1. C/O Berlin Foundation . Amerika Haus . Hardenbergstraße 22–24 . 10623 Berlin
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Pressemitteilung
Berlin 11. September 2014
C/O Berlin setzt vom 31. Oktober 2014 bis 16. Januar 2015 die Serie Talents
unter dem Titel Arbeit am Mythos mit Werken von Luise Schröder und Texten
von Hannah Petersohn fort. Talents präsentiert junge Fotografen und Kunstkriti-ker
an der Schwelle zwischen Ausbildung und Beruf. Die Eröffnung ist am Don-nerstag,
den 30. Oktober 2014, um 16 Uhr im Amerika Haus in der Hardenberg-straße
22-24 in Berlin-Charlottenburg.
Schwelbrand hat sich durch die Bilder gefressen, Wasserflecken sind sichtbar.
Häuser, Fassaden, Straßen, Menschen und Landschaften überlagern und durch-dringen
sich, reissen ab und fügen sich neu zusammen. Es sind Fragmente fotogra-fischer
Dokumente der alten und neuen Stadt Dresden – ostentativ beschädigt, aus
der Form gebracht und nur partiell entzifferbar. Welcher Gewalt wurden sie ausge-setzt?
Und was ist der Grund für ihre Zerstörung? Luise Schröder begibt sich auf
eine visuelle Spurensuche durch die aktuellen und historischen, kulturellen und po-litischen
Schichten der Stadt. Sie arbeitet sich künstlerisch am Mythos Dresden
zwischen Bombardierung 1945 und Jahrhundertflut im Jahr 2002 ab – seiner bildli-chen
Reproduktion sowie dessen Fortschreibung in die Gegenwart. Der Umgang
mit Dresden gleicht einem ideologischen Schlachtfeld, welches von unterschiedli-chen
Akteuren vereinnahmt und geformt wird. Dieses Schlachtfeld gibt Luise
Schröder in ihrer Serie präzise und verstörend wieder und hinterfragt so die perma-nenten,
fluiden Re-Konstruktionsversuche eines kollektiven Gedenkens.
Neben den sieben Bildern der Serie präsentiert Luise Schröder in einer Videoinstal-lation
als zweiten, gleichwertig signifikanten Teil der Arbeit den Vorgang der Zerstö-rung.
Zu Beginn platziert sie Bildbände, singuläre Fotografien und Bücher auf einem
Tisch. Konzentriert ordnet sie das Ausgangsmaterial, korrigiert Leerstellen. Dann
Stille – und mit einem Mal ergießen sich Eimer gefüllt mit Wasser. Bücher und ver-einzelte
Bilder werden durch die Wucht davongeschwemmt, Seiten werden umge-schlagen,
kleben aufeinander. Wasserlachen überall. Erneut Stille – dann wird das
Liegengebliebene mittels eines Flammenwerfers entzündet. Papier fängt Feuer,
Seiten zerbersten. Gelöscht wird mit Sand. Nachdem die Sandschichten abgetra-gen
sind, trennt und schneidet Luise Schröder Teile der Seiten, manchmal auch
eine ganze Seite aus den Rudimenten heraus. Übrig bleiben das kümmerliche Bild
verwüsteter Bücher und eine Verstörung seitens des Rezipienten.
Luise Schröder hat diese Performance mit Kalkül konstruiert und durchgeführt. Sie
thematisiert zwei historisch prägende Ereignisse, indem sie diese symbolisch nach-stellt.
In einer Art kritischem Reenactment eröffnet sie damit den Diskurs über den
Mythos der Stadt. Als Trümmerfrau, Archäologin und Genealogin legt sie Hand an
die Historie und hinterfragt so die identitätsstiftenden Mythen als Ursprungsge-schichten
um ihren Wahrheitsgehalt. Bei Mythen geht es eben nicht um die getreue
Schilderung eines lang zurückliegenden Ereignisses, sondern um die Erklärung der
Gegenwart. Mythen sind idealtypische Erzählungen mit appelativem Charakter, die
Talents 30 . Arbeit am Mythos
Luise Schröder / Hannah Petersohn
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in emotionsgeladenen Geschichten erzählt werden. Sie haben nur Bedeutung für
das heutige Sein, Tun und Wollen. Gerade große geschichtliche Herausforderungen
wie Katastrophen, Kriege und Naturereignisse sind wichtige Quellen für diese Ge-schichten
und die heutige Identitätsbildung. Welche Mythen gepflegt und welche
entmythologisiert werden, ist nur eine Frage der jeweiligen Macht und des Zeitgeis-tes.
So wurde etwa die Bombardierung Dresdens direkt nach dem Krieg, während
der DDR und nach der Wende immer wieder neu interpretiert. Mit ihrer Arbeit fragt
Luise Schröder, wie, warum und von wem dieser „locus memoriae“ zum Kristallisa-tionspunkt
des kollektiven Gedächtnisses benutzt wird, und wie sich der Bedeu-tungsgehalt
dieser Symbole im Laufe der Geschichte bis in die Gegenwart verän-dert.
Luise Schröder, geboren 1982 in Potsdam, studierte künstlerische Fotografie sowie
Medienkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Sie war an
Ausstellungen und Projekten in Sofia, Istanbul, Litauen, Washington, Japan und
Murmansk beteiligt und stellte 2012 bei der 7. Berlin Biennale in den Kunstwerken
zusammen mit Anna Baranowski aus. Ausgezeichnet wurde sie unter anderem als
Preisträgerin bei gute aussichten 2011/12 new german photography, bei der BM
Mediale 2009 und 2004 beim Deutschen Jugendfotopreis. Luise Schröder lebt und
arbeitet in Leipzig.
Hannah Petersohn, geboren 1982 in Berlin, studierte Philosophie, Kulturwissen-schaften
und Germanistische Linguistik an der Humboldt Universität Berlin und der
Sorbonne in Paris. Sie arbeitete als freie Journalistin für das Magazin DER SPIE-GEL,
das ZDF, den RBB, die Deutsche Welle und die Freie Presse. Daneben assis-tierte
sie dem Künstler Olaf Nicolai. In ihrer Magisterarbeit untersucht sie den Ein-fluss
von Walter Benjamins Schriften auf die Konzepte und Realisationen der
Inszenierten Fotografie Jeff Walls. Seit 2012 macht sie eine Ausbildung zur Redak-teurin.
Hannah Petersohn lebt und arbeitet in Berlin.
Nachwuchs fördern und ihm eine erste Chance für die Zukunft geben – Talents ist
kreativer Campus für junge internationale Gegenwartsfotografie und Kunstkritik.
Seit 2006 fördert der C/O’s e.V. mit dieser Ausstellungsreihe angehende Fotografen
und Kritiker, die sich an der Schwelle zwischen Ausbildung und Beruf befinden. Be-gleitet
wird jede Einzelausstellung von einer Publikation, in der Bild und Text einen
Dialog eingehen. Talents ist ein internationaler Wettbewerb, der jährlich ausge-schrieben
wird. Aus den eingereichten Bewerbungen wählt eine Fachjury jeweils
vier Fotografen für einen Jahrgang aus. Mit Hilfe starker Partnerschaften schickt
C/O Berlin die Fotografen und Kunsthistoriker in die Welt. Dieses in Europa einzigar-tige
Programm ist für viele junge Künstler der Ausgangspunkt für Ausstellungen,
z.B. in den Goethe-Instituten Stockholm, New York oder Santiago de Chile.
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Talents 30 . Arbeit am Mythos
Luise Schröder / Hannah Petersohn
Ausstellung 31. Oktober 2014 bis 16. Januar 2015
Eröffnung Donnerstag, 30. Oktober 2014 . 16 Uhr
Öffnungszeiten täglich . 11 bis 20 Uhr
Eintritt 10 Euro . ermäßigt 5 Euro
Veranstalter C/O Berlin Foundation
Amerika Haus . Hardenbergstraße 22-24 . 10623 Berlin
Tel +49.30.284 44 16-0 . www.co-berlin.org
Pressekontakt Mirko Nowak
Tel +49.30.284 44 16-0
nowak@co-berlin.org
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