SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 19
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Eifersucht

Definition W2e
xkcd.com/420
Kleine Theorie der Gefühle I
Gefühl

»emotion«
»feeling« = Empfindung
Überzeugung, Urteil,
Wahrnehmung
Ärger
Puls, roter Kopf
Ärger *über etwas*
Kleine Theorie der Gefühle II
Gefühl

»emotion«
intentional, d.h. auf etwas in
der Welt bezogen
normativ, d.h. entsprechen/widersprechen
gesellschaftlichen Erwartungen
Übung
1. Zeigen Sie an zwei der folgenden Gefühle,
was ihre Empfindungsseite ist und was
zusätzlich noch dazu zum Gefühl gehört: 

Scham - Stolz - Schüchternheit - Starrsinn

2. Jemand behauptet, Gefühle seien etwas
Individuelles, Sie könnten deshalb gar nicht an
gesellschaftliche Erwartungen gekoppelt sein.
- Beziehen Sie Position.
(1)

Eifersucht setzt sich aus anderen
Emotionen zusammen. 

(Hass, Wut, Angst, Ekel etc.)
(2)

Eifersucht ist eine soziale Emotion.
(3)

Dreiteilige Struktur der Eifersucht.
Subjekt
Objekt 

(von S geliebte Person)
Rivale/in/n
(4)

Eifersucht besteht aus zwei
Überzeugungen: 

(a) O unterhält Beziehung zu R

(b) Diese Beziehung gefährdet die
zwischen S und O.
(5)

Aus (1) bis (4) folgt, dass Eifersucht eine
komplexe Emotion ist. 

(Im Gegensatz zu einfachen und nicht-
sozialen Emotionen.)
Übung
1. Kann sich Eifersucht auch ergeben, wenn es
die R gar nicht gibt, sie/er also eingebildet ist?
2. Kann es eine nicht-sexuelle Eifersucht geben
(oder eine nicht auf die Liebe bezogene)?
3. *Halten Sie diese Alternative zu (3) für
plausibel: 

Objekt ist nicht eine Person, sondern eine
Erzählung, in der O, S und R als Figuren
vorkommen. 

(6)

Zur Eifersucht gehörende Wünsche: 





(7)

Eifersucht ist zudem eine Bedrohung des
Selbstwertgefühls (und Wegfall der
Wertschätzung in der Beziehung mit O).
(8)

Eifersucht ist eine ähnliche Erfahrung
wie ein Kinobesuch: Ein lebhafter
Bildstrom der eigenen Phantasie, über
die S die Kontrolle verloren hat.
(9)

S muss etwas mitansehen. 

S will aber auch sehen, was zwischen O
und R läuft: 

Eifersucht ist voyeuristisch.
Übung
1. Was ist für S Ihrer Meinung nach der stärkste
Grund der Eifersucht: 

a) die eigene Phantasie

b) der Wegfall des Selbstwertgefühls

c) reale Ereignisse? 

2. (Wie) kann Eifersucht im Dreieck O - S - R ein
Ende finden? 

Der misstrauische Blick, den der Eifersüchtige auf die Welt wirft, ist dem,
was er sieht, nicht äußerlich. Er sagt etwas über die Welt, aber auch darüber
aus, wer er selbst ist. Von beidem kann in der Regel nicht abstrahiert
werden.
Das heißt: Keine Eifersucht ist gegenstandslos. Das Unerträgliche, das das
eifersüchtige Leiden bezeugt, ist tatsächlich da. Es erschließt sich jedoch
nicht in einer äußeren Betrachtung. In der Perspektive des Eifersüchtigen
sind die eifersüchtigen Gedanken und Handlungen ein Signal dafür, dass
eine Grenze überschritten wurde – die Grenze des Erträglichen. Diese
Grenze existiert jedoch nicht »an sich« in der Natur oder der Gesellschaft,
sie lässt sich nicht objektiv feststellen, wiewohl sie für jeden existiert.
(10)

Eifersucht ist ein Signal für das
Unerträgliche.
Cremonini, S. 66f.
(11)

Eifersucht führt zu einem Konflikt des
Selbstbildes (souveräne, rationale
Person) mit der Abhängigkeit von einer
anderen Person.
Übung
1. Wofür ist Eifersucht in folgenden Situationen ein Signal
(oder was ist der Wert der Eifersucht)?

a) ein Kind ist eifersüchtig auf neugeborenes Geschwister

b) ein Teenager sucht auf den Social-Media-Kanälen
seiner Freundin nach anderen Männern

c) nach 20 Jahren entsteht eine Ehekrise, weil die Frau
scheinbar plötzlich stark eifersüchtig wird
2. Was wäre nach (11) eine mögliche Konsequenz aus der
Eifersucht - oder eine Lösung?
Quellen
1. Cremonini, Andreas (2011): 

Eifersucht. Zwischen Wahn und Wirklichkeit. In: Kadi/
Unterthurner (Hg.): Wahn und Wirklichkeit. Wien: Turia +
Kant, S. 37-69.
2. Goldie, Peter (2000): 

The Emotions. A Philosophical Exploration. New York:
Oxford University Press.
3. Munroe, Randall (2016): 

Jealousy. Online: xkcd.com/420

Weitere ähnliche Inhalte

Mehr von Philippe Wampfler

Digitalisierung und Lehrer*innenbildung
Digitalisierung und Lehrer*innenbildungDigitalisierung und Lehrer*innenbildung
Digitalisierung und Lehrer*innenbildungPhilippe Wampfler
 
Warum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sind
Warum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sindWarum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sind
Warum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sindPhilippe Wampfler
 
Lernen unter den Bedingungen der Digitalisierung
Lernen unter den Bedingungen der DigitalisierungLernen unter den Bedingungen der Digitalisierung
Lernen unter den Bedingungen der DigitalisierungPhilippe Wampfler
 
Generation »Social Media« - eine pädagogische Perspektive
Generation »Social Media« - eine pädagogische PerspektiveGeneration »Social Media« - eine pädagogische Perspektive
Generation »Social Media« - eine pädagogische PerspektivePhilippe Wampfler
 
Referat PH Bern - ICT-V 2017
Referat PH Bern - ICT-V 2017Referat PH Bern - ICT-V 2017
Referat PH Bern - ICT-V 2017Philippe Wampfler
 
Persönliche Identität - Parfit
Persönliche Identität - ParfitPersönliche Identität - Parfit
Persönliche Identität - ParfitPhilippe Wampfler
 
Slides für Vorlesung Dürscheid
Slides für Vorlesung DürscheidSlides für Vorlesung Dürscheid
Slides für Vorlesung DürscheidPhilippe Wampfler
 
15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium
15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium
15 Grundsätze zu BYDO am GymnasiumPhilippe Wampfler
 
Keynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen Arbeitens
Keynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen ArbeitensKeynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen Arbeitens
Keynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen ArbeitensPhilippe Wampfler
 
Essay - Einführung und Typologie von Schreibtechniken
Essay - Einführung und Typologie von SchreibtechnikenEssay - Einführung und Typologie von Schreibtechniken
Essay - Einführung und Typologie von SchreibtechnikenPhilippe Wampfler
 
Slides zu Fachdidaktik I, 2017
Slides zu Fachdidaktik I, 2017Slides zu Fachdidaktik I, 2017
Slides zu Fachdidaktik I, 2017Philippe Wampfler
 
Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017
Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017
Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017Philippe Wampfler
 
Wie verändert digitale Kommunikation die Schule?
Wie verändert digitale Kommunikation die Schule? Wie verändert digitale Kommunikation die Schule?
Wie verändert digitale Kommunikation die Schule? Philippe Wampfler
 
10 Schritte zur Medienkompetenz
10 Schritte zur Medienkompetenz10 Schritte zur Medienkompetenz
10 Schritte zur MedienkompetenzPhilippe Wampfler
 
Einführung in die »Kommunikation«
Einführung in die »Kommunikation«Einführung in die »Kommunikation«
Einführung in die »Kommunikation«Philippe Wampfler
 

Mehr von Philippe Wampfler (20)

Digitalisierung und Lehrer*innenbildung
Digitalisierung und Lehrer*innenbildungDigitalisierung und Lehrer*innenbildung
Digitalisierung und Lehrer*innenbildung
 
Warum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sind
Warum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sindWarum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sind
Warum Social Media für Lehrkräfte 2017 Pflicht sind
 
Referat KKV Spiez 2017
Referat KKV Spiez 2017Referat KKV Spiez 2017
Referat KKV Spiez 2017
 
Lernen unter den Bedingungen der Digitalisierung
Lernen unter den Bedingungen der DigitalisierungLernen unter den Bedingungen der Digitalisierung
Lernen unter den Bedingungen der Digitalisierung
 
Generation »Social Media« - eine pädagogische Perspektive
Generation »Social Media« - eine pädagogische PerspektiveGeneration »Social Media« - eine pädagogische Perspektive
Generation »Social Media« - eine pädagogische Perspektive
 
Referat PH Bern - ICT-V 2017
Referat PH Bern - ICT-V 2017Referat PH Bern - ICT-V 2017
Referat PH Bern - ICT-V 2017
 
Anomalisa: Reddit-Thesen
Anomalisa: Reddit-ThesenAnomalisa: Reddit-Thesen
Anomalisa: Reddit-Thesen
 
Persönliche Identität - Parfit
Persönliche Identität - ParfitPersönliche Identität - Parfit
Persönliche Identität - Parfit
 
Slides für Vorlesung Dürscheid
Slides für Vorlesung DürscheidSlides für Vorlesung Dürscheid
Slides für Vorlesung Dürscheid
 
BYOD - Burggraben
BYOD - BurggrabenBYOD - Burggraben
BYOD - Burggraben
 
15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium
15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium
15 Grundsätze zu BYDO am Gymnasium
 
Input Formatio
Input FormatioInput Formatio
Input Formatio
 
Keynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen Arbeitens
Keynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen ArbeitensKeynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen Arbeitens
Keynote Linz - Vom Mehrwert zum Wert des digitalen Arbeitens
 
Digitale Schulentwicklung
Digitale SchulentwicklungDigitale Schulentwicklung
Digitale Schulentwicklung
 
Essay - Einführung und Typologie von Schreibtechniken
Essay - Einführung und Typologie von SchreibtechnikenEssay - Einführung und Typologie von Schreibtechniken
Essay - Einführung und Typologie von Schreibtechniken
 
Slides zu Fachdidaktik I, 2017
Slides zu Fachdidaktik I, 2017Slides zu Fachdidaktik I, 2017
Slides zu Fachdidaktik I, 2017
 
Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017
Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017
Vortrag an der Tagung des FV Deutsch im DGV, Fulda 2017
 
Wie verändert digitale Kommunikation die Schule?
Wie verändert digitale Kommunikation die Schule? Wie verändert digitale Kommunikation die Schule?
Wie verändert digitale Kommunikation die Schule?
 
10 Schritte zur Medienkompetenz
10 Schritte zur Medienkompetenz10 Schritte zur Medienkompetenz
10 Schritte zur Medienkompetenz
 
Einführung in die »Kommunikation«
Einführung in die »Kommunikation«Einführung in die »Kommunikation«
Einführung in die »Kommunikation«
 

Eifersucht - Emotionen und Definition

  • 2. Kleine Theorie der Gefühle I Gefühl
 »emotion« »feeling« = Empfindung Überzeugung, Urteil, Wahrnehmung Ärger Puls, roter Kopf Ärger *über etwas*
  • 3. Kleine Theorie der Gefühle II Gefühl
 »emotion« intentional, d.h. auf etwas in der Welt bezogen normativ, d.h. entsprechen/widersprechen gesellschaftlichen Erwartungen
  • 4. Übung 1. Zeigen Sie an zwei der folgenden Gefühle, was ihre Empfindungsseite ist und was zusätzlich noch dazu zum Gefühl gehört: 
 Scham - Stolz - Schüchternheit - Starrsinn
 2. Jemand behauptet, Gefühle seien etwas Individuelles, Sie könnten deshalb gar nicht an gesellschaftliche Erwartungen gekoppelt sein. - Beziehen Sie Position.
  • 5. (1)
 Eifersucht setzt sich aus anderen Emotionen zusammen. 
 (Hass, Wut, Angst, Ekel etc.)
  • 6. (2)
 Eifersucht ist eine soziale Emotion.
  • 7. (3)
 Dreiteilige Struktur der Eifersucht. Subjekt Objekt 
 (von S geliebte Person) Rivale/in/n
  • 8. (4)
 Eifersucht besteht aus zwei Überzeugungen: 
 (a) O unterhält Beziehung zu R
 (b) Diese Beziehung gefährdet die zwischen S und O.
  • 9. (5)
 Aus (1) bis (4) folgt, dass Eifersucht eine komplexe Emotion ist. 
 (Im Gegensatz zu einfachen und nicht- sozialen Emotionen.)
  • 10. Übung 1. Kann sich Eifersucht auch ergeben, wenn es die R gar nicht gibt, sie/er also eingebildet ist? 2. Kann es eine nicht-sexuelle Eifersucht geben (oder eine nicht auf die Liebe bezogene)? 3. *Halten Sie diese Alternative zu (3) für plausibel: 
 Objekt ist nicht eine Person, sondern eine Erzählung, in der O, S und R als Figuren vorkommen. 

  • 11. (6)
 Zur Eifersucht gehörende Wünsche: 
 
 

  • 12. (7)
 Eifersucht ist zudem eine Bedrohung des Selbstwertgefühls (und Wegfall der Wertschätzung in der Beziehung mit O).
  • 13. (8)
 Eifersucht ist eine ähnliche Erfahrung wie ein Kinobesuch: Ein lebhafter Bildstrom der eigenen Phantasie, über die S die Kontrolle verloren hat.
  • 14. (9)
 S muss etwas mitansehen. 
 S will aber auch sehen, was zwischen O und R läuft: 
 Eifersucht ist voyeuristisch.
  • 15. Übung 1. Was ist für S Ihrer Meinung nach der stärkste Grund der Eifersucht: 
 a) die eigene Phantasie
 b) der Wegfall des Selbstwertgefühls
 c) reale Ereignisse? 
 2. (Wie) kann Eifersucht im Dreieck O - S - R ein Ende finden? 

  • 16. Der misstrauische Blick, den der Eifersüchtige auf die Welt wirft, ist dem, was er sieht, nicht äußerlich. Er sagt etwas über die Welt, aber auch darüber aus, wer er selbst ist. Von beidem kann in der Regel nicht abstrahiert werden. Das heißt: Keine Eifersucht ist gegenstandslos. Das Unerträgliche, das das eifersüchtige Leiden bezeugt, ist tatsächlich da. Es erschließt sich jedoch nicht in einer äußeren Betrachtung. In der Perspektive des Eifersüchtigen sind die eifersüchtigen Gedanken und Handlungen ein Signal dafür, dass eine Grenze überschritten wurde – die Grenze des Erträglichen. Diese Grenze existiert jedoch nicht »an sich« in der Natur oder der Gesellschaft, sie lässt sich nicht objektiv feststellen, wiewohl sie für jeden existiert. (10)
 Eifersucht ist ein Signal für das Unerträgliche. Cremonini, S. 66f.
  • 17. (11)
 Eifersucht führt zu einem Konflikt des Selbstbildes (souveräne, rationale Person) mit der Abhängigkeit von einer anderen Person.
  • 18. Übung 1. Wofür ist Eifersucht in folgenden Situationen ein Signal (oder was ist der Wert der Eifersucht)?
 a) ein Kind ist eifersüchtig auf neugeborenes Geschwister
 b) ein Teenager sucht auf den Social-Media-Kanälen seiner Freundin nach anderen Männern
 c) nach 20 Jahren entsteht eine Ehekrise, weil die Frau scheinbar plötzlich stark eifersüchtig wird 2. Was wäre nach (11) eine mögliche Konsequenz aus der Eifersucht - oder eine Lösung?
  • 19. Quellen 1. Cremonini, Andreas (2011): 
 Eifersucht. Zwischen Wahn und Wirklichkeit. In: Kadi/ Unterthurner (Hg.): Wahn und Wirklichkeit. Wien: Turia + Kant, S. 37-69. 2. Goldie, Peter (2000): 
 The Emotions. A Philosophical Exploration. New York: Oxford University Press. 3. Munroe, Randall (2016): 
 Jealousy. Online: xkcd.com/420