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ACHTUNG TIEFE. EINE TRILOGIE FÜR SERIENJUNKIES
HEUTE I: ODER „WAS BISHER GESCHAH…“
KAY KOSCHEL, IPSOS UU
2
Achtung Tiefe I – III. EINE TRILOGIE FÜR SERIENJUNKIES
50er Jahre -
Motivational Research &
MADMEN
Heute -
Neuroscience &
BRAIN GAMES
Morgen?
Psychometrik
durch KI /
Algorithmen
3
Ein paar historische Vorbemerkungen
4
1920er Jahre: The Rise Of Consumer Culture 1/3
Von Schuhen bis zu Autos wurde alles funktional beworben, um einen
„rationalen Verbraucher“ anzusprechen und den grundlegenden Bedarf zu
decken.
5
“We must shift America from a needs - to a
desires-culture.
People must be trained to desire, to want
new things,
even before the old have been entirely
consumed. […]
Man's desires must overshadow his needs.”
(Paul Mazur, Unternehmensberater in einem
Artikel im Harvard Business Review von
1927)
1920er Jahre: The Rise Of Consumer Culture 2/3
Neues strategisches Ziel im Marketing: nicht den funktionalen BEDARF
decken, sondern WÜNSCHE erwecken
6
1920er Jahre: The Rise Of Consumer Culture 3/3
“Happiness machines” als Schlüssel zum ökonom. Fortschritt”
Elected in 1928, President Herbert Hoover was the
first politician to embrace the central role of
consumerism.
Hoover told a group of advertisers and public
relations men:
"You have taken over the job of creating desire and
have transformed people into constantly moving
happiness machines. Machines which have become
the key to economic progress.“
(Gewählt 1928, US-President Herbert Hoover)
7
1950er Jahre: Golden Age of Madison Avenue’
8
Die 1950er Jahre waren das goldene Zeitalter der
Werbung, der Werbeagenturen…
Consumers don‘t think
how they feel.
They don‘t say
what they think
and don‘t do
what they say.
David Ogilvy
9
…und der „schlüpfrigen Doppeldeutigkeiten“
10
Der „Motivforschung“ kam dabei eine wichtige Rolle zu!
11
(psychoanalytische) Wurzeln & Klassiker
1. die Psychoanalyse nach FREUD
2. die Individualpsychologie nach ADLER
3. die Analytische Psychologie nach JUNG
12
Sigmund
Freud
Vater der Psychoanalyse.
(* 6. Mai 1856 in Freiberg
+ 23. September 1939 in
London)
Die Sprache als ein
„Königsweg“ zum
Unbewussten
Wurzeln & Klassiker
13
Was wir von Freud für unsere Arbeit lernen können…
1. Das Unbewusste beherrscht
weitgehend das Bewusstsein!
2. Das Unbewusste entwickelt sich weit vor
dem Bewusstsein.
3. Wir haben wenig oder keine Kenntnis
von dem, was uns wirklich antreibt!
Wurzeln & Klassiker
14
Was wir von Freud für unsere Arbeit lernen können…
Wurzeln & Klassiker
15
Achtung: Libido als stärkster Antrieb?
Wurzeln & Klassiker
16
Produkte erscheinen “zwischengeschaltet” zwischen Trieb und
Triebziel. Auch heute noch werden Waren über „sexuelle Versprechen“
symbolisch vermittelt.
Wurzeln & Klassiker
17
Achtung Destrudo
Wurzeln & Klassiker
18
Achtung Destrudo: Rauchen und schnelles Auto fahren = ein
Todestrieb?
Wurzeln & Klassiker
19
Achtung Destrudo: Gesunde Ernährung aus Angst vor dem Tod?
Wurzeln & Klassiker
20
Das „Tiefeninterview“ – Ziel: Aufdecken
„Gleichschwebenden Aufmerksamkeit“.
• Wichtigste technische Grundregel der
Gesprächsführung: „eine lockere, angenehme und
wertneutrale Befragungssituation schaffen;
zuhören, ohne bestimmte Inhalte / Äußerungen zu
bevorzugen.
• Weitere Anweisungen:
• Keine Unterbrechungen – Erlauben die
Gedanken / Geschichte / Erlebnisse zu
entwickeln
• Schweigen aushalten
• Abweichungen, Barrieren, Widerstände /
Widersprüche aushalten
• Geduld haben
Wurzeln & Klassiker
21
(psychoanalytische) Wurzeln & Klassiker 2
22
Carl Gustav Jung (* 26. Juli
1875 in Kesswil; † 6. Juni
1961 in Küsnacht).
Schweizer Psychiater, "Freud-
Schüler" und der Begründer
der analytischen Psychologie.
C.G. Jung und das „kollektive Unbewusste“.
Wurzeln & Klassiker
23
Wurzeln & Klassiker
Persona (äußere Maske des Ichs, gespielte Rolle) vs. Schatten (innere Seele,
die dunkeln Aspekte der Persönlichkeit, Natur/Trieb)
24
Personas geben Zielgruppen Gesichter (Nutzertypen)
Wurzeln & Klassiker
25
In der Analytischen Psychologie sind
Archetypen auf Ur-Erfahrungen
basierende Urbilder der Menschen, die
als unbewusste Wirkfaktoren das
Verhalten und Erleben beeinflussen
und strukturieren.
• Geburt,
• Kindheit, Pubertät,
• Heirat
• ein Kind bekommen,
• Elternschaft,
• das Altwerden,
• Trennung, Tod
Archetypen, als Ur-Erfahrungen/Urbilder der Menschheit
Wurzeln & Klassiker
26
Archetypen, als Ur-Erfahrungen/Urbilder der Menschheit
Wurzeln & Klassiker
27
Archetypen: Vorsicht vor der bösen Hexe?
Wurzeln & Klassiker
28
(psychoanalytische) Wurzeln & Klassiker 3
29
Alfred Adler (1870 – 1937)
ein österreichischer Arzt und
Psychotherapeut, „Freud-
Schüler“ Begründer der
Individualpsychologie.
Alfred Adler, das Individuum im Kontext seiner sozialen Beziehungen
Wurzeln & Klassiker
30
Individualpsychologie als Grundlage der Reiss-Motivations-Profile
Wurzeln & Klassiker
31
Wurzeln & Klassiker
Censydiam: Die Ipsos Ansatz zur Analyse von Bedürfnissen/Motiven
32
Freud on Madison Avenue (1950er Jahre):
Ernest DICHTER & "The depth boys"
33
Ernest Dichter: „Freud on Madison Avenue“
34
Ps.: Es gab auch „depth girls“ z.B. Herta Herzog
http://www.bbc.co.uk/programmes/p009jd1g
35
Ern (e) st Dichter (geb. 1907 in Wien; gest. 1991 in
Peekskill bei New York)
- Emigrierte 1937 zuerst nach Paris, dann 1938 in die
USA
- 1943 Mitarbeiter bei verschiedenen Mafo- und
Medienforschungsinstituten
- 1946 gründete er sein Institut of Motivational
Research
Begründer der tiefenpsychologisch fundierten
Markt- und Konsumforschung:
„Motivational Research“
Ernest Dichter - Motivational Research
36
"Ich betrachte die Arbeit für eine Kosmetikfirma oder Waschmittelfirma eher wie ein
interessantes Spiel und eine wissenschaftliche Entdeckungsreise…
Ich will natürlich auch meine Klienten zufriedenstellen und ihnen das Gefühl geben, dass
sie jemanden gefunden haben, der tiefer vordringen kann und vielleicht gescheiter ist…
Ich fühle mich ein bißchen wie ein psychologischer Detektiv. Ich beobachte die
versteckten Indizien, höre mit dem dritten Ohr, interpretiere und freue mich dann
besonders, wenn ich etwas sehe, was allen anderen entgangen ist, vor allem den Klienten
für die ich arbeite…"
„Wenn ich Erkenntnisse und Erfahrungen weitergeben sollte, dann würde ich raten,
Beobachten zu lernen, die Verwendung der eigenen Sinne zu üben: richtig hinzuhören,
richtig zu sehen, richtig zu riechen, richtig zu tasten.“ (Mein Leben. 1977, 321)
Ernest Dichter - Motivational Research
Beruf: Motivforscher, Kulturanthropologe
37
"Die Methoden waren insofern psychoanalytisch, als ich
mich nicht von den oberflächlichen Antworten der
Befragten täuschen ließ und versuchte, herauszufinden,
was denn die wirklichen Motive waren, die
dahintersteckten.“
(Ernest Dichter, 1977, 15)
Ernest Dichter - Motivational Research
Methoden waren vor allem Beobachtung und Tiefeninterviews. (Er gilt als
“Vater der Tiefeninterviews”)
38
Ernest Dichter - Motivational Research
Interessant: Trotz vieler Bücher und internationaler Erfolge wird MR in
offiziellen (Mafo-) Lehrbüchern kaum (noch) erwähnt
39 39
„Automobiles aren’t simply for running errands or
getting to work.
They’re about
freedom,
personal identity,
youthful self-assertion,
and, of course,
sex.”
Ernest Dichter - Motivational Research
Abkehr von rationalen Kaufmotiven damals revolutionär – heute ganz
selbstverständlich!
40
Grundidee/Credo 1:
Unbewusste Wünsche
In jeder Kaufentscheidung
manifestieren sich die
Wünsche und Bedürfnisse
der Konsumenten.
Noch wichtiger: Ein
Großteil dieser Wünsche
ist unbewusst.
Ernest Dichter - Motivational Research
Grundidee der Motivforschung
41
Grundidee/Credo2:
Emotionalität
Jedes Produkt ist nicht nur ein
rationales Objekt, sondern hat
eine symbolische und
psychologische (emotionale)
Schicht, die es aufzuklären gilt.
Oft sind rationale Beweggründe
nur vordergründig - immer spielt
die Emotionalität die Hauptrolle,
archaische, holistische,
märchenhaft-mythische oder
religiöse Vorstellungen sind
immer Teil von "Glück"…
Ernest Dichter - Motivational Research
Grundidee der Motivforschung
42
Identität
Produkte und Marken, die wir kaufen sind eine Art Spiegel unserer
Wünsche, unser Persönlichkeit.
Wir benutzen Produkte/Marken um unsere Identität zu entwickeln,
auszudrücken und zu stabilisieren etc.
Ernest Dichter - Motivational Research
Grundidee der Motivforschung
43
* Methodisch: Übernahme von Methoden der klinischen
Psychologie
- -> projektive Verfahren
- -> Tiefeninterview
* Einführung des Begriff „Image“(Imago) für Produkte, Marken
* Betonung der symbolischen Bedeutung von Produkten und
Marken insbesondere auf die Identität des Konsumenten
* Einführung des Begriffs „Insight“ (-> Consumer Insight,
Cultural Insight)
* Jedes Produkt hat eine Seele, ist quasi lebendige
Projektionsfläche menschlicher Wunschvorstellungen
* Produkte und Marken können „personalisiert“ werden (->
Markenpersönlichkeit)
Ernest Dichter - Motivational Research
Einfluss von Ernest Dichter auf die Qualitative Marktforschung:
44 44
Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte…
So sahen Puppen ca. 1952 aus..
45 45
Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte…
Ruth Handler wollte eine andere Puppe und hatte
Anfang der 1950er Jahre die Idee, nach dem Vorbild der
Ankleidepuppen, mit denen ihre Tochter Barbara gerne
spielte, eine neue Puppe zu produzieren.
Nach dem Vorbild einer Abbildung, die die Hamburger
Bild-Zeitung nutzte…
Anmerkung: Die Bild Zeitung nutze damals eine vom
Zeichner Reinhard Beuthien gemalte Puppe als
Werbemittel, die „Bild-Lilli“.
Handler wollte so eine Puppe auf den Markt bringen
und beauftragte Dichter…
46
Dichter interviewte 191 Mädchen und 45 Mütter.
Ergebnis: die meisten jungen Mädchen liebten die
Puppe, die Mütter hassten sie.
Dichters Frau berichtete später: „He interviewed girls
about what they wanted in a doll. It turns out that what
they wanted was someone sexy looking, someone that
they wanted to grow up to be like. Long legs, big
breasts, glamorous.”
Dichter schlug vor, die Brüste der Barbie-Puppe noch
größer zu machen (sic!) – und schließlich hatte sie
Proportionen, die bei einer Frau den Maßen 99-46-84
cm entsprochen hätte…
Die legendäre Barbie, 1959 erstmals an einer US-Messe
präsentiert, ist heute die meistverkaufte Puppe der Welt.
Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte…
47 47
Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte…
48
Ernest Dichter – bekanntestes Zitat…
49
„Die erste Akte Marktforschung“ aus den 1950er Jahren:
Motivforschung, Werbung und Konsumentenmanipulation
(2018: Datenmanipulation)
50
Tiefenpsychologie & Psychoanalyse
fielen Ende der 1950 Jahre in Ungnade
u.a. weil man eine Manipulationstheorie befürchtete.
51
Motivforschung = Forschung für die manipulative
Werbung?
52
• Die geheimen Verführer ist ein Sachbuch das der
US-amerikanische Konsumkritiker Vance Packard
im Jahr 1957 unter dem englischen Originaltitel „The
Hidden Persuaders“ veröffentlichte. Es erregte
weltweit Aufsehen!
• Er kritisiert die Überredung des Konsumenten zu
Kaufentscheidungen, die nichts mit seinen
tatsächlichen Bedürfnissen zu tun haben.
• "Die geheimen Verführer" lieferte den Kritikern des
"Konsumterrors" Argumente und beeinflusste auch
die Studentenbewegung Ende der Sechzigerjahre.
Werbung wirkt & Kritik an den geheimen Verführern
53
Auflösung durch Paradigmenwechsel
Ein paar Jahre später war der “Manipulationsgedanke” (offiziell) wieder vom
Tisch. Der Konsument sei ja frei und intelligent 
54
55
Weiterführendes / Vertiefendes: z.B.
The Rise Of Consumer Culture
https://www.youtube.com/watch?v=eJ3RzGoQC4s

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Achtung Tiefe (in der psychologischen Markt- und Konsumforschung)

  • 1. 1 ACHTUNG TIEFE. EINE TRILOGIE FÜR SERIENJUNKIES HEUTE I: ODER „WAS BISHER GESCHAH…“ KAY KOSCHEL, IPSOS UU
  • 2. 2 Achtung Tiefe I – III. EINE TRILOGIE FÜR SERIENJUNKIES 50er Jahre - Motivational Research & MADMEN Heute - Neuroscience & BRAIN GAMES Morgen? Psychometrik durch KI / Algorithmen
  • 3. 3 Ein paar historische Vorbemerkungen
  • 4. 4 1920er Jahre: The Rise Of Consumer Culture 1/3 Von Schuhen bis zu Autos wurde alles funktional beworben, um einen „rationalen Verbraucher“ anzusprechen und den grundlegenden Bedarf zu decken.
  • 5. 5 “We must shift America from a needs - to a desires-culture. People must be trained to desire, to want new things, even before the old have been entirely consumed. […] Man's desires must overshadow his needs.” (Paul Mazur, Unternehmensberater in einem Artikel im Harvard Business Review von 1927) 1920er Jahre: The Rise Of Consumer Culture 2/3 Neues strategisches Ziel im Marketing: nicht den funktionalen BEDARF decken, sondern WÜNSCHE erwecken
  • 6. 6 1920er Jahre: The Rise Of Consumer Culture 3/3 “Happiness machines” als Schlüssel zum ökonom. Fortschritt” Elected in 1928, President Herbert Hoover was the first politician to embrace the central role of consumerism. Hoover told a group of advertisers and public relations men: "You have taken over the job of creating desire and have transformed people into constantly moving happiness machines. Machines which have become the key to economic progress.“ (Gewählt 1928, US-President Herbert Hoover)
  • 7. 7 1950er Jahre: Golden Age of Madison Avenue’
  • 8. 8 Die 1950er Jahre waren das goldene Zeitalter der Werbung, der Werbeagenturen… Consumers don‘t think how they feel. They don‘t say what they think and don‘t do what they say. David Ogilvy
  • 9. 9 …und der „schlüpfrigen Doppeldeutigkeiten“
  • 10. 10 Der „Motivforschung“ kam dabei eine wichtige Rolle zu!
  • 11. 11 (psychoanalytische) Wurzeln & Klassiker 1. die Psychoanalyse nach FREUD 2. die Individualpsychologie nach ADLER 3. die Analytische Psychologie nach JUNG
  • 12. 12 Sigmund Freud Vater der Psychoanalyse. (* 6. Mai 1856 in Freiberg + 23. September 1939 in London) Die Sprache als ein „Königsweg“ zum Unbewussten Wurzeln & Klassiker
  • 13. 13 Was wir von Freud für unsere Arbeit lernen können… 1. Das Unbewusste beherrscht weitgehend das Bewusstsein! 2. Das Unbewusste entwickelt sich weit vor dem Bewusstsein. 3. Wir haben wenig oder keine Kenntnis von dem, was uns wirklich antreibt! Wurzeln & Klassiker
  • 14. 14 Was wir von Freud für unsere Arbeit lernen können… Wurzeln & Klassiker
  • 15. 15 Achtung: Libido als stärkster Antrieb? Wurzeln & Klassiker
  • 16. 16 Produkte erscheinen “zwischengeschaltet” zwischen Trieb und Triebziel. Auch heute noch werden Waren über „sexuelle Versprechen“ symbolisch vermittelt. Wurzeln & Klassiker
  • 18. 18 Achtung Destrudo: Rauchen und schnelles Auto fahren = ein Todestrieb? Wurzeln & Klassiker
  • 19. 19 Achtung Destrudo: Gesunde Ernährung aus Angst vor dem Tod? Wurzeln & Klassiker
  • 20. 20 Das „Tiefeninterview“ – Ziel: Aufdecken „Gleichschwebenden Aufmerksamkeit“. • Wichtigste technische Grundregel der Gesprächsführung: „eine lockere, angenehme und wertneutrale Befragungssituation schaffen; zuhören, ohne bestimmte Inhalte / Äußerungen zu bevorzugen. • Weitere Anweisungen: • Keine Unterbrechungen – Erlauben die Gedanken / Geschichte / Erlebnisse zu entwickeln • Schweigen aushalten • Abweichungen, Barrieren, Widerstände / Widersprüche aushalten • Geduld haben Wurzeln & Klassiker
  • 22. 22 Carl Gustav Jung (* 26. Juli 1875 in Kesswil; † 6. Juni 1961 in Küsnacht). Schweizer Psychiater, "Freud- Schüler" und der Begründer der analytischen Psychologie. C.G. Jung und das „kollektive Unbewusste“. Wurzeln & Klassiker
  • 23. 23 Wurzeln & Klassiker Persona (äußere Maske des Ichs, gespielte Rolle) vs. Schatten (innere Seele, die dunkeln Aspekte der Persönlichkeit, Natur/Trieb)
  • 24. 24 Personas geben Zielgruppen Gesichter (Nutzertypen) Wurzeln & Klassiker
  • 25. 25 In der Analytischen Psychologie sind Archetypen auf Ur-Erfahrungen basierende Urbilder der Menschen, die als unbewusste Wirkfaktoren das Verhalten und Erleben beeinflussen und strukturieren. • Geburt, • Kindheit, Pubertät, • Heirat • ein Kind bekommen, • Elternschaft, • das Altwerden, • Trennung, Tod Archetypen, als Ur-Erfahrungen/Urbilder der Menschheit Wurzeln & Klassiker
  • 26. 26 Archetypen, als Ur-Erfahrungen/Urbilder der Menschheit Wurzeln & Klassiker
  • 27. 27 Archetypen: Vorsicht vor der bösen Hexe? Wurzeln & Klassiker
  • 29. 29 Alfred Adler (1870 – 1937) ein österreichischer Arzt und Psychotherapeut, „Freud- Schüler“ Begründer der Individualpsychologie. Alfred Adler, das Individuum im Kontext seiner sozialen Beziehungen Wurzeln & Klassiker
  • 30. 30 Individualpsychologie als Grundlage der Reiss-Motivations-Profile Wurzeln & Klassiker
  • 31. 31 Wurzeln & Klassiker Censydiam: Die Ipsos Ansatz zur Analyse von Bedürfnissen/Motiven
  • 32. 32 Freud on Madison Avenue (1950er Jahre): Ernest DICHTER & "The depth boys"
  • 33. 33 Ernest Dichter: „Freud on Madison Avenue“
  • 34. 34 Ps.: Es gab auch „depth girls“ z.B. Herta Herzog http://www.bbc.co.uk/programmes/p009jd1g
  • 35. 35 Ern (e) st Dichter (geb. 1907 in Wien; gest. 1991 in Peekskill bei New York) - Emigrierte 1937 zuerst nach Paris, dann 1938 in die USA - 1943 Mitarbeiter bei verschiedenen Mafo- und Medienforschungsinstituten - 1946 gründete er sein Institut of Motivational Research Begründer der tiefenpsychologisch fundierten Markt- und Konsumforschung: „Motivational Research“ Ernest Dichter - Motivational Research
  • 36. 36 "Ich betrachte die Arbeit für eine Kosmetikfirma oder Waschmittelfirma eher wie ein interessantes Spiel und eine wissenschaftliche Entdeckungsreise… Ich will natürlich auch meine Klienten zufriedenstellen und ihnen das Gefühl geben, dass sie jemanden gefunden haben, der tiefer vordringen kann und vielleicht gescheiter ist… Ich fühle mich ein bißchen wie ein psychologischer Detektiv. Ich beobachte die versteckten Indizien, höre mit dem dritten Ohr, interpretiere und freue mich dann besonders, wenn ich etwas sehe, was allen anderen entgangen ist, vor allem den Klienten für die ich arbeite…" „Wenn ich Erkenntnisse und Erfahrungen weitergeben sollte, dann würde ich raten, Beobachten zu lernen, die Verwendung der eigenen Sinne zu üben: richtig hinzuhören, richtig zu sehen, richtig zu riechen, richtig zu tasten.“ (Mein Leben. 1977, 321) Ernest Dichter - Motivational Research Beruf: Motivforscher, Kulturanthropologe
  • 37. 37 "Die Methoden waren insofern psychoanalytisch, als ich mich nicht von den oberflächlichen Antworten der Befragten täuschen ließ und versuchte, herauszufinden, was denn die wirklichen Motive waren, die dahintersteckten.“ (Ernest Dichter, 1977, 15) Ernest Dichter - Motivational Research Methoden waren vor allem Beobachtung und Tiefeninterviews. (Er gilt als “Vater der Tiefeninterviews”)
  • 38. 38 Ernest Dichter - Motivational Research Interessant: Trotz vieler Bücher und internationaler Erfolge wird MR in offiziellen (Mafo-) Lehrbüchern kaum (noch) erwähnt
  • 39. 39 39 „Automobiles aren’t simply for running errands or getting to work. They’re about freedom, personal identity, youthful self-assertion, and, of course, sex.” Ernest Dichter - Motivational Research Abkehr von rationalen Kaufmotiven damals revolutionär – heute ganz selbstverständlich!
  • 40. 40 Grundidee/Credo 1: Unbewusste Wünsche In jeder Kaufentscheidung manifestieren sich die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten. Noch wichtiger: Ein Großteil dieser Wünsche ist unbewusst. Ernest Dichter - Motivational Research Grundidee der Motivforschung
  • 41. 41 Grundidee/Credo2: Emotionalität Jedes Produkt ist nicht nur ein rationales Objekt, sondern hat eine symbolische und psychologische (emotionale) Schicht, die es aufzuklären gilt. Oft sind rationale Beweggründe nur vordergründig - immer spielt die Emotionalität die Hauptrolle, archaische, holistische, märchenhaft-mythische oder religiöse Vorstellungen sind immer Teil von "Glück"… Ernest Dichter - Motivational Research Grundidee der Motivforschung
  • 42. 42 Identität Produkte und Marken, die wir kaufen sind eine Art Spiegel unserer Wünsche, unser Persönlichkeit. Wir benutzen Produkte/Marken um unsere Identität zu entwickeln, auszudrücken und zu stabilisieren etc. Ernest Dichter - Motivational Research Grundidee der Motivforschung
  • 43. 43 * Methodisch: Übernahme von Methoden der klinischen Psychologie - -> projektive Verfahren - -> Tiefeninterview * Einführung des Begriff „Image“(Imago) für Produkte, Marken * Betonung der symbolischen Bedeutung von Produkten und Marken insbesondere auf die Identität des Konsumenten * Einführung des Begriffs „Insight“ (-> Consumer Insight, Cultural Insight) * Jedes Produkt hat eine Seele, ist quasi lebendige Projektionsfläche menschlicher Wunschvorstellungen * Produkte und Marken können „personalisiert“ werden (-> Markenpersönlichkeit) Ernest Dichter - Motivational Research Einfluss von Ernest Dichter auf die Qualitative Marktforschung:
  • 44. 44 44 Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte… So sahen Puppen ca. 1952 aus..
  • 45. 45 45 Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte… Ruth Handler wollte eine andere Puppe und hatte Anfang der 1950er Jahre die Idee, nach dem Vorbild der Ankleidepuppen, mit denen ihre Tochter Barbara gerne spielte, eine neue Puppe zu produzieren. Nach dem Vorbild einer Abbildung, die die Hamburger Bild-Zeitung nutzte… Anmerkung: Die Bild Zeitung nutze damals eine vom Zeichner Reinhard Beuthien gemalte Puppe als Werbemittel, die „Bild-Lilli“. Handler wollte so eine Puppe auf den Markt bringen und beauftragte Dichter…
  • 46. 46 Dichter interviewte 191 Mädchen und 45 Mütter. Ergebnis: die meisten jungen Mädchen liebten die Puppe, die Mütter hassten sie. Dichters Frau berichtete später: „He interviewed girls about what they wanted in a doll. It turns out that what they wanted was someone sexy looking, someone that they wanted to grow up to be like. Long legs, big breasts, glamorous.” Dichter schlug vor, die Brüste der Barbie-Puppe noch größer zu machen (sic!) – und schließlich hatte sie Proportionen, die bei einer Frau den Maßen 99-46-84 cm entsprochen hätte… Die legendäre Barbie, 1959 erstmals an einer US-Messe präsentiert, ist heute die meistverkaufte Puppe der Welt. Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte…
  • 47. 47 47 Ernest Dichter – Ein paar seiner Forschungsprojekte…
  • 48. 48 Ernest Dichter – bekanntestes Zitat…
  • 49. 49 „Die erste Akte Marktforschung“ aus den 1950er Jahren: Motivforschung, Werbung und Konsumentenmanipulation (2018: Datenmanipulation)
  • 50. 50 Tiefenpsychologie & Psychoanalyse fielen Ende der 1950 Jahre in Ungnade u.a. weil man eine Manipulationstheorie befürchtete.
  • 51. 51 Motivforschung = Forschung für die manipulative Werbung?
  • 52. 52 • Die geheimen Verführer ist ein Sachbuch das der US-amerikanische Konsumkritiker Vance Packard im Jahr 1957 unter dem englischen Originaltitel „The Hidden Persuaders“ veröffentlichte. Es erregte weltweit Aufsehen! • Er kritisiert die Überredung des Konsumenten zu Kaufentscheidungen, die nichts mit seinen tatsächlichen Bedürfnissen zu tun haben. • "Die geheimen Verführer" lieferte den Kritikern des "Konsumterrors" Argumente und beeinflusste auch die Studentenbewegung Ende der Sechzigerjahre. Werbung wirkt & Kritik an den geheimen Verführern
  • 53. 53 Auflösung durch Paradigmenwechsel Ein paar Jahre später war der “Manipulationsgedanke” (offiziell) wieder vom Tisch. Der Konsument sei ja frei und intelligent 
  • 54. 54
  • 55. 55 Weiterführendes / Vertiefendes: z.B. The Rise Of Consumer Culture https://www.youtube.com/watch?v=eJ3RzGoQC4s