2. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 2
Vorwort
Vorwort
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
jeden von uns trifft es regelmäßig – kurz einen Produkt
namen arglos in die Suchmaschine getippt und schon
wird uns das Produkt im Anschluss auf verschiedensten
Internetseiten vorgeschlagen. Im Hintergrund zu
unserer Suchanfrage arbeitet Tracking-Software, die
Informationen zu der Historie der Besuche der Internet
seiten, dem geografischen Standort, der Verweildauer und
auch den gesuchten Produkten aggregiert. Die Akzeptanz
für den strategischen Einsatz solcher Software ist jedoch
nur bedingt gegeben. Warum eigentlich? So war doch
auch das Einkaufsverhalten der Nachbarschaft, ja gar
jedes einzelnen Nachbarn der Besitzerin des lokalen
Tante-Emma-Ladens an der Straßenecke wohlbekannt.
Das Bestreben, über Kunden Informationen zu erlangen
und daraus passende Angebote zu generieren, ist seit
jeher ein kritischer Faktor für wirtschaftlichen Erfolg. So ist
die aktuelle Entwicklung des Marktes vor diesem Hinter
grund nur verständlich. Dabei sind die Einsatzfelder von
Datenanalysesoftware jedoch verschieden. Gemein ist
ihnen das grundlegende Spannungsfeld zwischen Kosten
und Nutzen der Datenanalyse. Die Transparenz über
Kundenpräferenzen ermöglicht eine hyperpersonalisierte
Werbeansprache und eine Produktentwicklung, die direkt
an der Zahlungsbereitschaft des Individuums ausgerichtet
ist. Als Resultat wird der Konsument für Unternehmen
berechenbarer und eine wirtschaftlichere Planung
ermöglicht. Gleichzeitig ist dem Konsumenten im Gegen
satz zur Betreiberin des Tante-Emma-Ladens nicht mehr
bekannt, wer Wissen über die persönlichen Einkaufs
präferenzen und Suchaktivitäten im Internet hat und
wie diese genau verwendet werden. Diese Anonymität
und Intransparenz des heutigen Internets werden von
der deutschen Öffentlichkeit zunehmend als Problem
wahrgenommen. Daher ist unser politischer Diskurs
zusehends auf den Schutz unserer persönlichen Daten
bedacht.
In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Medien- und
Unterhaltungsbranche aktuell. Die Entwicklungsdynamik
ist dabei wesentlich von technologischen Innovationen,
soziodemografischen Veränderungen und Initiativen der
politischen Regularien im Hinblick auf Datennutzung,
-speicherung und Besteuerung getrieben. Mit dem
German Entertainment and Media Outlook 2019–2023,
dessen Ergebnisse wir Ihnen in dieser Publikation
präsentieren, verfolgen wir diese und weitere relevante
Entwicklungen der Branche – so wie wir es seit 2003
jedes Jahr tun.
Trotz dieser Herausforderungen konnte die Medien- und
Unterhaltungsbranche ihren Gesamtumsatz auch 2018
steigern; auf insgesamt rund 53 Milliarden Euro und damit
um 1,0 % im Vergleich zum Vorjahr. Bis zum Jahr 2023
gehen wir im Schnitt von einem jährlichen Wachstum von
1,6 % aus. Der deutsche Medienmarkt käme dann auf ein
Umsatzvolumen von 57,3 Milliarden Euro. Die Branche
wächst somit kontinuierlich.
3. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 3
Vorwort
Werner Ballhaus
Leiter des Bereichs Technologie,
Medien und Telekommunikation
zukünftig weiter beschäftigen wird, ist die Einführung einer
Digitalsteuer. Diese wurde bereits von unserem Nachbarn
Frankreich verwirklicht und könnte laut eines Gipfel
beschlusses der G20-Staaten vom Juni 2019 im Laufe der
nächsten Jahre in allen OECD-Staaten einheitlich geregelt
und implementiert werden.
Einschätzungen dazu und zu allen für die Branche
relevanten Themen finden Sie auf unserer Website:
www.pwc.de/gemo. Klicken Sie sich nach Belieben durch
die verschiedenen Segmente und Trendanalysen! Zu
jedem Beitrag finden Sie unten auf der Seite auch die
Namen der jeweiligen Experten sowie ihre Kontaktdaten.
Ich wünsche Ihnen eine aufschlussreiche und anregende
Lektüre!
Das Wachstum verteilt sich dabei zusehends auf mehr,
oft neue Marktteilnehmer, da die in den vergangenen
Jahren bereits eingeleitete Fragmentierung des Medien
konsums weiter fortgeschritten ist. Damit ist der Druck
auf sämtliche Marktteilnehmer, mit ihren Angeboten die
Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen, gestiegen.
Wichtigster Erfolgsindikator ist nach wie vor die Zeit, die
Kunden mit dem Konsum eines Mediums verbringen.
Vor allem Streamingangebote in den Bereichen Podcast,
Video-on-Demand und E-Sport vereinnahmen bereits jetzt
einen Großteil der für Medienkonsum aufgewendeten Zeit
und reihen sich wie selbstverständlich in die Angebots
palette der Medienlandschaft ein.
Die Entwicklungsperspektiven von Geschäftsmodellen
hängen dabei auch maßgeblich von den systemischen
Möglichkeiten der Kostendegression und den
Beschränkungen durch Restriktionen der europäischen
Datenschutz-Grundverordnung und der kommenden
ePrivacy-Verordnung ab. Ein weiteres interessantes
Thema, das die Branche aktuell beschäftigt und auch
4. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 4
Inhaltsverzeichnis
Gästebeitragsverzeichnis....................................................................................................................................................... 7
Abbildungsverzeichnis........................................................................................................................................................... 8
Executive Summary..............................................................................................................................................................11
1 Markt im Überblick......................................................................................................................................................11
2 Highlights.....................................................................................................................................................................12
2.1 Die Planungen laufen: Digitalsteuer auf internationaler Ebene...................................................................................12
2.2 Geoblocking-Verbot der EU: Es gibt Ausnahmen für Medien.....................................................................................13
2.3 Die Sicherheit von Informationen ist von erheblicher Bedeutung...............................................................................14
3 Zentrale Erkenntnisse aus den Segmenten.................................................................................................................15
4 Prognose..................................................................................................................................................................... 22
4.1 Werbeerlöse................................................................................................................................................................ 22
4.2 Verkaufserlöse............................................................................................................................................................ 22
4.3 Segmente.................................................................................................................................................................... 22
Highlight Artikel: Digital Tax................................................................................................................................................. 23
Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle................................................................................................................... 23
Highlight Artikel: Geoblocking-Verbot in der EU – (k)ein Problem für Unternehmen der Medien- und
Entertainmentbranche?....................................................................................................................................................... 26
Was ist Geoblocking?..................................................................................................................................................27
Was ist verboten?........................................................................................................................................................27
Wer unterliegt dem Anwendungsbereich der Geoblocking-VO?................................................................................28
Ausblick....................................................................................................................................................................... 29
Highlight Artikel: IT-Sicherheit............................................................................................................................................. 30
IT-Sicherheitsgesetz 2.0 – die Relevanz der Medienunternehmen für die innere Sicherheit..................................... 30
Inhaltsverzeichnis
5. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 5
Inhaltsverzeichnis
Bücher...................................................................................................................................................................................37
1 Der Markt im Überblick................................................................................................................................................37
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 38
3 Prognose..................................................................................................................................................................... 40
Zeitungen............................................................................................................................................................................. 44
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 44
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 45
3 Prognose..................................................................................................................................................................... 48
Zeitschriften......................................................................................................................................................................... 53
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 53
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 54
3 Prognose..................................................................................................................................................................... 56
Musik.................................................................................................................................................................................... 59
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 59
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 60
3 Prognose..................................................................................................................................................................... 64
Radio und Podcast.............................................................................................................................................................. 68
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 68
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 69
3 Prognose......................................................................................................................................................................71
Kino...................................................................................................................................................................................... 73
1 Der Markt im Überblick................................................................................................................................................73
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren.................................................................................................................75
3 Prognose......................................................................................................................................................................76
6. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 6
Fernsehen............................................................................................................................................................................ 77
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 77
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 80
3 Prognose......................................................................................................................................................................81
Internetvideo........................................................................................................................................................................ 83
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 83
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 85
3 Prognose .....................................................................................................................................................................87
Lineare TV-Werbung............................................................................................................................................................ 88
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 88
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 89
3 Prognose......................................................................................................................................................................91
Onlinewerbung..................................................................................................................................................................... 92
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 92
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren................................................................................................................ 93
3 Prognose..................................................................................................................................................................... 96
Datenkonsum....................................................................................................................................................................... 98
1 Der Markt im Überblick............................................................................................................................................... 98
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren...............................................................................................................100
3 Prognose....................................................................................................................................................................102
E-Sport................................................................................................................................................................................107
1 Der Markt im Überblick..............................................................................................................................................107
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren...............................................................................................................109
3 Prognose....................................................................................................................................................................110
Inhaltsverzeichnis
7. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 7
Videospiele.......................................................................................................................................................................... 111
1 Der Markt im Überblick.............................................................................................................................................. 111
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren...............................................................................................................112
3 Prognose....................................................................................................................................................................114
Virtual Reality......................................................................................................................................................................120
1 Der Markt im Überblick..............................................................................................................................................120
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren...............................................................................................................121
3 Prognose....................................................................................................................................................................123
Außenwerbung....................................................................................................................................................................124
1 Der Markt im Überblick..............................................................................................................................................124
2 Trends und wichtige Entwicklungsfaktoren...............................................................................................................127
3 Prognose....................................................................................................................................................................129
Methodik.............................................................................................................................................................................130
Anhang................................................................................................................................................................................131
Ansprechpartner.................................................................................................................................................................149
Inhaltsverzeichnis/Gästebeitragsverzeichnis
Prof. Dr. Diane Robers – Start-ups in der Medienbranche.................................................................................................. 34
Gerrit Schumann – Media-as-a-Service-Community – von der Nachricht zur Anwendung...............................................51
Jens Kosche – Ein Interview mit Jens Kosche, Geschäftsführer von Electronic Arts in der DACH-Region,
über Deutschland als Standort für die Videospielbranche, Gaming-Trends und E-Sport.................................................117
Gästebeitragsverzeichnis
8. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 8
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Übersicht der unter Schutz stehenden kritischen Infrastrukturen.......................................................................31
Abb. 2 Umsatzentwicklung des Buchmarktes................................................................................................................ 40
Abb. 3 Umsätze im Segment Consumer..........................................................................................................................41
Abb. 4 Umsätze im Segment Education......................................................................................................................... 42
Abb. 5 Umsätze im Segment Professional...................................................................................................................... 43
Abb. 6 Umsatzentwicklung des Zeitungsmarktes.......................................................................................................... 48
Abb. 7 Umsatzentwicklung der Vertriebserlöse.............................................................................................................. 49
Abb. 8 Umsatzentwicklung der Werbeerlöse.................................................................................................................. 50
Abb. 9 Umsatzentwicklung des Zeitschriftenmarktes.................................................................................................... 56
Abb. 10 Erlöse aus Publikumszeitschriften........................................................................................................................57
Abb. 11 Erlöse aus Fachzeitschriften.................................................................................................................................57
Abb. 12 Umsatzentwicklung des Musikmarktes............................................................................................................... 64
Abb. 13 Umsätze im physischen Musikvertrieb................................................................................................................ 65
Abb. 14 Umsätze im digitalen Musikvertrieb.................................................................................................................... 66
9. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 9
Abb. 15 Umsätze im Markt für Livemusik..........................................................................................................................67
Abb. 16 Meistgenutzte Radioempfangsarten 2014–2018..................................................................................................70
Abb. 17 Podcastzugang nach Onlineplattformen..............................................................................................................71
Abb. 18 Umsatzentwicklung des Radio- und Podcastmarktes........................................................................................ 72
Abb. 19 Entwicklung des Umsatzes und Eintrittspreises..................................................................................................74
Abb. 20 Umsatzentwicklung des Kinomarktes..................................................................................................................76
Abb. 21 Marktanteile der Sendergruppen in 2018.............................................................................................................78
Abb. 22 Umsatzentwicklung des Fernsehmarktes (ohne physisches Heimkino)............................................................. 82
Abb. 23 Internetvideo – Genutzte Videoangebote 2017 und 2018................................................................................... 84
Abb. 24 Umsatzentwicklung des Internetvideomarktes....................................................................................................87
Abb. 25 Umsatzentwicklung des linearen TV-Werbemarktes...........................................................................................91
Abb. 26 Aktuell nötige Martech Multi-Cloud-Umgebung................................................................................................. 95
Abb. 27 Umsatzentwicklung des Onlinewerbemarktes.................................................................................................... 96
Abb. 28 Entwicklung stationäre Onlinewerbung............................................................................................................... 96
Abb. 29 Entwicklung mobile Onlinewerbung.....................................................................................................................97
Abb. 30 Datennutzung nach Geräten...............................................................................................................................102
Abb. 31 Datennutzung Smartphones...............................................................................................................................103
Abb. 32 Datennutzung Tablets.........................................................................................................................................104
Abbildungsverzeichnis
10. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 10
Abb. 33 Datennutzung stationäre Breitbandanschlüsse..................................................................................................105
Abb. 34 Datennutzung andere mobile Geräte..................................................................................................................106
Abb. 35 Umsatzentwicklung des E-Sport-Marktes.........................................................................................................110
Abb. 36 Umsatzentwicklung des Videospielemarktes.....................................................................................................114
Abb. 37 Social/Casual Games..........................................................................................................................................115
Abb. 38 PC-Spiele............................................................................................................................................................115
Abb. 39 Konsolenspiele....................................................................................................................................................116
Abb. 40 Umsatzentwicklung des VR-Marktes.................................................................................................................123
Abb. 41 Anteil der Werbeträger an Nettoumsatzerlösen 2018.........................................................................................125
Abb. 42 Out-of-Home-Nettoumsätze nach Werbeträgern – Veränderung 2018 gegenüber 2017..................................126
Abb. 43 Stellenbestand an Werbeträgern insgesamt......................................................................................................127
Abb. 44 Umsatzentwicklung des Außenwerbemarktes...................................................................................................129
Abb. 45 Umsatzerlöse in den einzelnen Marktsegmenten���������������������������������������������������������������������������������������������148
Abbildungsverzeichnis
11. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 11
Executive Summary
Executive Summary
Information und Unterhaltung gehören zu den grund
legenden Bedürfnissen des Menschen. Auch im
Jahr 2018 ist die Medienbranche um 1 % gewachsen, die
Unternehmen erzielten einen Gesamtumsatz von rund
53 Milliarden Euro. Damit hat das Marktvolumen abermals
in Folge zugelegt – auch wenn sich das Wachstum etwas
abschwächte. Die Branche profitierte natürlich auch von
einem prosperierenden gesamtwirtschaftlichen Umfeld:
So verzeichnet Deutschland im Jahr 2018 einen Anstieg
des realen Bruttoinlandsprodukts um 1,5 %.
Den Löwenanteil am Umsatz hatten nach wie vor die
analogen Evergreens der Branche: Bücher, Zeitungen,
Zeitschriften und der Fernsehmarkt (ohne physisches
Heimkino). Allein diese Segmente setzten zusammen
27,7 Milliarden Euro um und insgesamt belief sich der
analoge Umsatz sogar auf 37,7 Milliarden Euro. Doch
ihr Anteil am Gesamtmarkt wird von Jahr zu Jahr ein
bisschen kleiner. Dafür sind vor allem Einbußen im Print
bereich verantwortlich. Gedruckte Bücher und Zeitungen
verzeichneten einen Rückgang von jeweils 1,3 %,
physische Publikumszeitschriften sogar von 5,3 %.
Es sind auch diesmal wieder die digitalen Angebote,
die Bewegung in den Markt bringen und für Zuwächse
sorgen. Über das Internet verbreitete Services punkten
mit räumlich und zeitlich unabhängiger Verfügbarkeit.
Im Jahr 2018 machten die digitalen Erlöse mit
15,3 Milliarden Euro bereits mehr als ein Viertel des
gesamten Umsatzes aus. Beim Musikhören haben digitale
Produkte bereits den Markt erobert: Das Musikstreaming
bildete dort 2018 erstmals das stärkste (Sub-)Segment,
physische Tonträger rückten in die zweite Reihe.
Sich Filme und Serien über das Internet anzusehen,
ist inzwischen über alle Altersgruppen hinweg Teil
des täglichen Medienkonsums. Viele greifen auf Live
streaming- und Video-on-Demand(VoD)-Angebote zurück.
Auch für Werbetreibende erweist sich die Medienbranche
offensichtlich als ausgesprochen attraktiv: Das Werbe
aufkommen verzeichnete ein robustes Wachstum von
insgesamt 2,4 % auf 19,9 Milliarden Euro. Allerdings
verlagert sich ein immer größerer Teil des Werbemarkts
in den digitalen Bereich. Die Onlinewerbung verzeichnete
2018 ein Plus von 7,8 % und einen Umsatz von insgesamt
8,0 Milliarden Euro.
Noch ist E-Sport mit einem Umsatz von
62,5 Millionen Euro ein zartes Pflänzchen in der Medien
landschaft. Die Szene professionalisiert sich aber
zunehmend innerhalb von Vereinen, Verbänden und
Ligen. Allein Sponsorengelder brachten den Veranstaltern
dieser Wettkämpfe für Computer- und Konsolenspielen
Einnahmen von insgesamt 23,3 Millionen Euro ein und
damit ein Plus von 23,1 %.
1 Markt im Überblick
Eine ganze Reihe innovativer Produkte, die heute bereits
auf dem Markt sind, werden ihr Potenzial erst noch richtig
entfalten, wenn der neue Mobilfunkstandard 5G verfügbar
ist, der die Übertragung großer Datenmengen ermöglicht.
Das gilt für Cloud-Gaming- und Virtual-Reality-Angebote
genauso wie für digitale Out-of-Home-Werbung.
12. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 12
Executive Summary
Der Medienmarkt ist getrieben von technologischen
Innovationen. Junge Leute, die mit Smartphone und
Internet groß geworden sind, verändern mit ihren
Nutzungsgewohnheiten die Geschäftsmodelle der
Unternehmen. Hinzu kommt der Einfluss regulatorischer
Vorgaben. Unternehmen müssen angesichts neuer
gesetzlicher Bestimmungen nachjustieren – im Hinblick
auf die Nutzung und Sicherheit der Daten wie auch im
Hinblick auf steuerliche Aspekte. Aktuelle Beispiele
dafür sind das bereits geltende Geoblocking-Verbot,
das geplante IT-Sicherheitsgesetz 2.0 und eine mögliche
Digitalsteuer, bei der sich unter anderem die EU-Staaten
derzeit um eine einheitliche Regelung bemühen.
Bisher konnten sich die EU-Mitgliedsstaaten noch nicht
auf die Einführung einer einheitlichen Digitalsteuer
einigen. Doch die Diskussion um die Besteuerung digitaler
Geschäftsmodelle ist in vollem Gang. Spätestens 2020
sollen Reformvorschläge vorliegen. Von dem Ergebnis ist
vor allem die Medienbranche betroffen.
Grundsätzlich erlauben internationale Besteuerungs
prinzipien, wie sie im OECD-Musterabkommen zur
Vermeidung von Doppelbesteuerungen geregelt sind,
eine Besteuerung an dem Ort, an dem die Umsatzerlöse
erzielt werden, immer nur dann, wenn eine physische
Unternehmenspräsenz vorliegt. Doch gerade das ist bei
digitalen Geschäftsmodellen oft nicht der Fall. Sie haben
in Ländern, in denen sie Umsätze generieren, häufig
keine eigene Betriebsstätte oder Mitarbeiter vor Ort. Die
durch ein digitales Geschäftsmodell erzielten Erträge
bleiben im Staat des Absatzmarktes also unversteuert.
Ein Ansatz, das zu ändern, könnte darin bestehen, den
Begriff der Betriebsstätte neu zu definieren. So könnte
auch eine digitale Betriebsstätte dazu zählen, sodass
deren Umsatzerlöse dort versteuert werden können, wo
sie erzielt werden.
Nachdem sich die Europäische Union im März 2019
auf keine Lösung verständigen konnte, hat Frankreich
inzwischen eine Regelung auf nationaler Ebene
eingeführt. Dort wird auf digitale Umsätze eine Steuer
in Höhe von 3 % erhoben. Das gilt allerdings nur für
Unternehmen, deren Umsätze aus digitaler Tätigkeit
mehr als 750 Millionen Euro weltweit und mehr als
25 Millionen Euro in Frankreich betragen. So sind vor
allem US-amerikanische Internetriesen wie Google,
Amazon, Facebook und Apple davon betroffen. Sollte eine
EU-weite Regelung eingeführt werden, will Frankreich die
französische Digitalsteuer insoweit zurückerstatten, wie
sie über die internationale Digitalsteuer hinausgeht. In
Österreich soll ab 2020 ein ähnliches Besteuerungsmodell
wie in Frankreich gelten, das aber einen Steuersatz von
5 % vorsieht. Von dieser Digitalsteuer sollen mindestens
15 Millionen Euro dem digitalen Transformationsprozess
österreichischer Medienunternehmen zugutekommen.
2 Highlights 2.1 Die Planungen laufen: Digitalsteuer auf internationaler Ebene
13. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 13
Executive Summary
Der Onlinehandel boomt: Mit der Geoblocking-Verordnung
vom 3. Dezember 2018 zwingt die Europäische Union
Anbieter, ihre Leistungen in allen Mitgliedsstaaten zu
gleichen Konditionen anzubieten. Ansonsten drohen
Bußgelder von bis zu 300.000 Euro. Allerdings lässt die
Verordnung gerade bei Medien Ausnahmen zu – vorläufig
zumindest.
Mit Geoblocking können Anbieter die Nutzung einer
Website für bestimmte Kundenkreise einschränken oder
den Zugriff sogar komplett unterbinden. Das ist in der
Praxis relevant, wenn Nutzer anhand ihrer IP-Adresse
automatisch auf länderspezifische Seiten geleitet
werden. Durch Geoblocking lässt sich auch steuern, ob
Webseiteninhalte in bestimmten EU-Ländern überhaupt
angezeigt werden oder allgemeine Geschäftsbedingungen
je nach Land verschieden sind. Auch werden Waren
im Onlinehandel oft zu Preisen angeboten, die an das
Niveau des Aufenthaltsortes der Kunden angepasst sind.
Doch damit ist jetzt Schluss: Die Adresse der Nutzer,
Telefonnummer oder Zahlungsmittel, die Rückschlüsse
auf die Herkunft zulassen, dürfen laut der Geoblocking-
Verordnung vom 3. Dezember 2018 nicht mehr dazu
missbraucht werden, Kunden zu diskriminieren. Kunden
aus anderen EU-Mitgliedsstaaten sollen nach dem Shop-
like-a-local-Prinzip denselben Zugang zu Waren und
Dienstleistungen erhalten wie Einheimische.
Ausnahmen gibt es jedoch im Medienbereich: Schließlich
geht es dort oft um Werke, die entsprechend den
Bestimmungen eines Landes urheberrechtlich geschützt
sind. Bei E-Books, Musik-Streamingangeboten und
Podcasts erlaubt die Geoblocking-Verordnung deswegen
allgemeine Geschäftsbedingungen, die je nach Land
verschieden sind. Eine Ausnahme macht der Gesetz
geber auch bei Übertragungen von Sportveranstaltungen,
denen ausschließliche Gebietslizenzen zugrunde liegen.
Überträgt beispielsweise ein privater Sportsender in
Deutschland Fußballspiele der Champions League
über das Internet, darf er Nutzer anderer europäischer
Länder durchaus ausschließen. Bei Büchern dürfen
unterschiedliche Nettopreise gelten, sofern dies dem
Recht des jeweiligen Mitgliedsstaats entspricht. In
Deutschland legt beispielsweise das Buchpreisbindungs
gesetz die Preise fest.
Ob diese Ausnahmen – vor allem für den audiovisuellen
Bereich – auch in Zukunft gelten, wird derzeit noch
überprüft und entscheidet sich bis zum 23. März 2020.
Ebenfalls offen ist noch die Frage, ob Livestreamüber
tragungen von E-Sport-Wettbewerben oder -Ligaspielen
unter die Verordnung fallen. Dies hängt maßgeblich davon
ab, ob solche Dienste nach Gebietslizenzen erbracht
werden und ob E-Sport-Übertragungen generell als
Sportveranstaltung gewertet werden können.
2.2 Geoblocking-Verbot der EU: Es gibt Ausnahmen für Medien
Als Reaktion auf die Einführung der Digitalsteuer in
Frankreich, die primär US-Unternehmen betrifft, hat
die amerikanische Regierung bereits mit Strafzöllen
auf französische Produkte gedroht. Schon daran ist zu
erkennen, dass bei einer Digitalsteuer Lösungen auf
OECD-Ebene gefunden werden müssen. Die Task Force
on the Digital Economy der OECD arbeitet derzeit an
einer umfassenden Analyse digitaler Geschäftsmodelle.
Es liegen eine Reihe verschiedener Vorschläge auf dem
Tisch. Egal, welche Lösung sich durchsetzt: In jedem
Fall müssen die jeweiligen OECD-Musterabkommen zur
Vermeidung von Doppelbesteuerungen entsprechend
angepasst werden. Damit wird die Diskussion um die
Besteuerung der digitalen Unternehmen im Jahr 2019
zu einer Diskussion um die weltweite Neuordnung der
Besteuerungsrechte zwischen Produktionsstaaten und
Marktstaaten. Die OECD plant, ihren Abschlussbericht
einschließlich konkreter Reformvorschläge spätestens im
Jahr 2020 zu veröffentlichen.
14. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 14
Executive Summary
Das bereits geltende IT-Sicherheitsgesetz von 2015 nimmt
vor allem Betreiber kritischer Infrastrukturen wie Energie,
Wasser, Gesundheit oder Telekommunikation in den Blick.
Das jetzt als Entwurf vorliegende IT-Sicherheitsgesetz 2.0
greift weiter: Es stuft auch den Sektor Medien und Kultur
als „Kritische Infrastruktur im besonderen öffentlichen
Interesse“ ein. Denn verlässliche Informationen sind ein
schützenswertes Gut.
Das Bundesinnenministerium (BMI) hat am 27. März 2019
einen Referentenentwurf zum IT-Sicherheitsgesetz 2.0
(IT-SiG 2.0) vorgelegt. Es zielt auf den Schutz der Bürger
wie auch der öffentlichen Informationstechnik. Daneben
verpflichtet es aber auch Unternehmen, die von großer
Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen sind,
sich gegen Gefahren wie Cyberangriffen zu schützen.
Der Sektor Medien und Kultur wird in dem Entwurf
als „Kritische Infrastruktur“ (Kritis) gewertet, dessen
wesentliche Aufgabe es ist, die Öffentlichkeit störungs
frei mit verlässlichen Informationen zu versorgen. Das
betrifft vor allem Unternehmen und Institutionen im
Bereich Fernsehen und Radio wie auch die Presse und die
digitalen Medien.
Medienunternehmen werden weltweit immer wieder zum
Ziel von Cyberangriffen. In bekannt gewordenen Fällen
ging es überwiegend darum, politische Botschaften
zu platzieren oder mittels Satire Aufmerksamkeit zu
erzeugen. Doch die eigentliche Gefahr droht der Branche,
wenn Medien im Zuge von Cyberattacken durch gezielte
Falschmeldungen ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen
der Öffentlichkeit verlieren.
Das IT-SiG 2.0 erfasst nur Unternehmen, die gewisse
Schwellenwerte überschreiten. Noch sind die genauen
Kriterien, ab wann eine Organisation als KRITIS-
relevant gilt, unklar. Doch wer dazuzählt, ist verpflichtet,
Vorkehrungen zum Schutz der eigenen Infrastruktur zu
treffen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informations
technik (BSI) definiert dazu Mindeststandards, die sich auf
die technische Ausstattung, Abläufe, die Organisation bis
hin zu baulichen Maßnahmen beziehen können. Es ist zu
erwarten, dass das Gesetz den Unternehmen dafür eine
Umsetzungsfrist bis 2022 einräumt.
2.3 Die Sicherheit von Informationen ist von erheblicher Bedeutung
Eine grundlegende Informationssicherheit stellt meist
eine lösbare Aufgabe dar, bei der sich der zeitliche und
finanzielle Aufwand in Grenzen halten sollte. Zu dem
Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS)
gehört auch eine Meldestelle, über die KRITIS-Betreiber
und das BSI rund um die Uhr kommunizieren können.
Dort können Betreiber Sicherheitsvorfälle melden, wenn
sie wollen, auch anonym. Das BSI kann reagieren und
im Gegenzug Unternehmen des Sektors Medien und
Kultur über Bedrohungen und Schwachstellen proaktiv
informieren. Denn Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen,
ist bereits eine wichtige Maßnahme zur Abwehr bisher
unbekannter Bedrohungen. Informationssicherheit ist
kein Projekt, sondern ein fortlaufender Prozess und Teil
der Unternehmensphilosophie und -strategie. Gerade
die Sensibilisierung interner und externer Mitarbeiter
spielt bei Medien eine zentrale Rolle. Sie müssen nach
vollziehen können, warum sie besser regelmäßig ihr
Passwort wechseln, wieso es keine gute Idee ist, sensible
Interviewnotizen in der privaten Cloud zu speichern oder
warum sie nicht mehr wie früher auf alle Netzlaufwerke
zugreifen können. Erfahrungen zeigen, dass Mitarbeiter
genau diese Dinge oft als gravierenden Einschnitt in
ihre kreative Freiheit empfinden. Unabhängig von ihrer
KRITIS-Relevanz ist Unternehmen des Sektors Medien
und Kultur generell zu empfehlen, ihre technischen
und organisatorischen Maßnahmen im Hinblick auf IT-
Sicherheit zu überprüfen. Die gesetzlichen Vorgaben
können da als Leitfaden dienen – auch wenn in der Praxis
der Teufel oft im Detail steckt.
15. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 15
Executive Summary
3 Zentrale Erkenntnisse aus den Segmenten
Bücher: Leser halten an gedruckter Ausgabe fest
Der Buchmarkt erweist sich 2018 als stabil: Mit
9,1 Milliarden Euro hat sich der Umsatz im Vergleich
zum Vorjahr so gut wie nicht verändert. Deutschland
landet im weltweiten Vergleich auf Platz vier –
hinter den USA, China und Japan. Dabei hat sich
der Anteil aus dem Verkauf von E-Books erneut
erhöht. Die Erlöse stiegen um 11,5 % und machen
mit 1,1 Milliarden Euro jetzt 11,7 % des gesamten
Umsatzes im deutschen Buchmarkt aus. Dagegen
verzeichnet der Printbereich (inklusive Hörbücher)
einen Rückgang von 1,3 % auf 8,1 Milliarden Euro.
1
Trotzdem halten deutsche Leser im Vergleich zu
anderen Ländern dem gedruckten Buch die Treue:
Denn international liegt der E-Book-Anteil bereits bei
19,6 %. Vor allem Privatleute, die in ihrer Freizeit lesen,
greifen offensichtlich lieber zu Printausgaben: Nur 5 %
des E-Book-Anteils im Consumer-Bereich geht auf sie
zurück, während es weltweit 18,7 % sind. Es sind vor
allem Professionals, die Bücher in elektronischer Form
in ihrem beruflichen Kontext nutzen. Bei ihnen machen
E-Books ein Viertel des Umsatzes (25,4 %) aus.
Auch im Hinblick auf die Vertriebsformen gibt es kaum
Veränderungen: Gut die Hälfte der Bücher (57,9 %) wird
direkt vor Ort gekauft, der Online- und Versandhandel
macht 20,7 % aus und ist damit fast genauso hoch wie
der direkte Absatz der Verlage (21 %).
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels
diagnostiziert einen schleichenden Rückgang des
Bücherlesens infolge konkurrierender Freizeitangebote
und digitaler Medien. Der Anteil der Käufer ist unter
den 20- bis 49-Jährigen besonders rückläufig. Dafür
geben die Käufer tendenziell durchschnittlich mehr für
Bücher aus.
Zeitungen: Den digitalen Wandel meistern
Der deutsche Zeitungsmarkt ist der größte Europas. Er
zeichnet sich durch eine große Vielfalt und ein breites
regionales Angebot aus. 323 Tageszeitungen mit einer
Auflage von 14,1 Millionen Exemplaren sind der Beleg
dafür. Doch der Markt schwächelt: Mit einem Gesamt
umsatz von 7,6 Milliarden Euro verzeichnen Zeitungen
2018 einen Rückgang von 1,3 %. Dabei setzt sich die
Verschiebung von der klassischen gedruckten Zeitung
2
hin zu digitalen Angeboten weiter fort. Zwar bauen
Verlage ihren Internetauftritt immer weiter aus, doch
unter Zeitungslesern ist die Zahlungsbereitschaft für
Onlineausgaben gering. 212 Verlage versuchen über
Paid-Content-Angebote Umsätze im digitalen Bereich
zu generieren. Durchgesetzt hat sich vor allem das
Freemium-Modell, das ein Basispaket gratis bietet. Der
volle Leistungsumfang ist aber nur auf Zahlungsbasis
erhältlich.
Im Printbereich sanken auch die Werbeerlöse
von 2,5 Milliarden 2017 auf 2,4 Milliarden Euro im
Jahr 2018. Im Digitalbereich stiegen sie dagegen
leicht auf insgesamt 325 Millionen Euro. Neben den
Umsätzen aus Werbe- und Lesermarkt könnte ein
neues Einnahmemodell in den nächsten Jahren an
Relevanz gewinnen: Gemeinnützige Stiftungen in
Europa sind zunehmend bereit, in den Qualitäts
journalismus zu investieren – als Beitrag zu
einer funktionierenden Gesellschaft, die auf eine
unabhängige Berichterstattung angewiesen ist.
16. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 16
Executive Summary
Zeitschriften: Experimentieren mit neuen Formaten
Der Zeitschriftenmarkt verzeichnet seit Jahren einen
Rückgang bei Vertriebs- und Werbeerlösen. Dieser
Trend hat sich auch 2018 fortgesetzt. Der Umsatz des
Gesamtmarktes ging um 1,5 % auf 5,2 Milliarden Euro
zurück. Auslöser dafür sind vor allem Publikums
zeitschriften, die nach wie vor den größten Anteil am
Gesamtmarkt ausmachen. Bei ihnen fiel der Umsatz
um 3,7 % und belief sich 2018 auf 3,2 Milliarden Euro.
3
Digitale Erlöse erreichten ein Volumen von
798 Millionen Euro und erzielten damit ein Plus von
16,6 %. Vor allem Fachzeitschriften erweisen sich
für Verlage als verlässliches Standbein: Sie legten
um 2,2 % zu. Bei ihnen schlagen die Zuwächse im
digitalen Bereich mit einem Plus von 21,2 % auf
445 Millionen Euro besonders deutlich zu Buche.
Doch die Rückgänge bei den Publikumszeitschriften
kann das nicht ausgleichen. Verlage suchen nach
neuen Formaten, um Leser zu gewinnen. Als Modell mit
Potenzial könnten sich Personality-Magazine erweisen,
die sich auch in Deutschland durchsetzen. Die Idee:
Stars leihen einem Magazin ihren Namen, fungieren
als Sympathieträger und Ideengeber. Sie sind aber
auch redaktionell involviert und mit eigenen Beiträgen
vertreten. So kann Gruner + Jahr mit seinem zehn Mal
jährlich erscheinenden Magazin Guido – von und mit
Designer und Moderator Guido Maria Kretschmar –
auf eine verkaufte Auflage von aktuell 120.000 Stück
verweisen.
Musik: CD Co. rücken in die zweite Reihe
Es ist so weit: 2018 verlieren physische Tonträger mit
einem Anteil von 37,7 % die Führerschaft im Markt für
aufgenommene Musik. Der rückläufige Trend zeichnet
sich schon seit Jahren ab: 2018 gingen die Umsätze
in diesem Bereich um 19,2 % auf 685 Millionen Euro
zurück. Insgesamt umfasst der deutsche Musik
markt 2018 ein Volumen von 3,8 Milliarden Euro, das
bedeutet einen Rückgang von 1,2 % im Vergleich zum
Vorjahr.
4
Zugelegt hat auch in diesem Segment vor allem
das digitale Geschäft mit einem Plus von 21,1 % auf
897 Millionen Euro: Dabei bildet Audiostreaming mit
einem Umsatzanteil von 40,4 % das stärkste Segment.
Dort geben die großen Player Spotify, Apple, Amazon
und Google den Ton an – allerdings unter wachsendem
Wettbewerbsdruck angesichts neuer Player wie
YouTube Music Premium.
Zum Markt der aufgenommenen Musik zählt ebenfalls
die Synchronisation, also der Einsatz von Musik
für TV, Film, Videospiele und Werbung. Auch da
zeigt die Kurve mit Erlösen von 10 Millionen Euro
(2017: 7 Millionen Euro) weiter nach oben. Zugelegt
haben auch die Umsätze aus Konzerten: Die Ticket
verkäufe stiegen um 2,7 % auf 1,57 Milliarden Euro,
die Umsätze aus Sponsoringaktivitäten um 0,6 %
auf 419 Millionen Euro. Der Livemusikmarkt legte
insgesamt um 2,3 % zu und weist damit ein stabiles,
moderates Wachstum auf.
5
Radio und Podcast: Mit Immer-und-überall-
Verfügbarkeit punkten
Der Hörfunk erweist sich mit 877 Millionen Euro als
starker Markt und legt inklusive Podcasts 2018 sogar
noch um insgesamt 4,2 % zu. Das Radio behauptet
dabei seinen Platz als stärkstes Massenmedium im
Hörfunkmarkt und erreicht etwa 58 Millionen Zuhörer –
und das meist über UKW. Auch wenn bei den
Werbeeinnahmen das Plus nur 0,6 % beträgt und
sich das Wachstum damit deutlich verlangsamt,
verzeichnet das traditionelle Radio hohe Einnahmen
von 789 Millionen Euro. Trotz dieser Dominanz ist
der Onlineradiomarkt nicht zu unterschätzen. Bei
den Werbeeinnahmen verzeichnet diese Sparte seit
2015 ein kontinuierliches Wachstum von mehr als
30 % jährlich. Auch 2018 beträgt das Plus 34,5 % und
beläuft sich damit auf 39 Millionen Euro. Besonders
eindrücklich ist die Entwicklung bei Podcasts: Noch
2014 generierte dieses Segment in Deutschland
2 Millionen Euro an Werbeeinnahmen, 2018 waren
es bereits 48 Millionen Euro. Podcasts punkten mit
Flexibilität und Verfügbarkeit: Per Download können
sie immer und überall gehört werden. Podcastserien
lassen sich sogar abonnieren. Dieser Service kommt
vor allem bei 14- bis 29-Jährigen gut an.
17. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 17
Executive Summary
Kino: Der Dino in Sachen Unterhaltung schwächelt
Es ist das schlechteste Ergebnis seit 1992: Der
Umsatz des deutschen Kinomarktes ging 2018
von 1,2 Milliarden auf 978 Millionen Euro zurück
und brach damit um 14,9 % ein. Keiner der viel
versprechenden Blockbuster wie Phantastische
Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen und Avengers:
Infinity War knackte die Vier-Millionen-Besucher
marke. Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
lockte als erfolgreichste deutsche Produktion
1,8 Millionen Zuschauer in die Kinos. Insgesamt fielen
die Besucherzahlen von 122 Millionen im Jahr 2017 auf
105 Millionen. Auch die Einnahmen aus Kinowerbung
6
verzeichneten ein Minus von 15,4 %. Doch es wurden
nicht nur weniger Tickets verkauft, auch die Preise
sanken um 1,2 % auf durchschnittlich 8,53 Euro pro
Eintritt.
Verantwortlich für diesen Rückgang sind der heiße,
lange Sommer und die Fußballweltmeisterschaft. Doch
es gibt auch strukturelle Gründe: Die Streamingdienste
nehmen Kinobetreibern mehr und mehr Besucher
ab, die sich hochklassige Filme zu Hause in hoch
auflösender Qualität ansehen können. 2018 lag VoD
mit einem Umsatz von knapp über 1 Milliarde Euro
erstmals über dem Kinoumsatz.
Um dem etwas entgegenzusetzen, versuchen
Betreiber, den Kinobesuch zum Erlebnis werden
zu lassen. Sogenannte Premiumkinos treffen mit
Begrüßungsgetränken, Beinfreiheit, Bedienung und
Logenplätzen den Geschmack eines bestimmten
Publikums, das dafür auch hochpreisige Tickets
akzeptiert. Etabliert haben sich auch Live-Über
tragungen aus großen Opernhäusern, Filme in
Originalversion und das Vorstellen von Serien, die das
klassische Filmprogramm ergänzen.
Fernsehen: Inhalte abrufbar bereitstellen
Der Fernsehmarkt entwickelt sich mit einem Anstieg
der Umsätze um 3,3 % auf 5,7 Milliarden Euro positiv.
Doch hinter diesen Zahlen verbergen sich hetero
gene Strömungen: Allen Unkenrufen zum Trotz, die
dem Programmfernsehen bald das Aus prophezeien,
dominiert das lineare Fernsehen bei der Bewegt
bildnutzung in Deutschland nach wie vor den Markt.
Durchschnittlich verbringt jeder Deutsche täglich
dreieinhalb Stunden vor dem Bildschirm. Dabei haben
die privaten Fernsehsender, allen voran die RTL-
Gruppe, mit einem Marktanteil von 51,8 % die Nase
vorn, wenn auch mit leicht rückläufiger Tendenz. Die
öffentlich-rechtlichen Anstalten konnten mit einem Plus
von 1,8 Prozentpunkten den positiven Trend aus dem
Vorjahr aufgreifen und kommen auf einen Marktanteil
von 48,2 %. Vor allem die ARD-Gruppe steigerte ihren
Anteil um 2,6 Prozentpunkte auf 29,7 %.
7
Parallel dazu sind nicht-lineare Dienste wie Internet
videos stark im Kommen und stehen somit in einem
intensiven Wettbewerb mit dem Fernsehmarkt.
VoD legte um 29,1 % zu und kommt damit auf einen
Nutzungsanteil von 23,1 %. Dabei gilt: Je jünger
die Zuschauer, desto mehr nutzen sie Angebote
unabhängig von festen Sendezeiten. Schon heute
beziehen die 14- bis 29-Jährigen ihr Fernsehprogramm
überwiegend als VoD, das lineare Fernsehen verfolgen
sie nur noch anderthalb Stunden am Tag. Zuwächse
verzeichnet auch das Pay-TV in der Anzahl der
Abonnenten und Sender: Es legt mit einem Umsatz
von 2,4 Milliarden Euro 2018 um 4,0 % zu.
18. Executive Summary
Internetvideos: Aufwendige Eigenproduktionen
VoD-Angebote werden immer beliebter: Über alle
Altersgruppen hinweg hat sich ihr Anteil an der
gesamten Mediennutzung 2018 um 29,1 % erhöht.
Das betrifft kostenpflichtige Angebote genauso wie
die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender.
YouTube ist mit 34,2 % das meistgenutzte VoD-
Angebot.
Um Filme, Serien und Videoclips kostenpflichtig im
Netz abzurufen, werden verschiedene Geschäfts
modelle angeboten: Beim Subscription-VoD (S-VoD)
können gegen eine monatliche Abonnement
gebühr unbegrenzt Inhalte angesehen werden. Bei
Transactional-Video-on-Demand (T-VoD) können
einzelne Titel geliehen oder gekauft werden. Mit 19 %
der Zuschauer nutzt inzwischen fast jeder Fünfte
solche Bezahlangebote. Für Internetvideos wurden
8
2018 in Deutschland knapp über 1 Milliarde Euro
ausgegeben – etwa zwei Drittel davon für Streaming
abonnements. Dies entspricht einem Wachstum des
Gesamtumsatzes von 20,9 % im Vergleich zum Vorjahr.
Der Markt der Streamingdienste wird von Amazon
Prime Video und Netflix dominiert. Ein wesentliches
Merkmal, um sich von der Konkurrenz abzugrenzen,
sind aufwendige Eigenproduktionen. Deutlichen
Einfluss darauf hat die im November 2018 erlassene
EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste. Sie
schreibt Streamingplattformen einen Mindestanteil von
30 % europäischer Inhalte vor. Dies zeigt unmittelbar
Auswirkungen auf die Strategie der VoD-Anbieter.
Netflix hat bereits 2018 rund 1 Milliarde US-Dollar in
die Produktion von 141 europäischen Originals und
Koproduktionen investiert, im Jahr 2019 sollen es
221 Produktionen werden.
Lineare TV-Werbung: Inhalte werden immer
individueller
Laut dem Zentralverband der deutschen Werbe
wirtschaft ist die lineare Fernsehwerbung mit einem
Marktanteil von 29 % das werbestärkste Medium.
92,2 % der Deutschen sahen 2018 regelmäßig fern.
Sogar bei den internetaffinen 14- bis 25-Jährigen
finden noch 63 % der Kontakte mit Videowerbung im
linearen TV statt.
Doch dieses Geschäftsmodell bekommt erste Risse
infolge der Konkurrenz von Onlinevideoanbietern wie
YouTube und VoD-Anbietern wie Amazon Prime Video
9
und Netflix: Zuschauer verbringen weniger Zeit mit
linearen Fernsehangeboten, die Reichweite geht damit
zurück. Dementsprechend sind die Umsatzerlöse
aus dem linearen TV-Werbemarkt in Deutschland im
vergangenen Jahr um 1,2 % gesunken.
Auch die TV-Werbung nutzt neue technologische
Chancen, um ihre Inhalte besser auf Nutzer
zuzuschneiden. Möglich wird das durch Smart-TVs.
Mehr als die Hälfte der TV-Haushalte in Deutschland
besitzt solche Geräte, die in der Lage sind, nutzer
bezogene Daten zu sammeln. Mit diesem Wissen
können Werbeinhalte genau auf Zielgruppen
ausgerichtet werden. Programmatic Advertising (PA)
macht die TV-Werbung effizienter und effektiver, weil
sie Streuverluste vermeidet.
Damit sind die Möglichkeiten, Werbeinhalte individuell
anzupassen, jedoch noch nicht ausgeschöpft. Ist das
TV-Gerät mit dem Internet verbunden, kann Werbung
unabhängig vom Inhalt der TV-Programme geschaltet
werden (Adressable TV). Fernsehinhalte lassen sich
dann auch mit sozialen Onlinemedien kombinieren
(Social TV). Der Einsatz von künstlicher Intelligenz stellt
einen weiteren Schritt dar, um Werbeausstrahlungen in
Echtzeit optimal auf Einzelne zuzuschneiden.
German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 18
19. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 19
Executive Summary
Onlinewerbung: Bewegte Bilder und
Sprachassistenten
Onlinewerbung ist ein nach wie vor prosperierender
Markt, auch wenn sich das Wachstum allmählich
abschwächt. 2018 lag die Zuwachsrate bei 7,8 % (2017:
8,9 %), insgesamt erwirtschaftete dieses Segment
einen Umsatz von rund 8 Milliarden Euro. Dabei treten
zwei Entwicklungslinien immer deutlicher hervor:
Stärkster Wachstumstreiber ist die Werbung auf
mobilen Endgeräten und innerhalb mobiler Videos.
Der Anteil mobiler Werbung am gesamten Werbe
mix lag 2018 bei 13,1 % mit einem Volumen von
einer Milliarde Euro und verbuchte damit ein Plus von
26,8 % im Vergleich zum Vorjahr.
10
Insgesamt geht der Trend bei der Onlinewerbung
hin zu bewegten Bildern in Form von Videos. Diese
Werbeform generierte – stationär wie mobil – im
vergangenen Jahr ein Volumen von einer Milliarde Euro
und verbucht damit ein Plus von 23,7 %. Grund dafür
ist, dass Werbetreibende einen Teil ihres traditionellen
TV-Budgets offensichtlich hin zu mobilen Onlinevideos
verlagern.
Im Gegensatz dazu verlieren statische Werbebanner
an Bedeutung. Ihr Anteil blieb mit einem Umsatz von
1,6 Milliarden Euro und einem Plus von 3,0 % hinter
dem Gesamtmarkt zurück.
Neue Ansatzpunkte für innovative Werbeformen liefern
Sprachassistenten wie Amazons Alexa. Sie eröffnen
die Möglichkeit, mit Kunden in Kontakt zu treten und
Daten zu generieren, die für das Marketing genutzt
werden können. Es wird geschätzt, dass schon ab dem
kommenden Jahr die Hälfte aller Suchanfragen per
Voice Search getätigt werden.
Datenkonsum: Der Bedarf steigt und steigt
Videostreaming und die Vernetzung des täglichen
beruflichen und privaten Lebens lassen den Daten
konsum steigen und steigen: Der Gesamtmarkt
verzeichnete 2018 ein Wachstum von 26,7 %. In
Deutschland benötigten Nutzer in einem Jahr
ein Datenvolumen von 47,6 Milliarden Gigabyte,
10 Milliarden mehr als 2017. Das entspricht 2018
einem Volumen von 888 Gigabyte pro Einwohner in
Deutschland. Dafür verantwortlich sind in erster Linie
Videos mit einem Anteil von 77,6 %. Bildauflösungen,
die über HD oder Full-HD hinausgehen, vergrößern das
Datenvolumen weiter.
Mit großem Abstand an zweiter Stelle folgt der
Kommunikationsbereich mit E-Mails, Voice Messages
und Chatprogrammen, der mit einem Datenvolumen
von 4,4 Milliarden Gigabyte zu Buche schlägt. Dabei
entfallen in diesem Bereich nur 25 % der Datenmenge
auf mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets.
11
Das Gros fällt durch stationäre Breitbandanschlüsse
an, deren Zahl 2018 um etwa 39 % auf aktuell
6,8 Millionen Anschlüsse gestiegen ist. Dagegen
benötigen Social Networking und Spiele ein deutlich
geringeres Datenvolumen.
Vor allem digitale Sprachassistenten dürften in Zukunft
zu den Treibern des Datenkonsums zählen. Sie haben
inzwischen den Massenmarkt erreicht und sind
integraler Bestandteil im Bereich Smart Home. Konnten
sich im Jahr 2016 gerade einmal 5 % der Deutschen
etwas unter einem Sprachassistenten vorstellen, sind
heute für vier von fünf der Befragten damit vertraut. In
etwa 13 % aller deutschen Haushalte sind Siri Co.
bereits selbstverständliche Ansprechpartner.
20. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 20
Executive Summary
Videospiele: Gaming-Plattformen gehen an den
Start
Der Gaming-Bereich zieht immer mehr Fans in seinen
Bann. Computer- und Videospiele verzeichneten
ein Plus von 5 % bei einem Gesamtumsatz von
4,7 Milliarden Euro. Dabei entwickelten sich Social und
Casual Games deutlich stärker als das traditionelle
Konsolen- und PC-Geschäft. Insbesondere die App-
basierten Spiele weisen ein Wachstum von mehr als
10 % im Vergleich zum Vorjahr auf. Sie allein erzielen
einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro. Dabei werden
App-Umsätze durch Casual Games hauptsächlich
mittels der In-Game-Käufe, also Mikrotransaktionen,
13
generiert – die Spiele selbst sind meist gratis als
Download verfügbar (Freemium-Modell). Dagegen
büßten die Konsolenspiele um 7,3 % ein, ihr Umsatz
betrug 2018 969 Millionen Euro.
Einen Vorgeschmack auf die Zukunft der Branche
geben Cloud-Gaming-Services. Das Spiel und die
Interaktion mit dem Nutzer werden dabei extern auf
einem Server verarbeitet, der Nutzer streamt das
Spiel live mit einem beliebigen Endgerät. Die Spiel
erfahrung hängt somit nicht mehr von hochleistungs
fähigen Konsolen und PCs ab. Bereits für November
2019 hat Google seinen Cloud-Gaming-Service Stadia
angekündigt, der als Abo genutzt werden kann.
Videospiele gewinnen offensichtlich in allen Alters
gruppen Fans hinzu: So ist das Durchschnittsalter von
31 auf 36 Jahre gestiegen. Auch der Anteil der Gamer,
die 50 Jahre und älter sind, nimmt weiter zu. Sie
machen bereits mehr als 28 % der 34 Millionen Nutzer
in Deutschland aus.
E-Sport: Der Markt entwickelt sich rasant
Der E-Sport, also organisierte Wettkämpfe mit
Computer- und Konsolenspielen auf professionellem
wie semiprofessionellem Niveau, entwickelt sich
rasant. So erzielte unter anderem der Turnier-Klassiker
Dota 2 einen Preispool von 25,5 Millionen US-Dollar –
so viel wie nie zuvor bei einer E-Sport-Veranstaltung.
Fast alle Bereiche – egal ob Sponsoring, Werbung,
Tickets oder der Verkauf von Übertragungsrechten –
haben im vergangenen Jahr enorm zugelegt. Betrug
der gesamte Umsatz 2017 noch 51,2 Millionen Euro,
stieg er 2018 auf 62,5 Millionen Euro, das entspricht
einem Zuwachs von 22 %.
12
Beim Crowdfunding für das diesjährige Dota 2-Turnier
zeichnet sich bereits ein neuer Rekord ab. Besonders
deutlich legten die Einnahmen aus dem Sponsoring zu:
Das Volumen wuchs um 23,1 % auf 23,3 Millionen Euro.
Ein weiteres Geschäftsfeld im Bereich E-Sport,
das besonders schnell wächst, ist der Verkauf
von Übertragungsrechten mit einem Umsatz von
13,1 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet
dies ein Plus von mehr als 25 %.
Die E-Sport-Szene professionalisiert sich zunehmend.
Das zeigt sich beispielsweise in der wachsenden Zahl
von Vereinen und Verbänden. Als Bindeglied zwischen
der E-Sport-Gemeinde und der Politik fungiert der
Fachsportverband eSport-Bund Deutschland e. V.
(ESBD), der Ende 2017 gegründet wurde. Zudem
etablieren sich E-Sport-Ligen, wobei der bekannteste
Vertreter die Virtuelle Bundesliga (VBL) ist. Sie
veranstaltet neben der VBL Open für FIFA-19-Spieler
in diesem Jahr erstmals zusätzlich die VBL Club
Championships. Dort haben Clubs der 1. und 2.
Bundesliga die Möglichkeit, mit einem Team aus zwei
bis vier Spielern in einer separaten Liga zu spielen.
Die Übertragung von E-Sport im Fernsehen steckt
dagegen noch in den Kinderschuhen. Erste TV-Sender
versuchen, Gaming-Geschehnisse in ihre Bericht
erstattung zu integrieren. Hier sind Programm-Manager
von Fernsehsendern jedoch noch auf der Suche nach
passenden und ansprechenden Formaten.
21. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 21
Executive Summary
Virtual Reality: Der Durchbruch steht erst noch
bevor
Virtual Reality (VR) ist ein Markt mit riesigem Potenzial
im Gaming-Bereich, aber auch im Bildungswesen,
bei der Raumplanung, in Museen oder Ausstellungen.
14
Zwar wird die nötige Hardware dazu ständig weiter
entwickelt und es kommen immer mehr Produkte auf
den Markt, aber solange das nötige Equipment für
Privatleute relativ kostspielig ist, steht der große Durch
bruch in diesem Bereich noch aus.
Der Gesamtumsatz der deutschen VR-Branche in
den Kategorien Videos, Games und Apps stieg im
Jahr 2018 um 37,6 % auf 116 Millionen Euro. Der
Gaming-Markt macht dabei mit 62 Millionen Euro einen
Anteil von mehr als 50 % des VR-Marktes aus. VR wird
im privaten Spielbereich vor allem auf dem PC oder
der Playstation angeboten, aber auch zunehmend auf
autonomen VR-Headsets. Den zweitgrößten Bereich
bilden die Einnahmen aus VR-Videos. Hier wuchs
der Umsatz von 29 Millionen Euro im Jahr 2017 auf
43 Millionen Euro im Jahr 2018 und damit um 48,4 %.
Die Anbieter konzentrieren sich bei der Hardware
auf die Weiterentwicklung der kabelgebundenen
VR-Brillen hin zu mobilen VR-Brillen. Mixed-Reality-
Brillen schaffen einen fließenden Übergang zwischen
tatsächlicher Realität, erweiterter Realität und komplett
virtueller Realität. Ihre Anwendungsmöglichkeiten
werden sich mithilfe künstlicher Intelligenz noch
erweitern. Der neue Mobilfunkstandard 5G ermöglicht
die ortsunabhängige Nutzung von VR-Geräten. Auch
das eröffnet neue Chancen.
Außenwerbung: Warten auf den Mobilfunk
standard 5G
Der Markt für Außenwerbung – kurz OOH (Out-
of-Home Advertising) – tritt auf der Stelle. 2018
wurden Nettoumsatzerlöse von 1,2 Milliarden Euro
erwirtschaftet und damit ein leichtes Plus von 1,2 %.
Das Wachstum ist schlicht und ergreifend dadurch
beschränkt, dass Werbeflächen nur begrenzt verfügbar
sind. Anzeigen im öffentlichen Raum benötigen eine
behördliche Konzession.
15
Den Löwenanteil der Erlöse erzielen physische Werbe
träger wie Plakate und Riesenposter. Die digitale
Außenwerbung besitzt bisher dagegen nur einen
Anteil von 16 % (2017: 14,3 %) an den Nettoumsatz
erlösen. Doch das Potenzial ist enorm: Die Menschen
in Deutschland werden immer urbaner und mobiler.
Werbetreibende wie Verbraucher sind fasziniert
von innovativen Werbeformaten. Dazu zählen City-
Light-Poster, die Passanten mit Wetterberichten und
aktuellen Nachrichten versorgen, wie auch interaktive
Bildschirme, die mittels QR-Code auf dem Smartphone
weitergehende Informationen bereitstellen.
Digital lassen sich Kampagnen dynamisch und kosten
günstig gestalten, da weder Personal noch Material
für das Anbringen von Plakaten nötig ist. Eye Tracking
eröffnet die Möglichkeit, die Werbewirksamkeit
verschiedener Formen genau zu analysieren. All diese
Vorteile machen digitale Außenwerbung für Werbe
flächenanbieter attraktiv – trotz relativ hoher Anfangs
investitionen wie die Anschaffung von Displays. Für
die weitere Entwicklung ist jedoch die neue Mobilfunk
generation 5G von entscheidender Bedeutung. Sie
wird für Dynamik in diesem Segment sorgen.
22. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 22
Executive Summary
4 Prognose
Die Wirtschaft in Deutschland ist nach wie vor gut
aufgestellt. Innerhalb der kommenden fünf Jahre ist
mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts
(BIP) von durchschnittlich 1,3 % pro Jahr zu rechnen.
Die Medienbranche kann diesen Zuwachs sogar noch
toppen: Unsere Prognose geht bis zum Jahr 2023 von
einem durchschnittlichen Wachstum von 1,6 % jährlich
aus. Der deutsche Medienmarkt käme am Ende dieses
Zeitraums somit auf ein Volumen von 57,3 Milliarden Euro,
das sind knapp 4 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2018
(53 Milliarden Euro). Diese robuste Entwicklung wird von
digitalen Produkten befeuert. Innovative Produkte und
Angebote sorgen dort für Dynamik.
4.1 Werbeerlöse
Bis zum Jahr 2023 werden die Werbeerlöse aus digitalen
Angeboten fast an die Umsätze der klassischen Werbung
heranreichen: Wir rechnen bei der digitalen Werbung mit
einem Volumen von 10,7 Milliarden Euro, das entspricht
einem jährlichen Plus von 5,7 %. Dagegen geht das
Anzeigengeschäft analoger Medien durchschnittlich um
1 % pro Jahr zurück, nach unserer Berechnung liegen die
Werbeerlöse im Jahr 2023 bei 11,1 Milliarden Euro (2018:
11,7 Milliarden Euro).
4.2 Verkaufserlöse
Auch bei den Verkaufserlösen gehen die Zuwächse
auf digitale Produkte zurück: Der digitale Vertrieb wird
in den kommenden fünf Jahren durchschnittlich um
deutliche 9,4 % pro Jahr zulegen. 2023 wird der Umsatz
aus digitalen Produkten mit 11,2 Milliarden Euro dann
schon fast die Hälfte der analogen Verkaufserlöse
(24,3 Milliarden Euro) ausmachen.
Zu den umsatzstärksten Marktsegmenten zählt die
Onlinewerbung (10,3 Milliarden Euro), die in den
kommenden fünf Jahren jährlich im Schnitt um 5,3 %
wächst. Bei Büchern beläuft sich das durchschnittliche
Plus auf 1,3 % pro Jahr. Sie zählen mit 9,7 Milliarden Euro
also nach wie vor zu den zwei umsatzstärksten
Segmenten.
Die einzigen Bereiche, die bis 2023 eine leicht rückläufige
Tendenz aufweisen, sind Zeitungen, Zeitschriften, der
Fernsehmarkt (inklusive physisches Heimkino) und der
lineare TV-Werbemarkt mit einem durchschnittlichen
Minus von 0,8 bis 1,6 % pro Jahr. Es bleibt allerdings
weiterhin abzuwarten, inwieweit diese klassischen Medien
einen Weg finden, neue mediale Kanäle zu nutzen und ihre
Inhalte kundenorientiert zu vermarkten.
Wirklich rasant entwickeln sich die digitalen Newcomer
der Branche. Sie haben in den kommenden fünf Jahren
deutliche Zuwächse zu verzeichnen. Virtual Reality kann
mit einer Steigerungsrate von durchschnittlich 19,2 %
pro Jahr rechnen, bei E-Sport beträgt sie 18,1 %. Auch
Internetvideos legen nach unserer Prognose jährlich
um beachtliche 9,3 % zu. Sie kommen damit im Jahr
2023 auf einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro (2018:
1,0 Milliarden Euro). Aufgrund des anhaltenden Trends zu
Subscription-Modellen dürften die Zuwächse vor allem im
Bereich des S-VoD liegen. Videospiele werden 2023 einen
Umsatz von 6,1 Milliarden Euro erzielen, das entspricht
einem jährlichen Zuwachs von 5,2 %, wobei sich die
Entwicklung in diesem Bereich allmählich abflacht.
4.3 Segmente
23. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 23
EU und OECD wollen die Erträge, die Unternehmen
mit digitalen Geschäftsmodellen erzielen, effektiver
besteuern. Die Initiative der EU ist jedoch auf der Sitzung
des ECOFIN-Rats am 12. März 2019 gescheitert, da sich
die EU-Mitgliedsstaaten nicht auf die Einführung einer
EU-Digitalsteuer einigen konnten. Die Arbeiten an der
EU-Digitalsteuer sollen erst 2020 weitergeführt werden.
Es richtet sich der Blick deshalb verstärkt auf die Initiative
der OECD und auf nationale Regelungen zur Besteuerung
digitaler Geschäftsmodelle. Deren Auswirkungen auf die
Medienbranche werden im Folgenden näher erläutert.
Der Vorteil digitaler Geschäftsmodelle ist, dass
Unternehmen keine physische Präsenz (in Form einer
Betriebsstätte oder in Form vertretungsberechtigter
Mitarbeiter) in dem Staat, in dem die Umsätze erzielt
werden, benötigen. Internationale Besteuerungsprinzipien,
wie sie im OECD-Musterabkommen zur Vermeidung
von Doppelbesteuerungen geregelt sind, erlauben keine
Besteuerung an dem Ort, an dem die Umsatzerlöse erzielt
werden, wenn keine physische Unternehmenspräsenz
vorliegt. Die von dem Unternehmen durch ein digitales
Geschäftsmodell erzielten Erträge bleiben im Staat des
Absatzmarktes also unversteuert.
Ein Ansatz, auch die Umsatzerlöse aus digitalen
Geschäftsmodellen im Staat des Absatzmarktes zu
besteuern, ist es daher, die Betriebsstättendefinition zu
ändern. Im Ergebnis kommt es sodann zu einer digitalen
Betriebsstätte, der Erträge zuzuweisen sind und die
dem Staat, in dem die Umsatzerlöse erzielt werden, ein
Besteuerungsrecht zuweist.
Nationale Regelungen
Am 1. März 2019 hat der Rat der EU ein Political
Agreement zum Entwurf einer Richtlinie zur Besteuerung
der digitalen Wirtschaft veröffentlicht. Die EU-Mitglieds
staaten konnten sich jedoch nicht auf die Einführung einer
EU-Digitalsteuer einigen.
Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle
Higlight Artikel – Digital Tax
Highlight Artikel
Digital Tax
Autoren: Ralf Grammel und
Dr. Lars Hölzer
24. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 24
Auch Österreich, Italien, Spanien und Großbritannien
planen die Einführung einer nationalen Digitalsteuer.
Das österreichische Digitalsteuergesetz 2020 soll
zum Beispiel ab dem 1. Januar 2020 in Kraft treten.
Ziel ist es, dass aus Gründen der Steuergerechtigkeit
international tätige Unternehmen, die im Bereich der
digitalen Wirtschaft weltweit einen jährlichen Umsatz
von 750 Millionen Euro erzielen und deren Umsatz
aus digitaler Werbung in Höhe von mindestens
25 Millionen Euro aus Österreich stammt, in Österreich
einer Digitalsteuer für derartige Digitalumsätze in Höhe
von 5 % unterliegen sollen. Aus den zusätzlichen Mitteln
der Digitalsteuer sollen zumindest 15 Millionen Euro für
den digitalen Transformationsprozess österreichischer
Medienunternehmen herangezogen werden.
Vorschläge der OECD
Nachdem die OECD im März 2018 nur einen ersten
Zwischenbericht, der sich mit einer Systematisierung
digitaler Geschäftsmodelle befasst, veröffentlicht
hatte, wurde der Arbeitsauftrag an die OECD bis 2020
verlängert. Die Task Force on the Digital Economy der
OECD arbeitet seither an einer umfassenden Analyse
digitaler Geschäftsmodelle.
Am 13. Februar 2019 hat die Task Force der OECD hierzu
ein Konsultationspapier herausgegeben. Nach einem
britischen und einem US-Vorschlag sollen der steuerliche
Anknüpfungspunkt (sog. Nexus) und die Gewinnaufteilung
neu definiert werden, wodurch Besteuerungsrechte
tendenziell in die Absatzstaaten verlagert werden. Nach
dem US-Vorschlag soll den Marketing Intangibles − dies
sind insbesondere Marketingrechte, Know-how und
Kundendaten umfassende immaterielle Wirtschaftsgüter −
bei der Gewinnaufteilung eine besondere Bedeutung
zukommen. Ein Grund hierfür ist, dass die USA der
Ansicht sind, dass der Bereich Marketing und Vertrieb für
steuerlich motivierte Investmentgestaltung und damit für
Gewinnverlagerungen genutzt werden könne.
Im Nachgang dazu entschied sich Frankreich,
eine nationale Regelung zur Besteuerung digitaler
Unternehmen einzuführen. Diese sieht eine Steuer in
Höhe von 3 % auf digitale Umsätze in Frankreich vor
und soll Unternehmen erfassen, deren Umsätze aus
digitaler Tätigkeit mehr als 750 Millionen Euro weltweit
und mehr als 25 Millionen Euro in Frankreich betragen.
Der französische Finanzminister Bruno Le Maire zielte
durch die Gesetzesinitiative bewusst auf die Internetriesen
Google, Amazon, Facebook und Apple ab. Nachdem die
Gesetzesinitiative von den USA als Diskriminierung von
US-Unternehmen bemängelt wurde und sich politischer
Widerstand aus den USA zeigte, will Frankreich nunmehr
mit den Vereinigten Staaten und der OECD eine Arbeits
gruppe gründen, um die technischen Arbeiten zur Digital
steuer zu beschleunigen. Die OECD soll bis Ende 2019
einen formellen Vorschlag vorlegen. Der französische
Präsident Emmanuel Macron kündigte auf dem G7-
Gipfel im August 2019 in Biarritz an, dass Frankreich
die französische Digitalsteuer in jenem Umfang an die
betroffenen Unternehmen erstatten wolle, der über die
(noch zu findende) internationale Digitalsteuer hinausgehe.
Higlight Artikel – Digital Tax
25. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 25
Am 31. Mai 2019 hat die OECD ein Arbeitsprogramm
zur Entwicklung einer einvernehmlichen Lösung für die
steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung
veröffentlicht. Die OECD plant, ihren Abschlussbericht
einschließlich konkreter Reformvorschläge spätestens
2020 zu veröffentlichen.
Die aktuell auf OECD-Ebene diskutierten Vorschläge
setzen an sehr unterschiedlichen Bedingungen wie
immateriellen Werten oder Nutzern an, um Besteuerungs
rechte zu begründen. Dabei sind die Vorschläge von
den unterschiedlichen Interessen der einzelnen Staaten
geprägt. So impliziert beispielsweise der US-Ansatz
weitere Besteuerungsrechte für die Absatzmärkte,
was einem Staat mit Importüberschüssen höhere
Steuereinnahmen verspricht. Zudem können US-
Unternehmen auf in den USA geschaffenes Know-how
und Technologien zurückgreifen. Denn in den USA wurden
die Techniken und Programme entwickelt, dort sitzen die
Mitarbeiter und dort stehen die Rechner. Die europäische
Infrastruktur nutzen und beanspruchen US-Unternehmen
nur sehr begrenzt. Deutschland hingegen hat aufgrund
seiner Exportüberschüsse kein Interesse an einem
umfassenderen Besteuerungsrecht der Absatzstaaten,
das sich ergeben könnte, wenn die internationalen
Besteuerungsprinzipien, wie sie für die Besteuerung
digitaler Geschäftsmodelle entwickelt werden, auch auf
die traditionellen Geschäftsmodelle erstreckt würden.
Die Ankündigung Frankreichs, eine Digitalsteuer einzu
führen, hat aufgrund der primären Auswirkung auf US-
Unternehmen Proteste der US-Administration bewirkt
und es wurde mit Strafzöllen auf französische Produkte,
die in die USA verbracht werden sollten, gedroht. Dies
zeigt, dass eine Digitalsteuer letzten Endes globale
Auswirkungen haben wird und deshalb Lösungen auf
OECD-Ebene gefunden werden müssen.
Was Entscheider in Digitalunternehmen wissen
müssen
Aus unserer Sicht ist es positiv zu werten, dass die lang
fristigen Regelungen zur Besteuerung digitaler Geschäfts
aktivitäten auf OECD-Ebene gefunden werden sollen,
denn nationale Alleingänge führen potenziell zu einer
doppelten oder mehrfachen Besteuerung betroffener
Unternehmen.
Wir raten, die Reformvorschläge der OECD, die für
Oktober 2019 erwartet werden, nach ihrem Erscheinen
zu analysieren und Änderungen in der Wertschöpfungs
kette zu erwägen. Allerdings sind Veränderungen in der
Wertschöpfungskette allein aus steuerlichen Gründen
erfahrungsgemäß nicht empfehlenswert.
Der britische Vorschlag stellt für hoch digitalisierte
Unternehmen auf die Beiträge der Nutzer im Absatz
staat ab; dies soll auch dann gelten, wenn dort kein
betriebsstättenähnlicher Sachverhalt als Nexus im
traditionellen Sinn vorliegt. Ein weiterer Vorschlag, der
dem Vernehmen nach aus Indien stammt, greift das
bereits in den „Base Erosion and Profit-Shifting“-Berichten
diskutierte Konzept der wesentlichen ökonomischen
Präsenz auf und schlägt ebenso eine Veränderung der
Gewinnallokationsregeln vor. Die Umsetzung dieser
Vorschläge dürfte regelmäßig eine Anpassung der
jeweiligen OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von
Doppelbesteuerungen bedingen. Als Gegenmodell hierzu
beinhaltet der deutsch-französische Vorschlag einer
Mindestbesteuerung eine Besteuerung im Absatzstaat,
wenn das ausländische Besteuerungsniveau unter eine
bestimmte Belastungsgrenze sinkt. Es soll einerseits eine
Ausweitung der nationalen Hinzurechnungsbesteuerung
für im Ausland erzielte Gewinne erfolgen und andererseits
ein Betriebsausgabenabzug für bestimmte Zahlungen
begrenzt werden, wenn ein effektiver Mindeststeuersatz
unterschritten wird. Die Diskussion um die Besteuerung
der digitalen Unternehmen erreicht im Jahre 2019 damit
eine Diskussion um die weltweite Neuordnung der
Besteuerungsrechte zwischen Produktionsstaaten und
Marktstaaten.
Higlight Artikel – Digital Tax
26. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 26
Der Onlinehandel boomt: Laut aktueller Studien wird
erwartet, dass sich der Umsatz im Bereich B2C-E-
Commerce dieses Jahr auf 57,8 Milliarden Euro belaufen
wird. Im Vergleich zum Jahr 2018 entspräche dies einer
Steigerung von 4,4 Milliarden Euro.1
Größte Umsatz
treiber lassen sich hierbei in den Segmenten Fashion
und Accessoires, CE/Elektro sowie Freizeit und Hobby
erkennen. Mit dem Wirksamwerden der europäischen
Verordnung über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes
Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung
aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder
des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des
Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG)
Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie
2009/22/EG (Geoblocking-VO) am 3. Dezember 2018
verfolgt der europäische Gesetzgeber sein Ziel, zwischen
staatliche Hürden für Verbraucher im grenzüber
schreitenden Warenhandel weiter zu limitieren. Durch die
Geoblocking-VO werden Anbieter von Waren oder Dienst
leistungen über Onlineverkaufsplattformen gezwungen,
ihre grenzüberschreitend angebotenen Leistungen nicht
zu unterschiedlichen Konditionen anzubieten. Ein Verstoß
wird mit Bußgeldern von bis zu 300.000 Euro geahndet.
Viele Menschen leben ihr Konsumverhalten bereits heute
überwiegend digital aus: vom Onlineshopping über
die Nutzung von Cloud-Diensten bis hin zum Video-,
Musik- und Podcaststreaming. Dennoch existieren
auch im nahezu grenzenlosen World Wide Web im
grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr immer noch
zwischenstaatliche Barrieren. Die EU-Kommission hat
es sich daher zum erklärten Ziel gesetzt, den digitalen
Binnenmarkt europaweit zu harmonisieren und die
unterschiedliche Behandlung von In- und Ausländern
im grenzüberschreitenden, digitalen Vertriebskontext
zu bekämpfen. Neben Regelungen zur Modernisierung
des europäischen Urheberrechtsrahmens, Reformen der
EU-Telekommunikationsvorschriften und überarbeiteten
Regeln für den Onlinehandel gilt seit Dezember 2018 die
Geoblocking-VO, die territoriale Ein- und Beschränkungen
im Onlinegeschäftsverkehr innerhalb der Europäischen
Union unterbinden soll.
Higlight Artikel – Geoblocking
1
Vgl. HDE-Prognose der ifH Köln, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3979/umfrage/e-commerce-umsatz-in-deutschland-seit-1999/.
Highlight Artikel
Geoblocking-Verbot in der
EU – (k)ein Problem für
Unternehmen der Medien-
und Entertainment
branche?
Autor: Jan-Dierk Schaal
27. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 27
Higlight Artikel – Geoblocking
Werden diese Informationen zur Feststellung der
Herkunft des Nutzers verwendet, um diesen anders zu
behandeln als einen inländischen Nutzer, stellt dies eine
Diskriminierung dar und begründet damit grundsätzlich
einen Verstoß gegen die Geoblocking-VO. Häufige
Anwendungsfälle sind etwa, dass der Aufenthaltsort des
Nutzers anhand seiner IP-Adresse ermittelt wird und ihm
Waren zu Preisen angeboten werden, die an das Preis
niveau des Aufenthaltsortes angepasst sind. Oder will der
Nutzer zum Beispiel mit einer im Ausland ausgestellten
Kreditkarte in einem deutschen E-Book-Onlineshop
bezahlen und wird ihm dies nur deshalb verwehrt, weil
die Kreditkarte im EU-Ausland ausgestellt wurde, so
handelt es sich auch hierbei um einen Verstoß gegen die
Geoblocking-VO.
Dabei gilt die Geoblocking-VO nicht nur im Verhältnis
B2C, mithin nicht nur bei Internetangeboten, die
sich an Verbraucher richten. Auch im Bereich B2B
ist das Geoblockingverbot zu beachten. Der Schutz
gilt jedoch nicht für Unternehmen, die beispielsweise
CDs oder DVDs nur als Zwischenabnehmer erwerben,
um sie anschließend weiterzuvermarkten. Der Kunde
muss also unabhängig davon, ob er Verbraucher oder
Unternehmer ist, Endabnehmer sein und darf die
Waren oder Dienstleistungen nicht erwerben, um sie
weiterzuverkaufen, umzuwandeln, zu verarbeiten, zu
vermieten oder an Subunternehmer weiterzugeben.
Insgesamt werden drei Arten von Verbotshandlungen
unterschieden, wobei es sich stets um grenzüber
schreitende Vertriebsaktivitäten handeln muss, also
Angebote, die auch von Nutzern außerhalb eines EU-
Mitgliedsstaates abgerufen werden können:
Zugang zu Waren oder Dienstleistungen
Kunden sollen nach dem Shop-like-a-local-Prinzip
denselben Zugang zu Waren und Dienstleistungen im
EU-Ausland haben wie Einheimische. Es ist grundsätzlich
verboten, Nutzern beispielsweise aufgrund der Staats
angehörigkeit unterschiedliche AGBs für den Zugang zu
denselben Waren und Dienstleistungen zu unterbreiten.
Hierzu zählen auch unterschiedliche Nettoverkaufs
preise. Bei individuell ausgehandelten Verträgen gilt die
Geoblocking-VO dagegen nicht.
Darüber hinaus muss ein ausländischer Kunde berechtigt
sein, Waren auch aus dem Ausland zu bestellen und
zum Beispiel beim Händler abzuholen oder die Lieferung
selbst zu organisieren, auch wenn der Händler nicht in
das jeweilige Land, in dem der Kunde seinen Sitz hat,
liefert. Bestellt mithin ein in Italien niedergelassenes
Unternehmen bei einem deutschen Onlineanbieter
DVDs, die dieser ausschließlich an Adressen innerhalb
Deutschlands versendet, so muss der Anbieter dem
Kunden zumindest die Möglichkeit einräumen, dass die
DVDs entweder am Lager des Anbieters in Deutschland
abgeholt werden oder dass der in Italien niedergelassene
Besteller eine beliebige deutsche Lieferadresse benennt.
Geoblocking dient unter anderem dazu, Internetinhalte
unter Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit, des
räumlichen Aufenthaltsortes oder des Geschäfts- und
Wohnorts eines Kunden oder Geschäftspartners an
zuzeigen, zu beschränken oder den Zugriff hierauf
komplett zu unterbinden. Geoblocking kann verschiedene
Formen haben und liegt beispielsweise vor, wenn ein
Onlineanbieter seine Nutzer anhand ihrer IP-Adresse
automatisch auf länderspezifische Unterwebseiten leitet.
Durch Geoblocking lässt sich auch steuern, ob Web
seiteninhalte in bestimmten EU-Ländern überhaupt
angezeigt bzw. angeboten werden („Diese Webseite/
dieses Produkt ist in Ihrem Land leider nicht verfügbar“)
oder in Abhängigkeit des Sitzes des Kunden unter
schiedliche allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs)
angeboten werden sollen. Neben dem Aufenthaltsort der
Nutzer, der üblicherweise über die IP-Adresse ermittelt
wird, kann zum Beispiel auch die Adresse des Nutzers,
die Telefonnummer oder das Zahlungsmittel nach Eingabe
in einem Onlineshop auf dessen Herkunft hinweisen und
für Zwecke des Geoblockings genutzt werden.
Was ist Geoblocking? Was ist verboten?
28. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 28
Higlight Artikel – Geoblocking
Dies gilt jedoch nur, wenn kumulativ die folgenden
Voraussetzungen erfüllt sind:
• Die Zahlung erfolgt über elektronische Transaktionen
durch Überweisung, Lastschrift oder ein karten
gebundenes Zahlungsinstrument von einem Zahlungs
dienstleister, den der Anbieter grundsätzlich akzeptiert.
• Die Authentifizierungsanforderungen gemäß der
Richtlinie (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste
im Binnenmarkt werden seitens des Zahlungs
dienstleisters erfüllt.
• Die Zahlung erfolgt in einer Währung, die der Anbieter
akzeptiert.
Generell ist jeder Anbieter frei darin, welche Arten von
Zahlungsmittel er akzeptieren möchte. Sobald aber
eine bestimmte Zahlungsart angeboten wird, darf diese
Kunden aus anderen Mitgliedsländern nicht aus Gründen
der Staatsangehörigkeit, des Wohnorts oder des Ortes
der Niederlassung verwehrt werden
Sperrung oder Beschränkung von
Onlinebenutzeroberflächen
Es ist für Anbieter darüber hinaus verboten, den Zugang
von Kunden zu einer Onlinebenutzeroberfläche des
Anbieters durch Geoblocking zu sperren oder zu
beschränken. Onlinebenutzeroberflächen sind Internet
seiten oder Teile davon sowie (Smartphone-)Apps und
sonstige Software, die dazu dienen, den Kunden Zugang
zum Onlineangebot des Anbieters zu gewähren.
Unter dieses Verbot fällt auch das sogenannte Rerouting
oder Redirecting, bei dem ein Kunde automatisch zu
einer bestimmten Version einer Onlinebenutzerober
fläche geleitet wird, obwohl der Kunde explizit die URL
einer bestimmten Version der Webseite eingegeben
hat. Damit soll die gängige Praxis unterbunden werden,
dass Kunden automatisch auf für ihren Aufenthalts
ort bestimmte länderspezifische Webpräsenzen eines
Anbieters verwiesen werden (z. B. auf den deutschen
Webshop). Eine Weiterleitung ist nur erlaubt, wenn der
Nutzer ausdrücklich zustimmt und über die Weiterleitung
entsprechend informiert wird.
Wer unterliegt dem Anwendungsbereich
der Geoblocking-VO?
Gerade im Medien- und Entertainmentbereich hat der
Onlinevertriebskanal grundsätzliche Bedeutung. Zudem
sind verschiedene Onlinedienste unterschiedlich zu
bewerten; gerade im Medien- und Entertainmentbereich
ist dabei besonders zu beachten, dass über das Internet
häufig Werke vertrieben werden, die urheberrechtlichen
Schutz genießen. Dies hat der europäische Gesetzgeber
berücksichtigt und die Geoblocking-VO hinsichtlich
verschiedener Dienste für nicht anwendbar erklärt.
Anbietern ist es allerdings erlaubt, Lieferungen in
bestimmte Gebiete oder Vertragsschlüsse mit bestimmten
Kunden weiterhin aus sachlich gerechtfertigten Gründen
abzulehnen. Dies mag insbesondere dann zur Anwendung
kommen, wenn die Produkte länderspezifischen
Verbraucherschutzvorschriften oder Kennzeichnungs
pflichten nicht entsprechen oder aus rechtlichen Gründen
in bestimmten Jurisdiktionen nicht vertrieben werden
dürfen, etwa weil sie dort gewerbliche Schutzrechte
verletzen würden.
(Online-)Zahlungsdienste
Ferner ist es nach der Geoblocking-VO verboten, dass ein
Anbieter normalerweise akzeptierte Zahlungsmethoden in
seinem Onlineshop aus Gründen der Staatsangehörigkeit,
des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des
Nutzers verweigert. Zu den Zahlungsmethoden zählen
beispielsweise Zahlung per Kredit- oder Debitkarte
oder auch Zahlung auf Rechnung, via Lastschrift oder
Überweisung.
Akzeptiert ein schwedischer Softwareanbieter keine im
EU-Ausland ausgestellte Kreditkarte eines bestimmten
Kreditkartenanbieters, obwohl er sie akzeptiert, wenn sie
in Schweden ausgestellt wurde, handelt es sich um eine
ungerechtfertigte Diskriminierung. Gleiches gilt, wenn ein
Ausschluss an den Standort des Zahlungskontos oder
des Ortes der Niederlassung des Kreditinstituts anknüpft.
29. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 29
Higlight Artikel – Geoblocking
Dienstleistungen wie Cloud-Diensten, Data Warehousing,
Webhosting und die Bereitstellung von Firewalls oder
Internetseiten. Hier müssen die Bestimmungen zur Nicht
diskriminierung aufgrund von unterschiedlichen AGBs aus
der Geoblocking-VO nicht eingehalten werden. Allerdings
dürfen Zugänge zu Onlinebenutzeroberflächen nicht
gesperrt werden bzw. es darf kein automatisches Weiter
leiten auf andere Versionen einer Webseite erfolgen,
ohne dass der Kunde vorher eingewilligt hat. Verboten ist
darüber hinaus eine Diskriminierung aus Gründen, die im
Zusammenhang mit der Zahlung steht.
E-Sport und Videospiele
Ob Übertragungen von E-Sport-Wettbewerben oder
-Ligaspielen wie FIFA oder League of Legends durch (Live)
Streamingvideoportale ebenfalls unter die Geoblocking-
VO fallen, lässt sich nicht abschließend beantworten. Dies
hängt entscheidend davon ab, ob es sich hierbei um die
Bereitstellung des Zugangs zu audiovisuellen Diensten
handelt (wie bei Film- bzw. Serien-Streamingdiensten)
und ob solche Dienste nur nach ausschließlichen
Gebietslizenzen erbracht werden (wie Übertragungen
zur Champions League). Zudem ist unklar, inwieweit
E-Sport generell unter den Sportveranstaltungsbegriff der
Geoblocking-VO fallen.
Der allgemeine Zugang zu bzw. der Verkauf von (Online-)
Videospielen wird nicht als audiovisueller Dienst ein
gestuft, sondern als elektronisch erbrachte Dienst
leistung wie bei Podcasts oder Musik-Streaming.
Daher müssen zum Beispiel auch Gaming-Plattformen
zumindest hinsichtlich des Zugangs zu Onlinebenutzer
oberflächen und Nichtdiskriminierung aus Gründen, die im
Zusammenhang mit der Zahlung stehen, die Vorschriften
der Geoblocking-VO beachten.
Physische Medien (CDs, DVDs, Blu-ray-Discs und
Bücher)
Außerhalb rein elektronisch erbrachter Dienstleistungen
ist zumindest der Verkauf von (physischen) CDs, DVDs
oder Blu-ray-Discs trotz bestehender Urheberrechte
bereits jetzt vollständig vom Anwendungsbereich der
Geoblocking-VO umfasst. Gleiches gilt für Bücher, aller
dings mit der Ausnahme, dass unterschiedliche Netto
preise in bestimmten Gebieten gelten dürfen, sofern dies
dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats entspricht. In
Deutschland werden die Festpreise maßgeblich durch das
Buchpreisbindungsgesetz bestimmt.
Ausblick
Ob audiovisuelle Dienste auch in Zukunft vom
Anwendungsbereich der Geoblocking-VO ausgenommen
sind und für elektronisch erbrachte Dienstleistungen
weiterhin Ausnahmen gelten werden, entscheidet sich
bis zum 23. März 2020. Bis zu diesem Datum wird
die EU-Kommission entscheiden, ob der bisherige
Anwendungsbereich der Geoblocking-VO ausreichend
ist oder auch auf audiovisuelle Dienste ausgedehnt
werden soll. Außerdem wird geprüft, ob die Ausnahmen
für elektronisch erbrachte Dienstleistungen gestrichen
werden sollen.
Audiovisuelle Dienste
Beim Angebot von urheberrechtlich geschützten Werken
ist die Geoblocking-VO zwar grundsätzlich anwendbar.
Allerdings sind audiovisuelle Dienste, deren Hauptzweck
in der Bereitstellung des Zugangs zu Sportveranstaltungs
übertragungen liegen und die auf der Grundlage von
ausschließlichen Gebietslizenzen erbracht werden,
ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Überträgt ein privater Sportsender über das Internet Wett
kämpfe der Olympischen Spiele oder Fußballspiele der
Champions League in einem bestimmten EU-Mitglieds
staat und basiert dies auf entsprechend erworbenen
Übertragungsrechten mithin einer (räumlichen) Lizenz,
dann darf der Sportsender Nutzer aus anderen
europäischen Ländern außerhalb von Deutschland von
der Zugangsbereitstellung ausschließen.
Auch Film- und Serien-Streamingdienste zählen zu diesen
audiovisuellen Diensten und sind daher ebenfalls vom
Anwendungsbereich der Geoblocking-VO ausgenommen.
Sie unterfallen jedoch bei grenzüberschreitenden Sach
verhalten der europäischen Portabilitätsverordnung,
wonach einem Abonnenten, der sich vorübergehend in
einem anderen als seinen Wohnsitzmitgliedsstaat aufhält,
der Zugriff und die Nutzung auf den Onlineinhaltedienst
ermöglicht werden muss.
Elektronisch erbrachte Dienstleistungen
Bei elektronisch erbrachten Dienstleistungen, deren
Hauptmerkmal die Bereitstellung des Zugangs zu
urheberrechtlich geschützten Werken sind, zum Beispiel
zu E-Books, Musik-Streamingangeboten, Podcasts,
Smartphone-Apps und Software, ist die Geoblocking-
VO zumindest teilweise anwendbar. Dies gilt auch
bei rein elektronisch erbrachten, nicht audiovisuellen
30. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 30
Die Pressefreiheit, die Freiheit der Berichterstattung
sowie die Pluralität der Medien sind Fundamente der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Eine integre
Berichterstattung und der uneingeschränkte Zugang zu
Informationen sind Grundpfeiler unserer funktionierenden
Gesellschaft.
Der Referentenentwurf zum IT-Sicherheitsgesetz 2.0
(IT-SiG 2.0)2
wurde am 27. März 2019 vom Bundesinnen
ministerium veröffentlicht und wird nach der Ressort
abstimmung dem Deutschen Bundestag vorgelegt. Darin
werden nach einem holistischen Ansatz Maßnahmen
verfolgt, die zum einen den Schutz der Bürger und der
öffentlichen Informationstechnik und zum anderen die
Stärkung des Staates sowie der Wirtschaft gewährleisten
sollen. Speziell stärkt der Entwurf die Rolle des Bundes
amts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und
stattet dieses mit weitreichenden Befugnissen, beispiels
weise im Verbraucherbereich oder in Form der Einführung
eines Sicherheitskennzeichens, aus. Zudem sieht der
Referentenentwurf Veränderungen im Zusammenhang mit
dem Schutz kritischer Infrastrukturen vor und nimmt nun
auch den Sektor Medien und Kultur als „Kritische Infra
strukturen im besonderen öffentlichen Interesse“ in seine
Regelung auf.
IT-Sicherheitsgesetz 2.0 – die Relevanz der Medienunternehmen für die innere Sicherheit
Higlight Artikel – IT-Sicherheit
Highlight Artikel
IT-Sicherheit
Autoren: Benjamin Röhe und Jan Simon
2
Vgl. Intrapol (2019), Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme, http://intrapol.org/wp-content/
uploads/2019/04/IT-Sicherheitsgesetz-2.0-_-IT-SiG-2.0.pdf, zugegriffen am 19.09.2019.
31. German Entertainment and Media Outlook 2019–2023 31
Higlight Artikel – IT-Sicherheit
Abb. 1 Übersicht der unter Schutz stehenden kritischen Infrastrukturen
Quelle: PwC.
Entsorgung
Definition eines neuen
Sektors
Definition von Kritis-
Kernkomponenten
KritisV Korb 1 Ernährung Wasser Energie IKT
Kritische Infrastrukturen im besonderen öffentlichen Interesse
Prime
Standards
Medien und
Kultur
Automotive Rüstung Chemie
Finanz
Versicherungswesen
Gesundheit
Transport und
Verkehr
Staat und
Verwaltung
KritisV Korb 2
Korb 3:
neue Kritis-
Verordnung
Das im Jahr 2015 in Kraft getretene IT-Sicherheits
gesetz stellte in erster Linie darauf ab, zentrale Betreiber
besonders kritischer Infrastrukturen wie Energie, Wasser,
Gesundheit oder Telekommunikation zu verpflichten, ihre
Anlagen durch Maßnahmen zur Informationssicherheit
vor Störungen und Angriffen zu schützen. Ein Ausfall oder
eine Beeinträchtigung dieser Anlagen hätte dramatische
Folgen für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft in
Deutschland. Der Cyberangriff auf das Auswärtige Amt
Anfang 2018 verdeutlichte jedoch, dass die Sicherung
gesellschaftlicher und demokratischer Grundwerte nicht
ausschließlich auf der Garantie der uneingeschränkten
Grundversorgung basiert.3
So sieht der neue Referenten
entwurf zum IT-SiG 2.0 nun die Aufnahme weiterer
Bereiche wie „Entsorgung“ und „Kritische Infrastrukturen
im besonderen öffentlichen Interesse“ vor. Unter
„Kritische Infrastrukturen im besonderen öffentlichen
Interesse“ werden neben Medien und Kultur auch
Automotive, Rüstung, Chemie sowie „Unternehmen von
erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung“ gefasst.
Medien und Kultur als kritische Infrastruktur im
besonderen öffentlichen Interesse
Der Sektor Medien und Kultur bestimmt maß
geblich unser gesellschaftliches Leben und in unserer
digitalisierten Gesellschaft dienen Medien als Instanzen
der Informations- und Meinungsbildung. Zudem haben
insbesondere Rundfunk- und Fernsehsender sowie das
Internet den Auftrag, in Krisensituationen die Bevölkerung
zu informieren und im Ernstfall zu warnen. Für Medien
dienstleistungen und -infrastrukturen besteht daher
sowohl eine systemische als auch symbolische Kritikalität.
Die störungsfreie Versorgung der Öffentlichkeit mit
verlässlichen Informationen gilt als wesentliche Aufgabe
des Sektors Medien und Kultur und umfasst mindestens
die folgenden Sparten:
• Rundfunk (Fernsehen und Radio)
• Presse und digitale Medien
• Kulturgut und symbolträchtige Bauwerke
3
Vgl. Süddeutsche Zeitung (2018), Die Geschichte eines Cyber-Angriffs, www.sueddeutsche.de/digital/attacke-auf-auswaertiges-amt-die-
geschichte-eines-cyber-angriffs-1.3917502, zugegriffen am 24.09.2019.