Plädoyer konsequente Digitale Transformation in der Old Economy.
Social Media als Chance für den Geschäftserfolg
1. f utu r e networ k
4. Zürcher Konferenz und Netzwerktreffen
Social Media als Chance für den Geschäftserfolg
Ganz im Zeichen von Social Media und Web 2.0 sowie deren Implikationen auf die Geschäftswelt stand das von
Future Network und der Schweizer Informatikgesellschaft organisierte 4. Zürcher Netzwerktreffen am 14. Sep-
tember 2010 an der Universität Zürich. Unter den Vortragenden als auch den zahlreich erschienenen Teilnehmer
herrschte Konsens darüber, dass die explosionsartige Zunahme sozial geprägter Kommunikationsservices die
Arbeitswelt nachhaltig verändert. Für den einzelnen bedeutet diese Entwicklung, dass das Internet noch un-
übersichtlicher geworden ist.
»In Wahrheit verstehen wir das Web nicht mehr wirklich«, Return-on-Investments zähle nun plötzlich der Return-on-
erklärte Professor Clemens Cap von der Universität Rostock Involvement, also die Miteinbeziehung und Involvierung von
in seiner viel beachteten Keynote. Gleichzeitig habe die Social- Konsumenten und Usern in die Produkt- und Firmenpolitik. Um
Media-Revolution große Auswirkungen auf die reale Welt, zum Kunden durchzukommen und diese als kommunizierende
zeigte sich Cap überzeugt. »Jeder Mensch schielt bei seiner Multiplikatoren zu gewinnen, müssten Firmen heute auf au-
Meinungsbildung bzw. der Bewertung, welche kulturellen Ver- thentische und kleine Botschaften setzen, so Cap.
haltensweisen in der Gesellschaft angebracht sind, zu seinen Dass die Auswirkungen von Social Media auf Gesellschaft
unmittelbaren Nachbarn. Durch Social Media werden plötzlich und Business-Welt fundamental sind, steht auch für Moshe
Hunderttausende User weltweit zu Nachbarn«, erklärte Cap. Rappoport von IBM Research außer Frage. »Schon jetzt neigen
Diese menschliche Verhaltensweise sei mit ferromagne-
tischen Vorgängen bei Materialien vergleichbar, spielt Cap
auf jüngste sozialwissenschaftliche Theorien an. Ähnlich der
magnetischen Polung benachbarter Teilchen in eine Richtung,
sorge der unmittelbare Kommunikationsaustausch der User in
kurzer Zeit für eine konzertierte Meinungsausrichtung ganzer
Gesellschaften oder Kulturen. »Wir orientieren uns am Ande-
ren. Gleichzeitig wissen wir nicht, was dabei herauskommen
wird«, weist Cap auf die schwierige Vorhersagemöglichkeit
derartiger Meinungsfindungsprozesse hin.
Die enorme Schlagkraft von sozialen Netzen birgt aber
naturgemäß auch ihre Risiken. »Die Gesellschaft muss sich
erst darüber im Klaren werden, ob jeder ohne Rechenschaft
Moshe Rappoport (IBM)
abzulegen alles publizieren kann«, sagt Social-Media-Experte
Cap. Diesbezüglich spiele zudem der soziale Kontext, in dem junge Leute dazu, Aussagen von Unternehmen oder Politikern
Äußerungen getätigt werden, eine wichtige Rolle. Ob jemand per se zu misstrauen und sich ausschließlich auf die Meinung
in einer heiteren Runde unter Freunden androhe, den Londo- und Erfahrung ihrer Freunde in den sozialen Netzwerken zu
ner Flughafen in die Luft zu sprengen oder diese Äußerung verlassen. Mit herkömmlicher Werbung stehen Unternehmen
da auf verlorenem Posten«, sagt Rappoport.
Der Umstand, dass Europa den USA wie bei vielen anderen
technologischen Entwicklungen auch beim Thema Social Media
ein paar Jahre hinterherläuft, sieht Rappoport hingegen für
Unternehmen wie User nicht unbedingt als Nachteil. »Einige
Fehler und Investitionen lassen sich dadurch sicherlich vermei-
den. Gleichzeitig müssen aber auch europäische Unternehmen
sehr schnell lernen, wie Reputation Management in der heuti-
gen Zeit funktioniert und das von Usern geäußerte Feedback
positiv für die eigene Geschäftsentwicklung genutzt werden
kann«, so Rappoport.
Der Einsatz von Computertechnologie und moderner Hard-
ware werde zukünftig eine noch größere Rolle spielen, um
Kundenbeziehungen und Geschäftsanforderungen überhaupt
adäquat analysieren zu können. »Mehr denn je müssen CEOs
beim Security-Check in der Abflughalle tätigt, sei ein großer heute und in der Zukunft verstehen, was ihre Kunden wirklich
Unterschied. In sozialen Netzwerken sei dieser Kontext oftmals wollen und ihr Angebot an diese Bedürfnisse anpassen«, ist
nicht klar ersichtlich, was zu gefährlichen Missverständnissen Rappoport überzeugt.
führen könne. Spannende Best Practices veranschaulichten in weiterer
Für die Business-Welt ist diese Neuausrichtung gesellschaft- Folge, wie Social Media schon heute für den eigenen Geschäfts-
licher Verhaltensmuster von immenser Bedeutung. Statt des erfolg genutzt werden kann. So präsentierte etwa Herbert
1
2. f utu r e networ k
Wagger von der österreichischen Soft-
wareschmiede INTRANET Software &
Consulting gemeinsam mit Geschäfts-
leiter Karl Portenkirchner von der Raiff-
eisenbank Maishofen-Thumersbach eine
innovative CRM-
Lösung, welche
mit Web-2.0-
Karl Portenkirchner ähnlichen Funk-
(Raiffeisenbank) tionen aufwarten
kann. Während der Kunde von intuitiven
Interfaces beim Online-Bankgeschäft
profitiert, kann die Analyse der Platt- Auf ein Problemfeld beim Thema Social Media wies hinge-
formnutzung wichtige Rückschlüsse auf gen Security-Experte Edgar Weippl von SBA Research der TU
Herbert Wagger (INTRA-
das jeweilige Kundenprofil bieten. Das NET Software & Consulting Wien hin. »Facebook eignet sich als schöner Angriffsweg, um
Finanzinstitut kann dadurch eine zielge- GmbH) mit sehr geringem Aufwand große Botnetze zu installieren.
richtete und maßgeschneiderte Finanzberatung durchführen. Im Prinzip reichen wenige Dutzend mit Trojanern eroberte
Aber auch die Erste Group Bank AG sowie die Siemens AG Accounts, um mehrere Tausend Angriffsziele zu erreichen«,
setzen heute intern bereits auf moderne Kommunikationstools erklärt Weippl. Spam- und Phishing-Attacken auf Facebook
und länderübergreifende Intranets, die Social-Media-Funktio- seien deshalb so gefährlich, weil User weniger vorsichtig mit
nalitäten ins interne Firmennetzwerk bringen. »Jedes neu ein- erhaltenen Links und Dateien umgehen, da sie den im Netz-
geführte Tool muss einen Zweck erfüllen. Mitarbeiter und werk befindlichen Personen vertrauen. Wenn Unternehmen
Anwender müssen bei der Einführung einer Web-2.0-basierten verstärkt auf Social Media setzen, dürfe der Sicherheitsaspekt
internen Plattformlösung also genau wissen, wozu das neue auf keinen Fall vernachlässigt werden, so Weippl.
Tool eingesetzt werden kann und was man von ihnen als Netz-
werkteilnehmer erwartet«, plädiert Michael Hafner von der
Erste Group Bank AG.
Edgar Weippl (SBA Research der TU Wien)
Dass der vernetzte Cyberspace für Unternehmen große
Gefahren beherbergt, unterstrich auch der auf Ethical Hacking
Michael Hafner (Erste Group Bank AG)
und Penetration Testing spezialisierte
Auch Michael Heiss von Siemens IT Solutions and Services Sicherheitsexperte Ivan Bütler von der
warnte bei seiner Vorstellung des Siemens-internen Netzwer- Compass Security AG, der in seinem
kes davor, bei den Mitarbeitern unrealistische Erwartungen zu faszinierenden Vortrag auf die ausge-
schüren. »Wissensvernetzung kann nicht die alleinige Antwort feilten Methoden von Cyberkriminellen
auf alle Probleme im Unternehmen heißen. Gleichzeitig kann es hinwies. Angesichts der professionellen
dazu beitragen, eine Wertschätzungs- und Vertrauenskultur im Vorgehensweise von Angreifern rät Büt-
Unternehmen zu etablieren, ler Geschäftsverantwortlichen, die für
die in gewissen Situationen das Überleben des Unternehmens kriti-
Ivan Bütler (Compass
auch in einen direkten Ge- Security AG)
schen Bereiche abzusichern. Penetration
schäftserfolg umgemünzt Tests und ein gutes Security Monitoring
werden kann«, so Heiss. An- können dabei helfen, Schwachstellen zu
ders als bei den etablierten identifizieren und zu schließen, bevor
sozialen Netzen steht bei großer finanzieller Schaden durch An-
der Siemens-Lösung nicht griffe entsteht.
das jeweilige Profil, sondern Wie moderne Social-Media-Kommu-
Themenschwerpunkte im nikation auch den Software-Entwick-
Mittelpunkt, zu denen Mit- lungsprozess nachhaltig optimieren
arbeiter sich auf einfache kann, zeigte Hans-Peter Korn von der Korn
Michael Heiss (Siemens IT Solutions and
und effiziente Art und Weise AG anhand der Umsetzung einer online-
Services) austauschen können. basierten Social-Media-Lehrplattform Hans-Peter Korn (KORN AG)
2
3. f utu r e networ k
der Social Media Akademie. »Die Übertragung von Agilem Die Helpdesk und Service-
Development auf die Software-Entwicklung hilft, auch un- center Vereinigung Schweiz
vorhersehbare Situationen und veränderte Anforderungen bietet eine Plattform für gegen-
auf geordnetem Wege bewältigen zu können«, erklärte Korn. seitigen Austausch und organi-
Dass der Weg zur Social-Media-Nut- siert themenbezogene Veranstaltungen. http://www.hdsv.ch
zung immer öfter über mobile Geräte
wie Smartphones führt, veranschau-
lichte Sonja Hof von PacketVideo. Allein Die Schweizer Informatikgesellschaft vereinigt
die Anzahl von rund 250 000 Applikatio- am Fachgebiet der Informatik Interessierte
nen im Apple Store bzw. rund 50 000 im zu Weiterbildung und Erfahrungsaustausch
Android Store verdeutliche, wie lukrativ sowie allgemein zur Förderung der In-
das mobile Business mittlerweile gewor- formatik in der Schweiz in Theorie und
den sei. Welcher Hersteller bzw. welches Praxis. http://www.s-i.ch
Sonja Hof (PacketVideo)
Betriebssystem letztlich im Smartphone-
Bereich die Nase vorn hat, ist laut Hof derzeit nur schwer zu
prognostizieren. Durch den Siegeszug von HTML5 werden Das Future Network ist das inter-
mobile Apps zukünftig aber ohnehin wieder stärker webbasiert nationale Netzwerk für IKT- und
und damit Plattform-unabhängig realisiert werden, ortete Hof Business-Entscheider in Öster-
bereits den nächsten Paradigmenwechsel. reich. Als unabhängige Dialog- und Diskussionsplattform er-
möglicht es Entscheidungsträgern sich mit Lösungsanbietern,
Consultants, Wissenschaftlern und erfahrenen Anwendern
auszutauschen sowie eigene Erfahrungen und Lösungsansätze
zu präsentieren. http://future-network.at
In der IT-Branche gewinnen Zertifi-
zierungen als Qualifikationsnachweis
immer mehr an Bedeutung. Seit April
2010 fungiert Future Network Cert als Zertifizierungsstelle
für das Zertifikat »Certified Professional for Requirements
Engineering – CPRE« in Österreich und international für das
Von links nach rechts: Karl Portenkirchner (Raiffeisenbank), Michael Heiss (Siemens IT Solutions Zertifikat »Certified Professional for Software Architecture –
and Services), Ulrich Weippl (SBA Research der TU Wien), Herbert Wagger (INTRANET Soft- CPSA«. Future Network Cert übernimmt diese Agenda vom
ware & Consulting GmbH), Ivan Bütler (Compass Security AG), Sonja Hof (PacketVideo),
Hans-Peter Korn (KORN AG), Bettina Hainschink (CON•ECT Eventmanagement), Michael Future Network – Gesellschaft zur Vernetzung der Informa-
Hafner (Erste Group Bank AG), Moshe Rappoport (IBM), Clemens Cap (Universität Rostock),
Hans Müller (Future Network) tionstechnologie, das von 2007 bis Anfang 2010 als Zertifi-
zierungsstelle diente. http://www.future-network-cert.at
Spannende Diskussionsrunden und persönlicher Meinungs-
austausch in den Pausen rundeten das internationale Netz-
werktreffen ab.
Papers zu den einzelnen Referaten können Sie auf Anfrage
unter office@future-network.at erhalten.
Kontakt Tel.: +43 1 522 36 36 37
Future Network – Gesellschaft zur Förderung Fax: +43 1 522 36 36 10 f utu r e
der Vernetzung in der Informationstechnologie E-Mail: office@future-network.at networ k
Mag. Bettina Hainschink www.future-network.at
3