Poser: Rechtsprechungsübersicht zu Verkehrssicherungs- und Betreiberpflichten...
Schoepe: Tipps für die Ausfallversicherung in der Praxis
1. H Versicherungsrecht
H1 Versicherungsrecht der Veranstalter
Tipps für die Ausfallversicherung in der
Praxis
Risiken kennen und gestalten – eine Vertiefung des Beitrags
„Alles versichert? Teil 2“ (H 1.2)
Wolf-Dietmar Schoepe
Rechtsanwalt in München mit Tätigkeitsschwerpunkt Unterhaltungsbranche
(Rechtsanwälte Schoepe Fette Pennartz Reinke)
Inhalt Seite
1. Warum eine Ausfallversicherung abschließen? 2
1.1 Risiko: Vertrag mit örtlichen Veranstalter 2
1.2 Verantwortlichkeit für Verschulden Dritter 3
1.3 Wirkung von Ansprüche gegen Dritte 4
1.4 Höhere Gewalt 5
2. Vermeidung von Risiken durch Vertragsgestaltung 7
2.1 Gage trotz Krankheit 7
2.2 Tiere und anderes Gefahrenpotential 7
2.3 Sicherung von Vergütungsansprüchen im Vertrag 8
2.4 Sponsoren, Gastronomiepartner und andere 9
3. Schadensermittlung 9
3.1 Bemühung um Schadensminderung 10
3.2 Kosten und entgangener Gewinn 10
3.3 Kosten der Schadensermittlung 10 H
3.4 Sofortige Meldung 10 1.4
S. 1
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2. H Versicherungsrecht
H1 Versicherungsrecht der Veranstalter
1. Warum eine Ausfallversicherung
abschließen?
Karl Valentin wird folgendes Zitat zugeschrieben:
„Eine Versicherung ist etwas, das man eigentlich nie brauchen müsste, aber doch
wollen muss, weil man sie immer brauchen könnte“
Jeder Veranstalter kennt den Angstschweiß, wenn eine erfolgreich beworbene und
verkaufte Veranstaltung auszufallen droht. Das Risiko eines Ausfalls kann nie
ausgeschlossen werden. Ein Ausfall kann die unterschiedlichsten Gründe haben.
Auch wenn jeder an einer Veranstaltung Beteiligte angefangen vom Veranstalter
selbst über einen etwaigen örtlichen Partner, die Künstler, Techniker und die
vielen helfenden Hände alles tun werden, um einen drohenden Ausfall zu vermei-
den, gibt es sie doch: Die unvermeidliche Absage.
Entgegen der landläufigen Meinung, dass man zumindest bei Lloyds jedes denk-
bare Risiko versichern könne, tritt die Ausfallversicherung aber nicht bei jedem
Ausfall ein. So ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Versicherung nicht für
eigene Unzulänglichkeiten des Veranstalters einstehen kann, weil der Veranstalter
beispielsweise Genehmigungen nicht eingeholt hat, Feiertagsregelungen in einem
Bundesland, in dem der Veranstalter nicht zu Hause und damit auch nicht
zwangsläufig mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut ist, übersah oder
schlichtweg nicht in der Lage ist, den Künstler zu zahlen, der daraufhin nicht
auftritt. All dies sind Fälle, in denen der Veranstalter den Ausfall selbst durch
eigenes Verschulden herbeigeführt hat. Andererseits bedeutet das nicht automa-
tisch, dass immer dann eine bestehende Ausfallversicherung eintritt, wenn die
Veranstaltung ausfällt, ohne dass dem Veranstalter etwas vorzuwerfen wäre.
H
1.4 1.1 Risiko: Vertrag mit dem örtlichen Veranstalter
S. 2
Wenn beispielsweise ein Tourneeveranstalter einen Vertrag mit einem örtlichen
Veranstalter abgeschlossen hat und der örtliche Veranstalter die vereinbarte Ver-
gütung nicht zahlen kann, ist der Tourneeveranstalter regelmäßig auf Grund ent-
sprechender Regelungen in den geschlossenen Verträgen berechtigt, die Veran-
staltung abzusagen. Selbst wenn der Vertrag zwischen Tourneeveranstalter und
örtlichem Partner eine solche Regelung nicht enthält oder – was nicht selten
passiert – ein solcher Vertrag nur durch bestätigten Briefwechsel oder in ähnli-
cher Weise formlos zustande gekommen ist, kann der Veranstalter gemäß § 323
BGB in einem solchem Fall vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz wegen
Nichterfüllung geltend machen. Dieser Schadenersatzanspruch wird häufig ins
Leere gehen, da die Absage der Veranstaltung ja gerade auf der Unfähigkeit des
örtlichen Partners beruhte, seine Zahlungspflichten zu erfüllen.
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3. H Versicherungsrecht
H1 Versicherungsrecht der Veranstalter
Erfahrungsgemäß lässt in einem solchen Fall dann auch die Insolvenz des örtli-
chen Veranstalters nicht lange auf sich warten, so dass der Tourneeveranstalter
tatsächlich auf dem Schaden sitzen bleibt.
Dies ist gleichwohl von der Ausfallversicherung nicht gedeckt. Der Veranstalter
hätte ja schließlich trotz der Nichtzahlung seitens des örtlichen Partners die Ver-
anstaltung durchziehen können und hätte die örtlichen Kosten, soweit sie vom
örtlichen Partner noch nicht bezahlt waren, dann selbst übernehmen müssen. Für
den Veranstalter ist dies eine missliche Situation, nimmt doch der örtliche Veran-
stalter in der Regel die Erlöse aus dem Verkauf der Eintrittskarten ein, d.h. der
Tourneeveranstalter ist unter Umständen gezwungen, die vom örtlichen Veran-
stalter noch nicht entrichtete Miete an die Halle aus eigener Tasche zu begleichen,
damit die Veranstaltung überhaupt stattfinden kann. Der Tourneeveranstalter hat
dann die Wahl zwischen „Pest und Cholera“, d.h. er muss sich überlegen, ob er
die Veranstaltung mit eigenen Mitteln durchführt und auf dem Schaden sitzen
bleibt oder ob er die Veranstaltung absagt. Dabei muss er berücksichtigen, dass
auch im letztgenannten Fall die Ausfallversicherung nicht eintreten wird, da es
hierbei um die Regulierung eines Schadens ginge, der durch finanzielle Verluste
des Veranstalters bei der Durchführung der versicherten Veranstaltung entstanden
wäre. Solche Schäden sind in der Regel in Versicherungsverträgen ausgeschlos-
sen (siehe auch Grischke/Hagemann-Böthern, Abschnitt H 1.2, S. 27).
Damit bleiben im Wesentlichen vom Anwendungsbereich der Ausfallversiche-
rung die Fälle umfasst, in denen die Veranstaltung schlichtweg nicht stattfinden
kann, ohne dass der Veranstalter oder eine dem Veranstalter zurechenbare Person
wie insbesondere dessen Vertragspartner und Mitarbeiter den Grund für die
Nichtdurchführbarkeit der Veranstaltung zu vertreten hätte.
1.2 Verantwortlichkeit für das Verschulden Dritter H
1.4
Der Veranstalter ist häufig eine sogenannte juristische Person (d.h. eine Gesell-
S. 3
schaft), die natürlich nicht eigenhändig agieren kann, sondern sich ihrer Vertreter
bedient, insbesondere ihres Geschäftsführers. Es versteht sich von selbst, dass der
Veranstalter, wenn es sich um eine juristische Person handelt, für Handlungen
seines Geschäftsführers einstehen muss. Darüber hinaus muss der Veranstalter
gemäß § 278 BGB auch für alle anderen Personen einstehen, „deren er sich zur
Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient“. Das bedeutet, dass der Veranstalter für
Verfehlungen aller Personen, die im Auftrag des Veranstalters tätig werden, haf-
ten muss, sofern die jeweiligen Personen schuldhaft gehandelt haben.
Schuldhaftes Handeln setzt Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus (§ 276 BGB). Von
Vorsatz spricht man, wenn der Betreffende genau weiß, was er tut und dass sein
Handeln rechtswidrig ist, d.h. auch der Schadenseintritt muss von dem Vorsatz
mit umfasst sein. Problematischer ist der Begriff der Fahrlässigkeit. Hier wird
zwischen grober und einfacher Fahrlässigkeit unterschieden.
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4. H Versicherungsrecht
H1 Versicherungsrecht der Veranstalter
Dies kann schon deshalb von Bedeutung sein, weil regelmäßig eine Haftung für
vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln vertraglich nicht ausgeschlossen
werden kann. Vertragsklauseln, durch die zumindest eine Haftung für einfache
Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird, sind möglich. Ebenso ist es denkbar, die
Haftung auf einen vorhersehbaren Schadensumfang zu beschränken, so dass für
völlig groteske Schadensabläufe nicht mehr in vollem Umfang gehaftet werden
muss.
Der Anwendungsbereich einer solchen Haftung ist recht groß. Hierunter fällt
jeder vom Tourneeveranstalter beauftragte Stagehand ebenso wie ein Truck- und
Busfahrer und natürlich der Tourleiter. Dabei spielt es keine Rolle, ob die jeweils
handelnden Personen angestellt sind oder als freie Mitarbeiter agieren.
Neben dieser sogenannten Haftung für Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB, die
immer dann zum Tragen kommt, wenn bei der Erfüllung eines Vertrages ein
Schaden eintritt, muss der Veranstalter auch für einen Schaden einstehen, der
nicht im Zusammenhang mit einer Vertragserfüllung von einem Mitarbeiter des
Veranstalters verursacht wird. Diese Haftung richtet sich dann nach § 831 BGB.
Hier spricht man nicht vom Erfüllungsgehilfen, sondern vom Verrichtungsgehil-
fen. Ein häufiger Anwendungsbereich ist die Verursachung eines Schadens durch
Kraftfahrzeuge, z.B. der Truckfahrer beschädigt beim Rangieren das Tor der
Halle. Diese Haftung tritt nur dann nicht ein, wenn der Veranstalter darlegen
kann, dass er bei der Auswahl der Personen sorgfältig gehandelt hat und die von
ihm beauftragten Personen auch angemessen anleitete.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Ausfallversicherung nicht eintritt,
wenn der Ausfall auf einem Verschulden eines Mitarbeiters des Veranstalters
beruht, welches dem Veranstalter entweder über § 278 BGB oder über § 831
H BGB zugerechnet werden muss.
1.4
Die Hauptanwendungsfälle sind neben witterungsbedingten Ausfällen, insbeson-
S. 4 dere bei Veranstaltungen unter freiem Himmel, die Verhinderung von Künstlern,
ohne deren Mitwirkung der Auftritt nicht durchgeführt werden kann oder die
nicht bis zum Auftrittsbeginn ersetzt werden können.
1.3 Berücksichtung von Ansprüchen gegen Dritte
Die Ausfallversicherung ist eine reine Schadensversicherung, d.h. sie ersetzt dem
Veranstalter die Schäden, die ihm „durch Ausfall, Abbruch oder die Änderung in
der Durchführung einer angesetzten, versicherten Veranstaltung entstehen“. Da-
mit muss man sich überlegen, wann ein versicherbarer Schaden entstehen kann.
Solange der Veranstalter noch Ansprüche gegen Dritte hat, ist insoweit – d.h. in
Höhe dieser Ansprüche – noch kein Schaden entstanden.
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