Jahresbericht 2023 des eingetragenen und als gemeinnützig anerkannten Vereins Paten für Kinder in Esmeraldas/San Lorenzo e.V.

1. Paten für Kinder in Esmeraldas/San Lorenzo e.V.
Mönchstr. 43, 33790 Halle IBAN: DE97 4805 1580 0000 0396 85
Tel.: 05201-9892 Swift-BIC: WELADED1HAW
e-mail: Paten-fuer-Kinder@web.de GläubigerIdent.-Nr.: DE33ZZZ00000073580
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Jahresbericht 2023
Nachrichten aus Ecuador
Obwohl die aktuellen Ereignisse eigentlich nicht in den Jahresbericht gehören, können wir sie hier
nicht auslassen. Tatsächlich hat uns diese Gewaltspirale auch schon das ganze Jahr über beglei-
tet und sogar noch deutlich vorher angefangen. Der Absatz aus dem letzten Jahresbericht 2022
über die Lage Ecuadors zwischen den beiden weltweit größten Kokainproduzenten Kolumbien
und Peru, die das Land zum Drehkreuz für Drogen- und Waffenhandel, Schauplatz für den Krieg
um die Vorherrschaft der internationalen Drogenbanden, Geldwäsche und Kriminalität machen,
könnten wir genauso stehen lassen.
Der für eine Amtszeit von nur 18 Monaten gewählte neue Präsident Daniel Noboa, hatte im Okto-
ber mit seiner Kampfansage an die Drogenkartelle die Wahl gewonnen und feierte seinen Wahl-
sieg mit schusssicherer Weste.
Am 9. Januar wurde bei laufenden Kameras der Fernsehsender Canal TC von 13 maskierten und
schwer bewaffneten Männern überfallen. Nach 30 Minuten konnte ein Spezialkommando die
Journalisten befreien. Das war nur der sichtbarste Teil der Gewalt, die sich in der Hauptstadt
Quito, der Küstenstadt Guayaquil, Esmeraldas und anderen Orten abspielte. Es gab weitere Gei-
selnahmen, Entführungen, Schusswechsel, Gefängnisrevolten mit Geiselnahmen von Wärtern,
Flucht eines verurteilten Drogenchefs aus dem Gefängnis und Videos über Exekutionen.
Es wurde der Ausnahmezustand verhängt und per Dekret das Kriegsrecht erklärt, 22 Drogenban-
den werden darin als Kriegsparteien genannt, die mit allen militärischen Mitteln bekämpft werden
sollen.
Ob dieser Kampf gewonnen werden kann, ist ungewiss. Wie berichtet kontrolliert das organisierte
Verbrechen die Gefängnisse und hat fast alle staatlichen Organisationen wie Polizei, Militär, Ge-
richte und Staatsanwaltschaft infiltriert.
Am 17. Januar gelang der organisierten Kriminalität ein weiterer Schlag gegen die staatlichen In-
stitutionen: Der leitende Staatsanwalt, der gegen die aus dem Überfall auf den TV Sender Verhaf-
teten ermittelte, wurde mit mehr als 20 Schüssen in seinem Auto hingerichtet.
Weitere Information dazu finden Sie unter:
https://latina-press.com/news/321823-gewalt-in-ecuador-staatsanwalt-fuer-organisierte-
kriminalitaet-erschossen/
https://www.tagesschau.de/thema/ecuador
https://taz.de/Gewalteskalation-in-Ecuador/!5984156/
Die Mordrate lag im vergangenen Jahr nach Schätzungen bei 46 von 100 000 Einwohnern und
damit fast doppelt so hoch wie in Mexiko, das noch immer den Ruf des blutigsten Landes der Re-
gion hat. Zum Vergleich: In Deutschland lag die Mordrate 2021 bei 0,8.
Die Nachbarländer erklärten „ihre ausdrückliche und unmissverständliche Unterstützung und Soli-
darität mit der Bevölkerung und den Behörden im Kampf gegen das organisierte Verbrechen“ und
entsandten Sicherheitskräfte in die Grenzregion. Zur Einreise von Peru oder Kolumbien nach
Ecuador benötigen Nicht-Ecuadorianer nun einen Strafregisterauszug. Ecuador will noch im Janu-
ar mit der Abschiebung ausländischer Gefangener beginnen. 90% der Inhaftierten kommen aus
Kolumbien, Peru und Venezuela
EcoClub – Verpflegung, Betreuung und mehr

2. Die Entwicklung in Ecuador macht vor dem EcoClub nicht halt. Deutlicher als in der Ermordung
unseres Hausmeisters am 21.02.2023 hätte sich das nicht zeigen können. Der Schock und das
daraus resultierende Gefühl der Unsicherheit haben den Mitarbeitenden, den Kindern und Fami-
lien zugesetzt. Unser Koordinator Andrés schreibt dazu: „Es ist wichtig zu verstehen, dass
menschliche Verluste durch konkrete Gewalt traumatisierende Erfahrungen für jeden Menschen
sind, der sich in diesem Umfeld befindet. Dazu kommt materielle und emotionale Not, deren Opfer
die Bevölkerung im Ausnahmezustand ist, wie in San Lorenzo.“
Das gemeinsame gesunde ausgewogene Mittagessen der insgesamt 50 Kinder und Jugendlichen
montags, mittwochs und freitags im EcoClub ist daher nach wie vor ein ganz wichtiger Teil der
Unterstützung. Selbst im Moment, wo die Schulen aufgrund der aktuellen Situation geschlossen
sind, bleibt der EcoClub nach Rücksprache mit den Eltern geöffnet und es kommen fast alle Kin-
der zum Mittagessen, das unsere Mitarbeiterinnen Sofía und Berónica zubereiten. Die Konstanz
der normalen Aktivitäten und der Rahmen des EcoClub als friedlicher und fröhlicher Ort werden
mehr denn je gebraucht und geschätzt.
Andrés beschreibt das folgendermaßen: „Während die Entwicklung gefördert wird, ist der EcoClub
gleichzeitig ein hervorragender Ort für den Austausch zwischen unterschiedlichen Altersgruppen
und verschiedenen Interessen und Hobbys. Der EcoClub hat sich als informeller Ort des Wissens-
transfers etabliert. In diesem sicheren und gewaltfreien Raum können die Schülerinnen neue Er-
fahrungen machen, spielen, Sport treiben, ihre Interessen diskutieren und sich vor allem von der
Gemeinschaft, zu der sie selbst gehören, beschützt und geliebt fühlen.“
Die umfassenden Renovierungsarbeiten Anfang letzten Jahres mit der kompletten Erneuerung der
sanitären Anlagen hat sicherlich noch dazu beigetragen, dass die Kinder, Jugendlichen, Familien
und Mitarbeitenden sich im EcoClub wohl fühlen, genauso wie die gemeinsame Putz und Auf-
räumaktion zum Schuljahresanfang.
https://youtu.be/tFDjDeZJSuM?si=DFQ9Mb7B_OKXo-Nr
Beste Bestätigung dafür ist auch, dass kein Kind ausgeschieden ist und nach den großen Ferien
alle Kinder und Jugendlichen wiedergekommen sind.
Die Stoffe für die Schuluniformen und die Schuluntensilien wurden dieses Jahr nach einem Preis-
vergleich in Quito gekauft und nach San Lorenzo transportiert.
In der Nähwerkstatt im EcoClub haben die Kinder dann wieder ausgemessen und genäht, bevor
Schneidermeister David letzte Hand angelegt und die Uniformen fertiggestellt hat.
Rucksäcke und Schuhe wurden in San Lorenzo gekauft, um die Händler vor Ort zu unterstützen.
gemeinsames Mittagessen Musik und Technik begeistert die Kinder gleichermaßen und gehört im EcoClub zusammen
EcoClub - Marimba Projekt PAC
Musik und Tanz gehören nun schon viele Jahre zum EcoClub und die Begeisterung dafür ist un-
gebrochen. https://www.youtube.com/watch?v=iHe01FgfPnc
Was die Kinder erfahrungsgemäß in hohem Maße motiviert, sind Auftritte vor Publikum. Leider
wurde der EcoClub nach dem Wechsel im Rathaus erstmals weder zum Stadtfest und noch zum
Marimba Wettbewerb eingeladen. Kurzerhand veranstaltete der EcoClub im Oktober selbst ein
Fest und lud die Bürgermeisterin, andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in San Lorenzo
und natürlich die Eltern und Geschwister ein.

3. Die Präsentation war fröhlich, es fehlte nicht an Dekoration, die Stimmung war ausgelassen und
die Gäste sparten nicht mit Lob und Anerkennung. Aber sehen sie selbst:
https://youtu.be/Zd3CIysIlpk?si=dDQZoypjmikLPjhc
Die Bürgermeisterin erschien jedoch leider nicht und ließ sich auch nicht vertreten.
Das wichtigste ist aber die Motivation, die die Kinder und Jugendlichen daraus mitnehmen und
schon in der über zweimonatigen Vorbereitung beim Tanztraining, Instrumentalunterricht, Rollen-
spiel und der Ausarbeitung der Choreographie an den Tag legten.
Die beiden neuen Musiklehrer haben sich perfekt eingefügt und sind bei ihren Schüler:innen
beliebt.
So kam es, dass die Weihnachtsfeier dieses Jahr schon im Oktober stattfand.
Die Warenkörbe für die Familien mit Reis, Nudeln, Mehl, Linsen, Zucker, Salz, Tomatensoße,
Pflanzenöl, Waschpulver, Seife und einigem mehr gab es aber selbstverständlich erst zu Weih-
nachten.
Theater Workshop
Nicht zuletzt die Theaterpädagog:innen hatten in ihrem Abschlussbericht bestätigt, dass es in fast
jeder Familie im EcoClub jemanden gibt, der getötet wurde und die Kinder im Alltag mit teilweise
grausamen Situationen konfrontiert sind.
Gerade deshalb war es von so großer Bedeutung, dass der Theaterworkshop, der im Februar na-
türlich abgesagt worden war, im April stattgefunden hat und Alegría Cáceres Benavides, Milena
Montenegro und Victor Stivelman vom Teatro Puntes Invisibles („unsichtbare Brücken“) nach an-
fänglichem Zögern mutig genug waren, nach San Lorenzo zu reisen. Die Teilnehmerzahl war für
die Ferienzeit mit insgesamt 30 Kindern und 25 Jugendlichen beeindruckend und das Fazit nach
zwei Wochen intensiver Gemeinschaft überaus positiv:
„Sowohl die Kinder als auch die Jugendlichen, die an dem Workshop teilgenommen haben, hatten
viel Spaß an den Spielen und Übungen, die wir mit ihnen gemacht haben. Sie sind auf natürliche
Weise körperlich ausdrucksstark, lieben es zu tanzen und haben einen ständigen, eigenen
Rhythmus. Alle, die Kleinen, die Mittleren und die Großen haben ein dringendes Bedürfnis, ihre
Geschichten zu erzählen. Dafür brauchen sie unbedingt einen sicheren, freundlichen Raum, in
dem sie sich ohne Angst oder Sorgen mit Gleichaltrigen austauschen können und sie selbst sein
dürfen. Der EcoClub als physischer Raum stellt genau das für sie dar. … Das Theater ist ein wun-
derbares Heilmittel für sie, weil es ihnen ermöglicht, sich selbst und ihre Beziehungen zu anderen
aufzubauen. Sie entwickeln kreative Alternativen zu ihren täglichen Erfahrungen, was in einem oft
düsteren Kontext ein hoffnungsvolles Licht bedeutet.“
Musik- und Kompositions-Workshop
Ebenfalls sehr erfolgreich verlief der im Rahmen des Musikprojektes PAC stattfindende Workshop,
der von unserer ehemaligen Mitarbeiterin und Musikethnologin Daniela Peña geleitet wurde.
Gemeinsam mit den Kindern wurde an einem eigenen EcoClub Song gearbeitet. Proben und Auf-
nahme werden in 2024 stattfinden, so dass wir alle auf das Ergebnis gespannt sein dürfen.
EcoClub – Workshops mit Kunst- und Gestalttherapie
Dieses Angebot konnten wir leider nicht aufrechterhalten. Diana musste aufgrund einer schweren
Erkrankung pausieren. Malena ist nach der Ermordung unseres Hausmeisters und der danach
immer mehr ausufernden Gewalt nicht mehr nach San Lorenzo gereist und hat uns nun noch mal
bestätigt, dass sie das Risiko nicht mehr eingehen wird. Sie schreibt u.a. für eine überregionale
Zeitung und erhält für ihre ehrlichen und unverblümten Artikel Morddrohungen, wie viele ihrer Kol-
legen auch. Dass sie aufgrund ihrer Exponiertheit und Gefahr nicht mehr nach San Lorenzo reist,
ist absolut verständlich. Wir danken ihr von Herzen für die langjährige Zusammenarbeit und wün-
schen ihr, dass die Drohungen nie Realität werden.
Wir suchen weiter nach einer Lösung zur Weiterführung dieser wichtigen Arbeit.

4. EcoClub – Sonstiges
Im August haben die Kinder, Jugendlichen und Mitarbeitenden einen Ausflug an den Strand nach
Las Peñas gemacht. Es wurde am Strand gespielt, getobt und natürlich gebadet. Überra-
schenderweise wurden aber auch die Instrumente und Kostüme mitgenommen und am Strand
musiziert und getanzt. Das war für alle ein einzigartiges Erlebnis.
Ausblick und Pläne
Ausstehend ist immer noch die Renovierung des Hausmeisterhauses, dessen Fundament beim
Erdbeben in 2022 beschädigt worden war. Im Februar werden noch mal die Kosten kalkuliert, da-
mit dann hoffentlich in den Ferien die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden können.
Nach langem Suchen hat Andrés jetzt eine Gesangslehrerin gefunden. Sie wohnt zwar nicht mehr
in San Lorenzo, stammt aber von dort und wir sind sehr gespannt auf die neuen Töne und Erfah-
rungen.
Die Aufnahme des EcoClub Songs dürfte damit ein Höhepunkt des Jahres werden. Wir sind sehr
gespannt.
Vereinsstatistik für das Jahr 2023
Mit 35.912,26 Euro als Gesamtspendensumme ist das zweithöchste Ergebnis in der Vereinsge-
schichte erzielt worden. Beigetragen haben zu dieser fantastischen Summe einige wundervolle
Aktionen unserer Spender, die die ganze Bandbreite des Lebens und der Gefühle widerspiegeln:
Das Spektrum reicht von Hochzeitsfeier bis Trauerfall. Dadurch ist die Zahl der Spender auf 90
gestiegen.
Stattgefunden hat auch wieder die Cafeteria beim Hörster Bummel, die einen Reinerlös von 842€
für den EcoClub erbracht hat.
Unser Rückhalt und unsere Bank sind aber nach wie vor unsere so langjährigen Spender!
Herzlichen DANK für das Vertrauen und die Großherzigkeit, mit der Sie geben!
Die Sternsingeraktion im Januar 2023 war praktisch ein Neustart nach Corona. Viele Haushalte
konnten wieder von den Sternsingerkindern persönlich besucht werden und in Kombination mit
Segenspaketen per Post erbrachte das eine sensationelle und bisher noch nie erreichte Gesamt-
spendensumme von 10.699,50 €.
Aus San Lorenzo kam eine Nachricht mit herzlichem Dank und besten Wünschen an alle Spender
für ein gutes Jahr 2024! Wir geben das weiter und schließen uns an!
Viele Grüße
Marion Weeke und Anne Mette