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Dr. Thomas Köstlin: Kultur und Evaluation – Controlling statt Kontrolle. Evaluation als Lern- und Erkenntnisprozess
1. D 3.5
Kultur und Evaluation – Controlling statt Kontrolle
Evaluation als Lern- und Erkenntnisprozess
Dr. Thomas Köstlin
Kultureinrichtungen werden intern und extern aufgefordert, ihre Arbeit zu evaluieren. Am Anfang
eines Evaluationsprozesses sollte jedoch geklärt werden, welche Erkenntnisse eine Evaluation
überhaupt liefern soll. Evaluation sollte nicht als (repressives) Kontrollinstrument, sondern als
Chance für einen Lern- und Entwicklungsprozess angesehen werden. Die Untersuchung ist dem-
nach vor allem auf die Unternehmensprozesse und ihre Wirksamkeit für die Unternehmensziele zu
richten. Das Beispiel der „Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH“ zeigt, dass Evalua-
tion als Teil einer längerfristig angelegten Organisationsentwicklung verstanden werden sollte.
Gliederung Seite
1. Was kann man unter „Evaluation“ verstehen? 2
2. Worum kann es bei einer Evaluation von Kultureinrichtungen gehen? 3
3. Ist künstlerische Qualität evaluierbar? 6
4. Fallbeispiel: Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH 7
4.1 Vorgeschichte 7
4.2 Die Entwicklung von Evaluationsthemen, Evaluationsmaßstäben und
Evaluationsmethoden 8
4.3 Baukasten, Evaluationsthemen, Fragenkataloge 10
4.4 Durchführung der Evaluation 14
5. Empfehlungen aus der Praxis 15
1
2. D 3.5 Planung und Steuerung
Evaluation und Qualitätsmanagement
1. Was kann man unter „Evaluation“
verstehen?
Abgrenzung von Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Evaluation heute
anderen Kontroll- und inflationär eingesetzt. Unterschiedslos werden dabei eine Reihe von
Steuerungsinstrumenten Prüfungs-, Kontroll- oder Steuerungsverfahren wie gleichwertige Eva-
luationsinstrumente nebeneinander genannt, egal wie unterschiedlich
sie nach Methodik oder Zielsetzung sind. Dies gilt insbesondere für
diverse betriebswirtschaftliche oder verwaltungswissenschaftliche
Verfahren, bei denen die wirtschaftliche oder rechtliche Überprüfung
im Vordergrund steht.1
• Auditing/Rechnungskontrolle durch Rechnungshöfe oder Wirt-
schaftsprüfer – die nachträgliche Überprüfung der rechtmäßigen
oder wirtschaftlichen Verwendung der Mittel. Ein Instrument, das
sich zur Kontrolle, nicht aber zur laufenden Steuerung von Unter-
nehmensprozessen eignet.
• Controlling/Monitoring – Sammlung und Zusammenstellung von
Unternehmensdaten zur kontinuierlichen und aktuellen Steuerung
der Prozesse (ohne diese zu bewerten). „Controlling“ wird meist
auf Finanz- bzw. Kostencontrolling beschränkt, während „Monito-
ring“ sich auf inhaltliche oder strategische Fragen erstreckt mit
dem Ziel, die programmatische Entwicklung und Zielerfüllung des
Unternehmens zu beobachten und zu steuern.
• Kennzahlensysteme – standardisierte Vergleiche der Entwicklung
eines Unternehmens über einen bestimmten, meist längeren Zeit-
raum. Hierbei geht es meist um eine mittelfristige Beobachtung ei-
nes einzelnen Unternehmens und darum, bestimmte Entwicklungen
und Veränderungen nachzuverfolgen.
• Benchmarking – standardisierter Vergleich des eigenen Unterneh-
mens mit anderen vergleichbaren Unternehmen, z. B. im Bezug auf
Strukturen, Strategien oder Kennzahlen. Der Vergleich verschiede-
ner Unternehmen setzt dabei voraus, dass die Unternehmen min-
destens grob miteinander vergleichbar sind. Reine Zahlenverglei-
che laufen stets Gefahr, entscheidende Unterschiede unverhältnis-
mäßig einzuebnen oder zu ignorieren. Gerade Kultureinrichtungen
mit sehr spezifischen, individuellen Ausrichtungen tun sich schwer,
sich einem Benchmarking zu unterziehen.
Bewertung der Auch wenn die Grenzen fließend sind, so konzentrieren sich diese
Wirksamkeit des Untersuchungen meist auf die Beobachtung von Finanzdaten. Die
Unternehmenshandelns betriebswirtschaftliche und sozialwissenschaftliche Literatur grenzt
diese Instrumentarien von Evaluation im eigentlichen Sinne ab. Eva-
luation wird vorwiegend als Bewertungssystem beschrieben, das die
Wirksamkeit des Unternehmenshandelns im Hinblick auf seine Ziele
untersucht und das strategische Unternehmenshandeln nachhaltig ver-
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3. Planung und Steuerung D 3.5
Evaluation und Qualitätsmanagement
bessern soll. Allerdings kann es auch hier unterschiedliche Schwer-
punkte geben: Wirkungs- und Erfolgsmessung, Bewertung von Unter-
nehmensprozessen oder -entwicklungen, retrospektive oder zukunfts-
gerichtete Untersuchungen.
Im Kern gibt es keine einheitliche Ausgestaltung von Evaluation. Jede Maßgeschneiderte
(Kultur-)Einrichtung muss sich vielmehr konkret darüber Gedanken Lösungen schaffen
machen, welches Ziel mit welchen Schwerpunkten sie mit einer Eva-
luation verfolgt, und das Evaluationsverfahren danach ausrichten.
Darin liegt eine große Chance: Die Kultureinrichtung kann die Evalu-
ation konkret auf ihre eigenen Bedürfnisse maßschneidern, die Er-
kenntnisse sammeln, die sie für die Verbesserung ihrer Arbeit benötigt,
und damit gezielt für ihre Unternehmensentwicklung einsetzen. Eva-
luation ist damit ein wichtiger Schritt im Rahmen von Organisations-
entwicklung.
2. Worum kann es bei einer Evaluation von
Kultureinrichtungen gehen?
Welche Schwerpunkte eine Kultureinrichtung für die Evaluation ihrer Evaluation im
Arbeit wählt, hängt letztlich davon ab, welche Ziele sie damit verfolgt. Kontroll- und
Eine Evaluation ist sehr arbeitsaufwendig und sollte deshalb möglichst Steuerungssystem
dort greifen, wo die Kultureinrichtung nicht bereits anderweitig über-
prüft oder untersucht wird. Insbesondere öffentlich geförderte Kultur-
einrichtungen unterliegen einer Vielzahl externer und interner Kon-
troll- und Steuerungsinstrumente. Zu denken ist insbesondere an:
1. gesellschaftsvertragliche Berichtspflichten der Geschäftsführung
gegenüber Aufsichtsgremien,
2. jährlicher Lagebericht entsprechend Gesellschafts- und Bilanz-
recht,
3. jährliche Prüfung des Jahresabschlusses durch Wirtschaftsprüfer,
4. Prüfung der Verwendungsnachweise2 durch Zuwendungsgeber,
5. Erfolgskontrolle gemäß Bundeshaushaltsordnung3,
6. speziell vom Zuwendungsgeber angeordnete Prüfungen, z. B. Or-
ganisationsuntersuchungen des Bundes- oder Landesverwaltungs-
amtes,
7. Prüfungen des Rechnungshofs,
8. Prüfungen durch das Finanzamt oder die Sozialversicherungsträger,
3
4. D 3.5 Planung und Steuerung
Evaluation und Qualitätsmanagement
9. interne Prüfungen, z. B. interne Revision, aber auch interne Orga-
nisationsüberprüfungen,
10. internes (Kosten-)Controlling.
Evaluation untersucht Die meisten dieser Prüfungs- und Steuerungsmechanismen zielen auf
Qualität der Unter- die ordnungsmäßige Geschäftsführung, die rechtmäßige und wirt-
nehmensprozesse schaftliche Abwicklung der Unternehmensgeschäfte oder die Einhal-
tung von Budgets ab. Es sind damit vornehmlich Instrumente der
nachträglichen Kontrolle oder wirtschaftlichen Steuerung. Der Erfolg
des Programms kommt dabei ebenso selten zur Sprache, wie die
Wirksamkeit organisatorischer Abläufe oder die strategische Entwick-
lung. In diese Lücke kann Evaluation treten, indem sie sich vor allem
auf Fragen der Qualität der Unternehmensprozesse konzentriert – sei
es in organisatorischer, wirtschaftlicher, inhaltlich-programmatischer
oder strategischer Sicht.
Evaluation als Insofern sollten Kultureinrichtungen Evaluation nicht so sehr als Kon-
Teil der Organisations- trollmethode verstehen, sondern sie als Instrument der Organisations-
entwicklung entwicklung einsetzen. Ausgangspunkt ist zunächst der Blick zurück:
Es gilt, die Leistungen der Kultureinrichtungen in der Vergangenheit
zu erfassen. Daran schließt sich eine Wirkungsanalyse an, d. h. es ist
zu bewerten, ob und wie gut die verschiedenen Unternehmensprozesse
geeignet sind, die Unternehmensziele zu unterstützen. Der Ansatz von
Evaluation ist damit stärker als bei anderen Steuerungsinstrumenten
dynamisch auf die zukünftige Unternehmensentwicklung ausgerichtet.
Kultureinrichtungen können Evaluation dazu einsetzen, ihre Organisa-
tion, ihre strategische und programmatische Ausrichtung zu verbes-
sern. Evaluation wird zum Lern- und Erkenntnisprozess.
Ausrichtung an konkre- Damit muss sich die Evaluation einer Kultureinrichtung aber vor al-
ten Unternehmenszielen lem an deren konkreten Unternehmenszielen ausrichten. Dies hat gro-
ße Vorteile. Einerseits wird Evaluation den besonderen Spezifika des
evaluierten Unternehmens besser gerecht, indem sie vor allem die
selbst gesetzten Ziele des Unternehmens zum Maßstab erhebt und die
Wünsche (externer) Dritter eher nachrangig berücksichtigt. Zum ande-
ren vermeidet Evaluation dadurch eine eindimensionale Sichtweise,
z. B. nur auf rechtmäßiges Handeln oder wirtschaftlichen Erfolg.
Keine Beschränkung auf Evaluation bietet die Chance, die Umsetzung auch anderer als nur klas-
betriebswirtschaftliche sisch betriebswirtschaftlich definierter Ziele zu überprüfen. Hier lassen
Dimension sich Qualitäts- oder Imageziele, aber auch inhaltlich-programmatische
Erwartungen berücksichtigen. Allerdings werden dadurch die Verfahren
und Ergebnisse einer Evaluation automatisch komplexer.
Unternehmensziele sind in der Regel multidimensional und keines-
wegs untereinander konkurrenz- oder konfliktfrei. Im Zentrum stehen
meist inhaltlich-programmatische Fragestellungen, die das Profil einer
Kultureinrichtung in der Öffentlichkeit prägen. Daneben finden sich
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