2. IHK-Freizeitbarometer 2010
DAS 10. IHK-FREIZEITBAROMETER
Aktuelle Fakten und Trends Die Industrie- und Handelskammern
für die Tourismusbranche
in Baden-Württemberg
M it der Jahrtausendwende fing es an. In die-
sem Jahr erscheint das IHK-Freizeitbarome-
ter als innovativer Leitfaden für alle Unternehmer
und Akteure in der Tourismusbranche nun zum
zehnten Mal. Darin fassen die Industrie- und
Handelskammern in Baden-Württemberg regel-
mäßig aktuelle Trends, Daten und Fakten zusam-
men. Herzstück der Publikation ist auch in 2010
die Auswertung der Befragung von fast 500
Freizeiteinrichtungen im Land.
Damit ermöglicht die vorliegende Broschüre in
Kombination mit der Erhebung der Übernach-
tungszahlen und den IHK-Konjunkturberichten
eine kontinuierliche und trendorientierte Beob-
achtung der gesamten Tourismusbranche. Die
Ergebnisse der Online-Befragung werden durch Singen
die Einschätzungen der Unternehmer und Ex- Waldshut-Tiengen
perten zusätzlich untermauert. Trends spiegeln
sich zudem in guten Beispielen aus allen Branchen
wider. So leistet das IHK-Freizeitbarometer auch
im laufenden Jahr einen entscheidenden Beitrag, Milliarden Euro. Tourismus sichert und ermöglicht
die richtigen Entscheidungen zu treffen. an vielen Orten Kultur- und Freizeiteinrichtungen
Alleine in Deutschland sind 2,8 Millionen und damit Lebensqualität. Zahlreiche Museen,
Arbeitsplätze vom Tourismus abhängig und damit Theater, Bäder, aber auch Restaurants und
acht Prozent der Beschäftigten. Gemäß neuen Geschäfte könnten ohne die Einnahmen von Rei-
Studien des Wirtschaftsministeriums rechnet senden nur schwer existieren. Gründe genug für
man in Baden-Württemberg sogar mit 280.000 die IHKs, sich auch künftig intensiv mit dem
Beschäftigten und einem Bruttoumsatz von 15 Thema Tourismus auseinander zu setzen.
IHHALT
Seite
02 Das 10. IHK-Freizeitbarometer 15 Interview: Bodensee-Therme
03 Trends und Tendenzen 16 Ausblick und Geschäftserwartungen
04 Konjunktur im Tourismus 17 Von Wellness zu Healthness
05 Gesamtergebnisse und Jahresvergleich 18 Kongress- und Tagunggsstandort
06 „Gewinner“ und „Verlierer“ Baden-Württemberg
07 Verkehrsträger und Wintersport 20 Interview zur TV-Serie “Laible und Frisch”
08 Burgen und Schlösser 21 Freizeitmobilität
09 Parks und Veranstaltungen 22 Tourismusstrukturen im Wandel
10 Museen 24 Strategien für Zukunftsmacher
11 Sammlung zur Geschichte der DDR 25 Automobilsommer 2011
12 Theater und Landschaftsattraktionen 26 Stark für den Aufschwung
13 Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck 27 Aus- und Weiterbildung im Tourismus
14 Bäder 31 Ihre Ansprechpartner bei den IHKs
02
3. IHK-Freizeitbarometer 2010
Reisemonitor 2009
Deutschlandurlaub gewinnt
U nter der Wirtschaftskrise hat auch die Touris-
muswirtschaft im Land gelitten. Doch gingen
die für den wirtschaftlichen Erfolg maßgeblichen
Tourismus 2009 in Baden-Württemberg
Übernachtungen 42.416.800 (- 2,8 %)
Übernachtungszahlen im Beherbergungsgewerbe Ankünfte 16.053.000 (- 2,6 %)
insgesamt nur leicht zurück. So lagen die Ankünf- Tagesreisen 407.400.000
te in 2009 bei 16,1 Millionen (- 2,6 %), die Über- Quelle: Statistisches Landesamt/DWIF
nachtungszahlen machten den Trend zum
Kurzurlaub im eigenen Land noch deutlicher: Anzahl der Tourismusbetriebe im Land
42,4 Millionen Übernachtungen (- 2,8 %).
Gastgewerbe 35.844
Schifffahrt 135
Nach den Spitzenwerten der Vorjahre sanken die
Reisebüros und -veranstalter 5.535
Zahlen damit auf das Niveau von 2007. Erstmals
Kultur, Sport und Unterhaltung 12.885
gab es auch Rückgänge bei den Auslandsgästen.
Quelle: Statistisches Landesamt
Stark leiden mussten die Städte und Gemeinden
außerhalb klassischer Urlaubsdestinationen. Hier
waren die Übernachtungsrückgänge, wie zum Die Strukturen der Tourismusbranche sowie
Beispiel in der Region Stuttgart, sogar im zwei- Themen wie Geschäfts- und Urlaubstourismus
stelligen Minusbereich. werden sehr gut im Tourismuskonzept des Lan-
des beschrieben. Als besonders wichtig heraus
Prognosen bewahrheitet gearbeitet wurden die Themen Qualitäts- und
Bei den Urlaubsdestinationen haben sich die Innovationsmanagement, denen sich das IHK-
Prognosen der Freizeitforscher bewahrheitet: Freizeitbarometer widmet. Gerade für die
Demnach werden die „schönsten Wochen des Tourismusbetriebe und Freizeiteinrichtungen
Jahres“ erst in Zeiten „höchster Not“ geopfert. bedeutet es, sich mit innovativen Ideen langfristig
Urlaubsreisen haben bei den Deutschen absolu- einen Wettbewerbsvorteil zu erarbeiten. Denn
te Priorität. Profitiert haben hiervon vor allem die glaubt man der FUR-Reiseanalyse sind die Deut-
sogenannte Para-Hotellerie, also die Ferienwoh- schen auch 2010 nicht reisemüde: Ebenso viele
nungen (+ 4,7 %), und allen voran die Camping- Bundesbürger wie in den letzten Jahren planen
plätze mit einem Plus von 8,1 Prozent. Familien- eine Urlaubsreise. Die persönliche wirtschaftliche
urlaub in Baden-Württemberg scheint besonders Situation wird positiver eingeschätzt, sodass ihr
beliebt zu sein. So gab es auch am Bodensee ein nichts im Wege steht. Dabei ist Deutschland wei-
Plus von 2,6 Prozent. Baden-Württemberg kann terhin das beliebteste Ziel: Ein Drittel der Bevöl-
mit klassischen Urlaubsdestinationen wie auch kerung plant, die Ferien im eigenen Land zu ver-
mit Geschäfts- und Tagungstourismus punkten. bringen. Bezieht man Kurzurlaub, Städtetrips und
Einbrüche, wie etwa im vergangenen Jahr, treffen Wellnesswochenenden mit ein, die von der Rei-
nicht den gesamten Wirtschaftszweig. Neue seanalyse nicht erfasst werden, ist der Deutsch-
Produkte und Themen können Kurzurlauber in landurlaub schon jetzt eine Erfolgsgeschichte.
die Städte locken: Shoppingtourismus und Kultur.
Das kulturelle Angebot einer Region hängt wie- Krise hinterlässt Spuren
derum maßgeblich mit dem im IHK-Freizeit- Doch gibt es Veränderungen im Reiseverhalten.
barometer beschriebenen Segment an Freizeit- Die Krise hat ihre Spuren hinterlassen. So fand
und Kultureinrichtungen zusammen. die FUR heraus, dass die soziale Schere im
Tourismus immer mehr auseinander klafft: Wäh-
Beschäftigte im Gastgewerbe in Baden-Württemberg rend Personen mit hohem Einkommen in 2009
nach wie vor genau so viel und lange verreisten
100.000
90.000 96.327 91.878 91.901 94.854 97.584
100.029 wie in den Vorjahren, so konnte bei Personen mit
90.675
80.000
70.000
geringerem Einkommen ein deutlicher Rückgang
60.000 der Reiseaktivität festgestellt werden. Sie haben
50.000
40.000 ihre Reisekosten vor allem über ein geändertes
30.000
20.000
Reiseverhalten gedrosselt und wählten günsti-
10.000 gere Unterkünfte, günstigere Reiseziele oder ver-
0
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 kürzten ihre Urlaubsdauer. So lassen sich die
Quelle: Statistisches Landesamt
Zuwächse bei der Parahotellerie erklären.
03
4. IHK-Freizeitbarometer 2010
DIHK-Saisonumfrage
Positive Signale der Hotellerie
D ie Statistischen Daten auf Bundes- und
Landesebene spiegeln sich auch in der Sai-
sonumfrage des Deutschen Industrie- und Han-
ten Prognosen leider bewahrheitet. Die aktuellen
Daten der DIHK-Konjunkturumfrage vom Jahres-
anfang 2010, die alle Wirtschaftszweige umfasst,
delskammertages (DIHK) wider, die zweimal jähr- zeigen, dass die Talsohle durchschritten scheint.
lich durchgeführt wird. Befragt werden sowohl Die Stimmung wird in der Tourismusbranche bes-
Incoming- als auch Outgoing-Unternehmen der ser: Fast 75 Prozent der Betriebe rechnen mit
Tourismusbranche. So bildet die DIHK-Saison- gleichbleibenden oder sogar besseren Geschäf-
umfrage die gesamte Tourismusbranche ab. ten in 2010. Insbesondere bei der Hotellerie ist
die Stimmung optimistischer als noch im Herbst.
Das gesamtwirtschaftlich schwierige Jahr 2009 Dies mag auch mit der Absenkung der Mehrwert-
führte zu einem zwiespältigen Urteil der Touris- steuer auf sieben Prozent zusammenhängen. Die
musbetriebe. In Urlaubsregionen konnten Unter- Gastronomie blickt zurückhaltender ins laufende
nehmen im Vergleich zum ebenfalls guten Vorjahr Jahr.
sogar mehr Gäste begrüßen. Dort wirkte sich der
Trend zum Deutschland-Tourismus positiv aus. Skepsis mit Folgen
Eindeutiger Gewinner waren die Campingplätze, Die Skepsis gegenüber der künftigen wirtschaft-
Tipp
die 2009 rückblickend als sehr gut einschätzen. lichen Lage schlägt sich in den Investitionsplänen
Verloren haben die Hotels im Geschäftsreiseseg- nieder. Lediglich die Hotellerie und die Camping-
ment. Die negative Entwicklung des Business- plätze planen Investitionen. Insgesamt gewinnen
Tourismus führte zu einer drastischen Verschlech- Investitionen in umweltrelevante und energetische
Alle Ergebnisse der terung der Geschäftslage bei vielen Reisebüros. Maßnahmen deutlich an Bedeutung. Eine aus-
Konjunkturumfrage Durch die Wirtschaftskrise und damit knappere führliche Berichterstattung zur konjunkturellen
im Web: www.dihk.de Geschäftsreisebudgets der Firmen brachen dort Lage der Tourismuswirtschaft erfolgt im Rahmen
und www.bw.ihk.de. viele Umsatzquellen weg. Damit haben sich die in des DIHK-Tourismusreports, der jedes Jahr im
der vorangegangenen Saisonumfrage geäußer- Juni und Dezember veröffentlicht wird.
ZUVERSICHT IN BADEN-WÜRTTEMBERG
In Baden-Württemberg setzt sich die Stim- blicken noch mit verhaltener Zuversicht in die
mungsaufhellung, die im Herbst 2009 bereits kommende Saison. In der Tat haben in der Krise
begonnen hatte, auch zu Beginn des Jahres die Feriengäste und Kurzurlauber auch im
2010 fort. So bewerten die Unternehmen aller Ländle die Entwicklung der Hotels und Gast-
Branchen in der Gesamtschau die aktuelle wirt- stätten stabilisiert. Der Trend zum Kurzurlaub
schaftliche Lage wie auch die Perspektiven für oder Tagesausflug im eigenen Land war in 2009
das laufende Jahr weitaus positiver. Lediglich deutlich zu erkennen, während die von den
Einzelhandel, Reisebranche und Gastgewerbe Firmen gebuchten Übernachtungen vor allem in
den Städten merklich zurückgegangen waren.
Tendenzen verbessern sich
Zu Beginn des Jahres 2010 scheinen sich die
Tendenzen zu verbessern: Die Hotels und
Gaststätten versprechen sich von der Konjunk-
turbelebung und den positiven Signalen aus der
Wirtschaft steigende Umsätze, auch wieder im
Geschäft mit Firmenkunden. Hingegen steigen
die Befürchtungen, dass die bisher noch hohe
Ausgabebereitschaft privater Haushalte nach-
lassen könnte. Deshalb zeigt sich die Branche
lediglich verhalten zuversichtlich.
04
5. IHK-Freizeitbarometer 2010
IHKs befragen Freizeiteinrichtungen
Bodensee ein Sommerhit
S chon zum zehnten Mal haben die Industrie-
und Handelskammern in Baden-Württem-
berg in den Monaten Februar und März 2010 die
GESAMTBESUCHERZAHLEN IM VERGLEICH
Langzeitvergleich mit 220 Einrichtungen
Einrichtungen der Freizeitbranche nach ihren der Jahre 2005 - 2009
25.000.000
Ergebnissen befragt. Sie sind in neun Kategorien
eingeteilt: Verkehrsträger, Museen, Burgen, 20.000.000
Schlösser und Klöster, Bäder, Parks, Land-
schaftsattraktionen, Veranstaltungen, Theater 15.000.000
und Wintersport. Insgesamt liegen diesem Be- Summe
20.456.619
22.137.622
22.376.353
22.990.967
22.185.283
10.000.000
richt Daten von etwa 400 Freizeiteinrichtungen in
Baden-Württemberg zugrunde, die im Jahr 2009
5.000.000
insgesamt rund 39 Millionen Besucher begrüßen
0
konnten. 2005 2006 2007 2008 2009
In den befragten 400 Freizeiteinrichtungen sind
über 16.000 Personen in Teil- oder Vollzeit be- Die Freizeiteinrichtungen im Schwarzwald stellen
schäftigt. Insgesamt arbeiten im Tourismussektor dabei ein Drittel des landesweiten Besucherauf-
in Baden-Württemberg etwa 280.000 Menschen. kommens. Die guten Wintersportbedingungen
Die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter in aus dem Jahr 2008 konnten nicht getoppt wer-
den Freizeiteinrichtungen sind dabei nicht be- den, sodass rund fünf Prozent weniger Besucher
rücksichtigt. Vor allem die kleineren Freizeitein- in den Schwarzwald kamen. Erfreulich ist aber die
richtungen werden oftmals von Vereinen, Stiftun- realtiv gleichmäßige saisonale Verteilung. Gab es
gen oder ehrenamtlichen Mitarbeitern betrieben. in früheren Jahren die Spitzen im Sommer und im
Winter, so gibt es durch immer mehr saisonunab-
Leichter Einbruch in 2009 hängige Attraktionen und die Winteröffnung des
Von 210 Freizeiteinrichtungen liegen uns nun- Europaparks nun kaum Saisonschwankungen.
mehr die Besucherzahlen der letzten fünf Jahre
vor. Nach dem Besuchertief im Jahrhundertsom- Theater und Museen punkten
mer 2005 steigen sie bis zum Jahr 2008 stetig an. Schwäbische Alb und Oberschwaben hatten
Vor allem der sehr gute Winter bescherte den ebenfalls ein leichtes Minus von rund einem
Mittelgebirgen auch im Winterhalbjahr enormen Prozent. Besuchermagnete waren allerdings die
Zulauf. Leider gab es im vergangenen Jahr leich- Landschaftsattraktionen, die gerade im Geopark
te Rückgänge von 3,5 Prozent. Waren die Schwäbische Alb stark frequentiert waren. Ein
Mittelgebirge durch den strengen Winter noch die Minus gab es ebenso in der Region Stuttgart (-3
Gewinner des letzten Jahres, so mussten sie in Prozent). Auch hier lässt sich eine gleichmäßige-
2009 Besucherrückgänge hinnehmen. re Jahresverteilung feststellen. Frühjahr und
Herbst waren in dieser städtisch geprägten Region
sehr stark. Besonders die Theater und Museen
punkten in der Zwischensaison. Die großen
Gewinner waren in 2009 die Freizeiteinrichtungen
am Bodensee. Hier gab es im Vergleich zum
Vorjahr ein Besucherplus von fünf Prozent.
Besonders in den Ferienmonaten Juni bis
September boomte der Bodensee bei Urlaubern
sowie Tagestouristen und profitierte so vom
„Urlaub auf Balkonien“. Mit den Top-
Ausflugszielen wie der Insel Mainau, den
Pfahlbauten Unteruhldingen oder dem Salemer
Affenberg spricht man vor allem Familien an. Zur
Saisonverlängerung im Frühjahr und Herbst wur-
den durch interessante Museen und vor allem die
Thermen am Bodensee ganzjährige Angebote für
neue Zielgruppen geschaffen.
05
6. IHK-Freizeitbarometer 2010
Auswertung der Kategorien „Gewinner“ in 2009
Viele Besucher zog es in diesem Jahr aufs
Auf nach
Wasser: Die Ausflugsschiffe gehören mit einem
Plus von fast sieben Prozent zu den Gewinnern
des Jahres. Natur- und Outdoor-Aktivitäten waren
in 2009 besonders beliebt: So gehören zu den
Balkonien
Gewinnern die Freilichtmuseen mit einem Plus
von über fünf Prozent, die Freizeitparks (+ 6,5
Prozent), die Botanischen Gärten (+ 9,8 Pro-
zent), die Höhlen (+ 6,5 Prozent) sowie die Stadt-
führungen und Freilichtspiele. Kultur war generell
E eine Frage stellt sich jedes Jahr aufs Neue:
Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer?
Auch für das Freizeitbarometer 2010 wurden die
sehr gefragt. So hatten auch die Burgen und
Schlösser mehr Besucher. Die Musik-Events sind
Zahlen genauestens analysiert. Was natürlich die großen Gewinner mit einem Plus von 12,5
nicht bedeutet, dass einzelne Betriebe mit ihren Prozent. Die Gewinner profitierten nach eigener
Ergebnissen aufgelistet werden. Es wird lediglich Einschätzung vor allem vom Trend zu „Urlaub auf
der allgemeine Trend in den einzelnen Kategorien Balkonien“, also von den Ferien im eigenen Land.
aufgezeigt, der wiederum vor allem auf die Das IHK-Freizeitbarometer bestätigt damit die
Rahmenbedingungen und generellen Einflüsse Übernachtungsstatistik des Landes sowie die
zurückzuführen ist. FUR-Reiseanalyse. Besonders Attraktionen für
Familien wurden in 2009 gut frequentiert.
Und natürlich gilt wieder wie im Vorjahr: Den
Markterfolg einer Freizeiteinrichtung bestimmen „Verlierer“ in 2009
die Potenziale im Einzugsbereich, die Erreichbar- Leichte Rückgänge gab es bei den Bergbahnen
keit, die wirtschaftliche Lage sowie das Ausgabe- (-3,5 Prozent), den Wildparks und Zoos (-8,5
verhalten der Bevölkerung. Dabei spielt vor allem Prozent) und den Besucherbergwerken (-8,6
das Wetter eine entscheidende Rolle, das sich Prozent). Nach einem sehr guten Jahr mit zwei-
besonders auf Outdoor-Aktivitäten und Events stellen Zuwachszahlen hatten die Museen in
auswirkt. Auffällig ist, dass es im Vergleich zum 2009 mit der Wirtschaftskrise und knappen
Jahr 2008 zwar einen generell leichten Rückgang Haushaltskassen der Kommunen zu kämpfen
um 3,5 Prozent gibt, allerdings keine Gruppe von und dadurch ein Minus von 4,4 Prozent. Lediglich
Freizeiteinrichtungen massive Besucherrückgänge die Sport-Events sowie der Wintersport hatten
zu verkraften hatte. zweistellige Besucherrückgänge.
VERÄNDERUNG DER BESUCHERZAHLE N NACH KATEGORIEN
15
in Prozent 12,5
9,8
10
6,8 6,5 6,5
5,1
5 3,0 2,9 2,7 2,2
1,2
-3,5 0,0 -4,4 -0,9 -0,3 -8,5 -8,6 -2,7 -19,2 0,0 -17,5
0
-5
-10
-15
-20
Ausflugsschiffe
Bergbahnen
Ausflugsbahnen, priv. Eisenbahnen
Museen
Freilichtmuseen
Burgen, Schlösser, sakrale Bauten
Thermal- und Heilbäder
Erlebnisbäder
Wildparks, Zoos
Freizeitparks
Botanische Gärten
Höhlen
Besucherbergwerke
Naturerlebnis
Musik-Events
Sport-Events
sonstige Events und Feste
Stadtführungen
Werksführungen, sonstige Führungen
Naturtheater/Freilichtspiele
Theaterhäuser
Wintersport
06
7. IHK-Freizeitbarometer 2010
Die Kategorien im Detail
Beliebte Freizeitangebote
H ochinteressant ist auch in diesem Jahr wie-
der der detaillierte Blick auf die Freizeitein-
richtungen im „Ländle“. Dabei werden die einzel-
en Winter davor ein passables Ergebnis für
Schwarzwald und Schwäbische Alb. Gerade in
den niedrigeren und mittleren Lagen war die Zahl
nen Kategorien genau unter die Lupe genommen der Besucher an den Skihängen sogar gestiegen.
sowie nach Größenklassen unterschieden. Und Allein am Feldberg, dem größten Skigebiet des
natürlich werden wieder gute Beispiele vorgestellt. Landes, ging die Saison mit immerhin 129 Ski-
tagen (im vergangenen Jahr: 156) und einer halbe
Wintersport Million Gästen zu Ende. Besonders viele kommen
Den Winter 2008/09 konnte der diesjährige Win- übrigens aus dem Ausland, und entgegen dem
ter leider nicht toppen. Doch zum Zeitpunkt der Trend blieben die Gäste am Feldberg auch länger
Befragung der IHKs im Februar zeigten sich die als in den vergangenen Jahren. Erfreulich ist,
Liftbetreiber in den Mittelgebirgen mehr als dass auch in den kommenden Jahren kräftig inve-
zufrieden. Zwar gab es ein Minus von rund 18 stiert werden soll: in neue Lifte, in mehr
Prozent, doch im Rückblick auf den vorangegan- Beschneiungsanlagen und sogar in den Bau
genen Traumwinter und die zwei fast schneefrei- eines Parkhauses.
Verkehrsträger
Die Eisenbahnen, Schiffe und Bergbahnen
konnten das Besuchervolumen des Vorjahres
weitestgehend halten, lediglich ein Prozent
weniger Besucher nutzten diese. Sehr positiv
sah es sogar bei den Ausflugsschiffen auf den
Seen und Flüssen des Landes aus: Sie konn-
ten 6,7 Prozent mehr Fahrgäste begrüßen als
im Vorjahr. Nach den Besucherrückgängen in gastzahl in 2009 gestiegen. Lediglich von den
2008 ein deutliches Plus. Besonders für die Bergbahnen, vornehmlich im Schwarzwald, lie-
kleineren Transportunternehmen verlief die ßen sich weniger Gäste per Seilbahn auf den
Saison absolut gut: Bei allen war die Fahr- Berg bringen (-3,5 Prozent).
07
8. IHK-Freizeitbarometer 2010
Burgen, Schlösser
und Klöster
Die „Schätze des Landes“, also die Burgen,
Schlösser und Klöster, waren 2009 sehr beliebt
bei Touristen aus dem In- und Ausland. Mit vielen
Sonderausstellungen, Jubiläen und Marketingak-
tivitäten konnten die historischen Highlights des
Landes punkten und durchschnittlich fünf Prozent
mehr Besucher anlocken. Neben der durch
Kostümführungen und Sonderausstellungen er-
lebbaren Geschichte setzen die Staatlichen
Schlösser und Gärten übrigens seit 2009 auch
auf die ServiceQualität. In vielen Schlössern
wurde das deutschlandweit gültige Qualitätssie-
gel bereits eingeführt. Auch der Q-Tag 2009 fand
vor diesem Hintergrund im Schloss Ludwigsburg
statt. Neben dem Service und der „Living History“
stand bei den Schlössern eine Zielgruppe beson-
ders im Vordergrund: die Kinder. Beim Bücherbin-
den im Kloster Alpirsbach, der Verbrecherjagd im
Schloss Weikersheim und der Sonderausstellung
„Kinderreich“ in Ludwigsburg macht das „Famili-
enland“ Baden-Württemberg seinem Namen alle
Ehre.
KOOPERATION IM KRAICHGAU
Rabatt beim Baden und Staunen Bei einer Präsentation auf dem Reisemarkt
Eine ganz besondere Kooperation gibt es im RheinNeckar in Mannheim besiegelten die
Kraichgau. Neue Wege beschreiten dabei die Verantwortlichen diese neuartige Form der
Staatlichen Schlösser und Gärten mit der Kooperation. Dabei waren die beiden Messe-
Kurverwaltung und dem Thermarium in Bad stände der touristischen Einrichtungen weithin
Schönborn: Ab sofort erhält man beim Eintritt sichtbar mit einem großen Transparent symbo-
ins Thermarium eine Rabattbroschüre, die bei lisch verbunden. "Schlossreich trifft Wellness-
Vorlage im Kloster Maulbronn oder den Schlös- park" lautet der Slogan. Gesundheit und Kultur
sern in Bruchsal, Mannheim und Schwetzingen gehören für die Tourismusverantwortlichen in
zehn Prozent Ermäßigung beim Eintritt garan- der Region damit untrennbar zusammen.
tieren. Ebenso erhält man bei diesen Einrich- In der Freizeit wollen die Menschen sowohl
tungen der Staatlichen Schlösser und Gärten Kulturangebote wahrnehmen als auch etwas
eine Rabattbroschüre für den Sauna- und Ther- für ihre Gesundheit tun. Dabei setzen die Ver-
menbesuch im Thermarium. antwortlichen überwiegend auf Tagesbesucher
aus dem Nahbereich. "Wir haben uns auf die
Schlösser in Bruchsal, Schwetzingen und
Mannheim sowie das Kloster Maulbronn geei-
nigt, weil wir hier den größte Synergieeffekt
sehen," erklärt Bad Schönborns Kurgeschäfts-
führer Klaus Heinzmann.
Tipp
Die gemeinschaftlichen Werbeflyer werden pro-
minent an den Kassen der jeweiligen Einrich-
tungen präsentiert. Allein in den vier kulturellen
Einrichtungen zählt man jährlich rund 750.000
Weitere Infos: www. Besucher, das Thermarium – die größte Ther-
bad-schoenborn.de me im Südwesten – bringt fast 500.000 Be-
sowie unter www. sucher ein. Geschäftsführer Markus Hoppe
schloss-bruchsal.de sieht eine Vorreiterrolle: "So etwas ist durchaus
für andere Kurorte und Thermen interessant."
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9. IHK-Freizeitbarometer 2010
Parks bekannte Insel Mainau mit allein 1,25 Millionen
Die Kategorie Parks umfasst nicht nur die großen
Freizeitparks im Land, sondern auch die Wildparks
Besuchern, vielen Events und Ganzjahresange-
boten. Übrigens bestätigt dies einen Trend zu
Tipp
und Zoos sowie die Botanischen Gärten. Und bei Besuchen in öffentlichen und privaten Gärten –
den meisten verlief die letzte Saison sehr zufrie- der ursprünglich aus Großbritannien kommt. Weiteres Indiz für den
denstellend. Lediglich die großen Wildparks und Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx nennt Garten-Boom ist der
Zoos im Land mussten nach einigen besonders als Indikator für „Selfness“ den „Garten–Boom“. vom Zukunftsinstitut
besucherstarken Jahren wieder Rückgänge von prognostizierte Run
8,5 Prozent hinnehmen. Veranstaltungen auf Outdoor/Garde-
Bei den Freizeitparks gab es ein Besucherplus Im Rahmen der Erhebung zum IHK-Freizeitbaro- ning, eine Branche,
von 6,5 Prozent. Nach eigenen Angaben spürten meter werden fast 40 Events und Stadtführungen die gegen den Trend
sie den Trend zum Urlaub im eigenen Land erfasst. Veranstaltungen aus den Bereichen im Einzelhandel ra-
unmittelbar. So konnten etwa das Traumland auf Sport, Musik und Kultur, aber auch Feste, stellen pide wächst. Men-
der Bärenhöhle, Tripsdrill und das Ravensburger einen sehr großen Bereich der Freizeitwirtschaft schen suchen nach
Spieleland den Besucheranstieg direkt auf die in dar. Sie ziehen viele Besucher aus nah und fern neuen Beziehungen
diesem Fall “positiven” Folgen der Wirtschafts- an und schaffen Reiseanlässe. Für 2009 stellt zur Natur. Garten-
krise zurückführen. Im Ravensburger Spieleland sich die Situation sehr unterschiedlich dar. Exkusionen und eine
setzt man auch mit dem landesweiten Siegel Mussten die Sportevents (-19 Prozent) schon Vielzahl an Garten-
„familien-ferien“ auf eine wichtige Zielgruppe. Der zum zweiten Mal in Folge mit Besucherrück- magazinen bestäti-
größte Freizeitpark im Land, der Europa-Park, gängen kämpfen, so gab es bei den meisten gen das.
investierte für die Sommersaison 2010 wieder in Musikevents (+ 12,5 Prozent) wiederholt einen
die Infrastruktur und neue Attraktionen, wie die regelrechten Besucherboom. Dennoch sind gera-
„Whale Adventures – Splash Tours“. Das Thema de Sportveranstaltungen wie Tennisturniere,
Fußball steht im WM-Jahr wieder ganz im Galopprennen oder Bundesligaspiele besondere
Vordergrund. Auch hier wird der Trend zum Highlights, die sogar internationales Publikum an-
Kurzurlaub immer wichtiger. Anziehungspunkte locken und für entsprechende Wertschöpfung in
sind die Hotel-Resorts. Besonderes Augenmerk der Region sorgen.
wird auf Zweitbesucher gelegt, die immer wieder Die Stadt- und Werksführungen konnten mit
ein verändertes Ambiente zu verschiedenen jeweils drei Prozent mehr Gästen das gute
Jahreszeiten im Park und den Hotels vorfinden. Ergebnis aus den Vorjahren halten. Themenfüh-
Die Botanischen Gärten hatten dagegen sogar rungen sind nach wie vor Trumpf: Von histori-
rund zehn Prozent mehr Besucher als im Vorjahr. schen Personen über Märchenfiguren bis hin zu
Highlight in dieser Kategorie ist die international „Amors Spuren in Heidelberg“ reicht die Palette.
EINMALIGES PROJEKT
Schwarzwald mit Musik erfüllen heit erfolgreich integriert. Das Festival-Pro-
Ein besonderes Highlight in der Ferienregion gramm ist geprägt von Qualität und Abwechs-
Schwarzwald ist das seit Jahren etablierte lungsreichtum. Schwerpunkt bildet die klassi-
Schwarzwald Musikfestival. Den Schwarzwald sche Musik, aber auch Jazz, Percussion oder
mit Musik zu erfüllen sowie an schönen und Music-Comedy sind Teile des Schwarzwald
ungewöhnlichen Orten erlebbar zu machen, ist Musikfestivals und sorgen für ein facetten-
erklärtes Ziel dieses Festivals. Aus kleinen reiches Konzertangebot. Wichtige Eckpfeiler
Anfängen im Jahr 1998 mit fünf Konzerten an sind die vielfältigen Kooperationen und Spon-
drei Spielorten entwickelte sich ein kulturelles soren aus Wirtschaft, Tourismus und Medien.
Großereignis, das 2010 insgesamt 59 Konzerte Infos: www.schwarzwald-musikfestival.de
an 26 Spielorten umfasst.
Die Festival-Region reicht von Ettlingen und
Pforzheim im Norden bis nach St. Blasien und
Badenweiler im Süden. Berühmte Bauwerke
wie die Alpirsbacher Klosterkirche oder der
Dom in St. Blasien gehören ebenso wie futuri-
stische Werkshallen oder romantische Orte in
freier Natur zu den „Konzertsälen“. Somit ist
das Schwarzwald Musikfestival ein in dieser
Region einmaliges Kooperationsprojekt gewor-
den, das den Schwarzwald in seiner Gesamt-
09
10. IHK-Freizeitbarometer 2010
Museen als in den Vorjahren hatten. Die Freilichtmuseen
Die Museen im Lande stellen mit rund 100 klei- hatten sogar fünf Prozent Zuwachs. Als Bonus-
nen und großen Häusern die umfangreichste punkte werden von den Museen insgesamt gute
Gruppe der Freizeiteinrichtungen. Dazu zählen Sonderausstellungen und spannende Themen-
auch die sieben Freilichtmuseen im Land sowie führungen genannt.
die Ausgrabungsstätten aus der Römer- oder Ein besonderes Augenmerkt liegt im Hinblick auf
Steinzeit. Augenscheinlich gehörten die Museen den Automobilsommer für das Jahr 2011 natür-
mit einem Besucherminus von 4,4 Prozent eher lich auf den Museen, die sich mit Autos und Tech-
zu den „Verlierern“. Doch betrachtet man diese nik beschäftigen, allen voran Porsche Museum
Kategorie genauer, so stellt man fest, dass rund und Mercedes-Benz Museum in Stuttgart sowie
40 Prozent unterm Strich sogar mehr Besucher das Auto-Technik Museum in Sinsheim.
TECHNIK UND KUNST IM EINKLANG
Das Zeppelin Museum
Der ehemalige Hafenbahnhof in Friedrichsha-
fen mit seiner Bauhaus-Architektur erzeugt ein
Gefühl von Reiselust und Mobilität. Mit dem
Museumskonzept „Technik und Kunst“ wird den
Besucherinnen und Besuchern ermöglicht,
Seitenblicke auf die Technik der Kunst und die
Kunst der Technik zu werfen.
Die originalgetreue Rekonstruktion der LZ 129
Hindenburg vermittelt ein Gefühl der Zeppelin-
Begeisterung von damals. Man kann die Atlantik-
fahrten lebendig nachempfinden. Schon beim
Einstieg über das Fallreep versinken die Mu-
seumsgäste in die Glanzzeiten der fliegenden
Giganten und erleben ein Reiseerlebnis längst Das TECHNOSEUM
vergangener Zeiten. Das Landesmuseum für Technik und Arbeit
Die Kunstabteilung spannt einen breiten Bogen gehört bundesweit zu den größten Museen, die
über fünf Jahrhunderte: eine Reise zu Ge- sich speziell mit diesem Thema beschäftigen.
mälden und Skulpturen vom Mittelalter bis zur Zu Beginn des Jahres 2010 hat es einen neuen
Gegenwart, Ansichten von und über den Namen bekommen: TECHNOSEUM.
Bodensee, Werke von Otto Dix und zeitgenös- Die Entwicklungen in Naturwissenschaften und
sischer Künstler wie Thom Barth oder Res Technik vom 18. Jahrhundert bis heute sowie
Ingold. der soziale und wirtschaftliche Wandel, den die
Das Zeppelin Museum lockt mit immer neuen Industrialisierung in Deutschland ausgelöst hat,
Wechselausstellungen und Veranstaltungen. sind die übergreifenden Themen der Dauer-
Für die ganz jungen Museumsgäste werden ausstellung in Mannheim. Maschinen werden
Quizpakete, zahlreiche Kinderstationen, Famili- nicht einfach gezeigt, sondern in Ensembles
enbox oder spezielle Führungen angeboten. inszeniert, um enen lebendigen Eindruck einstiger
Arbeitswelten zu vermitteln. Vorführtechniker
erklären Arbeitsabläufe und beantworten indivi-
duell die Fragen der Besucher.
Die spannende Mitmach-Ausstellung „Elementa“
des TECHNOSEUM vermittelt nicht nur natur-
wissenschaftliche Grundlagen, sondern zeigt
gleichzeitig, zu welch technischen Erfindungen
Tipp
naturwissenschaftliche Experimente führten
und führen. Sie beantwortet Fragen wie: Wieso
ist eigentlich ein Umzugskarton so stabil? Und
was hat Leonardo da Vinci damit zu tun?
Weitere Infos: www. Auch technische Neuerungen werden aufge-
zeppelin-museum.de griffen und erklärt: So gibt es in 2010 eine
www.technoseum.de Sonderausstellung zur Nano-Technologie.
10
11. IHK-Freizeitbarometer 2010
Sammlung zur Geschichte der DDR
Museum gegen
das Vergessen
U ngewöhnlich und einzigartig zugleich ist ein
Museum im Nordschwarzwald, das aus einer
umfangreichen Privatsammlung entstanden ist. In
der Pforzheimer Hagenschießstraße 9 befindet
sich eine authentische Darstellung der Geschichte
und des Alltags der DDR. Die Stadt hat das ehe-
malige Schulgebäude der früheren französischen
Garnison für das in Deutschland einmalige Projekt
zur Verfügung gestellt.
Die Sammlung im Pforzheimer Stadtteil Bucken- totalitären Systems und ermöglicht auch die Aus-
berg, die in Themenfelder unterteilt ist und sich einandersetzung mit seiner jüngeren Geschichte
über drei Stockwerke erstreckt, stellt wohl jede und ihre Aufarbeitung. Außerdem macht sie vor
andere Ausstellung in Ost und West, die sich mit Themen wie der innerdeutschen Grenze, Terror
dem Alltag in der Deutschen Demokratischen Re- und Knast nicht Halt. Viele Schulklassen und
publik auseinandersetzt, in den Schatten. Mit Gruppen nutzen deshalb das Angebot zu
einem Gespür für Wesentliches gestalteten der Sonderführungen unter der Woche.
1939 in Pohrsdorf bei Dresden geborene Klaus
Knabe und seine Frau das umfangreiche Bild des Ungeheure Sammelleidenschaft
untergegangenen ostdeutschen Staates. Diese Klaus Knabe hatte 1961, einen Monat vor dem
Privatsammlung mit zahlreichen Objekten und Bau der Mauer, seine sächsische Heimat,
Dokumenten aus 40 Jahren DDR leistet einen gemeinsam mit seiner schwangeren Frau Brigitte
beeindruckenden Beitrag "gegen das Vergessen". verlassen, weil er wegen seiner kritischen
Haltung und des Bekenntnisses zu seiner christ-
Führungen durch Zeitzeugen lichen Erziehung schikaniert wurde. Er siedelte
Die seit 1998 öffentliche Dokumentation wurde sich in Pforzheim als Radio- und Fernsehtechnik-
dank Unterstützung durch die Stadt Pforzheim Meister an. Doch der Kontakt zu den alten
und der "Stiftung zur Aufarbeitung der SED- Bekannten und Freunden im Osten brach nie ab.
Diktatur" Berlin im Jahre 2003 sogar noch erwei- Als die Mauer fiel, entwickelte sich bei den
tert. Träger des Museums ist der gemeinnützige Knabes eine ungeheure Sammelleidenschaft.
Verein "Gegen das Vergessen". Seine Mitglieder, Bald waren es nicht allein die Insignien der zerfal-
darunter einige Zeitzeugen, führen die Besucher lenden Staatsmacht, sondern über 8.000 Zeug-
immer sonntags durch die Räume, damit die nisse zur Geschichte der DDR, die sie zusam-
Geschichte der DDR und ihr Unrechtsregime mentrugen. Ihr Museum deckt heute praktisch
nicht in Vergessenheit geraten. Die umfangreiche alle Aspekte des Lebens in der ehemaligen DDR
Ausstellung zeigt und erklärt viele Facetten des ab, von Gebrauchsgegenständen des Alltags,
über Symbole und die Zeit der Wende im Jahr
Tipp
1989, bis zur original eingerichteten Stasi-
Knastzelle.
Die Sammlung zur
Geschichte der DDR
Einmalig in Deutschland ist jeden Sonntag
Die Sammlung ist in ihrer Vielfalt einmalig in von 11 bis 15 Uhr
Deutschland. Alle großen Medien im In- und geöffnet. Der Eintritt
Ausland haben deshalb schon ausführlich und ist frei. Der Verein
sehr positiv über dieses Museum berichtet. Dabei freut sich natürlich
wurde auch immer wieder die Tatsache gewür- über Spenden. Infos:
digt, dass es ausschließlich von ehrenamtlichen www.pforzheim-ddr-
Idealisten des Vereins "Gegen das Vergessen museum.de.
e.V." in Gang gehalten wird.
11
12. IHK-Freizeitbarometer 2010
Landschaftsattraktionen die Kuren für Kinder und Erwachsene bei
Zu den Landschaftsattraktionen gehören Höhlen, Allergien und Atemwegserkrankungen anbieten.
Besucherbergwerke und Attraktionen, bei denen Drei davon sind im „Ländle“ und werden beim
Besucher die Natur hautnah erleben können. Die IHK-Freizeitbarometer von Anfang an befragt: Das
Kategorie ist geprägt von kleinen Einrichtungen, Besucherbergwerk „Teufelsgrund“ in Münstertal,
die zumeist der Naherholung dienen. Außerdem der „Hella-Glück-Stollen“ in Neubulach und der
finden sich in dieser Kategorie die Naturschutz- „Tiefe Stollen“ in Aalen.
zentren und die Naturparke des Landes mit ihren
zahlreichen Naturerlebnisangeboten. Theater
Nur ein leichtes Minus von rund einem Prozent Die Unterhaltungs- und Kulturbranche wird beim
gibt den meist ehrenamtlich gepflegten Höhlen IHK-Freizeitbarometer abgebildet durch fast 30
und Bergwerken Recht. Ihre Besucher sind inter- befragte Theater und Freilichtbühnen im Land.
essiert an Geologie und Erdgeschichte. Die Höhlen Bereits zum zweiten Mal in Folge gehörten die
hatten sogar 6,5 Prozent mehr Besucher als in Theater zu den Gewinnern. In die Theaterhäuser
den Vorjahren. Lediglich die Besucherbergwerke kamen 2,2 Prozent mehr Zuschauer als im
waren in diesem Jahr mit 8,6 Prozent im Minus. Vorjahr; bei den Freilichtbühnen im Land waren
Viele Höhlen und ehemalige Bergwerke wurden es immerhin noch 1,2 Prozent mehr. Besonders
in der letzten Zeit für Konzertaufführungen und gut angenommen wurden 2009 wiederum Stücke
Events entdeckt. für Kinder, wie Märchen und in Szene gesetzte
Eine besondere Form der Nutzung von ehemali- Comic- oder Kinderbuchklassiker. Ein weiterer
gen Bergwerken bietet sich auch in den drei Trend auf dem Büchermarkt beschert gute
Heilstollen des Landes. Insgesamt gibt es in Zahlen: Von vielen Theaterhäusern werden Krimi-
Deutschland zehn Heilstollen-Therapie-Zentren, Inszenierungen als Besuchermagnete genannt.
EISZEIT IN BLAUBEUREN
Der Hohle Fels in Schelklingen Schmuck und Werkzeuge entdeckt. Einige der
Der wohl bedeutendste archäologische Fund Fundstücke sind im Urgeschichtlichen Museum
im Jahr 2009 in Baden Württemberg, wenn in Blaubeuren ausgestellt. Auch die Höhle als
nicht bundesweit, ist sicher die "Venus vom solche ist sehr sehenswert. Mit 500 Qua-
Hohle Fels" - mit rund 40.000 Jahren dratmeter Grundfläche ist der Hohle
die älteste Figur einer Frau sowie Fels im Achtal nahe Schelklingen, eine
Tipp
überhaupt die älteste Darstellung der größten begehbaren Hallenhöhlen
eines Menschen, die bisher gefun- der Schwäbischen Alb. Nachdem man
den worden ist. Aus der gleichen Zeit einen schmalen Zugang passiert hat,
stammt die ebenfalls gefundene und fast voll- öffnet sich die Höhle zu einer imposanten Halle.
Mehr Informationen ständig erhaltene Flöte aus einem Gänsegeier- Gelegentliche Konzerte in der Höhle sind ein
zur Geologie auf der knochen. Sie gilt deshalb zur Zeit als ältestes absolutes Klangerlebnis. Der Hohle Fels ist
Schwäbischen Alb: Musikinstrument der Welt. Aber in der Höhle eine Station der Höhlenwanderwege rund um
www.eiszeitkunst.de wurden auch Waffen, Tierdarstellungen, Blaubeuren.
12
13. IHK-Freizeitbarometer 2010
Das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck
Altes Dorf ganz modern
W er die Geschichte des Alltags unserer
Vorfahren in den Dörfern vor über 100 Jah-
ren erleben will, ist im Freilichtmuseum Neuhau-
dem Qualitätssiegel (Stufe I) ausgezeichnet. Hier-
zu nimmt das ganze Mitarbeiterteam an einem
permanenten, internen Qualifizierungsprozess zur
sen ob Eck genau richtig! Auf dem südwestlichen ständigen Verbesserung der Servicequalität teil.
Zipfel der Schwäbischen Alb im Donaubergland
bei Tuttlingen, auf der „Eck“, ist in zweieinhalb Jahr- Mehr als ein Museum
zehnten ein ganzes Museumsdorf entstanden. 25 „Gute Kooperationen bieten immer Überraschun-
historische Gebäude wurden hierher versetzt und gen für unsere Gäste. Diese Potenziale haben wir
originalgetreu wieder aufgebaut. im Freilichtmuseum früh erkannt,“ gibt Leiter
Walter Knittel eine wichtige Zutat des Erfolgsre-
Mittelpunkt ist ein richtiges kleines „Albdorf“ mit zeptes preis. Seit gut einem Jahrzehnt arbeitet
Kirche, Schul- und Rathaus, Bauernhäusern, das Museum deshalb eng mit anderen Freizeit-
Tagelöhner- und Weberhaus, Schmiede, Seilerei, einrichtungen wie der Sauschwänzlebahn, den
Farrenstall und Töpferwerkstatt. Jährlich kommen Bodensee-Schiffsbetrieben oder der Insel Mai-
90.000 Besucher in dieses ländliche Freilichtmu- nau zusammen. Gemeinsame Angebote tragen
seum, das im September 2009 die zweimillionste seit Jahren zu stetig steigenden Gruppenbuchun-
Besucherin seit Juni 1988 begrüßen konnte. gen bei. Bereits 2003 konnte darüber hinaus mit
dem „Schafstall“ ein eigenes Kultur- und Veran-
staltungsgebäude eröffnet werden, das neben
der Reihe „Kultur im Schafstall“ auch externen
Veranstaltungen oder Firmen-Events Platz bietet.
Im Paket mit den „Hochzeiten im Museum“ kann
es für private Feiern gebucht werden.
Das historische Kaufhaus
Im Herbst 2009 öffnete mit dem „Kaufhaus
Pfeiffer“ die neueste Attraktion ihre Pforten. Im
historischen Dorfladen, der originalgetreu aus
Stetten am kalten Markt ins Museumsdorf ver-
setzt wurde, erleben Besucher einen Einkaufs-
Absolut familienfreundlich bummel anno 1925 mit einer unglaublichen Wa-
Dass Museen nicht verstaubt sein müssen, wird renvielfalt. 100 Jahre ländliche Einzelhandelsge-
in Neuhausen ob Eck seit Jahren bewiesen. Das schichte im Original: Kolonialwaren, Schmuck,
Museum lebt! Ob „Historische Schweinehut“, Mit- Gebrauchs- und dörfliche Luxusartikel, Woll-,
machaktionen, Aktionstage und Museumsfeste Mieder- und Kurzwaren. Kurzum: Alles, was die
wie Fuhrmann- oder Volksmusiktag: Vor allem für Bewohner der Alb ab 1900 benötigten. Im neuen
Familien ist das Museumsdorf unter der Träger- Museumsladen, der in das Gebäude integriert ist,
schaft des Landkreises Tuttlingen ein Magnet. All- gibt es Leckeres und Praktisches zum Probieren
jährlich wartet man mit neuen Themen auf. Auch und Mitnehmen - für die spannende Zeit bis zum
deshalb wurde es 2009 beim Landeswettbewerb nächsten Besuch.
„Familien-Ferien“ als erstes Freilichtmuseum un-
ter sieben weiteren Freizeiteinrichtungen Baden-
Württembergs ausgezeichnet. In diesem Jahr
dreht sich alles ums Pferd.
Servicequalität über allem
Die Betreiber haben erkannt, dass sich auch Mu-
seen im touristischen Wettbewerb gezielt weiter-
entwickeln müssen, um am Markt erfolgreich zu
sein. Darum beteiligt sich das Freilichtmuseum am Autor:
Zertifizierungsprozess „ServiceQualität Deutsch- Sebastian Gries
land“. Im Juni 2009 wurde es als erstes und bis- IHK Schwarzwald-
her einziges Freilichtmuseum in Deutschland mit Baar-Heuberg
13
14. IHK-Freizeitbarometer 2010
Bäder
Aufgrund der großen Bedeutung, die den Heil-
bädern und Kurorten im Tourismus des Landes
zukommt, legen die Industrie- und Handelskam-
mern bei der jährlichen Auswertung des Freizeit-
barometers immer großes Augenmerk auf die
Thermen und Bäderbetriebe. Umso erfreulicher
ist, dass sich die Lage nach den guten Ergeb-
nissen der letzten beiden Jahre stabilisiert hat. So
liegen die Besucherrückgänge sowohl bei den
Thermal- und Heilbädern als auch bei den
Erlebnisbädern unter einem Prozent. Bei rund
65 Prozent der Bäder ist die Anzahl der Bade-
gäste sogar gestiegen oder gleich geblieben. Er-
freulich ist auch, dass die Saisonschwankungen
immer geringer werden. So blieb bei allen befrag-
ten Bädern die Besucherzahl im Verlauf der
Monate recht konstant. Dies hat sich seit Beginn
der Befragung sehr zum positiven verändert. Die
Bäder werden immer mehr zu einer Ganzjahres- über da. Zum anderen haben die Thermen und
destination. Diese Entwicklung hat zwei Dimensi- Bäder des Landes in den letzten Jahren in sai-
onen: Zum einen ist die Nachfrage nach Gesund- sonverlängernde und ganzjährig nutzbare Attrak-
heits- und Wellnessangeboten das ganze Jahr tionen und Angebote investiert.
FREIBURGS THERME WIRD NOCH SCHÖNER
Investition ins Keidel Bad Umsetzung einer neuen Energiekonzeption,
Seit 30 Jahren ist das Keidel Bad im Mooswald Sanierung der Haustechnik und der Badehallen
in Freiburg medizinischer Behandlungsort und (inklusive Dach und Fassade) sowie der Böden
Wellnessoase gleichermaßen. Es ist das größte und Badebecken. Damit möchte die Freiburger
Thermalbad der Region und aufgrund der Kommunalbauten GmbH Baugesellschaft & Co.
Grenznähe ein wichtiger Tourismusfaktor. Nach KG (FKB), die das Keidel Bad betreibt, auch die
jahrzehntelangem Betrieb und mit jährlich rund Vorreiterrolle Freiburgs bei energetischen und
420.000 Badegästen, war das Keidel Bad aus ökologischen Projekten unterstreichen. Dank
infrastrukturellen und energetischen Gesichts- des neuen Energiekonzepts mit Pelletsheizung
punkten nicht mehr auf dem neuesten Stand. und Wärmepumpen sowie der Wärmedäm-
Daher wird es seit Mitte 2009 für rund 9,2 mung werden 42 Prozent des bisherigen Ener-
Millionen Euro (davon 2,5 Millionen aus dem giebedarfs eingespart. Der Erdgasverbrauch
Sonderprogramm „Nachhaltige Tourismusinfra- lässt sich sogar um 90 Prozent verringern.
struktur“) mit tatkräftiger Unterstützung des Somit werden der Primärenergieverbrauch um
Landes grundlegend saniert. Bis zum Sommer 40 Prozent und die CO2-Emissionen um 38
2011 soll die Generalsanierung, die bei laufen- Prozent verringert. Bereits letzten Oktober hat
dem Betrieb stattfindet, abgeschlossen sein. die FKB die Badezeitbeschränkung auf vier
Die Sanierung im Keidel Bad wird umfangreich: Stunden aufgehoben.
14
15. IHK-Freizeitbarometer 2010
IM INTERVIEW: DR. GEORG GEIGER
Zeit und Raum für die Erholung
Herr Dr. Geiger, die Bodensee-Therme wurde
2007 eröffnet. Wie zufrieden sind Sie? Dr. Georg Geiger ist Geschäftsführer der
Geiger: Seit Eröffnung verzeichnen wir eine ste- BGK-Bädergesellschaft Konstanz mbH, eine
tige Aufwärtsentwicklung. Mit 328.986 Besuchern Tochter der Stadtwerke Konstanz, die die
in 2008 wurde die Planzahl erreicht. 2009 brach- Bodensee-Therme, das Schwaketenbad als
te eine Steigerung um 4,9 Prozent. In den Weih- größtes Hallenbad im Bodenseeraum, das
nachtsferien suchten 11,5 Prozent mehr Gäste Schul- und Vereins-Hallenbad am Seerhein
Erholung in der Therme als im Jahr zuvor. Sauna, sowie fünf Strandbäder betreibt. Über 60 Voll-
Thermal- und Freibad tragen gleichermaßen zur zeit-Mitarbeiter sind in den Bädern beschäftigt.
positiven Entwicklung bei. Die Sauna stößt schon 2009 wurden ohne Schul- und Vereinssport
an Kapazitätsgrenzen. In den Sommermonaten über 928.000 Besucher gezählt. Die BGK ist
kommt unser Konzept, auch bei schlechtem Wet- einer der größten Freizeitbetriebe Südbadens.
ter ein Badeangebot zu haben, voll zum Tragen.
Als Highlight hatten Sie eine See-Sauna konzi- auf gemeinsame Nenner verständigt: Bodensee,
piert. Gibt es noch Chancen für dieses Vorhaben? Wellnessfaktor, Nähe zueinander. So wurde das
Geiger: Der Saunatrakt bedarf einer Erweite- Thermen-Trio geboren – über alle Konkurrenzge-
rung. Die Idee, im See eine Sauna auf Pfählen zu danken hinweg. Vor Ort kämpft jeder für sich,
bauen, verfolgen wir nicht weiter. Ihre Realisier- überregional nutzen wir die Strahlkraft der Marke-
barkeit erscheint uns zu problematisch, da sich ting-Plattform für gemeinsame Werbeauftritte.
der Standort mit Naturschutz und Wasserrecht
nicht vereinbaren lässt. Wir suchen eine Lösung, Was sind Ihre Alleinstellungsmerkmale? Haben
die die Seefläche nicht direkt tangiert. Sie eine grundlegende Philosophie?
Geiger: Die Bädergesellschaft hat dem Architek-
Womit wollen Sie in den kommenden Jahren ten die klare Vorgabe gegeben, Bezüge zur Kul-
noch mehr Gäste begeistern? turlandschaft Bodensee zu schaffen. Wir wollten
Geiger: Wir nehmen stetig Optimierungen vor. Authentizität. Das ist hervorragend gelungen. Die
Demnächst werden wir die Becken mit LED-Un- Lage am Konstanzer Trichter haben die Bilder
terwasserscheinwerfern farbig illuminieren. Die erzeugt, mit denen der Planer arbeitet: Schiffe
Massagedüsen werden innovativ ergänzt und im und Wasser sind das Leitbild. Der Saunaflügel
Freibad steht die Anschaffung einer Breitwasser- sticht wie ein gewaltiger Schiffsrumpf in See. Die
rutsche an. Die Eventtage werden ausgebaut. Badehalle wird vom Seeblick geprägt und dessen
vielfältigen Licht- und Wetterstimmungen.
Hat das Thermen-Trio am Bodensee Kooperati-
onsziele oder überwiegt das Konkurrenzdenken? Woher stammen Ihre Besucher? Ist die Boden-
Geiger: Konstanz, Meersburg und Überlingen seetherme schon touristisch angekommen?
warten mit drei Thermen auf, die insgesamt eine Geiger: Unser Einzugsbereich umfasst einen
Million Jahresbesucher zählen. Die hohe Wettbe- Radius von 100 Kilometer. 30 Prozent unserer
werbsdichte wollen wir in eine Stärke für die Gäste kommen aus der Schweiz. Im Sommer
Destination Bodensee umkehren. Wir haben uns sind mehr als 50 Prozent der Besucher Touristen,
insbesondere aus Baden-Württemberg, Nord-
rhein-Westfalen, Bayern und Hessen.
Welche Trends werden sich in diesem Jahr zum
Nutzen der Therme durchsetzen?
Geiger: Sicher wird uns zu Gute kommen, dass
die Menschen wieder mehr Urlaub im Land
machen. Deshalb werden uns mehr Tagesgäste
besuchen. Auch spielen Qualität und Dienst-
leistung eine immer stärkere Rolle. Wir punkten Die Fragen stellte:
mit der traumhaften Lage, außergewöhnlicher Bertram Paganini
Architektur und qualifizierten Mitarbeitern. IHK Hochrhein-Bodensee
15
16. IHK-Freizeitbarometer 2010
Ausblick auf 2010
Stimmung hellt sich wieder auf
I n einem solch wirtschaftlich schwierigen Jahr
wie 2009 ist die Tourismus- und Freizeitbranche
im Vergleich zu anderen Branchen glimpflich da-
100
Erwartete Geschäftsentwicklung
2008 2009 2010
80
vongekommen. Dies spiegelt sich auch in den 65,0
in Prozent
62,7
59,9
Erwartungen der Freizeiteinrichtungen wider, die 60
ihre Prognosen für das kommende Jahr zum
zehnten Mal im Freizeitbarometer der baden-würt- 40
31,3
tembergischen Industrie- und Handelskammern 25,8 27,7
preisgeben. 20
11,5 10,3
3,7
In der Tat hellt sich die Stimmung im Vergleich zu 0
besser gleich bleibend schlechter
2009 in diesem Jahr schon wieder etwas auf.
Immerhin 27,7 Prozent der Befragten erwarten
sogar ein besseres Geschäftsjahr. Auch die Zahl Auf der Alb positiver gestimmt
der Pessimisten ist um ein gutes Prozent gesun- Genau wie im letzten Jahr blicken auch diesmal
ken. Vor allem die Burgen und Schlösser, die wieder die Freizeiteinrichtungen in der Region
Landschaftsattraktionen und die Event-Veran- Bodensee-Oberschwaben und auf der Schwäbi-
stalter rechnen mit einem positiven Jahr 2010. schen Alb positiver in die kommende Saison. Hier
Doch auch die meisten Bäder und Parks erwar- glauben 38 Prozent, dass sie mit guten Ange-
ten ein gutes Jahr aufgrund ihrer Investitionen. boten und Aktionen besonders überdurchschnitt-
lich punkten können und dass der Trend zum
100 Urlaub im eigenen Land auch weiter anhält.
Die Eintrittspreise werden 2010...
80 Nur wenige erhöhen Preise
76,0
Preiserhöhungen werden in 2010 nur bei knapp
in Prozent
60 16 Prozent der Freizeiteinrichtungen in Baden-
Württemberg realisiert. Dies sind fast acht Pro-
40 zent weniger als im Vorjahr. So waren bei einem
Viertel der Betriebe die Preise bereits in 2009
20 erhöht worden. 75 Prozent wollen die Preise hal-
15,8
1,4
6,8
ten und bei einigen wenigen werden eventuelle
0
steigen gleich bleiben fallen keine Angabe Kosteneinsparungen sogar an die Besucher wei-
tergegeben.
INVESTITIONSNEIGUNG GEHT DEUTLICH ZURÜCK
Mittel werden knapper nach wie vor hoch. Jeweils mehr als die Hälfte
Zum ersten Mal in den letzten Jahren geht die wollen auch in 2010 wieder etwas tun.
Investitionsneigung der Freizeiteinrichtungen 100
deutlich zurück. Bei fast 17 Prozent werden die Die Investitionen werden
Investitionen abnehmen, also bei doppelt so vie- 80
voraussichtlich...
len wie im Vorjahr. Dies hat sicherlich zwei
in Prozent
Gründe: Viele Freizeiteinrichtungen sind in kom- 60
munaler Trägerschaft und dort sind die Mittel
aufgrund der Krise ja bekanntlich knapper ge- 40
39,7
worden. Zum anderen haben die Unternehmen
29,1
und Kommunen auch mit Hilfe der (Sonder-) 20
Förderprogramme des Landes viel in die 16,8 11,6 2,7
Freizeitinfrastruktur investiert. Lediglich bei den 0
zunehmen abnehmen
gleich keine keine
Parks und Bädern ist die Investitionsneigung bleiben Investition Angabe
16
17. IHK-Freizeitbarometer 2010
Hotel und Gesundheitszentrum unter einem Dach: das Hotel Stadt Freiburg.
Eine Vision wird Realität
Von Wellness zu Healthness
N iemand hat vor sechs Jahren - dem Jahr, in
dem Roland Burtsche das ehemalige Boar-
dinghaus bei den Kliniken in Freiburg aus der
rapiepraxis physiopoint unter fachlicher Leitung von
Markus Rose. Dr. Marko Knauf, Spezialist für Pro-
thetik und Implantologie, ergänzt das Konzept mit
Insolvenz erwarb - geglaubt, dass man aus dem seiner Praxis für Zahnmedizin. Anfang des Jah-
sich in desolatem Zustand befindenden Anwesen res hat er schon erweitert und mit Privatdozent
wieder eine funktionierende Hotelanlage schaffen Dr. Jörg Schirrmeister, Spezialist für Endodontie,
könnte. Niemand – außer Roland Burtsche selbst. eine Praxisgemeinschaft gegründet.
Er hatte damals schon die Vision, nicht nur ein Weitere Einrichtungen in 2010
weiteres Hotel in Freiburg zu etablieren, sondern Das Angebot des Hotels wird abgerundet durch
sich zum Ziel gesetzt, ein Gesundheits- und Well- das Jean d’Arcel Beauty Spa, in welchem es sich
nesszentrum im Hotel zu eröffnen. Sozusagen Hotelgäste und auch hiesige Besucher gut gehen
kein Wellness-, sondern ein Healthness-Hotel. lassen können. 2009 wurde das Haus um eine
Mitte 2008 war es soweit: Das Gesundheitszen- Tiefgarage mit 70 Stellplätzen erweitert. Auf die-
trum im Hotel Stadt Freiburg wurde eröffnet. ser wurde eine parkähnliche Anlage mit bewirt-
schafteter Terrasse geschaffen. Für 2010 ist an
Die richtigen Partner gefunden eine Erweiterung der medizinischen Einrichtun-
Der neue Eigentümer hatte hierfür Partner gefun- gen gedacht. Und das Hotelangebot soll um Fit-
den, die mit ihm etwas Neues schaffen wollten, nessraum, Sauna und Solarium ergänzt werden.
was es bis dato zumindest in Deutschland noch
nicht gab. Im Attikageschoss des Hauses befin- Neue Gäste nach Freiburg
det sich nunmehr die Erich-Lexer-Klinik, eine
hochmoderne Privatklinik für ästhetisch-plasti-
“Ohne Visionen verändert sich der Hotelmarkt
kaum”, sagt Dr. Kirsten Moser, Geschäftsführerin Tipp
sche Chirurgie, die eng mit dem Universitätsklini- der Hotel Stadt Freiburg GmbH, “die Vision mei-
kum kooperiert. Des Weiteren verlegte Dr. Peter nes Vaters, ein Healthness-Hotel zu schaffen, Weitere Infos zum
Ogon seine sportorthopädische Praxis in das war richtig.” Hierdurch seien nicht einfach weitere Hotel und seinen
Hotel und gründete mit Dr. Holger Hüring und Dr. Betten in der Breisgau-Metropole platziert worden, Partnern unter: www.
Heinz Birnesser das Zentrum Sportorthopädie sondern “man hat neue Hotelgäste und Patienten hotel-stadt-freiburg.de
Freiburg. Unmittelbar daneben ist die Physiothe- an den Standort Freiburg binden können”.
17
18. IHK-Freizeitbarometer 2010
Tagungs- und Kongressstandort Baden-Württemberg
Der Krise trotzen
D as Musterländle ist ein starker Tagungs- und
Kongressstandort. Im Meeting- & EventBa-
rometer 2008 und 2009 belegt Baden-Württem-
berg den vierten Platz im Bundesländerranking
der bevorzugten Veranstaltungsstandorte.
Besser schneiden nur Bayern, Nordrhein-
Westfalen und Hessen ab.
Der Schwarzwald nimmt im Vergleich der Mittel-
gebirgsregionen vor dem Bayerischen Wald sogar
die Spitzenposition ein. Bei den beliebten Metro-
polregionen sind Stuttgart und die Rhein-Neckar-
Region laut der Studie “Tagungs- und Veranstal- Wirtschaftskrise gibt. Umso wichtiger ist für die
tungsmarkt Deutschland - Meeting- & EventBaro- Verantwortlichen der sogenannten MICE-Industrie,
meter 2009” des Europäischen Instituts für Ta- genau zu wissen, was die relevanten Entschei-
gungsWirtschaft auf vorderen Plätzen vertreten. dungskriterien bei der Auswahl von Tagungsort-
In einer Analyse der Anbieterseite im Tagungs- und und stätte sind. Dieser und weiteren Fragen
Kongressmarkt Baden-Württemberg wird eine wurde im Rahmen einer landesweiten Befragung
große Bandbreite deutlich. Veranstaltungszen- der größten baden-württembergischen Unterneh-
tren, Tagungshotels und Event-Locations bieten men nachgegangen. Das Projekt der Karlshoch-
den Nachfragern vielfältigste Möglichkeiten. schule International University aus 2009 gibt Auf-
schluss über das aktuelle Tagungsverhalten in
Herausragende Angebote Baden-Württemberg.
Bei den Veranstaltungszentren, häufig in der
Trägerschaft von Kommunen, finden sich heraus- Gute Erreichbarkeit wichtig
ragende Angebote: Exemplarisch seien hier im Demnach ist bei der Auswahl des Tagungsortes
Norden des Landes der Rosengarten in Mann- für baden-württembergische Unternehmen vor
heim, im Süden das Graf-Zeppelin-Haus in allem entscheidend, dass eine geeignete Ta-
Friedrichshafen, im Westen das Kongresshaus gungsstätte vorhanden und der Tagungsort mit
Baden-Baden und im Osten die Donauhalle in unterschiedlichen Verkehrsmitteln gut zu errei-
Ulm genannt. Trotz dieser soliden Angebotsseite chen ist. Weiter von Bedeutung sind das Preis-
zeichnet sich ab, dass es in der baden-württem- niveau sowie geeignete Hotels. Das kulturelle
bergischen Tagungswirtschaft in 2009 und 2010 Angebot sowie das Image des Tagungsortes
Buchungsrückgänge wegen der Finanz- und spielen hingegen eine eher untergeordnete Rolle.
KRITERIEN FÜR DIE AUSWAHL EINES TAGUNGSORTES
Mehrfachnennungen möglich
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Image des Tagungsortes 30,6%
Kundennähe 49,3%
Mitarbeiternähe 52,0%
Erreichbarkeit des Tagungsortes 72,0%
Kulturelles Angebot 12,0%
Geeignete Tagungsstätte 82,6%
Autorin:
Geeignete Hotelkontingente 61,3%
Prof. Dr. Conny
Kosten (Anreise, Unterkunft etc.) 68,0%
Mayer-Bonde
Karlshochschule Sonstiges 10,6%
International University
18
19. IHK-Freizeitbarometer 2010
KRITERIEN FÜR DIE AUSWAHL EINER TAGUNGSSTÄTTE
Mehrfachnennungen möglich
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Lage der Tagungsstätte innerhalb 56,0%
des Tagungsorts (Infrastruktur)
Angebot an Räumen / Einrichtungen 82,6%
(z.B. Foyer, Restaurant/Gastronomie)
Technische Ausstattung 66,6%
Verfügbarkeit von Personal 16%
Tagungsstätte mit Eventcharakter 26,6%
Preis / Leistung 85,3%
Hotels mit geeigneter 58,6%
Kapazität in der Nähe
Sonstiges 8,0%
Angebot muss stimmen haus durchfragen müssen. Idealerweise gibt es
Neben der Frage, weshalb ein Veranstalter die für Tagungsort und -stätte nur einen Ansprech-
jeweilige Destination auswählt, muss die MICE- partner. Außerdem gilt: Wer zum Kongress in eine
Industrie die Frage reflektieren, was die Beweg- Destination kommt, sollte als potentieller Urlaubs-
gründe für die Auswahl einer Tagungsstätte sind. gast gesehen und umworben werden. Bei Tagun-
Als wichtigste Kriterien wurden in der 2009 erho- gen und Kongressen sollte deshalb aktiv über die
benen Studie der Karlshochschule das Preis- Destination und das dortige Angebot informiert
Leistungs-Verhältnis sowie das Angebot an werden. Bei einer weiteren Bündelung der Kräfte
Räumen und Einrichtungen ermittelt. Nicht von darf erwartet werden, dass Baden-Württemberg
Bedeutung hingegen ist, ob es vor Ort umfangreiche auch im Meeting- & EventBarometer 2010 im
Dienstleistungen gibt. Auch der Eventcharakter Bundesländerranking einen der vorderen Plätze
der Veranstaltungsstätte ist demnach nicht ent- einnehmen wird.
scheidend.
Vorhandene Stärken bündeln Ausführliche Informationen in den Publika-
Für die Tagungswirtschaft in Baden-Württemberg tionen “Meeting- & EventBarometer 2009” auf
wird es 2010 und in den kommenden Jahren, den Seiten 32f und 36 im Internet unter:
gerade im Zeichen der internationalen Wirt- www.gcb.de/pdf/ManagementInfo_2009.pdf so-
schaftskrise und der daraus resultierenden wie in der Studie “Neugewinnung, Bindung und
Finanzkrise der kommunalen Haushalte, weiter Rückgewinnung von Kongressen und Tagun-
darauf ankommen, vorhandene Stärken zu bün- gen für Destinationen in Baden-Württemberg”
deln, um im Wettbewerb zu bestehen. Als einer von Conny Mayer-Bonde und Stefan Luppold,
der Erfolgsfaktoren kann hierbei die weitere die 2009 im Auftrag der Tourismus-Marketing
Vernetzung und Kooperation von Destinationen Baden-Württemberg und des baden-württem-
und MICE-Branche genannt werden. Wer zum bergischen Wirtschaftsministeriums veröffent-
Tagen in eine Destination kommt soll sich nicht licht worden ist.
mühsam durch Tourist-Info, Hotel und Kongress-
19