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Nr. 26/27 April 2019 Preis 3,00 Euro
12 von insgesamt 14 Geschwisterkinder der Eheleute
Andreas Groß (*1874) oo 1898 und Anna geb. Both (*1878) genannt „Peekes“ in Lisdorf-Holzmühle
anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter Agnes mit Josef Berdin im Jahre 1935
Impressum: Herausgeber: Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V.
	 Am Ginsterberg 13, 66740 Saarlouis−Lisdorf, Tel.: 06831/ 4 16 94, Fax: 06831/ 12 87 53
Redaktion: Heiner Groß (verantwortlich), 	G. Groß, Agnes Groß, Gabi Feld, Marie-Luise Groß, Manfred Nebelung,		
Fotos: Harald Weiler, Georg Groß, Archiv VHL, privat
www.heimatkunde.lisdorf.de
Druck: Krüger Druck + Verlag, Handwerkerstraße 8-10, 66663 Merzig
Bankverbindungen:Kreissparkasse Saarlouis IBAN: DE26 5935 0110 0074 3008 80
		 Vereinigte Volksbank e.G. Saarlouis-Sulzbach/Saar IBAN: DE21 5909 2000 6721 7502 03
Bezugspreis: 3 Euro je Heft, Vereinsmitglieder erhalten es kostenlos
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt der Redaktion, wieder.
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers			
Verehrte Leserinnen und
Leser,
knapp 3 Monate nach unse-
rem Heft zu Weihnachten und
dem Jahreswechsel 2018/19
präsentieren wir Ihnen als
Doppelausgabe mit 48 Sei-
ten das Lisdorfer Heimatblatt
Nr. 26/27.
Es enthält eine Vielzahl von
aktuellen heimatkundlichen
Beiträgen mit dem Schwerpunkt, dem örtlichen Ge-
schehen. Damit entsprechen wir dem Wunsch vieler
unserer Leser, vor allem der auswärts wohnenden,
mehr über das aktuelle Geschehen in der Heimat zu
informieren. Dabei vernachlässigen wir das frühere
Geschehen, das was Geschichte ausmacht, keines-
wegs. Auf der Titelseite zeigen wir ein Foto mit einer
Lisdorfer Großfamilie, allseits bekannt unter dem
Spitznamen „Peekes“ und auf der letzten Seite eine
historische Karte mit den Bännen Listroff, Enstroff
und Loutre z.Zt. als unsere Heimat zu Frankreich
bzw. Lothringen gehörte.
Die Beiträge von Dr. Thomas Schmitt, deutscher
Generalkonsul in Porto Allegre in Brasilien (hat Lis-
dorfer und Saarlouiser Wurzeln) über die Armuts-
auswanderung aus unserer Großregion im 19.
Jahrhundert nach Brasilien und von Dr. Franz Klein
aus Lisdorf über seinen 1856 geborenen Urgroßva-
ter J. Rullang, der von Frühjahr bis Herbst Bauer in
Lisdorf war, während der Wintermonate jedoch zur
Einkommenssicherung als Binnenschiffer auf der „St.
Barbara“ anheuerte und das Geschehen im frühe-
ren Lisdorfer Saarhafen am Ende der heutigen Saar-
straße. Auch der Beitrag des Verfassers aus Anlass
der Einführung der Frauenrechte vor 100 Jahren
mit der Überschrift „100 Jahre Frauengeschichte:
Margarete von Wrangell“, sie war ab 1923 die ers-
te Universitätsprofessorin in Deutschland, beschäf-
tigt sich mit der Historie. Auch der größere Beitrag
von Benedikt Löw und Johannes Werres über Michel
Ney aus Saarlouis (1769 bis 1815) gehört dazu.
Michel Ney aus einer armen Fassmacher-Familie in
der Bierstraße im damals französischen Sarre-Lou-
is hat bekanntlich als Soldat in Frankreich Karrie-
re gemacht. Mit 27 Jahren bereits General unter
Napoleon und bis zum Marschall aufgestiegen.
Seine Vasallentreue zu Napoleon mit der Niederla-
ge in der Schlacht bei Waterloo wurde ihm schließ-
lich zum Verhängnis. 1815 wurde er in Paris als
Hochverräter im Alter von 46 Jahren exekutiert. Das
Städt. Museum Saarlouis unter Leitung von Benedikt
Löw widmet Maréchal Ney anlässlich seines 250.
Geburtstages bis 10. Juni 2019 eine große Sonder-
ausstellung, die allen Heimatfreunden empfohlen
wird zu besuchen. Fast alle Ney’s im Raum Saarlou-
is sind entfernte Blutsverwandte zu Marschall Ney.
Der VHL wird in nächster Zeit ein bis zwei Sonder-
führungen zu dieser interessanten Ausstellung an-
bieten. Bitte beachten Sie die Termine, die in der
Presse bekanntgegeben werden
Die Muttersprache, deren Gedenktag jährlich der
21. Februar ist, haben wir auch einen Beitrag ge-
widmet. In Lisdorf wird die Muttersprache gleichge-
setzt mit dem „Leischdrowwa Platt“, einer leichten
Abwandlung unseres moselfränkischen Dialektes.
Marianne Faust, unsere Expertin dafür, ist wieder
mit einem schönen Beitrag in diesem Heft vertreten.
Ihr Buch mit CD: „Nä, watt en Uwwerasch!“ ist wei-
terhin im Buchhandel, in Lisdorfer Geschäften und
beim VHL für günstige 9,90 Euro zu haben. Ebenso
das repräsentative Kriegsopferbuch von Agnes Groß
für 19,50 Euro .
Wie in allen bisherigen Lisdorfer Heimatblättern sind
auch im heutigen Heft viele Fotos zu sehen, und
zwar historische, wie die Hochzeitsbilder, aber auch
aktuelle von den VHL-Aktivitäten und den vielen Ju-
bilaren, wie das in unserem Heimatkundeverein mit
annähernd 600 Mitgliedern üblich ist.
Übrigens, und das passt zu 100 Jahre Frauenrechte,
sind im VHL mehr als 50 % Frauen und Mädchen.
Auch im Vorstand sind sie mit annähernd 50 % ein
Aktivposten.
Beim Abfassen der Berichte über unsere VHL habe
ich zur Freude festgestellt, dass 3 unserer verstor-
benen Mitglieder Träger des Bundesverdienstkreu-
zes waren, und zwar Johann Morguet, Erich Seidel
und Dr. Erwin Müller. Aktuell sind es sogar 6 (vgl.
Heft 16/17 aus 2014). Mit unserem Freund Erich
Pohl sind es sogar 7. Damit haben wir ein Alleinstel-
lungsmerkmal wohl über die Grenzen unserer Saar-
heimat hinaus. Das zeigt, wie viel verdienstvolles
ehrenamtliches Engagement in unserem VHL und
in Lisdorf steckt. Lisdorf, unser Ort mit knapp 3500
Einwohner, ist sowohl in der Heimatkunde mit dem
aus 600 Mitgliedern bestehenden VHL als auch mit
der HGS im Sport sowie dem Förderverein Kingen-
de Kirche, dem MGV 1859, dem Hard-Chor dem
Jugend- und Kinderchor und jetzt dem Kirchenchor
„Musica Sacra“ Saarlouis, somit im kulturellen Be-
reich, führend in Stadt und Land. Das sollten wir
uns als Lisdorfer immer wieder bewusst sein, wenn
wir mehr neidvoll als verächtlich als „Kappesköpp“
bezeichnet werden. Trotzdem sollten wir auch stolz
darauf sein, in der Gemüsekammer des Saarlandes
zu wohnen und zu arbeiten.
Viel Spaß und Freude beim Lesen und Be-
trachten der Bilder.
Ihr/Euer Heiner Groß
Inhaltsverzeichnis..................................................................................................................................................2
Vorwort................................................................................................................................................................3
Weihnachtliches Jahresschluss-Konzert...................................................................................................................4
Ein Lisdorfer Bauer als Binnenschiffer.....................................................................................................................8
100 Jahre Frauengeschichte: Margarete von Wrangell..........................................................................................12
Maréchal Michel Ney Stationen eines beherzten Lebens........................................................................................14
21. Februar ist Tag der Muttersprache..................................................................................................................16
Lisdorfer Ehrenamtler aufgepasst!........................................................................................................................17
Beiträge zur Lisdorfer Mundart von Marianne Faust..............................................................................................18
Schreibweise von Lisdorf im Laufe der Geschichte...................................................................................................19
Saarlouiser Heimat- und Geschichtsvereine im Überblick......................................................................................20
Am 30.März 2019 Lisdorf wieder „picobello“ machen............................................................................................21
Was ist Heimat?..................................................................................................................................................22
Vier sehr empfehlenswerte Bücher zu unserer Heimat...........................................................................................23
Neuforweiler – Bourgh Dauphin oder in Mundart Bedofingen...............................................................................23
Historische Hochzeitsbilder aus dem Archiv des Heimatkundevereins......................................................................24
Aktuelles aus unserer Kirche und Pfarrei...............................................................................................................26
Corinna Achtermann Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Saarlouis links der Saar.............................28
Caritasverband hat Kirchlichen Sozialstation übernommen....................................................................................29
Der Heimatkundeverein weist auf Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue hin............................................................30
Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue....................................................................................................................31
Armutsauswanderung im 19. Jahrhundert und saarländische Spuren in Südbrasilien heute.....................................32
Junge Talente wagen sich an festliche Klänge.......................................................................................................36
Historischer Werdegang der Raiffeisenbank und des Warengeschäfts in Lisdorf.......................................................38
Aus und vorbei !	.................................................................................................................................................39
Exkursion der Saarlouiser Heimatkundler nach Bouillon/Belgien und Sedan/Frankreich..........................................40
Ein für die Heimatpflege im Saarland sehr interessanter Bericht der SZ...................................................................41
Der Zeiten bunter Lauf 2019...............................................................................................................................42
Herzlich willkommen!..........................................................................................................................................42
Nachruf	..............................................................................................................................................................42
Mitglieder und Freunde des VHL im Beruf und Ehrenamt erfolgreich. Wir gratulieren..............................................43
Wir gratulieren...................................................................................................................................................44
Wir nahmen Abschied von unserem Freund und Mitglied Dr. Erwin Müller................................................................46
Nachruf auf Yvette Killinger..................................................................................................................................46
Mit Heimatfreunden aus Wadgassen-Werbeln auf Arche Noah Kultur-und Pilgerreise nach Prag..............................47
2 3
Weihnachtliches Jahresschluss-Konzert
	 ln der festlich geschmückten Lisdorfer Barockkirche
Stimmungsvoller Jahresausklang
Zum weihnachtlichen Jahresschluss-Konzert lud der
Förderverein „Klingende Kirche“ der katholischen
Kirchengemeinde Lisdorf ein. Das Konzert gestalte-
ten 150 Mitwirkende mehrerer Chöre. Solistin des
Abends war die Sopranistin Sabine Becker, künstle-
rischer Leiter Regionalkantor Armin Lamar.
Bachs bekanntes Präludium in C-Dur (BWV 846),
erster Teil des Wohltemperierten Klaviers, firmiert
oft lapidar als „Präludium No. 1“, so, wie wir mit
„Bach“ meist vom berühmten Johann Sebastian
sprechen. Es besteht fast vollständig aus ausge-
schriebenen Arpeggien im 4/4-Takt, die sich jeweils
zu fünfstimmigen Akkorden zusammenfassen las-
sen - zum Auftakt virtuos von Regionalkantor Armin
Lamar auf der wohltönenden Mayer-Orgel gespielt.
Lamar bleibt ganz nah am polyphonen Gefüge,
spielt leicht, zugleich bestimmt und vermeidet eine
Romantisierung der barocken Klänge.
Fünf sehr unterschiedliche Chöre haben an die-
sem Abend in der voll besetzten Lisdorfer Kirche
ihren Auftritt. Da ist zunächst der Kinderchor der
Chorgemeinschaft Lisdorf unter der Leitung von Eva
Gindorf, die ihre kleinen Sänger und Sängerinnen
unterstützend am Klavier begleitet. An manchen
Stellen noch ein wenig unsicher, tragen sie Lieder
aus ihrem Repertoire vor, wovon ihnen die Weih-
nachtsgeschichte eines Esels die liebste ist und des-
halb wohl am besten gelingt.
Danach genießen die Konzertbesucher zwei wun-
derschöne Weihnachtslieder, die sehr einfühlsam
von Sabine Becker in Begleitung von Armin Lamar
am Klavier gesungen werden: das „Mariä Wiegen-
lied“ von Max Reger und das zu Herzen gehen-
de „Cantique de Noel“ von Adolph Adam. Becker,
Frontfrau des Orchesters „The New Generation“,
die sowohl in der Musical- und Popmusik als auch
in der Klassik zu Hause ist, erstaunt mit leisen, wohl
geformten Tönen und guter Artikulation. Mit ih-
rer auch in hohen Lagen festen Stimme zaubert sie
Weihnachtsstimmung unter das Publikum. Später
folgen zwei Lieder von Peter Cornelius.
Auch das bekannte „Es ist ein Ros' entsprungen“
von Praetorius, das der Kath. Kirchenchor „Musica
Sacra“ Saarlouis singt, gefällt dank gut geschulter
Stimmen und bringt die Festtage noch einmal in Er-
innerung. Ebenso das „Freu dich, Erd- und Sternen-
zelt“ - beide Lieder werden von Lamar am Cembalo
begleitet. Für Verstärkung sorgt der „Madrigalchor
Dillingen“, den Lamar ebenfalls leitet. Sehr schön
und überzeugend gelingt den beiden Chören das
„Tollite hostias“ von Camille Saint­-Säens, ein kurzer
homophoner Schlusschor, der sein Weihnachtsora-
torium, das „Oratorio de Noel“, festlich beschließt.
Der Madrigalchor Dillingen, dessen Leitung seit Juli
2017 in den Händen von Armin Lamar liegt, be-
geistert mit vier anspruchsvollen Gesängen aus der
Weihnachtsliteratur. Lieder, die jeder der Konzertbe-
sucher hätte mitsingen können: „Kommet, ihr Hir-
ten“, „Auf dem Berge, da wehet der Wind“ und das
„Weihnachts-Wiegenlied“ von Rutter stehen auf dem
Programm. Der Chor zeigt sich in allen Stimmen in-
tonationssicher und klanggewaltig homogen. Die
beweglichen und reinen Frauenstimmen faszinieren
ebenso wie die Tenöre und Bassisten, die mit gutem
Timbre glänzen. Perfekte Zäsuren, sehr schön aus-
klingende Schlüsse sowie exakte Einsätze sind selbst-
verständlich. Franz Schumacher, Chormitglied, tritt
solistisch auf mit dem Lied „Drei Könige wandern
aus dem Morgenland“. Seine Stimme wirkt zwar et-
was belegt, doch singt er mit großer Empathie und
beeindruckt mit guter Artikulation.
Poppig mischt der HardChor der Chorgemeinschaft
Lisdorf das Programm auf: Unter der Leitung der
temperamentvollen Natalya Chepelyuk überraschen
die 25 Sänger mit dem Michael Jackson­Song „Heal
the world“ sowie dem Folk-Rock-Song „The Sound
of Silence“ aus der Feder des US-amerikanischen
Duos Simon & Garfunkel – rhythmisch und stimm-
lich sehr gut dargeboten, virtuos von Chepelyuk am
Klavier und von Eugen Maciaczyk mit der Gitarre
begleitet. Im berühmten „Hallellujah“ von Leonard
Cohen bringt Sabine Becker im Kreis der Choristen
ihre, kräftige Stimme spielerisch nochmals ein.
Den Schlusspunkt setzt der Männerchor der Chor-
gemeinschaft Lisdorf, aus dem der HardCHor her-
vorgegangen ist. Adolph Seidel, der gleich mehrere
Chöre dirigiert und selbst ein hervorragender Bas-
sist ist bringt ,seine Männer ins Rampenlicht. In Lis-
dorf reicht die Tradition des Chorgesangs bis ins
Jahr 1859 zurück und auch nach 160 Jahren wird
der Chorgesang hier mit großem Engagement ge-
pflegt.: Nach fünf stimmgewaltigen Weihnachts-
gesängen endet das Konzert mit der berühmten
Hymne „Freude schöner Götterfunken“. „An die
Freude“ ist eines der berühmtesten Gedichte Fried-
rich Schillers. Es entstand im Sommer 1785 und
wurde von Beethoven im vierten Satz seiner neun-
ten Sinfonie vertont.
Lang anhaltender Applaus bedankt die Mitwirken-
den des festlichen Konzerts. Jutta Stamm
Der Kinderchor der Chorgemeinschaft Lisdorf unter der Leitung von Eva Gindorf.
Sabine Becker in Begleitung von Regionalkantor Armin Lamar.
4 5
Der Kath. Kirchenchor „Musica Sacra“ Saarlouis unter der Leitung von Regionalkantor Armin Lamar.
Der Madrigalchor Dillingen unter der Leitung von Regionalkantor Armin Lamar und Franz Schumacher als Solist.
Der Hardchor der Chorgemeinschaft Lisdorf und Sabine Becker unter der Leitung von Natalya Chepelyuk.
Die Chorgemeinschaft MGV 1859 Lisdorf unter der Leitung von Adolph Seidel.
6 7
seines Schiffes sich einer mit Eisen beschlagenen
Stange bedient hate und 10 Mark 25 Pfg weil meine
Schwäster über ihn gescholten hat. 3. weil er die wie-
derholte Aufforderung des Schleusenwärders aus der
Schleuse zu fahren er nich solte befolgt haben. Die-
se lätzen 3 Artikel machen zusamen: 14 Mark 25...“
Bei der Rechtschreibung und Grammatik in diesen
alten Briefen ist zu bedenken, dass in den Schulen
ein Rechtschreibwörterbuch erst ab 1880 (von Kon-
rad Duden) zur Verfügung stand. In den folgenden
Jahrzehnten wurde dieses orthografische Regelwerk
nach und nach zur Grundlage einer einheitlichen
deutschen Rechtschreibung.
Das Schifferleben hatte auch einen prägenden Ein-
fluss auf die Aktivitäten im Dorf. Monika Hanau-
er-Müller (genannt Monika Barthel) schreibt unter
anderem (Lisdorfer Heimatblatt Nr. 1, November
1999, Seite 17):
Ein Lisdorfer Bauer als Binnenschiffer
Johann Rullang heuert auf dem Treidel-Schiff seines Schwipp-Schwagers an
Mein Ur-Opa mütterli-
cherseits, der Landwirt
Johann Rullang (1856
- 1942) fuhr, als er An-
fang 30 war, in den Win-
termonaten mit auf dem
Lisdorfer Frachtschiff „St.
Barbara“ von Adolf Haf-
ner und dessen Ehefrau,
seiner Schwägerin Barba-
ra Hafner geb. Klein.
Das geht aus einem re-
gen Briefwechsel im
Spätherbst 1887 zwischen Johann Rullang und sei-
ner Frau Barbara geb. Klein (1857 - 1933) hervor.
Glücklicherweise haben diese alten Briefe die Wir-
ren der vielen Jahrzehnte überstanden.
Sehr erstaunlich: so gab man in der Familie der Ur-
Oma (12 Geschwister) auch der zwei Jahre jünge-
ren Schwester den Taufnamen „Barbara“. Das war
zur damaligen Zeit anscheinend nicht ungewöhn-
lich, orientierte man sich doch oft bei der Namens-
gebung am Vornamen von Patin bzw. Paten. Der
Rufname wurde dann, zur Vermeidung von Ver-
wechslungen, stark abgewandelt; hier z.B. Bäbb-
chen, Bäbbi, Bääf, Biwwi, usw.
Ein Vorfahre von Johann Rullang, François Roulin,
der Mitte des 18. Jahrhunderts im lothringischen
Lützelburg (in der Nähe von Phalsburg, heute Regi-
on Grand Est) lebte, war von Beruf Müller. Deshalb
wurde Johann Rullang im Dorf „da Malla Schang“
(der Müller Johann) genannt.
Der Familienname „Rullang“ ist vor allem im mittle-
ren Saartal verbreitet. Die „Sippentafel“ der Familie
Roulin (spätere Schreibweise Roulang bzw. Rullang)
zeigt auf, dass ein Josef Rullang (geboren 1755 in
Lützelburg) als Soldat in die Garnisonsstadt Saar-
louis kam, im Jahr 1783 Katharina Simon (1762 -
1843) aus Lisdorf heiratete und hier seine Familie
begründete.
Wohl ebenfalls 1887 erwarb Johann Rullang ein An-
wesen „off da Hoff Saar“ (später: Lonsdorfer Stra-
ße, dann: Schulstraße 7, nach dem 2. Weltkrieg:
Prof.-Ecker-Straße 22, heute im Besitz von Martina
Dräger-Groß).
Laut Erzählungen in der Familie diente das Gebäu-
de vorher über viele Jahre der Abtei Wadgassen als
„Zehntscheune“ für die damals übliche, etwa zehn-
prozentige Naturalabgabe der Lisdorfer Bauern
an diesen Prämonstratenser Orden. - In Folge der
Französischen Revolution, erfolgte die Auflösung des
Klosters Wadgassen im Jahre 1792.
Bestimmt besserte die Heuer die karge Einkom-
menssituation des Landwirtes über den Winter et-
was auf. Der vorgesehene Umbau der erworbenen
Immobilie war aber wohl der Hauptgrund für das
Mitfahren beim Berufsschiffer Adolf Hafner nach
Mühlhausen (Oberelsass).
Gezogen wurde die „St. Barbara“ auf dieser langen
Reise vom Leinpfad am Flussufer aus durch ein Kalt-
blüter-Pferdegespann.
Diese Fortbewegungsart nannte man „treideln“.
Das Frachtschiff war über ein Tauwerk (gefertigt
aus Fasern vom Lein, auch Flachs genannt) mit
den Treidelpferden und den Kahnziehern (Treidlern)
verbunden. Die Route führte über den Saar-Koh-
len-Kanal (erbaut 1862 - 1866). Er verbindet den
Rhein-Marne-Kanal mit der kanalisierten Saar.
So schrieb Johann in einem seiner Briefe an seine
Frau: (aufgegeben in Zabern, heute: Saverne/Nie-
derelsass. Das Arrondissement Saverne kam nach
dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Kreis
Zabern des Reichslandes Elsass-Lothringen zum
Deutschen Kaiserreich).
„Geh zum Maurermeister Mommenthal nach Ro-
den. Er soll ausrechnen, wie viele Steine sie haben
sollen. Der Maurermeister soll genau aufnodieren
die Ecksteine, Fenstersteine und übriche Mauerstei-
ne, wie hoch und wie viel. Er soll auch aufnodieren,
wie viele Palken sie haben müßen, wie dick und wie
lang, weil sie hier sehr bilig sind, vier den 2ten Stok
zu machen.“
Dass das Schifferleben aber auch mit ungeplanten
Kosten verbunden sein konnte, zeigt der Brief von
Barbara, in dem sie anfrägt, wie sie mit mehreren
Protokollen verfahren soll, die von der Schifffahrts-
verwaltung aus dem Elsass an die Heimatadresse in
Lisdorf geschickt wurden. Vergehen, laut Schleusen-
wärter in Zabern:
„1. weil der Schwacher daß Schiff über den Haltep-
fahl hinaus gefahren bevor die Schleuße zur Durch-
schleusung bereid war. 2. weil er zum Abfahren
Dr. Franz J. Klein
Johann Rullang. 1942 war
er mit 86 Jahren der ältes-
te Bauer im Dorf. Selbst im
hohen Alter trug er am Re-
vers vom Sonntagsanzug
stolz die 30er Ehrenan-
stecknadel. Von 1878 bis
1881 hatte er im Königlich
Preußischen 4. Rheinischen
Infanterie-Regiment Nr. 30
in Saarlouis gedient.
So sah das Treideln mit Zugtieren auch an der Saar aus. Die Aufnahme entstand um 1890 am Finow-Ka-
nal in Brandenburg. Der stabile Treidelmast, an dem im oberen Bereich das Zugseil befestigt war, wurde im
vorderen Drittel des Schiffsrumpfes platziert. So konnte der Kahn mit Hilfe des Ruders leichter in Fahrtrich-
tung gehalten und in Flussbiegungen und Schleusen manövriert werden. Durch den Anstieg der Leine vom
Pferdegespann zum Mast hin war es möglich, kleinere Hindernisse, z.B. Sträucher, im Uferbereich zu über-
spannen. Bei größeren Schiffen wurden vier oder sogar sechs Treidelpferde vorgespannt. Quelle: Wikipe-
dia® (gemeinfrei).
Die Familie betrieb „Emm Ecken“, früher auch
„Fährgaß“ genannt (heute: Wohnhaus in der Saar-
straße 11) von 1820 bis 1961 die Gastwirtschaft
„Zum Anker“ und besaß ein Schiff mit dem Namen
„Helgoland“.
„Opa Johann fuhr mit seiner „Helgoland“ in südli-
che Richtung bis nach Straßburg und in nördliche
Richtung bis Rotterdam. Die Lisdorfer Gemüsehänd-
ler brachten ihre Waren zum Anlegeplatz in der
Saarstraße, wo sie dann auf die „Helgoland“ ver-
laden wurden, um in Saarbrücken auf dem Markt
verkauft zu werden. Anschließend hielten die Bau-
ern und Händler in unserem Gasthaus Einkehr. Zum
Verzehr gab es gebackene Heringe und sauer ein-
gelegte Fische. Auch gab es Aal, den mein Opa
selbst zubereitet hatte. Dazu wurde Branntwein aus
einer Korbflasche ausgeschenkt, denn Bier war sehr
teuer. Morgens kamen die Männer vorbei, die zur
8 9
Frühschicht gingen. Sie hatten einen Flachmann
dabei, den sie sich jeden Morgen auffüllen ließen.
Die Blütezeit hatte die Gaststätte zur Zeit der Saar-
schifffahrt, als täglich Schiffe am Ende der heutigen
Saarstraße anlegten und be- und entladen wurden.
Das Treideln war für die Zugtiere und auch für die
Menschen schwerste Arbeit. Durch die Fortentwick-
lung der Dampfkraft wurden Alternativen in der
Schifffahrt (z.B. Radschleppdampfer) und der Eisen-
bahntransport ermöglicht. Nach dem 1. Weltkrieg
lösten selbstfahrende Motorschiffe mit Dieselmo-
tor-Antrieb zunehmend die gezogenen Lastkräne
ab. Auch der wesentlich schnellere Gütertransport
auf der Straße entwickelte sich ungebremst weiter.
Mit Sicherheit war das alles verbunden mit dem
Verlust einer Vielzahl von Arbeitsplätzen und Existen-
zen in den Schiffer-Familien, so wohl auch in Lisdorf.
Wie geht es weiter mit der Schifffahrt auf der
Saar?
Einen erneuten Aufschwung bei den Transport-
tonnagen brachte der Ausbau der Saar zur Groß-
schifffahrtsstraße ab Anfang der 1970er Jahre.
Schwerpunkt waren jetzt vor allem die Belieferung
von Hütten und Kraftwerken mit Erzen, Koks und
Steinkohle sowie der Transport von Eisen- und Stahl-
produkten, über Mosel und Rhein, bis zu den gro-
ßen Seehäfen an Nord- und Ostsee.
Zwischen Saarbrücken und Konz wurden auf der
Ausbaustrecke von 91,3 km (Höhendifferenz 55 Me-
ter) sechs Staustufen errichtet. Bei diesem über 25
Jahre dauernden Mammutprojekt erfolgten zum Teil
ganz massive Eingriffe in die örtlichen Gegebenhei-
ten und den Naturhaushalt. Die Ausbaumaßnah-
men dienen dem Hochwasserschutz und sollen den
Wirtschaftsstandort Saarland sowie auch die Saar-
schifffahrt zukunftssicher machen.
Die heftige Diskussion um den Ausstieg aus der
Kohle-Verstromung und das kontinuierliche Herun-
terfahren von Steinkohle-Kraftwerken im Bereich der
Saarschiene sind Konsequenz wirtschaftlicher, öko-
logischer und politischer Vorgaben. Die weltweiten
Veränderungen auf dem Eisen- und Stahlmarkt wer-
den bestimmt mittelfristig ebenfalls zu einer Abnah-
me bei transportierten Gütern und Tonnagen führen.
Wesentlich optimistischer sieht man die Entwicklung
bei der Fahrgastschifffahrt und bei den Freizeit-Ka-
pitänen auf der Saar.
Fr ü h j a h r 1 9 2 6
„off da Hoff Saar“:
v.l.: Lina Schreiner
aus der Großstra-
ße, Margaretha Rul-
lang-Lonsdorfer mit
Kind Imelda (heiratet
später Richard Haf-
ner) und Johann Her-
mann Ignaz Rullang
mit Kind Maria (heira-
tet später Josef Faust),
Barbara Rullang-Klein
und Johann Rullang,
Anna Rullang-Luxen-
burger und Josef Rul-
lang (Oma und Opa
des Berichterstatters).
rechte Seite: Lisdorf und das Saarlouiser Becken.
Der Verlauf der Saar im Jahre 1985, noch vor der
Begradigung („Saardurchstich“) im Bereich der Lis-
dorfer Au (Luftaufnahmen: F. J. Klein).
Gasthaus „Zum Anker“, 1909, Maria Barthel geb.
Trockle mit zwei ihrer Kinder und einen Nachbarskind.
10 11
100 Jahre Frauengeschichte: Margarete von Wrangell
Vorwort von Heiner Groß
Vor ein paar Tagen las ich in der Zeitschrift der kfd
„Frau und Mutter“, die meine Frau als kfd-Mitglied
erhält, einen für mich hoch interessanten Bericht
über Margarete von Wrangell, Deutschlands erste
Professorin. Sofort erinnerte ich mich an eine Be-
gebenheit während meines Studiums vor jetzt mehr
als 55  Jahren. Ich hörte Vorlesungen über Agrar-
geschichte. Dabei wurden auch Persönlichkeiten
behandelt, die sich um Fortschritte in der Land-
wirtschaft verdient gemacht haben. Dazu gehörte
auch die Agrarkulturchemikerin Prof. Dr. Margare-
te von Wrangell, der im Jahre 1923 die Professur
für Pflanzenernährung an der landwirtschaftlichen
Hochschule Hohenheim, heute Universität Stutt-
gart-Hohenheim übertragen wurde. Sie war die
erste Frau mit einer Professur an einer deutschen
Hochschule. Im agrarhistorischen Seminar, dass
sich an die Vorlesungen anschloss, mussten wir
Studenten jeweils über eine zuvor im Hörsaal be-
handelte Persönlichkeit referieren. Ich zog das Los
mit dem Namen Margarete von Wrangell. Da die
Vorlesung, in der sie behandelt wurde, schon et-
was länger zurücklag, war bei mir nicht mehr viel
über sie präsent. Internet und Google standen uns
damals noch nicht zur Verfügung. In unserer gro-
ßen  Uni-Bibliothek war nur sehr wenig zu finden
über Margarete von Wrangell. Mein Brief an die Uni
Hohenheim mit der Bitte um Infos über die dort vor
fast 100 Jahren tätige Professorin von Wrangell wur-
de erst spät beantwortet, jedenfalls zu spät für mein
Referat. Mein Professor für Agrarhistorie half mir
dann mit einem Skript aus, so dass ich in meinem
halbstündigen Referat viel über die Person und die
Wissenschaftlerin Prof. Dr. Margarete von Wrangell
ausführen konnte. Da in diesem Jahr die Frauen-
rechte und das Frauenwahlrecht 100 Jahre beste-
hen und der Bericht in der kfd-Mitgliederzeitschrift
im Kontext mit diesen Rechtsjubiläen steht, erscheint
es mir sinnvoll, den interessanten Bericht über den
Werdegang der Margarete von Wrangell in diesem
Heimatblatt abzudrucken. Die Genehmigung hier-
zu habe ich selbstverständlich bei der Redaktion der
kfd-Mitgliederzeitschrift in Düsseldorf eingeholt.
„JEDENFALLS WEISS ICH, Wofür ich kämpfe“
MARGARETE VON WRANGELL
Deutschlands erste Professorin
Man schreibt das Jahr 1877. Königin Victoria von
Großbritannien wird zur Kaiserin von Indien prokla-
miert. Der amerikanische Erfinder Thomas Edison
erzeugt eine Tonaufzeichnung auf einer bespann-
ten Stahlwalze, die er zum Phonographen weiter-
entwickelt. Dem französischen Physiker Louis Paul
Cailletet gelingt die Verflüssigung von Sauerstoff.
In diesem Jahr wird um 7. Januar Margarete von
Wrangell geboren. 43 Jahre später, 1923, wird sie
als Agrikulturchemikerin die erste ordentliche Profes-
sorin an einer deutschen Hochschule sein.
VON NADINE DlAB
Die Eltern, aus einer deutsch-baltischen Adelsfami-
lie, entscheiden sich für den Namen „Magarita“ - so
steht es zumindest auf dem russischen Taufschein.
Entzückt von ihrer kleinen Tochter übersetzen sie den
Blumennamen Margerite ins Englische und nennen
das Kind Daisy. „... am ersten Tag des Weihnachts-
festes wurde unser Daisychen (Margarete) geboren.
Wir empfingen dieses Geschenk als eine besonde-
re Gnade Gottes“, schreibt Mutter Ida von Wrangell
über ihr drittes Kind. Mutter und Tochter sollen zeit-
lebens ein sehr enges Verhältnis haben.Bereits die
Kindheit Margarete von Wrangells ist geprägt von
umfassender Bildung, die sie wissbegierig aufsaugt.
Die Kinder wachsen mehrsprachig auf, ihr Vater
kämpft als Offizier für den russischen Zaren. Er stirbt
noch in ihrer Kindheit, genau wie die ältere Schwes-
ter. Großvater und die andere Schwester werden fol-
gen. Die einzige Vertraute: ihre Mutter. In der Schule
ist Margarete „Daisy“ unter den Besten. Homer und
Vergil liest sie im Original. Arithmetik, Naturkun-
de, Philosophie: Schon damals will sie immer mehr
wissen, immer tiefer in die Materie dringen. Nichts
schreckt sie ab, alles traut sie sich zu.1894 legt sie
das Lehrerinnenexamen ab und unterrichtet an einer
Mädchenschule. Doch sie will mehr. Einfach mehr.
Von Wrangell spürt tief in sich den Ruf des Lebens,
doch wohin? 1898 schreibt sie einer Freundin:„Ich
versuchte es mit Religion. Dann versuchte ich es mit
Philosophie; lauter leere Verstandessätze und nie
ein kleines bisschen Leben oder Nutzen davon. Also
das ist das Leben, worauf man sich gefreut hat?
Kommt denn wirklich gar nichts Packendes, Leben-
des, Lebenslohnendes?“Bruder Nikolai erkrankt an
Tuberkulose. Er weiß, dass er unheilbar krank ist,
und erfüllt sich seinen Lebenstraum: In Zürich stu-
diert er Chemie, stirbt dort. Auch Margarete wird
schwer krank, bekommt Depressionen. Wohin nur
mit ihrem Leben? Die Krankheit rüttelt sie wach. Im
Sommer1903, mit 26 Jahren, beschließt sie, Natur-
wissenschaften zu studieren. Die Familie ist entsetzt.
Was für eine verrückte Idee! Was für eine Emanzipa-
tion! Die Mutter stellt sich hinter ihre Tochter. Doch
es wird nicht einfach. Die Universitäten damals -
noch zu sehr von Männern dominiert. Ehefrau und
Mutter: Das ist die Aufgabe der Frau Anfang des 20.
Jahrhunderts, das ist ihre Berufung. Darin sind sich
die meisten Zeitgenossen einig. Frankreich und Ita-
lien lassen seit 1870 Frauen an der Universität zu.
Doch Deutschland ist weit hinten. Nur in einem ein-
zigen deutschen Land dürfen sie die Hochschulen
besuchen: in Baden ab 1900. Mit 27 Jahren beginnt
Margarete von Wrangell das Studium der Chemie
und Botanikin Tübingen. Besonders hat es ihr die
organische Chemie angetan.1909 promoviert sie
mit,,Summa cum laude“. Doch sie will mehr. Weiter
forschen, weiter lernen, weiter entdecken. Ihre Her-
kunft ist ihr Glück. Sie muss nicht arbeiten, kann es
sich leisten, im Ausland zu forschen. Ihre Wissbe-
gierde führt sie zu den renommiertesten Denkern
ihrer Zeit. Ein Jahr arbeitet sie im Labor des Chemi-
kers William Ramsay in London, ein weiteres Jahr
in Paris bei Marie Curie.In Estland übernimmt sie
die Leitung der Versuchsstation des Estländischen
Landwirtschaftlichen Vereins. Ihre Aufgabe: Kontrol-
le von Saatgut, Futter und Düngemitteln. Ihre Vision:
Mineraldünger, die sich aus Kalium, Phosphorsäu-
re und Stickstoff zusammensetzen. Doch die Okto-
berrevolution im Jahr 1917 setzt allem ein Ende.
Margarete wird für mehrere Wochen inhaftiert. Am
Ende geht die Wissenschaftlerin zurück nach Würt-
temberg. „Direktor Warmbold holt die arbeitslose
und vertriebene junge Wissenschaftlerin nach Ho-
henheim und verschafft ihr eine Stelle an der Ho-
henheimer Landwirtschaftlichen Versuchsstation.
Fast so, als wäre kein Krieg, keine russische Revolu-
tion und keine deutsche Kapitulation gewesen, führt
Margarete ihre Forschungen zur Phosphorsäurefra-
ge fort“, sagt der Experte Professor Ulrich Fellmeth,
Leiter des Archivs der Universität Hohenheim.1920
reicht sie ihre Habilitationsschrift über „Die Ge-
setzmäßigkeiten der Phosphorsäureernährung der
Pflanzen“ ein. Eigentlich ist der Weg zur Professur
jetzt frei. Doch in der Praxis sieht es anders aus. Eine
Frau als Professorin an einer deutschen Hochschu-
le? Der Widerstand regt sich gegen sie, Neider las-
sen Plagiatsvorwürfe laut werden. Hat sie am Ende
alles gar nur abgeschrieben? Wieder mal kämpft
von Wrangell und gewinnt am Ende. Am 10. März
1923 wird ihr die ordentliche Professur für Pflanze-
nernährung an der landwirtschaftlichen Hochschule
Hohenheim übertragen.„Ich habe viele Kämpfe in
meinem Berufe. Ich bin der erste ordentliche weib-
liche Professor in Deutschland. Bin zudem durch ei-
nige wissenschaftliche Größen anerkannt worden.
Das hat mir die Feindschaft vieler eingetragen, aber
mein Institut ist eine Schöpfung, die von dauerndem
Wert und Nutzen bleiben wird. Jedenfalls weiß ich,
wofür ich kämpfe“,schreibt sie 1931 an ihre gelieb-
te Mutter. Knapp ein Jahrzehnt leitet sie erfolgreich
das Institut. Dann stirbt Deutschlands erste Professo-
rin mit nur 55 Jahren im März 1932 an einem Nie-
renleiden. Vergessen ist sie jedoch nicht: Seit 1997
schreibt das Land Baden-Württemberg das Marga-
rete-von-Wrangell-Habilitationsprogramm aus, um
qualifizierte Wissenschaftlerinnen zur Habilitation
zu ermutigen.
Foto: Wikipedia®
„Weiter
forschen,
weiter lernen,
weiter
entdecken.“
12 13
Die wohl wichtigste historische Gestalt aus Saar-
louis war Michel Ney, einer der Lieblingsgenerä-
le von Napoleon. Zur 250. Wiederkehr von Neys
Geburtstag zeigt das Städtische Museum eine
Sonderausstellung.
Von Museumsleiter Benedikt Loew und SZ-Redakteur
Johannes Werres (SZ 2.1.2019)
Wer zum ersten Mal in Saarlouis ist und aufmerk-
sam, bleibt an ihm hängen: diesem Standbild eines
Offiziers, der über dem Saaraltarm zu schweben
scheint. Oder zu wachen. Streng, aber nicht aggres-
siv: Wer ist das denn auf diesem ungewöhnlichen
Denkmal, fragen Besucher.Die Frage gibt schon die
halbe Antwort. Denn ungewöhnlich stimmt, das war
der französische Offizier Michel Ney wirklich. Die-
ser oft als bedeutendster Sohn von Saarlouis be-
zeichnete Soldat wurde am 10. Januar 1769, vor
250 Jahren also, in Saarlouis geboren. Ihm widmet
das Städtische Museum Saarlouis jetzt eine Son-
derausstellung. Ney wurde in der heutigen Altstadt
von Saarlouis, in der Bierstraße, in einer einfache
Fassmacher-Familie geboren. Eine Gedenktafel er-
innert daran. Bezahlt haben die Tafel im Jahr 1829
Bürger von Saarlouis. Da lugt wieder das Unge-
wöhnliche hervor: Aus der französischen Geburts-
stadt Neys, Sarre-Louis, war 1815 das preußische
Saarlouis geworden. Die nun zuständigen Preußen
genehmigten die französisch verfasste Tafel „Ici est
né Maréchal Ney“ für den hohen Offizier, der doch
auf der Feindesseite, für Napoleon, gekämpft hat-
te. Als den „Tapfersten der Tapferen“ hat ihn Napo-
leon einmal bezeichnet „brave de braves.“ Fast
schicksalhaft scheinen Ney und Napoleon mitein-
ander verbunden zu sein, seitdem sie sich im Mai
1801 erstmals begegneten. Michel Ney hatte sich
bis dahin schon einen Namen in der revolutionä-
ren Armee gemacht und war bereits im Alter von 27
Jahren zum General aufgestiegen. Er war draufgän-
gerisch, oftmals impulsiv, und bei den Soldaten sehr
geachtet. Militärisches Geschick und Glück ließen
ihn viele Schlachten überleben und zahlreiche Siege
erringen. Ein blanker Siegertyp aber war Ney offen-
kundig auch nicht. Als zäh und standhaft schildern
ihn Zeitgenossen. Vor allem konnte er es aushalten,
Konsequenzen militärischen Handelns zu erkennen
und notfalls sein Handeln zu ändern. Das Stand-
hafte in ihm war darum zugleich das Bewegliche.
Diese Eigenschaften standen Jean Larnbert-Rucki
vor Augen, als er 1946 das fünf Meter hohe Beton-
mal im Saarlouiser Stadtgarten über einem preußi-
schen Festungsteil schuf. Nachdenklich, standhaft,
keine aggressive nationalistische Inszenierung im
nun wieder französischen Saarlouis wollte er mit
Ney zeigen. Was gleich nach dem Zweiten Weltkrieg
ungewöhnlich war.
Michel Ney war für seinen Kaiser in zahlreiche
Schlachten gezogen. Die Titel Marschall von Frank-
reich und Herzog von Elchingen sowie Fürst von der
Moskwa waren Lohn dafür. 1812 zum Beispiel an
der Moskwa. Auch Kaiser Napoleon musste erken-
nen, dass Ney nicht nur seinen eigenen Kopf hatte,
sondern dass sein Marschall den Prinzipien der Re-
volution und vor allem aber seiner Nation treu er-
geben war, nicht aber allein einer Person.Auch wenn
sich Michel Ney auf dem Feld der Politik nicht son-
derlich wohl fühlte, so stellte er sich doch zweimal
mitentscheidend gegen den Willen seines momen-
tanen obersten Befehlsherrn, um, nach seiner An-
sicht, weiteren Schaden von Frankreich in Form von
Krieg und Bürgerkrieg abzuwenden. Der möglichen
persönlichen Folgen war sich der Marschall dabei
Maréchal Michel Ney
Stationen eines beherzten Lebens
Ausstellung im Städtischen Museum Saarlouis vom 10. Januar bis 10. Juni 2019
durchaus bewusst. Und so stellte er sich schließ-
lich seinem tragischen Ende, seiner Hinrichtung
als Verräter, in der für ihn typischen Haltung: auf-
recht und beherzt. Zuvor war Napoleon auf die In-
sel Elba verbannt worden, Ney wechselte die Seiten
und unterstellte sich als Offizier dem neuen König
von Frankreich. Doch als Napoleon 1815 zurück-
kehrte, wechselte Ney wieder zu ihm. Er zog in die
Schlacht von Waterloo, in der er jedoch scheiterte
und mit ihm Napoleon. Danach verlor Napoleon
die Macht wieder, und wieder übernahm der König.
Der ließ eine Liste von Offizieren erstellen, die wäh-
rend der kurzen Rückkehr Napoleons („100Tage“)
auf dessen Seite wechselten – „Hochverrat“. Ney
stand ganz oben auf dieser Liste. Zwei Mal lehn-
te er eine leicht mögliche Flucht aus Frankreich ab.
Angeblich gab er dem Erschießungskommando am
Ende selbst den Schießbefehl (,,Schießt, Soldaten“):
am 7. Dezember 1815 im Jardin de Luxembourg in
Paris. Die Sonderausstellung „Maréchal Michel Ney
- Stationen eines beherzten Lebens“ im Städtischen
Museum Saarlouis zeigt wichtige Entwicklungslinien
und Wendepunkte im Leben Michel Neys aus Anlass
der 250. Wiederkehr seines Geburtstages. Die mili-
tärischen Karriere und die damit verbundenen zahl-
reichen Schlachten und Feldzüge sind dabei nur ein
Teil der Betrachtung. Der private Lebensweg und der
stetige gesellschaftliche Aufstieg sind ebenso Thema
der Ausstellung wie auch das persönliche Verhältnis
zwischen Ney und Napoleon. Ein gesondertes Ka-
pitel beschäftigt sich mit den tragischen letzten Mo-
naten in Neys Leben bis zu seiner Hinrichtung am7.
Dezember 1815. Michel Ney war schon zu seinen
Lebzeiten eine populäre Persönlichkeit. Nicht zuletzt
sein tragisches, als ungerecht empfundenes Schick-
sal hat zu einer fortführenden Verehrung, weit über
die französischen Grenzen hinaus, beigetragen. Dies
zeigt sich in vielfältigen Erinnerungsstücken, in un-
zähligen Portraits oder auch in vielen Büchern und
Abhandlungen über das Leben und den Prozess des
in Saarlouis geboren Marschalls. Immer wieder fas-
zinierte der Offizier aus Saarlouis auch Filmemacher.
Die Ausstellung zeigt in neun Abschnitten insgesamt
230 Exponate. Die erläuternden Einführungs-Texte
der einzelnen Abschnitte sind, ergänzt um vier Zeit-
tafeln und 27 Abbildungen aus der Ausstellung, zu
einer Begleitschrift zusammengefasst worden. Diese
kann im Museum für drei Euro erworben werden.
Führungen für Gruppen sind nach Terminabspra-
che möglich. 10. Januar bis 10. Juni 2019.
Geöffnet dienstags bis freitags 10 bis 13 und 14
bis 17 Uhr, Samstags, Sonntags und an Feierta-
gen 14 bis 17Uhr.
Städtisches Museum Saarlouis. Alte-Brauerei-Stra-
ße, Kaserne VI, Saarlouis. Tel.: (0 68 31) 69 89 8 22.
Maréchal Michel Ney, (ca.1805) Portrait von
François Gérard (1770-1837), Wikipedia®
Im Geburtshaus von Maréchal Michel Ney in der
Bierstraße in Saarlouis befindet sich heute ein Res-
taurant. Die Tafel wurde 1829 angebracht.
Denkmal des Maréchal Michel Ney auf der Vau-
ban-Insel in Saarlouis
Der VHL wird zwei Führungen durch die Ausstellung
anbieten, die in der Presse angekündigt werden.
14 15
Die UNESCO hat den 21. Februar zum Inter-
nationalen Tag der Muttersprache erklärt.
Der Tag nimmt Bezug auf den 21. Februar 1952.
Damals entschied die Regierung von Pakistan, die
Sprache Urdu zur Amtssprache zu erheben, ob-
wohl sie nur für drei Prozent der pakistanischen Be-
völkerung Muttersprache war. Daraufhin gab es in
Ostpakistan einen Volksaufstand gegen diesen Be-
schluss, der aber erfolglos war. Die fortwährende
sprachliche und kulturelle Unterdrückung Ostpa-
kistans führte schließlich 1971 zur Abspaltung und
zur Gründung von Bangladesch. Dieses Beispiel
zeigt, dass Entscheidungen gegen die Mutterspra-
che Staatskrisen auslösen können. Der jährliche
Gedenktag der UNESCO dient dazu, die Aufmerk-
samkeit auf die Sprache von Minderheiten mit we-
niger als 10.000 Angehörigen zu lenken und die
Muttersprache zu schätzen. Die Muttersprache ist die
erste Sprache, die ein Kind automatisch erlernt. Sie
wird durch die Familie, insbesondere die Mutter, und
das soziale Umfeld vermittelt. Sehr oft wird die Mut-
tersprache von dem ortsüblichen Dialekt bestimmt.
Heutzutage geht die Tendenz allerdings zunehmend
zum Hochdeutschen, so dass zu befürchten ist, dass
der Dialekt mit der Zeit verloren geht. In unserer
Saarheimat wird als Muttersprache in der Regel der
fränkische Dialekt gesprochen. Dieser unterschei-
det sich in Moselfränkisch und Rheinfränkisch. Der
moselfränkische Dialekt wird überwiegend in den
Kreisen Saarlouis und Merzig und angrenzenden
Gebieten in Lothringen, Luxemburg und Saar-Mo-
sel gesprochen, wobei fast jede Ortschaft nochmals
ihr eigenes „Platt“ hat. In der Stadt Saarlouis ist der
Sprachunterschied zwischen Innenstadt und Stadttei-
len am deutlichsten. Das Moselfränkisch der Kern-
stadt ist noch geprägt von frankophilen Ausdrücken,
die von der Bevölkerung der Stadtteile nicht über-
nommen wurden, aber doch verstanden werden.
In der kfd-Zeitschrift „Frau und Mutter“ Nr. 2/19
wird über ein Gespräch mit Frau Prof. Dr. Monika
Fritz-Schenglein vom Institut für Deutsche Philolo-
gie an der Universität Würzburg zum Tag der Mut-
tersprache berichtet. Die Sprachwissenschaftlerin
forscht dort zum Thema Dialekte. Sie antwortete auf
die Frage zur Muttersprache wie folgt:
1. Wie wichtig ist die Muttersprache für uns?„Mutter-
sprache ist die Sprache, die uns in der Regel ein Le-
ben lang begleitet. Die Muttersprache vergisst man
normalerweise nicht. Sie macht uns aus“
2. Wann sprechen wir unsere Muttersprache?„Es
ist die Sprache der Nähe- wie auch der Dialekt.
Wir sprechen sie dann, wenn wir Gefühle ausdrü-
cken wollen, Vertrautheit herstellen möchten oder
Sicherheit brauchen. Hochdeutsch ist dagegen die
Sprache der Distanz. In unserer globalisierten Welt
ist die Muttersprache Ausdruck der eigenen Her-
kunft. Muttersprache ist Heimat.“
3. Was sind Dialekt, Mundart und Regiolekt? „Di-
alekt und Mundart verwenden wir synonym. Es be-
zeichnet die Sprachform eines bestimmten Ortes
oder einer Region. Sie werden in der Familie ge-
sprochen und im persönlichen Umfeld, also unter
Freunden oder auch bei der Arbeit. Dagegen wird
Hochdeutsch im öffentlichen Raum und in formel-
len Situationen gesprochen. Der Regiolekt wiederum
ist das, wohin sich der Dialekt entwickelt hat. Denn
alte, örtliche Dialekte verschwinden immer mehr.
Stattdessen verwenden größere Regionen eine be-
stimmte Lautung – also wie etwas ausgesprochen
wird – oder einen speziellen Wortschatz.“
4. Warum ist Mundart oft nur noch etwas für die äl-
tere Generation?„Wir haben beobachtet, dass vor
allem ältere Menschen noch Dialekt sprechen. Vie-
le Eltern versuchen inzwischen, mit ihren Kindern
Hochdeutsch zu sprechen, weil sie befürchten, die
Kinder bekämen sonst Probleme in der Schule. Es
wurde festgestellt, dass Kinder, die mit Dialekt im
Elternhaus aufwachsen und dann im Kindergarten
und in der Schule überwiegend Hochdeutsch lernen,
ein besseres Sprachgefühl entwickeln. Dialekt ist
eine Bereicherung für die kindliche Sprach-
entwicklung.“
Baden-Württembergs beliebter Ministerpräsident
Winfried Kretschmann setzt sich seit seiner Amts-
einführung für die Rettung von Dialekten ein. Er
sagt: „Die Politik kann nicht steuern, wie in Famili-
en gesprochen wird. Was wir aber können, ist ers-
tens, dass der Dialekt nicht diskriminiert wird, und
zweitens, dass er wertgeschätzt wird.“ Derzeit sei-
en Dialekte im Schwinden, beklagte Kretschmann.
In Baden-Württemberg würden viele Eltern Schwä-
bisch sprechen, mit ihren Kindern jedoch nur Hoch-
deutsch. Dialekt könne man aber nur erhalten,
wenn er auch gesprochen wird, auch von den Jun-
gen. Dialekt sei ein Zeichen von Vielfalt und
Mehrsprachigkeit, so Kretschmann.
In unserer Heimat bemühen sich vor allem die Hei-
matvereine mehr oder weniger um den Erhalt un-
serer Muttersprache, dem moselfränkischen Dialekt
mit örtlichen Ausprägungen. Besonders intensiv
pflegt die grenzüberschreitende Mundartvereini-
gung „Gau un Griis“ unter Vorsitz von Jean-Louis
Kieffer aus Filstroff bei Bouzonville (Busendorf) in
Lothringen unseren moselfränkischen Dialekt. Der
Mundartring Saar unter Vorsitz von Lutz Hahn aus
Herbitzheim auf dem Bliesgau bemüht sich ebenfalls
um den Erhalt unserer saarländischen Dialekte, und
zwar sowohl um den moselfränkischen als auch den
rheinfränkischen Dialekt. Beim SR pflegt insbeson-
dere Susanne Wachs unsere Dialekte. Die Saarbrü-
cker Zeitung widmet sich seit geraumer Zeit durch
regelmäßige Beiträge ebenfalls unserer Mundart.
Die sog. „Bosener Gruppe“, eine Vereinigung von
saarländischen Mundartinterpreten, ist ebenfalls ak-
tiv auf diesem Gebiet. Als Mundartinterpreten aus
unserer Saarheimat sind zu nennen: Karin Peter,
Georg Fox, Alfred Gulden, Marianne Faust aus
Lisdorf, Patrik Feltes, Heinz Bernard, Hans-Walter
Lorang, Gerhard Bungert, Ursula Kerber, Gerard
Carau, Harald Ley, Luise Luft, Peter Eckert, Manfred
Spoo, Christel Keller, Marlies Böhm, Harro Wilhelm,
Norbert Breuer und Werner Treib. Eine ganz Gro-
ße in der saarländischen Mundartszene war die vor
einiger Zeit verstorbene Dr. Edith Braun aus Saar-
brücken. Sie verfasste viele Mundartschriften, u.a.
gemeinsam mit Karin Peter. Zu erwähnen ist hier
auch der bekannte Hasborner Dichter Johannes
Kühn, der unlängst seinen 85. Geburtstag in bemer-
kenswerter geistiger Frische feiern konnte.
Seit mehr als 20 Jahren wird unsere Mund-
art auch vom Verein für Heimatkunde Lisdorf
e.V. (VHL) auf unterschiedliche Art und Weise
gepflegt. Zunächst war es der Arbeitskeis Mund-
art und Brauchtum unter Vorsitz des rührigen, lei-
der viel zu früh verstorbenen Werner Naumann, der
sich sehr intensiv in Wort und Schrift mit unserem
„Leischdroffer Platt“, einer örtlichen Ausprägung des
moselfränkischen Dialekts befasst hat. Seither ist es
vor allem unser Vorstandsmitglied Marianne Faust,
die sich dem Erhalt und der Pflege unserer Lisdor-
fer Mundart verschrieben hat. Unlängst konnte der
VHL das von ihr verfasste Mundartbuch mit dem Ti-
tel: „Nä, watt en Uwwerasch!“ mit einer Begleit-CD
herausgeben, das weiterhin im Buchhandel und in
den Lisdorfer Geschäften sowie beim VHL für güns-
tige 9,90 Euro zu erwerben ist. Im regelmäßig er-
scheinenden Lisdorfer Heimatblatt ist jeweils immer
ein Mundartbeitrag von Marianne Faust veröffent-
licht. Am 28. Oktober 2018 wurde im Saal des Lis-
dorfer Gasthauses Schulden bei sehr gutem Besuch
das „19. Leischdrowwa Mundartfeschd“ durchge-
führt. Auch bei dieser Veranstaltungsreihe des VHL
ist Marianne Faust die Hauptakteurin. Der LiGeKa,
der Lisdorfer Gesellschafts- und Karnevallverein,
widmet sich ebenfalls dem Erhalt und der Pflege un-
serer Mundart. Sowohl bei seinen Kappensitzungen
als auch bei seinen regelmäßigen Theaterauffüh-
rungen wird Leischdrowwer Platt gesprochen. Seit
2017 wird die Saarlouiser Woche und die „Emmes“
mit einer Mundartveranstaltung im Theater am Ring
beendet, und zwar mit großem Erfolg. Als 2017 die
Veranstaltung im Theater am Ring erstmals durch-
geführt wurde, mussten mehr als 100 Besucher we-
gen Überfüllung abgewiesen werden. 2018 verlegte
man dann die Veranstaltung in den großen Festsaal,
in dem 250 bis 300 Besucher Platz fanden. Am
2. Juni 2019, 17 Uhr, findet die Veranstal-
tung wiederum im großen Festsaal statt. Der
erste Teil wird von den Mundartinterpreten
(u.a. Marianne Faust) gestaltet, und im zwei-
ten Teil zeigt der LiGeKa ein lustiges Mund-
artstück.Diese Beispiele dokumentieren die
große Vielfalt unserer Mundartpflege mit je-
weils großem Zuspruch. (hg)
21. Februar ist Tag der Muttersprache
Lisdorfer Ehrenamtler aufgepasst!
Seit 2014 gibt es im Saarland die Ehrenamtskarte.
Sie ist bisher an 841 ehrenamtlich tätige Personen
ausgestellt worden. Zuständig für die Ausstellung
sind die Landkreise, bei uns das Landratsamt Saar-
louis. Der Antrag auf Ausstellung einer Ehrenamts-
karte muss bei der Stadtverwaltung eingereicht
werden, die nach einer Vorprüfung den Antrag an
das Landratsamt weiterleitet. Jeder, der mindestens
2 Jahre lang und wenigstens 5 Stunden pro Woche
unentgeltlich tätig war, hat Anspruch auf die Ehren-
amtskarte. Diese Voraussetzungen müssen mit der
Antragstellung nachgewiesen werden.
Inhaber der Ehrenamtskarte bekommen Vergünsti-
gungen u.a. bei Einrichtungen des Landes und der
Kommunen (Städten und Gemeinde. Ab April 2019
wird als Ergänzung zur Ehrenamtskarte von der Tou-
rismus-Zentrale Saarland die sog. „Saarlandcard“
ausgegeben, die nur 1 Jahr lang gültig ist. Danach
muss sie neu beantragt werden. Sie ist gekoppelt
an die Ehrenamtskarte, d. h. nur Besitzer der Ehren-
amtskarte können auch die Saarlandcard erhalten.
Allerdings muss auch diese über die Stadtverwaltung
beantragt werden. Die Saarlandcard ist mit weite-
ren Vergünstigungen verbunden. So können damit
derzeit 85 attraktive Einrichtungen, wie beispiels-
weise das Weltkulturerbe Völklinger Hütte und das
Staatstheater Saarbrücken, kostenlos besucht wer-
den. Sowohl die Ehrenamtskarte als auch die neue
Saarlandcard sind eine schöne Anerkennung für oft-
mals jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement.
Infos: ehrenamt.saarland.de (hg)
Mariä Lichtmess ist immer am 2.Februar.
Altes Sprichwort
„Mariä Lichtmess, spennen vagess,
em hellen se Naat gess“
16 17
Beiträge zur Lisdorfer Mundart
von Marianne Faust
Dè Lééischdrowwa Freijerei
Us Großä hat us vazehlt vann ihrem Bróuda Schang,
däa ess bei èt Babett ent Onnadorf freijen gang.
Sè hann èt aach possieren genannt,
awwa däa Ausdrock ess haut kaum noch bekannt.
Am Anfank wär èt jò kääm offgefall,
die Zwai hädden jò scheen hennam Berch gehall.
Wenn èt Babett memm Waan langes gefaa ess, woa da Schang ganz va-
dutzt,
dò hat usen äppes geschwaand, on se hann manchmòòl gestutzt.
Wie sè gemerkt hann, dass èt Babett aach vakläat lóut,
dò woa dem sei Mama dann aach off da Hóut.
Die Famillen hòdden iwwa Jòhren Grambulasch,datt woa nemmä normal,
awwa datt wòa den zwai Jongen wahrscheinlich ägal.
Sonndes nò da Hohmess hätt da Schang gäa off èt gewaat,
awwa nää, sè hädden sich nua schandie „Gudden Morjen“ gesaat.
Awwa dò hòdda Kuraasch an da Summakirf,
èt ganz Jòa hòt da Schang jò nua ään Gewirf.
Dann beim Kirwendanz fò èt sè fawetschen, hädda sich dappa gedommelt,
wenn a iwamm schaffen so hätt messden schwetzen, dann hädda gegrommelt.
Dè Eltern vann den Zwai hädden aach bei Bréijdasch gesetzt,
die hann genau gelóud on dè Ohren gespetzt.
Van dò aan wòren sè om Galéé on hòdden kään Róu,
Dè Maam hätt zóum Paap gesaat: „Watt sascht dau dann lò zóu?“
„Watt soll eich dann schon lò zòu saan,
Vielleicht ess lò jò aach gaaneischt draan.“
„Watt, neischt draan. Haschde geschda net gehoat den Geschess,
wie usa memm Waan bei denen am Haus langes gefaa ess?
A hätt dò met da Gääschel geknallat,
èt hätt en da ganz Gaß geschallat.
Us Großä saat am Òwend hädden sè sich häämlich gedroff,
awwa èt ess rauskomm, on off zwai Seiten wòa Zoff.
Dè Eltern hädden gesaat: „ Haschde jitz gesinn,
datt lò kann jò kään Källna Hännessin mää senn.“
Dò hädden sè sich dè Schang zóu da Broscht gehòll,
on hann geschännt; „ Dau Dirmel, bescht dau dann dòll?
Off Freijaschféijs sè gehn òhnä us sè fròòn,
on grad kommschde ma noch met dem lòòn.“
Dè Großä hat vazehlt, dalang wòa Balaawa on net se knapp,
alles hòt kään Wäat, da Schang hòt an èt Babett geschmackt.
Die Kläänen hann sè émma rausgescheckt, dass die neischt sollen vastehn,
awwa de Großä saat: „ Ma hann alles metkréijt, òh, wie wòa datt so scheen.
Ma hann dè Schang émma gehänselt, an dia ess gleich neischt mä draan,
wenn dè weida neischt äscht, maan èt Babett deich ga nemmä hann.
Ball beschde nemmä da schänscht Bóu em Dorf,
dò hadda us aus Raasch dè Schlapp nò geworf.
Wie gesaat, a hat fò Äschdich dalang gebratt,
on dè Eltern hann gesaat, watt notzt dann datt.
Off däa anna Seit hat aach ännt sein Kopp off gesetzt,
dò hann die mòll en Róu driwwa geschwätzt.
Gut, die Sach lò kommt off dè Desch,
ma machen en Goddesnamen Botta bei dè Fesch.
Dann rächen ma mòll noch èt Vamejen aus,
mia hann me Land, dofoa hann die zwai Scheiann am Haus.
Èt wäad gut senn, sè hann sich entschlòss,
on hann die Jongen machen gelòss.
Òwens nò da Aandacht, hat dè Großä gesaat,
hann dè Nòòbann all schon draußen gewaat.
Voawätzich hann sè gèfròòt, datt bleift jò net aus,
„Gätt, da Schang geht jitz doch bei èt Babett ent Haus?
Jò, dann mossen dia auch aach nòmmòl vadraan,
èt ess jò aach bässa, ma wéll jò neischt saan.“
Die zwai Mamman, èt Gret on èt Katrin senn sich zóufällig begehnt,
sè hann sich katzenfreindlich angelout on gèmännt: „Nää,wie datt rehnt.“
Egal, èt wòa gut, se wòa remm die Sach,
on de Freijerei wòa endlich gemach.
Hauptsach da Schang ess òhnä Bang,
stolz on òhnä sè graulen bei sein Babett freijen gang.
Met heiraten hann sè net lang gewaad,
on off dè Hochzeit hädden sè èt half Dorf gelaad.
Schreibweise von Lisdorf im Laufe der Geschichte
Lisdorf heißt seit seiner urkundlichen Ersterwähnung im Jahre 911 schon so, zumindest so ähnlich. In der
Urkunde von 911 ist der Ortsname mit „Letstorph“ angegeben. Es ist anzunehmen, dass er vom mosel-
fränkischen Dialekt stammt, das damals wie heute in unserer Region als Mundart gesprochen wird. Lisdorf
wird auch jetzt noch im Dialekt als „Leischtroff“ ausgesprochen. Im Laufe der Zeit hat sich die Schreibwei-
se wohl zu Lisdorf verschliffen.
Lisdorf war bis etwa 1850 eine der größten Orte in unserer engeren Heimat und bis zum 31. März 1936
eine selbstständige Gemeinde mit Ensdorf in einer Bürgermeisterei vereinigt. Das Bürgermeisteramt war
immer in Lisdorf in der Provinzialstraße Nr. 21. Am 1. April 1936, also während der Nazizeit, wurde Lis-
dorf mit Fraulautern, Beaumarais und Picard in die kurz zuvor von Saarlouis in Saarlautern umbenannte
Stadt eingegliedert. Roden gehörte bereits seit 1907 zur Stadt. Offiziell hieß Lisdorf nunmehr Saarlautern
4. Beaumarais wurde von den Nazis in „Schönbrunn“ umbenannt. Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrie-
ges und der Nazi-Herrschaft erhielten die Orte wieder ihren ursprünglichen Namen. Vorübergehend wur-
de von den Franzosen Wallerfangen in „Vaudrevange“ und St. Barbara in „St. Barbe“ umbenannt. In der
Zeit als unsere Region zu Frankreich und Lothringen gehörte, hieß Lisdorf = Listroff, Ensdorf = Enstroff und
Fraulautern = Loutre. In unserem Dialekt heißt Ensdorf = Enstroff und Fraulautern = Lautern. (hg)
18 19
In der Stadt Saarlouis existieren derzeit 7 Heimat- und
Geschichtsvereine und eine Geschichtswerkstatt.
Diese Vereine sind noch relativ jung. Sie wurden vor
15–20 Jahren gegründet. Lediglich der Verein für
Heimatkunde Lisdorf e.V. (VHL) wurde bereits 1997
von 37 Heimatfreunden gegründet. Innerhalb seiner
ersten 10 Jahre erreichte er eine Mitgliederzahl von
annähernd 700, wobei etwa 15 % aus benachbar-
ten Orten und fernab gelegenen Städten und Ge-
meinden kamen. Derzeit beträgt die Mitgliederzahl
des VHL 584. Mit Ausnahme der Innenstadt und
dem Steinrausch gibt es in allen Stadtteilen Hei-
mat- und Geschichtsvereine. In der Innenstadt gibt
es allerdings eine kleine Geschichtswerkstatt und
in Roden sogar zwei Vereine. Seit dem 24.4.2014
sind die Saarlouiser Ortsvereine im „Verband der
heimatkundlich-historischen Vereine in Saarlou-
is e.V. (VHVS)“ zusammengeschlossen. Sowohl die
meisten Saarlouiser Ortsvereine als auch der Stadt-
verband (VHVS) gehören dem Landesverband der
historisch-kulturellen Vereine des Saarlandes e.V.
(LHV) an mit Sitz im Landesarchiv in Saarbrücken.
Der LHV wurde am 7.11.2004 von 34 saarländi-
schen Ortsvereinen gegründet. Die Vereinigung für
die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis mit Sitz
im Landratsamt ist kein Dachverband. Sie existiert
schon seit knapp 70 Jahren. Sie beschäftigt sich
schwerpunktmäßig mit Ahnenforschung. Ihr gehö-
ren fast 900 Mitglieder an.
Die Saarlouiser Heimat- und Geschichtsvereine im
Einzelnen:
Beaumarais
Verein für Mundart und Geschichte Beaumarais
Mitglieder: 30
Ehrenvorsitzender: Walter Löffler
Vorsitzender: Jürgen Baus
Anschrift:
Blumenstr. 3, 66740 Saarlouis-Beaumarais
Tagungslokal: Dorfhaus (im Privatbesitz)
Fraulautern
Verein für Geschichte und Heimatkunde Saarlou-
is-Fraulautern e.V. (VGHF)
Mitglieder: 56
Vorsitzender: Guido Fontaine
Anschrift: Jahnstr. 93, 66740 Saarlouis-Fraulautern
Tagungslokal: Torhaus Soubis
Lisdorf
Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V. (VHL)
Mitglieder: 584
Vorsitzender: Heiner Groß
Anschrift:
Am Ginsterberg 13, 66740 Saarlouis-Lisdorf
Tagungslokal: Heimatstube in der Prof.-Ecker-Schule
Neuforweiler
Verein für Heimatkunde Saarlouis-Neuforweiler e.V.
(VHN)
Mitglieder: 97
Vorsitzender: Michael K. Hoen
Anschrift:
Wadgasser Str. 1, 66740 Saarlouis-Neuforweiler
Tagungslokal: Örtliche Gastwirtschaften
Picard
Heimat- und Geschichtsverein Picard e.V. (HGP)
Mitglieder: 75
Vorsitzende: Monika Gladel
Anschrift: Dorfstraße 84, 66740 Saarlouis-Picard
Tagungslokal: Gasthaus Koch (Vereinsraum)
Roden
Rodener Geschichtskreis e.V. (RGK)
Mitglieder: 80
Vorsitzender: Alois Rau
Anschrift:
Lindenstr. 10A, 66740 Saarlouis-Roden
Tagungslokal: Rodener Heimatstuben im Dona-
tus-Zentrum
Rodena – Heimatkundeverein Roden e.V. (RHVR)
Mitglieder: 66
Vorsitzende: Rosa-Maria Kiefer-Paulus
Anschrift:
Heiligenstr. 20, 66740 Saarlouis-Roden
Tagungslokal: Örtliche Gastwirtschaften
Saarlouis-Innenstadt
Saarlouiser Geschichtswerkstatt (SGW)
Mitglieder: 6
Vorsitzender: Gabriel Mahren
Anschrift:
Dora-Dimel-Str., 66740 Saarlouis-Beaumarais
Tagungslokal: Örtliche Gastwirtschaften
Stadtverband Saarlouis
Verband der heimatkundlich-historischen Vereine in
Saarlouis e.V. (VHVS)
Mitglieder: 994
Vorsitzender: Michael K. Hoen
Geschäftsführer: Benedikt Loew,
Städt. Museum, Alte-Brauerei-Str.
Tagungslokal: Lokalitäten der Ortsvereine
Saarlouiser Heimat- und Geschichtsvereine im Überblick
Am 30.März 2019
Lisdorf wieder „picobello“ machen
Am Freitag und Samstag, 29./30.März 2019 fin-
det der diesjährige Frühlingsputz für die Umwelt
im Rahmen der saarlandweiten „Picobello-Aktion“
unter Leitung des EVS statt. In unserer Stadt firmiert
die Aktion unter dem Motto „Saarlouis – wir räumen
auf“ unter der Leitung des NBS.
Der Heimatkundeverein Lisdorf ist schon von
Anbeginn – seit nunmehr 16 Jahren – dabei.
Ebenso die Feuerwehr Lisdorf und der CDU-Orts-
verband. Zunehmend engagieren sich auch weite-
re Vereine und umweltbewusste Privatpersonen an
dieser gemeinnützigen Aktion. Auch unsere Schule,
die Grundschule Prof. Ecker, sowie der Lisdorfer Kin-
dergarten haben sich in den letzten Jahren daran
beteiligt. Für diese findet die Aktion jeweils freitags
statt, dieses Jahr am 29.März 2019.
Wir rufen alle Lisdorfer auf, mit zu helfen Lisdorf „pi-
cobello“ zu machen.
Unser Lisdorfer EVS-Chef Georg Jungmann ist auch
wieder dabei. Zum Abschluss der Aktion sind alle
Helferinnen und Helfer aus unserer Stadt zum „Dan-
keschön“ bei Speis und Trank im NBS in der Zeppe-
linstraße herzlich eingeladen.
Vorstand der heimatkundlich-historischen Verein in Saarlouis e.V. (VHVS)
V.l.: Vorsitzender Michael Hoen, Geshäftsführer Benedikt Loew, stellv. Vorsitzender Heiner Groß, Schriftfüh-
rerin Monika Gladel, Schatzmeisterin Rosa-Maria Kiefer-Paulus, Pressereferentin Nadja Ney, stellv. Vorsit-
zender Jürgen Baus
20 21
Was ist Heimat?
Umfrage in Deutschland: „Was verbinden Sie mit dem Begriff Heimat?
Antworten der Befragten in Prozent. Umfrage unter 1505 Personen im Zeitraum 28.5. bis 18.6.2018, Mehr-
fachnennungen möglich. Quelle: Bundeministerium des Innern für Bau und Heimat/ Info Marketing
Spiegel-Umfrage
Heimat: „Was verbinden Sie vor allem mit
dem Begriff Heimat?
64% der Befragten gaben an, dass Heimat im Zeit-
alter der Globalisierung für sie eher an Bedeutung
gewonnen hat. 1999 sagten das nur 56%.
rot: Emnid-Umfrage 1999
Der Spiegel 7.4.2012
„Bewerten Sie folgende Aussagen zum The-
ma Heimat auf einer Skala von 0: „stimme
überhaupt nicht zu“ bis 10: „stimme voll und
ganz zu“.
Durchschnittswerte sind angegeben
TNS Forschung am 27. und 28.März 2012
1000 Befragte
Der Spiegel 7.4.2012
Was bedeutet für Sie/ dich Heimat?
Zuschriften mit wenigen Sätzen, evt. Foto an die Redaktion des Lisdorfer Hei-
matblattes unter e-mail: marie-luise.gross@arakis.de
1. „Die Kriegsopfer der beiden Weltkrie-
ge aus Lisdorf – Gegen das Vergessen
und Mahnung für den Frieden –“
Verfasserin: Agnes Groß, Vorstandsmitglied und
Bild/Foto-Archivarin des VHL, mit Begleittexten von
Heiner Groß, VHL-Vorsitzender; Gestaltung: Bernd
und Christine Hawner, VHL-Mitglieder.
Repräsentatives Buch im DIN A4-Format mit 383
Seiten und vielen Fotos, ausführlich vorgestellt im
Lisdorfer Heimatblatt Nr. 25. Erhältlich im Buchhan-
del, in Lisdorfer Geschäften, in der KSK-Filiale Lis-
dorf und bei Agnes Groß zum Preis von 19,50 Euro.
Dieses sehr preisgünstige Buch, das der VHL wegen
seiner Bedeutung für die Erinnerungskultur weit un-
ter den Herstellungskosten von ca. 26 Euro verkauft,
gehört in jedes Lisdorfer Haus, selbst wenn kein Fa-
milienangehöriger als Kriegsopfer zu beklagen ist.
2. „Saarlouis – die Stadt mit Herz –
Touristischer Stadtführer“
Verfasser und Gestalter: Volker Felten, Lokalhisto-
riker und Verlagsinhaber. Herausgeber: Felten-Ver-
lag, Saarlouis.
Es handelt sich um einen touristischen Stadtführer.
Das Herz dieses touristischen Führers besteht aus
Beschreibungen von 32 Sehenswürdigkeiten. Jeder
ist eine Doppelseite gewidmet, je eine Seite Fort und
eine Seite Text. Dazu gibt es zwei Karten mit den Se-
henswürdigkeiten sowie der Lage der Parkplätze und
Parkhäuser.
Diesem Kernstück vorangestellt finden sich ge-
schichtliche Hintergründe der Entstehung von Saar-
louis, zwei Beiträge davon vom Leiter des Amtes für
Stadtplanung und Denkmalschutz, Jürgen Baus. Auf
weiteren Doppelseiten greift Felten, der bereits um-
fangreich lokalgeschichtlich Fundiertes veröffent-
licht hat, auf einzelne Epochen der Stadtgeschichte
Vier sehr empfehlenswerte Bücher zu unserer Heimat
zurück, gibt einen Überblick in Jahreszahlen und
erzählt Saarlouiser Legenden (Lacroix, Tonton). Die-
ses Buch ist der erste und derzeit einzige touristische
Stadtführer von Saarlouis. Es umfasst 104 Seiten im
DIN 5-Format, erhältlich im Saarlouiser Buchhandel
zum Preis von 4,95 Euro.
3. Lisdorfer Mundartbuch „Nä, watt en
Uwwerasch!“
Verfasserin: Marianne Faust, Vorstandsmitglied und
Mundart-Expertin des VHL mit Illustrationen von Gu-
drun Jungmann, Künstlerin.
Ein handliches Buch für alle Mundart- und Heimat-
freunde im DIN A5-Format mit 64 Seiten und einer
von Marianne Faust besprochenen CD, gefertigt von
Herbert Germann. Ausführlich vorgestellt im Lisdor-
fer Heimatblatt Nr. 24. Erhältlich im Buchhandel, in
Lisdorfer Geschäften, in der KSK-Filiale Lisdorf so-
wie bei Marianne Faust und Heiner Groß zum Preis
von nur 9,90 Euro.
4. „Letzte Zufluchtsstätte: Der Felsen-
stollen Rosenthal – Das Kriegsende in
Lisdorf“
Verfasser und Herausgeber: Verein für Heimatkun-
de Lisdorf e.V. (VHL)
Dieses Buch entstand aufgrund authentischer Be-
richte von ehemaligen Stolleninsassen über das
Kriegsende 1944/45 und das „Stollendrama“ und
wurde 2002 vom VHL herausgegeben. Im Buch
sind alle Stolleninsassen namentlich aufgeführt. Es
wurde damals sowohl in der Presse als auch im SR
lobend vorgestellt. Im Buchhandel und in Lisdorfer
Geschäften sind mehr als 800 Exemplare zum Preis
von 19,80 Euro verkauft worden. Wenige Restex-
emplare sind noch beim VHL-Vorsitzenden Heiner
Groß zu erwerben.
Kurioses aus der Heimat
Neuforweiler – Bourgh Dauphin oder in Mundart Bedofingen
Die Journalistin Silvia Buss berichtet in der „Leben + Freizeit“ – Beilage der AK-Zeitschrift „konkret“ Nr. 6/18
unter der Überschrift „Ein ganz besonderes Stück über einen Ausstellungsgegenstand im Städt. Museum wie
folgt: „Das Schild, das es eigentlich gar nicht geben dürfte, steht im Museum unter einem ziemlich angeros-
teten gelben Ortsschild mit der Aufschrift „Bourgh Dauphin“ – Kreis Saarlouis. Das kuriose Schild hing 1947
am Ortseingang von Neuforweiler, heute ein Stadtteil von Saarlouis. Unmittelbar nach Kriegsende wollte man
die Eindeutschungen von Ortsnamen durch die Nazis rückgängig machen. Im Fall von Neuforweiler hatte der
Gemeinderat aber etwas zu weit in die Geschichte zurückgegriffen. Der Ort Bourgh Dauphin entstand 1680,
als das Regiment Dauphin, das König Louis XIV zum Festungsbau abkommandiert hatte, sich neben Saarlou-
is ansiedelte. Nach nur wenigen Jahren hieß die Siedlung schon Neuforweiler – und ab 1953 auch wieder.“
Neuforweiler war bis 1970 eine selbstständige Gemeinde und bildete mit Altforweiler, Berus, Bisten, Felsberg
und Überherrn das Amt Bisten. Nach einer Volksabstimmung in Neuforweiler kam der Ort zum 1.7.1970 als
Stadtteil zu Saarlouis.
22 23
Peter Weiler oo1915 Margarete Schmitt
*1882		 *1887
†1962		 †1957
Nikolaus Berdin oo 1935 Maria Klein
*1905 *1907
†1944 †1982
Johann Ecker 	 oo 1936 Berta Dini
*1903		 *1906
†1990 †1990
Helmut Lonsdorfer oo Annerose Berdin
*1931 *1935
†2008		 †2018
Historische Hochzeitsbilder aus dem Archiv des Heimatkundevereins
Heinrich Groß oo 1935 Maria Ecker
*1906 *1908
†1945		 †1987
1941
Goldene Hochzeit der Eheleute
Peter Krier und Eva geb. Mayer
Philipp Groß oo1935 Maria Ecker
*1905 *1908
†1985		 †1989 2001
Goldene Hochzeit der Eheleute
Erich Klein und Rosa geb. Rullang
24 25
Aktuelles aus unserer Kirche und Pfarrei
Zählung der Gottesdienstbesucher
Die Zählung der Gottesdienstbesucher in unserer Pfarreiengemeinschaft am 10./11.November 2018 brach-
te folgendes Ergebnis:
Kirche				Katholiken			Gottesdienstbesucher			%
St.Ludwig, Innenstadt		3755				430					11,5
Beaumarais/Picard		3422				127					 3,7
Lisdorf				2212				139					 6,3
Neuforweiler			1065				 94					 8,8
In Lisdorf ist,wie auch in den übrigen Stadtteilen, die in der Pfarreiengemeinschaft „Saarlouis links der Saar“
zusammengeschlossen sind, sowohl die Zahl der Katholiken als auch die Gottesdienstbesucher in den letz-
ten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen. In den 50iger Jahren als sonntags noch 3 Mes-
sen gefeiert wurden (7.00 Uhr Frühmesse, 8.30 Uhr Kindermesse und 10.00 Uhr Hochamt) war die Kirche
immer gut gefüllt. Zum derzeitigen Gottesdienstbesuch von 6,3% in Lisdorf ist zu bemerken, dass einige Lis-
dorfer regelmäßig die Gottesdienste in St. Ludwig (vor allem die 11.00 Uhr Messe) und wenige Holzmühler
die Messe in Picard besuchen.
Jahresrückblick 2018
St. Ludwig, Saarlouis
18 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe
56 Kinder aus der Pfarreiengemeinschaft wurden zur Erstkommunion geführt
2 Brautpaare wurde getraut
46 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen
64 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten
1 Person wurde in die kath. Kirche aufgenommen
Lisdorf
14 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe
6 Brautpaare wurde getraut
31 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen
32 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten
1 Gemeindemitglied ist wieder in die kath. Kirche eingetreten
Beaumarais/Picard
14 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe
4 Brautpaare wurde getraut
47 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen
43 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten
1 Gemeindemitglied ist wieder in die kath. Kirche eingetreten
Neuforweiler
1 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe
17 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen
20 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten
Dramatisch zugenommen hat in 2018 die Zahl der Kirchenaustritte insgesamt in der Pfarreiengemein-
schaft. Bei 10.494 Katholiken waren 159 Austritte zu verzeichnen. Das sind 1,515%. Kirchenaustritte aus
den verschiedensten Gründen gab es zuvor schon immer, ihre Zahl lag jedoch bei nur 0,1% bis 0,3%. Der
Hauptgrund dafür dürfte beim weltweiten Missbrauchsskandal liegen. Ein weiterer Grund ist natürlich die
Kirchensteuer. Hier müssten die Kirchenvertreter kontinuierlich mehr auf die Leistungen verweisen.
Kirchenchor „Cäcilia“ Lisdorf und „St. Lud-
wig“ Saarlouis haben fusioniert
Die beiden Chöre, die bereits seit 2013 unter Lei-
tung von Regionalkantor Armin Lamar gemeinsam
singen, haben sich zu einem Kirchenchor unter dem
neuen Namen „Musica Sacra Saarlouis“ zusam-
mengeschlossen. Die Proben finden weiterhin mitt-
wochs um 20 Uhr im Pfarrheim Lisdorf statt. Zum
neuen Vorstand gehören: Vorsitzende Gertrud Altrich-
ter-Weth, Stellvertreterin Christine Hawner sowie Silvia
Geilen-Meerbusch, Irmgard Fritzen, Elfriede Hafner,
Walburga Poß, Marianne Damde und Maria Ochs.
Neue Mitglieder sind herzlich willkommen.
Kath. Frauengemeinschaften Saarlouis und
Lisdorf haben ebenfalls fusioniert
Nachdem die Mitgliederversammlungen am
4.9.2017 ihren Zusammenschluss vereinbart hat-
ten, wurde am 3.9.2018 das neue Leitungsteam
(Vorstand) gewählt. Teamsprecherin ist die Lisdor-
ferin Renate Arnold. Der neue Name lautet: „kfd St.
Elisabeth in der Kirchengemeinde Saarlouis“. Neue
Mitglieder sind herzlich willkommen. Auch ehemali-
ge Mitglieder, die vor Jahren ausgetreten sind, wer-
den gebeten, wieder Mitglied zu werden.
Trier-Fahrt der Kirchen-Lektorinnen und –
Lektoren am 30.11.2018
Auf Einladung von Bischof Dr. Ackermann fuhren
am 30. November einige Lektorinnen aus unserer
PG gemeinsam mit Pastor Christian Müller in die
ehemalige Reichsabtei St. Maximini in Trier. Aus Lis-
dorf war Roswitha Weiler dabei. Nach der Begrü-
ßung bei Kaffee und Kuchen und zwei Vorträgen
über das neue Lektionar wurde mit Bischof Acker-
mann ein Wortgottesdienst gefeiert. Anschließend
wurden die neuen Lektionare übergeben.
Kostenloser Transfer zum Gottesdienst in der
Lisdorfer Pfarrkirche
Alfred Philippi, Vorsitzender des Freundeskreises der
Lisdorfer Pfarrkirche e.V., wohnhaft Feldstr. 100, Tel.
3108, bietet allen Pfarrangehörigen bei Bedarf ei-
nen Fahrdienst zu den Gottesdiensten an.
Firmung in der PG „Saarlouis links der Saar“
zentral am 25. Mai 2019 in St. Ludwig
Am Sonntag, 25. Mai um 11 Uhr spendet Weihbi-
schof Robert Brahm den Firmbewerbern das Sakra-
ment der Firmung. Eingeladen sind alle getauften
Jugendlichen, die vom 1.7.2003 bis 30.6.2005
geboren sind. Bereits am 20.11.2018 fand ein In-
fo-Treffen statt. Wer noch nicht eingeladen wurde,
sollte sich umgehend im Pfarrbüro Saarlouis mel-
den (Tel. 40187).
Bistumswallfahrt nach Lourdes vom 3.-
10.9.2019
Unser Ltd. Pastor Dr. Frank Kleinjohann hat alle
Pfarrangehörigen zur Bistumswallfahrt nach Lour-
des eingeladen. Er würde sich freuen, wenn aus Teil-
nehmern der PG Saarlouis links der Saar und Bous/
Ensdorf eine Busgruppe unter seiner Leitung zusam-
menkäme. Vom 5.–9. Sept. wird auch eine Flugrei-
se vom Flughafen Hahn nach Lourdes angeboten.
Der Preis für die Busreise beträgt 695,– Euro, für die
Flugreise 815,– Euro. Anmeldungen im Pfarrbüro
Saarlouis, Tel. 40187.
Sternsinger-Aktion am 5./6. Januar 2019 wieder erfolgreich
Die Aktion, die in diesem Jahr in unserer PG unter Leitung von Kaplan Heiko Marquardsen stand, war wieder
sehr erfolgreich. Der diesjährige Erlös der gesamten PG (10.316 Euro) war für Kinder und Jugendliche in Peru be-
stimmt. In Lisdorf engagierten sich Elisabeth Jenal und Danald Wagner wieder ganz besonders bei dieser Aktion.
26 27
Mein Name ist Corinna Achtermann. Ich wurde 1989
in Saarbrücken geboren. Aufgewachsen bin ich in
Spiesen-Elversberg. Bis zum Abitur 2008 besuchte
ich das Willi-Graf-Gymnasium in Saarbrücken.
Wie bei vielen jungen Erwachsenen, stand auch bei
mir nach dem Abitur die Frage im Raum, wie ich
mir mein zukünftiges Leben und Arbeiten vorstellte.
Eines war mir klar: Ich wollte einen Beruf erlernen,
bei dem ich mit Menschen zu tun habe und sie im
besten Fall ein Stück auf ihrem Lebensweg beglei-
ten und unterstützen kann. So entschloss ich mich
zunächst für ein Lehramtsstudium in den Fächern
„Deutsch“ und „Kath. Religion“. Die Chance junge
Menschen bei ihrem Suchen zu begleiten und bei
ihren Fragen zu unterstützen, war für mich der ent-
scheidende Antrieb.
Von Kindheit und Jugend an war ich in das Leben
unserer Pfarrgemeinde involviert und habe mich
während meiner Schulzeit immer wieder mit Frage-
stellungen rund um die Themen „Glauben“ und „Re-
ligion“ beschäftigt. Diese Erfahrungen haben meine
Entscheidung zum Studium des Faches „Katholische
Theologie“ maßgeblich geprägt.
Mit meiner Entscheidung Lehrerin zu werden, war
ich lange Zeit sehr zufrieden, bis ich an einen Punkt
kam, an dem ich merkte, dass mir „nur“ Lehrerin
zu sein, nicht ausreichen würde. Ich wollte „mehr“.
Mir wurde bewusst, dass ich zwar sehr gerne mit
Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten woll-
te, dies aber nicht auf den schulischen Kontext be-
schränkt, sondern auch darüber hinaus. Zusätzlich
wollte ich der Tatsache Raum geben, dass ich ger-
ne auch mit anderen Altersgruppen, wie jungen Er-
wachsenen oder Senioren in Kontakt bin und mir gut
vorstellen konnte, auch mit ihnen zu arbeiten. Als
Ergebnis dieses Suchens begann ich, mich intensiv
über den Beruf Gemeindereferentin zu informieren
und spürte, dass dies mein Weg sein könnte.
2013 habe ich das Lehramtsstudium dann mit dem
Ersten Staatsexamen abgeschlossen und mich dazu
entschieden, anstelle des Referendariats ein weiteres
Studium anzuschließen, das der Praktischen Theo-
logie an der Katholischen Hochschule Mainz. Die-
ses Studium, das ich im Sommer 2015 erfolgreich
abschloss, bildete die Grundlagen für den weiteren
Ausbildungsweg.
Die Ausbildung zur Gemeindereferenten/ zum Ge-
meindereferenten gliedert sich in zwei Abschnitte:
Der erste Teil ist das berufspraktische Jahr. Hier sam-
melt man, begleitet durch einen Mentor / eine Men-
torin, erste konkrete Erfahrungen als Seelsorger/
Seelsorgerin. Ich durfte das berufspraktische Jahr
in der Pfarreiengemeinschaft Ochtendung-Kobern
(in der Nähe von Koblenz) absolvieren. Die Erfah-
rungen, die ich dort machen durfte, und die Begeg-
nungen mit den Menschen vor Ort habe ich als sehr
bereichernd für meine Ausbildung erlebt.
Der zweite Teil ist die Assistenzzeit. Diese begann ich
am 1.9.2016 in der Pfarreiengemeinschaft Saar-
louis links der Saar. Während der Assistenzzeit wird
man nicht mehr durch einen Mentor/eine Mento-
rin begleitet. Für die übertragenen Aufgabenberei-
che ist jede/r Gemeindeassistent/in, so werden wir
in dieser Phase der Berufseinführung genannt, ei-
genverantwortlich zuständig. Nach Bestehen aller
Prüfungen wurde ich am 1.9.2019 im Hohen Dom
zu Trier von Bischof Dr. Stephan Ackermann zum
Dienst als Gemeindereferentin in der Pfarreienge-
meinschaft Saarlouis links der Saar beauftragt. Hier
darf ich seither, den in der Assistenzzeit begonnen
Dienst fortführen.
Meine derzeitigen Arbeitsfelder sind die Erstkom-
munion- und Firmvorbereitung, Religionsunterricht
in den dritten Klassen der Grundschulen Lisdorf und
Beaumarais, die Begleitung des Pfarrgemeinde-
rats Neuforweiler, die Mitarbeit bei der monatlichen
Hauskommunion und diverse Projekte und Gottes-
dienstangebote im Laufe des Kirchenjahres.
Corinna Achtermann
Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Saarlouis links der Saar
Pfarramt Saarlouis, Kavalleriestraße 11
stellt sich unseren Leserinnen und Lesern vor
Foto: Paulinus, Zeljko Jakobovac
Der Caritasverband
Saar-Hochwald hat zum
1. Januar die Trägerschaft
der Kirchlichen Sozialsta-
tion Saarlouis/Saarwellin-
gen übernommen. Diesen
so genannten Betriebs-
übergang zum Caritasver-
band hat die Träger- und
Mitgliederversammlung
der Kirchlichen Sozialsta-
tion Saarlouis/Saarwel-
lingen beschlossen. Der
Vorstand der Kirchlichen
Sozialstation Saarlouis/
Saarwellingen, Jörg Son-
net, Caritasdirektor Her-
mann Josef Niehren und
der Vorstandsvorsitzen-
de des Caritasverbandes
Saar-Hochwald, Peter Kie-
fer, haben den Betriebs-
übertragungsvertrag gemeinsam unterschrieben.
Die evangelische Kirchengemeinde Saarlouis und
die katholischen Kirchengemeinden in Saarlouis
und Saarwellingen können die organisatorischen
und pflegerischen Anforderungen an die Sozialsta-
tion nach eigenen Angaben nicht mehr inhaltlich
begleiten und haben sich daher entschieden, die
Trägerschaft abzugeben. Für die betreuten Men-
schen ändere sich dadurch nichts. Die Betreuungs-
und Pflegeleistungen werden wie gewohnt erbracht.
Die Pfarrgemeinden werden wie in vielen anderen
Bereichen mit der Caritas zusammenarbeiten. Die
Caritasverband hat Kirchlichen Sozialstation übernommen
gewohnten Ansprechpartner bei der Kirchlichen
Sozialstation in der Einsatzzentrale Roden, Dona-
tusstraße 36, Telefon (0 68 31)9 19 50, sowie das
Pflege- und Betreuungspersonal bleiben bestehen.
Die vereinbarten Pflegeleistungen werden vom Ca-
ritasverband Saar-Hochwald übernommen. Der Ver-
ein zur Förderung der ambulanten Krankenpflege
Saarlouis/Saarwellingen bietet weiterhin den Mit-
gliedern finanzielle Hilfe in der häuslichen Pflege an
und wird mit dem Caritasverband Saar-Hochwald
künftig als Verbundpartner arbeiten. SZ 2.1.2019
Verein zur Förderung der ambulanten Krankenpflege Saarlouis/Saarwellin-
gen e.V. dankt seinen zahlreichen Mitgliedern
Caritasverband Saar-Hochwald e.V. begrüßt die Mitglieder
Wir würden uns sehr freuen, wenn sie künftig Ihr Vertrauen dem Caritasver-
band Saar-Hochwald e.V. schenken. Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehöri-
gen alles Gute und Gottes Segen.
Jörg Sonnet						Hermann-Josef Niehren
Vorstand, Kirchl. Sozialstation					Caritasdirektor Saar-Hochwald
Iris Stellwag						 Günter Fontaine & Ilse Zell
Verwaltungsrat, Kirchl. Sozialstation			 Verein zur Förderung der ambulanten Krankenpflege
Die kirchliche Sozialstation Saarlouis/Saarwellingen - hier im Bild der Standort in Roden
ist im neuen Jahr in die Trägerschaft des Caritasverbandes übergegangen.
							 FOTO: ROLF RUPPENTHAL
28 29
Die Lisdorfer Aue gehört zu Lisdorf wie „das Herz
zum menschlichen Körper“. Sie ist eine der frucht-
barsten Bodenflächen des Saarlandes und Grund-
lage für den jahrhundertealten Gemüseanbau in
Lisdorf. Sie wird als „Gemüsekammer des Saarlan-
des“ bezeichnet.
Als vor Jahrzehnten der Saarausbau zur Schiff-
fahrtstraße erfolgte, wollte man die Saar be-
gradigen mitten durch die Lisdorfer Aue. Dieses
Vorhaben hätte die Aue als geschlossenes Gemü-
seanbaugebiet zerstört. Der ehemalige Präsident
der Landwirtschaftskammer des Saarlandes, Jo-
hann Schmitt-Ecker aus Lisdorf, und in der Fol-
ge Johann Morguet und Erwin Faust bezeichneten
die Durchschneidung der Aue als „Dolchstoß ins
Herz von Lisdorf“. Schließlich konnte dies durch
den organisierten Widerstand der Lisdorfer und
der CDU-Fraktion im Stadtrat verhindert wer-
den. Bereits vor Jahren wurde im Benehmen mit
Öffentliche Bekanntmachung
Landesamt für Vermessung, Geoinformation und Landentwicklung
- Abteilung 5 -, Dörrenbachstraße 2,66822 Lebach
Az.: F-LA - 6/2019
- Ladung zum Anhörungstermin -
Im Flurbereiniungsverfahren Lisdorfer Aue, Landkreis Saarlouis
Im Flurbereinigungsverfahren Lisdorfer Aue wird hiermit der Termin zur Bekanntgabe des Flurbereinigungs-
planes und zur Anhörung der Beteiligten - Teilnehmer und Nebenbeteiligte (u.a. Inhaber von Rechten und
Belastungen an zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücken oder Eigentümer der an das Flurbe-
reinigungsgebiet angrenzenden Grundstücke) - gemäß 5 59 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) in der Fassung
der Bekanntmachung mm 16.03.1 976 (BGBI. I S. 546), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom
19.12.2008 (BGBI. I S. 2794), auf
Montag, 11.03.2019 bis Dienstag, 26.03.2019
(ausgenommen Samstag u. Sonntag)
im Kath. Pfarrheim in Lisdorf (neben der Kirche),
Kleinstraße, 66740 Saarlouis-Lisdorf
jeweils von 8:30 Uhr-1200 Uhr und von 13:00 Uhr-16:00 Uhr
und
Donnerstag, 28.03.201 9 bis Dienstag, 16.04.2019
(ausgenommen Samstag u. Sonntag)
im Sitzungssaal des Rathauses Ensdorf, Provinzialstraße 101a, 66806 Ensdorf
Montag bis Donnerstag von 8:30 Uhr- 12:00 Uhr und 13:30- 15:30 Uhr,
Freitag von 8:30 Uhr- 12:00 Uhr
anberaumt.
Zu diesem Termin werden die Beteiligten mit folgenden Hinweisen geladen:
1. Der Flurbereinigungsplan einschließlich der Rechte und Belastungen sowie die Abmarkungsunterlagen
der Grenze des Flurbereinigungsgebietes liegen zur Einsichtnahme für die Beteiligten in diesem Termin aus.
2. Widersprüche gegen den bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan einschließlich Widersprüche gegen
die vorgenommene Grenzfeststellung und Abmarkung können zur Vermeidung des Ausschlusses nur in die-
sem Termin vorgebracht werden.
3. Jeder Teilnehmer erhält einen Auszug aus dem Flurbereinigungsplan, der seine neuen Grundstücke nach
Fläche und Wert sowie das Verhältnis seiner Gesamtabfindung zu dem von ihm Eingebrachten nachweist.
4. Die neue Flureinteilung einschließlich Verlauf der nach den Unterlagen des Liegenschaftskatasters fest-
gestellten Grenze des Flurbereinigungsgebietes wird den Beteiligten während des vorgenannten Termins
im Terminlokal an Hand einer Karte bzw. der Abmarkungsunterlagen erläutert und auf Wunsch an Ort und
Stelle angezeigt.
Die Beteiligten werden gebeten, im Interesse eines reibungslosen Terminablaufes die in einem besonderen
Anschreiben angegebenen Zeiten möglichst einzuhalten.
Ein Austausch von Terminen ist möglich.
Der Sitzungssaal des Rathauses in Ensdorf ist auch über einen Aufzug erreichbar.
Beteiligte, die keine Widersprüche vorbringen wollen, müssen zu diesem Termin nicht erscheinen.
Lebach, den 06.02.2019
Im Auftrag
Forster
Vermessungsdirektor
Der Heimatkundeverein weist auf Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue hin
(vgl. Artikel „Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue“ s.S.31)
der Lisdorfer Bauernschaft und der Stadt Saarlouis
von der Flurbereinigungsbehörde des Saarlandes
eine Flurbereinigung in der Lisdorfer und Ensdorfer
Aue in Gang gesetzt, zu dem jetzt das sog. Anhö-
rungsverfahren durchgeführt wird (siehe öffentli-
che Bekanntmachung vom 6.2.2019). Da für die
Bewertung der Grundstücke innerhalb des Flur-
bereinigungsgebietes die im Liegenschaftskataster
nachgewiesenen Ergebnisse der finanzamtlichen Bo-
denschätzung zugrunde zu legen sind, hat der Ver-
fasser als ehemaliger Referent für Bodenschätzung
bei der Oberfinanzdirektion Saarbrücken und heu-
tiger VHL-Vorsitzender bis jetzt noch gute Kontakte
zur Flurbereinigungsbehörde. Auf seinen Vorschlag
und Vermittlung hin wurde als Örtlichkeit für die An-
hörung der Beteiligten das Pfarrheim in Lisdorf aus-
erwählt. Alle Beteiligten (Grundstückseigentümer in
der Lisdorfer Aue) werden gebeten, den Anhörungs-
termin wahrzunehmen. (hg)
Saarlouiser Reisegruppe vor dem Historischen Museum Saar am Schlossplatz in Saarbrücken. Am Freitag,
8.Februar besuchten der VHVS und der VHL vormittags die zwei großen Ausstellungen: „Saargeschichte seit
1870“ und „Steinerne Macht – Burgen, Festungen und Schlösser“ im Historischen Museum Saar. Das Histo-
rische Museum Saar, das bis vor kurzem von dem aus Lisdorf stammenden Gerhard Ames geleitet wurde,
setzt mit diesen beiden großartigen Ausstellungen Akzente. Die Ausstellung „Saargeschichte“ wurde einzeln
besichtigt, während durch die „Steinerne Macht“ ein junger Historiker aus Bous uns führte. Diese Ausstellun-
gen fanden soviel Gefallen, dass der VHL eine weitere Besichtigung dort plant. (hg)
Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue
30 31
Die Saarländer sind ein mobiles Völkchen. Das gilt
nicht nur heute. Das galt auch schon im 19. Jahr-
hundert. Allerdings waren damals die Bedingungen
sehr viel weniger angenehm als heute: die Wande-
rung erfolgte in der Regel aus einer großen persön-
lichen Notlage heraus.
Ab dem Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts
und bis zur Wende zum 20. Jahrhundert wanderten
zahlreiche Einwohner aus den nördlichen Gebieten
des heutigen Saarlands nach Südbrasilien aus. Auf-
nahme fanden viele von ihnen in einer damals noch
urwaldähnlichen Region ca. 80 km westlich der heu-
tigen Hauptstadt des Bundesstaats Rio Grande do
Sul, Porto Alegre.
Hauptherkunftsgebiet der Auswanderer war die Re-
gion um die heutigen Gemeinden Tholey, Noh-
felden und St. Wendel sowie das angrenzende
Rheinland-Pfalz (Idar-Oberstein, Morbach, Kastell-
aun, Simmern, das Moseltal und auch Luxemburg).
Bei den Saarländern überwogen die Katholiken, bei
den Rheinland-Pfälzern die Lutheraner.
Aus dem unmittelbaren Saartal stammten nur sehr
wenige Auswanderer: nach einer auf der Basis von
Auswandererakten des Landesarchiv Koblenz zu-
sammengestellten Namensliste, die freilich nicht das
gesamte heutige Saarland erfasst, stammten nur
acht saarländische Auswanderer des 19. Jahrhun-
derts (nach Brasilien) aus dem Kreis Saarbrücken –
drei davon waren „widerspenstige Heerespflichtige“
aus Püttlingen. Nur fünf Auswanderer stammten aus
dem Kreis Saarlouis: Drei waren Bergleute aus der
heutigen Gemeinde Lebach. Und aus „Liersdorf“
in Kreis Saarlouis (gemeint ist wohl Lisdorf) zogen
1878 und 1891 die beiden Brüder Isaak und Ab-
raham Michel, Söhne des Moses Michel, jüdischer
Religion, aus geschäftlichen Gründen zu Verwanden
in Rio de Janeiro.
Für den Zeitraum zwischen 1829 und 1883 zählt die
Liste hingegen zum Beispiel 367 Auswanderer aus
Theley, 45 Auswanderer aus dem Kernort Tholey, 49
aus Sotzweiler bei Tholey, 193 aus Weiskirchen bei
Wadern oder 94 aus Hasborn-Dautweiler.
Nicht bei allen saarländischen Auswanderern ist der
Zielort angegeben. Dort, wo er verzeichnet ist, han-
delt es sich fast immer um Orte im brasilianischen
Rio Grande do Sul. Häufig erwähnt werden die Ziel-
gemeinden Feliz und Bom Principio westlich von
Porto Alegre. Die Akten erwähnen, dass viele Aus-
wanderer schon Verwandte in Brasilien hatten. Die
Überfahrt über Antwerpen, Bremen oder Hamburg
zahlten dann häufig die zuvor ausgewanderten Fa-
milienangehörigen. Einige Auswanderer waren An-
alphabeten, fast alle Männer waren Kleinbauern,
Tagelöhner oder gelegentlich Handwerker. Nach
Ankunft wurde ihnen in der Regel ein Stück Urwald
im Binnenland zur Urbarmachung übergeben. Sie
erhielten von Staat ein kleines Startkapital und wa-
ren für die ersten Jahre von der Steuerpflicht befreit.
Die ersten Jahre im Urwald müssen sehr hart gewe-
sen sein. Die klimatischen Unterschiede – zwischen
kaltem Hochwald und subtropischer Pampa – wa-
ren enorm. Die Sterberaten waren hoch. Den Lohn
der schweren Arbeit erntete erst die zweite oder drit-
te Generation.
Die saarländische Auswanderung nach Rio Grande
do Sul war Teil einer großen Migrationswelle von
Deutschen nach Brasilien im 19. Jahrhundert. Sie
hatte im Jahr 1824 auf ausdrückliche Einladung des
brasilianischen Kaisers Dom Pedro I. mit der Ankunft
der ersten Deutschen im südbrasilianischen Sao Le-
opoldo eingesetzt. Schon ein Jahr vorher waren die
ersten Schweizer eingetroffen und hatten in der Re-
gion von Rio de Janeiro die Stadt Nova Friburgo
gegründet. Die Motive des brasilianischen Kaisers
waren nicht ganz frei von rassistischen Erwägungen.
Er wollte das damals zu einem Gutteil schwarze Bra-
silien „europäischer“ und „weißer“ machen.
Die frühen Einwanderer aus dem deutschen Sprach-
raum waren sehr kinderreich. Es gibt Schätzungen,
denen zufolge ca. 10 % der heute über 210 Millio-
nen Brasilianer zumindest einen deutschen Vorfah-
ren aufweisen. Die Volkszählung von 1940 zählte
580.000 brasilianische Staatsbürger mit deutscher
Muttersprache. Später wurden diese Zahlen nicht
mehr erfasst.
In den Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Santa
Catarina hatten sich bis zum Ende des 19. Jahrhun-
derts zusammenhängende Landstriche gebildet, in
denen bis zum II. Weltkrieg lokale deutsche, meist
leicht unterschiedliche moselfränkische Mundarten
gesprochen wurden. Portugiesisch war dort oft nur
eine Fremdsprache. Neben den moselfränkischen
Dialekten aus Rheinland-Pfalz und aus dem Saar-
land gab und gibt es Siedlungsinseln, in denen sich
auch Dialekte aus Pommern oder anderen deut-
schen Regionen erhalten haben.
Der große Bruch kam mit dem Kriegseintritt Brasi-
liens 1942 auf Seiten der Alliierten. Die deutsche
Sprache wurde von Staatspräsident Getúlio Vargas
in der Öffentlichkeit strikt verboten, deutsche Ver-
eine und andere Organisationen wurden aufgelöst
und enteignet. Viele Deutsch-Sprechende – Anhän-
ger wie Gegner der NSDAP – wurden in Lagern
interniert. Die deutsche Sprache und ihre Dialek-
te verschwanden aus dem öffentlichen Raum. Das
änderte sich auch in der Nachkriegszeit nicht mehr.
Bis heute pflegen aber vor allem ältere Einwohner in
ländlichen, von Deutschen besiedelten Landstrichen
von Rio Grande do Sul und Santa Catarina inner-
halb der Familie (nicht in der Öffentlichkeit) ihren
Regionaldialekt. Sie nennen ihn meist „Hunsrik“.
Der deutsche Dialekt hat für die betroffenen Famili-
en keine kommunikative Funktion mehr. Stattdessen
wurde er Teil einer privaten, vor Fremden verborge-
nen Identität. In Porto Alegre, das vor dem II. Welt-
krieg in weiten Teilen eine zweisprachige Stadt war,
ist Deutsch heute ganz verschwunden.
Eine ähnliche linguistische Entwicklung gab es bei
den Italienern, die in der Region die zweitgrößte
Einwanderergruppe stellten. Ihr früher in vielen Or-
ten sehr präsenter venezianischer Regionaldialekt,
das „Talian“, ist im Rio Grande do Sul von heute nur
noch selten zu hören.
Auch wenn die alten moselfränkische Dialekte heu-
te in der südbrasilianischen Öffentlichkeit nur noch
selten in der Öffentlichkeit zu hören sind, so spie-
len sie doch für die Identität vieler Familien, für die
Regionalgeschichte und Kultur und für brasilianische
Linguisten weiter eine Rolle.
Eine echte Bedeutung hat der Dialekt bei den Städ-
tepartnerschaften zwischen saarländischen und
„riograndensischen“ Gemeinden. Verpartnert sind
derzeit St. Wendel mit Sao Vendelino, Nohfelden mit
Feliz und Tholey mit Alto Feliz. Auch rheinland-pfäl-
zische Gemeinden pflegen Partnerschaften, z.B.
Klüsserath an der Mosel mit Bom Principio oder
Simmern mit der Oktoberfeststadt Igrejinha. Der
Dialekt ist dort noch stark genug, um bei gegensei-
tigen Delegationsbesuchen als verbindendes Glied
und Verständigungsbasis dienen zu können.
Ein gutes Beispiel war der Besuch einer fast drei-
ßigköpfige Gruppe aus Tholey und seinen
Armutsauswanderung im 19. Jahrhundert
und saarländische Spuren in Südbrasilien heute
Von: Dr. Thomas Schmitt, Deutscher Generalkonsul in Porto Alegre, Brasilien
Erzbischof Dom Jacinto Bergmann von Pelotas wäh-
rend der gemeinsamen Sonntagsmesse
32 33
Nachbargemeinden unter Leitung des Tholeyer Bür-
germeisters Hermann Josef Schmidt im Partnerort
Alto Feliz im Februar 2019. Als Ehrengast waren der
Erzbischof von Pelotas, Dom Jacinto Bergmann, und
ich als Deutscher Generalkonsul mit Dienst-
sitz in Porto Alegre eingeladen.
Mit Platt haben wir beide keine Schwierigkeiten:
Dom Jacinto ist in einer „hunsrik-sprachigen“ Fa-
milie in Alto Feliz aufgewachsen, lernte sein Por-
tugiesisch erst als Schüler und erinnert sich gut an
die Zeit der Diskriminierung der deutschen Dia-
lekt-Sprechenden in den Nachkriegsjahren. Meine
eigenen Eltern stammen aus Lisdorf und aus
der Stadt Saarlouis.
Der Delegationsbesuch wirkte in weiten Teilen wie
eine Feier von Familienangehörigen, die sich lange
nicht mehr gesehen haben. Sehr deutlich wurde das
beim Empfang am Samstagabend, der im Garten
eines Bürgers von Alto Feliz stattfand. Spätestens
eine Stunde nach Beginn hatten nicht nur die älte-
ren Brasilianer, sondern auch die Jüngeren – selbst
diejenigen, die zuvor noch behauptet hatten, gar
kein Deutsch zu sprechen – ihre Hemmungen über-
wunden und ihre mehr oder weniger vorhandenen
Platt-Kenntnisse „ausgepackt“. Für viele Brasilianer
aus der Region in den 30ern oder 40ern ist das kei-
ne Frage des Könnens, sondern eine psychologische
Frage. Für sie ist Dialekt keine Sprache, sondern ein
innerfamiliäres Überbleibsel ohne Wert nach außen,
das man nicht zeigt. Nur bei Kindern ist Deutsch so
gut wie verschwunden. Das liegt auch daran, dass
Deutsch schon viele Jahre nicht mehr in der Schule
unterrichtet wird.
Die katholische Sonntagsmesse und die anschlie-
ßende Ansprache des lutherischen Pfarrers fan-
den auf Portugiesisch bzw. Hochdeutsch statt. Auch
hier zeigte sich aber der Dialekt als gemeinsames
Sprachband. Englisch spielt bei diesen Partnerschaf-
ten in Brasilien keine Rolle.
Die verpartnerten Gemeinden sind keine Metropo-
len. Sie sind kleinere Orte. Die Volkswirtschaft und
die Politik auf Bundesebene werden von ihren auf
dem gemeinsamen Dialekt basierenden Partner-
schaften allenfalls indirekt profitieren: sie können
als gut funktionierendes Modell dienen, das sich
auf andere Arten der Partnerschaften übertragen
lässt. Denn zwischen Deutschland und Brasilien gibt
es heute auch Gemeindepartnerschaften, die von
zivilgesellschaftlichem Interesse getrieben werden
oder deren einigendes Band wirtschaftliche, entwick-
lungspolitische, energiepolitische, umweltpolitische,
sportliche oder kulturelle Interessen sind.
Auch im Kleinen stellen diese Partnerschaften eine
verbindende Macht dar. Sie haben das Potenzial,
das Leben von Menschen im Positiven zu gestal-
ten. Sie haben das Leben so mancher Einzelperson
schon positiv beeinflusst – sei es über einen Schul-
austausch, eine Hospitation an einer Schule, ein
Betriebspraktikum oder über gemeinsame geschäft-
liche oder politische Interessen. Die gegenseitigen
Besuche schaffen interkulturelle Nähe und machen
Globalisierungsentwicklungen individuell erfahrbar.
Dies erhöht die Kompetenz des Einzelnen, seine Er-
fahrungen an anderer Stelle einzubringen.
Im Falle von Alto Feliz trägt die Partnerschaft dazu
bei, die eigene, nicht ganz einfache Vergangenheit
aufzuarbeiten, und – auf dem Weg über den mosel-
fränkischen Dialekt – das Interesse an der deutschen
Sprache zu wecken. Der Bürgermeister und die Ge-
meinderäte von Alto Feliz kündigten zu Ende des
Besuchs an, den jahrzehntelang eingestellten Deut-
schunterricht an den Gemeindeschulen wiederzube-
leben. Die Tholeyer, allen voran ihr Bürgermeister,
versprachen, dabei in Zukunft tatkräftig mitzuhelfen.
Saarländische Besucher sind nicht die einzigen Gäste
aus Deutschland, die im Interesse einer gemeinsa-
men Zukunft an die gemeinsamen deutsch-brasilia-
nische Vergangenheit anknüpfen. Für den 28.3.2019
plant der Münsteraner Bischof Felix Genn, in das
saarländisch besiedelte Bom Principio bei Feliz zu
reisen und unter anderem in der historischen Kirche
der Einwanderer eine Messe zu lesen.
Für das deutsch-brasilianische Verhältnis sind di-
alektgeprägte Städtepartnerschaften eine gro-
ße Bereicherung. Es bleibt zu hoffen, dass noch
mehr saarländische, rheinland-pfälzische und auch
Zur Person:
Dr. Thomas Schmitt geboren am 18.5.1959 in
Mainz, aufgewachsen in Überlingen am Boden-
see
1977 Abitur in Überlingen am Bodensee
anschließend Sozialwissenschaftliches Grundstu-
dium an der Universität Konstanz
1979/80 Arbeitsaufenthalt am Center for Policy
Alternatives, M.I.T., Cambridge, MA
1983 Diplom-Verwaltungswissenschaftler, Uni-
versität Konstanz
1988 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Univer-
sität zu Köln
1988 Eintritt in den Auswärtigen Dienst, At-
tachéausbildung
anschließend Dienstposten in Belgrad, Genf,
Bonn, Sarajevo (OHR), Berlin, Mexiko
2006-2008 erster deutscher Botschafter in Pod-
gorica, Montenegro
2008-2011 stellvertretender deutscher General-
konsul in Sao Paulo, Brasilien
2011-2014 Referatsleiter 605 (Deutsche Aus-
landsschulen, Sport), Auswärtiges Amt, Berlin
2014-2015 Lehrstuhlinhaber „Diplomatie II“,
deutschsprachige Andrassy Universität Budapest
2015-2018 Gesandter und Leiter der Wirtschafts-
abteilung der Deutschen Botschaft Lima
seit Juli 2018 Deutscher Generalkonsul in Porto
Alegre, Brasilien
Dr. Thomas Schmitt ist ein Sohn des aus Lisdorf
stammenden Dr. Albert Schmitt und Enkel von
Johann Schmitt-Ecker, ehemaliger Präsident der
Landwirtschaftskammer des Saarlandes. Bei der
Gedenkveranstaltung für den Lisdorfer Theolo-
gie-Professor Dr. Dr. Jakob Ecker im November
2012 hielt Dr. Thomas Schmitt durch Vermittlung
seines Onkels und unseres VHL-Mitglieds Victor
Schmitt aus München eine großartige Gedenkrede.
luxemburgische Städte und Gemeinden und ihre
Bürger beim Projekt der Städtepartnerschaften mit
Brasilien auf Dialektbasis mitmachen werden!
Porto Alegre, den 17. Februar 2019
Hinweis: Der Verfasser äußert in diesem Artikel sei-
ne persönliche Ansicht und spricht darin weder im
Namen noch im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Ansprache Dr. Thomas Schmitt
Der Erzbischof mit den „Soberanas“ (eine Art Ernte-
dankköniginnen) von Alto Feliz
Ansprache des Bürgermeisters von Tholey, Josef
Hermann Schmidt
34 35
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  • 1. Nr. 26/27 April 2019 Preis 3,00 Euro 12 von insgesamt 14 Geschwisterkinder der Eheleute Andreas Groß (*1874) oo 1898 und Anna geb. Both (*1878) genannt „Peekes“ in Lisdorf-Holzmühle anlässlich der Hochzeit ihrer Tochter Agnes mit Josef Berdin im Jahre 1935
  • 2. Impressum: Herausgeber: Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V. Am Ginsterberg 13, 66740 Saarlouis−Lisdorf, Tel.: 06831/ 4 16 94, Fax: 06831/ 12 87 53 Redaktion: Heiner Groß (verantwortlich), G. Groß, Agnes Groß, Gabi Feld, Marie-Luise Groß, Manfred Nebelung, Fotos: Harald Weiler, Georg Groß, Archiv VHL, privat www.heimatkunde.lisdorf.de Druck: Krüger Druck + Verlag, Handwerkerstraße 8-10, 66663 Merzig Bankverbindungen:Kreissparkasse Saarlouis IBAN: DE26 5935 0110 0074 3008 80 Vereinigte Volksbank e.G. Saarlouis-Sulzbach/Saar IBAN: DE21 5909 2000 6721 7502 03 Bezugspreis: 3 Euro je Heft, Vereinsmitglieder erhalten es kostenlos Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt der Redaktion, wieder. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers Verehrte Leserinnen und Leser, knapp 3 Monate nach unse- rem Heft zu Weihnachten und dem Jahreswechsel 2018/19 präsentieren wir Ihnen als Doppelausgabe mit 48 Sei- ten das Lisdorfer Heimatblatt Nr. 26/27. Es enthält eine Vielzahl von aktuellen heimatkundlichen Beiträgen mit dem Schwerpunkt, dem örtlichen Ge- schehen. Damit entsprechen wir dem Wunsch vieler unserer Leser, vor allem der auswärts wohnenden, mehr über das aktuelle Geschehen in der Heimat zu informieren. Dabei vernachlässigen wir das frühere Geschehen, das was Geschichte ausmacht, keines- wegs. Auf der Titelseite zeigen wir ein Foto mit einer Lisdorfer Großfamilie, allseits bekannt unter dem Spitznamen „Peekes“ und auf der letzten Seite eine historische Karte mit den Bännen Listroff, Enstroff und Loutre z.Zt. als unsere Heimat zu Frankreich bzw. Lothringen gehörte. Die Beiträge von Dr. Thomas Schmitt, deutscher Generalkonsul in Porto Allegre in Brasilien (hat Lis- dorfer und Saarlouiser Wurzeln) über die Armuts- auswanderung aus unserer Großregion im 19. Jahrhundert nach Brasilien und von Dr. Franz Klein aus Lisdorf über seinen 1856 geborenen Urgroßva- ter J. Rullang, der von Frühjahr bis Herbst Bauer in Lisdorf war, während der Wintermonate jedoch zur Einkommenssicherung als Binnenschiffer auf der „St. Barbara“ anheuerte und das Geschehen im frühe- ren Lisdorfer Saarhafen am Ende der heutigen Saar- straße. Auch der Beitrag des Verfassers aus Anlass der Einführung der Frauenrechte vor 100 Jahren mit der Überschrift „100 Jahre Frauengeschichte: Margarete von Wrangell“, sie war ab 1923 die ers- te Universitätsprofessorin in Deutschland, beschäf- tigt sich mit der Historie. Auch der größere Beitrag von Benedikt Löw und Johannes Werres über Michel Ney aus Saarlouis (1769 bis 1815) gehört dazu. Michel Ney aus einer armen Fassmacher-Familie in der Bierstraße im damals französischen Sarre-Lou- is hat bekanntlich als Soldat in Frankreich Karrie- re gemacht. Mit 27 Jahren bereits General unter Napoleon und bis zum Marschall aufgestiegen. Seine Vasallentreue zu Napoleon mit der Niederla- ge in der Schlacht bei Waterloo wurde ihm schließ- lich zum Verhängnis. 1815 wurde er in Paris als Hochverräter im Alter von 46 Jahren exekutiert. Das Städt. Museum Saarlouis unter Leitung von Benedikt Löw widmet Maréchal Ney anlässlich seines 250. Geburtstages bis 10. Juni 2019 eine große Sonder- ausstellung, die allen Heimatfreunden empfohlen wird zu besuchen. Fast alle Ney’s im Raum Saarlou- is sind entfernte Blutsverwandte zu Marschall Ney. Der VHL wird in nächster Zeit ein bis zwei Sonder- führungen zu dieser interessanten Ausstellung an- bieten. Bitte beachten Sie die Termine, die in der Presse bekanntgegeben werden Die Muttersprache, deren Gedenktag jährlich der 21. Februar ist, haben wir auch einen Beitrag ge- widmet. In Lisdorf wird die Muttersprache gleichge- setzt mit dem „Leischdrowwa Platt“, einer leichten Abwandlung unseres moselfränkischen Dialektes. Marianne Faust, unsere Expertin dafür, ist wieder mit einem schönen Beitrag in diesem Heft vertreten. Ihr Buch mit CD: „Nä, watt en Uwwerasch!“ ist wei- terhin im Buchhandel, in Lisdorfer Geschäften und beim VHL für günstige 9,90 Euro zu haben. Ebenso das repräsentative Kriegsopferbuch von Agnes Groß für 19,50 Euro . Wie in allen bisherigen Lisdorfer Heimatblättern sind auch im heutigen Heft viele Fotos zu sehen, und zwar historische, wie die Hochzeitsbilder, aber auch aktuelle von den VHL-Aktivitäten und den vielen Ju- bilaren, wie das in unserem Heimatkundeverein mit annähernd 600 Mitgliedern üblich ist. Übrigens, und das passt zu 100 Jahre Frauenrechte, sind im VHL mehr als 50 % Frauen und Mädchen. Auch im Vorstand sind sie mit annähernd 50 % ein Aktivposten. Beim Abfassen der Berichte über unsere VHL habe ich zur Freude festgestellt, dass 3 unserer verstor- benen Mitglieder Träger des Bundesverdienstkreu- zes waren, und zwar Johann Morguet, Erich Seidel und Dr. Erwin Müller. Aktuell sind es sogar 6 (vgl. Heft 16/17 aus 2014). Mit unserem Freund Erich Pohl sind es sogar 7. Damit haben wir ein Alleinstel- lungsmerkmal wohl über die Grenzen unserer Saar- heimat hinaus. Das zeigt, wie viel verdienstvolles ehrenamtliches Engagement in unserem VHL und in Lisdorf steckt. Lisdorf, unser Ort mit knapp 3500 Einwohner, ist sowohl in der Heimatkunde mit dem aus 600 Mitgliedern bestehenden VHL als auch mit der HGS im Sport sowie dem Förderverein Kingen- de Kirche, dem MGV 1859, dem Hard-Chor dem Jugend- und Kinderchor und jetzt dem Kirchenchor „Musica Sacra“ Saarlouis, somit im kulturellen Be- reich, führend in Stadt und Land. Das sollten wir uns als Lisdorfer immer wieder bewusst sein, wenn wir mehr neidvoll als verächtlich als „Kappesköpp“ bezeichnet werden. Trotzdem sollten wir auch stolz darauf sein, in der Gemüsekammer des Saarlandes zu wohnen und zu arbeiten. Viel Spaß und Freude beim Lesen und Be- trachten der Bilder. Ihr/Euer Heiner Groß Inhaltsverzeichnis..................................................................................................................................................2 Vorwort................................................................................................................................................................3 Weihnachtliches Jahresschluss-Konzert...................................................................................................................4 Ein Lisdorfer Bauer als Binnenschiffer.....................................................................................................................8 100 Jahre Frauengeschichte: Margarete von Wrangell..........................................................................................12 Maréchal Michel Ney Stationen eines beherzten Lebens........................................................................................14 21. Februar ist Tag der Muttersprache..................................................................................................................16 Lisdorfer Ehrenamtler aufgepasst!........................................................................................................................17 Beiträge zur Lisdorfer Mundart von Marianne Faust..............................................................................................18 Schreibweise von Lisdorf im Laufe der Geschichte...................................................................................................19 Saarlouiser Heimat- und Geschichtsvereine im Überblick......................................................................................20 Am 30.März 2019 Lisdorf wieder „picobello“ machen............................................................................................21 Was ist Heimat?..................................................................................................................................................22 Vier sehr empfehlenswerte Bücher zu unserer Heimat...........................................................................................23 Neuforweiler – Bourgh Dauphin oder in Mundart Bedofingen...............................................................................23 Historische Hochzeitsbilder aus dem Archiv des Heimatkundevereins......................................................................24 Aktuelles aus unserer Kirche und Pfarrei...............................................................................................................26 Corinna Achtermann Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Saarlouis links der Saar.............................28 Caritasverband hat Kirchlichen Sozialstation übernommen....................................................................................29 Der Heimatkundeverein weist auf Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue hin............................................................30 Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue....................................................................................................................31 Armutsauswanderung im 19. Jahrhundert und saarländische Spuren in Südbrasilien heute.....................................32 Junge Talente wagen sich an festliche Klänge.......................................................................................................36 Historischer Werdegang der Raiffeisenbank und des Warengeschäfts in Lisdorf.......................................................38 Aus und vorbei ! .................................................................................................................................................39 Exkursion der Saarlouiser Heimatkundler nach Bouillon/Belgien und Sedan/Frankreich..........................................40 Ein für die Heimatpflege im Saarland sehr interessanter Bericht der SZ...................................................................41 Der Zeiten bunter Lauf 2019...............................................................................................................................42 Herzlich willkommen!..........................................................................................................................................42 Nachruf ..............................................................................................................................................................42 Mitglieder und Freunde des VHL im Beruf und Ehrenamt erfolgreich. Wir gratulieren..............................................43 Wir gratulieren...................................................................................................................................................44 Wir nahmen Abschied von unserem Freund und Mitglied Dr. Erwin Müller................................................................46 Nachruf auf Yvette Killinger..................................................................................................................................46 Mit Heimatfreunden aus Wadgassen-Werbeln auf Arche Noah Kultur-und Pilgerreise nach Prag..............................47 2 3
  • 3. Weihnachtliches Jahresschluss-Konzert ln der festlich geschmückten Lisdorfer Barockkirche Stimmungsvoller Jahresausklang Zum weihnachtlichen Jahresschluss-Konzert lud der Förderverein „Klingende Kirche“ der katholischen Kirchengemeinde Lisdorf ein. Das Konzert gestalte- ten 150 Mitwirkende mehrerer Chöre. Solistin des Abends war die Sopranistin Sabine Becker, künstle- rischer Leiter Regionalkantor Armin Lamar. Bachs bekanntes Präludium in C-Dur (BWV 846), erster Teil des Wohltemperierten Klaviers, firmiert oft lapidar als „Präludium No. 1“, so, wie wir mit „Bach“ meist vom berühmten Johann Sebastian sprechen. Es besteht fast vollständig aus ausge- schriebenen Arpeggien im 4/4-Takt, die sich jeweils zu fünfstimmigen Akkorden zusammenfassen las- sen - zum Auftakt virtuos von Regionalkantor Armin Lamar auf der wohltönenden Mayer-Orgel gespielt. Lamar bleibt ganz nah am polyphonen Gefüge, spielt leicht, zugleich bestimmt und vermeidet eine Romantisierung der barocken Klänge. Fünf sehr unterschiedliche Chöre haben an die- sem Abend in der voll besetzten Lisdorfer Kirche ihren Auftritt. Da ist zunächst der Kinderchor der Chorgemeinschaft Lisdorf unter der Leitung von Eva Gindorf, die ihre kleinen Sänger und Sängerinnen unterstützend am Klavier begleitet. An manchen Stellen noch ein wenig unsicher, tragen sie Lieder aus ihrem Repertoire vor, wovon ihnen die Weih- nachtsgeschichte eines Esels die liebste ist und des- halb wohl am besten gelingt. Danach genießen die Konzertbesucher zwei wun- derschöne Weihnachtslieder, die sehr einfühlsam von Sabine Becker in Begleitung von Armin Lamar am Klavier gesungen werden: das „Mariä Wiegen- lied“ von Max Reger und das zu Herzen gehen- de „Cantique de Noel“ von Adolph Adam. Becker, Frontfrau des Orchesters „The New Generation“, die sowohl in der Musical- und Popmusik als auch in der Klassik zu Hause ist, erstaunt mit leisen, wohl geformten Tönen und guter Artikulation. Mit ih- rer auch in hohen Lagen festen Stimme zaubert sie Weihnachtsstimmung unter das Publikum. Später folgen zwei Lieder von Peter Cornelius. Auch das bekannte „Es ist ein Ros' entsprungen“ von Praetorius, das der Kath. Kirchenchor „Musica Sacra“ Saarlouis singt, gefällt dank gut geschulter Stimmen und bringt die Festtage noch einmal in Er- innerung. Ebenso das „Freu dich, Erd- und Sternen- zelt“ - beide Lieder werden von Lamar am Cembalo begleitet. Für Verstärkung sorgt der „Madrigalchor Dillingen“, den Lamar ebenfalls leitet. Sehr schön und überzeugend gelingt den beiden Chören das „Tollite hostias“ von Camille Saint­-Säens, ein kurzer homophoner Schlusschor, der sein Weihnachtsora- torium, das „Oratorio de Noel“, festlich beschließt. Der Madrigalchor Dillingen, dessen Leitung seit Juli 2017 in den Händen von Armin Lamar liegt, be- geistert mit vier anspruchsvollen Gesängen aus der Weihnachtsliteratur. Lieder, die jeder der Konzertbe- sucher hätte mitsingen können: „Kommet, ihr Hir- ten“, „Auf dem Berge, da wehet der Wind“ und das „Weihnachts-Wiegenlied“ von Rutter stehen auf dem Programm. Der Chor zeigt sich in allen Stimmen in- tonationssicher und klanggewaltig homogen. Die beweglichen und reinen Frauenstimmen faszinieren ebenso wie die Tenöre und Bassisten, die mit gutem Timbre glänzen. Perfekte Zäsuren, sehr schön aus- klingende Schlüsse sowie exakte Einsätze sind selbst- verständlich. Franz Schumacher, Chormitglied, tritt solistisch auf mit dem Lied „Drei Könige wandern aus dem Morgenland“. Seine Stimme wirkt zwar et- was belegt, doch singt er mit großer Empathie und beeindruckt mit guter Artikulation. Poppig mischt der HardChor der Chorgemeinschaft Lisdorf das Programm auf: Unter der Leitung der temperamentvollen Natalya Chepelyuk überraschen die 25 Sänger mit dem Michael Jackson­Song „Heal the world“ sowie dem Folk-Rock-Song „The Sound of Silence“ aus der Feder des US-amerikanischen Duos Simon & Garfunkel – rhythmisch und stimm- lich sehr gut dargeboten, virtuos von Chepelyuk am Klavier und von Eugen Maciaczyk mit der Gitarre begleitet. Im berühmten „Hallellujah“ von Leonard Cohen bringt Sabine Becker im Kreis der Choristen ihre, kräftige Stimme spielerisch nochmals ein. Den Schlusspunkt setzt der Männerchor der Chor- gemeinschaft Lisdorf, aus dem der HardCHor her- vorgegangen ist. Adolph Seidel, der gleich mehrere Chöre dirigiert und selbst ein hervorragender Bas- sist ist bringt ,seine Männer ins Rampenlicht. In Lis- dorf reicht die Tradition des Chorgesangs bis ins Jahr 1859 zurück und auch nach 160 Jahren wird der Chorgesang hier mit großem Engagement ge- pflegt.: Nach fünf stimmgewaltigen Weihnachts- gesängen endet das Konzert mit der berühmten Hymne „Freude schöner Götterfunken“. „An die Freude“ ist eines der berühmtesten Gedichte Fried- rich Schillers. Es entstand im Sommer 1785 und wurde von Beethoven im vierten Satz seiner neun- ten Sinfonie vertont. Lang anhaltender Applaus bedankt die Mitwirken- den des festlichen Konzerts. Jutta Stamm Der Kinderchor der Chorgemeinschaft Lisdorf unter der Leitung von Eva Gindorf. Sabine Becker in Begleitung von Regionalkantor Armin Lamar. 4 5
  • 4. Der Kath. Kirchenchor „Musica Sacra“ Saarlouis unter der Leitung von Regionalkantor Armin Lamar. Der Madrigalchor Dillingen unter der Leitung von Regionalkantor Armin Lamar und Franz Schumacher als Solist. Der Hardchor der Chorgemeinschaft Lisdorf und Sabine Becker unter der Leitung von Natalya Chepelyuk. Die Chorgemeinschaft MGV 1859 Lisdorf unter der Leitung von Adolph Seidel. 6 7
  • 5. seines Schiffes sich einer mit Eisen beschlagenen Stange bedient hate und 10 Mark 25 Pfg weil meine Schwäster über ihn gescholten hat. 3. weil er die wie- derholte Aufforderung des Schleusenwärders aus der Schleuse zu fahren er nich solte befolgt haben. Die- se lätzen 3 Artikel machen zusamen: 14 Mark 25...“ Bei der Rechtschreibung und Grammatik in diesen alten Briefen ist zu bedenken, dass in den Schulen ein Rechtschreibwörterbuch erst ab 1880 (von Kon- rad Duden) zur Verfügung stand. In den folgenden Jahrzehnten wurde dieses orthografische Regelwerk nach und nach zur Grundlage einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung. Das Schifferleben hatte auch einen prägenden Ein- fluss auf die Aktivitäten im Dorf. Monika Hanau- er-Müller (genannt Monika Barthel) schreibt unter anderem (Lisdorfer Heimatblatt Nr. 1, November 1999, Seite 17): Ein Lisdorfer Bauer als Binnenschiffer Johann Rullang heuert auf dem Treidel-Schiff seines Schwipp-Schwagers an Mein Ur-Opa mütterli- cherseits, der Landwirt Johann Rullang (1856 - 1942) fuhr, als er An- fang 30 war, in den Win- termonaten mit auf dem Lisdorfer Frachtschiff „St. Barbara“ von Adolf Haf- ner und dessen Ehefrau, seiner Schwägerin Barba- ra Hafner geb. Klein. Das geht aus einem re- gen Briefwechsel im Spätherbst 1887 zwischen Johann Rullang und sei- ner Frau Barbara geb. Klein (1857 - 1933) hervor. Glücklicherweise haben diese alten Briefe die Wir- ren der vielen Jahrzehnte überstanden. Sehr erstaunlich: so gab man in der Familie der Ur- Oma (12 Geschwister) auch der zwei Jahre jünge- ren Schwester den Taufnamen „Barbara“. Das war zur damaligen Zeit anscheinend nicht ungewöhn- lich, orientierte man sich doch oft bei der Namens- gebung am Vornamen von Patin bzw. Paten. Der Rufname wurde dann, zur Vermeidung von Ver- wechslungen, stark abgewandelt; hier z.B. Bäbb- chen, Bäbbi, Bääf, Biwwi, usw. Ein Vorfahre von Johann Rullang, François Roulin, der Mitte des 18. Jahrhunderts im lothringischen Lützelburg (in der Nähe von Phalsburg, heute Regi- on Grand Est) lebte, war von Beruf Müller. Deshalb wurde Johann Rullang im Dorf „da Malla Schang“ (der Müller Johann) genannt. Der Familienname „Rullang“ ist vor allem im mittle- ren Saartal verbreitet. Die „Sippentafel“ der Familie Roulin (spätere Schreibweise Roulang bzw. Rullang) zeigt auf, dass ein Josef Rullang (geboren 1755 in Lützelburg) als Soldat in die Garnisonsstadt Saar- louis kam, im Jahr 1783 Katharina Simon (1762 - 1843) aus Lisdorf heiratete und hier seine Familie begründete. Wohl ebenfalls 1887 erwarb Johann Rullang ein An- wesen „off da Hoff Saar“ (später: Lonsdorfer Stra- ße, dann: Schulstraße 7, nach dem 2. Weltkrieg: Prof.-Ecker-Straße 22, heute im Besitz von Martina Dräger-Groß). Laut Erzählungen in der Familie diente das Gebäu- de vorher über viele Jahre der Abtei Wadgassen als „Zehntscheune“ für die damals übliche, etwa zehn- prozentige Naturalabgabe der Lisdorfer Bauern an diesen Prämonstratenser Orden. - In Folge der Französischen Revolution, erfolgte die Auflösung des Klosters Wadgassen im Jahre 1792. Bestimmt besserte die Heuer die karge Einkom- menssituation des Landwirtes über den Winter et- was auf. Der vorgesehene Umbau der erworbenen Immobilie war aber wohl der Hauptgrund für das Mitfahren beim Berufsschiffer Adolf Hafner nach Mühlhausen (Oberelsass). Gezogen wurde die „St. Barbara“ auf dieser langen Reise vom Leinpfad am Flussufer aus durch ein Kalt- blüter-Pferdegespann. Diese Fortbewegungsart nannte man „treideln“. Das Frachtschiff war über ein Tauwerk (gefertigt aus Fasern vom Lein, auch Flachs genannt) mit den Treidelpferden und den Kahnziehern (Treidlern) verbunden. Die Route führte über den Saar-Koh- len-Kanal (erbaut 1862 - 1866). Er verbindet den Rhein-Marne-Kanal mit der kanalisierten Saar. So schrieb Johann in einem seiner Briefe an seine Frau: (aufgegeben in Zabern, heute: Saverne/Nie- derelsass. Das Arrondissement Saverne kam nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Kreis Zabern des Reichslandes Elsass-Lothringen zum Deutschen Kaiserreich). „Geh zum Maurermeister Mommenthal nach Ro- den. Er soll ausrechnen, wie viele Steine sie haben sollen. Der Maurermeister soll genau aufnodieren die Ecksteine, Fenstersteine und übriche Mauerstei- ne, wie hoch und wie viel. Er soll auch aufnodieren, wie viele Palken sie haben müßen, wie dick und wie lang, weil sie hier sehr bilig sind, vier den 2ten Stok zu machen.“ Dass das Schifferleben aber auch mit ungeplanten Kosten verbunden sein konnte, zeigt der Brief von Barbara, in dem sie anfrägt, wie sie mit mehreren Protokollen verfahren soll, die von der Schifffahrts- verwaltung aus dem Elsass an die Heimatadresse in Lisdorf geschickt wurden. Vergehen, laut Schleusen- wärter in Zabern: „1. weil der Schwacher daß Schiff über den Haltep- fahl hinaus gefahren bevor die Schleuße zur Durch- schleusung bereid war. 2. weil er zum Abfahren Dr. Franz J. Klein Johann Rullang. 1942 war er mit 86 Jahren der ältes- te Bauer im Dorf. Selbst im hohen Alter trug er am Re- vers vom Sonntagsanzug stolz die 30er Ehrenan- stecknadel. Von 1878 bis 1881 hatte er im Königlich Preußischen 4. Rheinischen Infanterie-Regiment Nr. 30 in Saarlouis gedient. So sah das Treideln mit Zugtieren auch an der Saar aus. Die Aufnahme entstand um 1890 am Finow-Ka- nal in Brandenburg. Der stabile Treidelmast, an dem im oberen Bereich das Zugseil befestigt war, wurde im vorderen Drittel des Schiffsrumpfes platziert. So konnte der Kahn mit Hilfe des Ruders leichter in Fahrtrich- tung gehalten und in Flussbiegungen und Schleusen manövriert werden. Durch den Anstieg der Leine vom Pferdegespann zum Mast hin war es möglich, kleinere Hindernisse, z.B. Sträucher, im Uferbereich zu über- spannen. Bei größeren Schiffen wurden vier oder sogar sechs Treidelpferde vorgespannt. Quelle: Wikipe- dia® (gemeinfrei). Die Familie betrieb „Emm Ecken“, früher auch „Fährgaß“ genannt (heute: Wohnhaus in der Saar- straße 11) von 1820 bis 1961 die Gastwirtschaft „Zum Anker“ und besaß ein Schiff mit dem Namen „Helgoland“. „Opa Johann fuhr mit seiner „Helgoland“ in südli- che Richtung bis nach Straßburg und in nördliche Richtung bis Rotterdam. Die Lisdorfer Gemüsehänd- ler brachten ihre Waren zum Anlegeplatz in der Saarstraße, wo sie dann auf die „Helgoland“ ver- laden wurden, um in Saarbrücken auf dem Markt verkauft zu werden. Anschließend hielten die Bau- ern und Händler in unserem Gasthaus Einkehr. Zum Verzehr gab es gebackene Heringe und sauer ein- gelegte Fische. Auch gab es Aal, den mein Opa selbst zubereitet hatte. Dazu wurde Branntwein aus einer Korbflasche ausgeschenkt, denn Bier war sehr teuer. Morgens kamen die Männer vorbei, die zur 8 9
  • 6. Frühschicht gingen. Sie hatten einen Flachmann dabei, den sie sich jeden Morgen auffüllen ließen. Die Blütezeit hatte die Gaststätte zur Zeit der Saar- schifffahrt, als täglich Schiffe am Ende der heutigen Saarstraße anlegten und be- und entladen wurden. Das Treideln war für die Zugtiere und auch für die Menschen schwerste Arbeit. Durch die Fortentwick- lung der Dampfkraft wurden Alternativen in der Schifffahrt (z.B. Radschleppdampfer) und der Eisen- bahntransport ermöglicht. Nach dem 1. Weltkrieg lösten selbstfahrende Motorschiffe mit Dieselmo- tor-Antrieb zunehmend die gezogenen Lastkräne ab. Auch der wesentlich schnellere Gütertransport auf der Straße entwickelte sich ungebremst weiter. Mit Sicherheit war das alles verbunden mit dem Verlust einer Vielzahl von Arbeitsplätzen und Existen- zen in den Schiffer-Familien, so wohl auch in Lisdorf. Wie geht es weiter mit der Schifffahrt auf der Saar? Einen erneuten Aufschwung bei den Transport- tonnagen brachte der Ausbau der Saar zur Groß- schifffahrtsstraße ab Anfang der 1970er Jahre. Schwerpunkt waren jetzt vor allem die Belieferung von Hütten und Kraftwerken mit Erzen, Koks und Steinkohle sowie der Transport von Eisen- und Stahl- produkten, über Mosel und Rhein, bis zu den gro- ßen Seehäfen an Nord- und Ostsee. Zwischen Saarbrücken und Konz wurden auf der Ausbaustrecke von 91,3 km (Höhendifferenz 55 Me- ter) sechs Staustufen errichtet. Bei diesem über 25 Jahre dauernden Mammutprojekt erfolgten zum Teil ganz massive Eingriffe in die örtlichen Gegebenhei- ten und den Naturhaushalt. Die Ausbaumaßnah- men dienen dem Hochwasserschutz und sollen den Wirtschaftsstandort Saarland sowie auch die Saar- schifffahrt zukunftssicher machen. Die heftige Diskussion um den Ausstieg aus der Kohle-Verstromung und das kontinuierliche Herun- terfahren von Steinkohle-Kraftwerken im Bereich der Saarschiene sind Konsequenz wirtschaftlicher, öko- logischer und politischer Vorgaben. Die weltweiten Veränderungen auf dem Eisen- und Stahlmarkt wer- den bestimmt mittelfristig ebenfalls zu einer Abnah- me bei transportierten Gütern und Tonnagen führen. Wesentlich optimistischer sieht man die Entwicklung bei der Fahrgastschifffahrt und bei den Freizeit-Ka- pitänen auf der Saar. Fr ü h j a h r 1 9 2 6 „off da Hoff Saar“: v.l.: Lina Schreiner aus der Großstra- ße, Margaretha Rul- lang-Lonsdorfer mit Kind Imelda (heiratet später Richard Haf- ner) und Johann Her- mann Ignaz Rullang mit Kind Maria (heira- tet später Josef Faust), Barbara Rullang-Klein und Johann Rullang, Anna Rullang-Luxen- burger und Josef Rul- lang (Oma und Opa des Berichterstatters). rechte Seite: Lisdorf und das Saarlouiser Becken. Der Verlauf der Saar im Jahre 1985, noch vor der Begradigung („Saardurchstich“) im Bereich der Lis- dorfer Au (Luftaufnahmen: F. J. Klein). Gasthaus „Zum Anker“, 1909, Maria Barthel geb. Trockle mit zwei ihrer Kinder und einen Nachbarskind. 10 11
  • 7. 100 Jahre Frauengeschichte: Margarete von Wrangell Vorwort von Heiner Groß Vor ein paar Tagen las ich in der Zeitschrift der kfd „Frau und Mutter“, die meine Frau als kfd-Mitglied erhält, einen für mich hoch interessanten Bericht über Margarete von Wrangell, Deutschlands erste Professorin. Sofort erinnerte ich mich an eine Be- gebenheit während meines Studiums vor jetzt mehr als 55  Jahren. Ich hörte Vorlesungen über Agrar- geschichte. Dabei wurden auch Persönlichkeiten behandelt, die sich um Fortschritte in der Land- wirtschaft verdient gemacht haben. Dazu gehörte auch die Agrarkulturchemikerin Prof. Dr. Margare- te von Wrangell, der im Jahre 1923 die Professur für Pflanzenernährung an der landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim, heute Universität Stutt- gart-Hohenheim übertragen wurde. Sie war die erste Frau mit einer Professur an einer deutschen Hochschule. Im agrarhistorischen Seminar, dass sich an die Vorlesungen anschloss, mussten wir Studenten jeweils über eine zuvor im Hörsaal be- handelte Persönlichkeit referieren. Ich zog das Los mit dem Namen Margarete von Wrangell. Da die Vorlesung, in der sie behandelt wurde, schon et- was länger zurücklag, war bei mir nicht mehr viel über sie präsent. Internet und Google standen uns damals noch nicht zur Verfügung. In unserer gro- ßen  Uni-Bibliothek war nur sehr wenig zu finden über Margarete von Wrangell. Mein Brief an die Uni Hohenheim mit der Bitte um Infos über die dort vor fast 100 Jahren tätige Professorin von Wrangell wur- de erst spät beantwortet, jedenfalls zu spät für mein Referat. Mein Professor für Agrarhistorie half mir dann mit einem Skript aus, so dass ich in meinem halbstündigen Referat viel über die Person und die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Margarete von Wrangell ausführen konnte. Da in diesem Jahr die Frauen- rechte und das Frauenwahlrecht 100 Jahre beste- hen und der Bericht in der kfd-Mitgliederzeitschrift im Kontext mit diesen Rechtsjubiläen steht, erscheint es mir sinnvoll, den interessanten Bericht über den Werdegang der Margarete von Wrangell in diesem Heimatblatt abzudrucken. Die Genehmigung hier- zu habe ich selbstverständlich bei der Redaktion der kfd-Mitgliederzeitschrift in Düsseldorf eingeholt. „JEDENFALLS WEISS ICH, Wofür ich kämpfe“ MARGARETE VON WRANGELL Deutschlands erste Professorin Man schreibt das Jahr 1877. Königin Victoria von Großbritannien wird zur Kaiserin von Indien prokla- miert. Der amerikanische Erfinder Thomas Edison erzeugt eine Tonaufzeichnung auf einer bespann- ten Stahlwalze, die er zum Phonographen weiter- entwickelt. Dem französischen Physiker Louis Paul Cailletet gelingt die Verflüssigung von Sauerstoff. In diesem Jahr wird um 7. Januar Margarete von Wrangell geboren. 43 Jahre später, 1923, wird sie als Agrikulturchemikerin die erste ordentliche Profes- sorin an einer deutschen Hochschule sein. VON NADINE DlAB Die Eltern, aus einer deutsch-baltischen Adelsfami- lie, entscheiden sich für den Namen „Magarita“ - so steht es zumindest auf dem russischen Taufschein. Entzückt von ihrer kleinen Tochter übersetzen sie den Blumennamen Margerite ins Englische und nennen das Kind Daisy. „... am ersten Tag des Weihnachts- festes wurde unser Daisychen (Margarete) geboren. Wir empfingen dieses Geschenk als eine besonde- re Gnade Gottes“, schreibt Mutter Ida von Wrangell über ihr drittes Kind. Mutter und Tochter sollen zeit- lebens ein sehr enges Verhältnis haben.Bereits die Kindheit Margarete von Wrangells ist geprägt von umfassender Bildung, die sie wissbegierig aufsaugt. Die Kinder wachsen mehrsprachig auf, ihr Vater kämpft als Offizier für den russischen Zaren. Er stirbt noch in ihrer Kindheit, genau wie die ältere Schwes- ter. Großvater und die andere Schwester werden fol- gen. Die einzige Vertraute: ihre Mutter. In der Schule ist Margarete „Daisy“ unter den Besten. Homer und Vergil liest sie im Original. Arithmetik, Naturkun- de, Philosophie: Schon damals will sie immer mehr wissen, immer tiefer in die Materie dringen. Nichts schreckt sie ab, alles traut sie sich zu.1894 legt sie das Lehrerinnenexamen ab und unterrichtet an einer Mädchenschule. Doch sie will mehr. Einfach mehr. Von Wrangell spürt tief in sich den Ruf des Lebens, doch wohin? 1898 schreibt sie einer Freundin:„Ich versuchte es mit Religion. Dann versuchte ich es mit Philosophie; lauter leere Verstandessätze und nie ein kleines bisschen Leben oder Nutzen davon. Also das ist das Leben, worauf man sich gefreut hat? Kommt denn wirklich gar nichts Packendes, Leben- des, Lebenslohnendes?“Bruder Nikolai erkrankt an Tuberkulose. Er weiß, dass er unheilbar krank ist, und erfüllt sich seinen Lebenstraum: In Zürich stu- diert er Chemie, stirbt dort. Auch Margarete wird schwer krank, bekommt Depressionen. Wohin nur mit ihrem Leben? Die Krankheit rüttelt sie wach. Im Sommer1903, mit 26 Jahren, beschließt sie, Natur- wissenschaften zu studieren. Die Familie ist entsetzt. Was für eine verrückte Idee! Was für eine Emanzipa- tion! Die Mutter stellt sich hinter ihre Tochter. Doch es wird nicht einfach. Die Universitäten damals - noch zu sehr von Männern dominiert. Ehefrau und Mutter: Das ist die Aufgabe der Frau Anfang des 20. Jahrhunderts, das ist ihre Berufung. Darin sind sich die meisten Zeitgenossen einig. Frankreich und Ita- lien lassen seit 1870 Frauen an der Universität zu. Doch Deutschland ist weit hinten. Nur in einem ein- zigen deutschen Land dürfen sie die Hochschulen besuchen: in Baden ab 1900. Mit 27 Jahren beginnt Margarete von Wrangell das Studium der Chemie und Botanikin Tübingen. Besonders hat es ihr die organische Chemie angetan.1909 promoviert sie mit,,Summa cum laude“. Doch sie will mehr. Weiter forschen, weiter lernen, weiter entdecken. Ihre Her- kunft ist ihr Glück. Sie muss nicht arbeiten, kann es sich leisten, im Ausland zu forschen. Ihre Wissbe- gierde führt sie zu den renommiertesten Denkern ihrer Zeit. Ein Jahr arbeitet sie im Labor des Chemi- kers William Ramsay in London, ein weiteres Jahr in Paris bei Marie Curie.In Estland übernimmt sie die Leitung der Versuchsstation des Estländischen Landwirtschaftlichen Vereins. Ihre Aufgabe: Kontrol- le von Saatgut, Futter und Düngemitteln. Ihre Vision: Mineraldünger, die sich aus Kalium, Phosphorsäu- re und Stickstoff zusammensetzen. Doch die Okto- berrevolution im Jahr 1917 setzt allem ein Ende. Margarete wird für mehrere Wochen inhaftiert. Am Ende geht die Wissenschaftlerin zurück nach Würt- temberg. „Direktor Warmbold holt die arbeitslose und vertriebene junge Wissenschaftlerin nach Ho- henheim und verschafft ihr eine Stelle an der Ho- henheimer Landwirtschaftlichen Versuchsstation. Fast so, als wäre kein Krieg, keine russische Revolu- tion und keine deutsche Kapitulation gewesen, führt Margarete ihre Forschungen zur Phosphorsäurefra- ge fort“, sagt der Experte Professor Ulrich Fellmeth, Leiter des Archivs der Universität Hohenheim.1920 reicht sie ihre Habilitationsschrift über „Die Ge- setzmäßigkeiten der Phosphorsäureernährung der Pflanzen“ ein. Eigentlich ist der Weg zur Professur jetzt frei. Doch in der Praxis sieht es anders aus. Eine Frau als Professorin an einer deutschen Hochschu- le? Der Widerstand regt sich gegen sie, Neider las- sen Plagiatsvorwürfe laut werden. Hat sie am Ende alles gar nur abgeschrieben? Wieder mal kämpft von Wrangell und gewinnt am Ende. Am 10. März 1923 wird ihr die ordentliche Professur für Pflanze- nernährung an der landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim übertragen.„Ich habe viele Kämpfe in meinem Berufe. Ich bin der erste ordentliche weib- liche Professor in Deutschland. Bin zudem durch ei- nige wissenschaftliche Größen anerkannt worden. Das hat mir die Feindschaft vieler eingetragen, aber mein Institut ist eine Schöpfung, die von dauerndem Wert und Nutzen bleiben wird. Jedenfalls weiß ich, wofür ich kämpfe“,schreibt sie 1931 an ihre gelieb- te Mutter. Knapp ein Jahrzehnt leitet sie erfolgreich das Institut. Dann stirbt Deutschlands erste Professo- rin mit nur 55 Jahren im März 1932 an einem Nie- renleiden. Vergessen ist sie jedoch nicht: Seit 1997 schreibt das Land Baden-Württemberg das Marga- rete-von-Wrangell-Habilitationsprogramm aus, um qualifizierte Wissenschaftlerinnen zur Habilitation zu ermutigen. Foto: Wikipedia® „Weiter forschen, weiter lernen, weiter entdecken.“ 12 13
  • 8. Die wohl wichtigste historische Gestalt aus Saar- louis war Michel Ney, einer der Lieblingsgenerä- le von Napoleon. Zur 250. Wiederkehr von Neys Geburtstag zeigt das Städtische Museum eine Sonderausstellung. Von Museumsleiter Benedikt Loew und SZ-Redakteur Johannes Werres (SZ 2.1.2019) Wer zum ersten Mal in Saarlouis ist und aufmerk- sam, bleibt an ihm hängen: diesem Standbild eines Offiziers, der über dem Saaraltarm zu schweben scheint. Oder zu wachen. Streng, aber nicht aggres- siv: Wer ist das denn auf diesem ungewöhnlichen Denkmal, fragen Besucher.Die Frage gibt schon die halbe Antwort. Denn ungewöhnlich stimmt, das war der französische Offizier Michel Ney wirklich. Die- ser oft als bedeutendster Sohn von Saarlouis be- zeichnete Soldat wurde am 10. Januar 1769, vor 250 Jahren also, in Saarlouis geboren. Ihm widmet das Städtische Museum Saarlouis jetzt eine Son- derausstellung. Ney wurde in der heutigen Altstadt von Saarlouis, in der Bierstraße, in einer einfache Fassmacher-Familie geboren. Eine Gedenktafel er- innert daran. Bezahlt haben die Tafel im Jahr 1829 Bürger von Saarlouis. Da lugt wieder das Unge- wöhnliche hervor: Aus der französischen Geburts- stadt Neys, Sarre-Louis, war 1815 das preußische Saarlouis geworden. Die nun zuständigen Preußen genehmigten die französisch verfasste Tafel „Ici est né Maréchal Ney“ für den hohen Offizier, der doch auf der Feindesseite, für Napoleon, gekämpft hat- te. Als den „Tapfersten der Tapferen“ hat ihn Napo- leon einmal bezeichnet „brave de braves.“ Fast schicksalhaft scheinen Ney und Napoleon mitein- ander verbunden zu sein, seitdem sie sich im Mai 1801 erstmals begegneten. Michel Ney hatte sich bis dahin schon einen Namen in der revolutionä- ren Armee gemacht und war bereits im Alter von 27 Jahren zum General aufgestiegen. Er war draufgän- gerisch, oftmals impulsiv, und bei den Soldaten sehr geachtet. Militärisches Geschick und Glück ließen ihn viele Schlachten überleben und zahlreiche Siege erringen. Ein blanker Siegertyp aber war Ney offen- kundig auch nicht. Als zäh und standhaft schildern ihn Zeitgenossen. Vor allem konnte er es aushalten, Konsequenzen militärischen Handelns zu erkennen und notfalls sein Handeln zu ändern. Das Stand- hafte in ihm war darum zugleich das Bewegliche. Diese Eigenschaften standen Jean Larnbert-Rucki vor Augen, als er 1946 das fünf Meter hohe Beton- mal im Saarlouiser Stadtgarten über einem preußi- schen Festungsteil schuf. Nachdenklich, standhaft, keine aggressive nationalistische Inszenierung im nun wieder französischen Saarlouis wollte er mit Ney zeigen. Was gleich nach dem Zweiten Weltkrieg ungewöhnlich war. Michel Ney war für seinen Kaiser in zahlreiche Schlachten gezogen. Die Titel Marschall von Frank- reich und Herzog von Elchingen sowie Fürst von der Moskwa waren Lohn dafür. 1812 zum Beispiel an der Moskwa. Auch Kaiser Napoleon musste erken- nen, dass Ney nicht nur seinen eigenen Kopf hatte, sondern dass sein Marschall den Prinzipien der Re- volution und vor allem aber seiner Nation treu er- geben war, nicht aber allein einer Person.Auch wenn sich Michel Ney auf dem Feld der Politik nicht son- derlich wohl fühlte, so stellte er sich doch zweimal mitentscheidend gegen den Willen seines momen- tanen obersten Befehlsherrn, um, nach seiner An- sicht, weiteren Schaden von Frankreich in Form von Krieg und Bürgerkrieg abzuwenden. Der möglichen persönlichen Folgen war sich der Marschall dabei Maréchal Michel Ney Stationen eines beherzten Lebens Ausstellung im Städtischen Museum Saarlouis vom 10. Januar bis 10. Juni 2019 durchaus bewusst. Und so stellte er sich schließ- lich seinem tragischen Ende, seiner Hinrichtung als Verräter, in der für ihn typischen Haltung: auf- recht und beherzt. Zuvor war Napoleon auf die In- sel Elba verbannt worden, Ney wechselte die Seiten und unterstellte sich als Offizier dem neuen König von Frankreich. Doch als Napoleon 1815 zurück- kehrte, wechselte Ney wieder zu ihm. Er zog in die Schlacht von Waterloo, in der er jedoch scheiterte und mit ihm Napoleon. Danach verlor Napoleon die Macht wieder, und wieder übernahm der König. Der ließ eine Liste von Offizieren erstellen, die wäh- rend der kurzen Rückkehr Napoleons („100Tage“) auf dessen Seite wechselten – „Hochverrat“. Ney stand ganz oben auf dieser Liste. Zwei Mal lehn- te er eine leicht mögliche Flucht aus Frankreich ab. Angeblich gab er dem Erschießungskommando am Ende selbst den Schießbefehl (,,Schießt, Soldaten“): am 7. Dezember 1815 im Jardin de Luxembourg in Paris. Die Sonderausstellung „Maréchal Michel Ney - Stationen eines beherzten Lebens“ im Städtischen Museum Saarlouis zeigt wichtige Entwicklungslinien und Wendepunkte im Leben Michel Neys aus Anlass der 250. Wiederkehr seines Geburtstages. Die mili- tärischen Karriere und die damit verbundenen zahl- reichen Schlachten und Feldzüge sind dabei nur ein Teil der Betrachtung. Der private Lebensweg und der stetige gesellschaftliche Aufstieg sind ebenso Thema der Ausstellung wie auch das persönliche Verhältnis zwischen Ney und Napoleon. Ein gesondertes Ka- pitel beschäftigt sich mit den tragischen letzten Mo- naten in Neys Leben bis zu seiner Hinrichtung am7. Dezember 1815. Michel Ney war schon zu seinen Lebzeiten eine populäre Persönlichkeit. Nicht zuletzt sein tragisches, als ungerecht empfundenes Schick- sal hat zu einer fortführenden Verehrung, weit über die französischen Grenzen hinaus, beigetragen. Dies zeigt sich in vielfältigen Erinnerungsstücken, in un- zähligen Portraits oder auch in vielen Büchern und Abhandlungen über das Leben und den Prozess des in Saarlouis geboren Marschalls. Immer wieder fas- zinierte der Offizier aus Saarlouis auch Filmemacher. Die Ausstellung zeigt in neun Abschnitten insgesamt 230 Exponate. Die erläuternden Einführungs-Texte der einzelnen Abschnitte sind, ergänzt um vier Zeit- tafeln und 27 Abbildungen aus der Ausstellung, zu einer Begleitschrift zusammengefasst worden. Diese kann im Museum für drei Euro erworben werden. Führungen für Gruppen sind nach Terminabspra- che möglich. 10. Januar bis 10. Juni 2019. Geöffnet dienstags bis freitags 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr, Samstags, Sonntags und an Feierta- gen 14 bis 17Uhr. Städtisches Museum Saarlouis. Alte-Brauerei-Stra- ße, Kaserne VI, Saarlouis. Tel.: (0 68 31) 69 89 8 22. Maréchal Michel Ney, (ca.1805) Portrait von François Gérard (1770-1837), Wikipedia® Im Geburtshaus von Maréchal Michel Ney in der Bierstraße in Saarlouis befindet sich heute ein Res- taurant. Die Tafel wurde 1829 angebracht. Denkmal des Maréchal Michel Ney auf der Vau- ban-Insel in Saarlouis Der VHL wird zwei Führungen durch die Ausstellung anbieten, die in der Presse angekündigt werden. 14 15
  • 9. Die UNESCO hat den 21. Februar zum Inter- nationalen Tag der Muttersprache erklärt. Der Tag nimmt Bezug auf den 21. Februar 1952. Damals entschied die Regierung von Pakistan, die Sprache Urdu zur Amtssprache zu erheben, ob- wohl sie nur für drei Prozent der pakistanischen Be- völkerung Muttersprache war. Daraufhin gab es in Ostpakistan einen Volksaufstand gegen diesen Be- schluss, der aber erfolglos war. Die fortwährende sprachliche und kulturelle Unterdrückung Ostpa- kistans führte schließlich 1971 zur Abspaltung und zur Gründung von Bangladesch. Dieses Beispiel zeigt, dass Entscheidungen gegen die Mutterspra- che Staatskrisen auslösen können. Der jährliche Gedenktag der UNESCO dient dazu, die Aufmerk- samkeit auf die Sprache von Minderheiten mit we- niger als 10.000 Angehörigen zu lenken und die Muttersprache zu schätzen. Die Muttersprache ist die erste Sprache, die ein Kind automatisch erlernt. Sie wird durch die Familie, insbesondere die Mutter, und das soziale Umfeld vermittelt. Sehr oft wird die Mut- tersprache von dem ortsüblichen Dialekt bestimmt. Heutzutage geht die Tendenz allerdings zunehmend zum Hochdeutschen, so dass zu befürchten ist, dass der Dialekt mit der Zeit verloren geht. In unserer Saarheimat wird als Muttersprache in der Regel der fränkische Dialekt gesprochen. Dieser unterschei- det sich in Moselfränkisch und Rheinfränkisch. Der moselfränkische Dialekt wird überwiegend in den Kreisen Saarlouis und Merzig und angrenzenden Gebieten in Lothringen, Luxemburg und Saar-Mo- sel gesprochen, wobei fast jede Ortschaft nochmals ihr eigenes „Platt“ hat. In der Stadt Saarlouis ist der Sprachunterschied zwischen Innenstadt und Stadttei- len am deutlichsten. Das Moselfränkisch der Kern- stadt ist noch geprägt von frankophilen Ausdrücken, die von der Bevölkerung der Stadtteile nicht über- nommen wurden, aber doch verstanden werden. In der kfd-Zeitschrift „Frau und Mutter“ Nr. 2/19 wird über ein Gespräch mit Frau Prof. Dr. Monika Fritz-Schenglein vom Institut für Deutsche Philolo- gie an der Universität Würzburg zum Tag der Mut- tersprache berichtet. Die Sprachwissenschaftlerin forscht dort zum Thema Dialekte. Sie antwortete auf die Frage zur Muttersprache wie folgt: 1. Wie wichtig ist die Muttersprache für uns?„Mutter- sprache ist die Sprache, die uns in der Regel ein Le- ben lang begleitet. Die Muttersprache vergisst man normalerweise nicht. Sie macht uns aus“ 2. Wann sprechen wir unsere Muttersprache?„Es ist die Sprache der Nähe- wie auch der Dialekt. Wir sprechen sie dann, wenn wir Gefühle ausdrü- cken wollen, Vertrautheit herstellen möchten oder Sicherheit brauchen. Hochdeutsch ist dagegen die Sprache der Distanz. In unserer globalisierten Welt ist die Muttersprache Ausdruck der eigenen Her- kunft. Muttersprache ist Heimat.“ 3. Was sind Dialekt, Mundart und Regiolekt? „Di- alekt und Mundart verwenden wir synonym. Es be- zeichnet die Sprachform eines bestimmten Ortes oder einer Region. Sie werden in der Familie ge- sprochen und im persönlichen Umfeld, also unter Freunden oder auch bei der Arbeit. Dagegen wird Hochdeutsch im öffentlichen Raum und in formel- len Situationen gesprochen. Der Regiolekt wiederum ist das, wohin sich der Dialekt entwickelt hat. Denn alte, örtliche Dialekte verschwinden immer mehr. Stattdessen verwenden größere Regionen eine be- stimmte Lautung – also wie etwas ausgesprochen wird – oder einen speziellen Wortschatz.“ 4. Warum ist Mundart oft nur noch etwas für die äl- tere Generation?„Wir haben beobachtet, dass vor allem ältere Menschen noch Dialekt sprechen. Vie- le Eltern versuchen inzwischen, mit ihren Kindern Hochdeutsch zu sprechen, weil sie befürchten, die Kinder bekämen sonst Probleme in der Schule. Es wurde festgestellt, dass Kinder, die mit Dialekt im Elternhaus aufwachsen und dann im Kindergarten und in der Schule überwiegend Hochdeutsch lernen, ein besseres Sprachgefühl entwickeln. Dialekt ist eine Bereicherung für die kindliche Sprach- entwicklung.“ Baden-Württembergs beliebter Ministerpräsident Winfried Kretschmann setzt sich seit seiner Amts- einführung für die Rettung von Dialekten ein. Er sagt: „Die Politik kann nicht steuern, wie in Famili- en gesprochen wird. Was wir aber können, ist ers- tens, dass der Dialekt nicht diskriminiert wird, und zweitens, dass er wertgeschätzt wird.“ Derzeit sei- en Dialekte im Schwinden, beklagte Kretschmann. In Baden-Württemberg würden viele Eltern Schwä- bisch sprechen, mit ihren Kindern jedoch nur Hoch- deutsch. Dialekt könne man aber nur erhalten, wenn er auch gesprochen wird, auch von den Jun- gen. Dialekt sei ein Zeichen von Vielfalt und Mehrsprachigkeit, so Kretschmann. In unserer Heimat bemühen sich vor allem die Hei- matvereine mehr oder weniger um den Erhalt un- serer Muttersprache, dem moselfränkischen Dialekt mit örtlichen Ausprägungen. Besonders intensiv pflegt die grenzüberschreitende Mundartvereini- gung „Gau un Griis“ unter Vorsitz von Jean-Louis Kieffer aus Filstroff bei Bouzonville (Busendorf) in Lothringen unseren moselfränkischen Dialekt. Der Mundartring Saar unter Vorsitz von Lutz Hahn aus Herbitzheim auf dem Bliesgau bemüht sich ebenfalls um den Erhalt unserer saarländischen Dialekte, und zwar sowohl um den moselfränkischen als auch den rheinfränkischen Dialekt. Beim SR pflegt insbeson- dere Susanne Wachs unsere Dialekte. Die Saarbrü- cker Zeitung widmet sich seit geraumer Zeit durch regelmäßige Beiträge ebenfalls unserer Mundart. Die sog. „Bosener Gruppe“, eine Vereinigung von saarländischen Mundartinterpreten, ist ebenfalls ak- tiv auf diesem Gebiet. Als Mundartinterpreten aus unserer Saarheimat sind zu nennen: Karin Peter, Georg Fox, Alfred Gulden, Marianne Faust aus Lisdorf, Patrik Feltes, Heinz Bernard, Hans-Walter Lorang, Gerhard Bungert, Ursula Kerber, Gerard Carau, Harald Ley, Luise Luft, Peter Eckert, Manfred Spoo, Christel Keller, Marlies Böhm, Harro Wilhelm, Norbert Breuer und Werner Treib. Eine ganz Gro- ße in der saarländischen Mundartszene war die vor einiger Zeit verstorbene Dr. Edith Braun aus Saar- brücken. Sie verfasste viele Mundartschriften, u.a. gemeinsam mit Karin Peter. Zu erwähnen ist hier auch der bekannte Hasborner Dichter Johannes Kühn, der unlängst seinen 85. Geburtstag in bemer- kenswerter geistiger Frische feiern konnte. Seit mehr als 20 Jahren wird unsere Mund- art auch vom Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V. (VHL) auf unterschiedliche Art und Weise gepflegt. Zunächst war es der Arbeitskeis Mund- art und Brauchtum unter Vorsitz des rührigen, lei- der viel zu früh verstorbenen Werner Naumann, der sich sehr intensiv in Wort und Schrift mit unserem „Leischdroffer Platt“, einer örtlichen Ausprägung des moselfränkischen Dialekts befasst hat. Seither ist es vor allem unser Vorstandsmitglied Marianne Faust, die sich dem Erhalt und der Pflege unserer Lisdor- fer Mundart verschrieben hat. Unlängst konnte der VHL das von ihr verfasste Mundartbuch mit dem Ti- tel: „Nä, watt en Uwwerasch!“ mit einer Begleit-CD herausgeben, das weiterhin im Buchhandel und in den Lisdorfer Geschäften sowie beim VHL für güns- tige 9,90 Euro zu erwerben ist. Im regelmäßig er- scheinenden Lisdorfer Heimatblatt ist jeweils immer ein Mundartbeitrag von Marianne Faust veröffent- licht. Am 28. Oktober 2018 wurde im Saal des Lis- dorfer Gasthauses Schulden bei sehr gutem Besuch das „19. Leischdrowwa Mundartfeschd“ durchge- führt. Auch bei dieser Veranstaltungsreihe des VHL ist Marianne Faust die Hauptakteurin. Der LiGeKa, der Lisdorfer Gesellschafts- und Karnevallverein, widmet sich ebenfalls dem Erhalt und der Pflege un- serer Mundart. Sowohl bei seinen Kappensitzungen als auch bei seinen regelmäßigen Theaterauffüh- rungen wird Leischdrowwer Platt gesprochen. Seit 2017 wird die Saarlouiser Woche und die „Emmes“ mit einer Mundartveranstaltung im Theater am Ring beendet, und zwar mit großem Erfolg. Als 2017 die Veranstaltung im Theater am Ring erstmals durch- geführt wurde, mussten mehr als 100 Besucher we- gen Überfüllung abgewiesen werden. 2018 verlegte man dann die Veranstaltung in den großen Festsaal, in dem 250 bis 300 Besucher Platz fanden. Am 2. Juni 2019, 17 Uhr, findet die Veranstal- tung wiederum im großen Festsaal statt. Der erste Teil wird von den Mundartinterpreten (u.a. Marianne Faust) gestaltet, und im zwei- ten Teil zeigt der LiGeKa ein lustiges Mund- artstück.Diese Beispiele dokumentieren die große Vielfalt unserer Mundartpflege mit je- weils großem Zuspruch. (hg) 21. Februar ist Tag der Muttersprache Lisdorfer Ehrenamtler aufgepasst! Seit 2014 gibt es im Saarland die Ehrenamtskarte. Sie ist bisher an 841 ehrenamtlich tätige Personen ausgestellt worden. Zuständig für die Ausstellung sind die Landkreise, bei uns das Landratsamt Saar- louis. Der Antrag auf Ausstellung einer Ehrenamts- karte muss bei der Stadtverwaltung eingereicht werden, die nach einer Vorprüfung den Antrag an das Landratsamt weiterleitet. Jeder, der mindestens 2 Jahre lang und wenigstens 5 Stunden pro Woche unentgeltlich tätig war, hat Anspruch auf die Ehren- amtskarte. Diese Voraussetzungen müssen mit der Antragstellung nachgewiesen werden. Inhaber der Ehrenamtskarte bekommen Vergünsti- gungen u.a. bei Einrichtungen des Landes und der Kommunen (Städten und Gemeinde. Ab April 2019 wird als Ergänzung zur Ehrenamtskarte von der Tou- rismus-Zentrale Saarland die sog. „Saarlandcard“ ausgegeben, die nur 1 Jahr lang gültig ist. Danach muss sie neu beantragt werden. Sie ist gekoppelt an die Ehrenamtskarte, d. h. nur Besitzer der Ehren- amtskarte können auch die Saarlandcard erhalten. Allerdings muss auch diese über die Stadtverwaltung beantragt werden. Die Saarlandcard ist mit weite- ren Vergünstigungen verbunden. So können damit derzeit 85 attraktive Einrichtungen, wie beispiels- weise das Weltkulturerbe Völklinger Hütte und das Staatstheater Saarbrücken, kostenlos besucht wer- den. Sowohl die Ehrenamtskarte als auch die neue Saarlandcard sind eine schöne Anerkennung für oft- mals jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement. Infos: ehrenamt.saarland.de (hg) Mariä Lichtmess ist immer am 2.Februar. Altes Sprichwort „Mariä Lichtmess, spennen vagess, em hellen se Naat gess“ 16 17
  • 10. Beiträge zur Lisdorfer Mundart von Marianne Faust Dè Lééischdrowwa Freijerei Us Großä hat us vazehlt vann ihrem Bróuda Schang, däa ess bei èt Babett ent Onnadorf freijen gang. Sè hann èt aach possieren genannt, awwa däa Ausdrock ess haut kaum noch bekannt. Am Anfank wär èt jò kääm offgefall, die Zwai hädden jò scheen hennam Berch gehall. Wenn èt Babett memm Waan langes gefaa ess, woa da Schang ganz va- dutzt, dò hat usen äppes geschwaand, on se hann manchmòòl gestutzt. Wie sè gemerkt hann, dass èt Babett aach vakläat lóut, dò woa dem sei Mama dann aach off da Hóut. Die Famillen hòdden iwwa Jòhren Grambulasch,datt woa nemmä normal, awwa datt wòa den zwai Jongen wahrscheinlich ägal. Sonndes nò da Hohmess hätt da Schang gäa off èt gewaat, awwa nää, sè hädden sich nua schandie „Gudden Morjen“ gesaat. Awwa dò hòdda Kuraasch an da Summakirf, èt ganz Jòa hòt da Schang jò nua ään Gewirf. Dann beim Kirwendanz fò èt sè fawetschen, hädda sich dappa gedommelt, wenn a iwamm schaffen so hätt messden schwetzen, dann hädda gegrommelt. Dè Eltern vann den Zwai hädden aach bei Bréijdasch gesetzt, die hann genau gelóud on dè Ohren gespetzt. Van dò aan wòren sè om Galéé on hòdden kään Róu, Dè Maam hätt zóum Paap gesaat: „Watt sascht dau dann lò zóu?“ „Watt soll eich dann schon lò zòu saan, Vielleicht ess lò jò aach gaaneischt draan.“ „Watt, neischt draan. Haschde geschda net gehoat den Geschess, wie usa memm Waan bei denen am Haus langes gefaa ess? A hätt dò met da Gääschel geknallat, èt hätt en da ganz Gaß geschallat. Us Großä saat am Òwend hädden sè sich häämlich gedroff, awwa èt ess rauskomm, on off zwai Seiten wòa Zoff. Dè Eltern hädden gesaat: „ Haschde jitz gesinn, datt lò kann jò kään Källna Hännessin mää senn.“ Dò hädden sè sich dè Schang zóu da Broscht gehòll, on hann geschännt; „ Dau Dirmel, bescht dau dann dòll? Off Freijaschféijs sè gehn òhnä us sè fròòn, on grad kommschde ma noch met dem lòòn.“ Dè Großä hat vazehlt, dalang wòa Balaawa on net se knapp, alles hòt kään Wäat, da Schang hòt an èt Babett geschmackt. Die Kläänen hann sè émma rausgescheckt, dass die neischt sollen vastehn, awwa de Großä saat: „ Ma hann alles metkréijt, òh, wie wòa datt so scheen. Ma hann dè Schang émma gehänselt, an dia ess gleich neischt mä draan, wenn dè weida neischt äscht, maan èt Babett deich ga nemmä hann. Ball beschde nemmä da schänscht Bóu em Dorf, dò hadda us aus Raasch dè Schlapp nò geworf. Wie gesaat, a hat fò Äschdich dalang gebratt, on dè Eltern hann gesaat, watt notzt dann datt. Off däa anna Seit hat aach ännt sein Kopp off gesetzt, dò hann die mòll en Róu driwwa geschwätzt. Gut, die Sach lò kommt off dè Desch, ma machen en Goddesnamen Botta bei dè Fesch. Dann rächen ma mòll noch èt Vamejen aus, mia hann me Land, dofoa hann die zwai Scheiann am Haus. Èt wäad gut senn, sè hann sich entschlòss, on hann die Jongen machen gelòss. Òwens nò da Aandacht, hat dè Großä gesaat, hann dè Nòòbann all schon draußen gewaat. Voawätzich hann sè gèfròòt, datt bleift jò net aus, „Gätt, da Schang geht jitz doch bei èt Babett ent Haus? Jò, dann mossen dia auch aach nòmmòl vadraan, èt ess jò aach bässa, ma wéll jò neischt saan.“ Die zwai Mamman, èt Gret on èt Katrin senn sich zóufällig begehnt, sè hann sich katzenfreindlich angelout on gèmännt: „Nää,wie datt rehnt.“ Egal, èt wòa gut, se wòa remm die Sach, on de Freijerei wòa endlich gemach. Hauptsach da Schang ess òhnä Bang, stolz on òhnä sè graulen bei sein Babett freijen gang. Met heiraten hann sè net lang gewaad, on off dè Hochzeit hädden sè èt half Dorf gelaad. Schreibweise von Lisdorf im Laufe der Geschichte Lisdorf heißt seit seiner urkundlichen Ersterwähnung im Jahre 911 schon so, zumindest so ähnlich. In der Urkunde von 911 ist der Ortsname mit „Letstorph“ angegeben. Es ist anzunehmen, dass er vom mosel- fränkischen Dialekt stammt, das damals wie heute in unserer Region als Mundart gesprochen wird. Lisdorf wird auch jetzt noch im Dialekt als „Leischtroff“ ausgesprochen. Im Laufe der Zeit hat sich die Schreibwei- se wohl zu Lisdorf verschliffen. Lisdorf war bis etwa 1850 eine der größten Orte in unserer engeren Heimat und bis zum 31. März 1936 eine selbstständige Gemeinde mit Ensdorf in einer Bürgermeisterei vereinigt. Das Bürgermeisteramt war immer in Lisdorf in der Provinzialstraße Nr. 21. Am 1. April 1936, also während der Nazizeit, wurde Lis- dorf mit Fraulautern, Beaumarais und Picard in die kurz zuvor von Saarlouis in Saarlautern umbenannte Stadt eingegliedert. Roden gehörte bereits seit 1907 zur Stadt. Offiziell hieß Lisdorf nunmehr Saarlautern 4. Beaumarais wurde von den Nazis in „Schönbrunn“ umbenannt. Unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrie- ges und der Nazi-Herrschaft erhielten die Orte wieder ihren ursprünglichen Namen. Vorübergehend wur- de von den Franzosen Wallerfangen in „Vaudrevange“ und St. Barbara in „St. Barbe“ umbenannt. In der Zeit als unsere Region zu Frankreich und Lothringen gehörte, hieß Lisdorf = Listroff, Ensdorf = Enstroff und Fraulautern = Loutre. In unserem Dialekt heißt Ensdorf = Enstroff und Fraulautern = Lautern. (hg) 18 19
  • 11. In der Stadt Saarlouis existieren derzeit 7 Heimat- und Geschichtsvereine und eine Geschichtswerkstatt. Diese Vereine sind noch relativ jung. Sie wurden vor 15–20 Jahren gegründet. Lediglich der Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V. (VHL) wurde bereits 1997 von 37 Heimatfreunden gegründet. Innerhalb seiner ersten 10 Jahre erreichte er eine Mitgliederzahl von annähernd 700, wobei etwa 15 % aus benachbar- ten Orten und fernab gelegenen Städten und Ge- meinden kamen. Derzeit beträgt die Mitgliederzahl des VHL 584. Mit Ausnahme der Innenstadt und dem Steinrausch gibt es in allen Stadtteilen Hei- mat- und Geschichtsvereine. In der Innenstadt gibt es allerdings eine kleine Geschichtswerkstatt und in Roden sogar zwei Vereine. Seit dem 24.4.2014 sind die Saarlouiser Ortsvereine im „Verband der heimatkundlich-historischen Vereine in Saarlou- is e.V. (VHVS)“ zusammengeschlossen. Sowohl die meisten Saarlouiser Ortsvereine als auch der Stadt- verband (VHVS) gehören dem Landesverband der historisch-kulturellen Vereine des Saarlandes e.V. (LHV) an mit Sitz im Landesarchiv in Saarbrücken. Der LHV wurde am 7.11.2004 von 34 saarländi- schen Ortsvereinen gegründet. Die Vereinigung für die Heimatkunde im Landkreis Saarlouis mit Sitz im Landratsamt ist kein Dachverband. Sie existiert schon seit knapp 70 Jahren. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Ahnenforschung. Ihr gehö- ren fast 900 Mitglieder an. Die Saarlouiser Heimat- und Geschichtsvereine im Einzelnen: Beaumarais Verein für Mundart und Geschichte Beaumarais Mitglieder: 30 Ehrenvorsitzender: Walter Löffler Vorsitzender: Jürgen Baus Anschrift: Blumenstr. 3, 66740 Saarlouis-Beaumarais Tagungslokal: Dorfhaus (im Privatbesitz) Fraulautern Verein für Geschichte und Heimatkunde Saarlou- is-Fraulautern e.V. (VGHF) Mitglieder: 56 Vorsitzender: Guido Fontaine Anschrift: Jahnstr. 93, 66740 Saarlouis-Fraulautern Tagungslokal: Torhaus Soubis Lisdorf Verein für Heimatkunde Lisdorf e.V. (VHL) Mitglieder: 584 Vorsitzender: Heiner Groß Anschrift: Am Ginsterberg 13, 66740 Saarlouis-Lisdorf Tagungslokal: Heimatstube in der Prof.-Ecker-Schule Neuforweiler Verein für Heimatkunde Saarlouis-Neuforweiler e.V. (VHN) Mitglieder: 97 Vorsitzender: Michael K. Hoen Anschrift: Wadgasser Str. 1, 66740 Saarlouis-Neuforweiler Tagungslokal: Örtliche Gastwirtschaften Picard Heimat- und Geschichtsverein Picard e.V. (HGP) Mitglieder: 75 Vorsitzende: Monika Gladel Anschrift: Dorfstraße 84, 66740 Saarlouis-Picard Tagungslokal: Gasthaus Koch (Vereinsraum) Roden Rodener Geschichtskreis e.V. (RGK) Mitglieder: 80 Vorsitzender: Alois Rau Anschrift: Lindenstr. 10A, 66740 Saarlouis-Roden Tagungslokal: Rodener Heimatstuben im Dona- tus-Zentrum Rodena – Heimatkundeverein Roden e.V. (RHVR) Mitglieder: 66 Vorsitzende: Rosa-Maria Kiefer-Paulus Anschrift: Heiligenstr. 20, 66740 Saarlouis-Roden Tagungslokal: Örtliche Gastwirtschaften Saarlouis-Innenstadt Saarlouiser Geschichtswerkstatt (SGW) Mitglieder: 6 Vorsitzender: Gabriel Mahren Anschrift: Dora-Dimel-Str., 66740 Saarlouis-Beaumarais Tagungslokal: Örtliche Gastwirtschaften Stadtverband Saarlouis Verband der heimatkundlich-historischen Vereine in Saarlouis e.V. (VHVS) Mitglieder: 994 Vorsitzender: Michael K. Hoen Geschäftsführer: Benedikt Loew, Städt. Museum, Alte-Brauerei-Str. Tagungslokal: Lokalitäten der Ortsvereine Saarlouiser Heimat- und Geschichtsvereine im Überblick Am 30.März 2019 Lisdorf wieder „picobello“ machen Am Freitag und Samstag, 29./30.März 2019 fin- det der diesjährige Frühlingsputz für die Umwelt im Rahmen der saarlandweiten „Picobello-Aktion“ unter Leitung des EVS statt. In unserer Stadt firmiert die Aktion unter dem Motto „Saarlouis – wir räumen auf“ unter der Leitung des NBS. Der Heimatkundeverein Lisdorf ist schon von Anbeginn – seit nunmehr 16 Jahren – dabei. Ebenso die Feuerwehr Lisdorf und der CDU-Orts- verband. Zunehmend engagieren sich auch weite- re Vereine und umweltbewusste Privatpersonen an dieser gemeinnützigen Aktion. Auch unsere Schule, die Grundschule Prof. Ecker, sowie der Lisdorfer Kin- dergarten haben sich in den letzten Jahren daran beteiligt. Für diese findet die Aktion jeweils freitags statt, dieses Jahr am 29.März 2019. Wir rufen alle Lisdorfer auf, mit zu helfen Lisdorf „pi- cobello“ zu machen. Unser Lisdorfer EVS-Chef Georg Jungmann ist auch wieder dabei. Zum Abschluss der Aktion sind alle Helferinnen und Helfer aus unserer Stadt zum „Dan- keschön“ bei Speis und Trank im NBS in der Zeppe- linstraße herzlich eingeladen. Vorstand der heimatkundlich-historischen Verein in Saarlouis e.V. (VHVS) V.l.: Vorsitzender Michael Hoen, Geshäftsführer Benedikt Loew, stellv. Vorsitzender Heiner Groß, Schriftfüh- rerin Monika Gladel, Schatzmeisterin Rosa-Maria Kiefer-Paulus, Pressereferentin Nadja Ney, stellv. Vorsit- zender Jürgen Baus 20 21
  • 12. Was ist Heimat? Umfrage in Deutschland: „Was verbinden Sie mit dem Begriff Heimat? Antworten der Befragten in Prozent. Umfrage unter 1505 Personen im Zeitraum 28.5. bis 18.6.2018, Mehr- fachnennungen möglich. Quelle: Bundeministerium des Innern für Bau und Heimat/ Info Marketing Spiegel-Umfrage Heimat: „Was verbinden Sie vor allem mit dem Begriff Heimat? 64% der Befragten gaben an, dass Heimat im Zeit- alter der Globalisierung für sie eher an Bedeutung gewonnen hat. 1999 sagten das nur 56%. rot: Emnid-Umfrage 1999 Der Spiegel 7.4.2012 „Bewerten Sie folgende Aussagen zum The- ma Heimat auf einer Skala von 0: „stimme überhaupt nicht zu“ bis 10: „stimme voll und ganz zu“. Durchschnittswerte sind angegeben TNS Forschung am 27. und 28.März 2012 1000 Befragte Der Spiegel 7.4.2012 Was bedeutet für Sie/ dich Heimat? Zuschriften mit wenigen Sätzen, evt. Foto an die Redaktion des Lisdorfer Hei- matblattes unter e-mail: marie-luise.gross@arakis.de 1. „Die Kriegsopfer der beiden Weltkrie- ge aus Lisdorf – Gegen das Vergessen und Mahnung für den Frieden –“ Verfasserin: Agnes Groß, Vorstandsmitglied und Bild/Foto-Archivarin des VHL, mit Begleittexten von Heiner Groß, VHL-Vorsitzender; Gestaltung: Bernd und Christine Hawner, VHL-Mitglieder. Repräsentatives Buch im DIN A4-Format mit 383 Seiten und vielen Fotos, ausführlich vorgestellt im Lisdorfer Heimatblatt Nr. 25. Erhältlich im Buchhan- del, in Lisdorfer Geschäften, in der KSK-Filiale Lis- dorf und bei Agnes Groß zum Preis von 19,50 Euro. Dieses sehr preisgünstige Buch, das der VHL wegen seiner Bedeutung für die Erinnerungskultur weit un- ter den Herstellungskosten von ca. 26 Euro verkauft, gehört in jedes Lisdorfer Haus, selbst wenn kein Fa- milienangehöriger als Kriegsopfer zu beklagen ist. 2. „Saarlouis – die Stadt mit Herz – Touristischer Stadtführer“ Verfasser und Gestalter: Volker Felten, Lokalhisto- riker und Verlagsinhaber. Herausgeber: Felten-Ver- lag, Saarlouis. Es handelt sich um einen touristischen Stadtführer. Das Herz dieses touristischen Führers besteht aus Beschreibungen von 32 Sehenswürdigkeiten. Jeder ist eine Doppelseite gewidmet, je eine Seite Fort und eine Seite Text. Dazu gibt es zwei Karten mit den Se- henswürdigkeiten sowie der Lage der Parkplätze und Parkhäuser. Diesem Kernstück vorangestellt finden sich ge- schichtliche Hintergründe der Entstehung von Saar- louis, zwei Beiträge davon vom Leiter des Amtes für Stadtplanung und Denkmalschutz, Jürgen Baus. Auf weiteren Doppelseiten greift Felten, der bereits um- fangreich lokalgeschichtlich Fundiertes veröffent- licht hat, auf einzelne Epochen der Stadtgeschichte Vier sehr empfehlenswerte Bücher zu unserer Heimat zurück, gibt einen Überblick in Jahreszahlen und erzählt Saarlouiser Legenden (Lacroix, Tonton). Die- ses Buch ist der erste und derzeit einzige touristische Stadtführer von Saarlouis. Es umfasst 104 Seiten im DIN 5-Format, erhältlich im Saarlouiser Buchhandel zum Preis von 4,95 Euro. 3. Lisdorfer Mundartbuch „Nä, watt en Uwwerasch!“ Verfasserin: Marianne Faust, Vorstandsmitglied und Mundart-Expertin des VHL mit Illustrationen von Gu- drun Jungmann, Künstlerin. Ein handliches Buch für alle Mundart- und Heimat- freunde im DIN A5-Format mit 64 Seiten und einer von Marianne Faust besprochenen CD, gefertigt von Herbert Germann. Ausführlich vorgestellt im Lisdor- fer Heimatblatt Nr. 24. Erhältlich im Buchhandel, in Lisdorfer Geschäften, in der KSK-Filiale Lisdorf so- wie bei Marianne Faust und Heiner Groß zum Preis von nur 9,90 Euro. 4. „Letzte Zufluchtsstätte: Der Felsen- stollen Rosenthal – Das Kriegsende in Lisdorf“ Verfasser und Herausgeber: Verein für Heimatkun- de Lisdorf e.V. (VHL) Dieses Buch entstand aufgrund authentischer Be- richte von ehemaligen Stolleninsassen über das Kriegsende 1944/45 und das „Stollendrama“ und wurde 2002 vom VHL herausgegeben. Im Buch sind alle Stolleninsassen namentlich aufgeführt. Es wurde damals sowohl in der Presse als auch im SR lobend vorgestellt. Im Buchhandel und in Lisdorfer Geschäften sind mehr als 800 Exemplare zum Preis von 19,80 Euro verkauft worden. Wenige Restex- emplare sind noch beim VHL-Vorsitzenden Heiner Groß zu erwerben. Kurioses aus der Heimat Neuforweiler – Bourgh Dauphin oder in Mundart Bedofingen Die Journalistin Silvia Buss berichtet in der „Leben + Freizeit“ – Beilage der AK-Zeitschrift „konkret“ Nr. 6/18 unter der Überschrift „Ein ganz besonderes Stück über einen Ausstellungsgegenstand im Städt. Museum wie folgt: „Das Schild, das es eigentlich gar nicht geben dürfte, steht im Museum unter einem ziemlich angeros- teten gelben Ortsschild mit der Aufschrift „Bourgh Dauphin“ – Kreis Saarlouis. Das kuriose Schild hing 1947 am Ortseingang von Neuforweiler, heute ein Stadtteil von Saarlouis. Unmittelbar nach Kriegsende wollte man die Eindeutschungen von Ortsnamen durch die Nazis rückgängig machen. Im Fall von Neuforweiler hatte der Gemeinderat aber etwas zu weit in die Geschichte zurückgegriffen. Der Ort Bourgh Dauphin entstand 1680, als das Regiment Dauphin, das König Louis XIV zum Festungsbau abkommandiert hatte, sich neben Saarlou- is ansiedelte. Nach nur wenigen Jahren hieß die Siedlung schon Neuforweiler – und ab 1953 auch wieder.“ Neuforweiler war bis 1970 eine selbstständige Gemeinde und bildete mit Altforweiler, Berus, Bisten, Felsberg und Überherrn das Amt Bisten. Nach einer Volksabstimmung in Neuforweiler kam der Ort zum 1.7.1970 als Stadtteil zu Saarlouis. 22 23
  • 13. Peter Weiler oo1915 Margarete Schmitt *1882 *1887 †1962 †1957 Nikolaus Berdin oo 1935 Maria Klein *1905 *1907 †1944 †1982 Johann Ecker oo 1936 Berta Dini *1903 *1906 †1990 †1990 Helmut Lonsdorfer oo Annerose Berdin *1931 *1935 †2008 †2018 Historische Hochzeitsbilder aus dem Archiv des Heimatkundevereins Heinrich Groß oo 1935 Maria Ecker *1906 *1908 †1945 †1987 1941 Goldene Hochzeit der Eheleute Peter Krier und Eva geb. Mayer Philipp Groß oo1935 Maria Ecker *1905 *1908 †1985 †1989 2001 Goldene Hochzeit der Eheleute Erich Klein und Rosa geb. Rullang 24 25
  • 14. Aktuelles aus unserer Kirche und Pfarrei Zählung der Gottesdienstbesucher Die Zählung der Gottesdienstbesucher in unserer Pfarreiengemeinschaft am 10./11.November 2018 brach- te folgendes Ergebnis: Kirche Katholiken Gottesdienstbesucher % St.Ludwig, Innenstadt 3755 430 11,5 Beaumarais/Picard 3422 127 3,7 Lisdorf 2212 139 6,3 Neuforweiler 1065 94 8,8 In Lisdorf ist,wie auch in den übrigen Stadtteilen, die in der Pfarreiengemeinschaft „Saarlouis links der Saar“ zusammengeschlossen sind, sowohl die Zahl der Katholiken als auch die Gottesdienstbesucher in den letz- ten Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen. In den 50iger Jahren als sonntags noch 3 Mes- sen gefeiert wurden (7.00 Uhr Frühmesse, 8.30 Uhr Kindermesse und 10.00 Uhr Hochamt) war die Kirche immer gut gefüllt. Zum derzeitigen Gottesdienstbesuch von 6,3% in Lisdorf ist zu bemerken, dass einige Lis- dorfer regelmäßig die Gottesdienste in St. Ludwig (vor allem die 11.00 Uhr Messe) und wenige Holzmühler die Messe in Picard besuchen. Jahresrückblick 2018 St. Ludwig, Saarlouis 18 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe 56 Kinder aus der Pfarreiengemeinschaft wurden zur Erstkommunion geführt 2 Brautpaare wurde getraut 46 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen 64 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten 1 Person wurde in die kath. Kirche aufgenommen Lisdorf 14 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe 6 Brautpaare wurde getraut 31 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen 32 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten 1 Gemeindemitglied ist wieder in die kath. Kirche eingetreten Beaumarais/Picard 14 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe 4 Brautpaare wurde getraut 47 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen 43 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten 1 Gemeindemitglied ist wieder in die kath. Kirche eingetreten Neuforweiler 1 Kinder empfingen das Sakrament der Taufe 17 Mitchristen wurden von Gott heimgerufen 20 Pfarrangehörige sind aus der kath. Kirche ausgetreten Dramatisch zugenommen hat in 2018 die Zahl der Kirchenaustritte insgesamt in der Pfarreiengemein- schaft. Bei 10.494 Katholiken waren 159 Austritte zu verzeichnen. Das sind 1,515%. Kirchenaustritte aus den verschiedensten Gründen gab es zuvor schon immer, ihre Zahl lag jedoch bei nur 0,1% bis 0,3%. Der Hauptgrund dafür dürfte beim weltweiten Missbrauchsskandal liegen. Ein weiterer Grund ist natürlich die Kirchensteuer. Hier müssten die Kirchenvertreter kontinuierlich mehr auf die Leistungen verweisen. Kirchenchor „Cäcilia“ Lisdorf und „St. Lud- wig“ Saarlouis haben fusioniert Die beiden Chöre, die bereits seit 2013 unter Lei- tung von Regionalkantor Armin Lamar gemeinsam singen, haben sich zu einem Kirchenchor unter dem neuen Namen „Musica Sacra Saarlouis“ zusam- mengeschlossen. Die Proben finden weiterhin mitt- wochs um 20 Uhr im Pfarrheim Lisdorf statt. Zum neuen Vorstand gehören: Vorsitzende Gertrud Altrich- ter-Weth, Stellvertreterin Christine Hawner sowie Silvia Geilen-Meerbusch, Irmgard Fritzen, Elfriede Hafner, Walburga Poß, Marianne Damde und Maria Ochs. Neue Mitglieder sind herzlich willkommen. Kath. Frauengemeinschaften Saarlouis und Lisdorf haben ebenfalls fusioniert Nachdem die Mitgliederversammlungen am 4.9.2017 ihren Zusammenschluss vereinbart hat- ten, wurde am 3.9.2018 das neue Leitungsteam (Vorstand) gewählt. Teamsprecherin ist die Lisdor- ferin Renate Arnold. Der neue Name lautet: „kfd St. Elisabeth in der Kirchengemeinde Saarlouis“. Neue Mitglieder sind herzlich willkommen. Auch ehemali- ge Mitglieder, die vor Jahren ausgetreten sind, wer- den gebeten, wieder Mitglied zu werden. Trier-Fahrt der Kirchen-Lektorinnen und – Lektoren am 30.11.2018 Auf Einladung von Bischof Dr. Ackermann fuhren am 30. November einige Lektorinnen aus unserer PG gemeinsam mit Pastor Christian Müller in die ehemalige Reichsabtei St. Maximini in Trier. Aus Lis- dorf war Roswitha Weiler dabei. Nach der Begrü- ßung bei Kaffee und Kuchen und zwei Vorträgen über das neue Lektionar wurde mit Bischof Acker- mann ein Wortgottesdienst gefeiert. Anschließend wurden die neuen Lektionare übergeben. Kostenloser Transfer zum Gottesdienst in der Lisdorfer Pfarrkirche Alfred Philippi, Vorsitzender des Freundeskreises der Lisdorfer Pfarrkirche e.V., wohnhaft Feldstr. 100, Tel. 3108, bietet allen Pfarrangehörigen bei Bedarf ei- nen Fahrdienst zu den Gottesdiensten an. Firmung in der PG „Saarlouis links der Saar“ zentral am 25. Mai 2019 in St. Ludwig Am Sonntag, 25. Mai um 11 Uhr spendet Weihbi- schof Robert Brahm den Firmbewerbern das Sakra- ment der Firmung. Eingeladen sind alle getauften Jugendlichen, die vom 1.7.2003 bis 30.6.2005 geboren sind. Bereits am 20.11.2018 fand ein In- fo-Treffen statt. Wer noch nicht eingeladen wurde, sollte sich umgehend im Pfarrbüro Saarlouis mel- den (Tel. 40187). Bistumswallfahrt nach Lourdes vom 3.- 10.9.2019 Unser Ltd. Pastor Dr. Frank Kleinjohann hat alle Pfarrangehörigen zur Bistumswallfahrt nach Lour- des eingeladen. Er würde sich freuen, wenn aus Teil- nehmern der PG Saarlouis links der Saar und Bous/ Ensdorf eine Busgruppe unter seiner Leitung zusam- menkäme. Vom 5.–9. Sept. wird auch eine Flugrei- se vom Flughafen Hahn nach Lourdes angeboten. Der Preis für die Busreise beträgt 695,– Euro, für die Flugreise 815,– Euro. Anmeldungen im Pfarrbüro Saarlouis, Tel. 40187. Sternsinger-Aktion am 5./6. Januar 2019 wieder erfolgreich Die Aktion, die in diesem Jahr in unserer PG unter Leitung von Kaplan Heiko Marquardsen stand, war wieder sehr erfolgreich. Der diesjährige Erlös der gesamten PG (10.316 Euro) war für Kinder und Jugendliche in Peru be- stimmt. In Lisdorf engagierten sich Elisabeth Jenal und Danald Wagner wieder ganz besonders bei dieser Aktion. 26 27
  • 15. Mein Name ist Corinna Achtermann. Ich wurde 1989 in Saarbrücken geboren. Aufgewachsen bin ich in Spiesen-Elversberg. Bis zum Abitur 2008 besuchte ich das Willi-Graf-Gymnasium in Saarbrücken. Wie bei vielen jungen Erwachsenen, stand auch bei mir nach dem Abitur die Frage im Raum, wie ich mir mein zukünftiges Leben und Arbeiten vorstellte. Eines war mir klar: Ich wollte einen Beruf erlernen, bei dem ich mit Menschen zu tun habe und sie im besten Fall ein Stück auf ihrem Lebensweg beglei- ten und unterstützen kann. So entschloss ich mich zunächst für ein Lehramtsstudium in den Fächern „Deutsch“ und „Kath. Religion“. Die Chance junge Menschen bei ihrem Suchen zu begleiten und bei ihren Fragen zu unterstützen, war für mich der ent- scheidende Antrieb. Von Kindheit und Jugend an war ich in das Leben unserer Pfarrgemeinde involviert und habe mich während meiner Schulzeit immer wieder mit Frage- stellungen rund um die Themen „Glauben“ und „Re- ligion“ beschäftigt. Diese Erfahrungen haben meine Entscheidung zum Studium des Faches „Katholische Theologie“ maßgeblich geprägt. Mit meiner Entscheidung Lehrerin zu werden, war ich lange Zeit sehr zufrieden, bis ich an einen Punkt kam, an dem ich merkte, dass mir „nur“ Lehrerin zu sein, nicht ausreichen würde. Ich wollte „mehr“. Mir wurde bewusst, dass ich zwar sehr gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten woll- te, dies aber nicht auf den schulischen Kontext be- schränkt, sondern auch darüber hinaus. Zusätzlich wollte ich der Tatsache Raum geben, dass ich ger- ne auch mit anderen Altersgruppen, wie jungen Er- wachsenen oder Senioren in Kontakt bin und mir gut vorstellen konnte, auch mit ihnen zu arbeiten. Als Ergebnis dieses Suchens begann ich, mich intensiv über den Beruf Gemeindereferentin zu informieren und spürte, dass dies mein Weg sein könnte. 2013 habe ich das Lehramtsstudium dann mit dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen und mich dazu entschieden, anstelle des Referendariats ein weiteres Studium anzuschließen, das der Praktischen Theo- logie an der Katholischen Hochschule Mainz. Die- ses Studium, das ich im Sommer 2015 erfolgreich abschloss, bildete die Grundlagen für den weiteren Ausbildungsweg. Die Ausbildung zur Gemeindereferenten/ zum Ge- meindereferenten gliedert sich in zwei Abschnitte: Der erste Teil ist das berufspraktische Jahr. Hier sam- melt man, begleitet durch einen Mentor / eine Men- torin, erste konkrete Erfahrungen als Seelsorger/ Seelsorgerin. Ich durfte das berufspraktische Jahr in der Pfarreiengemeinschaft Ochtendung-Kobern (in der Nähe von Koblenz) absolvieren. Die Erfah- rungen, die ich dort machen durfte, und die Begeg- nungen mit den Menschen vor Ort habe ich als sehr bereichernd für meine Ausbildung erlebt. Der zweite Teil ist die Assistenzzeit. Diese begann ich am 1.9.2016 in der Pfarreiengemeinschaft Saar- louis links der Saar. Während der Assistenzzeit wird man nicht mehr durch einen Mentor/eine Mento- rin begleitet. Für die übertragenen Aufgabenberei- che ist jede/r Gemeindeassistent/in, so werden wir in dieser Phase der Berufseinführung genannt, ei- genverantwortlich zuständig. Nach Bestehen aller Prüfungen wurde ich am 1.9.2019 im Hohen Dom zu Trier von Bischof Dr. Stephan Ackermann zum Dienst als Gemeindereferentin in der Pfarreienge- meinschaft Saarlouis links der Saar beauftragt. Hier darf ich seither, den in der Assistenzzeit begonnen Dienst fortführen. Meine derzeitigen Arbeitsfelder sind die Erstkom- munion- und Firmvorbereitung, Religionsunterricht in den dritten Klassen der Grundschulen Lisdorf und Beaumarais, die Begleitung des Pfarrgemeinde- rats Neuforweiler, die Mitarbeit bei der monatlichen Hauskommunion und diverse Projekte und Gottes- dienstangebote im Laufe des Kirchenjahres. Corinna Achtermann Gemeindereferentin in der Pfarreiengemeinschaft Saarlouis links der Saar Pfarramt Saarlouis, Kavalleriestraße 11 stellt sich unseren Leserinnen und Lesern vor Foto: Paulinus, Zeljko Jakobovac Der Caritasverband Saar-Hochwald hat zum 1. Januar die Trägerschaft der Kirchlichen Sozialsta- tion Saarlouis/Saarwellin- gen übernommen. Diesen so genannten Betriebs- übergang zum Caritasver- band hat die Träger- und Mitgliederversammlung der Kirchlichen Sozialsta- tion Saarlouis/Saarwel- lingen beschlossen. Der Vorstand der Kirchlichen Sozialstation Saarlouis/ Saarwellingen, Jörg Son- net, Caritasdirektor Her- mann Josef Niehren und der Vorstandsvorsitzen- de des Caritasverbandes Saar-Hochwald, Peter Kie- fer, haben den Betriebs- übertragungsvertrag gemeinsam unterschrieben. Die evangelische Kirchengemeinde Saarlouis und die katholischen Kirchengemeinden in Saarlouis und Saarwellingen können die organisatorischen und pflegerischen Anforderungen an die Sozialsta- tion nach eigenen Angaben nicht mehr inhaltlich begleiten und haben sich daher entschieden, die Trägerschaft abzugeben. Für die betreuten Men- schen ändere sich dadurch nichts. Die Betreuungs- und Pflegeleistungen werden wie gewohnt erbracht. Die Pfarrgemeinden werden wie in vielen anderen Bereichen mit der Caritas zusammenarbeiten. Die Caritasverband hat Kirchlichen Sozialstation übernommen gewohnten Ansprechpartner bei der Kirchlichen Sozialstation in der Einsatzzentrale Roden, Dona- tusstraße 36, Telefon (0 68 31)9 19 50, sowie das Pflege- und Betreuungspersonal bleiben bestehen. Die vereinbarten Pflegeleistungen werden vom Ca- ritasverband Saar-Hochwald übernommen. Der Ver- ein zur Förderung der ambulanten Krankenpflege Saarlouis/Saarwellingen bietet weiterhin den Mit- gliedern finanzielle Hilfe in der häuslichen Pflege an und wird mit dem Caritasverband Saar-Hochwald künftig als Verbundpartner arbeiten. SZ 2.1.2019 Verein zur Förderung der ambulanten Krankenpflege Saarlouis/Saarwellin- gen e.V. dankt seinen zahlreichen Mitgliedern Caritasverband Saar-Hochwald e.V. begrüßt die Mitglieder Wir würden uns sehr freuen, wenn sie künftig Ihr Vertrauen dem Caritasver- band Saar-Hochwald e.V. schenken. Wir wünschen Ihnen und Ihren Angehöri- gen alles Gute und Gottes Segen. Jörg Sonnet Hermann-Josef Niehren Vorstand, Kirchl. Sozialstation Caritasdirektor Saar-Hochwald Iris Stellwag Günter Fontaine & Ilse Zell Verwaltungsrat, Kirchl. Sozialstation Verein zur Förderung der ambulanten Krankenpflege Die kirchliche Sozialstation Saarlouis/Saarwellingen - hier im Bild der Standort in Roden ist im neuen Jahr in die Trägerschaft des Caritasverbandes übergegangen. FOTO: ROLF RUPPENTHAL 28 29
  • 16. Die Lisdorfer Aue gehört zu Lisdorf wie „das Herz zum menschlichen Körper“. Sie ist eine der frucht- barsten Bodenflächen des Saarlandes und Grund- lage für den jahrhundertealten Gemüseanbau in Lisdorf. Sie wird als „Gemüsekammer des Saarlan- des“ bezeichnet. Als vor Jahrzehnten der Saarausbau zur Schiff- fahrtstraße erfolgte, wollte man die Saar be- gradigen mitten durch die Lisdorfer Aue. Dieses Vorhaben hätte die Aue als geschlossenes Gemü- seanbaugebiet zerstört. Der ehemalige Präsident der Landwirtschaftskammer des Saarlandes, Jo- hann Schmitt-Ecker aus Lisdorf, und in der Fol- ge Johann Morguet und Erwin Faust bezeichneten die Durchschneidung der Aue als „Dolchstoß ins Herz von Lisdorf“. Schließlich konnte dies durch den organisierten Widerstand der Lisdorfer und der CDU-Fraktion im Stadtrat verhindert wer- den. Bereits vor Jahren wurde im Benehmen mit Öffentliche Bekanntmachung Landesamt für Vermessung, Geoinformation und Landentwicklung - Abteilung 5 -, Dörrenbachstraße 2,66822 Lebach Az.: F-LA - 6/2019 - Ladung zum Anhörungstermin - Im Flurbereiniungsverfahren Lisdorfer Aue, Landkreis Saarlouis Im Flurbereinigungsverfahren Lisdorfer Aue wird hiermit der Termin zur Bekanntgabe des Flurbereinigungs- planes und zur Anhörung der Beteiligten - Teilnehmer und Nebenbeteiligte (u.a. Inhaber von Rechten und Belastungen an zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücken oder Eigentümer der an das Flurbe- reinigungsgebiet angrenzenden Grundstücke) - gemäß 5 59 Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) in der Fassung der Bekanntmachung mm 16.03.1 976 (BGBI. I S. 546), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 19.12.2008 (BGBI. I S. 2794), auf Montag, 11.03.2019 bis Dienstag, 26.03.2019 (ausgenommen Samstag u. Sonntag) im Kath. Pfarrheim in Lisdorf (neben der Kirche), Kleinstraße, 66740 Saarlouis-Lisdorf jeweils von 8:30 Uhr-1200 Uhr und von 13:00 Uhr-16:00 Uhr und Donnerstag, 28.03.201 9 bis Dienstag, 16.04.2019 (ausgenommen Samstag u. Sonntag) im Sitzungssaal des Rathauses Ensdorf, Provinzialstraße 101a, 66806 Ensdorf Montag bis Donnerstag von 8:30 Uhr- 12:00 Uhr und 13:30- 15:30 Uhr, Freitag von 8:30 Uhr- 12:00 Uhr anberaumt. Zu diesem Termin werden die Beteiligten mit folgenden Hinweisen geladen: 1. Der Flurbereinigungsplan einschließlich der Rechte und Belastungen sowie die Abmarkungsunterlagen der Grenze des Flurbereinigungsgebietes liegen zur Einsichtnahme für die Beteiligten in diesem Termin aus. 2. Widersprüche gegen den bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan einschließlich Widersprüche gegen die vorgenommene Grenzfeststellung und Abmarkung können zur Vermeidung des Ausschlusses nur in die- sem Termin vorgebracht werden. 3. Jeder Teilnehmer erhält einen Auszug aus dem Flurbereinigungsplan, der seine neuen Grundstücke nach Fläche und Wert sowie das Verhältnis seiner Gesamtabfindung zu dem von ihm Eingebrachten nachweist. 4. Die neue Flureinteilung einschließlich Verlauf der nach den Unterlagen des Liegenschaftskatasters fest- gestellten Grenze des Flurbereinigungsgebietes wird den Beteiligten während des vorgenannten Termins im Terminlokal an Hand einer Karte bzw. der Abmarkungsunterlagen erläutert und auf Wunsch an Ort und Stelle angezeigt. Die Beteiligten werden gebeten, im Interesse eines reibungslosen Terminablaufes die in einem besonderen Anschreiben angegebenen Zeiten möglichst einzuhalten. Ein Austausch von Terminen ist möglich. Der Sitzungssaal des Rathauses in Ensdorf ist auch über einen Aufzug erreichbar. Beteiligte, die keine Widersprüche vorbringen wollen, müssen zu diesem Termin nicht erscheinen. Lebach, den 06.02.2019 Im Auftrag Forster Vermessungsdirektor Der Heimatkundeverein weist auf Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue hin (vgl. Artikel „Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue“ s.S.31) der Lisdorfer Bauernschaft und der Stadt Saarlouis von der Flurbereinigungsbehörde des Saarlandes eine Flurbereinigung in der Lisdorfer und Ensdorfer Aue in Gang gesetzt, zu dem jetzt das sog. Anhö- rungsverfahren durchgeführt wird (siehe öffentli- che Bekanntmachung vom 6.2.2019). Da für die Bewertung der Grundstücke innerhalb des Flur- bereinigungsgebietes die im Liegenschaftskataster nachgewiesenen Ergebnisse der finanzamtlichen Bo- denschätzung zugrunde zu legen sind, hat der Ver- fasser als ehemaliger Referent für Bodenschätzung bei der Oberfinanzdirektion Saarbrücken und heu- tiger VHL-Vorsitzender bis jetzt noch gute Kontakte zur Flurbereinigungsbehörde. Auf seinen Vorschlag und Vermittlung hin wurde als Örtlichkeit für die An- hörung der Beteiligten das Pfarrheim in Lisdorf aus- erwählt. Alle Beteiligten (Grundstückseigentümer in der Lisdorfer Aue) werden gebeten, den Anhörungs- termin wahrzunehmen. (hg) Saarlouiser Reisegruppe vor dem Historischen Museum Saar am Schlossplatz in Saarbrücken. Am Freitag, 8.Februar besuchten der VHVS und der VHL vormittags die zwei großen Ausstellungen: „Saargeschichte seit 1870“ und „Steinerne Macht – Burgen, Festungen und Schlösser“ im Historischen Museum Saar. Das Histo- rische Museum Saar, das bis vor kurzem von dem aus Lisdorf stammenden Gerhard Ames geleitet wurde, setzt mit diesen beiden großartigen Ausstellungen Akzente. Die Ausstellung „Saargeschichte“ wurde einzeln besichtigt, während durch die „Steinerne Macht“ ein junger Historiker aus Bous uns führte. Diese Ausstellun- gen fanden soviel Gefallen, dass der VHL eine weitere Besichtigung dort plant. (hg) Flurbereinigung in der Lisdorfer Aue 30 31
  • 17. Die Saarländer sind ein mobiles Völkchen. Das gilt nicht nur heute. Das galt auch schon im 19. Jahr- hundert. Allerdings waren damals die Bedingungen sehr viel weniger angenehm als heute: die Wande- rung erfolgte in der Regel aus einer großen persön- lichen Notlage heraus. Ab dem Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts und bis zur Wende zum 20. Jahrhundert wanderten zahlreiche Einwohner aus den nördlichen Gebieten des heutigen Saarlands nach Südbrasilien aus. Auf- nahme fanden viele von ihnen in einer damals noch urwaldähnlichen Region ca. 80 km westlich der heu- tigen Hauptstadt des Bundesstaats Rio Grande do Sul, Porto Alegre. Hauptherkunftsgebiet der Auswanderer war die Re- gion um die heutigen Gemeinden Tholey, Noh- felden und St. Wendel sowie das angrenzende Rheinland-Pfalz (Idar-Oberstein, Morbach, Kastell- aun, Simmern, das Moseltal und auch Luxemburg). Bei den Saarländern überwogen die Katholiken, bei den Rheinland-Pfälzern die Lutheraner. Aus dem unmittelbaren Saartal stammten nur sehr wenige Auswanderer: nach einer auf der Basis von Auswandererakten des Landesarchiv Koblenz zu- sammengestellten Namensliste, die freilich nicht das gesamte heutige Saarland erfasst, stammten nur acht saarländische Auswanderer des 19. Jahrhun- derts (nach Brasilien) aus dem Kreis Saarbrücken – drei davon waren „widerspenstige Heerespflichtige“ aus Püttlingen. Nur fünf Auswanderer stammten aus dem Kreis Saarlouis: Drei waren Bergleute aus der heutigen Gemeinde Lebach. Und aus „Liersdorf“ in Kreis Saarlouis (gemeint ist wohl Lisdorf) zogen 1878 und 1891 die beiden Brüder Isaak und Ab- raham Michel, Söhne des Moses Michel, jüdischer Religion, aus geschäftlichen Gründen zu Verwanden in Rio de Janeiro. Für den Zeitraum zwischen 1829 und 1883 zählt die Liste hingegen zum Beispiel 367 Auswanderer aus Theley, 45 Auswanderer aus dem Kernort Tholey, 49 aus Sotzweiler bei Tholey, 193 aus Weiskirchen bei Wadern oder 94 aus Hasborn-Dautweiler. Nicht bei allen saarländischen Auswanderern ist der Zielort angegeben. Dort, wo er verzeichnet ist, han- delt es sich fast immer um Orte im brasilianischen Rio Grande do Sul. Häufig erwähnt werden die Ziel- gemeinden Feliz und Bom Principio westlich von Porto Alegre. Die Akten erwähnen, dass viele Aus- wanderer schon Verwandte in Brasilien hatten. Die Überfahrt über Antwerpen, Bremen oder Hamburg zahlten dann häufig die zuvor ausgewanderten Fa- milienangehörigen. Einige Auswanderer waren An- alphabeten, fast alle Männer waren Kleinbauern, Tagelöhner oder gelegentlich Handwerker. Nach Ankunft wurde ihnen in der Regel ein Stück Urwald im Binnenland zur Urbarmachung übergeben. Sie erhielten von Staat ein kleines Startkapital und wa- ren für die ersten Jahre von der Steuerpflicht befreit. Die ersten Jahre im Urwald müssen sehr hart gewe- sen sein. Die klimatischen Unterschiede – zwischen kaltem Hochwald und subtropischer Pampa – wa- ren enorm. Die Sterberaten waren hoch. Den Lohn der schweren Arbeit erntete erst die zweite oder drit- te Generation. Die saarländische Auswanderung nach Rio Grande do Sul war Teil einer großen Migrationswelle von Deutschen nach Brasilien im 19. Jahrhundert. Sie hatte im Jahr 1824 auf ausdrückliche Einladung des brasilianischen Kaisers Dom Pedro I. mit der Ankunft der ersten Deutschen im südbrasilianischen Sao Le- opoldo eingesetzt. Schon ein Jahr vorher waren die ersten Schweizer eingetroffen und hatten in der Re- gion von Rio de Janeiro die Stadt Nova Friburgo gegründet. Die Motive des brasilianischen Kaisers waren nicht ganz frei von rassistischen Erwägungen. Er wollte das damals zu einem Gutteil schwarze Bra- silien „europäischer“ und „weißer“ machen. Die frühen Einwanderer aus dem deutschen Sprach- raum waren sehr kinderreich. Es gibt Schätzungen, denen zufolge ca. 10 % der heute über 210 Millio- nen Brasilianer zumindest einen deutschen Vorfah- ren aufweisen. Die Volkszählung von 1940 zählte 580.000 brasilianische Staatsbürger mit deutscher Muttersprache. Später wurden diese Zahlen nicht mehr erfasst. In den Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Santa Catarina hatten sich bis zum Ende des 19. Jahrhun- derts zusammenhängende Landstriche gebildet, in denen bis zum II. Weltkrieg lokale deutsche, meist leicht unterschiedliche moselfränkische Mundarten gesprochen wurden. Portugiesisch war dort oft nur eine Fremdsprache. Neben den moselfränkischen Dialekten aus Rheinland-Pfalz und aus dem Saar- land gab und gibt es Siedlungsinseln, in denen sich auch Dialekte aus Pommern oder anderen deut- schen Regionen erhalten haben. Der große Bruch kam mit dem Kriegseintritt Brasi- liens 1942 auf Seiten der Alliierten. Die deutsche Sprache wurde von Staatspräsident Getúlio Vargas in der Öffentlichkeit strikt verboten, deutsche Ver- eine und andere Organisationen wurden aufgelöst und enteignet. Viele Deutsch-Sprechende – Anhän- ger wie Gegner der NSDAP – wurden in Lagern interniert. Die deutsche Sprache und ihre Dialek- te verschwanden aus dem öffentlichen Raum. Das änderte sich auch in der Nachkriegszeit nicht mehr. Bis heute pflegen aber vor allem ältere Einwohner in ländlichen, von Deutschen besiedelten Landstrichen von Rio Grande do Sul und Santa Catarina inner- halb der Familie (nicht in der Öffentlichkeit) ihren Regionaldialekt. Sie nennen ihn meist „Hunsrik“. Der deutsche Dialekt hat für die betroffenen Famili- en keine kommunikative Funktion mehr. Stattdessen wurde er Teil einer privaten, vor Fremden verborge- nen Identität. In Porto Alegre, das vor dem II. Welt- krieg in weiten Teilen eine zweisprachige Stadt war, ist Deutsch heute ganz verschwunden. Eine ähnliche linguistische Entwicklung gab es bei den Italienern, die in der Region die zweitgrößte Einwanderergruppe stellten. Ihr früher in vielen Or- ten sehr präsenter venezianischer Regionaldialekt, das „Talian“, ist im Rio Grande do Sul von heute nur noch selten zu hören. Auch wenn die alten moselfränkische Dialekte heu- te in der südbrasilianischen Öffentlichkeit nur noch selten in der Öffentlichkeit zu hören sind, so spie- len sie doch für die Identität vieler Familien, für die Regionalgeschichte und Kultur und für brasilianische Linguisten weiter eine Rolle. Eine echte Bedeutung hat der Dialekt bei den Städ- tepartnerschaften zwischen saarländischen und „riograndensischen“ Gemeinden. Verpartnert sind derzeit St. Wendel mit Sao Vendelino, Nohfelden mit Feliz und Tholey mit Alto Feliz. Auch rheinland-pfäl- zische Gemeinden pflegen Partnerschaften, z.B. Klüsserath an der Mosel mit Bom Principio oder Simmern mit der Oktoberfeststadt Igrejinha. Der Dialekt ist dort noch stark genug, um bei gegensei- tigen Delegationsbesuchen als verbindendes Glied und Verständigungsbasis dienen zu können. Ein gutes Beispiel war der Besuch einer fast drei- ßigköpfige Gruppe aus Tholey und seinen Armutsauswanderung im 19. Jahrhundert und saarländische Spuren in Südbrasilien heute Von: Dr. Thomas Schmitt, Deutscher Generalkonsul in Porto Alegre, Brasilien Erzbischof Dom Jacinto Bergmann von Pelotas wäh- rend der gemeinsamen Sonntagsmesse 32 33
  • 18. Nachbargemeinden unter Leitung des Tholeyer Bür- germeisters Hermann Josef Schmidt im Partnerort Alto Feliz im Februar 2019. Als Ehrengast waren der Erzbischof von Pelotas, Dom Jacinto Bergmann, und ich als Deutscher Generalkonsul mit Dienst- sitz in Porto Alegre eingeladen. Mit Platt haben wir beide keine Schwierigkeiten: Dom Jacinto ist in einer „hunsrik-sprachigen“ Fa- milie in Alto Feliz aufgewachsen, lernte sein Por- tugiesisch erst als Schüler und erinnert sich gut an die Zeit der Diskriminierung der deutschen Dia- lekt-Sprechenden in den Nachkriegsjahren. Meine eigenen Eltern stammen aus Lisdorf und aus der Stadt Saarlouis. Der Delegationsbesuch wirkte in weiten Teilen wie eine Feier von Familienangehörigen, die sich lange nicht mehr gesehen haben. Sehr deutlich wurde das beim Empfang am Samstagabend, der im Garten eines Bürgers von Alto Feliz stattfand. Spätestens eine Stunde nach Beginn hatten nicht nur die älte- ren Brasilianer, sondern auch die Jüngeren – selbst diejenigen, die zuvor noch behauptet hatten, gar kein Deutsch zu sprechen – ihre Hemmungen über- wunden und ihre mehr oder weniger vorhandenen Platt-Kenntnisse „ausgepackt“. Für viele Brasilianer aus der Region in den 30ern oder 40ern ist das kei- ne Frage des Könnens, sondern eine psychologische Frage. Für sie ist Dialekt keine Sprache, sondern ein innerfamiliäres Überbleibsel ohne Wert nach außen, das man nicht zeigt. Nur bei Kindern ist Deutsch so gut wie verschwunden. Das liegt auch daran, dass Deutsch schon viele Jahre nicht mehr in der Schule unterrichtet wird. Die katholische Sonntagsmesse und die anschlie- ßende Ansprache des lutherischen Pfarrers fan- den auf Portugiesisch bzw. Hochdeutsch statt. Auch hier zeigte sich aber der Dialekt als gemeinsames Sprachband. Englisch spielt bei diesen Partnerschaf- ten in Brasilien keine Rolle. Die verpartnerten Gemeinden sind keine Metropo- len. Sie sind kleinere Orte. Die Volkswirtschaft und die Politik auf Bundesebene werden von ihren auf dem gemeinsamen Dialekt basierenden Partner- schaften allenfalls indirekt profitieren: sie können als gut funktionierendes Modell dienen, das sich auf andere Arten der Partnerschaften übertragen lässt. Denn zwischen Deutschland und Brasilien gibt es heute auch Gemeindepartnerschaften, die von zivilgesellschaftlichem Interesse getrieben werden oder deren einigendes Band wirtschaftliche, entwick- lungspolitische, energiepolitische, umweltpolitische, sportliche oder kulturelle Interessen sind. Auch im Kleinen stellen diese Partnerschaften eine verbindende Macht dar. Sie haben das Potenzial, das Leben von Menschen im Positiven zu gestal- ten. Sie haben das Leben so mancher Einzelperson schon positiv beeinflusst – sei es über einen Schul- austausch, eine Hospitation an einer Schule, ein Betriebspraktikum oder über gemeinsame geschäft- liche oder politische Interessen. Die gegenseitigen Besuche schaffen interkulturelle Nähe und machen Globalisierungsentwicklungen individuell erfahrbar. Dies erhöht die Kompetenz des Einzelnen, seine Er- fahrungen an anderer Stelle einzubringen. Im Falle von Alto Feliz trägt die Partnerschaft dazu bei, die eigene, nicht ganz einfache Vergangenheit aufzuarbeiten, und – auf dem Weg über den mosel- fränkischen Dialekt – das Interesse an der deutschen Sprache zu wecken. Der Bürgermeister und die Ge- meinderäte von Alto Feliz kündigten zu Ende des Besuchs an, den jahrzehntelang eingestellten Deut- schunterricht an den Gemeindeschulen wiederzube- leben. Die Tholeyer, allen voran ihr Bürgermeister, versprachen, dabei in Zukunft tatkräftig mitzuhelfen. Saarländische Besucher sind nicht die einzigen Gäste aus Deutschland, die im Interesse einer gemeinsa- men Zukunft an die gemeinsamen deutsch-brasilia- nische Vergangenheit anknüpfen. Für den 28.3.2019 plant der Münsteraner Bischof Felix Genn, in das saarländisch besiedelte Bom Principio bei Feliz zu reisen und unter anderem in der historischen Kirche der Einwanderer eine Messe zu lesen. Für das deutsch-brasilianische Verhältnis sind di- alektgeprägte Städtepartnerschaften eine gro- ße Bereicherung. Es bleibt zu hoffen, dass noch mehr saarländische, rheinland-pfälzische und auch Zur Person: Dr. Thomas Schmitt geboren am 18.5.1959 in Mainz, aufgewachsen in Überlingen am Boden- see 1977 Abitur in Überlingen am Bodensee anschließend Sozialwissenschaftliches Grundstu- dium an der Universität Konstanz 1979/80 Arbeitsaufenthalt am Center for Policy Alternatives, M.I.T., Cambridge, MA 1983 Diplom-Verwaltungswissenschaftler, Uni- versität Konstanz 1988 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Univer- sität zu Köln 1988 Eintritt in den Auswärtigen Dienst, At- tachéausbildung anschließend Dienstposten in Belgrad, Genf, Bonn, Sarajevo (OHR), Berlin, Mexiko 2006-2008 erster deutscher Botschafter in Pod- gorica, Montenegro 2008-2011 stellvertretender deutscher General- konsul in Sao Paulo, Brasilien 2011-2014 Referatsleiter 605 (Deutsche Aus- landsschulen, Sport), Auswärtiges Amt, Berlin 2014-2015 Lehrstuhlinhaber „Diplomatie II“, deutschsprachige Andrassy Universität Budapest 2015-2018 Gesandter und Leiter der Wirtschafts- abteilung der Deutschen Botschaft Lima seit Juli 2018 Deutscher Generalkonsul in Porto Alegre, Brasilien Dr. Thomas Schmitt ist ein Sohn des aus Lisdorf stammenden Dr. Albert Schmitt und Enkel von Johann Schmitt-Ecker, ehemaliger Präsident der Landwirtschaftskammer des Saarlandes. Bei der Gedenkveranstaltung für den Lisdorfer Theolo- gie-Professor Dr. Dr. Jakob Ecker im November 2012 hielt Dr. Thomas Schmitt durch Vermittlung seines Onkels und unseres VHL-Mitglieds Victor Schmitt aus München eine großartige Gedenkrede. luxemburgische Städte und Gemeinden und ihre Bürger beim Projekt der Städtepartnerschaften mit Brasilien auf Dialektbasis mitmachen werden! Porto Alegre, den 17. Februar 2019 Hinweis: Der Verfasser äußert in diesem Artikel sei- ne persönliche Ansicht und spricht darin weder im Namen noch im Auftrag des Auswärtigen Amtes. Ansprache Dr. Thomas Schmitt Der Erzbischof mit den „Soberanas“ (eine Art Ernte- dankköniginnen) von Alto Feliz Ansprache des Bürgermeisters von Tholey, Josef Hermann Schmidt 34 35