Audience management in social media: Affordances, cultural differences, and i...
Heranwachsen mit dem Web 2.0
1. Heranwachsen mit dem Web 2.0 –
Praktiken, Kompetenzen und Herausforderungen
Jan-Hinrik Schmidt
@janschmidt
Wissenschaftlicher Referent
für digitale interaktive Medien
und politische Kommunikation
Oschersleben 13.06.2012
2. Was wäre, wenn es kein Internet gäbe?
[Zitate aus Gruppendiskussionen mit Jugendlichen in Hamburg und im Emsland]
• „Ich glaube, man würde damit klar kommen. Aber wenn man wüsste, dass es
das mal gab und dann abgeschafft wird, ich glaub, dann würde ich
durchdrehen.
[- Warum? -] Ich müsste dann auf Youtube-Videos und so verzichten, und die
sind schon witzig. Oder Chat und so.“ *Mädchen, 14 Jahre+
• „Bei mir ist es, ich nutze halt das Internet einerseits sehr viel zur
Kommunikation – Messenger läuft bei mir fast 24 Stunden am Tag,
SchülerVZ ist natürlich auch hoch frequentiert. Aber zum Zweiten nutze ich
das auch sehr viel, um mir halt Informationen zu beschaffen, die ich
brauche.“ *Junge, 17 Jahre+
• „Es geht auch ohne Internet, man kann ja auch was machen, was man nicht
im Internet macht. Man kann zum Beispiel Playstation spielen, oder
Nintendo DS, es gibt alles mögliche. Man muss nicht immer in Internet
rennen, sonst is man n Internet-Freak.“ (Mädchen, 13 Jahre)
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3. Worüber spreche ich?
Faszinosum Web 2.0: Was reizt Jugendliche an den sozialen Medien?
(Medien-)Pädagogische (Heraus-)Forderungen
Notwendige Kompetenzen
Neue Beteiligungsformen
Macht und Teilhabe
Wer soll und kann diese Herausforderungen bewältigen?
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4. Verbreitung ausgewählter Anwendungen nach Alter
100 94 95
Ges.
90 86 87
83 14-19
80 20-29
73 71
70 30- 39
70 65
63 40- 49
59 58
60 50- 59
50 47 47 48 60+
43
40
40
31
30
23 22
20
10
10 7
3 4 2 2 4
1
0
Wikipedia Videoportale SNS gesamt Twitter
Erläuterung: Repräsentativ für deutsche Online-Nutzer ab 14 Jahren; Anteil der Befragten, die Angebote zumindest selten nutzen.
Quelle: ARD/ZDF-Onlinestudie 2011; zitiert nach Busemann/Gscheidle 2011. Oschersleben 4 von 16
5. Das Web 2.0 und seine Praktiken (1/2)
Identitäts- Selbst- „Wer bin ich?“
management auseinander-
setzung
Beziehungs- Sozial- „Welchen Platz
management auseinander- habe ich in der
setzung Gesellschaft?“
Informations- Sach- „Wie orientiere ich
management auseinander- mich in der Welt?“
setzung
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6. Das Web 2.0 und seine Praktiken (2/2)
Das Web 2.0 ist kein „virtueller Raum“ oder „Cyberspace“, sondern selbst-
verständlicher Teil des Alltags
Es ist auch und gerade deswegen so „real“, weil es dabei hilft, Anforderungen
unserer Gegenwart zu erfüllen:
„vernetzte Individualität“ als Leitbild in mobilen Gesellschaften
Informationsüberfluss als Kontext
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7. Persönliche Öffentlichkeiten (1/2)
Social Web lässt persönliche Öffentlichkeiten entstehen, in denen Nutzer
(a) Informationen nach Kriterien der persönlichen Relevanz auswählen,
[anstatt nach journalistischen Nachrichtenfaktoren]
(b) sich an (intendiertes) Publikum richten, das aus sozialen Kontakten besteht,
[anstatt des verstreuten, unbekannten, unverbundenen Publikums der Massenmedien]
(c) und sich im Kommunikationsmodus des „Konversation Betreibens“ befinden.
*anstatt im Modus des „Publizierens“+
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8. Persönliche Öffentlichkeiten (2/2)
Trennung zwischen „Sender“- und
„Empfänger“-Rollen der Massenkommu-
nikation löst sich weiter auf; in persön-
licher Öffentlichkeit ist man beides
Persönliche Öffentlichkeiten bestehen
aus „Microcontent“, der aus anderen
Angeboten gelöst („entbündelt“) und
durch soziale Beziehungen gefiltert wird
„Re-Bündelung“ findet nicht in
abgeschlossenen / linearen Produkten
(„Ausgabe“; „Sendung“) statt, sondern
im konstanten Informationsfluss der
„streams“ bzw. „feeds“
Professionell-journalistische Inhalte oder
kommerzielle Botschaften sind genauso
Teil dieser vernetzten Öffentlichkeiten
wie das Persönliche und Private
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9. (Heraus-)Forderungen an (Medien-)Bildung
Gesellschaftliche Verantwortung bleibt
bestehen, Jugendliche (aber nicht nur
die…) zu einem verantwortungsvollen
und reflektierten Umgang mit der
„Universaltechnologie“ Internet zu
befähigen, z.B. um …
1. … grundlegende Kompetenzen für
den Umgang in vernetzten
Öffentlichkeiten zu lernen;
2. … Werkzeuge des Internet nutzen zu
können, um an gesellschaftlichen
Debatten teilzuhaben
3. … auch im Internet selbstbestimmte
Räume einzufordern
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10. #1: Neue/Alte Medienkompetenzen
Digitale Medien schaffen Kommunikationsräume, die bestehende Grenzen
zwischen Angeboten, Gattungen und Modi von (massen-)medialer
Kommunikation verschwimmen lassen
Sie erfordern daher eigene Medienkompetenzen, z.B. …
… sich in vernetzten … strategische Kommunikation … situationsgerecht
Öffentlichkeiten erkennen und einordnen, z.B. kommunizieren, d.h.
orientieren, relevante kommerzielle Markenbotschaften Argumente
Informationen filtern und aktiv oder „Fakes“/Fiktives von artikulieren, bewerten und
Informationen und Inhalte Authentischem unterscheiden abwägen sowie Reichweite
bereitstellen sowie bearbeiten können und Folgen abschätzen
können können
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11. #2: Beteiligung an politischen Prozessen
• Konkreter auf politische Partizipation bezogen, erlaubt das Social Web
unterschiedliche Modi der Teilhabe (1)
– Sich Positionieren: Eigene Meinungen oder Überzeugungen signalisieren
– Sich Einbringen: durch Inhalte oder Konversationsbeiträge an Debatten teilhaben
– Andere aktivieren: zu politischen Aktivitäten aufrufen und koordinieren
(1) Wagner, Gerlicher & Brüggen 2011 Oschersleben 11 von 16
12. #3: Von der Mitwirkung zur Selbstbestimmung
• Soziale Medien können Werkzeug wie Gegenstand von
Partizipation sein
• Nutzung der sozialen Medien umfasst unterschiedliche
Grade von Teilhabe(1)
1. Mitwirkung an Konversationen, dem Bereitstellen und
Teilen von Inhalten, etc.;
2. Mitbestimmung über Ausrichtung, Gestaltung oder
Moderation der Angebote;
3. Selbstbestimmung in eigenen, nicht bzw. kaum
vorstrukturierten Kommunikationsräumen.
• Soziale Medien fördern Mitwirkung, teilweise auch
Mitbestimmung
• Selbstbestimmte Räume sind allerdings gerade auf den
großen Plattformen eher selten
(1) Wagner/Gerlicher/Brüggen 2011 Oschersleben 12 von 16
13. Ausblick: Das Web 2.0 als Lern- und Lebenswelt
Soziale Medien verändern das Umfeld, in dem Jugendliche alltägliches
Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagement betreiben
Dieser Wandel wirft eine Reihe von Herausforderungen auf, darunter…
… die Vermittlung von Kompetenzen für eine verantwortungsvolle Teilhabe an
den Kommunikationsräumen
… die Förderung politischer Partizipation auch mit Hilfe neuer Kanäle und
Werkzeuge
… das Einfordern von Mit- & Selbstbestimmung gegenüber machtvollen Akteuren
Diese gesellschaftlichen Aufgaben dürfen nicht auf eine Gruppe („die
Politik“, „die Eltern“, „die Schulen“, etc.) abgewälzt werden – aber keine
dieser Gruppen sollte sich ihrer Bearbeitung entziehen dürfen
Jugendliche sind nicht per se „internetkompetent“, sondern müssen in ihren
Lernprozessen – auch und gerade den selbst-gesteuerten – begleitet werden
Digitale Medien sind Teil der Lebenswelt von Heranwachsenden, können und
müssen also in die pädagogische Arbeit einbezogen werden
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18. Literatur
– boyd, danah (2008): Taken out of context. American teen sociality in networked
publics. Ph.D. Dissertation an der University of California, Berkeley. Online
verfügbar: http://www.danah.org/papers/TakenOutOfContext.pdf.
– Münker, Stefan (2009): Emergenz digitaler Öffentlichkeiten – Die Sozialen Medien
im Web 2.0. Frankfurt a.M.
– Schmidt, Jan (2011): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des
Web 2.0. Konstanz.
– Schmidt, Jan-Hinrik (2012): Das demokratische Netz? In: Aus Politik und
Zeitgeschichte, Jg. 62, Nr. 7, 2012, S. 3-8.
– Schmidt, Jan/Ingrid Paus-Hasebrink/Uwe Hasebrink (Hrsg.) (2009): Heranwachsen
mit dem Social Web. Berlin.
– Wagner, U. / Gerlicher, P. / Brüggen, N. (2011): Partizipation in und mit dem Social
Web – Herausforderungen für die politische Bildung. München
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