den Raum „zwischen den Zeilen“ zu entdecken. Den Raum, in dem die AutorInnen ihren ganz eigenen Ausdruck und Selbstbestimmungsort suchen und die Differenz von Eigenem und Fremdem oder die scheinbare Unüberwindbarkeit kultureller Grenzen zum Ausgangspunkt ihrer individuell künstlerischen Arbeit und somit zur Dekonstruktion, Neugestaltung oder Überwindung dieser machen.
Im Zentrum stehen dabei die Fragen, welcher Wandel im Selbstverständnis der AutorInnen stattgefunden hat und welche Formen kultureller Präsentation sie wählen. Dabei ist zu betrachten, wie der Kulturbegriff in diesem Kontext diskutiert wird und wie sich die AutorInnen ihren Platz zwischen den Sprachen, den gesellschaftlichen Zuschreibungen und den verschiedenen Aspekten des Fremdseins erkämpfen und gestalten. Hierbei werden neue Formen von Hybridität, sprachlicher Symbiose und Mischkulturen zu entdecken sein, die darüber hinaus zu einem erweiterten Verständnis der deutschen Literatur und Kultur beitragen können.
Medien – Technik – Musizieren | Smartphones und Tablets im Vokal- und Instrum...Forschungsstelle Appmusik
Im Vortrag werden die Veränderungen durch Digitalisierung beleuchtet, die Rolle von Medien für die kulturelle Entwicklung betrachtet, die Bezogenheit von Gesellschaft und Technologie verdeutlicht und Musikapps als Hilfsmittel und Übebegleiter („smarte Partner“) untersucht. Abschließend wird anhand eines Fallbeispiels dargestellt, wie sich Musizieren durch „smarte“ Musiktechnologien verändert.
Der Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung rückt in den letzten Jahren verstärkt in den Blick. Allein die Tatsache, dass globale Remittances - also Rücküberweisungen der MigrantInnen in ihre Herkunftsländer - die offizielle Entwicklungshilfe der Industrieländer bei weitem übersteigen, zeigt die wichtige Rolle der Diaspora-Gemeinschaften für die Entwicklung ihrer Herkunftsländer.
Doch das Potential der Gemeinschaften in der Diaspora liegt nicht allein in den finanziellen Zuwendungen. Professionelle Fähigkeiten, Expertise, Kenntnisse der Herkunfts- sowie der Gastländer machen sie zu potentiell attraktiven PartnerInnen von staatlicher und zivilgesellschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit.
Der Schnittpunkt von Migration und Entwicklung, der Migrations-Entwicklungs-Nexus, hat sich so zu einem Politikfeld gewandelt, dass von teils enthusiastischer Rhetorik geprägt ist. Im Bestreben, über die einseitige Problematisierung von Migration hinauszuwachsen, werden nun die Potentiale von MigrantInnen betont. Einerseits werden hohe Erwartungen aufgebaut, andererseits wird den neuen EntwicklungsakteurInnen in einzelnen Entwicklungsinstitutionen eine gewisse Skepsis entgegengebracht. Vor diesem Hintergrund sind differenzierte und realitätsnahe Analysen der Möglichkeiten und Grenzen des Migrations-Entwicklungs-Nexus angebracht.
Solche differenzierten Betrachtungen leisten konstruktive Kritik an einer vereinfachten positiven Verknüpfung von Migration und Entwicklung. Mit Verweis auf den Brain Drain im Globalen Süden wird betont, dass besonders westliche Aufnahmeländer von hochqualifizierten MigrantInnen profitieren, während deren Abwanderung den Entsendeländern nachhaltig schadet. Hier gilt es, neue Politikansätze jenseits gescheiterter Gastarbeiterkonzepte zu entwickeln und neue Begriffe wie "zirkuläre Migration" mit innovativen Inhalten füllen. Alte Programme im Gewand neuer Begrifflichkeiten zu recyceln und auch die Höhe der Remittances sagt noch nichts über die möglicherweise negativen Langzeitfolgen solcher Tranfers für die Empfängerländer aus.
Angesichts der Fülle neuer Aktivitäten und der Anzahl ungeklärter Fragen und Rollenverteilungen, die sich aus dem Mangel an kritischer Reflexion ergeben, ist es wichtig, Erfahrungen mit Projekten und Politiken, die den Migrations-Entwicklungs-Nexus stärken sollen, zu evaluieren, um aus bereits bestehender Praxis neue Handlungsoptionen ableiten zu können.
Eine Vielzahl von Akteuren und Interessengruppen versucht, im Bereich der Migrations- und Entwicklungspolitik Einfluss zu nehmen. Dabei kommt es nicht selten zu Zielkonflikten zwischen unterschiedlichen Politikbereichen auch innerhalb einzelner Staaten – mit der Folge inkohärenter Entscheidungen.
Greifen hier die Bemühungen zur Harmonisierung von Politiken? Welche Auswirkungen hat eine solche verstärkte Politikkoordination auf migrantische und diasporische Gestaltungsmöglichkeiten von Entwicklung? Sind migrantische und diasporische Entwicklungsorganisationen die Zukunft der Entwicklung oder nur eine weitere Akteursgruppe, die es gilt, in bereits bestehende Strukturen einzubinden? Wie verhält es sich in diesem neuen Feld der Entwicklungs- und Migrationspolitik mit Geschlechtergerechtigkeit - werden geschlechterdifferente Auswirkungen in Planung und Umsetzung genügend berücksichtigt? In welche konkreten Projekte werden Organisationen der Diaspora als tatsächliche Partner von Entwicklungsorganisationen einbezogen?
Das Dossier führt in das Themenfeld und die Kontroversen ein, indem es Analysen und Standpunkte aus den unterschiedlichen Perspektiven der beteiligten Akteure gegenüberstellt - so entsteht jenseits schematischer Generaldiagnosen ein differenziertes Bild des Migration-Entwicklungs-Nexus.
Medienproduktion, Ausgabe 7, Thema: Mediengattungen im WandelGunnar Kron
Gunnar Kron beschreibt in seinem Artikel "Systematik einer multimedialen Kampagne am Beispiel des Wettbewerbs „Hamburg rockt“" das strategisch koordinierte Zusammenspiel dreier Medienhäuser zur Durchführung einer dramaturgisch über die Mediengattungen Print,Rundfunk,TV und Online gesteuerten multimedialen Kampagne.
Mainstream - Wie einseitig ist Berichterstattung heute?Uwe Krüger
Dieser Vortrag wurde am 12. September 2016 auf einer Fachtagung der Bundeszentrale für politische Bildung und der Kultusministerkonferenz ("Kriege und Konflikte - Schule zwischen medialer Meinungsbildung und dem Anspruch politischer Bildung") v.a. vor Lehrer/innen und Lehrerfortbildner/inne/n gehalten. Thema ist die aktuelle Vertrauenskrise der Medien (mit den Vorwürfen "Lügenpresse", "Mainstream-Medien", "Gleichschaltung", "Systemmedien") und dahinterliegende Auffälligkeiten in der Berichterstattung etwa zur Ukraine-Krise, Griechenland-Staatsschuldenkrise und Flüchtlingskrise. Die zentralen Argumente sind nachzulesen in Uwe Krüger: Mainstream - Warum wir den Medien nicht mehr trauen (C.H.Beck, München 2016).
Museen haben in besonderem Maße das Potential, durch multiperspektivische Erzählweisen und ko-kreative Ansätze gemeinschafts- und sinnstiftende Orte einer diversen Gesellschaft zu sein. Sie können als Foren der Kommunikation und Verständigung fungieren und einen Raum bieten, in dem gesellschaftliche Aushandlungsprozesse stattfinden. Als Orte der zwischenmenschlichen Begegnung gewinnen sie im digitalen Zeitalter an Bedeutung. Einige Häuser haben dies bereits erkannt und das Thema Diversität auf ihre Agenda genommen.
Wie erreichen Museen eine diversere, die Gesellschaft widerspiegelnde Besucherschaft? Welche neuen Ansätze kuratorischer Arbeit braucht es, um neue Formen von Narrativen zu entwickeln? Welche Fragestellungen ergeben sich dadurch in Bezug auf Führungskultur, Personalstrukturen und Arbeitsweisen? Wie können mit neuen Partnerschaften und strategischen Allianzen Relevanz für eine mehr Menschen erreicht werden.
Um neue, bisher museumsdistanzierte Besucher zu erreichen, erfordert es eine aktive, zielgerichtete Ansprache der Bevölkerung mit neuen Formaten und Konzepten, die in einer Outreach-Strategie zum Ausdruck kommen. Hier liegen die Stärken von Outreach als strategischem Diversity-Instrument, das mittlerweile in zahlreichen Museen weltweit in Form von Outreach-Managern, Outreach-Kuratoren und Outreach-Abteilungen etabliert ist. Diese Stärken zu zeigen, ist das Ziel dieses Beitrags.
Dieser Impuls gibt Antwort auf die Frage nach der Definition von Outreach, entwirft einen Überblick über den Forschungsstand zur aktuellen demographischen und sozioökonomischen Situation des Museumspublikums, zeichnet die historische Entwicklung von Outreach im internationalen Zusammenhang nach und stellt dar, wie sich Outreach im Kontext von Audience Development, Sozialer Inklusion, Partizipation und Empowerment verortet.
Neben den klassischen und langjährig erprobten Outreach-Formaten wie Museumsboxen- und koffern, Mobilen Museen und Satellitenmuseen werden auch digitale Outreach-Formate wie Webseiten, Social Media, Apps, digitale Sammlungen, MOOCs und digitale Strategien vorgestellt.
Beispiele aus der musealen Praxis aus Deutschland, Großbritannien, Skandinavien und den Niederlanden zeigen mit Erfahrungsberichten aus Interviews, wie Museen mit verschiedenen Kategorien wie School Outreach, Community Outreach und Digital Outreach ein diverseres Publikum ansprechen und beteiligen.
Dieser Vortrag basiert auf dem 2018 im Waxmann Verlag erscheinenden Titel "Museen und Outreach. Outreach als strategisches Diversity Instrument" von Ivana Scharf, Dagmar Wunderlich und Julia Heisig.
2010-09-23 Journalismus als zentrale gesellschaftliche Instanz des Public St...Vinzenz Wyss
Ausgehend von unserem individuellen journalistischen Rollenselbstbild fragen wir nach der gesellschaftlichen Funktion des Journalismus. Wir identifizieren die Eigenlogik des Journalismus als „narrative Mehrsystemrelevanz“ und leiten daraus Vorstellungen bezüglich journalistischer Qualität ab. Praktische Beispiele sollen zeigen, ob journalistische Qualität in einem einzelnen redaktionellen Beitrag evident wird.
Wir setzen uns dann mit den spezifischen Strategien auseinander, auf welche der Journalismus in vielen verschiedenen Spielarten zurückgreift, um Wirklichkeit narrativ in Szene zu setzen. Dabei begegnen wir typischen Erzählerrollen (Journalismuskonzepte) und angewandten Schemata (Nachrichtenfaktoren). Wir fragen danach, mit welchen Verfahren es in Redaktionen gelingen kann, diesen Prozess der journalistischen Qualitätsproduktion zu entwickeln und zu sichern (Qualitätssicherung).
Pakistans Ansehen in der Weltöffentlichkeit ist schlecht. Es wird als das „gefährlichste Land der Welt“ bezeichnet, als Zufluchtsort für Taliban und Al-Quaida. Pakistan, die Atommacht, gilt als unberechenbar und fragil. Diese Sichtweise auf Pakistan ist nicht falsch. Dennoch gibt es auch in Pakistan viele Hoffnungsträger, die sich unermüdlich für Demokratie und Menschenrechte engagieren, oftmals unter großen Gefahren. Pakistan hat eine Zivilgesellschaft, die es trotz aller Rückschläge immer wieder vermag, Einfluss auf die politische Entwicklung des Landes zu nehmen. Die Bewegung der Richter und Anwälte, die erfolgreich gegen die Absetzung des Obersten Richters Iftikhar Chaudry auf die Straße gingen, ist ein solches Beispiel.
Die nun vorliegende Publikation will ein differenziertes Bild über die komplexen politischen Prozesse und gesellschaftspolitischen Herausforderungen Pakistans bieten. Autorinnen und Autoren verschiedener Disziplinen präsentieren sowohl Analysen über Defizite und Schwächen als auch Ideen für eine demokratischere und friedlichere Zukunft Pakistans.
Mit Beiträgen von Abbas Rashid, Rubina Saigol, Hasan Askari Rizvi, Kaiser Bengali, Pervez Hoodbhoy, Azmat Abbasm und Saima Jasam.
Gemeinsam Miteinander - Integration von geflüchteten Menschen #RefugeesWelcome World Café Europe
Ergebnispräsentation von unserem World Café "Gemeinsam Miteinander": Am 11. März 2017 fand im Alten Rathaus München ein sogenanntes World Café statt. Unter den 200 Teilnehmern waren neben engagierten Münchner Bürgern und Mitarbeitern sozialer und kultureller Einrichtungen auch mehr als 50 Flüchtlinge dabei. Ziel eines jeden Café-Dialogs ist es, das gemeinsame Wissen einer Gruppe in strukturierten Gesprächen und mit ausgearbeiteten Leitfragen ans Licht zu bringen und auf diese Weise neue und zukunftsweisende Ideen zu erarbeiten.
Somit hatte jeder der 200 Teilnehmer die Möglichkeit, sich zu dem Thema „Gemeinsam Miteinander - Integration für geflüchtete Menschen in München gestalten“ zu äußern und gehört zu werden.
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Die Zuwanderung kann den demografischen Wandel abmildern - doch bisher gelingt dies nur städtischen Ballungsgebieten... Eine Studie der GEBIT im Auftrag der Bertelsmann Stiftung
Die Literatur von MigrantInnen und AutorInnen mit Migrationshintergrund ist heute fester Bestandteil deutscher Kultur. Seit der ersten Einwanderergeneration der 1950er Jahre finden die sprachlichen Neuerkundungen der in der Bundesrepublik angekommenen MigrantInnen sowie ihr interkulturelles Leben gleichermaßen ihren ästhetischen und literarischen Ausdruck in deutscher Sprache.
Anfangs als Nischenphänomen in der Literaturlandschaft Deutschlands betrachtet und zunächst als „Gastarbeiterliteratur“ kategorisiert, haben sich die AutorInnen mittlerweile durch drei Generationen literarischen Schaffens ihren Weg in die deutsche Kulturproduktion gebahnt und in die deutsche Literatur eingeschrieben. Seither scheint sich die Öffentlichkeit vor die schwierige Aufgabe gestellt zu sehen, diese Literatur - der „Anderen“, der sogenannten „nicht-deutschen“ AutorInnen - in das bestehende weitestgehend monokulturelle Selbstverständnis einzugliedern und ist bei der Auseinandersetzung mit diesem Phänomen auf der Suche nach der passenden Kategorie und bei ihren Benennungsversuchen nicht minder einfallsreich.
So hat sich im Laufe der Zeit eine Vielzahl äußerst unterschiedlicher und widersprüchlicher Bezeichnungen entwickelt, die von den AutorInnen nicht ganz ohne Kritik aufgenommen wurden. Die versuchten Typologisierungen bieten eine große Bandbreite von Formulierungen wie „Ausländerliteratur“, „Gast-“, „Immigranten-“, „Emigrations-“, „Migranten-“ oder „Migrationsliteratur“, „Minderheitenliteratur“, „interkulturelle“, „multikulturelle“, „deutsche Gastliteratur“, „Literatur ohne festen Wohnsitz“, „Literatur der Fremde“, „deutsche Literatur von außen“, „Literatur mit dem Motiv der Migration“ oder „nicht nur deutsche“, um nur einige Beispiele zu nennen. Was hier offenkundig fehlt, ist der Begriff „Deutsche Literatur“.
Dieses Dossier will dem Versuch nachgehen, den Raum „zwischen den Zeilen“ zu entdecken. Den Raum, in dem die AutorInnen ihren ganz eigenen Ausdruck und Selbstbestimmungsort suchen und die Differenz von Eigenem und Fremdem oder die scheinbare Unüberwindbarkeit kultureller Grenzen zum Ausgangspunkt ihrer individuell künstlerischen Arbeit und somit zur Dekonstruktion, Neugestaltung oder Überwindung dieser machen.
Im Zentrum stehen dabei die Fragen, welcher Wandel im Selbstverständnis der AutorInnen stattgefunden hat und welche Formen kultureller Präsentation sie wählen. Dabei ist zu betrachten, wie der Kulturbegriff in diesem Kontext diskutiert wird und wie sich die AutorInnen ihren Platz zwischen den Sprachen, den gesellschaftlichen Zuschreibungen und den verschiedenen Aspekten des Fremdseins erkämpfen und gestalten. Hierbei werden neue Formen von Hybridität, sprachlicher Symbiose und Mischkulturen zu entdecken sein, die darüber hinaus zu einem erweiterten Verständnis der deutschen Literatur und Kultur beitragen können.
Medien – Technik – Musizieren | Smartphones und Tablets im Vokal- und Instrum...Forschungsstelle Appmusik
Im Vortrag werden die Veränderungen durch Digitalisierung beleuchtet, die Rolle von Medien für die kulturelle Entwicklung betrachtet, die Bezogenheit von Gesellschaft und Technologie verdeutlicht und Musikapps als Hilfsmittel und Übebegleiter („smarte Partner“) untersucht. Abschließend wird anhand eines Fallbeispiels dargestellt, wie sich Musizieren durch „smarte“ Musiktechnologien verändert.
Der Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung rückt in den letzten Jahren verstärkt in den Blick. Allein die Tatsache, dass globale Remittances - also Rücküberweisungen der MigrantInnen in ihre Herkunftsländer - die offizielle Entwicklungshilfe der Industrieländer bei weitem übersteigen, zeigt die wichtige Rolle der Diaspora-Gemeinschaften für die Entwicklung ihrer Herkunftsländer.
Doch das Potential der Gemeinschaften in der Diaspora liegt nicht allein in den finanziellen Zuwendungen. Professionelle Fähigkeiten, Expertise, Kenntnisse der Herkunfts- sowie der Gastländer machen sie zu potentiell attraktiven PartnerInnen von staatlicher und zivilgesellschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit.
Der Schnittpunkt von Migration und Entwicklung, der Migrations-Entwicklungs-Nexus, hat sich so zu einem Politikfeld gewandelt, dass von teils enthusiastischer Rhetorik geprägt ist. Im Bestreben, über die einseitige Problematisierung von Migration hinauszuwachsen, werden nun die Potentiale von MigrantInnen betont. Einerseits werden hohe Erwartungen aufgebaut, andererseits wird den neuen EntwicklungsakteurInnen in einzelnen Entwicklungsinstitutionen eine gewisse Skepsis entgegengebracht. Vor diesem Hintergrund sind differenzierte und realitätsnahe Analysen der Möglichkeiten und Grenzen des Migrations-Entwicklungs-Nexus angebracht.
Solche differenzierten Betrachtungen leisten konstruktive Kritik an einer vereinfachten positiven Verknüpfung von Migration und Entwicklung. Mit Verweis auf den Brain Drain im Globalen Süden wird betont, dass besonders westliche Aufnahmeländer von hochqualifizierten MigrantInnen profitieren, während deren Abwanderung den Entsendeländern nachhaltig schadet. Hier gilt es, neue Politikansätze jenseits gescheiterter Gastarbeiterkonzepte zu entwickeln und neue Begriffe wie "zirkuläre Migration" mit innovativen Inhalten füllen. Alte Programme im Gewand neuer Begrifflichkeiten zu recyceln und auch die Höhe der Remittances sagt noch nichts über die möglicherweise negativen Langzeitfolgen solcher Tranfers für die Empfängerländer aus.
Angesichts der Fülle neuer Aktivitäten und der Anzahl ungeklärter Fragen und Rollenverteilungen, die sich aus dem Mangel an kritischer Reflexion ergeben, ist es wichtig, Erfahrungen mit Projekten und Politiken, die den Migrations-Entwicklungs-Nexus stärken sollen, zu evaluieren, um aus bereits bestehender Praxis neue Handlungsoptionen ableiten zu können.
Eine Vielzahl von Akteuren und Interessengruppen versucht, im Bereich der Migrations- und Entwicklungspolitik Einfluss zu nehmen. Dabei kommt es nicht selten zu Zielkonflikten zwischen unterschiedlichen Politikbereichen auch innerhalb einzelner Staaten – mit der Folge inkohärenter Entscheidungen.
Greifen hier die Bemühungen zur Harmonisierung von Politiken? Welche Auswirkungen hat eine solche verstärkte Politikkoordination auf migrantische und diasporische Gestaltungsmöglichkeiten von Entwicklung? Sind migrantische und diasporische Entwicklungsorganisationen die Zukunft der Entwicklung oder nur eine weitere Akteursgruppe, die es gilt, in bereits bestehende Strukturen einzubinden? Wie verhält es sich in diesem neuen Feld der Entwicklungs- und Migrationspolitik mit Geschlechtergerechtigkeit - werden geschlechterdifferente Auswirkungen in Planung und Umsetzung genügend berücksichtigt? In welche konkreten Projekte werden Organisationen der Diaspora als tatsächliche Partner von Entwicklungsorganisationen einbezogen?
Das Dossier führt in das Themenfeld und die Kontroversen ein, indem es Analysen und Standpunkte aus den unterschiedlichen Perspektiven der beteiligten Akteure gegenüberstellt - so entsteht jenseits schematischer Generaldiagnosen ein differenziertes Bild des Migration-Entwicklungs-Nexus.
Medienproduktion, Ausgabe 7, Thema: Mediengattungen im WandelGunnar Kron
Gunnar Kron beschreibt in seinem Artikel "Systematik einer multimedialen Kampagne am Beispiel des Wettbewerbs „Hamburg rockt“" das strategisch koordinierte Zusammenspiel dreier Medienhäuser zur Durchführung einer dramaturgisch über die Mediengattungen Print,Rundfunk,TV und Online gesteuerten multimedialen Kampagne.
Mainstream - Wie einseitig ist Berichterstattung heute?Uwe Krüger
Dieser Vortrag wurde am 12. September 2016 auf einer Fachtagung der Bundeszentrale für politische Bildung und der Kultusministerkonferenz ("Kriege und Konflikte - Schule zwischen medialer Meinungsbildung und dem Anspruch politischer Bildung") v.a. vor Lehrer/innen und Lehrerfortbildner/inne/n gehalten. Thema ist die aktuelle Vertrauenskrise der Medien (mit den Vorwürfen "Lügenpresse", "Mainstream-Medien", "Gleichschaltung", "Systemmedien") und dahinterliegende Auffälligkeiten in der Berichterstattung etwa zur Ukraine-Krise, Griechenland-Staatsschuldenkrise und Flüchtlingskrise. Die zentralen Argumente sind nachzulesen in Uwe Krüger: Mainstream - Warum wir den Medien nicht mehr trauen (C.H.Beck, München 2016).
Museen haben in besonderem Maße das Potential, durch multiperspektivische Erzählweisen und ko-kreative Ansätze gemeinschafts- und sinnstiftende Orte einer diversen Gesellschaft zu sein. Sie können als Foren der Kommunikation und Verständigung fungieren und einen Raum bieten, in dem gesellschaftliche Aushandlungsprozesse stattfinden. Als Orte der zwischenmenschlichen Begegnung gewinnen sie im digitalen Zeitalter an Bedeutung. Einige Häuser haben dies bereits erkannt und das Thema Diversität auf ihre Agenda genommen.
Wie erreichen Museen eine diversere, die Gesellschaft widerspiegelnde Besucherschaft? Welche neuen Ansätze kuratorischer Arbeit braucht es, um neue Formen von Narrativen zu entwickeln? Welche Fragestellungen ergeben sich dadurch in Bezug auf Führungskultur, Personalstrukturen und Arbeitsweisen? Wie können mit neuen Partnerschaften und strategischen Allianzen Relevanz für eine mehr Menschen erreicht werden.
Um neue, bisher museumsdistanzierte Besucher zu erreichen, erfordert es eine aktive, zielgerichtete Ansprache der Bevölkerung mit neuen Formaten und Konzepten, die in einer Outreach-Strategie zum Ausdruck kommen. Hier liegen die Stärken von Outreach als strategischem Diversity-Instrument, das mittlerweile in zahlreichen Museen weltweit in Form von Outreach-Managern, Outreach-Kuratoren und Outreach-Abteilungen etabliert ist. Diese Stärken zu zeigen, ist das Ziel dieses Beitrags.
Dieser Impuls gibt Antwort auf die Frage nach der Definition von Outreach, entwirft einen Überblick über den Forschungsstand zur aktuellen demographischen und sozioökonomischen Situation des Museumspublikums, zeichnet die historische Entwicklung von Outreach im internationalen Zusammenhang nach und stellt dar, wie sich Outreach im Kontext von Audience Development, Sozialer Inklusion, Partizipation und Empowerment verortet.
Neben den klassischen und langjährig erprobten Outreach-Formaten wie Museumsboxen- und koffern, Mobilen Museen und Satellitenmuseen werden auch digitale Outreach-Formate wie Webseiten, Social Media, Apps, digitale Sammlungen, MOOCs und digitale Strategien vorgestellt.
Beispiele aus der musealen Praxis aus Deutschland, Großbritannien, Skandinavien und den Niederlanden zeigen mit Erfahrungsberichten aus Interviews, wie Museen mit verschiedenen Kategorien wie School Outreach, Community Outreach und Digital Outreach ein diverseres Publikum ansprechen und beteiligen.
Dieser Vortrag basiert auf dem 2018 im Waxmann Verlag erscheinenden Titel "Museen und Outreach. Outreach als strategisches Diversity Instrument" von Ivana Scharf, Dagmar Wunderlich und Julia Heisig.
2010-09-23 Journalismus als zentrale gesellschaftliche Instanz des Public St...Vinzenz Wyss
Ausgehend von unserem individuellen journalistischen Rollenselbstbild fragen wir nach der gesellschaftlichen Funktion des Journalismus. Wir identifizieren die Eigenlogik des Journalismus als „narrative Mehrsystemrelevanz“ und leiten daraus Vorstellungen bezüglich journalistischer Qualität ab. Praktische Beispiele sollen zeigen, ob journalistische Qualität in einem einzelnen redaktionellen Beitrag evident wird.
Wir setzen uns dann mit den spezifischen Strategien auseinander, auf welche der Journalismus in vielen verschiedenen Spielarten zurückgreift, um Wirklichkeit narrativ in Szene zu setzen. Dabei begegnen wir typischen Erzählerrollen (Journalismuskonzepte) und angewandten Schemata (Nachrichtenfaktoren). Wir fragen danach, mit welchen Verfahren es in Redaktionen gelingen kann, diesen Prozess der journalistischen Qualitätsproduktion zu entwickeln und zu sichern (Qualitätssicherung).
Pakistans Ansehen in der Weltöffentlichkeit ist schlecht. Es wird als das „gefährlichste Land der Welt“ bezeichnet, als Zufluchtsort für Taliban und Al-Quaida. Pakistan, die Atommacht, gilt als unberechenbar und fragil. Diese Sichtweise auf Pakistan ist nicht falsch. Dennoch gibt es auch in Pakistan viele Hoffnungsträger, die sich unermüdlich für Demokratie und Menschenrechte engagieren, oftmals unter großen Gefahren. Pakistan hat eine Zivilgesellschaft, die es trotz aller Rückschläge immer wieder vermag, Einfluss auf die politische Entwicklung des Landes zu nehmen. Die Bewegung der Richter und Anwälte, die erfolgreich gegen die Absetzung des Obersten Richters Iftikhar Chaudry auf die Straße gingen, ist ein solches Beispiel.
Die nun vorliegende Publikation will ein differenziertes Bild über die komplexen politischen Prozesse und gesellschaftspolitischen Herausforderungen Pakistans bieten. Autorinnen und Autoren verschiedener Disziplinen präsentieren sowohl Analysen über Defizite und Schwächen als auch Ideen für eine demokratischere und friedlichere Zukunft Pakistans.
Mit Beiträgen von Abbas Rashid, Rubina Saigol, Hasan Askari Rizvi, Kaiser Bengali, Pervez Hoodbhoy, Azmat Abbasm und Saima Jasam.
Der Einfluss der Wirtschafts- und Finanzkrise auf die Rolle der Europäischen Union und ihre verschiedenen Politikfelder steht im Mittelpunkt der vorliegenden Publikation. Die ausgewählten Autorinnen und Autoren blicken aus verschiedenen Perspektiven auf die europäische Politik. Sie analysieren und bewerten die Maßnahmen, die Europa als Antwort auf die Krise gegeben hat. Welche sind gelungen, welche sind gescheitert, welche sind noch zu ergreifen?
The document provides an overview of the development of the G20 summit in Seoul, South Korea. It discusses how various actors are preparing for the summit, which will take place in November 2010. It outlines meetings that were held in advance of the summit, including a G20 Deputies Meeting and a high-level development conference. It also discusses efforts by South Korea to include developing countries and address development issues on the summit agenda. However, it notes that representation of low-income countries and civil society is limited. It concludes by assessing debates around legitimacy, accountability and representation within the G20.
The document discusses the G20's approach to addressing food security issues and argues that it is missing important aspects of the problem. Specifically, it says the G20 focuses too narrowly on increasing agricultural production and fails to consider international trade relations or developing countries' vulnerability to commodity price volatility. It also notes the G20 works in parallel to existing food security strategies rather than integrating with them. The document calls on the G20 to push for financial reforms to curb excessive commodity speculation and achieve greater policy coherence on this issue.
In Search of Economic Alternatives for Gender and Social Justice - Voices fr...Heinrich-Böll-Stiftung
"In search of economic alternatives: Voices from India" is a new publication from WIDE and Heinrich Böll Foundation. It is an edited collection of short essays by Indian authors on economic structures, relations and principles that are needed to serve the goals of sustainable economic and human development, poverty eradication, social justice, and empowerment of the most vulnerable segments of society: women.
Taken together, the 12 essays form an agenda of alternative thinking, linking gender with other social, livelihood, and democratic concerns.
Die Freiheit feiert Feste:
60 Jahre Grundgesetz, 20 Jahre Mauerfall und die Unabhängigkeit der osteuropäischen Staaten. Während iranische Oppositionelle für die Freiheit in ihrem Land kämpfen, steigt hierzulande eher die Popularität von Werten wie Sicherheit und Gerechtigkeit. Mit der Finanz- und Klimakrise ist die freiheitliche Marktwirtschaft in Misskredit geraten, sie wird vor allem mit Verantwortungslosigkeit und Zockermentalität gleichgesetzt.
Da nimmt es nicht wunder, dass das Postulat Hannah Arendts, der Sinn der Politik sei Freiheit, keinen großen Stellenwert bei Politikern und der Bevölkerung besitzt. Und in den intellektuellen Diskursen ringen liberale, republikanische, libertäre und kommunitaristische Traditionen um die Deutungshoheit für die Freiheit. Dabei leben und genießen wir tagtäglich, durch Normen und Verfahren abgesichert, unsere politische wie individuelle Freiheit. Wie kann gleichzeitig die Demokratiedistanz in Ost und West zunehmen? Braucht die Freiheit zu ihrem eigenen Schutz mehr Freiheit, oder sind gerade die Missbräuche der Freiheit eine Gefahr für sie?
Mit Beiträgen u.a. von Ulrich K. Preuß, Jens Reich, Regina Kreide, Bernd Ladwig und Peter Siller.
Schriften zur Demokratie – Band 17
Freiheit – Hoffnung, Anspruch, Herausforderung
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung
Berlin, Dezember 2009, 80 Seiten
ISBN 978-3-86928-021-9
Bestelladresse:
Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8, 10117 Berlin
Tel. 030-285340, Fax: 030-28534109
E-Mail: info@boell.de
Herausforderungen durch den Drogenhandel in Mexiko und Brasilien
30. April 2009
Jahr für Jahr fallen Tausende von Menschen in Lateinamerika dem Drogenkrieg zum Opfer. Allein in Mexiko waren es im vergangenen Jahr fast 6000: Zivilisten, Polizisten, Dealer, Kuriere... Die internationale Öffentlichkeit wie auch Sicherheitsorgane sind alarmiert: Rechtsstaat und Demokratie sind gefährdet. Doch nicht nur in den betroffenen Ländern, sondern auch in den Abnehmerstaaten – denn Gewalt, Korruption, Drogenhandel und -konsum zersetzen weltweit soziale Beziehungen und demokratische Gefüge. Die Grenze zwischen legaler Wirtschaft und organisierter Kriminalität verwischt immer mehr. Internationale Finanztransfers werden zur Geldwäsche benutzt. In einem Staat wie Mexiko haben Drogenkartelle, Banden und Milizen das Gewaltmonopol des Staates teilweise außer Kraft gesetzt. Damit schwindet auch die Legitimität der staatlichen Institutionen. Das Vertrauen in die Demokratie sinkt. Die bisherige Anti-Drogen-Politik scheint gescheitert. Die Beiträge in dem Sammelband analysieren dieses Scheitern und machen Vorschläge für neue Ansätze.
Schriften zur Demokratie – Band 13:
Drogen, Dollars, Demokratie. Herausforderungen durch den Drogenhandel in Mexiko und Brasilien
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung
Berlin, April 2009, 80 Seiten
ISBN 978-3-86928-002-8
Bestelladresse:
Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8
10117 Berlin
Fon: 030-285340
Fax: 030-28534109
E-Mail: info@boell.de
Die Welt sieht heute anders aus als vor sechzig Jahren. Damals, im Jahr 1949, wurde die geopolitische Landschaft in erster Linie durch ideologische und geographische Grenzen bestimmt. Als sich in jenem Jahr Abgesandte der USA und Vertreter europäischer Staaten und Kanadas dazu entschlossen, ein militärisches Bündnis zu gründen, geschah dies auf der Basis klarer gemeinsamer Absichten: Sie sicherten sich gegenseitige Solidarität im Falle einer sowjetischen Aggression zu. Schließlich beherrschte die Sowjetunion zu diesem Zeitpunkt bereits die Hälfte des europäischen Kontinents. Somit entstand die NATO zunächst weniger auf der Grundlage gemeinsamer Werte als vielmehr aufgrund der Anerkennung gemeinsamer Interessen.
NATO: Neue Betätigungsfelder nach Ende des Kalten Krieges
Entgegen ursprünglich anderslautender Erwartungen, brachte das Ende des Kalten Krieges nach 1989 der NATO neue Betätigungsfelder. Sie handelte sogar aktiver als in den vorangegangen vier Dekaden. Die NATO gewann neue Mitglieder in den Ländern des ehemaligen Ostblocks und beteiligte sich an militärischen Einsätzen außerhalb ihrer Mitgliedsstaaten, zum Beispiel auf dem Balkan und in Afghanistan.
Zum 60. Jahrestag ihrer Gründung muss die Allianz grundsätzlich entscheiden, wie es weitergehen soll. Von der Bewährungsprobe in Afghanistan bis zur Frage der Erweiterung um Georgien und die Ukraine und den neuen Spannungen mit Russland: Ist die NATO ihren Herausforderungen gewachsen oder droht sie an ihnen zu Verbrechen? Ist die NATO nach der euroatlantischen Krise wegen des Irak-Kriegs wieder Motor für eine enge, transatlantische Partnerschaft?
Eine neue Sicherheitsorganisation von Vancouver bis Wladiwostok ?
Der russische Präsident Medwedew hat sich für eine neue Sicherheitsorganisation von Vancouver bis Wladiwostok ausgesprochen. Hat die NATO das Potenzial, sich von einem westlichen Verteidigungsbündnis zu einem umfassenden Sicherheitspakt zu entwickeln, der auch Russland mit einbezieht? Oder bleibt sie auch künftig, was sie ursprünglich war: ein Bündnis zur Eindämmung Russlands?
Innerhalb der NATO ist weitgehend unstrittig, dass den großen sicherheitspolitischen Herausforderungen wie der Konfliktlösung in Afghanistan, der Gefahr eines neuen, atomaren Wettrüstens oder der Bewältigung der Folgen des Klimawandels nicht militärisch begegnet werden kann. Eine multilaterale, politische Kooperation, die Einbeziehung aufsteigender Mächte in die globale Verantwortungsgemeinschaft und die Vermeidung von Krisen müssen im Vordergrund stehen. Welchen Beitrag kann hier die NATO leisten?
Schriften zur Demokratie – Band 12: Die NATO in einer veränderten Welt
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung
Berlin, März 2009, 40 Seiten
ISBN 978-3-86928-001-1
Bestelladresse: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin, Fon 030/285340, Fax: 030/28534109, E-Mail: info@boell.de
20 Jahre Danach - Postkommunistische Länder und europäische Integration Heinrich-Böll-Stiftung
Das Jahr 1989 war – in den Worten des polnischen Publizisten und ehemaligen Dissidenten Adam Michnik – ein europäisches „annus mirabilis“. Die friedliche Revolution von 1989 war ein Wunder, das von Menschen gemacht wurde. Kaum jemand hat vorausgesehen, dass eine grenzüberschreitende Volksbewegung binnen weniger Monate die realsozialistischen Regimes zum Einsturz bringen und die mächtige Sowjetunion zum Rückzug auf die inneren Grenzen Russlands bewegen würde – schon gar kein westlicher Staatsmann. Zwar gab es da Ronald Reagans legendären Aufruf vom Juni 1987 an der Berliner Mauer: „Mr Gorbatchev, tear down this wall!“ Aber weder die US-Diplomatie noch die europäischen Regierungen haben daran ernstlich geglaubt, und manche haben es sich auch gar nicht gewünscht. Ihnen waren zwei Deutschländer lieber als eins.
Dieses Wunder der Freiheit fiel nicht vom Himmel – es hat eine lange Vorgeschichte; die tschechoslowakische Charta 77 gehört unbedingt dazu wie die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc in Polen; man kann noch weiter zurückgehen bis zum Prager Frühling von 1968 und zu den sowjetischen Dissidenten um Andrej Sacharow, oder noch weiter bis zum Ungarn-Aufstand von 1956 und dem 17. Juni 1953 in der DDR, der ersten Massenerhebung im sowjetischen Machtbereich nach dem Krieg. [...]
Die Frage die wir am Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Millenniums stellen müssen ist: ist diese Beschreibung noch aktuell? Oder erleben wir nicht vielmehr in zahlreichen Transformationsländern eine Erosion der frisch gewonnenen Demokratie, während zugleich die aktuelle Krise der Weltwirtschaft die Legitimität des Kapitalismus in Frage stellt? Auch wenn die empirische Krise von Demokratie und Marktwirtschaft noch lange nicht bedeutet, dass sich Alternativen zu beiden herausbilden, die eine ähnliche Wucht wie die kommunistischen und faschistischen Gegenbewegungen der 1930er Jahre entwickeln könnten.
Der Wellenschlag der Freiheit von 1989 reichte weit über Europa hinaus. Auch die chinesische Demokratiebewegung gehört dazu, die auf dem Tienanmen-Platz nach dem alten Muster niedergewalzt wurde. Aber sein Epizentrum hatte er doch in Europa, Russland mit eingeschlossen. Und zu seinen wichtigsten Errungenschaften gehörte die politische Wiedervereinigung Europas auf der Basis von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. [...]
Die Autoren und Autorinnen dieser Broschüre werfen nicht nur einen freudigen Blick zurück auf jene euphorischen Tage, in denen die Völker Mittel-Osteuropas die Spaltung Europas beendet haben. Sie ziehen auch eine nüchterne Bilanz der Entwicklungen von damals bis heute. Was ist aus dem demokratischen Aufbruch von 1989 geworden?Wieweit haben sich die Hoffnungen von damals erfüllt und wo sind sie in Enttäuschung umgeschlagen? Welche Rolle hat Europa, das Beispiel der Europäischen Union, bei den Entwicklungen der letzten zwanzig Jahre gespielt? Wo stehen die postkommunistischen Länder Mittel- und Osteuropas, aber auch die des Westbalkans heute in Europa? Welchen Einfluss hat dies alles auf das „alte Europa“ gehabt, auf die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, deren Geschichte sich auf der anderen Seite der Mauer abspielte? Aber auch: wie hat der Beitritt der postkommunistischen Länder aus Mittel-, Ost-und Südosteuropa die Europäische Union und ihre Politik beeinflusst?
Auch ein Blick nach vorn wird geworfen: Wo sehen sich die postkommunistischen Länder Europas in 20 Jahren? Welche Werte und Ziele sollen Europas Zukunft prägen Denn eins ist klar: So sehr die europäische Einigung starke gemeinsame Institutionen braucht, so wenig kann sie allein von den Institutionen getragen werden. Ohne gemeinsame Werte und Ideale, ohne europäische Öffentlichkeit und eine Verständigung darüber, wie wir in Zukunft unsere Gesellschaft gestalten wollen, fehlt der europäischen Einigung der Schwung, den sie braucht, wenn sie vorankommen soll.
Die bisherigen Produktions- und Konsummuster haben die Welt an ihre ökologischen Grenzen geführt. Der Klimawandel, die fortdauernde Armut, die Ressourcenknappheit sowie die Wirtschafts- und Finanzkrise erfordern eine Grüne Industrielle Revolution. Dazu brauchen die Regierungen eine neue, eine Nachhaltige Industriepolitik. Diese würde sie in die Lage versetzen, den notwendigen fundamentalen Wandel zu gestalten und zu beschleunigen. Die Autorinnen und Autoren dieses Memorandums für eine Nachhaltige Industriepolitik erläutern die Leitprinzipien und Perspektiven für diese kommende grüne Transformation der europäischen Wirtschaft.
Schriften zur Ökologie, Band 10:
Nachhaltige Industriepolitik
Wie man die Grüne Industrielle Revolution gestaltet
Memorandum zu den Leitprinzipien und Perspektiven für die Transformation der europäi-schen Industrie
Von Claudia Kabel und Christian Hochfeld
sowie Hendrik Acker, Regine Barth, Beate Kallenbach, Carl-Otto Gensch, Gerhard Schmidt und Christof Timpe
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung
In Zusammenarbeit mit dem Öko-Institut und der Green European Foundation
Berlin, Mai 2010, 72 Seiten
ISBN 978-3-86928-034-9
Bestelladresse: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin, Tel. 030-285340, Fax: 030-28534109, E-mail: info@boell.de Internet: www.boell.de
It is mainly the inhabitants of the global South who suffer from the effects of climate change. They are faced with the destruction of their living space and the violation of their human rights. At the same time, existing human rights standards offer the possibility of establishing points of reference during international climate negotiations to address such questions as adjustment programs designed to confront the effects of climate change, the reduction of greenhouse gas emissions, technology transfers, and the future of development. As a frame of reference, human rights standards can serve to accurately evaluate policies and to pinpoint their failures, particularly regarding how these policies affect the world’s weakest inhabitants. This publication by the political scientist Theodor Rathgeber uses case examples to illustrate the dangers faced by indigenous peoples in particular, as well as the tools the UN human rights system gives them to support their struggle for just climate policies.
Peace and Security for All - Peace and Security for All Feminist Positions a...Heinrich-Böll-Stiftung
The strategies of international security policy have significantly changed since the end of the Cold War, as have the challenges posed by international terrorism and the increase of global inequality. In women's policy and feminist networks, interest in foreign and security policy ideas has also grown in recent years. Not least because of the commitment to and adoption of UN Resolution 1325, for the first time in the history of the United Nations a requirement was adopted, binding under international law, respecting the participation of women in decisions about war and peace. Finally: Armed conflicts are related to unjust gender relations.
In this publication the Gunda Werner Institute in the Heinrich Böll Foundation presents a detailed position paper to contribute to the international debate on peace and security policy. The paper is based on a 2006 discussion paper, which has been extensively up-dated and revised.
Publication series of the Gunda Werner Institute, Volume 6:
Peace and Security for All
Feminist Positions and Perspectives on Peace and Security Policy
Ed. by the Heinrich Böll Foundation
Berlin, March 2010, 72 pages
ISBN 978-3-86928-029-5
http://www.boell.de/publications/publications-8878.html
International renommierte Experten aus aller Welt diskutieren in dem 120 Seiten starken Band “Sudan – Kein leichter Weg in die Zukunft” Szenarien für die Endphase des 2011 auslaufenden Friedensabkommens zwischen Nord und Süd, sowie für die Zeit danach.
"Die Wahlen im April 2010 und das für Januar 2011 geplante Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudan stellen die Weichen für die Zeit nach dem Ende des Friedensabkommens”, sagt Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung. "Die internationale Gemeinschaft muss sich mit diesen Entwicklungen auseinandersetzen und vorbereitet sein, wenn sie einen Rückfall des Sudan in den Bürgerkrieg verhindern will. Die Publikation liefert Hintergrundinformationen und stellt Szenarien vor, mit der sich die internationale Gemeinschaft befassen muss."
So warnt etwa der führende Sudan-Experte Alex de Waal in seinem Beitrag vor der drohenden Unregierbarkeit des Landes. Ein Grund hierfür sei der fortschreitende Vertrauens- und Legitimationsverlust im Land: Der Erhalt der eigenen Macht sei die einzige Aufgabe, die die Regierenden im nordsudanesischen Khartum und im südsudanesischen Juba noch bewältigen können.
Ziele und Strategien der wichtigsten sudanesischen Parteien analysiert Atta El-Battahani, Mitglied des National Committee for Election Observation und ehemaliger Direktor des Instituts für Politikwissenschaft an der Universität Khartum. Dabei beklagt er die verpassten Chancen auf echten demokratischen Wandel seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens.
Weitere Beiträge im Buch beschäftigen sich mit der Bilanz der SPLM als "Befreiungsbewegung an der Macht" (John Yoh), mit der Zukunft der von der SPLM dominierten Gebiete im Nordsudan (Marina Peter), sowie mit den regionalen (Roland Marchal) und internationalen (Peter Schumann) Aspekten der sudanesischen Krise.
As the six-year transitional period defined in the Comprehensive Peace Agreement draws to a close, Sudan is sliding into another crisis. The agreement has largely failed to realise democratic transformation and to make the unity of the country attractive. Political tensions in the run-up to the elections this year indicate that older conflicts still persist – a bad sign for the referendum on the future status of South Sudan that is scheduled for January 2011. It is possible and interesting to delineate potential scenarios, and to identify the political options they open up for different actors in Sudan. Anyway, the international community can play a constructive role in facilitating workable post-CPA arrangements.
The Heinrich Böll Foundation, which has been working both with civil society partners in Sudan and on Sudan-related issues in the German context for several years, has put together this publication in order to reflect on such scenarios.
With contributions by Alex de Waal, Atta El-Battahani, Marina Peter, John Yoh, Roland Marchal, and Peter Schumann.
Publication series on democracy, Volume 18:
Sudan – No Easy Ways Ahead
Edited by the Heinrich Böll Foundation
Berlin, April 2010, 124 pages, photos
ISBN 978-3-86928-030-1
Copies can be ordered from: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin, Tel. 030-285340, Fax: 030-28534109, E-mail: info@boell.de Internet: http://www.boell.de/
In Afghanistan ist es für Frauen weiterhin sehr schwierig, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen. Überfälle, Selbstjustiz und Gerichtsverfahren, die gegen die Menschenrechte und die Rechte der Frauen verstoßen, sind an der Tagesordnung.
Auch im afghanischen Parlament ist die Situation kompliziert. Inwieweit gelingt es den gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten, Alternativen zu den traditionellen Machtstrukturen zu schaffen? Vor welchen Hindernissen stehen sie? Welche Fraktionen oder Netzwerke bilden sie?
Auf der Basis von Interviews, die in den Jahren 2007 und 2008 in Kabul mit männlichen und weiblichen Abgeordneten geführt wurden, untersucht diese Studie die Realitäten der Parlamentsarbeit in Afghanistan. Sie bietet die seltene Gelegenheit, vor allem Einblick in das Selbstbild und die Rolle der Frauen im Parlament zu gewinnen. Von den 91 Parlamentarierinnen der beiden Kammern nahmen 76 an der Studie teil. Die Fragen, die sich auf Bereiche beziehen, in denen ähnliche Interessen zu einer Zusammenarbeit führen könnten, geben besonders wertvolle Hinweise darauf, in welcher Form die parlamentarische Arbeit künftig unterstützt werden könnte.
Schriften zur Demokratie – Band 19
Abgeordnete in Afghanistan
Konflikte, Kompromisse, Kollaborationen
Von Andrea Fleschenberg
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung
Berlin, Juni 2010, 176 Seiten
ISBN 978-3-86928-027-1
Schriftenreihe Bildung & Kultur: Bildungsgerechtigkeit im LebenslaufHeinrich-Böll-Stiftung
Rund 20 Prozent aller Schülerinnen und Schüler verlassen in Deutschland die Schule mit erheblichen Bildungsdefiziten. Sie haben Probleme im Arbeitsleben und können an Politik und Kultur nur eingeschränkt teilhaben. Insgesamt geht es um rund zwei Millionen Jugendliche - häufig sind sie männlich und haben einen Migrationshintergrund. Ihnen drohen Arbeitslosigkeit und sozialer Ausschluss. Diese Bildungsarmut ist nicht nur ein Makel für die Betroffenen, sie ist auch für Staat und Gesellschaft ein Problem.
Bei allen Verbesserungsbemühungen im Bildungssystem werden die Lern- und Lebenschancen von bildungsarmen Kindern und Jugendlichen immer noch zu wenig beachtet.
Aus diesem Befund zieht die Schulkommission der Heinrich-Böll-Stiftung in ihrer Empfehlung einen radikalen Schluss: Sie stellt die sogenannte "Risikogruppe" ins Zentrum der Bildungsreform. Hier geht es um die Verbesserung der Förderfähigkeit der Schulen insgesamt. Die Schulkommission plädiert für eine nicht diskriminierende Leistungsorientierung. Sie rückt die individuelle Förderung und die Durchlässigkeit des Bildungssystems in den Mittelpunkt.
"Die Kommission verdient ein großes Kompliment: Das Ergebnis ihrer Arbeit ist die beste Empfehlung zu Fragen der Bildungsgerechtigkeit, die mir bekannt ist." Prof. Jürgen Baumert, Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung
Wie Medien über ein Land berichten, das prägt unsere Wahrnehmung von diesem Land ganz entscheidend. Welches Thema wird für die Berichterstattung ausgewählt, was wird weggelassen, welche Stereotypen werden transportiert? China ist durch seinen wirtschaftlichen Aufstieg, seinen Umgang mit ethnischen Minderheiten, die Olympischen Spiele in Peking und den Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse seit einigen Jahren ein Topthema in den deutschen Medien. Nun ist diese Berichterstattung in China selbst ein Thema geworden. Das Land fühlt sich missverstanden, falsch dargestellt, teilweise gar verunglimpft. Ist diese Kritik berechtigt? Geben die deutschen Medien ein verzerrtes Bild von China? Oder ist das Land wegen seiner rigiden Pressepolitik nicht vielmehr selbst schuld an einer vermeintlich undifferenzierten Darstellung durch westliche Medien? Die vorliegende umfangreiche Studie von Carola Richter und Sebastian Gebauer liefert anhand von sieben Leitmedien eine Bestandsaufnahme und eine Analyse der China-Berichterstattung in Deutschland. Entstanden ist eine Aufnahme publizistischer Vielfalt, in der Präferenzen und Diskursmuster deutlich werden.
Schriften zu Bildung und Kultur, Band 5
Die China-Berichterstattung in den deutschen Medien
Eine Studie von Carola Richter und Sebastian Gebauer
Mit Beiträgen von Kai Hafez und Thomas Heberer
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin,
Juni 2010, 304 Seiten, zahlreiche Tabellen und Abbildungen
ISBN 978-3-86928-036-3
2. Impressum
Herausgeber
Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstraße 8
10117 Berlin
www.boell.de
Das Online-Dossier wurde veröffentlicht auf www.migration-boell.de im August 2007.
Direktlink: http://www.migration-boell.de/web/diversity/48_1217.asp
V.i.S.d.P. Olga Drossou, MID-Redaktion, Heinrich-Böll-Stiftung
Dossier-Redakteur: Andreas Linder
Das gesamte Dossier und die einzelnen Beiträge stehen unter einer Creative Commons Lizenz.
Sie dürfen verbreitet, vervielfältigt oder öffentlich zugänglich gemacht werden unter folgenden Bedingungen:
• Namensnennung – Sie müssen den Namen des Autors/der Autorin und des Rechteinhabers (Heinrich-Böll-
Stiftung) sowie die URL des Werks (Direktlink) nennen.
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• Keine Bearbeitung - Dieses Werk darf nicht bearbeitet, abgewandelt oder in anderer Weise verändert werden.
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Lesen Sie den ausführlichen Lizenzvertrag unter http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/legalcode
2 DOSSIER Medien & Diversity
3. Broschüre drucken
Inhalt
Über das Dossier 4
I Medieninhalte & Diskriminierung 5
GEORG RUHRMANN
MigrantInnen als Thema der Medienberichterstattung 6
ILKA DESGRANGES
Diskriminierende mediale Inhalte - Fakten und Tendenzen aus der Sicht des Deutschen Presserates 9
SABINE SCHIFFER
Medien als Spiegel und Konstrukteur gesellschaftlicher Vorstellungen. Der Islam in deutschen Medien 12
STANISLAWA PAULUS
Muslimische Frauen in Fernsehdokumentationen 16
JANINA HENNING, FRANZISKA SPITZNER UND SABINE REICH
"Türkisch für Anfänger" - ein raffiniertes Spiel mit ethnischen Klischees? 19
II Diversity in Programm und Personal 22
RAINER GEIßLER
Interkulturelle mediale Integration Mittelweg zwischen Assimilation und Segregation 23
ANDREAS LINDER
Medien zwischen Diskriminierung und Diversity 28
MILTIADIS OULIOS
Offen statt bunt! Einwanderer als Journalisten in deutschen Massenmedien 32
BÄRBEL RÖBEN
Gender als Motor für Diversity - Migrantinnen und andere Frauen in deutschen Medien 36
GUALTIERO ZAMBONINI
Der Westdeutsche Rundfunk - Integration als business case 39
KARL-HEINZ MEIER-BRAUN
Vom "Gastarbeiterfunk" in die Mitte des Programms
Zur Bewusstseins- und Praxisveränderung in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten am Beispiel des SWR 42
III Mediennutzung und Medienproduktion von MigrantInnen und Minderheiten 46
EKKEHARDT OEHMICHEN
Studie "Migranten und Medien 2007": Keine mediale Parallelgesellschaft 47
KIEN NGHI HA
Partizipation und Sichtbarkeit von MigrantInnen und Minderheiten in Kunst, Kultur und Medien 49
MINOU AMIR-SEHHI
Erfahrungen aus dem Interkulturellen Netzwerk beim Deutschen Journalisten Verband 54
STIPENDIENPROGRAMM DER HEINRICH-BÖLL-STIFTUNG
Medienvielfalt, anders
Junge Migrantinnen und Migranten in den Journalismus 57
IV Materialien und Links 59
DOSSIER Medien & Diversity 3
4. Über das Dossier
Seit sich Deutschland als "modernes" Einwanderungs- dass die Medien mehr JournalistInnen mit Migrations-
land sieht, wandelt sich die Repräsentation von Men- hintergrund einstellen und dafür die geeignete Nach-
schen mit Migrationshintergrund auch in den Nachrich- wuchsförderung betreiben sollen.
ten- und Unterhaltungsmedien allmählich zum Besse-
ren. In den meisten Medien kommen MigrantInnen und Doch die Vorschläge des NIP lassen auch wichtige
"andere Deutsche" mittlerweile nicht nur in negativen Aspekte aus. So ist nicht nachvollziehbar, warum sich
stereotypen Rollen, sondern auch als "ganz normale" etwa die Medienforschung besonders dem Konsumver-
Menschen vor. Auch in den Redaktionen der Print-, halten von MigrantInnen widmen soll, aber von einer
Audiovisuellen und Online Medien arbeiten häufiger als intensiveren Beforschung (und Überwindung) diskrimi-
vor wenigen Jahren JournalistInnen mit einem "un- nierender oder unausgewogener Medieninhalte oder
deutsch" klingenden Namen. Allerdings entspricht ihr der Formulierung einer an Diversity-Programmen orien-
Anteil noch längst nicht dem migrantischen Bevölke- tierten Selbstverpflichtungen der Medien keine Rede ist.
rungsanteil. Wer nicht zu den sozialen Eliten der Ge- Ebenso ignoriert der NIP durch den Fokus auf die nati-
sellschaft gehört, hat immer noch geringe Chancen, in onale Integration die Transnationalisierung des lebens-
diese weiße und männliche Domäne Zugang zu finden. weltlichen Alltags und entsprechende Konsequenzen
für Medienproduktion und die Konsumbedürfnisse aller
Doch zweifellos haben die Medien die gesellschaftliche RezipientInnen. Aus den bisher unverbindlichen Vor-
Vielfalt entdeckt. Dabei spielen nicht nur eine gewach- schlägen müssen überprüfbare Zielvorgaben werden,
sene Sensibilität für Integration, Multikulturalität und an die sich auch die Medien halten sollen, die sich vor
Transnationalisierung/Globalisierung eine Rolle, son- aktiver Anti-Diskriminierung und Gleichstellungspolitik
dern auch ökonomische Motive. Die Konkurrenz um die gerne drücken. Eine solche andernorts längst übliche
"Quote" wird auf dem Medienmarkt immer härter. So Praxis ist in Deutschland noch Zukunftsmusik.
stellten die Öffentlich-Rechtlichen fest, dass sie in der
Gunst der "Menschen mit Migrationshintergrund" weit • Die Beiträge in der Rubrik Medien & Diskriminie-
hinter den Kommerziellen liegen und die Konkurrenz rung werfen aus Sicht der Medieninhaltsforschung
durch sog. "Ethnomedien" immer größer wird. Deswe- einen kritischen Blick auf diskriminierende Strukturen
gen wollen sie ihr Programm besser auf die Interessen und stereotypisierende Inhalte in den Medien, stellen
der zugewanderten Bevölkerung ausrichten. Wichtiger aber auch positive Entwicklungen und Ansätze vor.
als der Kampf um die Konsumenten-Quote dürfte je- • In der Rubrik Diversity in Programm & Personal
doch sein, ob der Abbau diskriminierender Inhalte und werden wissenschaftliche Studien sowie Praxiskon-
die ernsthafte Auseinandersetzung mit Interkulturalität zepte und Erfahrungen vorgestellt, die zeigen, wie es
und Vielfalt zur selbstverständlichen Normalität in den um die Diversity beim Personal und bei den Inhalten
Massenprogrammen der Medien werden oder ob die der Medien steht und mit welchen Konzepten diese
MigrantInnen bunte Farbtupfer in Nischen bleiben. Aufgabe in der Zukunft angegangen werden kann.
• MigrantInnen konsumieren nicht nur,sie sind auch
Es ist höchste Zeit, dass Diversity Mainstreaming auch aktive MacherInnen von Medien. In der Rubrik Me-
in den Medienbereich Einzug findet. Hierzu enthält der dienproduktion & Mediennutzung schreiben "Role
Nationalen Integrationsplan (NIP) der Regierung einige Models" über die subtilen Hürden auf ihrem Weg.
Empfehlungen und Vorschläge der Arbeitsgruppe "Me- Der neue "deutsch-türkische" Film und erfolgreiche
dien - Vielfalt nutzen", die in die richtige Richtung ge- JournalistInnen und KünstlerInnen stehen für ein
hen: Es wird festgestellt, dass Massenmedien bislang gewachsenes Selbstbewusstsein und eigenständige
"ein nur unvollständiges Bild der Migrantinnen und Mi- bzw. "hybride" Ausdrucksformen. Vor allem das In-
granten und ihrer Bedeutung im wirtschaftlichen, ge- ternet wird zu einer Plattform für interkulturelle
sellschaftlichen und kulturellen Leben unseres Landes" Kommunikation und ermöglicht einen transnationa-
zeichnen und über MigrantInnen zu viel in Problemzu- len öffentlichen Raum.
sammenhängen berichtet wird. Die Gruppe schlägt vor,
Olga Drossou Andreas Linder
Heinrich-Böll-Stiftung Dossier-Redakteur
4 DOSSIER Medien & Diversity
5. Teil I drucken
I Medieninhalte & Diskriminierung
Dreht sich mit dem integrationspolitischen Kurswechsel • Georg Ruhrmann zeigt auf, dass die Berichterstat-
auch der Wind in der medialen Berichterstattung über tung über Migration und verbundene Themen seit
Migration, Integration, multikulturelle Gesellschaft...? dem 11.September 2001 im Focus der Terrorismus-
Teils ja, teils nein. bedrohung steht. Wurden MigrantInnen in der media-
len Darstellung in den 80er und 90er Jahren in nega-
Auch im Zeitalter der Globalisierung und der Transnati- tiver Weise unter dem Aspekt der "Ausländerkrimini-
onalisierung des Kulturellen konstruieren die Mehr- nalität" überrepräsentiert, so sind sie es seit 2001
heitsmedien immer noch die Fiktion der homogenen unter der Perspektive des islamistischen Terrorismus
Nationalkultur. In diese sind die "guten Migranten" mitt- bzw. des "Kampfs der Kulturen".
lerweile vielfältig eingebunden, die "schlechten Migran- • Ilka Desgranges verweist in ihrem Beitrag darauf,
ten" werden nach wie vor entlang ihrer vermeintlichen dass sich die meisten Beschwerden zur Migrations-
oder realen Defizite und Differenzen markiert. Inhalts- berichterstattung, die beim Deutschen Presserat
und diskursanalytische Studien zeigen, dass die eingehen, auf die unnötige Darstellung der Her-
Mainstream-Berichterstattung über Migration und Ein- kunftsnationalität von Verdächtigen oder Straftäte-
wanderungspolitik in der Regel den dominierenden rInnen beziehen.
Diskursen aus Politik und Ökonomie folgt mehr, als • Sabine Schiffer setzt sich mit dem unausgewoge-
diese kritisch zu hinterfragen. MigrantInnen, die "uns" nen Zerrbild über "den Islam" und vor allem über
ökonomisch nicht nützen, werden nach wie vor in ein muslimische Frauen auseinander. Trotz zahlreicher
negatives Licht gestellt und z.B. mit dem Stigma der werdender Beispiele für differenzierten Journalismus
Illegalität versehen. Der Rassismus der Mehrheitsge- überwiegt in den Medien eine "aufgeklärte Isla-
sellschaft oder die menschenrechtlichen Defizite deut- mophobie".
scher oder europäischer Politik stehen demgegenüber • Stanislawa Paulus untersucht am Beispiel von als
so gut wie nie in den Schlagzeilen. seriös anzusehenden TV-Dokumentationen, welche
Bilder und Diskurse über muslimische Frauen in Me-
Über Integration und hier lebende angepasste Migran- dien vorherrschen.
tInnen wird neuerdings aber auch sehr positiv berichtet. • Janina Henning, Franziska Spitzner und Sabine
In Unterhaltungsformaten treten MigrantInnen oder Reich von der Studiengruppe "Integra TV" zeigen
Nicht-Weiße zwar immer noch häufig in stereotypen am Beispiel der TV-Serie "Türkisch für Anfänger",
Rollen auf, mehr und mehr sind sie aber auch als nor- welche Stereotype auch mit gut gemeinten Integrati-
male Menschen zu sehen und zu hören. Unausgewo- ons-Shows verbreitet werden.
gene und diskriminierende Berichte über Flüchtlinge
und Asylsuchende sind weniger geworden. Problema- Allgemeine Appelle zu ausgewogener Berichterstat-
tisch wird es immer dann, wenn es um Kriminalität und tung, wie im Nationalen Integrationsplan formuliert,
Terrorismus geht. Vor allem seit dem 11.9.2001 domi- werden nicht ausreichen, um ethnisierenden, sexisti-
niert "der Islam" als allgemeines Bedrohungsszenario schen und polarisierenden Journalismus weiter einzu-
das politisch und medial konstruierte Verhältnis zwi- dämmen. Weitere Anstrengungen durch politische
schen "Uns" und den "Anderen". Der pauschale Terro- Initiativen, Verbesserung journalistischer Standards
rismusverdacht gegenüber Muslimen sowie die Überbe- durch Ausbildung und Selbstkontrolle, zivilgesellschaft-
tonung von rückständigen Geschlechterverhältnissen in liches Engagement und kritische Inhaltsstudien werden
"der muslimischen Kultur" bestimmen die Konstruktion weiterhin notwendig bleiben.
von Wirklichkeit in den Informationsmedien.
DOSSIER Medien & Diversity 5
6. Beitrag drucken
Georg Ruhrmann
MigrantInnen als Thema der Medienberichterstattung
Wie berichten Presse, Fernsehen, Hörfunk und Internet dien ihrem realen demographischen Anteil. Man kann
über MigrantInnen? Mittlerweile lässt sich diese Frage dies als Normalisierung, als Folge eines längerfristigen,
vielfältig beantworten. Denn seit Mitte der 90er Jahre jedoch noch längst nicht abgeschlossenen Integrati-
liegen auch in Deutschland fundierte sozial- und kom- onsprozesses interpretieren.
munikationswissenschaftliche Studien vor. Das war
nicht immer so. In den 80er Jahren war das Thema Stark angestiegen ist indes die Nennhäufigkeit von
"Migration" in der Medien- und Kommunikationswissen- Marokkanern. Die Medien erwähnen sie meistens dann,
schaft hierzulande noch weitgehend unbekannt. Me- wenn es um das Thema Terrorismus, vor allem um
dienberichterstattung über MigrantInnen lässt sich hin- "Terrorverdacht" geht. Seit 2001 berichten selbst über-
sichtlich verschiedener Themen und Auswahlgesichts- regionale Qualitätszeitungen 10 Mal häufiger über Ma-
punkte untersuchen. rokkaner als vor dem 11. September 2001. Bezogen
auf ihren demographischen Anteil (ca. 1% aller Migran-
tInnen) werden sie um den Faktor 10 überhöht. Marok-
Thematische Schwerpunkte
kaner werden in manchen Berichten mit "Islamisten",
Medien, insbesondere das Fernsehen, stellen ethnische
"Terroristen" oder "Terrorverdächtigen" in stereotyper
Minderheiten und MigrantInnen häufig als eher kriminell
Weise vermischt.
dar. Der von den Medien hergestellte Zusammenhang
von Migration und Kriminalität wurde weltweit analy-
siert. Seit Mitte der 80er Jahre ist Kriminalität das am MigrantInnen als Objekt
häufigsten genannte Thema in Nachrichten über Mit der Überrepräsentierung verbunden ist die Ten-
MigrantInnen. denz, MigrantInnen in bestimmten stigmatisierenden
Rollen zu zeigen. Türken werden in den 80er als eher
Ganz anders beim Thema Integration, darüber wird viel "kriminell", Marokkaner seit 2001 häufig als "Terrorver-
seltener berichtet. Journalisten verwenden den Begriff dächtige" dargestellt. Jahrzehntelang kommen Migran-
Integration recht unterschiedlich und definieren ihn in tInnen nur als Objekt von Aussagen vor. Sie werden
der Regel nicht. Das Spektrum von Umschreibungen aufgefordert, sie werden bewertet und es werden Prog-
reicht von "nicht unangenehm auffallen" über "Assimila- nosen über ihr Verhalten formuliert. Oder sie werden
tion" bis hin zu "interkulturellem Austausch" oder kom- als Opfer von Gewalt gezeigt, wobei die Medienbericht-
plexeren "Akkulturationsstrategien". erstattung die Ereignisse häufig weiter dramatisiert. Als
Subjekte von Kommunikation, d. h. als AutorInnen von
Warum wurde das Thema in den Medien vernachläs- Aussagen, Forderungen, Bewertungen und Prognosen
sigt? Ein wesentlicher Grund liegt im Konkurrenz- und kommen MigrantInnen jahrzehntelang nicht vor. Diese
Quotendruck der Medien selbst begründet. Das Thema einseitige publizistische Aktiv-Passiv-Bilanz hat zu einer
ist journalistisch zudem noch immer nicht spektakulär weiteren selektiven Verstärkung eines Negativ-Images
genug. Seit dem 11. September 2001 berichten die geführt. Erst in den letzten Jahren zeigen die Medien
Medien verstärkt stattdessen über Kriterien einer prinzi- die MigrantInnen häufiger in einer Subjektrolle.
piellen Nicht-Integrierbarkeit bestimmter MigrantIn-
nengruppen.
Auswahlgesichtspunkte aktueller Nachrich-
tenberichterstattung
Zugleich werden bestimmte Nationalitäten überreprä-
Die aktuelle Nachrichtenberichterstattung über Migran-
sentiert. Bereits in den 70er und 80er Jahren werden
tInnen orientiert sich an bestimmten Nachrichtenfakto-
die damals besonders fremd erscheinende Nationalität
ren. Darunter versteht man Merkmale, die Journalisten
der Türken - verglichen mit ihrem realen Anteil an den
solchen Ereignissen zuschreiben, die zur Nachricht
hier lebenden MigrantInnen - deutlich überrepräsentiert.
werden. Vergleicht man die Berichterstattung über
In den 90er Jahren vermindert sich dann ihre Nennhäu-
MigrantInnen mit derjenigen über Innenpolitik, so zeigt
figkeit in der aktuellen Berichterstattung. Erst Ende der
sich: Akzentuiert wird vor allem der Nachrichtenfaktor
90er Jahre entspricht ihre Nennhäufigkeit in den Me-
6 DOSSIER Medien & Diversity
7. Negativität, der in der Berichterstattung über MigrantIn- zeption von Ausländerthemen im Radio ergab, dass
nen viel häufiger und intensiver auftritt als in anderen RezipientInnengruppen mit hohem Ressentiment ge-
innenpolitischen Meldungen. Relevant sind für die genüber AusländerInnen die Zahl der MigrantInnen
MigrantInnenberichterstattung auch die Nachrichtenfak- überschätzen und sich über ihren Kontakt mit Migran-
toren Kontroverse, Demonstration, Aggression und tInnen negativ äußern.
Schaden. Jeweils im Kontext von Streit, aber auch von
Gewalt erscheinen MigrantInnen besonders häufig und Spätere Forschungen konnten zeigen, dass Kontakt
intensiv in der Medienberichterstattung und werden zwischen VertreterInnen einer Mehrheit und einer Min-
dann entsprechend negativ bewertet. Außerdem domi- derheit, zwischen In- und Outgroup nicht direkt sein
nieren die Nachrichtenfaktoren Sensationalismus und muss. Auch beobachteter Kontakt zwischen Eigen- und
Emotionalisierung. Offensichtlich bevorzugen Journalis- Fremdgruppe oder entsprechendes Wissen kann Vorur-
tInnen im Kontext des Migrationsthemas solche Ereig- teile reduzieren helfen. Medien können stellvertreten-
nisse, die diesen Nachrichtenfaktoren entsprechen. den Kontakt präsentieren - er erzeugt ähnliche Effekte
wie realer Kontakt. In den USA zeigen Studien, dass
Inhaltsanalysen von TV-Programmen belegen darüber Inhalte und Umfang der Fernsehnutzung die Bewertun-
hinaus ganz allgemein eine zunehmend bildliche Dar- gen von ethnischen Minderheiten beeinflussen und im
stellung von Gewalt. Dies trifft auch für die Haupt- Fernsehen positiv dargestellte Minderheiten zu weniger
nachrichtensendungen der privatkommerziellen Sender negativen Urteilen über diese Gruppe führen. Analysen
zu. Seltener werden hier die zugrunde liegenden Kon- von TV-Nachrichten fanden in Deutschland heraus,
flikte und ihre Hintergründe gezeigt. So kann dann nicht dass Meldungen, in denen ein Kontakt zwischen In- und
deutlich werden, welche Risiken und eben auch Chan- Ausländern gezeigt wird, weniger auf Gewalt fokussie-
cen Migrationsprozesse für die Aufnahmegesellschaft ren als Meldungen über MigrantInnen ohne Kontaktdar-
wirklich haben. stellung. In einer anschließenden Befragung zeigte sich
ein signifikanter Unterschied im Kontaktwunsch der
Gemäß dem Nachrichtenfaktor "Kulturelle Nähe" unter- Rezipienten, die eine Meldung zum Ausländeranteil an
scheiden Journalisten zudem zwischen 'erwünschten' deutschen Schulen als interessant bewerten und gern
und 'weniger erwünschten' Personengruppen, indem ansehen möchten verglichen mit denjenigen, die diese
MigrantInnen aus fremden, nicht europäischen Kulturen Nachricht ablehnen.
explizit oder implizit negativer bewertet werden. "Aus-
länder" werden bezüglich der Nachrichtenfaktoren Ein- Es lässt sich jedoch auch zeigen, dass der Wunsch
fluss, Prominenz und Personalisierung als tendenziell nach Kontakt mit MigrantInnen in der deutschen Bevöl-
einflussloser und weniger prominent dargestellt als kerung stark abhängig ist vom Wohnort (z. B. neue
vergleichbare inländische Akteure. Insofern spiegeln die versus alte Bundesländer) sowie vom Grad der forma-
TV-Nachrichten durchaus das strukturell schlechtere len Bildung. Relevant ist daher die Analyse des durch
Image und die Machtlosigkeit der MigrantInnen in der den (medial reproduzierten) Kontakt ausgelösten Lern-
Bundesrepublik Deutschland wider. prozesses über Fremdgruppen, der zu Verhaltensände-
rungen oder Neubeurteilung der Eigengruppe führt.
Stellvertretender Kontakt durch Medienbe-
richterstattung? Aufgaben der Medienforschung
Die ursprüngliche Idee der in der Sozialpsychologie Bis auf wenige Ausnahmen wird in Deutschland erst
prominenten Kontakthypothese besagt, dass bestehen- seit den 90er Jahren die Medienberichterstattung über
de negative Einstellungen und Feindlichkeit gegenüber MigrantInnen systematisch analysiert. Folgende For-
Fremdgruppen durch Kontakt reduziert werden können. schungslücken sind zu konstatieren und zu bearbeiten:
Eine Mitte der 90er Jahre durchgeführte Studie zur
Wirkung von Toleranzkampagnen gegen Fremden- 1. Bisher ist kaum analysiert worden, wie das Fernse-
feindlichkeit bestätigt diese These: Fremdenfeindlich hen die hier lebenden MigrantInnen darstellt. Grün-
eingestellte RezipientInnen ohne persönliche Kontakt de liegen in der Komplexität solcher Untersuchun-
zu MigrantInnen glauben, das von den Medien ge- gen, angefangen von der Archivierung des Materi-
zeichnete Ausländerbild sei zu positiv und genieße zu als bis hin zur Auswertung des audiovisuellen Ma-
große Publizität. Entsprechend werden Toleranzkam- terials. Daher ist - in Übereinstimmung mit Empfeh-
pagnen ignoriert. Eine weitere Untersuchung zur Re- lungen des Wissenschaftsrates - zu fordern, dass
DOSSIER Medien & Diversity 7
8. hierzulande audiovisuelle Medienarchive eingerich- erstattung durch In- und Ausländer sind mittlerweile
tet werden, die Sendungen über einen längeren verstärkte Forschungsanstrengungen festzustellen.
Zeitraum hinweg auch für Forschungszwecke do-
kumentieren und abrufbar halten. Dies gilt auch für 4. In diesem Kontext ist bisher unerforscht, wie be-
Dokumentationen und Spielfilme, die MigrantInnen stimmte journalistische Frames die Form und Inhal-
in vielfältigsten Rollen zeigen und bewerten. te der Berichterstattung und ihre Rezeption struktu-
rieren. Frames lassen sich als Interpretationsmus-
2. Wenig bekannt ist auch über die Wirkung der Fern- ter von JournalistInnen und RezipientInnen auffas-
sehberichterstattung auf Wissen, Einstellung und sen. Sie heben dieselben Ereignisse, Akteure und
Verhalten verschiedener Publika. Pauschale Wir- Aussagen unterschiedlich hervor, bewerten sie hin-
kungsannahmen für bestimmte Inhalte und für die sichtlich möglicher Probleme sowie ihrer Lösungen
Öffentlichkeit insgesamt sind heute nicht mehr an- und ordnen sie in einen typischen Ursachen-
gemessen. Wirkungskontext ein. Episodische Frames präsen-
tieren konkrete Personen und Einzelhandlungen.
Vielmehr ist es notwendig, den Einfluss von Einstel- Im Kontext von Konflikten werden häufig nur ein-
lungen und Vorwissen der RezipientInnen mit den zelne Akteure oder Bilder der Gewalt gezeigt.
unterschiedlichen Medienaussagen in Verbindung
zu bringen. Ebenfalls sind Lebensstile und Milieu- Thematische Frames stellen die Ereignisse darüber
zugehörigkeit der RezipientInnen zu berücksichti- hinaus in einen komplexeren sozialen, zeitlichen
gen - etwa im Hinblick auf Möglichkeiten des Kon- und/oder sachlichen Zusammenhang. Angespro-
takts mit MigrantInnen. chen werden also die Bedingungen und Hinter-
gründe von Ereignisursachen, Rede und Gegenre-
3. Auch sind die Nutzung und Rezeption sowie die de sowie Folgen von Wirkungen. Konflikte werden
Wirkung der MigrantInnenberichterstattung für die als Ergebnis von Aushandlungsprozessen und Ge-
MigrantInnen selbst - auch in Bezug auf gezeigten gensätze von kollektiv organisierten Interessen
Kontakt - nicht berücksichtigt worden. Unklar ist al- dargestellt und interpretiert. Und genau diese Per-
so bisher, wie die Berichterstattung bei diesen an- spektive fehlt in der öffentlichen und veröffentlichen
kommt. Debatte um die Herkunft und Zukunft der Migran-
tInnen in Deutschland.
Zur Frage der Nutzung haben kürzlich der WDR,
das ZDF sowie die ARD/ZDF-Medienkommission
größere Studien initiiert und vorgestellt, die gute Dr. Georg Ruhrmann ist Professor für Kommunikati-
onswissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität
Grundlagen für weitere Forschung bieten. Auch be- in Jena.
zogen auf die Rezeption der MigrantInnenbericht-
8 DOSSIER Medien & Diversity
9. Beitrag drucken
Ilka Desgranges
Diskriminierende mediale Inhalte -
Fakten und Tendenzen aus der Sicht des Deutschen Presserates
Die Zahl der Beschwerden wegen Diskriminierung von
Was ist und tut der Deutsche Presserat?
MigrantInnen ist nach wie vor vergleichsweise gering.
Der Deutsche Presserat, die freiwillige Selbstkontrolle
Das hängt sicherlich zusammen mit der Berichterstat-
der Printmedien, setzt sich für einen fairen und saube-
tung über MigrantInnen beziehungsweise mit deren
ren Journalismus ein und somit für die Wahrung des
Wahrnehmung zusammen. MigrantInnen kommen in
Ansehens der Presse in Deutschland. Er hat es sich
den deutschen Print-Medien noch immer nicht sehr
seit 50 Jahren zur Aufgabe gemacht, Missstände im
häufig vor, wenngleich sich in den letzten Jahren eine
Pressewesen festzustellen und auf ihre Beseitigung
Veränderung feststellen lässt. Wenn über Menschen
hinzuwirken.
mit Migrationshintergrund berichtet wird, dann meist in
zwei "Sparten": dem Polizeibericht oder aber in der
Wie kann der Deutsche Presserat auf diskri- "Folklore-Ecke". Wenn der Kroate eine Handtasche
minierende mediale Inhalte reagieren? gestohlen hat oder aber wenn die Griechen mal wieder
Der Pressekodex, den der Deutsche Journalistenver- im Volkshochschulzentrum Sirtaki tanzen, dann reagie-
band herausgibt, enthält Empfehlungen und Richtlinien ren die Zeitungen und berichten darüber.
für die publizistische Arbeit. Eine der Ziffern (Ziffer 12)
befasst sich mit Diskriminierung. Sie heißt: "Niemand Die Medien vermitteln leider noch immer ein verzerrtes
darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung MigrantInnenbild, wenngleich man feststellen darf, dass
oder seiner Zugehörigkeit zu einer rassischen, ethni- MigrantInnen inzwischen zum Thema geworden sind.
schen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe Auch zum Thema von konzeptionellen Überlegungen in
diskriminiert werden." Zeitungen. Mehr MigrantInnen in die Zeitungen und vor
allen Dingen MigrantInnen anders in die Zeitungen -
Richtlinie 12.1 besagt: "In der Berichterstattung über lautet inzwischen bei vielen Tageszeitungen die Devise.
Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Dennoch: Das Bild, das von Menschen mit Migrations-
Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minder- hintergrund gezeichnet wird, ist nicht eindeutig, und es
heiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des ist nicht vollständig. Die Berichterstattung über den
berichteten Vorgangs ein begründeter Sachbezug be- Alltag der Menschen mit Migrationshintergrund ist in
steht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung den meisten Zeitungen noch immer keine selbstver-
Vorurteile gegenüber schutzbedürftigen Gruppen schü- ständlicher Teil des täglichen Themenangebotes.
ren könnte."
In Polizeiberichten werden oft die Nationalitäten ohne
Grund genannt. Es ist überflüssig, in einer Meldung
Wie sehen die Beschwerden zu diskriminie- über einen Taschendieb zu erfahren, dass er beispiels-
renden medialen Inhalten aus? weise aus Kroatien stammt. Dennoch wird gerade in
Von den rund 700 Beschwerden, die den Presserat pro Polizeiberichten die Nationalität häufig genannt. Eine
Jahr erreichen, richtet sich nur ein Bruchteil gegen solche Nennung der Nationalität führte zu folgender
Texte, durch die Minderheiten diskriminiert werden. Die Beschwerde beim Deutschen Presserat. (Anm. 3, BK1-
jährlich erstellte Statistik des Deutschen Presserates 325/06, Beschluss vom 13. März 2007)
belegt, dass sich die meisten Beschwerden wegen Ver-
letzung von Persönlichkeitsrechten oder Vergehen ge- Der Sachverhalt: Eine deutsche Tageszeitung berichtet
gen die Sorgfaltspflicht ausmachen lassen. Es lässt unter der Überschrift "Dumm gelaufen: Taschendieb mit
sich insofern über die Jahre hinweg keine qualitative Bänderriss" über einen Taschendieb, der auf seiner
Veränderung feststellen. Ohnehin ist in diesem Zusam- Flucht vor der Polizei stürzte und sich einen Bänderriss
menhang darauf hinzuweisen, dass der Deutsche Pres- zuzog. Sie erwähnt ausdrücklich die kroatische Her-
serat auf einzelne Beschwerden reagiert. Ein vollstän- kunft des Täters: "Auf der Polizei hat sich ein 43-
diger Überblick über alle Verstöße in deutschen Print- jähriger Taschendieb verletzt. Er zog sich einen doppel-
produkten gegen den Pressekodex ist nicht leistbar. ten Knöchelbruch und einen Bänderriss zu. Der aus
DOSSIER Medien & Diversity 9
10. Kroatien stammende Mann hatte gestern gegen 11.20 Deutschen Presserates nach Zurückhaltung bei der
Uhr in einem Zug von Köln nach Düsseldorf Reisenden Erwähnung von Zugehörigkeiten zu bestimmten Volks-
eine Laptoptasche gestohlen. (...) Auf seiner Flucht gruppen sowie religiösen und anderen Minderheiten
übersah er eine Bordsteinkante und fiel. Selbst beim sehen viele JournalistInnen auch eine Bevormundung.
Eingipsen des verletzten Beines mussten ihm Handfes- Allerdings ist fein zu unterscheiden, wann eine Nen-
seln angelegt werden." nung der Nationalität den Sachverhalt erhellt bezie-
hungsweise für die Fahndung nach einem Straftäter
Der Beschwerdeführer kann für die Nennung der Natio- erforderlich ist. In vielen Fällen führt die Nennung - ob
nalität des Diebes keinen begründbaren Sachbezug mit oder ohne Bedacht geschehen - zur Diskriminierung
zum Vorgang erkennen. Die Rechtsabteilung der betrof- bestimmter Gruppen.
fenen Zeitung hingegen vertritt die Auffassung, die
Unterdrückung einer Information (in diesem Fall die Noch ein Fall: Auch dieses Beispiel für diskriminierende
Nennung der Nationalität) dürfe nicht dazu führen, dass Berichterstattung entstammt dem Umfeld Polizei/-
z.B. möglichen Opfern von Straftaten Erkenntnisse Gerichtsberichterstattung: Eine Lokalzeitung berichtet
vorenthalten würden, die beispielsweise der Verhinde- unter dem Titel "Betrug im VW-Werk: Italiener ergau-
rung künftiger Taten dienen können. Die Berichterstat- nert 54 000 Euro am Getränke-Automaten!" über die
tung berge nicht die Gefahr, dass Vorurteile gegenüber Verurteilung eines 38-Jährigen, der Guthabenkarten für
schutzbedürftigen Gruppen geschürt werden könnten. Automaten manipuliert hat. In dem Betrag wird sieben-
Vermutlich sei aus den Mitteilungen der Bundespolizei mal erwähnt, dass es sich bei dem Angeklagten um
zitiert worden, die in der Regel die Nationalität von einen Italiener handelt. Ein Leser der Zeitung beschwert
Tätern nenne. sich darüber beim Deutschen Presserat. Er meint, ein
Bezug zwischen der Straftat und der Nationalität sei
Erwägungen der Beschwerdekammer 1 des Deutschen nicht zu erkennen. Die Zeitung vertritt in ihrer Stellung-
Presserates: Er ist der Meinung, dass das in Ziffer 12 nahme die Auffassung, die Bezeichnung Italiener sei in
des Pressekodex definierte Diskriminierungsverbot der Stadt eher positiv als negativ besetzt. Seit Jahren
verletzt wurde. Das Gremium konnte keinen begründ- lebten hier viele Italiener. Italien sei allgegenwärtig: in
baren Sachzusammenhang zwischen dem Vorfall und Straßennamen, vor allem aber auch im VW-Werk. Sie
der Nationalität des Diebes erkenne. Dass der Mann verweist auch darauf, dass es außer der Beschwerde
aus Kroatien stammt, trägt zum Verständnis des Falles beim Presserat keine weitere Beschwerde gegeben
nicht bei. Die Berichterstattung wäre hier ebenso gut habe. Der Deutsche Presserat hält die Beschwerde für
ohne die Preisgabe der Nationalität des Diebes ausge- begründet (BK1-211/06) und spricht eine Missbilligung
kommen. Die Nationalität wurde in diesem Fall nicht als aus. Die Erwähnung der Nationalität hält er nicht für
Information von Bedeutung angesehen. Und eine all- gerechtfertigt, weil sie für das Verständnis des berichte-
gemeine Warnung vor Kroaten im Zusammenhang mit ten Vorgangs in keinem begründeten Sachbezug steht.
Diebstahlsrisiken hätte eine eher diskriminierende Wir- Insofern hätte auf die Nennung der Staatsangehörigkeit
kung. Der Beschwerdeausschuss hielt den Verstoß für verzichtet werden müssen.
so schwerwiegend, dass er als Maßnahme eine Missbil-
ligung wählte. Dies insbesondere, wie es in der Begrün- Wenngleich die Zahl der Beschwerden beim Deutschen
dung heißt "weil die Begründung des Beschwerdegeg- Presserat wegen der ungerechtfertigten Nennung von
ners keinerlei Sensibilität für die Problematik der Dis- Nationalitäten vergleichsweise gering ist, lässt sich
kriminierung zeige. In diesem Kontext von Diskriminie- feststellen, dass die Staatsangehörigkeit meist im Zu-
rung zu sprechen und daraus den Schluss zu ziehen, sammenhang mit einer kriminellen Handlung genannt
dass ansonsten möglichen Opfern von Straftaten Er- wird. Das mag daran liegen, dass in Polizeiberichten
kenntnisse vorenthalten würden, die der Verhinderung Vollständigkeit angestrebt wird. (Ein Beleg dafür ist
künftiger Taten dienen könnten, hält der Ausschuss für auch die sehr genaue Angabe von Uhrzeiten). Es ist
abwegig. Er entscheidet: Die Beschwerde ist begrün- jedoch Aufgabe der Redaktionen abzuwägen, ob die
det. Als Maßnahme verhängt er eine Missbilligung.“ Nennung zur Beschreibung oder Erhellung des Sach-
verhaltes nötig ist, also eine erforderliche Information
Ziffer 12 ist gerade, wenn es um die Nennung von Nati- ist, oder ob sie nicht benötigt wird. Die ungerechtfertigte
onalitäten geht, eine viel diskutierte Ziffer. In Redaktio- Nennung von Nationalitäten ist dann vielfach als Dis-
nen herrscht nicht selten Uneinigkeit über die Ausle- kriminierung anzusehen. Sie trägt dazu bei, dass bei
gung oder auch Unsicherheit. In der Forderung des den LeserInnen der Eindruck entstehen kann, Men-
10 DOSSIER Medien & Diversity
11. schen mit Mirgationshintergrund seien häufiger kriminell Literatur
als Einheimische. Ein Eindruck, den die Statistiken aber Jahrbuch 2006 des Deutschen Presserates. Mit der
in den meisten Fällen nicht bestätigen. Spruchpraxis des Jahres 2005; inklusive CD-Rom
mit der Spruchpraxis 1985-2005. UKV Verlagsge-
Der Deutsche Presserat kann dieses Phänomen nur in sellschaft, Konstanz 2006.
Ausschnitten behandeln und ihm auch nur in Ansätzen
begegnen. Über die Beschwerdearbeit des Gremiums
der Freiwilligen Selbstkontrolle hinaus ist es wichtig,
Dr. Ilka Desgranges ist Mitglied des Deutschen Pres-
dass sich die Berichterstattung über MigrantInnen ge- serats und Leiterin der Regionalredaktion Mitte der
nerell verändert. Wenn sie "thematisch dazugehören", Saarbrücker Zeitung.
d.h. über alle Facetten ihres Lebens berichtet wird,
dann wird irgendwann auch in den Polizeiberichten die
Nationalität nur noch in begründeten Fällen genannt.
DOSSIER Medien & Diversity 11
12. Beitrag drucken
Sabine Schiffer
Medien als Spiegel und Konstrukteur gesellschaftlicher Vorstellungen.
Der Islam in deutschen Medien
Ein einhelliges Islambild in deutschen Medien gibt es machender Ereignisse und einer Verwechslung von
nicht. Darum kann es weder "islamophob" noch "isla- Islammissbrauch mit dem Missbrauchten, also dem
mophil" sein. Jeder einzelne Beitrag ist genau zu prü- Islam selber, zustande kommt. Wir diskreditieren auch
fen, denn überall finden sich gut recherchierte neben nicht die Demokratie an sich, wenn in ihrem Namen
undifferenzierten und suggestiven Beiträgen. Die FAZ Kriege geführt werden.
bietet hierfür ein gutes Beispiel. Während auf der einen
Seite einige TV-Sender mit Initiativen für mehr Vielfalt Während auf der einen Seite, sowohl in Radio, Fernse-
und Integration werben (z.B. SWR), wird als Reaktion hen, Zeitungen und Zeitschriften "islamische" Themen-
auf Medienkritik, die etwa das Islambild als Kollateral- stellungen und zu Wort kommende Akteure unter-
schaden der Auslandsberichterstattung moniert, gerne schiedlicher werden, lässt sich auf der anderen Seite
auf die jeweils anderen verwiesen: von den Öffentlich- eine Reihe von Sichtweisen feststellen, die inzwischen
Rechtlichen auf die Privaten, den sog. Seriösen auf den als Wahrheit über "den Islam" akzeptiert scheinen:
Boulevard. Frauenfrage, Nachholbedarf, Gewaltaffinität. An dieser
Stelle wäre zu fragen, wie es kommt, dass diese allge-
Eine Studie, die alle Medienbeiträge einbezieht und mein relevanten Themen als "islamisch" wahrgenom-
damit ein wirklich umfassendes Bild der gemachten men werden. Es deutet auf ein starkes Framing hin,
Vorstellungen - in unserem Fall der Islamvorstellung - einen bereits akzeptierten Rahmen, der alle weiteren
liefert, kann es ob der Fülle des Angebots nicht geben. Beobachtungen (zu-)ordnet.
So herrscht das Dilemma vor, dass je nach Auswahl
der untersuchten Medienbeiträge ein bestimmter Ein-
Die Instrumentalisierung der muslimischen
druck zustande kommt, der eben nur bedingt quantifi-
Frau
zierbar ist. Dennoch belegen etwa die EUMC- Studie,
Machen wir die Mechanismen eines etablierten Diskur-
das Ergebnis von Kurt Imhof in der Schweiz und auch
ses am Beispiel der muslimischen Frau fest, deren
einige deutsche Studien wie etwa die um Kai Hafez das
Rolle als Instrument der Beweisführung ja üblich ist.
Vorkommen islamfeindlicher Darstellungen - sie zu
Spätestens seit der iranischen Revolution und der
leugnen, wäre unseriös. Es ist fraglich, ob wir eine
Mahmoody-Story "Nicht ohne meine Tochter" liegt der
Prozentzahl darüber brauchen, wie oft negativ oder
Rahmen für das Frauenbild im Islam fest. Die muslimi-
positiv über Islam und Muslime berichtet wird, denn aus
sche Frau gilt als per se unterdrückt und ihre Behand-
der psychologischen Forschung ist bekannt, dass Men-
lung steht pars-pro-toto für das Denken und Handeln
schen sich unbewusst an dem orientieren, was sie
von Muslimen allgemein.
erwarten. Die Erwartung des Publikums bestimmt, dass
auch aus wenigen negativen Darstellungselementen ein
Die Zahl von Neo-Feministen nimmt zu, die neuerdings
Feindbild bestätigt werden kann.
für das Wohl der besagten unterdrückten Muslimin
eintreten - freilich nur als Argument gegen ihre Glau-
Fakten können täuschen bensbrüder. Dementsprechend ist man großzügig bei
Weil zudem rein inhaltsanalytische Studien die Frage der Wahrheitspflicht bei entsprechenden KronzeugIn-
nach dem Zusammenhang zwischen Realität und me- nen, wodurch eine Ayaan Hirsi Ali alias Magan nach
dialer Wiedergabe zumeist ausblenden, plädiere ich für wie vor ihre persönliche Erfahrung als "islamisch" vs.
eine Vorgehensweise, die einzelne Mechanismen be- "christlich" ausgeben kann. Dabei sind die üblichen
schreibt, welche auf ihre Verallgemeinerbarkeit hin zu Themen wie Benachteiligung, Ehrenmord, Zwangshei-
prüfen sind. Zunächst: Eine objektive Berichterstattung rat und Genitalverstümmelung weder auf islamische
gibt es nicht, weil Zeichen subjektiv sind. Und Medien- Communities beschränkt noch in allen islamischen
nutzer sind gefordert, die eigene Konstruktion von Wirk- Gesellschaften vertreten.
lichkeitsvorstellungen durch emotionale Auswahlpro-
zesse zu überdenken. Denn feststellbar sind auf jeden Hier zeigt sich, welches Potenzial in der ordnenden
Fall islamophobe Einstellungen, die auf Grund angst- Funktion von Sprache und Bildern steckt. Die ständige
12 DOSSIER Medien & Diversity
13. Kombination der besagten Themen mit muslimischen gerne zu illustrativen Zwecken eingesetzt. Das gut
AkteurInnen und Symbolen wie Kopftuch und Moschee sichtbare Symbol wird damit zum Symbol auch für
- was ja im besagten Einzelfall Fakten sind - (ver-)führt Fremdheit. Mit den Folgen dieser Kategorisierung ha-
zu einer verknüpften Wahrnehmung mit "dem Islam". ben Frauen mit Kopftuch in ihrem realen Alltag zu
Hierbei spielen vor allem die Bildmedien keine glückli- kämpfen. So beschreiben die Nürnberger Nachrichten,
che Vervielfältigerrolle. Die verallgemeinernde Interpre- wie sich in einem Experiment Schülerinnen als Musli-
tation als ein Phänomen einer bestimmten Gruppe min verkleidet hatten und welche überraschenden Er-
wiederum (ver-)führt zu weiteren subjektiven Auswahl- fahrungen sie damit machten. Etwa wurde Ihnen ge-
prozessen von Fakten in diese Richtung - ein sich sagt, man hätte gleich erkannt, dass sie keine echten
selbst bestätigender Teufelskreis, aus dem eigentlich Musliminnen seien - sie wären so sauber.
weitere Fakten einen Ausweg bieten müssten.
Kopftuchbilder "schmücken" auch ernstere Problemthe-
men wie z.B. Berichte über Terrorismus. Die Instrumen-
Der erste Eindruck ist entscheidend
talisierung der muslimischen Frau und ihrer Kleidung
Jedoch bestimmt der erste Rahmen über die Einord-
durch Islamisten wird hierbei 1:1 übernommen - die ne-
nung weiterer Informationen. So können etwa andere
gativen Konnotationen fallen direkt auf die Frauen zu-
Frauenschicksale als "Ausnahme" oder deren Darstel-
rück. So ist es fast naheliegend, das Kopftuch als Sym-
lung als "Trick" abgetan werden. Dies zeigt auf, wie
bol für Islamisierungsbestrebungen zu empfinden. Die-
schwierig es auch für eine diversifizierende Berichter-
ses Denken findet man jedoch nicht nur in den antiisla-
stattung ist, das einmal etablierte Bild zu ergänzen.
mischen Aktionsbündnissen, sondern auch und etwas
Denn neben den Beispielen von Unterdrückung und
versteckt in der Bezeichnung "gemäßigter Muslim".
Bedrohung von Frauen widersprechen die anderen
Fälle einer pauschalierenden Deutung. Während man
Diese Bezeichnung hat sich auch in eine durchwegs gut
durchaus bei einigen Medienvertretern den Willen um
gemeinte Initiative des ZDF eingeschlichen, im Frei-
Differenzierung feststellen kann, wird dies schon als
tags-Forum. Wie sehr bestimmte Annahmen verfestigt
Verrat am "deutschen Wesen" in bestimmten Internetfo-
sind, zeigt folgendes Beispiel: In zwei Beiträgen über
ren gewertet. Während die einen vor der Diskriminie-
Lamya Kaddor, die als islamische Religionspädagogin
rung von Muslimen warnen, warnen die anderen vor der
in Nordrhein-Westphalen tätig ist und mit rotgefärbten
Verharmlosung des Islams.
Strähnen in schwarzem Haar, ihrer Kleidung sowie
ihrem Auftreten eine Lehrerin wie jede andere ist, wird
Und, wie könnte es anders sein, auch dafür eignet sich
sie immer wieder lobend als "gemäßigte Muslima" be-
das Schicksal einzelner Musliminnen hervorragend als
zeichnet. Was ist demnach eine "normale" Muslimin?
Beweis. Dass aber die "Prinzessin aus dem Hause Al-
Saud" ihrem Buch einen Passus vorstellt, der explizit
darauf hinweist, dass sie den Missbrauch der Religion Unser Spiegel
kritisiere, nicht aber den Islam an sich, wird in Folge der Eine Tendenz zur Verschiebung von Problemen in den
einmal akzeptierten "Wahrheit" über den Is-lam als religiösen Bereich kann man exemplarisch im Spiegel
(frauen-)unterdrückerische Religion von einer breiten feststellen.
Öffentlichkeit nicht mehr zur Kenntnis genommen.
Unter dem Titelthema
In Deutschland sorgt gerade das Frauenmagazin "Gott ist an allem Schuld"
EMMA für ein Bild, das Musliminnen als unterdrückt und unter Auslassung von
und unmündig darstellt - wobei wir gleichzeitig abquali- Weltkrieg und Holocaust
fizierende Beiträge über kinderkriegende Ministerinnen konnte das Religiöse an
oder machthabende Frauen ohne Sexappeal finden. sich als Wurzel allen
Übels ausgemacht wer-
den. Ganz nebenbei: die
Die Rolle der muslimischen Frau
beigeordneten Bilder stell-
Die muslimische Frau bzw. das Kopftuch muss aber
ten das Judentum völlig
noch weitere Aufgaben erfüllen - vor allem in visuellen
gewaltfrei, das Christen-
Medien. Wenn es um Deutschkurse, Integrationsprob-
tum in einem historischen Kreuzzugsgemälde als ehe-
leme und Einbürgerungsstatistiken geht, dann wird es
mals gewalttätig, den Islam hingegen ausschließlich
DOSSIER Medien & Diversity 13
14. und ganz aktuell durch sprengstoffbegurtete Terroristen schen. Dies kann und wird uns in Zukunft noch öfters
als gewalttätig dar. passieren, wovon auch Buchveröffentlichungen mit
entsprechenden Titeln wie "Hurra, wir kapitulieren"
Unter dem Spiegel-Titel zeugen. Die Interpretationsschiene ist angelegt und
"Mekka-Deutschland" ver- wartet auf mehr oder weniger passende Vorkommnisse.
barg sich letztlich ein Ver-
weis einer fehlerhaften
Gegenläufige Tendenzen
und rassistischen Rechts-
Interessant ist, dass es zwar die Behauptung der Isla-
sprechung durch eine
mophilie gibt, aber keine Belege dafür. Ein Dilemma
Richterin in Richtung
zeichnet sich nun gerade durch die vermehrte Themati-
Islam. Plötzlich stand nicht
sierung des Islams ab. Während auf der einen Seite er-
die Richterin am Pranger,
kannt wurde, dass wenig fundiertes Wissen über den
sondern der Islam an sich
Islam vorliegt, scheint der Zeitpunkt für eine bescheide-
- eine völlig unaufgeklärte
ne Ausweitung des Medienangebots in diese Richtung
Deutung, aber ganz zeitgemäß entsprechend der Vor-
nur weitere Verschwörungstheorien zu nähren.
stellung von einem Einknicken vor einer per se aggres-
siven Ideologie.
Wie dialektisch die Auswirkungen der Initiativen ist,
zeigt sich u.a. daran, dass der Trend, die Auslandsthe-
Die Idomeneo-Absetzung - ein Meilenstein men in der Vermittlung von Vorstellungen über Islam
In der breiten (medialen) Öffentlichkeit ist der Einkni- und Muslimen durch inländische Akteure abzulösen, die
ckensmythos spätestens mit dem Skandal um die Ab- Gefahr birgt, dass Problemthemen wie etwa der Terro-
setzung der Idomeneo-Oper im Herbst 2006 hoffähig rismus mit hiesigen Muslimen als genuin verbunden
geworden. "Warum kuschen wir vor dem Islam?" titelte betrachtet wird. Das ist zunächst kein mediales Phä-
die „Bild“-Zeitung. Der qualitative Sprung im Diskurs um nomen, wenn nicht die Unterstützung dieser Verknüp-
Islam und Muslime, den dieses Ereignis bedeutet, ist fung durch die unglückliche Kombination von angstbe-
nicht zu unterschätzen. Immer wieder war zu lesen und setzten Themen mit Symbolen des Islams noch be-
zu hören, dass dies aus "vorauseilendem Gehorsam" günstigt würde - wie man exemplarisch an den folgen-
geschehen sei und dies wurde durchaus kritisch be- den Titelseiten sehen kann.
trachtet - nur wurde kaum kritisiert, dass es keine sol-
che Forderung gab.
Hier gibt es noch Handlungsbedarf in Bezug auf die
Prüfung von Präsentation und Relevanz, des Suggesti-
onspotenzials, das aus Faktenselektion und -
kombination resultiert.
Titelseiten zur Idomeneo-Inszenierung (s. zudem die un-
geschickte Gegenüberstellung von "Muslimen und Deut-
schen" im Zitat auf der Titelseite der Taz 28.09.06). Die Verallgemeinerung von Untaten einzelner auf eine
ganze Gruppe scheint ein nach wie vor dominierendes
Bis heute ist ungeklärt, wer hinter der "Warnung" steck-
Muster menschlicher Wahrnehmung zu sein. Ob es
te. Versuche, wie der der Taz mit dem Titel "Muslime
weniger greifen könnte, wenn man schon viele unter-
lieben Mozart" zeigen das Dilemma eines vorherr-
schiedliche Akteure kennt, wäre ein lohnendes Experi-
schenden Frames auf, bei dem die Abwehr einer Be-
ment. Gerade Medien können auch in Gegenden von
hauptung diese nunmehr wiederholt. Fakt ist jedenfalls,
homogener Bevölkerungsstruktur mehr Vielfalt vorfüh-
dass sich eine Interpretationsmaschine wie etwa im
ren. Der neue Tatortkommissar ist ein gutes Beispiel
Karikaturenstreit auch ohne faktische Grundlage ab-
hierfür. Wenn die Vielfalt zur Normalität geworden ist,
spielte - im luftleeren Raum, im Bereich des Mythi-
dann kann uns vielleicht auch der einzelne Amerikaner
14 DOSSIER Medien & Diversity
15. oder Türke oder Jude oder Moslem oder Ossi nicht ren. Rassismus als Integrationshindernis. DISS: Un-
mehr dazu verleiten, sofort von ihm auf alle zu schlie- rast.
ßen.
Imhof, Kurt (2002): Antisemitismusstudie vom For-
schungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft der
Und was ist mit den Frauen? Bei der Frage, wie es
Universität Zürich. [überraschendes Ergebnis: islam-
gelingen kann, dass die real existierende Frauenunter-
feindliche Typisierungen überwiegen] (s. auch Artikel
drückung, die es unter Muslimen auch und nicht zu
in NZZ-Online)
knapp gibt, bekämpft werden kann, führt die antiislami-
sche Argumentation von Lösungen eher weg. Die Ver- Schiffer, Sabine (2007): "Die Verfertigung des Islam-
schiebung der Problematik in einen bestimmten Kultur- bilds in deutschen Medien" in: Jäger, Siegfried &
kreis hilft dabei, den Status quo zu erhalten - und nichts Halm, Dirk (Hg.): Mediale Barrieren. Rassismus als
macht die Instrumentalisierung der gesamten Thematik Integrationshindernis. DISS: Unrast.
deutlicher. dies. (2006): Projektionsfläche Islam.
- dies. (2005): Die Darstellung des Islams in der
Literatur Presse. Sprache, Bilder, Suggestionen. Würzburg:
EUMC (European Monitoring Centre on Racism and Ergon.
Xenophobia) 2006: "Muslims in the European Union.
- dies. (2005): "Der Islam in unseren Köpfen." in: ta-
Discrimination and Islamophobia." Wien.
gesanzeiger 15.07.05: 9.
Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Aus-
- dies. (2004): Konstruierte Wahrheiten und Zerrbil-
landsberichterstattung. Das Nahost- und Islambild
der.
der deutschen überregionalen Presse. Bd. 2. Baden-
Baden: Nomos. Thofern, Detlef (1997): Darstellungen des Islams in
"Der Spiegel". Eine inhaltsanalytische Untersuchung
Hafez, Kai & Richter, Carola (2006): Das Islambild
über Themen und Bilder der Berichterstattung von
von ARD und ZDF. u.a. erschienen in: Aus Politik
1950 bis 1989. Hamburg: Kovac.
und Zeitgeschichte 26-27/2007.
Halm, Dirk u.a. (2007): "Pauschale Islamfeindlich-
keit? Zur Wahrnehmung des Islams und zur sozio- Dr. Sabine Schiffer ist Sprachwissenschaftlerin und
kulturellen Teilhabe der Muslime in Deutschland." in: Medienpädagogin und leitet das Institut für Medienver-
Jäger, Siegfried & Halm, Dirk (Hg.): Mediale Barrie- antwortung in Erlangen.
DOSSIER Medien & Diversity 15
16. Beitrag drucken
Stanislawa Paulus
Muslimische Frauen in Fernsehdokumentationen
Mit verschiedenen filmischen Strategien wird vor allem Werten der Mehrheitsgesellschaft interpretiert. Sie
in TV-Dokumentationen Denk-, Sag- und Sichtbares erhalten meist eine anerkennende Inszenierung und
über muslimische Frauen konstruiert und strukturiert. werden zugleich als Ausnahmen dargestellt. Die er-
Unter diesem Blickwinkel habe ich Fernsehdokumenta- kannte Abweichung vom Stereotyp führt folglich nicht
tionen öffentlich-rechtlicher Sender aus den Jahren zu einer Hinterfragung von Klischeebildern, sondern
2000 - 2006 untersucht. bestärkt im Gegenteil die dominante Selbstwahrneh-
mung einer modernen, emanzipierten, fortschrittlichen
In Darstellungen von Musliminnen in TV-Dokumen- und überlegenen deutschen Gesellschaft. Damit enthal-
tationen lässt sich zunächst eine Pluralisierung feststel- ten Repräsentationen muslimischer Frauen trotz der
len: Gezeigt werden Studentinnen, selbstständige Ge- gezeigten Vielfalt letztlich eine Engführung: Es gibt in
schäftsfrauen, Mütter und Hausfrauen, Journalistinnen, den von mir untersuchten Dokumentationen keine Bil-
Hauptschülerinnen und Abiturientinnen, Anwältinnen, der von Musliminnen, die ohne einen Bezug zu den
Akademikerinnen, Büroangestellte, Radio- und Fern- Themen von Unterdrückung und patriarchaler Gewalt
sehmoderatorinnen, gläubige und säkulare Muslimin- auskommen. Aus Perspektive der Mehrheitsgesell-
nen. Auf den ersten Blick scheint der Heterogenität schaft ist eine Muslima außerhalb des thematischen
muslimischer Frauen bzw. von Frauen, denen ein mus- Bezugs weder denk- noch sichtbar.
limischer Glaube zugeschrieben wird, Rechnung getra-
gen zu werden. Eine genauere Betrachtung zeigt je-
Produktionen von Sicht- und Denkbarkeiten in
doch, dass diesen Darstellungen nach wie vor eine
TV-Dokumentationen
zentrale Referenz zu Grunde liegt: das implikationsrei-
In Anschluss an Michel Foucaults Verständnis der pro-
che Motiv der Kopftuch tragenden Muslima, die als
duktiven Wirkungsweise von Macht kann das Fernse-
Sinnbild eines Modernitätsdefizits und einer damit ver-
hen als eine Machttechnologie angesehen werden, die
bundenen unüberbrückbaren Differenz zur Mehrheits-
spezifisches Machtwissen hervorbringt: Sachverhalte,
gesellschaft gesetzt wird. In diesem Motiv verdichtet
von denen die Rede ist, werden erst als spezifisch
sich die Gegenüberstellung von Moderne und Traditio-
gedeutete Wissenselemente hervorgebracht (vgl. Fou-
nalismus, die als ein alles durchdringender Gegensatz
cault 1995: 74). Foucault geht stets von einer engen
die medialen Darstellungen von Muslimen insgesamt
Verzahnung von Sehen, Wissensbildung und Macht
prägt. Mit ihm werden Themen der religiösen und kultu-
aus (Rajchman 2000: 43). Das Evidente ist demnach
rellen Differenz, patriarchale Geschlechterverhältnisse,
etwas Zu-Sehen-Gegebenes, dessen Sichtbarkeit ein
Unterdrückung und Gewalt implizit wie explizit aufgeru-
begrifflich konzeptionelles Schema zu Grunde liegt,
fen und miteinander verschränkt.
welches bestimmt, was überhaupt gesehen werden
kann (ebd.). Dem fotografisch-filmischen Bild kommt
Dem Thema des Geschlechterverhältnisses kommt
eine wesentliche Bedeutung in der diskursiven Struktu-
hierbei die zentrale Funktion eines Gradmessers für
rierung von Realtitätswahrnehmungen zu (vgl. Silver-
Integriertheit und Modernität von Muslimen zu (vgl.
man 1997: 42). Als nicht-fiktional charakterisierte For-
Lutz/Huth-Hildebrandt 1998: 163). Diese Funktion kann
mate sind auch TV-Dokumentationen auf besondere
es nur unter bestimmten diskursiven Voraussetzungen
Weise daran beteiligt, Sichtbarkeitskonventionen des-
erfüllen: ihm geht eine generalisierende Setzung der
sen zu strukturieren, was für wahr genommen werden
patriarchalen Unterdrückung muslimischer Frauen
kann. Dokumentarische Sendungen, die sich auf die
durch muslimische Männer voraus. Zugleich werden
Darstellung des Lebens von MuslimInnen fokussieren,
patriarchale Verhältnisse der Mehrheitsgesellschaft
prägen wesentlich, was in der Repräsentation einer
dem Blick entzogen.
sozialen Realität von Menschen mit muslimischem
Hintergrund als evident gilt und welche sichtbaren Indi-
Lebensweisen oder Auftreten muslimischer Frauen, die
katoren und Anordnungen herangezogen werden kön-
keine Übereinstimmung mit dem Stereotyp der als
nen, damit Aussagen über Muslime und den Islam für
unterdrückt gezeichneten Kopftuchträgerin aufweisen,
das antizipierte Publikum als realistisch gelten.
werden als Zeichen der Entwicklung zu fortschrittlichen
16 DOSSIER Medien & Diversity
17. Adressierungen und Konstruktionen fremder kation oder Empathie mit der dargestellten Person -
Welten vielmehr befördert es den Eindruck von Unerreichbar-
TV-Dokumentationen stellen massenmediale Produkti- keit und Fremdheit. Der filmisch erzeugte Anschein der
onen dar, die sich an eine breite vielschichtige Zu- Isolation findet seine Untermauerung in der Verschrän-
schauerInnenschaft wenden. Zugleich offenbart eine kung mit Themen wie einer vermeintlichen Parallelge-
genauere Analyse, dass ihnen eine Perspektivität zu sellschaft, mangelnder Integrationswilligkeit und kultu-
Grunde liegt, die ein bestimmtes Publikum voraussetzt, reller Abschottung, die häufig in Off-Kommentaren
während ein anderes ausgeschlossen wird. Bereits in parallel zu Bildern Kopftuch tragender Frauen aufge-
Filmtiteln wie z.B. "Fremde Nachbarn. Muslime zwi- worfen werden.
schen Integration und Isolation" (Chiara Sambucci,
2004) oder "Die Türken - oder warum Faruk einen grü- Ihre filmische Verortung finden Kopftuch tragende Mus-
nen Mecedes fährt" (Rita Knobel-Ulrich, 2000) wird liminnen meist in innerstädtischen Wohngebieten mit
deutlich, dass MuslimInnen als die ,Anderen' der deut- einem hohen MigrantInnenanteil. Auch in der Film-
schen Gesellschaft ins Zentrum der Betrachtung ge- raumgestaltung sind wiederkehrende Elemente zu
rückt werden. Filmische Einleitungen wie: "Besuch bei erkennen: Häufig weisen die Bilder, in denen diese
gläubigen Muslimen in Deutschland. Einblicke in eine Frauen erscheinen, eine Fülle, Unruhe und Enge auf;
fremde Glaubenswelt, in eine Welt, die überraschend auf dem Markt, in einer belebten Straßenszene (häufig
anders sein kann, als viele denken" ("Fremde Nach- Einkaufstüten tragend und/oder Kinderwagen schie-
barn") bringen zum Ausdruck, dass Muslime nicht als bend) oder in einer engen Küche bei der Hausarbeit. Es
zugehörig zur deutschen Gesellschaft betrachtet wer- fehlen weite Einstellungen. Diese Bildgestaltungen
den. Mit dieser Wortwahl werden diejenigen als Zu- evozieren den Eindruck eines engen Bewegungsradius
schauerInnen vorausgesetzt, die die Welt ,der Anderen' und Tätigkeitsfeldes der Kopftuch tragenden Muslima
nicht kennen: Angehörige einer christlichen bzw. christ- innerhalb eines Milieus, das kaum Raum für eine per-
lich säkularen Mehrheitsgesellschaft. Die Nicht-Adres- sönliche Entfaltung bietet. Sie erzeugen schichtspezi-
sierung von MuslimInnen in diesen Sendungen zeigt, fisch konnotierte Vorstellungen von Kopftuchträgerin-
"dass die Mehrheitsgesellschaft ethnische Minderheiten nen als unselbstständige, auf geschlechtsspezifische,
nicht als Teilnehmende am Diskurs repräsentiert, son- familiäre Reproduktionstätigkeiten reduzierte Frauen.
dern hauptsächlich als Objekte ihres eigenen Diskur-
ses" (Yildiz 1999: 230). Auf muslimische Frauen trifft Ein verbreitetes Interesse von TV-Dokumentationen
dies in besonderem Maße zu, kommen sie in diesen über Musliminnen widmet sich Frauen, die sich aus
Filmen nur unter besonderen Bedingungen zu Wort. unterdrückerischen Verhältnissen der Herkunftsfamilie
oder aus einer gewalttätigen Beziehung befreit haben
und nun unabhängig leben. Die Darstellung dieser
Filmische Inszenierungen von Fremdheit und Frauen ist gerahmt durch Erzählungen von Leidenser-
Isolation fahrungen und der schließlichen Herauslösung aus
Die Objektivierung von Musliminnen wird besonders in einer bedrohlichen Lebenssituation. Während emotional
Darstellungen Kopftuch tragender Frauen deutlich. bewegter Erfahrungsschilderungen werden die Frauen
Ihnen kommen meist nur anonyme Funktionsrollen zu: in Nahaufnahmen ins Bild gesetzt. Im Gegensatz zur
Es wird über sie berichtet, d.h. sie tragen nicht mit ei- stereotypisierten Kopftuch tragenden Muslima wird hier
genen Äußerungen zur filmischen Erzählung bei. Durch ein Moment der Identifikation und Nähe aufgebaut. Der
diese Inszenierungen erscheinen sie passiv und margi- Fokus auf individuelle Erzählungen lässt die gezeigte
nal. Ihre persönliche Perspektive ist nicht von Belang. Frau als Persönlichkeit wahrnehmbar werden. Zugleich
Die Kopftuchträgerin dient häufig als visueller Hinter- bleibt sie jedoch an einen Opferstatus rückgebunden
grund filmischer Erzählungen über kulturelle Differenz und ihre Darstellung ist nicht auf Egalität ausgerichtet:
und Fremdheit. Auch mithilfe weiterer filmischer Strate- Ihr Ausbruch aus einer unterdrückerischen Beziehung
gien wird ein Bild der Kopftuch tragenden Muslima als wird als Aufbruch in die moderne deutsche Gesellschaft
,unterworfene Andere' geprägt (vgl. Paulus 2007). Ihr gezeichnet. Darstellungen muslimischer Frauen und
wird selten ein direkter Blick in die Kamera eingeräumt, Mädchen, die keinerlei Repressalien durch Verwandte
so dass entsprechend dominanter kultureller Codes der erleiden, sondern vielmehr durch diese in einer selbst-
Eindruck entsteht, sie würde keinen Kontakt aufneh- ständigen Entwicklung bestärkt werden, finden sich
men. Eine solche Inszenierung bietet den ZuschauerIn- hingegen nur sehr selten. Die familiäre Unterdrückung
nen keine Möglichkeit eines Aufbaus von Nähe, Identifi- der Muslima erscheint als Normalfall.
DOSSIER Medien & Diversity 17
18. Authentisierungen und Verifizierungen stimmt lebt und für die eine Gleichberechtigung der
Ein wesentliches Moment in TV-Dokumentationen ist Geschlechter selbstverständlich ist.
die Befragung porträtierter Personen. Im Interview
scheinen dargestellte Personen Auskunft über sich Literatur
selbst bzw. über ihre Ansichten zu geben. Auch musli-
Foucault, Michel (1995): Archäologie des Wissens.
mische Frauen sind in diese Darstellungskonvention
Frankfurt a. M.
einbezogen. Es sind dies die typischen Filmpassagen,
in denen Musliminnen gezeigt werden, die nicht den Lutz, Helma und Huth-Hildebrandt, Christine (1998):
gängigen Klischeevorstellungen entsprechen. Geschlecht im Migrationsdiskurs. Neue Gedanken
über ein altes Thema. In: Das Argument, Heft
Es lässt sich fragen, ob die Stellungnahmen dieser 224/1998. 159-173.
Frauen über sich selbst oder über andere Muslime nicht Paulus, Stanislawa (2007): Ethnisierung von Ge-
letztlich auf eine Weise in die filmische Erzählung ein- schlecht und die diskursive Reproduktion von Diffe-
gesetzt wird, die die Vorannahme einer wesentlichen renz in der Fernsehdokumentation "Fremde Nach-
Differenz bestätigt. Denn auffallend häufig sind sie es, barn. Muslime zwischen Integration und Isolation".
die von ihren "Landsleuten" oder "Glaubensbrüdern", In: Wischermann, Ulla / Tanja Thomas (Hrsg.): Me-
wie es oft heißt, stärkere Integrationsbemühungen dien - Diversität - Ungleichheit. Zur medialen Kon-
fordern. Aus einer Vielfalt von möglichen Stimmen und struktion sozialer Differenz. Wiesbaden. (im Erschei-
Aussagen werden in TV-Dokumentationen diejenigen nen)
herangezogen, die eine generelle Unvereinbarkeit des
Islams mit westlichen Werten betonen. Über solche Raijchman, John (2000): Foucaults Kunst des Se-
filmischen Anordnungen werden dominante Perspekti- hens. In: Holert, Tom (Hg.): Imagineering. Visuelle
ven mithilfe vermeintlicher Insider-Stimmen authenti- Kultur und Politik der Sichtbarkeit. Köln. 40-63.
siert und verifiziert. Anstelle einer Reflexion der Hetero- Silverman, Kaja (1997): Dem Blickregime begegnen.
genität, die die große Gruppe von MuslimInnen in In: Kravagna, Christian (Hg.): Privileg Blick. Edition
Deutschland charakterisiert, wird Diversität auf ein ID-Archiv. 41-64.
polares Raster von Integrationsfähigkeit = modern vs.
Yildiz, Jasemin (1999): Keine Adresse in Deutsch-
Integrationsunwilligkeit = traditionell reduziert. Sozio-
land. Adressierung als politische Strategie," In: Gel-
strukturell bedingte Lebenslagen werden auf kulturelle
bin, Cathy/ Konuk Kader/Piesche, Peggy (Hg.) Auf-
Unterschiede bzw. Ähnlichkeiten zurückgeführt.
Brüche: Migrantinnen, Schwarze und jüdische Frau-
en im deutschsprachigen kulturellen Diskurs. König-
Solche Darstellungskonventionen haben zur Folge,
stein: Ulrike Helmer Verlag, 2000. 224-36.
dass eine Erkennbarkeit und Sichtbarkeit von wirklich
prekären Lebenslagen muslimischer Frauen innerhalb
der deutschen Einwanderungsgesellschaft eher behin-
dert als befördert werden. Darüber hinaus wird eine Stanislawa Paulus ist Soziologin und arbeitet am Insti-
tut für Kommunikationswisseschaft und Medienkultur an
Perspektive, die eine Integration von modernen Werten der Leuphana Universität Lüneburg. Forschungs-
und islamischen Werten erlaubt, verweigert: In der schwerpunkte: Medien- und Diskursanalyse, Postko-
Konsequenz wird die Position einer Kopftuch tragenden loiale Kritik und queer-feministische Theorien.
Muslima gänzlich unsichtbar, für die Modernität und
Religiosität keine Gegensätze bilden, die selbstbe-
18 DOSSIER Medien & Diversity
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Janina Henning, Franziska Spitzner und Sabine Reich
"Türkisch für Anfänger"
Ein raffiniertes Spiel mit ethnischen Klischees?
Die aktuelle Debatte über die multikulturelle Gesell- len Auszeichnungen im Mai 2007 den CIVIS Medien-
schaft in Deutschland führt dazu, dass sich die Medien preis für Integration und kulturelle Vielfalt.
zunehmend mit diesem Thema auseinandersetzten.
Kulturelle Vielfalt, Migration und Integration scheinen zu
Kann eine Serie dazu beitragen, Vorurteile
einem festen Bestandteil der Medienagenda gereift zu
abzubauen?
sein. Nicht nur im Produktionsprozess, sondern auch
Vor dem Hintergrund dieser großen Medienresonanz
vor allem in den Medieninhalten, wird dieser Wandel
und dem zugeschriebenen Potenzial zur Förderung von
deutlich. Fremdsprachige Radioangebote, multikulturel-
Integration, fragt man sich, inwiefern sich die Darstel-
le Dokumentationen und Sitcoms, aber auch türkische
lung von deutschen und türkischen Charakteren in
ModeratorInnen zeigen diese gesellschaftliche Verän-
dieser Serie auf die gegenseitigen Vorurteile und Ste-
derung im medialen Raum auf.
reotype auswirkt. Hat eine einzelne Serie tatsächlich die
Fähigkeit, positiv auf das Zusammenleben von Deut-
Ein Beispiel für diesen Wandel der Medienlandschaft ist
schen und türkischen Migranten Einfluss zu nehmen?
die ARD-Familienserie "Türkisch für Anfänger". Auf hu-
Und welche Rolle spielt dabei die Auseinandersetzung
morvolle und überspitzte Art wird hier das Leben einer
mit medialen Charakteren der jeweils anderen "Ethnie"?
deutsch-türkischen Patchworkfamilie - den Schneider-
Diesen Fragen wurden im Rahmen einer Studie an der
Öztürks - gezeigt. Die Story wird aus Sicht der 16-jäh-
Universität Erfurt näher nachgegangen.
rigen Lena erzählt, die anfangs gar nicht darüber erfreut
ist, dass ihre Mutter Doris mit Metin, einem türkischen
Kriminalpolizisten, zusammen ziehen möchte. Damit Eine Studie am Beispiel von "Türkisch für
nicht genug muss sie sich fortan ein Zimmer mit Metins Anfänger"
Tochter, der streng gläubigen Muslima Yagmur, teilen, Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde die
während ihr Bruder Cem versucht, in Machomanier ihr Darstellung der deutschen und türkischen Charaktere
Benehmen beizubringen. Die beiden Kul-turen prallen vor allem im Hinblick auf die Verkörperung von Stereo-
zu Beginn hart aufeinander und die gegenseitigen Vor- typen erhoben. Dadurch konnte ein genaues Bild über
urteile und Missverständnisse treten deutlich hervor. Im das Materialobjekt gegeben werden. Die Wirkung der
Verlauf der Serie wächst die Familie jedoch immer Rezeption der Serie wurde anschließend durch ein
mehr zusammen. Lena findet in Yagmur eine neue Feldexperiment mit deutschen und türkischen Zuschau-
Freundin und sieht in Cem mehr als nur einen Bruder. erInnen gemessen. Insgesamt nahmen 84 ProbandIn-
Die vorerst klischeebehafteten Charaktere werden mit nen an der Studie teil. Im Zentrum der Untersuchung
der Zeit individueller dargestellt und die gegenseitigen stand die Erhebung von Stereotypen und Vorurteilen
Vorurteile rücken zunehmend in den Hintergrund. der Zuschauer vor und nach der Rezeption der Serie.
Die abgefragten Stereotype wurden zuvor in der In-
Die Unterhaltungsserie wurde bisher zweimal im Ersten haltsanalyse ermittelt. Während die vorhandenen Wis-
ausgestrahlt und erhielt, trotz mäßiger Quoten, ein sensstrukturen (Stereotype) mittels der modifizierten
großes Medienecho. Die Welt betitelte einen Artikel Messmethode des Trait-Ratings (Brigham 1971) erho-
über die Serie mit "Kulturkampf als Sitcom" (Gangloff ben wurden, wurde zur Messung der affektiven Kompo-
2006), die FAZ berichtete, dass man die Serie "[.] als nente (Vorurteile) eine Auswahl von Items aus der
das Beste bezeichnen kann, was dem Ersten seit lan- "blatant and subtle prejudice scale" von Pettigrew und
ger Zeit passiert ist." (Schader 2006). Obwohl die ei- Meertens (1995) verwandt. Zusätzlich wurde die Inten-
gentliche Intention der Serien-Macher lediglich darin sität der Auseinandersetzung mit den Charakteren der
bestand, eine gute Unterhaltungsserie für das Vor- jeweils anderen "Ethnie" durch die PSI-Skala nach
abendprogramm zu schaffen, erhielt "Türkisch für An- Hartmann et al. (2004) erhoben. Um dem humorvollen
fänger" neben zahlreichen internationalen und nationa- Charakter der Serie gerecht zu werden, fand zusätzlich
eine Analyse des Humorempfindens der einzelnen Pro-
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20. bandInnen anhand ausgewählter klischeehafter Szenen den die in Deutschland lebenden TürkInnen als sympa-
statt. Mittels dieser dualen Betrachtung konnten zum ei- thischer. Auf Seiten der türkischen TeilnehmerInnen der
nen das vorhandene Potenzial der Serie, zum anderen Studie konnte dies nicht bestätigt werden.
die tatsächlichen Auswirkungen dieser Darstellungsart
auf die RezipientInnen nachgezeichnet werden. Die Analyse des Humorverständnisses zeigte zum
einen, dass Humor individuell wahrgenommen wird. Die
Analyse der ausgewählten klischeehaften Szenen
Ergebnisse der Inhaltsanalyse
konnte kein einheitliches Humorverständnis nachwei-
Insgesamt wurden im Rahmen der Inhaltsanalyse am
sen, denn im Grunde lacht jeder Mensch über etwas
Materialobjekt 437 Stereotype erhoben. Die folgende
anderes.
Tabelle gibt eine Übersicht über die jeweils am häufigs-
ten erhobenen Stereotype.
Die allgemeine Frage nach dem Empfinden von Witzen
über die eigene "Ethnie" zeigte jedoch eine interkultu-
Die 6 häufigsten der türkischen Stereotype/ Die 6 häu-
relle Differenz. Die deutschen ProbandInnen fühlten
figsten der deutschen Stereotype
sich davon deutlich weniger gestört, als die türkischen
• Türken sind Islamisten
ProbandInnen. Dies mag zum einen darin begründet
• Türken pflegen eine intensive familiäre Bindung
sein, dass die Stereotype und Vorurteile über in
• Türken bewachen ihre Frauen
Deutschland lebende TürkInnen sehr viel extremer, d.h.
• Türken sind kriminell
negativer ausgeprägt sind. Es scheint einen Unter-
• Türkische Männer sind Machos
schied zu machen, ob man sich als Deutscher mit dem
• Glaube leitet den Alltag .
Stereotyp "Deutsche pflegen einen geringen familiären
• Deutsche sind gegenüber Fremden nicht offen
Zusammenhalt" oder aber als Islamist und Krimineller,
• Deutsche Frauen sind keine guten Hausfrauen
wenn man türkischer Herkunft ist, konfrontiert sieht.
• Deutsche pflegen geringen familiären Zusammenhalt
Zum anderen sind in Deutschland lebende TürkInnen
• Deutsche sind unsozial
als Minderheit einem alltäglichen Umgang mit Stereoty-
• Deutsche Männer sind schwach
pen ausgesetzt. Dies spiegelt sich auch in dem Ergeb-
• Deutsche Frauen sind freizügig
nis der Studie wieder, dass die deutschen ProbandIn-
nen deutlich häufiger über Stereotype im Allgemeinen
Auffällig ist, dass die Stereotype eher negativ darge-
lachen, als die türkischen RezipientInnen.
stellt wurden. In der Betrachtung des Serienverlaufes
verringert sich die reine Anzahl der Stereotypen deut-
lich. Dadurch erscheinen die deutschen und türkischen Keine Effekte und doch ein Beitrag zur
Charaktere nicht mehr nur als stereotype Vertreter ihrer Integration?
"Ethnie", sondern vor allem als individuelle Persönlich- Die Ergebnisse verdeutlichen, dass eine einzelne Serie
keiten, die mit alltäglichen Teenager- oder Familien- wie "Türkisch für Anfänger" trotz der verminderten Dar-
problemen zu kämpfen haben. stellung von Stereotypen und trotz humorvoller Art kein
Potenzial hat, um Vorurteile abzubauen und Stereotype
positiv zu verändern. Dass sich lediglich bei den deut-
Ergebnisse des Experimentes
schen ProbandInnen geringe Effekte zeigten, entspricht
Für fast alle TeilnehmerInnen der Studie konnte eine
der Konzeption der Serie. Sie wurde geschaffen, um
intensive Auseinandersetzung mit den Charakteren der
vor allem das deutsche Publikum anzusprechen.
jeweils anderen "Ethnie" bestätigt werden. Das heißt,
dass die Zuschauer sich mit den Charakteren gedank-
Trotz der fehlenden positiven Effekte der Veränderung
lich beschäftigt, mit ihnen gefühlt oder auch sich in sie
der Stereotype und des Vorurteilsabbau kann der Serie
hinein versetzt haben. Demnach bestand die Möglich-
durchaus ein Beitrag zur Integration zugesprochen
keit, dass durch dieses Kennenlernen und den damit
werden. Zum Ersten wurde dadurch die mediale Ausei-
einhergehenden Wissenszuwachs die Stereotype ver-
nandersetzung mit dieser Thematik erst ermöglicht.
ändert und die Vorurteile abgebaut werden können.
Bisher gab es nur vereinzelte Serien, in denen türkische
Letztlich zeigte sich jedoch sowohl bei den einzelnen
Charaktere eine Rolle spielten. Mit "Türkisch für Anfän-
Stereotypen als auch bei den Vorurteilen kaum eine
ger" wurde nun das Zusammenleben von Deutschen
Veränderung. Lediglich einzelne Effekte konnten beo-
und in Deutschland lebenden TürkInnen deutlich aufge-
bachtet werden. So empfanden die deutschen Proban-
zeigt. Zum Zweiten machte die große Medienresonanz
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