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Energietechnische Gesellschaft im VDE (ETG)
ETG im VDEVDEVDEVDE. Stresemannallee 15 . D-60596 Frankfurt/Main
ETG
Energie-
technische
GesellschaftEuropean Commission
Directorate-General
for Energy and Transport
Dr. Matthias Ruete
Director-General
24-28, rue J.-A. Demot
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BELGIEN
Geschäftsführung
19.09.2006
ga/cf
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VDE/ETG-Stellungnahme zum Grünbuch der Europäischen Kommission
"Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie"
Sehr geehrter Herr Dr. Ruete,
Die Energietechnische Gesellschaft im VDE (ETG) begrüßt die Vorlage des Grünbuches
„Energie“ durch die Europäische Kommission. Der von der Kommission eingeleitete Dis-
kussionsprozess mit seinen sechs Bereichen kann die Basis für eine zukünftige gemeinschaft-
liche europäische Energiepolitik bilden.
Über unsere nachfolgenden Kommentare und Anregungen zu den einzelnen, im Grünbuch
angesprochenen Kapiteln hinaus ist die ETG der Meinung, dass das Thema Energie und eine
gemeinsame Energiepolitik ein Motor zur Integration in Europa sein kann. Alle Mitgliedsstaaten
sehen sich im Grundsatz den gleichen Herausforderungen gegenüber: die Abhängigkeit vom
Import an Primärenergie steigt, die Wettbewerbsfähigkeit aller Mitgliedsstatten hängt von
sicherer und preiswerter Energie ab, der Wohlstand kann nur durch die Sicherstellung von
Energie im ausreichendem Umfang gehalten werden. Bereits heute gibt es im technischen
Bereich (UCTE), aber auch im unternehmerischen Sektor (EVU´s, Herstellerfirmen) viele
multinationale Verflechtungen. Eine einheitliche, zielgerichtete europäische Energiepolitik mit
einheitlichen Rahmenrichtlinien würde diese im Privatsektor schon bestehenden europäischen
Kerne weiter verstärken und einen echten, Europa weiten Wettbewerb im Energiesektor sicher-
stellen. Auch würde eine europäische, langfristig angelegte Energiepolitik die internationale
Stärke der europäischen Unternehmen gefestigt und weiter ausgebaut (home market als
Referenz).
Nachfolgend stellt die ETG ergänzend zu den Antworten im Fragebogen zu den verschiedenen
Bereichen des Grünbuchs fest:
Wettbewerbsfähigkeit und der Binnenmarkt für Energie?
Betriebsmittel der Energieversorgung sind durch ihre lange Lebensdauer gekennzeichnet. Dies
gilt sowohl für die großen Kraftwerksblöcke als auch in ganz besonderem Maße für die
Betriebsmittel der Übertragungs- und Verteilungsnetze. Kann man bei den meisten technischen
Wirtschaftsgütern im privaten Bereich nur Lebensdauern von etwa 15 Jahren erzielen (bei
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elektronischen Geräten noch deutlich weniger), so sind hier Lebensdauern von 50 Jahren und
mehr bei entsprechender Wartung keine Seltenheit. Energieversorgungssysteme stellen also
über viele Jahrzehnte gewachsene Strukturen dar, in denen ältere und neuere Technik
vernünftig zusammenarbeiten müssen. Die Systeme können somit technologisch oder politisch
bedingten Trends nur sehr langsam folgen. Hinzu kommt, dass Genehmigungsverfahren für
neue Projekte viele Jahre in Anspruch nehmen können. Investitionen in diesem Bereich
erfordern daher verlässliche Rahmenbedingungen, um ein für Investoren akzeptables Risiko zu
gewährleisten.
Diversifizierung des Energieträgermix
Die ETG empfiehlt einen breit diversifizierten Energieträger-Mix als europäisches Ziel. Er dient
der Risikominimierung und trägt zur Steigerung der Versorgungssicherheit bei. Allerdings sollte
er sowohl auf nationaler, wie europäischer Ebene durch freie Wirkung des Marktes und
Wettbewerbs angestrebt werden. Die ideologischen Restriktionen sollen ausgeschlossen und
lokale Verfügbarkeit einzelner Energieträger beachtet werden. Im funktionierenden,
europäischen Energie-Binnenmarkt bleiben die unkoordinierten Entscheidungen einzelner
Staaten zur Gestaltung des Energieträger-Mixes nicht ohne Folgen für andere Staaten. Deshalb
unterstützen wir die Initiativen, die eine gesamteuropäische Diversifizierung und Optimierung
der Energieversorgung zum Ziel haben.
Nachhaltige Entwicklung
Um die zukünftige Versorgungssicherheit bei Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit, des
Umweltschutzes und der technologischen Führerschaft europäischer Industrie zu sichern, ist die
technologische Innovation der Schlüsselfaktor für die Gestaltung europäischer Energiepolitik.
Das Ziel muss es sein, Forschungsförderung zu stärken und eine effiziente Allokation der zur
Verfügung stehender Mittel zu harmonisieren.
Für die nächsten 2-3 Jahrzehnte bilden die fossilen Energieträger in allen Szenarien die
tragende Säule der Energieerzeugung. Deshalb gilt es, die Effizienz der Nutzung von Kohle,
Erdgas und Erdöl zu steigern und falls dies nicht ausreichen sollte, Technologien zur
signifikanten Reduzierung von CO2-Emissionen zu entwickeln. Eine herausragende Rolle fällt
dabei der Kohle zu. Für Ihre Weiternutzung ist eine forcierte Entwicklung von s.g. "clean coal"
Technologien unverzichtbar. Durch den in den nächsten Jahren anstehenden Ersatz von Alt-
Kraftwerken in Europa ergibt sich eine einmalige Chance, die jeweils modernsten Technologien
auf den europäischen Standorten anzuwenden. Andererseits kann die europäische Industrie mit
entsprechend leistungsfähigen Technologien auch Nutzen daraus ziehen, indem sie diese
Technologien international vermarktet. Auch die in den letzten Jahren weltweit erfolgreiche,
europäische Technologie zur Nutzung regenerativer Energieträger, insbesondere von Wind und
Biomasse soll aus Sicht der ETG eine Weiterentwicklung erfahren, um die führende Rolle der
europäischen Hersteller auch in der Zukunft zu bewahren.
Innovation und Technologie
Vermisst wird im Grünbuch ein gesamtheitlicher Ansatz zur Energieversorgung. Dieser müsste
neben den diskutierten Themen zur Strom- und Gasversorgung auch die Versorgung mit
Wärme/Kälte beinhalten. Weiterhin ist hier die gesamte Energieversorgung im Verkehrssektor
ausgeklammert worden. Praktisch keine Beachtung findet auch das Thema
Energiespeicherung, das insbesondere unter dem Aspekt eines zunehmenden Anteils der
Stromerzeugung aus fluktuierenden erneuerbaren Energien von hoher Brisanz ist. Dabei ist
gerade der Verkehrssektor für die Energiespeicherung nicht uninteressant. Durch die
Entwicklung von Hybrid-Antrieben gewinnt dort jetzt auch die Entwicklung von neuartigen
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Batteriespeichern wieder zusätzliche Anreize. Betrachtet man die heute in Fahrzeugen
gespeicherten Energiemengen, so wird schnell klar, welches Potenzial in dieser Anwendung
stecken könnte. Wasserstoffszenarien lassen darüber hinaus erahnen, dass die
Stromversorgung und die Treibstoffversorgung immer stärker zusammenwachsen werden.
Eine Richtlinie zum Energieeinsatz für Heiz- und Kühlzwecke sollte in Zukunft auch dem Strom
wieder bessere Chancen einräumen. War es früher – bei Kraftwerkswirkungsgraden von 30 % -
durchaus berechtigt, die Nutzung des Stroms für Heizzwecke äußerst kritisch zu sehen, so kann
dies bei den hohen Wirkungsgraden von neuen Kraftwerken - 60 % werden für GuD-Kraftwerke
bald Realität sein - und dem zunehmenden Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien, durchaus wieder eine sinnvolle Alternative sein. Insbesondere in Kombination mit
elektrisch angetriebenen Wärmepumpen lassen sich Energienutzungsgrade erzielen, die selbst
die besten KWK-Anlagen nie erreichen können. Auch als Ergänzung zu solarthermischen
Anlagen stellen Stromzusatzheizungen eine sinnvolle und kostengünstige Alternative dar.
Durch die Möglichkeit der Wärme-/Kältespeicherung bieten diese Systeme zudem den Anreiz,
einen Teil des fluktuierenden Energiedargebots aus erneuerbaren Quellen - insbesondere
Wind – aufzunehmen und so einen Beitrag zur Stabilität der Energieversorgung zu leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Ing. Wolfgang Glaunsinger
Geschäftsführer
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