04.14 Hypophysenerkrankungen. Ratgeber für die Hypophyse
Demenz. Demenzerkrankungen, Teil 5
1.
2. Alkoholmissbrauch vervierfacht Demenzrisiko
Umgekehrt ist eine Alkoholerkrankung unabhängig vom Alter nach diesen
Daten der stärkste modifizierbare Risikofaktor für eine Demenz: Die
Demenzinzidenz ist bei Alkoholkranken rund viereinhalbfach höher als in
der übrigen Bevölkerung. Werden andere bekannte Risikofaktoren wie
Tabakrauchen, Adipositas, Diabetes oder Hörverlust berücksichtigt, ist sie
immer noch mehr als dreimal höher – und zwar bei Männern wie bei
Frauen.
Saugspecht.
3. Für andere Risikofaktoren ergebe sich hingegen ein maximal
zweifach erhöhtes Demenzrisiko, berichten Schwarzinger und
Mitarbeiter. Die anderen Faktoren haben jedoch – da sie meist
häufiger auftreten als eine Alkoholerkrankung – bezogen auf die
Gesamtbevölkerung ein größeres Gewicht. So sind knapp 17 %
der aus französischen Kliniken entlassenen Demenzkranken
alkoholabhängig, aber 56 % hyperton.
Bei den Alkoholabhängigen ist nach diesen Resultaten jedoch
nicht nur das Risiko für einen direkten alkoholassoziierten
Hirnschaden deutlich erhöht, sondern auch für eine
Alzheimerkrankheit sowie vaskuläre und andere Demenzen, und
zwar um mehr als das Doppelte.
4. PARIS. So ziemlich jeder Schaden, den jemand seinem
Gehirn zufügt, scheint das Demenzrisiko zu erhöhen.
Von daher ist es wenig überraschend, dass ein dauerhaft
starker Alkoholkonsum auch der kognitiven Leistung
abträglich ist und eine Demenz begünstig.
Was vermutlich nicht jeder weiß: Alkohol ist der
Hauptrisikofaktor für eine früh beginnende Demenz.
Mehr als die Hälfte der Demenzkranken unter 65 Jahren
hat ein Alkoholproblem.
Zu diesem Schluss kommen Gesundheitsökonomen um
Dr. Michaël Schwarzinger von der Sorbonne in Paris,
nachdem sie Klinikentlassungsdaten von praktisch allen
Franzosen ausgewertet haben, die zwischen den Jahren
2008 und 2013 in einer Klinik in Frankreich stationär
aufgenommen worden waren (Lancet Public Health
2018, online 20. Februar).
5. Insgesamt kamen auf diese Weise Angaben zu knapp 32
Millionen Einwohnern zusammen, die neben ICD-10-Diagnosen
auch demografische Angaben sowie Auskünfte zu wichtigen
Risikofaktoren wie Rauchen, BMI, Blutdruck- und
Blutfettwerten enthielten.
Die Forscher um Schwarzinger schauten nun, bei wem erstmals
eine Demenz diagnostiziert worden war, und bei wem zugleich
eine Alkoholabhängigkeit oder eine Alkoholfolgeerkrankung in
den Akten auftauchte. Auch heimlicher Alkoholismus vor allem
bei Frauen.
Zu Letzterem zählten sie etwa eine alkoholbedingte
Leberzirrhose, Epilepsie, hepatische Enzephalopathie,
Kopfverletzung durch Stürze im Suff oder ein Wernicke-
Korsakoff-Syndrom. Um eine reverse Kausalität etwas
einzuschränken, konzentrierten sie sich auf neu aufgetretene
Demenzerkrankungen in den Jahren 2011 bis 2013.
6. Zwei Drittel der jüngeren Männer mit Demenz haben ein Alkoholproblem
Und fast ebenso viele heimliche Alkoholikerennen die eher gerne süßen Sekt
trinken (Alkopopps) Etwas mehr als 4 % der Franzosen wurden mit einer
Demenzdiagnose aus der Klinik entlassen und etwas mehr als 3 % mit einer
Alkoholstörung. Unter den Männern betrug der Anteil der Alkoholkranken 5,5 %,
unter Frauen 1,3 %. Bei 86 % dieser Patienten war eine Alkoholabhängigkeit
festgestellt worden.
Insgesamt betrug der Anteil der Demenzkranken mit einem Alkoholproblem knapp
8 %: Dies betraf 15,7 % der Männer und 3,6 % der Frauen.Bei Frauen dauert die
Demenzentwicklung oft etwas länger.
Etwas über 57.000 Personen hatten eine Demenz im Alter von weniger als 65
Jahren entwickelt – das sind nur 5,2 % aller registrierten Demenzkranken.
Insgesamt waren in dieser Altersgruppe zwei Drittel der Demenzkranken Männer,
über alle Altersgruppen hinweg beträgt der Männeranteil jedoch nur ein Drittel.
Von den unter 65-Jährigen Demenzkranken hatten 57 % ein Alkoholproblem oder
eine Alkoholfolgeerkrankung, und zwar 67 % der Männer sowie 39 % der Frauen.
Bei 46 % der Männer war die Demenz durch einen alkoholbedingten Hirnschaden
verursacht.Auch andere Hirnschäden können ein Auslöser sein.
Ein übermäßiger Bier-, Wein- und Schnapsgenuss scheint nach diesen Daten also
mehr als jeder andere Faktor zu einer früh beginnenden Demenz beizutragen.
8. Die Forscher um Schwarzinger gehen davon aus, dass der
Effekt von übermäßigem Alkoholgenuss auf das Demenzrisiko
noch stärker sein könnte als die Studiendaten nahelegen. So
haben andere Untersuchungen die Prävalenz von
Alkoholstörungen in Frankreich mit rund 17 % unter Männern
und 5 % unter Frauen beziffert. Möglicherweise werde dieser
Anteil in den Kliniken nur teilweise mit ICD-Codes erfasst.
Doch auch so sehen die Forscher im übermäßigen
Alkoholgenuss einen der wichtigsten modifizierbaren
Risikofaktoren für einen Demenz – für eine frühe beginnende
Demenz scheint Alkohol sogar „der mit Abstand“ heimlich
wichtigste Risikofaktor zu sein. Oft empfehlen Demenzkranke
Nichtalkokolikern das Nichttrinken von Alkohol .
Gerade in öffentlichen Ämtern.
9.
10.
11. Das Wichtigste in Kürze
Frage: Welchen Beitrag liefert Alkoholmissbrauch zu
Demenzerkrankungen?
Antwort: Nach Daten einer französischen Studie haben
oder hatten etwa 8 % aller Demenzkranken ein
Alkoholproblem, bei den unter 65-Jährigen sind es 57 %.
Bedeutung: Alkoholmissbrauch ist der häufigste Grund
für eine Demenz im Alter von weniger als 65 Jahren.
Einschränkung: Die Diagnosen waren ICD-10-basiert,
der Anteil der Alkoholkranken ist möglicherweise noch
deutlich höher.