Prozessanalyse mit Process Mining, Studentisches Projekt der Hochschule Mannh...
Methodenstreit im Datenqualitätsmanagement
1. SYMPTOME UND URSACHEN
Methodenstreit im
Datenqualitätsmanagement
Lassen sich Datenqualitätsprobleme
durch den Einsatz von Software
Foto: Guy Lowe/Imagesource
nachhaltig lösen? Ein Plädoyer für
einen ursachenorientierten Ansatz
beim Datenqualitätsmanagement.
DAS THEMA Datenqualitätsmanage- stoßen, sich in der Regel auf einen – stra- Jene Anbieter jedoch, die ihre meist
ment (DQM) erwacht in den Unterneh- tegisch gesehen – recht konzeptionslo- aus dem Data-Warehouse-Umfeld stam-
men allmählich aus seinem „Dorn- sen und mit einem sehr hohen manuel- menden Softwarepakete für DQM durch
röschenschlaf“. Es wird immer deut- len Aufwand behafteten „Hau Ruck“-Ak- Zukauf oder Integration diverser Teillö-
licher, dass – unabhängig von der Bran- tionismus einlassen, haben andere Ak- sungen inzwischen zu funktionell über-
che und im Zusammenhang mit den teure bereits die Nachhaltigkeit stärker frachteten, unflexiblen, ja „monolithi-
unterschiedlichen unternehmerischen im Blick. schen“ Pauschalsystemen aufgebauscht
Herausforderungen – der zu erzielende haben, präsentieren diese heute als die
Unternehmenserfolg wesentlich davon Symptombehandlung versus Methode selbst, als Ultima Ratio des
abhängt, wie die in IT-Systemen verwal- Ursachenorientierung DQM schlechthin. Zwar sind erforderli-
teten Informationen in qualitativer Hin- Und in diesem Spannungsfeld herrschen che Werkzeuge zur Analyse, Vereinheitli-
sicht administriert werden. Vorreiter heute zwei zentrale Paradigmen vor: chung, Bereinigung der Daten usw. inte-
sind in dieser Hinsicht eindeutig die An- Einerseits gibt es den symptomorientier- griert. Doch indem sie sich – wohl ver-
wender von Customer-Relationship- ten Ansatz, der sich an der kurzfristigen trieblich motiviert – als spielend leicht zu
Management(CRM)-Systemen, offenbar, Beseitigung der Datenqualitätsmängel realisierende Gesamtlösungen präsentie-
ren und damit den ganzen Problemge-
Allein die ursachenorientierte Perspektive halt regelrecht verharmlosen, reduzieren
sie sich selbst – aus methodischer Sicht –
sichert einen positiven Wettbewerbseffekt. auf einen symptombezogenen Ansatz.
Die Diskrepanz zwischen einer unter-
weil sich in diesem Rahmen exaktere mittels dafür entwickelter Softwarewerk- nehmensspezifischen, ganzheitlichen,
Kosten-Nutzen-Analysen schon ex ante zeuge orientiert und dabei sicher eine also an den jeweiligen Ursachen von Da-
relativ einfach ableiten lassen und in die- erste Sensibilisierung für das Problem tenqualitätsmängeln orientierten und ei-
sem Zusammenhang schnell auch die bei den verschiedenen Akteuren errei- ner pauschalisierten, primär symptom-
Bedeutung von qualitativ hochwertigen chen kann. Andererseits wird eine stär- orientierten Methode ist ganz offensicht-
Daten, zum Beispiel für das Image einer ker an den Ursachen dieser Datenmän- lich. Erstere leitet sich von der Philoso-
Firma, erkennbar wird. Sukzessive wird gel ausgerichtete Methodik diskutiert, phie des Total Quality Management ab,
die Notwendigkeit verstärkter Anstren- welche sich zwar ebenfalls solcher Soft- nach der Qualitätskontrolle nicht auf die
gungen für DQM auch für alle anderen warewerkzeuge bedient, allerdings in ei- Prüfung des Endproduktes reduziert
Unternehmensbereiche als wichtiger Kos- nem breiteren methodischen Kontext, werden kann. Vielmehr soll die komplet-
ten- und Wettbewerbsfaktor betrachtet. der eine Wiederholung solcher Daten- te Organisation von qualitätssichernden
Unklar ist hingegen selbst für diejeni- mängel weitgehend auszuschließen ver- Maßnahmen durchdrungen sein – vom
gen, die den Sinn von höheren DQM- mag. Allein die ursachenorientierte, Einkauf des Rohmaterials bis zur Auslie-
Aufwendungen inzwischen anerkannt nachhaltige Perspektive sichert dabei ferung des Endprodukts. Ein so ausge-
haben, das eigentliche methodische Her- wirklich einen mittel- bis langfristig posi- richtetes Qualitätsmanagement will auch
angehen. Während jene, die mitten in ih- tiven Kosten- bzw. Wettbewerbseffekt für Informations-„Produkte“ von den inner-
rer Projektarbeit plötzlich auf das Thema das betreffende Unternehmen. betrieblichen Akteuren (Erfasser, Ver-
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2. SYMPTOME UND URSACHEN
walter bzw. Nutzer von Daten) entspre- tur dieser Systeme scheitern.
chend behandelt wissen. Eine hohe Da- Denn letztlich wollen sie bereits
tenqualität wird demnach durch einen vor Beginn eines DQM-Projekts
wohldefinierten „Produktionsprozess“ si- festlegen, welche Werkzeuge
DER AUTOR
chergestellt, verwaltet über den kom- solch einen sukzessiven und Jan Hüfner ist Geschäfts-
pletten Lebenszyklus der Informations- kreativen Prozess unterstützen führer der TIQ Solutions
„Produkte“. sollen, ohne den Anwender- GmbH und Vorstandsmit-
Die Softwarepakete hingegen sind in unternehmen ausreichende glied der Deutschen Gesell-
ihrer Reduktion auf sich selbst lediglich Auswahlmöglichkeit zu bieten. schaft für Informations- und
darauf ausgerichtet, die Daten etwa vor Eine konkrete Werkzeugaus- Datenqualität (DGIQ e.V.).
der Übertragung von der operativen in wahl kann unmöglich getroffen
die dispositive Datenwelt, also kurz vor werden, bevor eine seriöse Analyse die im Managementbereich immer stärker
dem Ende ihres eigentlichen Lebenszy- Qualität der Daten nicht nur inhaltlich, zu. Schlechte Daten führen demnach
klus und vor ihrer Konservierung für rei- sondern auch strukturell bestimmt hat. letztlich zu einer erheblichen Vergeu-
ne Analysezwecke, zu prüfen und nöti- Erst auf einer solchen Basis lassen sich dung von Ressourcen sowie von Um-
genfalls in eine für den Datennutzer qua- mögliche Ursachen, die – wie bereits er- satz- und Gewinnpotenzialen und be-
litativ bessere Verfassung zu bringen. In- wähnt – nicht allein in der IT-System- treffen sowohl Verwaltungs- und Kom-
dem diese die eigentlichen Ursachen der landschaft festgemacht werden können, munikations- als auch Produktions- und
Datenqualitätsmängel weitgehend außer für die jeweils ganz spezifischen DQ- Analysekosten in erheblichem Maße.
Acht lassen – die eben in den operativen Probleme und also die erforderlichen Durch die angesprochenen Pauschal-
Datenquellen, in den Geschäftsprozessen Gegenmaßnahmen ableiten. Und erst lösungen werden die Möglichkeiten für
oder bei den Akteuren selbst zu suchen nach diesem Schritt ist es an der Zeit, DQ-Analysen jedoch auf einige wenige
sind – setzen sie sich zum Beispiel an die- sich genauer darüber Gedanken zu ma- DQ-Merkmale wie etwa Dublettenfrei-
ser Schnittstelle zwischen operativen und chen, welche der verfügbaren Software- heit und Vollständigkeit oder statisti-
dispositiven Systemen fest und garantie- werkzeuge diese Maßnahmenumset- sche Abweichungsanalysen reduziert.
ren damit Lizenzeinnahmen und gegebe- zung wirksam unterstützen könnten. Fach- bzw. unternehmensspezifisches
nenfalls Wartungs- und Beratungsleistun- Zudem ist zu berücksichtigen, dass Wissen wird dabei weitgehend vernach-
gen für die Software-Anbieter – über Jah- sich für einzelne Maßnahmen ganz ver- lässigt. Dadurch gehen letztlich jedoch
re hinweg. Einmal ganz abgesehen da- schiedene Softwareprodukte anbieten, die entscheidenden unternehmensspe-
von, dass bei der iterativen Übertragung die sich funktionell, preislich und quali- zifischen DQ-Indikatoren zur präventi-
der relevanten Daten die immer wieder tativ von ihrer Konkurrenz auch wieder ven Bestimmung des Einflusses der Da-
gleichen DQ-Prozeduren durchgeführt erheblich absetzen können. Erst eine ten- auf die Produkt- bzw. Dienstlei-
werden müssen, was unnötige und zu- genaue Analyse vor dem Hintergrund stungsqualität sowie die Prozesseffi-
dem wiederkehrende Routineaufgaben
für den Anwender selbst bedeutet.
Die Perspektive einer den Herausfor-
Eine Werkzeugauswahl ist ohne Analyse der Qualität
derungen eines nachhaltigen DQM adä- der Daten – inhaltlich und strukturell – unmöglich.
quaten Unternehmenskultur jedenfalls
haben solche Verfahren kaum zu bieten. der spezifischen Problemstellung wird zienz und somit womöglich
Diese würde nämlich die Aufwendungen zu einem optimalen Preis-Leistungs- entscheidende Wettbewerbsvorteile un-
für DQM mittel- bis langfristig wieder Verhältnis führen. Weiterhin ist darauf nötig verloren.
stark senken, weil eine solche auf Nach- hinzuweisen, dass die Systemlandschaft Vor allem aber vergessen die Werbe-
haltigkeit bezogene Kultur die damit ver- des jeweiligen Unternehmens gegebe- trommler der Pauschalsysteme, die Be-
bundenen Erfordernisse einmalig einer nenfalls schon adäquate Werkzeuge be- deutung der Mitarbeiter in ihrem orga-
Lösung zuführt bzw. die Methodiken all- reithält, die also nicht mit einem unfle- nisationalen, prozessualen und natürlich
mählich verinnerlichen kann. xiblen „Gesamt“-Paket noch einmal er- IT-technischen Kontext herauszuheben.
worben werden müssen. Sensibilisierung und Motivation, Ausbil-
Pauschallösung versus problem- dung, Kommunikation oder die klare
spezifisches Herangehen Datenqualität ist mehr als Dublet- Vergabe von Verantwortlichkeiten ma-
Sicherlich könnten die hier kritisch be- tenfreiheit in den Kundendaten chen wesentliche Momente auf dem
trachteten Softwarepakete in ein mehr Die Einsicht, dass nicht nur Kunden- Weg zur Sicherung der Daten- und In-
ganzheitliches, methodisches Vorgehen und Adressdaten, sondern auch andere formationsqualität in einem Unterneh-
mit stärkerem Ursachenbezug als geeig- Stammdaten sowie Bewegungsdaten men aus. Insofern könnten entsprechen-
nete Hilfsmittel integriert werden. Aber Qualitätsmängel aufweisen, nimmt de Maßnahmen deren Nachhaltigkeits-
auch dies muss an der unflexiblen Struk- auch bei den Kostenverantwortlichen charakter enorm stärken. í
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