2. Wir brauchen eine Kapitalmarktunion, weil…
Die Kapitalmarktunion
ist eine notwendige Antwort auf den sich ändernden Finanzierungsbedarf
der Wirtschaft (Innovation, Digitalisierung, Internationalisierung)
ermöglich es den Bürgern, am Wachstum in Europa direkt zu
partizipieren (vor dem Hintergrund Niedrigzinsen und demographischer
Veränderungen)
stärkt durch Risikoverteilung die Finanzmarktstabilität in Europa
stärkt Europas globale Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität.
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3. Banken bringen Emittenten und Anleger zusammen
Finanzierung über den Kapitalmarkt
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Intermediäre
Banken als
zentrale
Servicedienst-
leister
Anleger
Geben Kapital
Benötigen
Anlegerschutz
Emittenten
Suchen Kapital
Wollen breiten
Zugang
Rechtliche Rahmenbedingungen: EU-weit einheitlich, transparent, effizient und verlässlich
Wettbewerb Effizienz Marktlösungen
5. 1. Effizientere EU-Wertpapiermärkte
Hürde
Der Handel mit Kapitalmarkt-
produkten wird begleitet vom
„Nachhandel“: die Abwicklung,
Verwahrung und Verwaltung von
Kapitalmarktprodukten.
Der Nachhandel unterliegt
national gewachsenen Regeln
(Gesellschafts-, Wertpapier-,
Insolvenzrecht, Steuergesetze,
Regulierung).
Diese Fragmentierung besteht
fort, verursacht Ineffizienzen
zulasten der Anleger und der
Emittenten und sollte weiter
abgebaut werden.
Zielvorstellung
Innerhalb der EU darf es keine
Hemmnisse bei Nachhandels-
aktivitäten geben.
Grenzüberschreitende
Investitionen in Wertpapiere
sollten für die Anleger so
bequem und kostengünstig sein
wie im Inland.
Emittenten sollten leichteren
Zugang zu Investoren außerhalb
des eigenen Mitgliedsstaats
erhalten.
Die Effizienz der Prozesse soll
gesteigert werden.
Maßnahme
2017 hat die von der EU-
Kommission eingesetzte
Expertengruppe „European Post
Trade Forum“ (EPTF) die
Harmonisierungsfortschritte
bewertet und Lösungsvorschläge
vorgelegt, mit denen sich
bestehende Hürden überwinden
lassen.
Die Marktinfrastrukturen würden
effizienter und robuster gestaltet.
Bankenverband spricht sich für
Priorisierung bestimmter
Maßnahmen aus.
EU-weit einheitliche Prozesse in der Handelsabwicklung und Wertpapierverwaltung
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6. 2. Insolvenzrecht gezielt harmonisieren
Hürde
Trotz der EU-Finanzsicherheiten-
richtlinie (FCD) herrscht Rechts-
unsicherheit über die Verläss-
lichkeit der rechtlichen Aner-
kennung üblicher Finanzsicher-
heiten.
Die effektive Risikobegrenzung
insbesondere im Insolvenzfall ist
dadurch beeinträchtigt.
Zielvorstellung
In einer funktionierenden
Kapitalmarktunion müssen sich
alle Marktteilnehmer auf die
rechtliche Wirksamkeit von
Sicherheiten- und Netting-
vereinbarungen bei grenz-
überschreitenden Transaktionen
verlassen können.
Maßnahme
Klarstellung und Ergänzung auf
EU- und nationaler Ebene zwecks
rechtlicher Vereinheitlichung,
damit auch bei grenzüberschrei-
tenden Transaktionen Recht-
sicherheit besteht.
EU-weit einheitliche rechtliche Beurteilung von Sicherheiten- und Netting-Vereinbarungen
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7. 3. Anlegerschutz mit Augenmaß
Hürde
Einige der EU-Regeln MiFID II und
PRIIP haben negative
Auswirkungen auf die
Kapitalmarktaktivitäten:
Institute haben ihre Produkt- und
Dienstleistungsangebote deutlich
reduziert,
Kunden sind über die Flut an
Pflichtinformationen frustriert,
Unternehmensanleihen werden
z.B. nicht mehr an Kleinanleger
vertrieben, obwohl geeignet,
unterschiedliche Regelungen zur
Kostentransparenz verwirren
Kunden und verursachen
Ineffizienz.
Zielvorstellung
Anlegerschützende Vorgaben
müssen konsistent, klar und
für den Anwender unmiss-
verständlich sein.
Anlegerschutzvorgaben für
professionelle Anleger sollten
sich von solchen für Kleinanleger
unterscheiden dürfen.
Anleger und Emittenten sollen –
unter Wahrung beiderseitiger
Interessen – leichter zusammen
finden.
Maßnahme
Bestimmte Vorgaben in der PRIIP-
Verordnung und MiFID II sollten
überarbeitet/korrigiert werden:
der Anwendungsbereich der
PRIIP-Verordnung sollte
konkretisiert werden,
die Regulierung sollte die
Duplizierung der Angaben zu
den Produktkosten vermeiden,
die differenzierte Behandlung
von Kunden aufgrund ihrer
unterschiedlichen Kenntnisse und
Erfahrungen sollte grundsätzlich
möglich sein.
Korrekturen, damit Anleger für sie geeignete Produkte weiterhin erwerben können
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8. 4. Verbriefungsmarkt stärken
Hürde
Die in Teilen zu scharfe EU-
Regulierung (z.B. EK-Unter-
legung) hat hochwertige
Verbriefungstranchen gegenüber
vergleichbaren Instrumenten
(wie z.B. dem Covered Bond)
benachteiligt. Der Verbriefungs-
markt in Europa hat dadurch
gelitten.
Zielvorstellung
Verbriefungen ermöglichen es,
die in Europa stark kredit-
getriebene Finanzierung der
kleinen und mittelständischen
Unternehmen an den
Kapitalmarkt zu bringen und die
Risiken besser zu verteilen.
Eine risikosensitivere Regulierung
ist nötig – unangemessen harte
Vorgaben gefährden das
Instrument zulasten der
Finanzierung der Wirtschaft.
Maßnahme
Eine grundsätzliche Überarbeitung
des gerade implementierten
Regelwerkes, sollte vermieden
werden. Anpassungen sind aber
nötig:
Mindestrisikogewichte absenken
(für hochwertige Tranchen, für
NPL, auch für Versicherungen als
Investoren),
Anerkennung der Liquidität
hochwertiger STS-Verbriefungen,
Reduzierung der Offenlegungs-
pflichten bei privaten
Verbriefungen,
Einbeziehung von Syntheten in
das STS-Rahmenwerk.
Verbriefungsregulierung anpassen, um das Produkt nicht zu benachteiligen
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9. 5. Sandboxes schaffen
Hürde
Digitale Finanzinnovationen
bedürfen einer schnellen Klärung
der anwendbaren Vorschriften.
Sandboxes bieten die Möglichkeit
durch engen Austausch zwischen
Aufseher und Innovator schnell
Rechtssicherheit herzustellen.
Allerdings gibt es in der EU nur
sehr wenige Sandboxes.
Aufgrund zu weniger nationaler
Sandboxes gibt es auch keine
echte europäische Abstim-
mung und kein Level Playing
Field.
Zielvorstellung
Im ersten Schritt: Möglichst
viele Mitgliedsstaaten sollten eine
Sandbox einrichten, und diese
sollten sich untereinander eng
koordinieren.
Im zweiten Schritt: Eng begrenzte
Ausnahmen von Regulierung zur
Erprobung von Produkten in
Erwägung ziehen. Langfristig
sollte dazu über eine europä-
ische Sandbox nachgedacht
werden,
denn nationale Ausnahmen von
der EU-Regulierung sind nicht
möglich und wären auch nicht
sinnvoll.
Maßnahme
Im ersten Schritt: Schnelle
Rechtssicherheit durch engen
Austausch zwischen Aufseher und
Innovator darüber, welche Regeln
für neue Geschäftsmodelle
Anwendung finden.
Im zweiten Schritt: Schaffung von
Experimentierräumen, in denen
Regeln eng begrenzt ausgesetzt
werden können, um Geschäfts-
modelle zu erproben.
Aufbau weiterer Sandboxes in EU zur effizienten Entwicklung digitaler Geschäftsideen
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10. 6. Steuerbemessungsgrundlage angleichen
Hürde
Bei ihren grenzüberschreitenden
Tätigkeiten stoßen Unternehmen
(auch Banken) in der EU nicht nur
auf unterschiedliche Besteuerung,
sondern auch auf unterschiedliche
Steuerbemessungsgrundlagen.
Dies führt zu Ineffizienz und
Wettbewerbsnachteilen.
Vorschläge der KOM zur Harmo-
nisierung wurden nur vom EP,
nicht aber vom Rat unterstützt
und daher bislang nicht
umgesetzt.
Zielvorstellung
In steuerlicher Hinsicht sollten die
– grenzüberschreitend tätigen -
Unternehmen/Banken in der EU
möglichst einheitlichen Wett-
bewerbsbedingungen unterliegen.
Schon eine Vereinheitlichung der
Steuerbemessungsgrundlagen
würde die Besteuerung in der EU
verzerrungsfreier, gestaltungs-
resistenter und damit gerechter
machen.
Maßnahme
Die Mitgliedsstaaten sollten die
Vorschläge der KOM aus 2018
umsetzen.
EU-weite Angleichung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage
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11. 7. Finanztransaktionssteuer absagen
Hürde
Die Einführung (im Rahmen der
verstärkten Zusammenarbeit) einer
FTT auf Aktien kapitalstarker börsen-
notierter Unternehmen würde die
gesamte Wirtschaft vom Unternehmen
bis zum Kleinanleger treffen.
Diese FTT konterkariert die Schaffung
zusätzlicher privater Altersvorsorge. Sie
behindert börsennotierte Unternehmen
bei der Eigenkapitalaufnahme durch
Ausgabe von Aktien, benachteiligt
Kapitalmärkte in der EU, führt zu
Wettbewerbsverzerrungen und fördert
die Abwanderung der Geschäfte in
Finanzmärkte ohne FTT.
Zielvorstellung
Der Aufbau einer Kapitalmarkt-
union darf durch die Einführung
einer FTT nicht torpediert
werden.
Keine Einführung einer FTT
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12. 8. Umsatzbesteuerung von Finanzdienstl. überarbeiten
Hürde
Finanzdienstleistungen (z.B.
Kredite) sind in der EU zwar
umsatzsteuerbefreit – die EU-
Richtlinie ist aber veraltet (u.a.
Definition von FDL) und wird von
den Mitgliedsstaaten unterschied-
lich angewendet.
Wettbewerbsverzerrungen
innerhalb der EU, aber auch
Nachteile im globalen Wettbewerb
beinträchtigen den europäischen
Kapitalmarkt.
Zielvorstellung
Die EU benötigt einen einheit-
lichen, modernen Rechtsrahmen,
der Rechtssicherheit schafft und
der eine umsatzsteuerliche
Gleichbehandlung der
Finanzdienstleistungen von
Banken und FinTechs sichert.
Maßnahme
Die von der Kommission im Juni
2019 vergebene „Studie zur
Überprüfung der Mehrwertsteuer-
vorschriften für Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen“
soll ihre Ergebnisse im Juli 2020
vorlegen.
Im Anschluss sollte die KOM
erneut einen Vorschlag zur
Überarbeitung der Umsatz-
besteuerung von Finanzdienst-
leistungen vorlegen.
Überarbeitung, damit die Wettbewerbsfähigkeit in globalen Finanzmärkten gesichert wird
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Hinweis der Redaktion
2019: Bankenverband/EBF haben mit Markets for Europe (= breite Unterstützung) Argumente für Kapitalmarktunion vorgelegt
November 2019: Kommission richtet „High Level Forum on Capital Markets Union“ ein, besetzt mit 28 hochrangigen Experten.
Soll Bericht mit Politikempfehlungen im Mai 2020 vorlegen.
Die Kapitalmarktunion bekommt eine neue Chance.
Bankenverband veröffentlich heute Positionspapier mit 8 konkreten Forderungen (die in den kommenden 4 Jahren umgesetzt werden könnten).
Warum brauchen wir die Kapitalmarktunion?
Die Kapitalmarktunion muss so konzipiert werden, dass alle Seiten profitieren können: Staaten, Bürger, Unternehmen. Europa insgesamt.
Die Wirtschaft in der EU ist nach wie vor überwiegend über Bankenkredite finanziert. Sie wird aber zunehmend Kapitalmarktlösungen benötigen: Zur Finanzierung von Innovation; digitaler Transformation; weiterhin: Internationalisierung. (Eigenkapital; Verbriefung)
Die Bürger müssen – um ihren Wohlstand zu erhalten – stärker am Wirtschaftswachstum partizipieren. Insbesondere auch mit Blick auf ihre Altersvorsorge.
Insgesamt würde ein Ausbau des Kapitalmarktes die Finanzmarktstabilität stärken.
Nicht zuletzt: Der globale Aspekt. Es wird immer deutlicher, dass die Finanzmärkte insgesamt – inkl. einer starken Kapitalmarktunion - für die globale Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität Europas von elementarer/strategischer Bedeutung sind. (Sonst wird Europa zum Spielball anderer Märkte und Weltmächte.)
Die Maßnahmen zur Stärkung der Kapitalmarktunion müssen auf ein stimmiges Grundkonzept aufbauen. Regulierung darf kein Flickenteppich sein (bleiben).
Die Politik muss die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen setzen, innerhalb derer die Marktteilnehmer Lösungen und Produkte entwickeln, die dem Bedarf der Wirtschaft entsprechen und die sich über die Zeit als wettbewerbsfähig erweisen.
Zum Grundkonzept:
Der Kapitalmarkt führt (ergänzend zur Einlage-Kredit-Vermittlung von Banken) verschiedene Anleger einerseits und Emittenten andererseits zusammen.
Der gewünschte Ausbau der Kapitalmärkte betrifft daher beide Seiten, Anleger und Emittenten.
Er betrifft auch die zwischen ihnen stattfindende Intermediation. Banken sind Mittler und zentrale Servicedienstleister im Kapitalmarkt.
Beide Seiten, Anleger und Emittenten, gehören zu den Kunden der Banken. Die Banken müssen dem Bedarf beider Seiten gerecht werden. Beide Seiten sowie die Banken haben ein Interesse an Effizienz und an der Überwindung nationaler Grenzen.
Wichtig ist: Schutzbedürfnisse von Anlegern einerseits und die Finanzierungsziele von Emittenten andererseits müssen ausbalanciert sein.
„Ein zu einfacher Zugang von Unternehmen an den Markt steht den Anlegerinteressen entgegen, ein zu weitgehender Schutz der Anleger läuft den Emittenteninteressen zuwider. Ein zu starkes Ungleichgewicht ginge letztlich zu Lasten aller.“
Anlegerschutz: nötige Information/Transparenz, aber auch Entscheidungsfreiheit und Verantwortung
Emittenten: kostengünstige, innovative, verlässliche, grenzüberschreitende Finanzierungslösungen
Bürokratie vermeiden. Effizienz steigern.
Die heutigen Märkte sind historisch auf Basis nationaler Rechtsordnungen gewachsen.
Um den grenzüberschreitenden Markt zu stärken muss man an gezielten Stellen nationale Rechtsordnungen harmonisieren [ohne sich zwangsläufig an der strengsten oder an der lockersten nationalen Vorgabe als Lösung für eine EU-weite Anwendung zu orientieren].
Das sind Themen der Finanzmarkt- und Bankenregulierung, aber auch des Insolvenz- und des Steuerrechts. (Forderungen 1-8)