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Jean-Francois Lyotard
Das postmoderne Wissen
KRITIKER DER DIGITALEN REVOLUTION
Das postmoderne Wissen
• Was ist Wissen?
• Was ist postmodern?
Jean-François Lyotard (1924-1998)
≠
Das postmoderneWissen (1979)
Nicht zu verwechseln mit Jules Léotard
(Artist, 1838-1870)
Die Pragmatik des narrativen Wissens
• Wahrheit, Effizienz, Gerechtigkeit, Glück, Schönheit…
• Stiftet kulturelle Identität
• Pluralität der Sprachspiele
• Trägt Legitimierung in sich selbst
• Unabhängig von Argument und Beweis
• Ahistorisch
Ich habe
gehört,
dass…
Das
erzähle ich
weiter!
Pragmatik des wissenschaftlichen Wissens
Sender Empfänger
Aber wer legitimiert den Beweis?
(MünchhausenTrilemma!)
Nur denotative Aussagen sind erlaubt!
Beweis! Beweis!
Referent
Legitimierung durch Erzählung?
Die Erzählungen handeln von den Helden der Erkenntnis und Helden der Freiheit, von den
großen Irrfahrten und dem großen Ziel.
Die zwei großen Erzählungen der Moderne
Eine postmoderne Antwort auf die Frage:WozuWissenschaftsgeschichte?
DieWissenschaftsgeschichte legt die Erzählungen frei, dieWissen als
wissenschaftlichesWissen legitimieren.
Wissen = Emanzipation
Wissenschaft = Entfaltung des
spekulativen Geistes
Emanzipatorischer Dispositiv
Spekulativer Dispositiv
Was ist postmodern?
• Skepsis gegenüber den ‚großen Erzählungen‘
• Zerfall des ‚sozialen Bandes‘ in Pluralität der Sprachspiele
• Auswirkung der technischenTransformationen auf dasWissen
Die Sprachspiele als Kernelement der Gesellschaft
Sprachspiel!
!
Ich werde auch das Ganze der Sprache und
der Tätigkeiten,
mit denen sie verwoben ist, das
»Sprachspiel« nennen.
Delegitimierung des emanzipatorischen Dispositivs
DieTür ist geschlossen. Öffnen sie dieTür!
Aus dem Sein
kein Sollen!
Es ist klar, dass sich die
Ethik nicht aussprechen
lässt.
Können wir aus denotativen Aussagen präskriptiveAussagen ableiten?
Lyotard‘s Beispiel:Welche Argumentation vermittelt zwischen den Sätzen:
?
Alternative: Performativität in Lehre und Forschung
• Legitimierung durch technisches Kriterium:
Maximierung des Input-Output-Verhältnisses
• Wissen wird zum Instrument der Macht und des Geldes
• ‚Terror‘ bleibt nicht ausgeschlossen
• Lehre:Wissen wird über ‚intelligenteTerminals‘ vermittelt
• Daten werden für alle Experten zugänglich
Lyotards Prognosen
„Die anderen an der Universität anwesenden Jugendlichen sind zum Großteil Arbeitslose,
die in den Statistiken der Stellengesuche nicht verbucht sind. Sie sind tatsächlich
überzählig imVerhältnis zu den Stellenaussichten, die jenen Disziplinen entsprechen, in
denen man sie findet (Literatur, Humanwissenschaften).“
„Allen Disziplinen, die eineVerbindung zur ‚telematischen‘ Bildung aufweisen (Informatiker,
Kybernetiker, Linguisten, Mathematiker, Logiker,…) müsste die Priorität in der Lehre
zugestanden werden.“
„Der Ära des Professors läuten die Grabesglocken: Er ist nicht kompetenter zur
Übermittlung des etabliertenWissens als die Netze der Speicher, und er ist nicht
kompetenter zur Erfindung neuer Spielzüge oder Spiele als die interdisziplinären
Forschungsteams.“
Grenzen der Performativität
Der systemtheoretische Dämon:
Kann die Effizienz der Gesellschaft durch Kontrolle unbegrenzt
gesteigert werden?
• Gesellschaft ist nicht deterministisch
• Die Beobachtung selbst senkt die Performativität
Deswegen müssen auch die Instabilitäten der Gesellschaft untersucht werden!
Lyotards Zukunftsvision
• „Die Öffentlichkeit müsste freien Zugang zu den Speichern und Datenbanken erhalten.
[…] Es zeichnet sich eine Politik ab, in der derWunsch nach Gerechtigkeit und der nach
Unbekanntem gleichermaßen respektiert sein werden.“
• „Das Wissen kann die neuen Kanäle nur passieren und einsatzfähig gemacht werden,
wenn die Erkenntnis in Informationsquantitäten übersetzt werden kann. Man kann daher
die Prognose stellen, dass all das, was vom überkommenen Wissen nicht in dieserWeise
übersetzbar ist, vernachlässigt werden wird.“
• „Wer entscheidet, was Wissen ist, und wer, was es zu entscheiden gilt? Die Frage des
Wissens ist im Zeitalter der Informatik mehr denn je die Frage der Regierung.“

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Jean-François Lyotard: Das Postmoderne Wissen

  • 1. Jean-Francois Lyotard Das postmoderne Wissen KRITIKER DER DIGITALEN REVOLUTION
  • 2. Das postmoderne Wissen • Was ist Wissen? • Was ist postmodern? Jean-François Lyotard (1924-1998) ≠ Das postmoderneWissen (1979) Nicht zu verwechseln mit Jules Léotard (Artist, 1838-1870)
  • 3. Die Pragmatik des narrativen Wissens • Wahrheit, Effizienz, Gerechtigkeit, Glück, Schönheit… • Stiftet kulturelle Identität • Pluralität der Sprachspiele • Trägt Legitimierung in sich selbst • Unabhängig von Argument und Beweis • Ahistorisch Ich habe gehört, dass… Das erzähle ich weiter!
  • 4. Pragmatik des wissenschaftlichen Wissens Sender Empfänger Aber wer legitimiert den Beweis? (MünchhausenTrilemma!) Nur denotative Aussagen sind erlaubt! Beweis! Beweis! Referent
  • 5. Legitimierung durch Erzählung? Die Erzählungen handeln von den Helden der Erkenntnis und Helden der Freiheit, von den großen Irrfahrten und dem großen Ziel.
  • 6. Die zwei großen Erzählungen der Moderne Eine postmoderne Antwort auf die Frage:WozuWissenschaftsgeschichte? DieWissenschaftsgeschichte legt die Erzählungen frei, dieWissen als wissenschaftlichesWissen legitimieren. Wissen = Emanzipation Wissenschaft = Entfaltung des spekulativen Geistes Emanzipatorischer Dispositiv Spekulativer Dispositiv
  • 7. Was ist postmodern? • Skepsis gegenüber den ‚großen Erzählungen‘ • Zerfall des ‚sozialen Bandes‘ in Pluralität der Sprachspiele • Auswirkung der technischenTransformationen auf dasWissen
  • 8. Die Sprachspiele als Kernelement der Gesellschaft Sprachspiel! ! Ich werde auch das Ganze der Sprache und der Tätigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das »Sprachspiel« nennen.
  • 9. Delegitimierung des emanzipatorischen Dispositivs DieTür ist geschlossen. Öffnen sie dieTür! Aus dem Sein kein Sollen! Es ist klar, dass sich die Ethik nicht aussprechen lässt. Können wir aus denotativen Aussagen präskriptiveAussagen ableiten? Lyotard‘s Beispiel:Welche Argumentation vermittelt zwischen den Sätzen: ?
  • 10. Alternative: Performativität in Lehre und Forschung • Legitimierung durch technisches Kriterium: Maximierung des Input-Output-Verhältnisses • Wissen wird zum Instrument der Macht und des Geldes • ‚Terror‘ bleibt nicht ausgeschlossen • Lehre:Wissen wird über ‚intelligenteTerminals‘ vermittelt • Daten werden für alle Experten zugänglich
  • 11. Lyotards Prognosen „Die anderen an der Universität anwesenden Jugendlichen sind zum Großteil Arbeitslose, die in den Statistiken der Stellengesuche nicht verbucht sind. Sie sind tatsächlich überzählig imVerhältnis zu den Stellenaussichten, die jenen Disziplinen entsprechen, in denen man sie findet (Literatur, Humanwissenschaften).“ „Allen Disziplinen, die eineVerbindung zur ‚telematischen‘ Bildung aufweisen (Informatiker, Kybernetiker, Linguisten, Mathematiker, Logiker,…) müsste die Priorität in der Lehre zugestanden werden.“ „Der Ära des Professors läuten die Grabesglocken: Er ist nicht kompetenter zur Übermittlung des etabliertenWissens als die Netze der Speicher, und er ist nicht kompetenter zur Erfindung neuer Spielzüge oder Spiele als die interdisziplinären Forschungsteams.“
  • 12. Grenzen der Performativität Der systemtheoretische Dämon: Kann die Effizienz der Gesellschaft durch Kontrolle unbegrenzt gesteigert werden? • Gesellschaft ist nicht deterministisch • Die Beobachtung selbst senkt die Performativität Deswegen müssen auch die Instabilitäten der Gesellschaft untersucht werden!
  • 13. Lyotards Zukunftsvision • „Die Öffentlichkeit müsste freien Zugang zu den Speichern und Datenbanken erhalten. […] Es zeichnet sich eine Politik ab, in der derWunsch nach Gerechtigkeit und der nach Unbekanntem gleichermaßen respektiert sein werden.“ • „Das Wissen kann die neuen Kanäle nur passieren und einsatzfähig gemacht werden, wenn die Erkenntnis in Informationsquantitäten übersetzt werden kann. Man kann daher die Prognose stellen, dass all das, was vom überkommenen Wissen nicht in dieserWeise übersetzbar ist, vernachlässigt werden wird.“ • „Wer entscheidet, was Wissen ist, und wer, was es zu entscheiden gilt? Die Frage des Wissens ist im Zeitalter der Informatik mehr denn je die Frage der Regierung.“