Die New Economy unseres Jahrzehnts heißt Facebook-Revolution. Wie zu Zeiten der Dotcom-Blase versuchen selbst ernannte Social-Media-Propheten uns einzureden, dass Marketing und Unternehmenskommunikation komplett neu erfunden werden müssen. Aber die aktuell angesagte "Interaktion auf Augenhöhe" ist in Wahrheit nichts anders als das klassische Einmaleins der Kundenbeziehungen. Jeder auch nur halbwegs clevere Dorfmetzger weiß es auch ohne Marketing-Keynote und Internet-Guru: Mit dem Kunden reden heißt, ihn zu gewinnen. Social-Media-Plattformen erweitern den Kommunikationsradius – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nur wer die neuen Tools und Technologien mit gesundem Menschenverstand einsetzt, kann von ihnen profitieren. Dieses Buch liefert eine schonungslose Analyse der Grenzen, Risiken und Chancen des Social Web.
Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.) an der Universität Duisburg Essen
Der Social-Media-Rausch
1. Helmut van Rinsum • Frank Zimmer
Der
Rausch
Wie der Hype und seine Propheten
vom Wesentlichen ablenken
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3. Helmut van Rinsum, Frank Zimmer
Der Social-Media-Rausch
Wie der Hype und seine Propheten vom Wesentlichen ablenken
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5. Inhalt
Über die Autoren .......................................................................5
Vorwort ...................................................................................7
Einleitung: Social Media, Hype und Herrlichkeit.............................9
Die Annemarie-Krise oder Warum Social Media ein alter Hut ist ..... 15
Umstürze durch das Web: die Mär von den
Facebook-Revolutionen ............................................................ 21
„Es war einmal…“ oder: Der Mittelständler, der kein
Facebook-Held sein will ............................................................ 27
Weltmachtsphantasien im Web: “Wenn Facebook ein Land wäre“ ... 31
Abgrenzung durch Geburt: „Digital Natives“ und was wirklich
dahinter steckt ....................................................................... 35
Social Media für Insider: Fachchinesisch und Geheimsprache ......... 41
Generation Babyface: Wie Teenager plötzlich das Marketing
bestimmen ............................................................................. 47
Ein Streifzug durch die Social-Media-Industrie: SM als
Beschäftigungsprogramm für Agenturen .................................... 55
Die Seeding-Branche erfindet sich selbst oder: Die dunkle
Seite von Social Media ............................................................. 61
Social Media als Beruf: Vom Blogger zum SM-Fachwirt .................. 67
Wem es schadet: Unternehmen im Social Media Strudel ................ 77
Fall 1: Wie Pril die Facebook-Community verärgerte .................. 78
Fall 2. Diskussionen um die Arbeitsbedingungen in Agenturen .... 83
3
6. Fall 3: Teldafax oder auf Facebook in die Pleite ......................... 87
Fall 4: Nestlé oder das grüne Gewissen ................................... 92
Wer sich blamiert: Die peinlichen Trittbrettfahrer oder
Fremdschämen im Web ............................................................. 97
Der Trumpf-Tropf ................................................................ 98
Der Spion ......................................................................... 99
Der Kommentator............................................................... 99
Der Dater........................................................................ 100
Der Anarcho .................................................................... 100
Der Sammler ................................................................... 101
Der Ernsthafte................................................................. 101
Der Poser........................................................................ 102
Der Banalo...................................................................... 102
Wie man sich im Social Web die Karriere ruinieren kann.............. 103
Mit Social Media ins persönliche Abseits: Konstantin
Neven DuMont .......................................................................117
Lasst uns langweilig sein oder: Was Social Media wirklich bringt .. 125
Die besten Beispiele für erfolgreiches Social Media ohne Tam
Ta und Trallala ................................................................. 128
Fall 1: Grohe oder wie Duscharmaturen plötzlich sexy werden ... 129
Fall 2: Die Bahn oder Service ohne Verspätung ...................... 132
Fall 3: Immobilenscout24 - Social Web braucht keine Agentur ... 135
Fall 4: DM Drogeriemärkte - Wohlfühl-Faktor im Social Web....... 139
Vorsicht Blender! Wie Sie sich vor Scharlatanen schützen ............ 143
Checklisten und nützliche Tipps und Thesen .............................. 149
Sechs mal zu kurz gedacht ................................................. 150
10 Tipps für die Einführung von Social Media in Unternehmen ... 154
Abgehakt! Die Social Media Checkliste .................................. 158
10 Thesen zur Zukunft von Social Media ................................ 160
4
8. Helmut van Rinsum und Frank Zimmer gehören
seit vielen Jahren zur Redaktion von W&V, einem
der größten Marketing-Fachmagazine in Europa.
Helmut van Rinsum ist dort stellvertretender Chef-
redakteur, Frank Zimmer Redaktionsleiter von W&V
Online.
Kontakt:
Helmut von Rinsum: helmut.van_rinsum@wuv.de
Frank Zimmer: frank.zimmer@wuv.de
6
10. Um Sie gleich am Anfang zu enttäuschen: Dieses Buch ist kei-
ne Abrechnung mit Social Media. Es zeigt aber die Grenzen
und Risiken des Social Web. Denn zurzeit versuchen uns viele
selbst ernannte Social-Media-Experten einzureden, dass Mar-
keting und Unternehmenskommunikation komplett neu er-
funden werden müssen. Wieder einmal. Aber in Wahrheit ist
der digitale Dialog in den sozialen Netzwerken nichts anders
als das klassische Einmaleins der Kundenbeziehung. Nur wer
die neuen Tools und Technologien mit gesundem Menschen-
verstand einsetzt, kann von ihnen profitieren. Wir würden uns
freuen, wenn unser Buch zu einem besonneneren Umgang mit
Social Web beiträgt.
München im August 2011
Helmut van Rinsum und Frank Zimmer
8
12. Erinnern Sie sich noch an die Dotcom-Blase zur Jahrtausend-
wende? Damals wurden Internet-Unternehmen zu Fantasie-
preisen gehandelt, obwohl sie nicht viel mehr als eine virtuelle
Geschäftsidee zu bieten hatten. Eine Idee, die in der allgemein
herrschenden euphorischen Stimmung auf ihren eigentlichen
Bestand hin nicht weiter hinterfragt wurde. Die Folgen sind
Geschichte: Zahlreiche Firmen verglühten am Web-Himmel,
hinterließen insolvente Möchtegern-Manager und verkaterte
Investoren. Die meisten der Unternehmen hatten sich im all-
gemeinen Web-Rausch künstlich aufgeplustert und am Ende
keine echten Werte zu bieten. Es hagelte Pleiten.
Ein wenig erinnern die damaligen Jahre an den derzeit gras-
sierenden Social-Media-Rausch. Der Hype um die sozialen
Netzwerke hat innerhalb weniger Monate bei Personen und
Unternehmen eine Art Goldrausch ausgelöst. Viele stürzen
sich nahezu blindlings in das Social-Web-Abenteuer, ohne sich
vorher ausreichend Gedanken zu machen, was sie dort eigent-
lich wollen. Im Vergleich zur Dotcom-Blase um die Jahrtau-
send-Wende ist das finanzielle Risiko allerdings gering. Doch
die Planlosigkeit, mit der dort agiert wird, die Bereitschaft,
jede Innovation weitgehend kritiklos zu begrüßen, ist dem da-
maligen Verhalten nicht unähnlich.
Dabei können Social-Media-Tools, wenn sie fachkundig und
umsichtig eingesetzt werden, Marken und Unternehmen in der
öffentlichen Wahrnehmung nach vorne katapultieren. Sie kön-
nen aber auch, wenn auf ihnen stümperhaft agiert wird, das
Image eines Unternehmens, einer Marke oder die der eigenen
Person empfindlich ramponieren. Denn auf sozialen Netzwer-
ken kann jeder mitmachen, jeder kann nahezu unkontrolliert
seine Meinung kundtun. Firmen können so ganz schnell unge-
wollt ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Plötzlich sind sie einer
10
13. Lawine an Vorwürfen ausgesetzt und müssen ohnmächtig
zusehen, wie sie von weitgehend anonym agierenden Selbst-
darstellern angegriffen werden. Was die Sache prekär macht:
Auch Dutzende von Dementis nützen nur wenig. Suchmaschi-
nen werden auch nach Jahren noch den Shitstorm aus den
virtuellen Weiten des Webs an die Oberfläche spülen.
Den unkontrollierbaren Meinungsströmen stehen natürlich
viele faszinierende Seiten von Social Media gegenüber, das
macht die Netzwerke so verlockend. Noch nie war die Kommu-
nikation mit Kunden so schnell und so unmittelbar möglich
wie zu Facebook- und Twitter-Zeiten. Nie konnte man direk-
ter mit potenziellen Käufern in Kontakt kommen, nie war
das Feedback schneller. Medien wie TV, Zeitungen oder Radio
wirken da seltsam unbeweglich, gestrig und vor allem teuer.
Denn eine Präsenz auf Facebook kostet ein Unternehmen erst
einmal gar nichts. Und: Nach einer Untersuchung des Bran-
chenverbandes Bitkom vom April 2011 sind inzwischen 96 Pro-
zent aller Internetnutzer zwischen 14 und 29 Jahren Mitglied
in einem sozialen Netzwerk. Alle sind schon da. Da darf man
eigentlich nicht fehlen.
Social Media - Hype oder Herrlichkeit? Ein hochgekochtes The-
ma? Eines, von dem viele Kommunikatoren eigentlich hoff-
nungslos überfordert sind? Jedes zweite Unternehmen setzt
bereits Social-Media-Marketing ein, ergab die Befragung „Onli-
ne Marketing Trends 2011“ von Absolit Consulting (Befragung:
Dezember 2010). Aber nur 40 Prozent betreiben Monitoring,
verfolgen also die Kommentare über das eigene Unternehmen.
Sie agieren sozusagen im luftleeren Raum. Jedes zehnte Unter-
nehmen sei im Social Web unterwegs, ohne zu wissen, worum
11
14. es dabei geht, so der Kommentar des Studienautors Torsten
Schwarz. „Dieser blinde Aktionismus ist wie fahren ohne Füh-
rerschein.“
Die Studienergebnisse decken sich mit anderen Ergebnissen.
Der „Social Media Trend Monitor“, der im Mai 2011 von der
dpa-Tochter news aktuell und Faktenkontor veröffentlicht
wurde, ergab, dass sich nur jede vierte Pressestelle für den
Umgang mit Social Media gut oder sehr gut gerüstet sieht.
Nur jeder zehnte Pressesprecher hielt sich in dem Bereich für
einen Profi. Jeder vierte sagt, Social Media sei ein „notwendi-
ges Übel“.
Nur: Mitmachen will jeder. Keiner will oder kann sich dem
Rausch entziehen. Wenn schon die größten Unternehmen des
Landes wie beispielsweise BMW die Parole ausgeben, so viele
Fans wie möglich auf Facebook zu generieren, will man auch
als kleiner Markenartikler nicht abseitsstehen und betritt tap-
fer die Social-Web-Bühne. Wenn es erklärtes strategisches Ziel
vieler Marken ist, ein Viertel bis ein Drittel ihres Kommunika-
tionsetats in digitale Medien und eben auch soziale Netzwerke
zu pumpen, kann das so falsch nicht sein. Zahlreiche renom-
mierte Werber geben hier den Takt vor. In einem Interview mit
der Fachzeitschrift „werben und verkaufen“ im Juli 2011 wies
beispielsweise David Jones, der internationale Chef des Weber-
konzerns Havas, die Richtung vor: Man wolle die innovativste
Holding werden. Wobei innovativ mit digital gleich zu setzen
ist. „Die Kunden sollen uns als Digitalfirma sehen. Nahe bei den
Foursquares und Facebooks der Welt.“ Das also ist die Zukunft
der Werbung.
12
15. Liegt die Zukunft der Kommunikation wirklich in sozialen
Netzwerken? Viel spricht dafür. Aber viel spricht auch dafür,
aus dem Hype ein wenig die Luft zu lassen. Die Euphorie ein
wenig zu dämpfen und Platz zu machen für einen distanzierten
Blick. Es ist höchste Zeit, einige Thesen kritisch zu hinterfra-
gen. Denn es gibt viele Behauptungen, die den Social-Media-
Hype befeuern, weil sie einfach so hingenommen aber nicht
überprüft werden. Und vielleicht gar nicht wahr sind. Das ist
dann doch irgendwie so wie damals zur Jahrtausendwende, als
vieles beklatscht, aber nie gegengecheckt wurde. Es ist also
überfällig, einer irreführenden Legendenbildung einige Anti-
thesen entgegenzusetzen.
13
18. In meinem Heimatdorf im Sauerland gab es in den 70er Jahren
zwei Metzgereien: Weber und Halbe. Um korrekt zu sein: Es
gibt es sie noch heute. Halbe hatte zwei strategische Vorteile:
Die Lage direkt an der Hauptstraße und mehrere Parkplätze di-
rekt vor der Ladentür. Eigentlich gab es sogar noch einen drit-
ten Punkt pro Halbe: Die Metzgerei, die von einer mittelalten
Dame mit Dutt geführt wurde, verfügte über einen Schnell-
imbiss mit der nach meinem damaligen Dafürhalten besten
Currywurst im Regierungsbezirk Arnsberg. Trotzdem war nicht
Halbe der Marktführer, sondern Weber.
Der Grund dafür hieß Annemarie, trug eine rotblonde Kurzhaar-
frisur, hatte Sommersprossen und galt im Dorf als die unum-
strittene Autorität in Sachen Aufschnitt und Sonntagsbraten.
Was Annemarie empfahl, war für die Hausfrauen Gesetz. Denn
Annemarie hatte recht. Niemand konnte sich erinnern, jemals
schlecht von ihr beraten worden zu sein, niemand hatte je-
mals Grund, ein als nicht zu fett geordertes Kotelett später in
der Küche anders vorzufinden als im Gespräch mit Annemarie
beschrieben. Annemarie war aber mehr als eine fachlich unan-
greifbare Fleischwaren-Multiplikatorin. Auf ihre unmittelbare
sauerländische Art verbreitete sie mehr Frohsinn und gute
Laune als der routinierteste Club-Med-Animateur. Dass kein
Kind unter 21 Jahren ohne ein armdickes Stück Gratis-Fleisch-
wurst aus dem Laden ging, versteht sich ohnehin von selbst.
Ob Annemarie jemals ernsthaft darüber nachdachte, dass es in
großen Städten Vegetarier gab? Ich weiß es nicht. Aber eins
ist klar: Wenn jemals ein Unternehmen absolute Produktquali-
tät mit authentischer Kommunikation verbunden hat, dann
war es die Metzgerei Weber. Dabei war Annemarie noch nicht
einmal die Inhaberin. Sie lebte zwar seit ihrem 14. Lebens-
jahr zwischen den gekachelten Ladenwänden (so schien es
16
19. uns jedenfalls), aber de iure gab es einen Metzgermeister und
seine Frau, die innerhalb des Weber-Universums aber eher als
eine Art Chairman über dem operativen Geschäft schwebten
und vorzugsweise dann in Erscheinung traten, wenn es darum
ging, die einzelnen Rechnungsposten mit einem überdimen-
sionalen Bleistift auf die Wurstverpackung zu notieren. Aber
genau diese Aufgabenverteilung sollte Annemarie beinahe
zum Verhängnis werden.
Das Metzgerehepaar wurde älter und Annemarie nicht. Das
Metzgerehepaar hatte einen Sohn und der eine junge Frau; die
kommende Generation verlangte ihr Recht – auch von Anne-
marie. Am schwierigsten wurde es mit der Juniorchefin, die
– auch das ein Kulturbruch – studierte Lehrerin war und sich
mit der Kommunikationshoheit der Annemarie nicht abfinden
wollte. Es kam, wie es kommen musste. Eines Tages verbreitete
sich im Dorf die Nachricht, dass Annemarie gehen sollte (An-
nemarie dürfte auch an der Botschaft nicht unbeteiligt gewe-
sen sein). Die 80er Jahre waren angebrochen, vielleicht regte
sich in Osteuropa schon der Widerstand gegen die kommunis-
tische Herrschaft der UdSSR. Aber alles das konnte nicht an-
nähernd für soviel Gesprächsstoff sorgen wie die Entmachtung
von Annemarie.
Um es kurz zu machen: Seit dieser Zeit weiß man im Dorf, was
Boykott heißt. Die Käuferströme versiegten, sie fanden neue
Wege – zu den Parklätzen und Currywürsten der Dutt-Metzge-
rin Halbe natürlich. Meine eigene Mutter gehörte zu den Spit-
zen der Bewegung, auch mein Vater schwor, nie mehr auch nur
eine Scheibe Cervelatwurst von Weber anzurühren, solange das
Unrecht an Annemarie nicht gerächt sei. Annemarie, so hieß
es kurz drauf, würde nun in ihr Heimatdorf zurückkehren und
dort in einer anderen Metzgerei arbeiten. Das Dorf lag zwar
17
20. nur sechs Kilometer entfernt, aber für uns alle kam es so un-
vorstellbar und so willkürlich vor wie die Deportation in eine
sibirische Bleimine. Und damit wurde die Metzgerei Weber eine
„No-go-Area“.
Der – wie man heute sagen würde – „Outplacing Prozess“ von
Annemarie endete so schnell wie die Umsatzerwartung ihrer
Juniorchefs. Annemarie musste bleiben, das wurde selbst der
hartleibigen Lehrerin schnell klar. Aber mit ihr weiterhin im
selben Laden, zwischen denselben Kacheln? Das würde auch
nicht gehen. Also musste die Metzgerei Weber expandieren.
Sie eröffnete in der nahegelegenen Kreisstadt eine kleine Fi-
liale und Annemarie wurde die Leiterin. Der Shitstorm legte
sich, die Kunden kamen zurück. Wenn auch nicht unbedingt
in dasselbe Geschäft: Besonders hartnäckige Annemarie-Fans
nahmen von nun an mehrere Kilometer Umweg in Kauf, um
nur ja nicht von der Juniorchefin im Stammgeschäft bedient
zu werden, sondern weiterhin von Annemarie.
Muss man wirklich noch erwähnen, dass Annemarie einige
Jahre später zur beliebtesten Fleischereifachverkäuferin der
Kreisstadt gewählt wurde? In der Lokalzeitung stand damals,
eines habe die Kunden besonders beeindruckt: Wenn Kinder
im Laden vergessen hatten, was sie eigentlich für ihre Mutter
mitbringen sollten (oder den Einkaufszettel vergessen hatten)
und weder Annemaries geduldiges Zureden noch eine Extra-
portion Fleischwurst als Gedächtnisstütze halfen, dann rief
Annemarie bei den Eltern an und ließ sich die Bestellung tele-
fonisch durchgeben.
Für Metro-Kunden mag die Causa Annemarie vielleicht extrem
klingen (vielleicht ist das Sauerland auch extrem), aber je-
der Konsument mit normalen Kundenbindungsgefühlen kennt
18
21. ähnliche Beispiele – vor allem, wenn er auf dem Land groß
geworden ist, wo zwischen Käufer und Verkäufer traditionelle
persönliche Beziehungen bestehen und Kommunikation auf
Augenhöhe alles ist. Mehr Social Media als auf dem Dorf gibt
es nicht, und es funktioniert seit jeher ganz ohne Facebook,
Twitter und sogar ohne Strom.
Da überrascht es dann doch, wenn im Mai 2011 eine deutsche
Industrie- und Handelskammer einen neuen Ausbildungsgang
zum IHK-geprüften „Social-Media-Manager“ mit folgenden
Worten begründet: „Vielen Unternehmen sind die Möglichkei-
ten, die sich aus der authentischen Interaktion auf Augenhöhe
zwischen Unternehmen und Nutzern ergeben, kaum bewusst.“
Und: „Die Einrichtung eines Twitter-Kontos ist dabei nur der
erste Schritt.“ Liebe IHK Rhein-Sieg, so möchte man den neu-
en Social-Media-Aktivisten aus dem Rheinland zurufen, das
stimmt ja alles. Aber sollte es wirklich Unternehmer geben, die
zum Dialog mit ihren Kunden einen computergestützten Soci-
al-Media-Lehrgang und einen Twitter-Account brauchen, dann
dürfte ihnen im realen Geschäftsleben ohnehin nicht mehr zu
helfen sein – mit oder ohne IHK-Zertifikat.
Wie wenig ein Twitter-Account und die Zahl der Facebook-Fans
über wirtschaftlichen Erfolg aussagen, zeigen übrigens zwei
Beispiele aus den USA, dem Mutterland des Social Web. Die
Rede ist von Google und von Apple. Google hat zwar mehrere
Millionen Fans und Follower auf Facebook und Twitter, aber in
der Praxis funktioniert die Kommunikation nach dem Prinzip
der beiden Einbahnstraßen: Der Konzern gibt bekannt und der
gesprächige Teil der Social-Media-Gemeinde nimmt öffentlich
zur Kenntnis. So richtig interaktiv ist das nicht, das kann An-
nemarie besser. Google-Chairman Eric Schmidt ist im Social
Web auch nicht viel geselliger: In den Monaten Februar, März,
19
22. April und Mai 2011 brachte er es auf insgesamt vier Tweets.
Und Apple, die womöglich wertvollste Digitalmarke der Welt?
Sie ist auf Facebook noch nicht einmal vertreten und begnügt
sich auf Twitter damit, neue Apps und kostenpflichtige Musik
der konzerneigenen Online-Stores zu bewerben. Was mit Inter-
aktion auf Augenhöhe ungefähr so viel zu tun hat wie die
jeweils neueste Mettwurst im Schaufenster von Metzger Halbe
an der Hauptstraße.
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