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Gesellschaft ohne Diskurs?
Die digitale Öffentlichkeit aus medienethischer Perspektive
SALZBURGER HOCHSCHULWOCHEN, 31. JULI/1. AUGUST 2017
Alexander Filipović ( @afilipovic)
Diese Folien finden Sie unter https://de.slideshare.net/afilipovic
Überblick
19.06.2017
1. Einleitung: Geht uns der Diskurs verloren?
2. Bestandsaufnahme: Problematische Entwicklungen öffentlichen
Kommunizierens im Kontext der Digitalität
2.1. Schlaglichter
2.2. Political Correctness als Krisenphänomen?
2.3. Digitaler Populismus
3. Kriteriologie: Maßstäbe für die Bewertung aktueller
Entwicklungen
4. Handlungsoptionen: Bildung, Journalismus und Regulierung
Wichtige Quellen
MEDIENETHIK@HFPH.DE 317.10.2016
Funiok, Rüdiger (2007):
Medienethik. Verantwortung in
der Mediengesellschaft.
Stuttgart: Kohlhammer (KON-
TEXTE, 8).
Heesen, Jessica (Hg.) (2016):
Handbuch Medien- und
Informationsethik. Stuttgart:
Metzler.
www.communicatio-socialis.de www.netzwerk-medienethik.de
19.06.2017
19.06.2017
www.zemdg.de/newsletter
19.06.2017
Die Aufgabe der journalistischen Medien
„In Zeiten, in denen Schlagworte wie „postfaktisch“
und „Fake News“ die Angst vor Desinformation zum
Ausdruck bringen, kommt gerade den journalistischen
Medien die Aufgabe zu, das relevante politische
Geschehen nachrichtlich so zu bearbeiten und zu
publizieren, dass die verschiedenen Gruppen erreicht
werden und sich die Diskurse inhaltlich überlappen und
interferieren.“
(Haller 2017: 5)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 7
Die Kategorie des Diskurses
„Sie [die deliberative Demokratietheorie, AF] stellt die Teilhabe der
Bürger an der öffentlichen Kommunikation in den Mittelpunkt
(deliberieren = beratschlagen). Ihr Kerngedanke besteht darin, dass
durch Austausch von Wissen (Informationen) und Argumenten
(Beurteilungen, Meinungen) ein auf Problemlösungen gerichtetes
öffentliches Gespräch (medialer Diskurs) in Gang kommt,
vorausgesetzt, die Kommunikatoren sind an Aufklärung interessiert
und verfolgen keine verdeckten Drittinteressen. Indem der
Informationsjournalismus diese Aufgabe übernimmt, verknüpft er
politische Entscheidungsprozesse mit dieser diskursiv organisierten,
Verständigung und Klärung anstrebenden Öffentlichkeit.“
(Haller 2017: 6)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 8
Glaubwürdigkeit von Medien
(Umfrage Forschungsgruppe Wahlen 2015)
19.06.2017
1. regionale Zeitungen +2,5
2. überregionalen Tageszeitungen +2,4
3. Wöchentl. Nachrichtenmagazine +2,2
4. öffentlich-rechtlichen Sender +2,0
5. privaten Fernsehsender +0,1
6. soziale Medien -1,4
7. Boulevardmedien -2,0
Institut für Demoskopie Allensbach:
Interessen schlagen Fakten Eine
Dokumentation des Beitrags von
Prof. Dr. Renate Köcher in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr.
45 vom 22. Februar 2017. Online
verfügbar unter http://www.ifd-
allensbach.de/uploads/tx_reportsn
docs/FAZ_Februar2017_Fakten.pdf,
zuletzt geprüft am 28.04.2017, S.
29.
19.06.2017
Institut für Demoskopie Allensbach:
Interessen schlagen Fakten Eine
Dokumentation des Beitrags von
Prof. Dr. Renate Köcher in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr.
45 vom 22. Februar 2017. Online
verfügbar unter http://www.ifd-
allensbach.de/uploads/tx_reportsn
docs/FAZ_Februar2017_Fakten.pdf,
zuletzt geprüft am 28.04.2017, S.
29.
19.06.2017
Fazit
19.06.2017
• Lügenpresse ist ideologisch und tendiert zu Verschwörungstheorien
• Glaubwürdigkeit schwindet, allerdings schon seit längerer Zeit.
• Einzelne Medien (vor allem Tageszeitungen) haben hohe Glaubwürdigkeitszahlen,
ebenso wie das ÖR-TV/Radio.
• Misstrauen ist stark themenabhängig.
• Starke Unzufriedenheit mit der Politik oder Politikfeldern schlägt auf Unzufriedenheit
mit den Medien durch. Anhänger von Protestparteien sind unzufrieden mit der
Medienberichterstattung.
Das Internet verstärkt die
gesellschaftliche Dissonanz
„Vermutlich hat die aktuelle Flüchtlingsdebatte viele Menschen
auf den Hass und die Hetze im Netz überhaupt erst aufmerksam
gemacht und sensibilisiert. Der Eindruck stimmt, dass sich in den
vergangenen Monaten die Tonalität verschärft hat: Wenn eine
politische Debatte die Gesellschaft entzweit, wird auch die
Diskussionskultur im Netz umso verbitterter. Wir können dann
auch beobachten, wie radikale Gruppen dieses Klima für sich
nutzen und wie sie mit Aggression statt Argumenten versuchen,
auf sich aufmerksam zu machen. Zu oft geht diese Strategie auf.“
(Brodnig 2016: 9)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 13
Fake News
19.06.2017
Integration?
„Je mehr Programme nämlich zugleich zur Verfügung stehen, um so größer ist
die Wahrscheinlichkeit, daß der Rezipient immer Sendungen findet, die seine
Anschauungen, seine Weltsicht bestätigen und bestärken; um so seltener
sieht er sich veranlaßt, auch andere, für ihn dissonante Ansichten zu
beachten. Das bedeutet auf Dauer eine immer stärkere Einengung seines
eigenen Blickfeldes: der Rezipient verlernt es immer mehr, auch andere
Sichtweisen und Standpunkte zur Kenntnis zu nehmen, zu verstehen und zu
respektieren; seine Bereitschaft zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden
nimmt ab. Das kann schließlich auf eine Desintegration der Gesellschaft
hinführen, bei der nur noch Gruppen von Menschen mit gleicher
Weltanschauung sich zusammengehörig fühlen.“
(Maletzke 1980/2002: 74)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 15
Schultz, Tanjev; Jackob, N.; Ziegele,
M.; Quiring, Oliver; Schemer, C.
(2017): Erosion des Vertrauens
zwischen Medien und Publikum? In:
Media Perspektiven (5), S. 246–259.
Online verfügbar unter
http://www.ard-
werbung.de/fileadmin/user_upload
/media-
perspektiven/pdf/2017/0517_Schul
tz_Jackob_Ziegele_Quiring_Scheme
r.pdf.
19.06.2017
Neue Schweigespirale
„Indem die Medien denen, die eigentlich eine extreme
Minderheit sind, besondere Aufmerksamkeit widmen, kann sich
im schlimmsten Fall eine neue Variante der Schweigespirale
entwickeln: Die Besonnenen ziehen sich immer weiter zurück
und gewinnen dabei den (eigentlich falschen) Eindruck, in der
Minderheit zu sein […]. Die mediale und politische Kultur wird so
immer weiter dominiert von den Aggressiven, den Penetranten
und Impertinenten.“
(Schultz et al. 2017: 258)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 17
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Prof. Dr. Alexander Filipović
Lehrstuhl für Medienethik
Hochschule für Philosophie München
Kaulbachstr. 31a
80539 München
http://about.me/alexanderfilipovic
Email: alexander.filipovic@hfph.de
Twitter: @afilipovic
19.06.2017
Meinungsfreiheit und Wahrheit
16.02.2017 MEDIENETHIK@HFPH.DE 19
• Kontext: Hatespeech
• Onora O‘Neill: Kommunikationsethischer Ansatz. Kommunikation hat
zwei Zwecke: Wahrheit zu prüfen oder Vertrauen zu begründen.
• Ihre These: Heutige Diskussionen über Sprachrechte ignorieren die
Ethik der Kommunikation.
• Wir sollten statt dessen über Meinungsfreiheit wieder mit dem Begriff
der Toleranz nachdenken.
• Unterscheidung: Sprecherseite – Hörerseite
• Es gibt eine „Pflicht, Sprechakte anderer zu tolerieren, auch wenn sie
nicht wahr sind“ (O‘Neill)
Meinungsfreiheit und Wahrheit
16.02.2017 MEDIENETHIK@HFPH.DE 20
• Toleranz: Wahrheit und Zensur
• Warum wurde Toleranz gefordert: Weil Wahrheit ernst genommen
wurde.
• Unterschied von Zensur (der es auch um Wahrheit geht) und Toleranz
• „Wenn wir Wahrheit ernst nehmen, aber nicht wissen, wo sie liegt,
erfordert das Streben nach Wahrheit den Schutz und die Tolerierung
von Äußerungen und Veröffentlichungen […] die möglicherweise
falsch sind.“ (O'Neill)
• Zweites Argument für Toleranz: „Marktplatz der Ideen“ (populär, aber
laut O‘Neill falsch)
Die Kategorie des Diskurses
„Sie [die deliberative Demokratietheorie, AF] stellt die Teilhabe der
Bürger an der öffentlichen Kommunikation in den Mittelpunkt
(deliberieren = beratschlagen). Ihr Kerngedanke besteht darin, dass
durch Austausch von Wissen (Informationen) und Argumenten
(Beurteilungen, Meinungen) ein auf Problemlösungen gerichtetes
öffentliches Gespräch (medialer Diskurs) in Gang kommt,
vorausgesetzt, die Kommunikatoren sind an Aufklärung interessiert
und verfolgen keine verdeckten Drittinteressen. Indem der
Informationsjournalismus diese Aufgabe übernimmt, verknüpft er
politische Entscheidungsprozesse mit dieser diskursiv organisierten,
Verständigung und Klärung anstrebenden Öffentlichkeit.“
(Haller 2017: 6)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 21
Ziel: rationale Problemlösung
„Ein sich auch der eigenständigen Kommunikativität und Recherche
verpflichtet fühlender Journalismus hat außerdem darauf zu achten, dass auch
lebensweltliche Peripherieinteressen gesellschaftlich ausreichend Gehör
finden. Er fungiert als Anwalt gesellschaftlicher Diskurse und mithin als ein
Korrektiv in Fällen ungleicher Verteilung kommunikativer Artikulationschancen
in der Öffentlichkeit. Einem diskursiven Journalismus kommt es weniger darauf
an, die Vertreter unterschiedlicher Positionen in der Öffentlichkeit proportional
zu repräsentieren, sondern darauf, den „Austausch von Argumenten mit dem
Ziel rationaler Problemlösung“ auch durch journalistisches Handeln zu
befördern. Das bedeutet, dass alle relevanten Positionen gleichermaßen zu
beachten sind – nicht in erster Linie gemäß der Häufigkeit oder Lautstärke ihrer
Artikulation, sondern vor allem auch hinsichtlich der Qualität ihrer
Begründungen.“
(Brosda 2008: 324f.)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 22
Kommunikation?
• Kommunikation ist ein Zentralbegriff unseres zivilisatorischen
Selbstverständnisses
• Kommunikatives Handeln, Sprache als Kommunikation, Probleme als
„Kommunikationsprobleme“, Mensch-Maschine-Kommunikation,
Globalisierung durch und als weltumspanndes Netz von Kommunikation…
• Zwei unterschiedliche, gar gegenläufige
Kommunikationsverständnisse
• Technisches Übertragungsmodell
• Personales Verständigungsmodell
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 23
Technisches Übertragungsmodell
• Problem: räumlich/zeitliche Entfernung zwischen Sendung und
Empfänger
• Sendung und Empfänger sind Instanzen, die den Anfangs und
Endpunkt einer linearen Kette bilden, die notwendiger Weise
Zwischenglieder hat
• Kommunikation als Übertragung von Daten als „physikalisch
spezifizierbarer, mathematisch operationalisierbarer Vorgang“
(Krämer 2008: 14)
• Grundproblem der Kommunikation: Wie kann man die Übertragung
vor externen Störungen schützen?
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 24
Personales Verständigungsmodell
• Paradigmatisch: Jürgen Habermas‘ Kommunikationstheorie
• Kommunikation als Interaktion von Personen, die gebunden ist an das
wechselseitige Verstehen.
• Ausgangsproblem: Wie ist „Intersubjektivität unter den Bedingungen von
Individualität überhaupt möglich“ (Krämer 2008: 14)?
• Kommunikation als Basisvorgang zur Koordination von Handlungen und als
Stiftung von Gemeinschaft
• Modell des Dialogs als Urszene der Kommunikation, mit dem Ziel der
Verständigung
• Grundproblem der Kommunikation: Wie kann man Distanz und Differenz
zwischen Personen überwinden?
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 25
Postalisches und „erotisches“
Kommunikationsmodell
„Während Kommunikation-als-Verständigung als ein
symmetrischer und reziproker Vorgang aufzufassen ist, verläuft
die Kommunikation-als-Übertragung asymmetrisch und
unidirektional. Die Übertragung ist gerade keine Wechselrede:
Aussendung, also Dissemination, und nicht Dialog ist das Ziel
technischer Kommunikation. Wir können somit vom personalen
Prinzip der Verständigung das postalischer Prinzip der
Übertragung deutlich unterscheiden.“
(Krämer 2008: 15)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 26
Postalisches und „erotisches“
Kommunikationsmodell
• Postalisch: Verbindung!
• Personal: Vereinheitlichung! (daher die latent erotische Dimension)
• Dennoch Gemeinsamkeit: Differenz als universelle Voraussetzung
von Kommunikation
• Frage: Welche Rollen spielen Medien in diesen beiden Modellen?
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 27
Pointe des philosophischen
Mediendenkens
„Medien [sind] zu denken als Vermittler von
etwas, das sie nicht selbst erzeugt haben, im
Vollzug der Übertragung von Medium zu
Medium aber gleichwohl konstituieren.“
(Lagaay/Lauer 2004: 25)
17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 28
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Prof. Dr. Alexander Filipović
Lehrstuhl für Medienethik
Hochschule für Philosophie München
Kaulbachstr. 31a
80539 München
http://about.me/alexanderfilipovic
Email: alexander.filipovic@hfph.de
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19.06.2017

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  • 1. Gesellschaft ohne Diskurs? Die digitale Öffentlichkeit aus medienethischer Perspektive SALZBURGER HOCHSCHULWOCHEN, 31. JULI/1. AUGUST 2017 Alexander Filipović ( @afilipovic) Diese Folien finden Sie unter https://de.slideshare.net/afilipovic
  • 2. Überblick 19.06.2017 1. Einleitung: Geht uns der Diskurs verloren? 2. Bestandsaufnahme: Problematische Entwicklungen öffentlichen Kommunizierens im Kontext der Digitalität 2.1. Schlaglichter 2.2. Political Correctness als Krisenphänomen? 2.3. Digitaler Populismus 3. Kriteriologie: Maßstäbe für die Bewertung aktueller Entwicklungen 4. Handlungsoptionen: Bildung, Journalismus und Regulierung
  • 3. Wichtige Quellen MEDIENETHIK@HFPH.DE 317.10.2016 Funiok, Rüdiger (2007): Medienethik. Verantwortung in der Mediengesellschaft. Stuttgart: Kohlhammer (KON- TEXTE, 8). Heesen, Jessica (Hg.) (2016): Handbuch Medien- und Informationsethik. Stuttgart: Metzler. www.communicatio-socialis.de www.netzwerk-medienethik.de
  • 7. Die Aufgabe der journalistischen Medien „In Zeiten, in denen Schlagworte wie „postfaktisch“ und „Fake News“ die Angst vor Desinformation zum Ausdruck bringen, kommt gerade den journalistischen Medien die Aufgabe zu, das relevante politische Geschehen nachrichtlich so zu bearbeiten und zu publizieren, dass die verschiedenen Gruppen erreicht werden und sich die Diskurse inhaltlich überlappen und interferieren.“ (Haller 2017: 5) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 7
  • 8. Die Kategorie des Diskurses „Sie [die deliberative Demokratietheorie, AF] stellt die Teilhabe der Bürger an der öffentlichen Kommunikation in den Mittelpunkt (deliberieren = beratschlagen). Ihr Kerngedanke besteht darin, dass durch Austausch von Wissen (Informationen) und Argumenten (Beurteilungen, Meinungen) ein auf Problemlösungen gerichtetes öffentliches Gespräch (medialer Diskurs) in Gang kommt, vorausgesetzt, die Kommunikatoren sind an Aufklärung interessiert und verfolgen keine verdeckten Drittinteressen. Indem der Informationsjournalismus diese Aufgabe übernimmt, verknüpft er politische Entscheidungsprozesse mit dieser diskursiv organisierten, Verständigung und Klärung anstrebenden Öffentlichkeit.“ (Haller 2017: 6) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 8
  • 9. Glaubwürdigkeit von Medien (Umfrage Forschungsgruppe Wahlen 2015) 19.06.2017 1. regionale Zeitungen +2,5 2. überregionalen Tageszeitungen +2,4 3. Wöchentl. Nachrichtenmagazine +2,2 4. öffentlich-rechtlichen Sender +2,0 5. privaten Fernsehsender +0,1 6. soziale Medien -1,4 7. Boulevardmedien -2,0
  • 10. Institut für Demoskopie Allensbach: Interessen schlagen Fakten Eine Dokumentation des Beitrags von Prof. Dr. Renate Köcher in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr. 45 vom 22. Februar 2017. Online verfügbar unter http://www.ifd- allensbach.de/uploads/tx_reportsn docs/FAZ_Februar2017_Fakten.pdf, zuletzt geprüft am 28.04.2017, S. 29. 19.06.2017
  • 11. Institut für Demoskopie Allensbach: Interessen schlagen Fakten Eine Dokumentation des Beitrags von Prof. Dr. Renate Köcher in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr. 45 vom 22. Februar 2017. Online verfügbar unter http://www.ifd- allensbach.de/uploads/tx_reportsn docs/FAZ_Februar2017_Fakten.pdf, zuletzt geprüft am 28.04.2017, S. 29. 19.06.2017
  • 12. Fazit 19.06.2017 • Lügenpresse ist ideologisch und tendiert zu Verschwörungstheorien • Glaubwürdigkeit schwindet, allerdings schon seit längerer Zeit. • Einzelne Medien (vor allem Tageszeitungen) haben hohe Glaubwürdigkeitszahlen, ebenso wie das ÖR-TV/Radio. • Misstrauen ist stark themenabhängig. • Starke Unzufriedenheit mit der Politik oder Politikfeldern schlägt auf Unzufriedenheit mit den Medien durch. Anhänger von Protestparteien sind unzufrieden mit der Medienberichterstattung.
  • 13. Das Internet verstärkt die gesellschaftliche Dissonanz „Vermutlich hat die aktuelle Flüchtlingsdebatte viele Menschen auf den Hass und die Hetze im Netz überhaupt erst aufmerksam gemacht und sensibilisiert. Der Eindruck stimmt, dass sich in den vergangenen Monaten die Tonalität verschärft hat: Wenn eine politische Debatte die Gesellschaft entzweit, wird auch die Diskussionskultur im Netz umso verbitterter. Wir können dann auch beobachten, wie radikale Gruppen dieses Klima für sich nutzen und wie sie mit Aggression statt Argumenten versuchen, auf sich aufmerksam zu machen. Zu oft geht diese Strategie auf.“ (Brodnig 2016: 9) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 13
  • 15. Integration? „Je mehr Programme nämlich zugleich zur Verfügung stehen, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß der Rezipient immer Sendungen findet, die seine Anschauungen, seine Weltsicht bestätigen und bestärken; um so seltener sieht er sich veranlaßt, auch andere, für ihn dissonante Ansichten zu beachten. Das bedeutet auf Dauer eine immer stärkere Einengung seines eigenen Blickfeldes: der Rezipient verlernt es immer mehr, auch andere Sichtweisen und Standpunkte zur Kenntnis zu nehmen, zu verstehen und zu respektieren; seine Bereitschaft zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden nimmt ab. Das kann schließlich auf eine Desintegration der Gesellschaft hinführen, bei der nur noch Gruppen von Menschen mit gleicher Weltanschauung sich zusammengehörig fühlen.“ (Maletzke 1980/2002: 74) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 15
  • 16. Schultz, Tanjev; Jackob, N.; Ziegele, M.; Quiring, Oliver; Schemer, C. (2017): Erosion des Vertrauens zwischen Medien und Publikum? In: Media Perspektiven (5), S. 246–259. Online verfügbar unter http://www.ard- werbung.de/fileadmin/user_upload /media- perspektiven/pdf/2017/0517_Schul tz_Jackob_Ziegele_Quiring_Scheme r.pdf. 19.06.2017
  • 17. Neue Schweigespirale „Indem die Medien denen, die eigentlich eine extreme Minderheit sind, besondere Aufmerksamkeit widmen, kann sich im schlimmsten Fall eine neue Variante der Schweigespirale entwickeln: Die Besonnenen ziehen sich immer weiter zurück und gewinnen dabei den (eigentlich falschen) Eindruck, in der Minderheit zu sein […]. Die mediale und politische Kultur wird so immer weiter dominiert von den Aggressiven, den Penetranten und Impertinenten.“ (Schultz et al. 2017: 258) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 17
  • 18. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Alexander Filipović Lehrstuhl für Medienethik Hochschule für Philosophie München Kaulbachstr. 31a 80539 München http://about.me/alexanderfilipovic Email: alexander.filipovic@hfph.de Twitter: @afilipovic 19.06.2017
  • 19. Meinungsfreiheit und Wahrheit 16.02.2017 MEDIENETHIK@HFPH.DE 19 • Kontext: Hatespeech • Onora O‘Neill: Kommunikationsethischer Ansatz. Kommunikation hat zwei Zwecke: Wahrheit zu prüfen oder Vertrauen zu begründen. • Ihre These: Heutige Diskussionen über Sprachrechte ignorieren die Ethik der Kommunikation. • Wir sollten statt dessen über Meinungsfreiheit wieder mit dem Begriff der Toleranz nachdenken. • Unterscheidung: Sprecherseite – Hörerseite • Es gibt eine „Pflicht, Sprechakte anderer zu tolerieren, auch wenn sie nicht wahr sind“ (O‘Neill)
  • 20. Meinungsfreiheit und Wahrheit 16.02.2017 MEDIENETHIK@HFPH.DE 20 • Toleranz: Wahrheit und Zensur • Warum wurde Toleranz gefordert: Weil Wahrheit ernst genommen wurde. • Unterschied von Zensur (der es auch um Wahrheit geht) und Toleranz • „Wenn wir Wahrheit ernst nehmen, aber nicht wissen, wo sie liegt, erfordert das Streben nach Wahrheit den Schutz und die Tolerierung von Äußerungen und Veröffentlichungen […] die möglicherweise falsch sind.“ (O'Neill) • Zweites Argument für Toleranz: „Marktplatz der Ideen“ (populär, aber laut O‘Neill falsch)
  • 21. Die Kategorie des Diskurses „Sie [die deliberative Demokratietheorie, AF] stellt die Teilhabe der Bürger an der öffentlichen Kommunikation in den Mittelpunkt (deliberieren = beratschlagen). Ihr Kerngedanke besteht darin, dass durch Austausch von Wissen (Informationen) und Argumenten (Beurteilungen, Meinungen) ein auf Problemlösungen gerichtetes öffentliches Gespräch (medialer Diskurs) in Gang kommt, vorausgesetzt, die Kommunikatoren sind an Aufklärung interessiert und verfolgen keine verdeckten Drittinteressen. Indem der Informationsjournalismus diese Aufgabe übernimmt, verknüpft er politische Entscheidungsprozesse mit dieser diskursiv organisierten, Verständigung und Klärung anstrebenden Öffentlichkeit.“ (Haller 2017: 6) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 21
  • 22. Ziel: rationale Problemlösung „Ein sich auch der eigenständigen Kommunikativität und Recherche verpflichtet fühlender Journalismus hat außerdem darauf zu achten, dass auch lebensweltliche Peripherieinteressen gesellschaftlich ausreichend Gehör finden. Er fungiert als Anwalt gesellschaftlicher Diskurse und mithin als ein Korrektiv in Fällen ungleicher Verteilung kommunikativer Artikulationschancen in der Öffentlichkeit. Einem diskursiven Journalismus kommt es weniger darauf an, die Vertreter unterschiedlicher Positionen in der Öffentlichkeit proportional zu repräsentieren, sondern darauf, den „Austausch von Argumenten mit dem Ziel rationaler Problemlösung“ auch durch journalistisches Handeln zu befördern. Das bedeutet, dass alle relevanten Positionen gleichermaßen zu beachten sind – nicht in erster Linie gemäß der Häufigkeit oder Lautstärke ihrer Artikulation, sondern vor allem auch hinsichtlich der Qualität ihrer Begründungen.“ (Brosda 2008: 324f.) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 22
  • 23. Kommunikation? • Kommunikation ist ein Zentralbegriff unseres zivilisatorischen Selbstverständnisses • Kommunikatives Handeln, Sprache als Kommunikation, Probleme als „Kommunikationsprobleme“, Mensch-Maschine-Kommunikation, Globalisierung durch und als weltumspanndes Netz von Kommunikation… • Zwei unterschiedliche, gar gegenläufige Kommunikationsverständnisse • Technisches Übertragungsmodell • Personales Verständigungsmodell 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 23
  • 24. Technisches Übertragungsmodell • Problem: räumlich/zeitliche Entfernung zwischen Sendung und Empfänger • Sendung und Empfänger sind Instanzen, die den Anfangs und Endpunkt einer linearen Kette bilden, die notwendiger Weise Zwischenglieder hat • Kommunikation als Übertragung von Daten als „physikalisch spezifizierbarer, mathematisch operationalisierbarer Vorgang“ (Krämer 2008: 14) • Grundproblem der Kommunikation: Wie kann man die Übertragung vor externen Störungen schützen? 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 24
  • 25. Personales Verständigungsmodell • Paradigmatisch: Jürgen Habermas‘ Kommunikationstheorie • Kommunikation als Interaktion von Personen, die gebunden ist an das wechselseitige Verstehen. • Ausgangsproblem: Wie ist „Intersubjektivität unter den Bedingungen von Individualität überhaupt möglich“ (Krämer 2008: 14)? • Kommunikation als Basisvorgang zur Koordination von Handlungen und als Stiftung von Gemeinschaft • Modell des Dialogs als Urszene der Kommunikation, mit dem Ziel der Verständigung • Grundproblem der Kommunikation: Wie kann man Distanz und Differenz zwischen Personen überwinden? 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 25
  • 26. Postalisches und „erotisches“ Kommunikationsmodell „Während Kommunikation-als-Verständigung als ein symmetrischer und reziproker Vorgang aufzufassen ist, verläuft die Kommunikation-als-Übertragung asymmetrisch und unidirektional. Die Übertragung ist gerade keine Wechselrede: Aussendung, also Dissemination, und nicht Dialog ist das Ziel technischer Kommunikation. Wir können somit vom personalen Prinzip der Verständigung das postalischer Prinzip der Übertragung deutlich unterscheiden.“ (Krämer 2008: 15) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 26
  • 27. Postalisches und „erotisches“ Kommunikationsmodell • Postalisch: Verbindung! • Personal: Vereinheitlichung! (daher die latent erotische Dimension) • Dennoch Gemeinsamkeit: Differenz als universelle Voraussetzung von Kommunikation • Frage: Welche Rollen spielen Medien in diesen beiden Modellen? 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 27
  • 28. Pointe des philosophischen Mediendenkens „Medien [sind] zu denken als Vermittler von etwas, das sie nicht selbst erzeugt haben, im Vollzug der Übertragung von Medium zu Medium aber gleichwohl konstituieren.“ (Lagaay/Lauer 2004: 25) 17.10.2016 MEDIENETHIK@HFPH.DE 28
  • 29. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Alexander Filipović Lehrstuhl für Medienethik Hochschule für Philosophie München Kaulbachstr. 31a 80539 München http://about.me/alexanderfilipovic Email: alexander.filipovic@hfph.de Twitter: @afilipovic 19.06.2017