Dr. Achim Gmilkowsky: Vertragsgestaltung für Fotografen, Teil 1
Damm, Rinsche: Vom schwierigen Umgang mit den Medien – Grundlagen des Presserechts
1. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G1 Presserecht
Vom schwierigen Umgang mit den Medien
Grundlagen des Presserechts
Renate Damm
Rechtsanwältin in Hamburg, Mitglied der Anwaltssozietät Damm & Mann in
Hamburg; von 1983 bis 2002 Lehrbeauftragte für Medienrecht an der Universität
München; seit 1992 Dozentin am Institut für Kultur- und Medienmanagement der
Hochschule für Musik und Theater in Hamburg
Dr. Karen Rinsche
Verlagsjustitiarin in Düsseldorf; Lehrbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung
und des Instituts zur Förderung Publizistischen Nachwuchses (IFP), München
Inhalt Seite
1. Einleitung 2
2. Verfassungsrechtliche Verankerung der Meinungs-, Presse-
und Informationsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 GG 3
2.1 Was dürfen die Medien? 3
2.2 Was darf die Kunst? 4
3. Überblick über die äußerungsrechtlichen Ansprüche 7
3.1 Gegendarstellung 7
3.2 Unterlassung 13
3.3 Widerruf 16
3.4 Schadensersatzansprüche 17 G
4. Aspekte des Persönlichkeitsschutzes 20 1.1
4.1 Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen 20
S. 1
4.2 Recht am eigenen Bild 22
4.3 Textberichterstattung 24
4.4 Recht am eigenen Namen 26
5. Kulturschaffende als Medienakteure 26
Bayern: Gesetz über die Presse 27
§ 24 des Thüringer Privatrundfunkgesetzes 30
Die Darstellung der Kultur und Kulturschaffender in den Medien gibt immer
wieder Anlass zu aufwendigen und kostspieligen Auseinandersetzungen, in denen
eine „Berichtigung“ der Veröffentlichung verlangt wird. In diesem Beitrag erfah-
ren Sie, was wie und warum von wem veröffentlicht bzw. gerade nicht veröffent-
licht werden darf, und ob es möglich ist, den einmal angerichteten „Schaden“
befriedigend aus der Welt zu schaffen.
24 Kultur & Recht Mai 2004
2. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G1 Presserecht
1. Einleitung
Kulturarbeit findet nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Folgerichtig
stehen Kultur- und Medienschaffende in engem, aber nicht zwangsläufig freund-
schaftlichem Kontakt.
Kulturbetrieb und Medien gehören eigentlich auf dieselbe Seite: Die Medien
wenden sich an die Öffentlichkeit, die Kulturbetriebe genauso. Dennoch gibt es
eine Fülle von Konfliktpunkten. Kulturbetriebe sind auf eine möglichst positive
Medienberichterstattung angewiesen. Kritiken über Premieren entscheiden oft
über den wirtschaftlichen Erfolg einer Inszenierung. Deshalb müssen Kulturbe-
triebe ständig versuchen, die Medien für sich günstig zu stimmen, eine positive
Berichterstattung zu erreichen. Insoweit unterscheidet sich ein Kulturbetrieb nicht
von einem Wirtschaftsunternehmen, auch dort spielt die Pressearbeit, die Öffent-
lichkeitsarbeit eine wichtige Rolle. Nun ist die Beziehung zwischen Medien und
dem Kulturbetrieb nicht ganz so heil wie es aus der Sicht der Kulturschaffenden
wünschenswert wäre. Was ist zu tun, was kann getan werden, wenn beispielswei-
se eine Theaterkritik aus der Sicht des betreffenden Theaters zu Unrecht negativ
ausfällt? Wie können oder sollen Kulturbetriebe sich gegen eine falsche und/oder
geschäftsschädigende Berichterstattung in den Medien wehren? Sollen sie sich
mit juristischen Mitteln gegen die Medien zur Wehr setzen? Besteht dann nicht
die Sorge, dass die Medien „nachtragend“ sind und sich erst recht auf den betref-
fenden Kulturbetrieb publizistisch „einschießen“? Um es literarisch auszudrü-
cken: Dieses ist wirklich ein „weites Feld“! Hier lässt sich keine allgemeine
Feststellung, schon gar nicht rechtlicher Art treffen, sondern es kommt sehr auf
G
die Einzelsituation, auf den einzelnen Konflikt zwischen Kulturbetrieb und dem
1.1
betreffenden Medium an. Höchst unjuristisch ist es außerordentlich empfehlens-
S. 2 wert, wenn ein Kulturbetrieb sich genauso verhält wie ein Wirtschaftsunterneh-
men. Wenn er also eine vernünftige Öffentlichkeitsarbeit betreibt, den persönli-
chen Kontakt zu den Medienvertretern sucht und nicht gleich jeden kleinen Feh-
ler, den ein Theaterkritiker und/oder eine Theaterkritikerin begeht, aufspießt, um
sich beispielsweise beim Chefredakteur oder der Verlagsleitung zu beschweren.
Andererseits müssen sich Kulturbetriebe gegebenenfalls auch mit rechtlichen
Mitteln gegen eine - massive - falsche Berichterstattung wehren. Es ist also eine
Art Gratwanderung, bei der allerdings zu berücksichtigen ist, dass ein gewisser
Unterschied zwischen den Beziehungsgeflechten zwischen Wirtschaftsunterneh-
men und Medien zu denjenigen zwischen Kulturbetrieben und Medien besteht,
denn auch Journalisten und Journalistinnen sind Kulturkonsumenten. Oft haben
Journalisten eine ähnliche Ausbildung wie die Mitarbeiter der Kulturbetriebe.
Häufig passiert es auch, dass ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von
Kulturbetrieben in Medienbetriebe überwechseln und umgekehrt. Auffällig ist bei
einer einigermaßen objektiven Beobachtung der Kulturszene die Tatsache, dass
Kritiker nahezu in einem rechtsfreien Raum agieren. Es gibt so gut wie keine
Auseinandersetzungen zwischen Kulturschaffenden und Kritikern. Selbst wenn
Kritiker eine Theateraufführung - ob zu Recht oder zu Unrecht - total „verrei-
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3. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G1 Presserecht
ßen“, wenn sie vor persönlichen Beleidigungen, sei es des Intendanten, sei es
einzelner Ensemblemitglieder, nicht zurückschrecken, führt dieses so gut wie nie
zu juristischen Auseinandersetzungen. Man möchte meinen, dass sich Kultur-
schaffende davor scheuen, mit rechtlichen Mitteln gegen ihre Kritiker vorzuge-
hen. Dabei unterliegt die Kritik im kulturellen Bereich den gleichen Kriterien wie
jede andere kritische Äußerung. Dies ist der Ansatzpunkt für die Frage, ob und
wie gegen die Berichterstattung vorgegangen werden kann. Diese Frage beant-
wortet das Medien- bzw. Äußerungsrecht. Umgekehrt kann auch die Kultur in das
Visier wütender Betroffener geraten: Wer sich oder sein Leben zu einem Theater-
stück umgestaltet auf der Bühne entdeckt, mag mit der Art der Darstellung nicht
zwingend zufrieden sein. Schließlich sind Kulturschaffende auch aktiver Be-
standteil der Medienlandschaft: Durch Pressemitteilungen, Programmhefte oder
eigene Veröffentlichungen haben auch sie die Grundsätze des Presse- bzw. Me-
dienrechts zu beachten. Dieser Beitrag soll die oben beschriebenen Berührungs-
punkte rechtlich aufarbeiten und als Einstieg in solche Rechtsfragen dienen,
denen Kulturschaffende bei ihrer täglichen Arbeit begegnen. Dabei hat die
Rechtsmaterie viele Namen: Presse- und Äußerungsrecht, Rundfunkrecht und
angrenzende Bereiche werden zunehmend unter den Begriff des Medienrechts
zusammengefasst. Im Rahmen des vorliegenden Einführungsbeitrages sollen die
Grundzüge des Presse- u. Äußerungsrechts im Vordergrund stehen.
2. Verfassungsrechtliche Verankerung der
Meinungs-, Presse- und
Informationsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 GG G
1.1
2.1 Was dürfen die Medien? S. 3
Die Medien haben verfassungsrechtlich eine starke Position. Ob zu Recht oder zu
Unrecht, werden Sie oft als vierte Kraft im Staate bezeichnet. Die Medien sind
aber auch oft die „Prügelknaben“ der Nation, ihnen wird allzu gern die „Schuld“
an einem Misserfolg, an einer Indiskretion zugeschoben, das gilt für den Bereich
der Politik noch stärker als für den der Kultur.
Verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte sind die in Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz
(GG) niedergelegten Kommunikationsfreiheiten. Geschützt werden:
- die Freiheit der Meinungsäußerung,
- die Informationsfreiheit und
- die Presse- bzw. Rundfunkfreiheit.
Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass jedermann das Recht hat, seine Mei-
nung frei zu äußern. Das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit umfasst
auch die Verbreitung von - wahren - Tatsachen. Es ist deshalb eigentlich klarer,
statt von Meinungsäußerungsfreiheit von der Äußerungsfreiheit zu sprechen.
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4. G Presse- und Persönlichkeitsrecht
G1 Presserecht
Die Informationsfreiheit meint die Freiheit, sich ohne staatliche Einwirkung und
ohne Zwang aus allgemein zugänglichen Quellen informieren zu können. Für
beide, also für die Äußerungs- und für die Informationsfreiheit, spielt die Presse-
freiheit eine besonders wichtige Rolle. Das Bundesverfassungsgericht drückte es
in der Spiegel-Entscheidung 1 so aus: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Ge-
walt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist Wesenselement des freiheit-
lichen Staates und für die moderne Demokratie unentbehrlich.“
Die Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zu ihrer
Verbreitung.2 Auf den Inhalt und auf die Qualität des Presseerzeugnisses kommt
es für den verfassungsrechtlichen Schutz nicht an.
Die Kommunikationsgrundrechte werden allerdings nicht schrankenlos gewährt.
Dies ergibt sich aus Art. 5 Abs. 2 GG. Dort werden Äußerungs-, Informations-
und Presse- bzw. Rundfunkfreiheit den Schranken der allgemeinen Gesetze, des
Jugendschutzes und des Ehrschutzes unterworfen. Auf das Recht der freien Mei-
nungsäußerung kann sich z. B. nicht stützen, wer es dazu missbraucht, einen
anderen in dessen Ehre zu verletzen oder gegen die allgemeinen Gesetze zu ver-
stoßen. Bei Kollisionen zwischen der Presse-, Informations- oder Meinungsfrei-
heit und den allgemeinen Gesetzen findet eine Güterabwägung im Einzelfall statt.
Zu diesen allgemeinen Gesetzen gehören auch andere Grundrechte. So kann das
Grundrecht der allgemeinen Meinungsäußerungsfreiheit mit dem Grundrecht der
Pressefreiheit genauso kollidieren wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das
durch Art. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) und Art. 2 GG (Persönliches Frei-
heitsrecht) geschützt ist. Bei der Abwägung zwischen der Pressefreiheit auf der
G einen und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf der anderen Seite stellen die
1.1 Gerichte insbesondere auf das öffentliche Interesse an der Berichterstattung ab.
S. 4 Wird über rein private Vorgänge berichtet, so fällt die Güterabwägung in der
Regel zugunsten des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes aus. Es
macht also einen Unterschied, ob die Berichterstattung z. B. die Kritik über eine
Opernpremiere betrifft, oder ob Einzelheiten aus dem Privatleben der Operndiva
dargestellt werden.
2.2 Was darf die Kunst?
Auch die Kunstfreiheit, die im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 3 GG geschützt wird,
kann bei der Güterabwägung eine Rolle spielen. In Art. 5 Abs. 3 GG heißt es
schlicht und einfach: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ Während
also die in Art. 5 Abs. 1 GG genannten Kommunikationsfreiheiten in Art. 5 Abs.
2 GG beschränkt werden, gelten diese Schranken nach dem Wortlaut nicht für
Art. 5 Abs. 3 GG.
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