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Je länger der Investmenthorizont ist,
desto mehr Erfolg versprechen Anla-
gen in Firmen mit starken Geschäfts-
modellen. Die Forschungsergebnisse
sind auf diesem Gebiet eindeutig: So-
wohl quantitative als auch qualitative
Analysen zeigen, dass Geschäftsmo-
delle für den Erfolg einer Investment-
strategie entscheidend sind. Das gilt
insbesondere bei langfristigen Be-
trachtungszeiträumen. Unser Anlage-
prozess implementiert daher entspre-
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Eine umfassende Analyse eines Ge-
schäftsmodells beschreibt exakt die
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chung. Unser Ziel ist es, die Schlüssel-
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Firmen möglichst exakt zu identifi-
zieren. Daraus abgeleitet können wir
unter anderem künftige Umsatzent-
wicklungen, Margen und Gewinne
prognostizieren.
Die Erfahrung zeigt, dass Unter-
nehmen über die Zeit immer neue Ge-
schäftsmodelle entwickeln, den Markt
durchdringen und gleichzeitig alte ver-
schwinden. Beispielsweise entstanden
in den 90er Jahren insbesondere im
Zusammenhang mit der zunehmenden
Verbreitung des Internets eine ganze
Reihe neuer kommerzieller Aktivitä-
ten. Für Unternehmen eröffneten sich
neue Möglichkeiten, Gewinne zu er-
zielen – zum Beispiel, indem statt der
Endnutzer Dritte für ein Angebot zah-
len wie bei der Bannerwerbung im In-
ternet oder dass Software weitgehend
ohne Distributionskosten herunterge-
laden werden kann. Schon Jahre zuvor
eröffnete die Einführung von Raten-
käufen und Leasingverträgen Firmen
neue Wege, Gewinne zu erwirtschaf-
ten. Innovative Geschäftsmodelle er-
gänzen und ersetzen auf weitgehend
gesättigten Märkten die Produkt- be-
ziehungsweise Prozessinnovationen.
Ikea und Dell sind gute Beispiele für
Unternehmen, die die Grundstrukturen
und Wettbewerbsregeln ihrer jeweili-
gen Branche verändert haben. Beide
Firmen haben einen Teil der Wert-
schöpfungskette zum Kunden ausgela-
gert. Bei Ikea war es der Transport und
der Zusammenbau der Möbel, bei Dell
der Verzicht auf Zwischenhändler und
die Build-to-Order-Verfahren in der
Produktion.
Bei Innovationen von Geschäfts-
modellen handelt es sich immer um
strategische Neuerungen, da sie die
grundlegende Struktur eines Geschäfts
verändern. Ein Geschäftsmodell selbst
ist jedoch keine Strategie – seine be-
wusste Veränderung, um sich gegen-
über Wettbewerbern zu unterscheiden,
aber sehr wohl. Bei der Innovation von
Geschäftsmodellen geht es immer um
die Schaffung eines Wettbewerbsvor-
teils, der auf einer Differenzierung ge-
genüber Wettbewerbern beruht.
Starke Marken undAlleinstellungs-
merkmale als entscheidenderTrumpf
Generell schaffen es Unternehmen mit
starken Geschäftsmodellen, Wettbe-
werbsvorteile zu erlangen. In der Regel
gelingt dies durch Innovationen, noch
häufiger sogar durch Differenzierung
gegenüber der Konkurrenz. Dies kann
beispielsweise durch die Schaffung ei-
ner starken Marke wie typischerweise in
der Luxusgüterindustrie erreicht wer-
den. Oftmals verschafft sich ein Unter-
nehmen einen Wettbewerbsvorteil auch
dadurch, dass es in der Wertschöp-
fungskette über ein einzigartiges Wis-
sen verfügt. Entsprechende Beispiele
finden sich häufig in der Gesundheits-
branche, wie beispielsweise bei der
Schweizer Pharmazie- und Logistik-
unternehmensgruppe Galenica mit ih-
rem sehr starken Distributionsnetz. Im
Industriebereich basieren die Wett-
bewerbsvorteile dagegen meistens auf
einer Technologieführerschaft – zum
Beispiel beim Softwarehersteller SAP.
Ein Softwarewechsel der Kunden stellt
zudem eine grosse Hürde dar und ist
mit entsprechend hohen Kosten ver-
bunden. Manchmal basieren Wettbe-
PRIVATE
18 Das Geld-Magazin 2/2015
Geschäftsmodelle entscheidend
DieAnalyse von Geschäftsmodellen stellt den bedeutendsten Baustein für langfristig erfolg-
reiche Investmentstrategien dar.
Von Rémy Schraner, CIO, Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG
werbsvorteile auch auf staatlichen Re-
gulierungen, die heimische Unterneh-
men gegenüber ausländischen bevor-
zugen, also gewissermassen auf Protek-
tionismus. Ein Beispiel hierzu ist der
teilweise in staatlichem Besitz befind-
liche chinesische Hersteller von Schie-
nenfahrzeugen CSR Corporation.
Analyse-Methodik
Um die starken Geschäftsmodelle zu
identifizieren und zu definieren haben
Wissenschaft und Praxis über die Jahre
hinweg eine umfangreiche Methodik
entwickelt. Diese basiert zu einem we-
sentlichen Teil auf den Forschungs-
arbeiten von Professor Michael Porter.
Der US-amerikanische Ökonom er-
langte vor allem mit der Formulierung
verschiedener Wettbewerbsstrategien
in Fachkreisen grosse Bekanntheit.
In der Praxis analysieren wir in
einem ersten Schritt die Wettbewerbs-
situation innerhalb einer Branche und
versuchen festzustellen, ob diese hoch
oder niedrig ausfällt.Wir bewerten ver-
schiedene Merkmale wie zum Beispiel
Über- oder Unterkapazitäten, Bran-
chenwachstum oder die Differenzie-
rung zwischen den angebotenen Pro-
dukten und Dienstleistungen. Der
zweite entscheidende Faktor ist die Ge-
fahr durch neue Konkurrenten. Diese
lässt sich vor allem anhand bestehen-
der und künftiger Markteintrittsbarrie-
ren festmachen. Drittens prüfen wir,
wie stark die Position sowohl der Kun-
den als auch der Zulieferer ist. Schliess-
lich gilt es zu untersuchen, inwieweit
es Ersatzprodukte gibt und wie gross
das Risiko ist, dass diese die Angebote
eines Unternehmens substituieren.
Bei unseren Analysen bewerten wir
ausserdem die Führungskräfte und
Managementstrukturen einer Firma.
Generell präferieren wir eine klare
Trennung zwischen Verwaltungsrat und
operativer Führung. Glaubwürdige
Kontrollstellen spielen ebenfalls eine
wichtige Rolle. Insgesamt ist die fach-
liche Kompetenz der Führungskräfte
von zentraler Bedeutung.
Der regulatorische Rahmen, in dem
sich eine Firma bewegt, stellt ein wei-
teres wichtiges Merkmal dar. Je nach
Ausgestaltung können diese Rahmen-
bedingungen für Unternehmen lang-
fristige Wettbewerbsvorteile bedeuten,
umgekehrt aber auch die Gewinnaus-
sichten beeinträchtigen.
Schliesslich ist zu beobachten, dass
seit rund 20 Jahren das Wachstum von
Unternehmen immer stärker mit iden-
tifizierbaren Megatrends korreliert.
Diese resultieren häufig aus einer
Kombination sozialer und ökonomi-
scher Entwicklungen und sind die
Folge der fortschreitenden Globalisie-
rung oder von Bevölkerungsströmen.
Diese Trends analysieren wir in den
Geschäftsmodellen in zwei Stufen. In
einem ersten Schritt untersuchen wir,
welcher Megatrend für eine Gesell-
schaft wirtschaftlich relevant ist. An-
schliessend beurteilen wir die Stärke
des Einflusses auf die Unternehmens-
ergebnisse. Die Geschäftsmodell-Ana-
lysen werden zunehmend auch mit
Nachhaltigkeitsanalysen ergänzt. Ne-
ben der Betrachtung der Führungs-
grundsätze ist es hilfreich, die angebo-
tenen Dienstleistungen und Produkte
unter anderem auch auf ihre Legitimi-
tät aus gesellschaftlicher und ökologi-
scher Sicht hin zu überprüfen.
Fazit
Die Analyse von Geschäftsmodellen
ist facettenreich und komplex. Erfolgt
sie exakt und umfassend, verschafft sie
bei der Prognose des Unternehmens-
wachstums, der Margen und damit des
Gewinns sowie des Kapitalbedarfs Si-
cherheit. Dies erlaubt es, im Anlage-
prozess Kursziele zu setzen und damit
das Gewinn- und Verlustpotenzial ein-
zelner Investments zu identifizieren.
remy.schraner@hauck-aufhaeuser.ch
www.hauck-aufhaeuser.ch
PRIVATE
2/2015 Das Geld-Magazin 19
Faktoren in der Geschäftsmodell-Analyse
Quelle: Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG, 2015

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  • 1. Je länger der Investmenthorizont ist, desto mehr Erfolg versprechen Anla- gen in Firmen mit starken Geschäfts- modellen. Die Forschungsergebnisse sind auf diesem Gebiet eindeutig: So- wohl quantitative als auch qualitative Analysen zeigen, dass Geschäftsmo- delle für den Erfolg einer Investment- strategie entscheidend sind. Das gilt insbesondere bei langfristigen Be- trachtungszeiträumen. Unser Anlage- prozess implementiert daher entspre- chende Bewertungen. Innovative Geschäftsmodelle identifizieren Eine umfassende Analyse eines Ge- schäftsmodells beschreibt exakt die Funktionsweise eines Unternehmens. Dabei steht die spezifische Art und Weise, wie ein Unternehmen Gewinn erzielt, im Mittelpunkt der Untersu- chung. Unser Ziel ist es, die Schlüssel- faktoren für den geschäftlichen Erfolg beziehungsweise den Misserfolg von Firmen möglichst exakt zu identifi- zieren. Daraus abgeleitet können wir unter anderem künftige Umsatzent- wicklungen, Margen und Gewinne prognostizieren. Die Erfahrung zeigt, dass Unter- nehmen über die Zeit immer neue Ge- schäftsmodelle entwickeln, den Markt durchdringen und gleichzeitig alte ver- schwinden. Beispielsweise entstanden in den 90er Jahren insbesondere im Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung des Internets eine ganze Reihe neuer kommerzieller Aktivitä- ten. Für Unternehmen eröffneten sich neue Möglichkeiten, Gewinne zu er- zielen – zum Beispiel, indem statt der Endnutzer Dritte für ein Angebot zah- len wie bei der Bannerwerbung im In- ternet oder dass Software weitgehend ohne Distributionskosten herunterge- laden werden kann. Schon Jahre zuvor eröffnete die Einführung von Raten- käufen und Leasingverträgen Firmen neue Wege, Gewinne zu erwirtschaf- ten. Innovative Geschäftsmodelle er- gänzen und ersetzen auf weitgehend gesättigten Märkten die Produkt- be- ziehungsweise Prozessinnovationen. Ikea und Dell sind gute Beispiele für Unternehmen, die die Grundstrukturen und Wettbewerbsregeln ihrer jeweili- gen Branche verändert haben. Beide Firmen haben einen Teil der Wert- schöpfungskette zum Kunden ausgela- gert. Bei Ikea war es der Transport und der Zusammenbau der Möbel, bei Dell der Verzicht auf Zwischenhändler und die Build-to-Order-Verfahren in der Produktion. Bei Innovationen von Geschäfts- modellen handelt es sich immer um strategische Neuerungen, da sie die grundlegende Struktur eines Geschäfts verändern. Ein Geschäftsmodell selbst ist jedoch keine Strategie – seine be- wusste Veränderung, um sich gegen- über Wettbewerbern zu unterscheiden, aber sehr wohl. Bei der Innovation von Geschäftsmodellen geht es immer um die Schaffung eines Wettbewerbsvor- teils, der auf einer Differenzierung ge- genüber Wettbewerbern beruht. Starke Marken undAlleinstellungs- merkmale als entscheidenderTrumpf Generell schaffen es Unternehmen mit starken Geschäftsmodellen, Wettbe- werbsvorteile zu erlangen. In der Regel gelingt dies durch Innovationen, noch häufiger sogar durch Differenzierung gegenüber der Konkurrenz. Dies kann beispielsweise durch die Schaffung ei- ner starken Marke wie typischerweise in der Luxusgüterindustrie erreicht wer- den. Oftmals verschafft sich ein Unter- nehmen einen Wettbewerbsvorteil auch dadurch, dass es in der Wertschöp- fungskette über ein einzigartiges Wis- sen verfügt. Entsprechende Beispiele finden sich häufig in der Gesundheits- branche, wie beispielsweise bei der Schweizer Pharmazie- und Logistik- unternehmensgruppe Galenica mit ih- rem sehr starken Distributionsnetz. Im Industriebereich basieren die Wett- bewerbsvorteile dagegen meistens auf einer Technologieführerschaft – zum Beispiel beim Softwarehersteller SAP. Ein Softwarewechsel der Kunden stellt zudem eine grosse Hürde dar und ist mit entsprechend hohen Kosten ver- bunden. Manchmal basieren Wettbe- PRIVATE 18 Das Geld-Magazin 2/2015 Geschäftsmodelle entscheidend DieAnalyse von Geschäftsmodellen stellt den bedeutendsten Baustein für langfristig erfolg- reiche Investmentstrategien dar. Von Rémy Schraner, CIO, Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG
  • 2. werbsvorteile auch auf staatlichen Re- gulierungen, die heimische Unterneh- men gegenüber ausländischen bevor- zugen, also gewissermassen auf Protek- tionismus. Ein Beispiel hierzu ist der teilweise in staatlichem Besitz befind- liche chinesische Hersteller von Schie- nenfahrzeugen CSR Corporation. Analyse-Methodik Um die starken Geschäftsmodelle zu identifizieren und zu definieren haben Wissenschaft und Praxis über die Jahre hinweg eine umfangreiche Methodik entwickelt. Diese basiert zu einem we- sentlichen Teil auf den Forschungs- arbeiten von Professor Michael Porter. Der US-amerikanische Ökonom er- langte vor allem mit der Formulierung verschiedener Wettbewerbsstrategien in Fachkreisen grosse Bekanntheit. In der Praxis analysieren wir in einem ersten Schritt die Wettbewerbs- situation innerhalb einer Branche und versuchen festzustellen, ob diese hoch oder niedrig ausfällt.Wir bewerten ver- schiedene Merkmale wie zum Beispiel Über- oder Unterkapazitäten, Bran- chenwachstum oder die Differenzie- rung zwischen den angebotenen Pro- dukten und Dienstleistungen. Der zweite entscheidende Faktor ist die Ge- fahr durch neue Konkurrenten. Diese lässt sich vor allem anhand bestehen- der und künftiger Markteintrittsbarrie- ren festmachen. Drittens prüfen wir, wie stark die Position sowohl der Kun- den als auch der Zulieferer ist. Schliess- lich gilt es zu untersuchen, inwieweit es Ersatzprodukte gibt und wie gross das Risiko ist, dass diese die Angebote eines Unternehmens substituieren. Bei unseren Analysen bewerten wir ausserdem die Führungskräfte und Managementstrukturen einer Firma. Generell präferieren wir eine klare Trennung zwischen Verwaltungsrat und operativer Führung. Glaubwürdige Kontrollstellen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Insgesamt ist die fach- liche Kompetenz der Führungskräfte von zentraler Bedeutung. Der regulatorische Rahmen, in dem sich eine Firma bewegt, stellt ein wei- teres wichtiges Merkmal dar. Je nach Ausgestaltung können diese Rahmen- bedingungen für Unternehmen lang- fristige Wettbewerbsvorteile bedeuten, umgekehrt aber auch die Gewinnaus- sichten beeinträchtigen. Schliesslich ist zu beobachten, dass seit rund 20 Jahren das Wachstum von Unternehmen immer stärker mit iden- tifizierbaren Megatrends korreliert. Diese resultieren häufig aus einer Kombination sozialer und ökonomi- scher Entwicklungen und sind die Folge der fortschreitenden Globalisie- rung oder von Bevölkerungsströmen. Diese Trends analysieren wir in den Geschäftsmodellen in zwei Stufen. In einem ersten Schritt untersuchen wir, welcher Megatrend für eine Gesell- schaft wirtschaftlich relevant ist. An- schliessend beurteilen wir die Stärke des Einflusses auf die Unternehmens- ergebnisse. Die Geschäftsmodell-Ana- lysen werden zunehmend auch mit Nachhaltigkeitsanalysen ergänzt. Ne- ben der Betrachtung der Führungs- grundsätze ist es hilfreich, die angebo- tenen Dienstleistungen und Produkte unter anderem auch auf ihre Legitimi- tät aus gesellschaftlicher und ökologi- scher Sicht hin zu überprüfen. Fazit Die Analyse von Geschäftsmodellen ist facettenreich und komplex. Erfolgt sie exakt und umfassend, verschafft sie bei der Prognose des Unternehmens- wachstums, der Margen und damit des Gewinns sowie des Kapitalbedarfs Si- cherheit. Dies erlaubt es, im Anlage- prozess Kursziele zu setzen und damit das Gewinn- und Verlustpotenzial ein- zelner Investments zu identifizieren. remy.schraner@hauck-aufhaeuser.ch www.hauck-aufhaeuser.ch PRIVATE 2/2015 Das Geld-Magazin 19 Faktoren in der Geschäftsmodell-Analyse Quelle: Hauck & Aufhäuser (Schweiz) AG, 2015